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Die Neuen oder Herrn Schills Komparativ, Eva und ich

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12.04.2007
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Die Neuen oder Herrn Schills Komparativ, Eva und ich

Die Neuen, Herrn Schills Komparativ, Eva und ich
oder
Geburt und Herkunft der Querdenkerszene​

Als ich aus dem Wagen steig, liegt er auf ein Kissen gestützt in einem offenen Fenster im zwoten Stock und ich vernehm zum ersten Mal seine Stimme: „He, Sie da! Parken S’e mal rasch woanders!“

Schon als wir eingezogen sind, ist mir der dicke große Kerl aufgefallen. Während ein anderer neuer Nachbar ungefragt mit anpackte, stapfte der große dicke Kerl mitten durchs Gewimmel amateurhafter Möbelpacker, hielt mit der rechten Hand einen mächtigen Spieß schräg über seine Schulter gelegt und verschwand im Treppenhaus ohne ein Wort.

Ich sollte ihn von nun an täglich sehen und selbst wenn ich grüßte, er blieb stumm. Er ist der Mensch, der dafür sorgt, dass der Rasen vor und hinterm Haus englisch kurz bleibt und er scheint der Mensch zu sein, der Unkraut und Kraut zu definieren weiß und mit chemischen Keulen die natürliche Auslese kultiviert. Aber zu Anfang sprach er kein Wort, obwohl der andere Nachbar mich beim ersten Pils nach dem Umzug vor diesem Ehepaar warnte, denn es wären Sabbeltaschen, sie träten alles breit, tratschten rum und wähnten sich als Blockwart und Hausmeister.

Als ich ihn also das erste Mal sah, trug er mit der rechten Hand eine Partisane schräg über seine Schulter gelegt ins Haus. Und jetzt, als ich aus dem Wagen steig, liegt er auf ein Kissen gestützt in einem offenen Fenster im zwoten Stock und ich vernehm zum ersten Mal seine Stimme: „He, Sie da! Parken S’e mal rasch woanders!“

Auf meine Frage, warum, antwortet er: „Weil S’e hier falsch parken …“

„Das wüsst' ich aber“, antworte ich.

„Hör’n S’e mal, ich wohn hier seit zwanzig und mehr Jahren, bin hier der älteste Mieter und ich werd doch wohl wissen, wer wo hier parken darf.“

Ich wiegle ab: „Kann sein, muss aber nicht. –
Und warum geht Sie das was an?“

„Hör’n S’e mal, junger Mann“, betont er übermäßig, „ich will Sie vor ’nem Strafmandat schützen, denn die Straße wird oft kontrolliert.“

„Ach ja?“, sag ich nur noch.

„Aber sicher!
Zudem lieb ich Ordnung, kenn mich aus in Gesetzen, Verordnungen, Richtlinien, -
bin der einzige hier, der Auge und Ohr offen hält.
Und ich sag Ihnen, die Ordnungswidrigkeit wird Sie vierzig Euro kosten.“

Vierzig Euro -
rattert’s in Cents durch meinen Kopf.

Ich steig wieder ein und fahr den Wagen weg, wenn auch nur gleich um die Ecke und vielleicht auch nur um des lieben Friedens willen.

Wie ich zurückkehr, seh ich schon von der Ecke aus, dass vorm Eingang ein anderer Wagen steht. Ich gehe schnell hin. Eine dralle Frau, die mir irgendwie bekannt vorkommt, hantiert am Kofferraum mit vollen Einkaufstaschen, die sie offensichtlich allein nicht tragen kann. Ich sprech sie an: „Wissen Sie, dass Sie hier falsch parken?“

Sie antwortet zunächst mit einem „Ach!“, und schüttelt den Kopf.

„Das wüsste ich aber“, antwortet sie und fährt fort: „Junger Mann, ich wohn mit meinem Mann seit mehr als zwanzig Jahren hier und ich werd doch wissen, ob ich hier parken darf oder nicht.“

Ich versuch’s weiter: „Liebe Frau, ich will Sie vor einem teuren Strafmandat bewahren. Mein Nachbar hat mir gerade gesagt, dass es vierzig Euro koste, hier falsch zu parken.“

„Ach wissen Sie, junger Mann, das sagt mein Mann immer, wenn jemand Fremdes unbefugt unseren Parkplatz vor der Haustür blockiert.“

Publikum sammelt sich auf der Straße. In den anderen Fenstern bewegen sich Gardinen, Fenster werden quergestellt, gar geöffnet. Wetten werden abgeschlossen, was als Nächstes geschieht.

Jetzt merk ich erst, dass der dicke Kerl immer noch im Fenster liegt, denn er mischt sich ein: „Seh’n S’e nicht, dass die Frau die schweren Taschen allein nicht tragen kann?
Geh’n S’e ihr doch zur Hand, Mann.
Oder können S’e keine Taschen tragen?
Sie sind doch kein Hedonist, oder?
Haben S’e’s im Rücken? –
Oder woll’n S’e einfach nicht helfen?“

Wie im Reflex ergreif ich vier Taschen und überlass der drallen Frau eine Packung seidenweichen Toilettenpapiers, die ich nicht mehr untern Arm klemmen kann. Wir gehen gemeinsam durch die Haustür in den zwoten Stock. Ich schleppe mich mit dem Zeug vier lang andauernde Treppen hinauf, muss auf halbem Weg auf dem Treppenabsatz eine Verschnaufpause einlegen. Sie aber schreitet rüstig und frisch voran.

Es geht in die Puppenstube meines neuen Nachbarn. An der Tür steht groß Herrmann & Schill. Und da weiß ich, woher ich die Frau kenn’.

Der dicke Kerl begrüßt mich mit den aufmunternden Worten: „Junger Mann, von der Stirne heiß rinnen muss der Schweiß! Den schlechten Mann muss man verachten, der nie bedacht, was er vollbringt. Das ist's ja, was den Menschen zieret und dazu ward ihm der Verstand, dass er im innern Herzen spüret, was er erschafft mit seiner Hand.“

Und seine Frau Eva, da bin ich mir jetzt sicher, fährt fort, während ich durch beider Hilfe mit vier schweren Taschen an der Hand in die Puppenstube bugsiert werde: „Der Mann muss hinaus ins feindliche Leben, muss wirken und streben und pflanzen und schaffen, erlisten, erraffen, muss wetten und wagen, das Glück zu erjagen. Da strömet herbei die unendliche Gabe, es füllt sich der Speicher mit köstlicher Habe, die Räume wachsen, es dehnt sich das Haus.“

Nachdem beide mir Stuhl und Getränk angeboten haben, fährt Frau Herrmann fort: „Und drinnen waltet die züchtige Hausfrau, die Mutter der Kinder, und herrschet weise im häuslichen Kreise, und lehret die Mädchen und wehret den Knaben, und reget ohn' Ende die fleißigen Hände und mehrt den Gewinn mit ordnendem Sinn.“

Und der Herr des Hauses fähret fort mit dem hoch gebildet’ Wort: „Wo rohe Kräfte sinnlos walten, da kann sich kein Gebild’ gestalten, wenn sich die Leute selbst befrei’n, da kann die Wohlfahrt nicht gedeih’n. Weh, wenn sich in dem Schoß der Städte der Feuerzunder still gehäuft, der Mensch, zerreißend seine Kette, zur Eigenhilfe schrecklich greift! Da zerret an der Glocken Strängen der Aufruhr, dass sie heulend schallt und, nur geweiht zu Friedensklängen, die Losung anstimmt zur Gewalt“, das Frau Herrmann weitergibt: „Freiheit und Gleichheit! hört man schallen, der ruh’ge Bürger greift zur Wehr, die Straßen füllen sich, die Hallen, und Würgerbanden zieh’n umher. Da werden Weiber zu Hyänen und treiben mit Entsetzen Scherz, noch zuckend, mit des Panthers Zähnen, zerreißen sie des Feindes Herz. Nichts Heiliges ist mehr, es lösen sich alle Bande frommer Scheu, der Gute räumt den Platz dem Bösen, und alle Laster walten frei.“

Schließlich sprechen beide zugleich: „Gefährlich ist's, den Leu zu wecken, verderblich ist des Tigers Zahn, jedoch der schrecklichste der Schrecken, das ist der Mensch in seinem Wahn.
Weh denen, die dem Ewigblinden des Lichtes Himmelsfackel leih’n! Sie strahlt ihm nicht, sie kann nur zünden und äschert Städt’ und Länder ein.“

Ich bedanke mich für meine Mühe und werde den Herrmanns und Schills „ihren“ Parkplatz direkt vor der Haustür überlassen.

 

eine lustige Geschichte, die im letzten Drittel leider ziemlich an Tempo verliert. Der drittletzte Satz hat mich dann aber absaufen lassen. Zu lang ist er mir und irgendwie - zumindest nach dem ersten Lesen - erschließt sich auch der Zusammenhang zum Rest der Geschichte nicht so ganz. Eigentlich geht im letzten Abschnitt auch der ganze doch schräge Humor flöten. Das kommt alles so bierernst rüber, so gewollt, dass ich nur noch den Kopf schütteln kann. Das ist im Grunde genommen nicht schlecht, zeigt es doch diese spießige und besserwisserische Art solcher alles unter Kontrolle haben müssender Leute aufs Trefflichste. Dass dein Hauptdarsteller aber keine Kommentare dazu abgibt, auch keine gedanklichen, macht den Schluss schwer erträglich.

wenn sich die Leute selbst befrei’n, da kann die Wohlfahrt nicht gedeih’n.
diese Stelle fand ich ziemlich gut, weil sie tief blicken lässt in das Weltbild der beiden ach so belesenen, die ihre eingebildete Macht auszuleben versuchen, indem sie geschriebenes nach-denken, beziehungsweise nachplappern.

Gerne gelesen, amüsant, am Ende aber leider etwas nervig/anstrengend. Nein, Geschichten müssen nicht immer leicht verdauliche Badewannenstories sein, aber bei abgehobenen Zitatfeuerwerken (wenn es überhaupt Zitate waren) sollte man wenigstens noch bei der Sache bleiben können.
Georg

 

Hallo Are-Efen,

grüß Dich, Georg,

vielen Dank für Eure Kommentare. Es gehört sicherlich auch einiges an Überwindung dazu, einen meiner Texte als erster zu kommentieren. Zumindest fällt es nicht leicht.

Der Titel besagt eigentlich schon alles, nur gäbe er allein keine Kurzgeschichte ab, zumindest erzwänge er kein Gelächter. Denn eben den Text habe ich – mit kleinen Änderungen gegenüber der Schriftform – Freitag Nachmittag hier vor Ort vor Publikum vorgetragen, und er war der Renner.

Dazu muss man wissen, dass ich seit einem halben Jahr mit Theaterleuten zusammenarbeite und inzwischen die unterschiedlichen Charaktere selbst darstellen kann.

Am Mittwoch war Generalprobe und da wurde zunächst nur gekichert im zwoten Teil der Parkplatzszene, bis eben der Schiller in seinen schlimmsten ideologischen Entgleisungen wörtlich zitiert wurde: da brach der Damm und das Gelächter war so ansteckend, dass ich mich selbst nicht mehr „einkriegte“. Da hatt’ ich mich am Freitag besser im Griff, aber das erste Gelächter brach los, als der Zusammenhang zwischen draller Frau und dickem großen Kerl klar wurde.

Und das ist der Titel:

Die Neuen – die Neueingezogenen, die Neulinge, repräsentiert durch mich, den Erzähler.

Herr Schill war Koalitionspartner Ole von B. in Hamburg und es dauerte, bis der Erste Bürgermeister die Ideologie seines Innensenators durchschaute, dass er ihn feuerte. Wenn ich es richtig in Erinnerung hab, war Schill auch noch ehemaliger Richter. Da kann man sich vorstellen, welches Recht durch ihn ge(s)brochen wurde.

Eva heißt tatsächlich Her®mann und ist auch wegen seltsamer Ansichten gefeuert worden. Aber wenn man den Erfolg ihrer literarischen Ergüsse betrachtet und etwas weiter in die spießige kleine Welt der Gartenzwerge eindringt, dann hat sie nur geäußert, was nicht wenige denken mögen, ohne unbedingt der NS_Ideologie anzuhängen.

Der Komparativ des Herrn Schill ist, da hastu, Are-Efen Recht: Schiller, exakt der von 1799.

Und es mag sein, dass man beim Lesen des Schillertextes, der unwesentlich geändert wurde, abschaltet. Nur: damit wurden unsere Altvorderen gefoltert und wir gar bald die prosaischere Formen dazu (wieder-)erleben.

Man lacht über die Ideologie – und doch sind wir mit der Deregulierung innerhalb der Globalisierung auf dem Weg, mehr als zwo Jahrhunderte unserer Entwicklung über den Haufen zu werfen.

Vielleicht kann man versuchen, den Schiller als Rap zu lesen. Er lässt sich nur auflockern durch Einschübe, die sich am Freitag durch die Publikumsreaktion ergaben. Aber wie kann ich hier improvisieren? Oder erwartet jemand, dass man Schillers „Glocke“ neu schreibe?

Es hat mich sehr gefreut, dass gleich zwo von Euch den ersten Schritt gewagt haben!

Gruß

Friedel

 

Hallo Pistole,

was kann ich darauf antworten, außer –

Dank fürs Lob!

Gruß

Friedel

 

Laß mich atmen, ...

dachte ich, als ich mit Deiner Dichtung fertig war. Es liegt dann an dem genialen Fersmaß und -rythmus, frei in Anlehnung an Schiller, wenn ich es richtig erkannt habe. Deine Geschichte verdient Lob von mir.

Inhaltlich finde ich die Geschichte verblüffend weil ich den Charakter der Protagonisten wohl in Anlehnung an lebende Personen des öffentlichen Lebens wieder erkenne, was ich als Absicht des Dichters auslegen will. Gar nicht einmal zum schmunzeln, der abschließende Satz und der Dank an sich selbst. So gesehen tat mir der "Ich-Dichter" sogar leid. Aber tapfer ist sicherlich seine Hilfsbereitschaft und die Prots erweisen sich ja immerhin als gemäßigt in ihrer Reaktion. Wenigstens übten sie keine körperliche Gewalt. Davon ausgehend, daß sie den Parkplatz keineswegs offiziel gemietet haben sondern ihn recht eigenmächtig und sich ihrer starken, mächtigen Position sehr bewußt, einfach nur willkürlich für sich beanspruchten, nennt sich diese Geschichte sogar beinahe zum weinen. Ich hoffe, sie ist frei erfunden.

Aber Unspaß bei Seite. Der Titel war mir sehr lehrreich. Meiner Bildung in Sachen deutsche Grammatik fehlt der lateinische Akzent obwohl ich den Begriff Komparativ schon einmal gehört haben wollte. Ich schlug nach und ich habe dann die Geschichte, so glaube ich, ganz gut verstanden. Großes Lob noch einmal für Deine dichterischen Bemühungen; ich halte sie für sehr gekonnt und für sehr gelungen.

(ps. Einmal in meinem Leben habe ich Schillers Glocke gelesen und sie ging mir durch und durch. Du erkennst in mir durchaus einen Liebhaber."

Grüße von joasch

 

Ich lass Dich atmen,

joasch,

Du darfst aber auch nicht vergessen selbst zu atmen. Nicht die Luft anhalten! Durchatmen!

Ansonsten kann ich nur auf # 6 verweisen.

Der Prot ist ja auch ganz dankbar, dass es bei psychischer Gewalt und ’n bisschen Schweiß blieb, aber die Geschichte ist Fiktion. Oder glaubst Du, Ronald Schill und Eva Hermann kennten Schiller?

Gruß & Dank von

Friedel

 

Hallo Friedel!

Das Urteil vorneweg: War eine Freude, diese deine Geschichte zu lesen. Zuerst hielt ich das letzte Drittel mit dem lyrischen Gerede für zu überzogen, abgehoben, aber nach kurzem Nachdenken (das gelegentlich erfolgreich ist, manchmal aber auch nicht) gibt es für mich noch mal eine besondere Note.
Insgesamt sehr ... zynisch möchte ich beinah sagen. Es erinnert mich auch an einige Anektdoten, die ich hier in der Spießerstadt Osnabrück erlebt habe. Nun ja, ich fand's klasse und werde die Geschichte empfehlen.

Beste Grüße

Nothlia

PS: Ich schulde dir, glaube ich, noch zu deiner Säulengeschichte was: ich meine, dass einer der ollen griechischen Philosophen eine ähnliche Nummer abzog und/oder in einem Zen-Koan von soetwas gelesen zu haben. Bin mir aber nicht ganz sicher. :)

 

Hallo Nothlia,

schön, dass Du Freude an der Geschichte finden konntest. Am letzten Drittel, so denk ich, werden viele sich schwertun, weil es ja auch nicht mehr „unsere“ Sprache ist und doch statt des von mir bisher bevorzugten Mittelhochdeutschen ein klassisches Neuhochdeutsch -

wenn nicht dieses, was dann? -

ist und – wie ich finde – durchaus aktuelle Bezüge hat (vgl. vorherige Stellungnahmen). „Insgesamt sehr ... zynisch möchte ich beinah sagen“, darfstu ruhig sagen, aber auch, wenn die Wirklichkeit diese Klassifikation verdient.

Anekdoten ähnlicher Art werden nicht auf die Stätten des Westfälischen Friedens begrenzt sein und jeder hat an jedem Ort die Chance, ähnliches zu erleben.

Dann dank ich Dir fürs Lesen und Kommentieren, vor allem aber für die Empfehlung!

Gruß

Friedel

Was die Säulenheiligen angeht schau ich Mal bei den Alten nach. Wenn, dann tipp ich auf die Kyniker, bei denen ich auf jeden Fall anfangen werde.

Mit fernöstlichen Lehren hab ich’s nicht so.

Man muss auch nicht mit allem was haben, so finde ich.

Aber auch hier dank ich Dir für den Hinweis!

 

Zu # 8

Oder glaubst Du, Ronald Schill und Eva Hermann kennten Schiller?

Na, da zitiere ich doch gern Dieter Hildebrand:

Bildung kommt von Bildschirm und nicht von Buch, sonst hiesse es ja Buchung. :D

Hallo friedel,

lustig! Ich kann mir einen Vortrag auf der Bühne gut vorstellen: Stimme und Gebärden liefern dann genügend Schwung für die Zitate, die beim stillen lesen ihre Längen haben.
Gerne gelesen und froh, einmal nicht 'übersetzen' zu müssen, sondern einfach flüssig und schmunzelnd lesen zu dürfen.

Herzlichen Gruss,
Gisanne

 

Grüß Dich, Gisanne,

schön, dass es Dir gefällt! Auch, dass Du den alten Dr. Murke nennst (Hildebrandt spielte die Böll’sche Figur in zwei Filmen), der m. E. größte derzeitige Kabarettist, der auch improvisieren kann, find ich fein (was für eine Klammer wieder!).

Dass Du nicht übersetzen musstest, hab ich doch gerne getan :-) (ich mag kein smiley).

Kurz & gut: ich freu mich.

Gruß

friedel

 

Nur noch schnell 'ne Tröstung:

Wart noch ein bisschen: Der Nuhr und der Richling sind auf dem besten Wege, ihrem Altmeister zu folgen. Aber eben, das sind 'Buchungen' im besten Sinne!

Bin schon wieder weg!

 

Servus Friedrichard,

Deine Liebe zur Sprache und Deine Lust am Sprachspielen ist ungewöhnlich und mir hochwillkommen, und in diesem Text funktioniert es für mich auch sehr und gut.
Du erzählst eine eher alltägliche Begebenheit in einer konsequent eigenen Auslegung der sprachlichen - schriftsprachlichen, um genau zu sein - Konventionen und damit in einem wirklich sehr eigenen Stil. Das mundartliche dabei ging mir anfänglich quer, doch ich hab es bei weiteren Durchgängen anders lesen können und so den Zugang gefunden, während sich im Lauf der Geschichte immer mehr Lesewohlgefühl einstellte, ein ums andere mal.
Kurz und zusammennehmend : sprachlich spannend und spassig, im guten Sinne moralisch, großer Titel und gutes Versmaß.

Hat mir gut gefallen.

Textkram :

Als ich aus den Wagen steig, liegt er auf einem Kissen gestützt in einem offenen Fenster
aus mehr als einem Wagen steigen ? Sonst aus dem Wagen steig
Während ein anderer neuer Nachbar ungefragt mit anpackte, stapfte der große dicke Kerl mitten durchs Gewimmel amateurhafter Möbelpacker und hielt mit der rechten Hand einen mächtigen Spieß schräg über seine Schulter gelegt und verschwand im Treppenhaus ohne ein Wort.
das doppelte "und" ist unschön und passt nicht zum Timbre des Textes. Würde ich umstellen, mit Gedankenstrich oder Semikolon abgrenzen, alles eleganter
Vierzig Euro rattert’s in Cents durch meinen Kopf.
Vierzig EuroKOMMA oder vierzig Euro rattern; übrigens ein schönes Bild, gefällt mir sehr
nur geweiht zu Friedensklängen, die Losung anstimmt zur Gewalt“, dass Frau Herrmann weitergibt:
das, ich kriege keine andere Lesweise hin

Grüße
C. Seltsem

PS:

Bildung kommt von Bildschirm und nicht von Buch, sonst hiesse es ja Buchung.
großartig ! Wirklich groß-ar-tig !

 
Zuletzt bearbeitet:

Bin kurz wieder da!

Schöne Auswahl, guter Tipp, dem man folgen kann!

Zu Nuhr fällt mir der Satz ein, die Wetterfrösche könnten nicht das Wetter in drei tagen voraussagen, aber wollten ihm das Wetter in fünfzig Jahren weismachen. Nunja, ob er das mit 98 so noch wahrnehmen wird, dass er sich seiner Aussage erinnert ...

 

Grüß Dich Seltsem,

vorweg: # 15 bezieht sich auf # 13 (ist also Reaktion auf Gisanne). Hab gestern gar nicht gemerkt, dass Du dazwischengeraten bist. Gleichwohl:

Es freut mich, dass die Geschichte durch die Bank gut ankommt. Deine Reaktion zeigt zugleich, wie gefährlich es sein kann, sich auf die allgemeine Weisheit zu verlassen, der erste Eindruck wäre der entscheidende. Das mag für einfache Gemüter zutreffen und für die Liebe auf den ersten Blick gelten, nicht aber in realen Situationen. Da ist es eher angesagt, einen zweiten oder dritten Eindruck gewinnen zu können. Und das hastu getan.

Ich dank Dir für Dein Urteil!

Gruß

Friedel

Den Textkram werd ich bearbeiten.

 
Zuletzt bearbeitet:

„Jedenfalls solltest du mal einen Friedrichard-Text kommentieren, das würde bestimmt, Replik auf Replik, amüsant werden.“

Hallo geronemo,

ich hab gesehen, dass lea beginnt, für mich zu werben. Oder sollt’ ich da was missversteh’n?

Wie dem auch sei:

Schön ist es und es freut mich, dass Dir der Text gefällt –

und das zeigt doch wieder, dass wir beide hier richtig sind.

Was kann ich Dir noch weiteres sagen, was nicht schon gesagt wäre, außer vielleicht, dass unsere politischen/gesellschaftlichen Ansichten sehr ähnlich sind?

Ich dank Dir für Deinen ausführlichen Kommentar und freute mich, wenn es Dir wieder gut ginge!

Gruß

Friedel

 

Eine kleine Begebenheit, Friedrichard, die so oder so ähnlich jeder schon einmal erlebt hat, wird hier breit gewälzt, bis davon nichts mehr zu sehen ist. Unpassende, ja an Haaren herbei gezogene Dialoge bzw. Monologe beherrschen das Bild im zweiten Teil.
Den Kommentaren habe ich entnommen, dass diese Geschichte Menschen vom Typ/Gesinnung Schill und Herman anprangern soll. Davon kann hier keine Rede sein, jedenfalls vermag ich darin keine Satire entdecken, die Szenen sind, wenn überhaupt, nur komisch und verfehlen damit das selbstgesteckte Ziel.
Das musste auch scheitern, denn ein Ronald Schill, ein ehemaliger Richter und Innensenator in Hamburg, und Eva Herman, Journalistin eben dort, sind von anderem Kaliber als die beiden Prots in dieser Geschichte.
Fazit: Ein offensichtlich sehr bemühter Versuch am untauglichen Objekt.

 

Im Prinzip hastu Recht,

liebe Are-Efen,

und vieles wäre gewonnen, lernte man auf Gewalt – gleich in welcher Form – angemessen und sofort zu reagieren. Nur: i. d. R. erfolgen Reaktionen mit unterschiedlichsten zeitlichen Verzögerungen, was im Kleinen zu dem Satz führt „nachher ist man immer schlauer“, im Großen aber zu Katastrophen führen kann.

Aber ich finde’s sehr interessant, welche Bandbreite an Reaktionen der kleine Text (von ca. zehn Minuten Dauer!) auslöst – siehe inzwischen auch # 20!

Gruß und danke für Deine rege Teilnahme

Friedel

 

Hallo Sirius,

den arg persönlich gewordenen Ton bitt’ ich zu entschuldigen. Die Beiträge sind auch – mit Recht – gelöscht worden. Gleichwohl:

Was besagt Deine Kritik?

Beginnen wir, wie’s sich gehört, mit dem ersten Satz:

„Eine kleine Begebenheit, … die so oder so ähnlich jeder schon einmal erlebt hat, wird hier breit gewälzt, bis davon nichts mehr zu sehen ist.“

In der Tat: eine kleine, an sich unbedeutende Begebenheit, die aber durch die folgende Behauptung, dass jeder etwas Gleichartiges/Ähnliches erlebt habe, an Bedeutung gewinnt und umso verführerischer ist, „persönlich“ zu werden, denn wenn Du „jeder“ sagst, solltestu auch „jeden“, also auch Dich, meinen. Du schreibst ja nicht im Konjunktiv (dass irgendwer etwas dergleichen erlebt haben könnte) und nicht über ein potentielles Geschehen, sondern ein aktualisiertes. Und es geht auch nicht darum, ob jemand sich wegen Juckens heimlich im Schritt kratzt oder nicht, sondern um ein in aller Öffentlichkeit ablaufendes Dramolett - so will ich das Drama einmal taufen.

„Unpassende, ja an Haaren herbei gezogene Dialoge bzw. Monologe beherrschen das Bild im zweiten Teil“, ist Deine Meinung und die steht quer zu allen bisherigen. Die sei respektiert, ist doch Schiller – im Gegensatz etwa zu Brecht – gut an den Haaren zu fassen, wie auch ich.

„Den Kommentaren habe ich entnommen, dass diese Geschichte Menschen vom Typ/Gesinnung Schill und Herman anprangern soll.“ Schill und Herrmann sind in der Geschichte beliebig austauschbare Namen. Etwa Frau Müller (die Luise Millerin aus „Kabale und Liebe“) etwa und ihr Gatte Oskar LaFontaine hätten’s auch sein können. Nur mit Fabeln anschließend wär’s sehr prosaisch geworden oder aber der Name Schiller hätte fallen müssen.
Die Geschichte prangert also keinen bestimmten Menschen an. Darum geht Dein Schluss

„Davon kann hier keine Rede sein, jedenfalls vermag ich darin keine Satire entdecken, die Szenen sind, wenn überhaupt, nur komisch und verfehlen damit das selbstgesteckte Ziel“ gänzlich fehl. Es ist keine Satire, sonst fände sich der Text unter der entsprechenden Rubrik, da hätte sich schon das Moderatorenteam gekümmert, nein, C, Seltsem lobt den Text sogar, ohne zu bemängeln, dass er in der falschen Rubrik stehe.

Die Szenen sollten in der Tat komisch wirken. Da geb ich Dir Recht. Offensichtlich sind sie’s auch. Vor Publikum wie hier im Forum. Das ist scharf beobachtet von Dir.

Nun solltestu mich über meine Ziele aufklären, denn offensichtlich, zumindest behauptestu so etwas, kennstu sie. Ich lass mich überraschen.

Wo kein „selbstgestecktes Ziel“ ist, kann auch nichts scheitern. Und wenn Du meinst, die Namen stünden für reale Personen (in Deinem Fall: Schill + Herman), so müsstestu noch einmal ab „Den Kommentaren habe ich entnommen, …“ lesen, bis Du’s begfriffest. Könnte aber auch geschehen, dass Du in eine Endlosschleife versauertest.

Dein Fazit fällt auf Dich selbst zurück:

"Ein offensichtlich sehr bemühter Versuch (eines Verrisses) am untauglichen Objekt."

Gruß

Friedel

 

Hallo und danke, Nothlia.

Ich bin ganz verlegen und weiß gar nicht so recht, wie ich darauf richtig reagiere.

Ich bedank mich halt recht herzlich!

Friedel

 

Eine kleine Begebenheit ist eine kleine Begebenheit, und wenn daraus, wie bei dir, Friedrichard, viel Wind gemacht wird, ist das zumindest ärgerlich. Okay, das Drama, das zu keiner Zeit eines war, nennst du jetzt selbst ein Dramolet, sagst aber im gleichen Atemzug, dass das, was das Ehepaar da abzog, mehr ist, als wenn sich jemand heimlich im Schritt kratzte, und deswegen Wert sei, mit Kanonen Schiller und Konsorten dagegen zu schießen.

So zu werten, sei dir unbenommen, es muss aber einem Leser möglich sein, das anders zu sehen, ohne dass er gleich – wie von dir jetzt abermals versucht – als jemand hingestellt wird, der mit seiner Meinung quer zu allen anderen Lesern steht. Ich verweise hier auf den Kommentar von Are-Efen, der u.a. meinte „In dieser Geschichte sind mir mindestens ein Drittel der schönen Worte zuviel des Guten; man schaltet nach einem Moment ab.“ oder auch auf die Worte Schrei Bärs: „eine lustige Geschichte, die im letzten Drittel leider ziemlich an Tempo verliert. Der drittletzte Satz hat mich dann aber absaufen lassen. Zu lang ist er mir und irgendwie - zumindest nach dem ersten Lesen - erschließt sich auch der Zusammenhang zum Rest der Geschichte nicht so ganz. Eigentlich geht im letzten Abschnitt auch der ganze doch schräge Humor flöten. Das kommt alles so bierernst rüber, so gewollt, dass ich nur noch den Kopf schütteln kann.“

Du warst auch der erste, der uns deine Namenswahl darlegte: „ Und das ist der Titel:
Die Neuen – die Neueingezogenen, die Neulinge, repräsentiert durch mich, den Erzähler.
Herr Schill war Koalitionspartner Ole von B. in Hamburg und es dauerte, bis der Erste Bürgermeister die Ideologie seines Innensenators durchschaute, dass er ihn feuerte. Wenn ich es richtig in Erinnerung hab, war Schill auch noch ehemaliger Richter. Da kann man sich vorstellen, welches Recht durch ihn ge(s)brochen wurde.
Eva heißt tatsächlich Her®mann und ist auch wegen seltsamer Ansichten gefeuert worden. Aber wenn man den Erfolg ihrer literarischen Ergüsse betrachtet und etwas weiter in die spießige kleine Welt der Gartenzwerge eindringt, dann hat sie nur geäußert, was nicht wenige denken mögen, ohne unbedingt der NS_Ideologie anzuhängen.“

und jetzt, auf meine Kritik hin, sagst du „Schill und Herrmann sind in der Geschichte beliebig austauschbare Namen.“

Fazit: Du unterschlägst Beiträge und verdrehst das Gesagte wie es dir gerade passt, deshalb wirst du sicher verstehen, wenn ich hier abbreche und dich deinem Schicksal überlasse.

Sirius

 

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