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Die Mutprobe

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08.01.2008
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Die Mutprobe

Tim Morris, ein Junge von zehn Jahren, lag in seinem Bett und weinte. Seine Seite tat ihm schrecklich weh, doch viel mehr schmerzte ihn die Erniedrigung, die mit dem rüden Tritt in seine Rippen einher gegangen war. Warum habe ich keine Freunde? Was mache ich falsch?, fragte sich Tim und erneut rollten dicke Tränen seine Wangen herunter.
Am nächsten Tag lauerten ihm seine Peiniger nach der Schule auf. Robert, ein rothaariger, grobschlächtiger Junge ballte eine seiner riesigen Fäuste und hielt sie Tim unter die Nase. Der um einiges schwächere Junge kniff die Augen zusammen, um den Schlag wenigstens nicht kommen zu sehen. Er konnte nicht verhindern, dass er wie Espenlaub zitterte. „Oh, jetzt macht er sich gleich in die Hose“, stellte Robert höhnisch fest und verzichtete darauf Tim zu schlagen, schubste ihn lediglich gegen eine raue Mauer.
„Warum seid ihr so gemein zu mir?“, flüsterte Tim.
„Weil du ein kleiner, mickriger Wurm bist“, gab Sheldon, der Anführer der Bande, zurück. „Die Made soll nach Hause kriechen“, fügte er hinzu und gab dem Rothaarigen einen Wink, Tim ziehen zu lassen. Robert trat zur Seite und machte eine ironische Verbeugung.
„Was kann ich tun, um bei euch mitmachen zu können“, fragte Tim und bereute seine Worte im gleichen Moment. Sheldon kniff seine eisgrauen Augen zusammen und musterte ihn nachdenklich.
„Geh zur Bonbon-Erna, dort kaufst du eine Tüte von den Zuckerstangen und dann wartest du vor dem Laden auf uns“, befahl er.

Mit hängenden Schultern schlich Tim zum Laden und erstand von seinen letzten Münzen eine Tüte Zuckerstangen. Er musste nicht lange auf die anderen warten. Sie kamen pfeifend und mit zufriedenen Gesichtern um die Ecke gebogen. Sheldon riss Tim die Tüte aus der Hand, bediente sich als Erster, dann reichte er sie an seine Freunde weiter. Für Tim blieb nichts übrig.
„Also“, begann der Anführer schmatzend, „wir haben uns überlegt, was du tun musst, um in unsere Bande aufgenommen zu werden.“
„Ja?“, fragte Tim, als Sheldon eine Weile schweigend gekaut hatte.
„Du gehst in den Finsterwald und holst als Beweis, dass du auch wirklich dort warst, eine der Knochenflöten vom Baum auf der Geisterlichtung.“
„Was?“, fragte Tim dümmlich.
„Wenn du zu feige dafür bist, dann musst du eben weiter mit deinen Puppen spielen.“
„Kann ich mir das noch mal überlegen?“
„Ja, kannst du. Ich gebe dir genau die Zeit, die ich brauche, die letzte Zuckerstange zu essen, dann will ich eine Antwort haben.“ Die Nascherei verschwand rasend schnell in Sheldons Mund. Es sah so aus, als beeile er sich absichtlich, um Tim zu quälen.
„Also, was ist“, nuschelte er und schluckte einen gewaltigen Bissen herunter. Tim hoffte, dass Sheldon die Zuckerstange wie Blei im Magen liegen würde.
„Ich mache es.“
„Gut, du gehst gleich heute Abend. Wir treffen uns morgen nach dem Kirchgang auf dem Marktplatz.“

All die Geschichten, die über den Finsterwald erzählt wurden, gingen Tim durch den Kopf. Geister sollten dort umgehen und den ungebetenen Besuchern bei lebendigem Leib die Haut abziehen. Irrlichter und Gnome lockten Wanderer abseits der Wege und eine Moorleiche zog unvorsichtige Reisende in schlammige Tümpel hinab. Er wusste ungefähr, wo die Geisterlichtung war. Früher war sie ein Hinrichtungsplatz gewesen. Die Verurteilten waren dort gehängt worden und hatten wochenlang als Mahnmal am Galgen gebaumelt. Seine Eltern hatten ihm oft am Kaminfeuer davon erzählt und ihn eindringlich vor dem Betreten des Waldes gewarnt. Tim griff seufzend nach seiner Laterne und verabschiedete sich innerlich von seinen Eltern, die bereits zu Bett gegangen waren. Dann schlich er vorsichtig aus dem Haus und lief zügig dem Finsterwald entgegen, ohne sich noch einmal umzudrehen.

Die Nacht war wolkenverhangen und kalt. Tim beschleunigte seine Schritte, denn er wollte so schnell wie möglich seine Aufgabe erfüllen. Den Kopf tief gesenkt, stemmte er sich der Dunkelheit entgegen. Viel zu früh erreichte er den überwucherten Pfad, der in den Wald führte. Die dichtbenadelten Äste der Bäume nahmen auch das letzte Licht und Tim entzündete seine Laterne. Der flackernde Kerzenschein gaukelte ihm Gestalten vor, die angesichts der Helligkeit zurückzuckten. Ein plötzliches Fauchen ließ ihn erschrocken aufschreien, fast wäre seinen klammen Händen die Laterne entglitten. Blinzelnd spähte er in die Finsternis. Kein Laut war zu hören. Doch dies war ungleich schlimmer, denn Tim hatte den Eindruck, alles um ihn herum hielte den Atem an, um ihn, den kleinen Jungen, in Sicherheit zu wiegen. Behutsam setzte er einen Fuß vor den anderen und tat das, was jeder Mensch irgendwann macht, wenn die Angst übermächtig wird. Er sang. Das Lied gab ihm neuen Mut, auch wenn die Töne zittrig und schief aus seinem halbgeöffneten Mund drangen. Mit einem Mal brach etwas direkt hinter ihm aus dem Gehölz. Knacken und das Splittern von Ästen, die unter ungeheurem Druck zermalmt wurden, gaben Tim den Rest. Jetzt rannte er, so schnell, wie er noch nie zuvor gerannt war. Dornenbesetzte Ranken peitschten durch sein Gesicht, mit den Füßen verfing er sich immer wieder in zähem Gestrüpp. Den Weg hatte er längst verlassen. Auch die morastigen Senken, in die er trat, nahm er nicht zur Kenntnis.

Er rannte so lange, bis er keine Luft mehr bekam. Keuchend sank er gegen einen breiten Baumstamm. Den einen Verfolger hatte er abgehängt, doch schon wieder hörte er Schritte. Sie kamen direkt auf ihn zu. Tim kniff angstvoll die Augen zusammen und öffnete sie erst, als er eine Berührung an seiner Schulter spürte. Dann schrie er auf. Eine hässliche Fratze hatte sich seinem Gesicht bis auf wenige Fingerbreit genähert. Die Kreatur war vielleicht einmal ein Mensch gewesen. Schleim troff von ihrem Körper herab und hinterließ eine glitzernde Spur, die im Licht der Laterne grünlich schimmerte. Das Antlitz war verwest und weiß blitzen Teile des Wangenknochens daraus hervor, die Augen waren wimmelnde Gruben. Mit etwas, was man mit viel gutem Willen als Nase bezeichnen konnte, sog das Monster zischend die Luft ein. Tim war starr vor Entsetzen. Sein Blick wanderte an der Hand der Kreatur entlang, die noch immer auf seiner Schulter lag. Die Fingernägel waren gebogene Klauen, an denen Schlick und Pflanzen hingen. Tim fühlte bereits wie die Nässe durch sein Hemd sickerte und seine Haut an dieser Stelle unangenehm zu jucken begann.
„Wer bist du, kleiner Mensch?“, gurgelte das Wesen plötzlich los. Tims Angst steigerte sich ins Unermessliche. Er zitterte so sehr, dass er zuerst kein Wort herausbrachte, sondern die Kreatur nur mit schreckgeweiteten Augen anstarrte. „Tim“, wimmerte er schließlich.
„Tim“, wiederholte das Wesen. „Was machst du in meinem Gebiet, kleiner Mensch?“
„Ich habe mich verlaufen und ....“ Gier flammte so plötzlich in dem Blick der Kreatur auf, dass Tim stockte und dann hinzufügte: „Ich soll etwas holen und wenn ich weiß, wie ich dort hinkomme, werde ich dein Heim sofort verlassen.“
„Was möchtest du holen?“
„Eine Knochenflöte vom Baum der Geisterlichtung.“
„So, so. Weißt du denn nicht, dass dies ein gefährliches Unterfangen ist? Du könntest dabei sterben.“
„Ja, natürlich. Aber ich muss es tun, verstehst du? Was bist du eigentlich?“
„Die Moorhexe werde ich genannt. Doch das ist schon lange her. Ich glaube nicht, dass meine Geschichte noch an eurem Feuer erzählt wird.“
Und ob, dachte Tim. Laut sagte er: „Doch, wir erinnern uns an dich. Nie gerietest du in Vergessenheit.“
„Wenn du mir die Geschichte erzählst, bringe ich dich zur Geisterlichtung und sorge auf dem Hinweg dafür, dass dir kein Leid geschieht“, versprach die Moorhexe.
Tim fühlte sich nur unwesentlich sicherer, doch dann dachte er an das gewaltige Ungeheuer, das ihn verfolgt hatte und befand, dass die Moorhexe das kleinere Übel war.
„Gut, ich berichte dir alles, was meine Eltern mich über dich lehrten“, lenkte Tim ein.

Die Anwesenheit der Moorhexe schien alle sonstigen Bewohner des Finsterwaldes zu vertreiben. Die beiden Wanderer marschierten unbehelligt nebeneinander her, legten ab und an eine Pause ein, weil die Moorhexe ihre Haut mit Feuchtigkeit nähren musste. Dafür sprang sie in Tümpel und Bäche, wälzte sich mit kehligen Lauten in dem Nass und kam danach triefend an Land. Derweil erzählte Tim der Hexe alles, was er jemals über sie gehört hatte. Zudem erfand er zahlreiche Geschichten, da ihm die seiner Eltern nur allzu schnell ausgingen. Die Moorhexe war zufrieden und führte den Jungen bis an den Rand der Geisterlichtung.
„Ich habe mein Versprechen gehalten und dich nicht gefressen. Der Rückweg jedoch war nicht Teil unserer Vereinbarung und du hast mir alle Geschichten erzählt, die ich hören wollte. Nimm dich also in Acht, kleiner Mensch.“ Damit wandte sie sich um und stakste platschend davon. Tim überlief ein Schaudern. „Die Hälfte ist geschafft“, machte er sich selbst Mut und setzte sich in Bewegung. Dutzende von Irrlichtern säumten den Rand. Sie schwankten, drehten sich im Kreis und schienen miteinander zu tanzen. Tim spürte, dass er müde wurde, nachdem er ihr Treiben eine Weile beobachtet hatte. Er gab sich einen Ruck und sah sich weiter um. Im Mittelpunkt, der völlig runden Lichtung, stand ein Baum, an dem mehrere längliche, weiße Gebilde hingen, die sanft hin und her schaukelten. Und nun konnte der Junge auch eine Melodie hören, zu der sich die Irrlichter im Takt bewegten. Sogar die Flamme der Kerze schien die Musik zu vernehmen und wogte sachte in der Laterne. Tim stolperte auf die schwarze, knorrige Eiche zu, denn die Melodie nahm auch ihn gefangen. Schwankend stand er dann am Fuße des Baums. Mächtige Wurzeln pulsierten unter seinen Füßen und einige dünnere Äste peitschten fauchend durch die Luft. Tim nahm all seinen Mut zusammen und sprach: „Lieber Baum, ich bitte dich, gib mir eines deiner Musikinstrumente. Den ganzen, langen Weg beschritt ich, nahm alle Gefahren klaglos auf mich, um jetzt vor dir zu stehen.“ Dabei hielt er die Hände wie zum Gebet gefaltet.

Eine Weile geschah nichts, doch dann senkte sich einer der Äste, bis der Junge ihn erreichen konnte. Tim zögerte nicht lange, sondern nestelte eine der ledernen Schnüre auf und hielt wenige Augenblicke später eine Knochenflöte in der Hand. „Danke, lieber Baum. Ich werde deine Gabe zu nutzen wissen, wenn ich in die Welt der Menschen zurückkehre.“ Er verbeugte sich respektvoll und verließ die Lichtung, bevor der Baum es sich anders überlegte. Die Faust fest um das beinerne Instrument geschlossen, floh Tim aus dem Wald. Weder wurde er überfallen, noch gefressen, sondern traf bei Sonnenaufgang in seinem Dorf ein. In diesem Moment erlosch die Kerze in seiner Laterne.
Müde erreichte er das kleine Häuschen, in dem er wohnte und schlich die Treppe hinauf. Er hatte sich noch nicht ganz ausgezogen, als er seine Eltern hörte, die gerade aufgestanden waren. Als sie ihn drei Stunden später für die Kirche weckten, schien es Tim, als habe er überhaupt nicht geschlafen. Seine Mutter legte ihm die Hand auf die Stirn. „Geht es dir nicht gut, mein Schatz?“, fragte sie mitleidig. „Nach der Kirche legst du dich ins Bett und schläfst noch ein wenig.“ Tim schüttelte den Kopf und musterte sie bösartig unter halb geschlossenen Lidern.
Der Kirchgang bereitete Tim unglaubliche Qualen. Jedes Wort des Priesters schien sich in seine Eingeweide zu fressen. Als schließlich das Vaterunser gebetet wurde, übergab er sich geräuschvoll in sein Gesangsbuch. Seine Eltern entschuldigten sich lautstark für sein Benehmen und seine Mutter wurde nicht müde, immer wieder zu betonen, dass es ihm am Morgen schon so schlecht gegangen sei. Beim Verlassen der Kirche schob sich Sheldon dicht an Tim heran und sagte: „Na, musst du schon kotzen, weil du es nicht geschafft hast?“ Tim bedachte ihn mit einem schmalen Lächeln und winkte auch den anderen, die in der Nähe herumlungerten, siegesgewiss zu. Die hämischen Mienen verwandelten sich in ungläubiges Staunen, als Tim, wohlweislich vor dem Gotteshaus, die Knochenflöte zwischen seinen gespreizten Fingern aufblitzen ließ.

Tim stand noch einen Moment bei seinen Eltern, die ein Schwätzchen mit Bekannten hielten, meldete sich ab, was sie nur mit einem beiläufigen Nicken quittierten und ging zum Marktplatz. Er schlenderte absichtlich und traf als Letzter bei den Jungen ein, die ihn schon neugierig erwarteten.
„Und, hast du sie?“, fragte Sheldon und zupfte Tim ungeduldig am Hemdsärmel. Dieser schaute den Anführer listig an, wischte sichtbar angeekelt Sheldons Hand von seinem Arm und zog die Flöte langsam aus seiner Hosentasche.
„Das gibt’s doch nicht“, „Schau sich einer den an“, „Zeig mal her“, krakeelten die Jungs durcheinander.
„Ruhe!“, schrie Tim. Alle schwiegen. Sogar die Menschen, die auf dem Marktplatz standen, schauten zu ihm. Tim setzte die Flöte an die Lippen und schloss die Augen. Das Lied, das er spielte, kam direkt aus seinem Inneren, er musste weder die richtigen Töne suchen, noch überlegen, wie er die Finger setzte. Die Melodie war so alt wie die Welt selbst. Versonnen lächelnd standen alle, die sie hören konnten einfach nur da und freuten sich, am Leben zu sein. Immer mehr Menschen strömten herbei, um dem wunderbaren Lied zu lauschen.

Der Tag auf dem Marktplatz war der letzte schöne Moment für das Dorf gewesen. Eine Seuche hielt kurz darauf Einzug und raffte fast alle Bewohner dahin. Die Wenigen, die übrig blieben, zogen fort. Denn der Ort barg furchtbare Erinnerungen. Die Schuld für die Krankheit gab man einem kleinen Jungen, der mit einem Flötenlied den Tod gerufen hatte.

Heute heißt es, dass die Geister der Toten des Nachts durch das verlassene Dorf streifen, um die Seelen unvorsichtiger Wanderer zu fressen.

 
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Hallo Isena,

und herzlich willkommen auf kg.de :)

Tja, deine Geschichte. Streckenweise hat sie mir ganz gut gefallen, aber sie birgt noch durchaus Verbesserungspotential ;)

Vom Thema her ist sie recht klassisch, manche Motive kommen mir sehr bekannt vor, vor allem dieser Flötenbaum (hast du den irgendwo her, das interessiert mich ... ich kann mich nämlich nicht erinnern, woher ich ihn kenne). Das ist jedoch kein Problem, auch klassische Geschichten können unterhalten.

Leider finde ich, machst du dem Leser den Einstieg in die Geschichte ziemlich schwer. Du schreibst aus Tims Perspektive, nutzt jedoch eine Beschreibung wie:

Tim Morris, ein Junge von zehn Jahren

Das klingt unnatürlich und sperrig. Ein Kind denkt selten von sich (und auch von anderen) in der kompletten Anrede mit Nachnamen, und ganz bestimmt nicht an sein Alter. Hier zeigst du einfach zu viel von außen, zudem Informationen, die gar nicht nötig sind, wie der Junge mit Nachnamen heißt und ob er 8, 10 oder 12 Jahre alt ist, ist eigentlich nicht so relevant. Insofern liest sich der Anfang wie eine Dokumentation und nicht wie eine spannende Geschichte.
Dann erzählst du, dass Tim gemobbt wird und darunter leidet. Viel interessanter würde es sich lesen, wenn du das zeigst, nicht nur sagst. Das tust du zwar direkt danach, da ist es aber eventuell "zu spät", weil du die ersten Leser schon verloren hast.
Die Namenskombination verwirrt mich ehrlich gesagt auch, nämlich einerseits Tim und Robert, die ich in Zusammenhang mit "Sheldon" als englisch eingestuft hätte, andererseits "Bonbon-Erna". Dazu muss ich sagen, dass ich ein bisschen voreingenommen bin, wenn offensichtlich moderne englische Namen in einer Fantasygeschichte auftauchen, die auf deutsch geschrieben wurde, das ist allerdings Geschmackssache. Ich jedenfalls bin bis zu dem Zeitpunkt "Laterne anzünden" davon ausgegangen, dass die Geschichte in einer modernen amerikanischen Vorstadt spielt ;)

Die Geschichte nimmt eigentlich erst so richtig ihren Anfang mit dem Auftrag der Bande. Ehrlich gesagt, da würde ich den Text auch erst beginnen lassen, voll in der Handlung. Am besten mit einem Satz wie: "Wenn du heil zurückkommst und die Flöte vorzeigst, kannst du bei uns mitmachen." Der erste Satz sollte den Leser neugierig genug machen, dass er weiterliest. Danach kannst du immer noch die Feinheiten der "Mutprobe" anbringen. Dass Tim gemobbt wird, kann auch in diesem Zusammenhang klar gemacht werden. Vielleicht reibt er sich mal noch eine schmerzende Stelle, oder die anderen Kinder reden dementsprechend abfällig.
Der Dialog hier ist übrigens ziemlich gut, aber danach nimmst du schon wieder Tempo raus, mit dem beschreibenden Absatz über den Finsterwald. Vielleicht überdenkst du noch mal, wie viel von diesen Informationen du brauchst und baust sie dann ein, wenn Tim schon unterwegs ist, zum Beispiel, indem ihm immer wieder unheimliche Gedanken durch den Kopf schießen. Das kombiniert mit Knacken im Unterholz ("Was hatte da geknackt? Ein Geist? Die Leiche, die hier umgehen sollte?") liest sich glaube ich spannender als eine Schilderung.

Die Finsterwald-Passage liest sich ganz gut, stilistisch lässt sich vielleicht noch ein bisschen feilen.
Zum Beispiel:

[...] denn er wollte so schnell wie möglich seine Aufgabe erfüllen. Den Kopf tief gesenkt, stemmte er sich der Dunkelheit entgegen. Viel zu früh erreichte er den überwucherten Pfad [...]

Das ist ein kleiner Widerspruch.

Im ersten Abschnitt übertreibst du es (meiner Meinung nach) ein bisschen mit den Adjektiven. Vielleicht solltest du darüber nachdenken, ein paar zu streichen, manchmal bringen sie einfach nichts Neues in den Text, und bremsen dadurch eher, als dass sie Stimmung erzeugen. Bisweilen ist weniger mehr ;)
Ein paar Beispiele:

Die dichtbenadelten Äste der Bäume

Ein plötzliches Fauchen ließ ihn erschrocken aufschreien, fast wäre seinen klammen Händen die Laterne entglitten.

[..] auch wenn die Töne zittrig und schief aus seinem halbgeöffneten Mund drangen.

Die Begegnung mit der Moorhexe und die Lichtung selber finde ich dann gut gelungen, der Dialog passt und auch der Stil liest sich glatt. Ein ganz kleines bisschen könntest du vielleicht noch Tims Empfindungen besser herausarbeiten, Angst, Schmerz, Herzrasen, oder so etwas. Noch ein bisschen mehr in seine Haut schlüpfen.
Zwischendurch hast du mal ein bisschen wenige Absätze drin, vielleicht im Sinne der besseren Lesbarkeit noch ein paar reineditieren.

Was mir viel zu plötzlich kommt, ist Tims Wandlung zum Bösen. Ich nehme an, es hängt mit der Knochenflöte zusammen, aber ich finde, du könntest die Wandlung vorher andeuten, etwa, dass ihn ein seltsames Gefühl ergreift, oder dass er plötzlichen Hass auf alles empfindet.
Überhaupt erfahre ich in den letzten beiden Abschnitten leider sehr wenig über Tims Gefühle, du bist wieder aus seiner Sicht herausgegangen und erzählst mehr über ihn als mit ihm. Ich glaube, es wäre besser, in der Innensicht zu bleiben, so ein Perspektivenwechsel irritiert etwas.
Natürlich kann der Schlussabsatz so stehen bleiben, das geht wohl kaum aus Tims Sicht ... es sei denn, er steht irgendwo und sieht sich zufrieden an, was er angerichtet hat, das könnte auch reizvoll sein.

So, das war so weit alles. Ich hoffe, ich konnte dir ein bisschen weiterhelfen. Ich würde mich freuen, wenn aus der Geschichte noch mehr wird ;)

Liebe Grüße,

Ronja

 

Hallo Isena und ein nachträgliches Willkommen!

Da dich anscheinend deine eigene Geschichte nicht mehr sonderlich interessiert, nur ein kurzer Eindruck meinerseits: Die Geschichte ist zu langatmig und perspektivenfern geschrieben, um wirklich mitreißen zu können. Das zeigt schon dein Einstiegssatz, der eine recht persönliche Szene aus meilenweiter Entfernung darstellt.
Inhaltlich bietet die Geschichte auch nicht viel neues, ist aber immerhin "konsequent" geschrieben.

Soweit von mir.

Beste Grüße

Nothlia

 

Hallo Felsenkatze,

vielen Dank für deine Anregungen. Ich kann absolut nicht sagen, woher ich den Flötenbaum habe. Vielleicht aus einem Film? Ich weiß es nicht. Jedenfalls ist dieses Bild in meinem Kopf aufgetaucht und ich fand es gruselig.

Die Story werde ich wahrscheinlich drastisch kürzen (Einstieg beim Auftrag der Bande gefällt mir als Anfangspunkt). Mit der Perspektive hast du recht.

@Nothlia: Natürlich interessieren mich die Meinungen zu der Geschichte, auch die Geschichte selbst. Aber ich habe ein Baby von zwei Monaten und derzeit extrem viel zusätzlich privat um die Ohren, so dass ich nicht jeden Tag an den PC komme. So gern ich es auch täte, denn das Schreiben fehlt mir sehr!

Viele Grüße
Isena

 

Hallo Isena!

Das ist natürlich allzu verständlich. Betrachte einfach meine vielleicht sowieso etwas zu patzige Antwort als gegenstandslos, okay? Entschuldige und

Beste Grüße

Nothlia

 

Hi Nothlia,

ich will nicht wissen, wie viele Leute sich hier anmelden, ein kostenfreies Lektorat ihrer Geschichten absahnen und noch nicht mal danke sagen. :-) Insofern kann ich eine Portion Frust sehr gut nachvollziehen.

Wenn alles gut geht, kann ich auch bald wieder richtig in die Tasten hauen. Yippieh .

LG
Isena

 

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