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Die Rückkehr des grauen Wolfes
Sechs lange Jahre saß er unschuldig im Knast. Das hatte er der roten Bestie zu verdanken, dieser Staatsanwältin, die ihn als den Serienvergewaltiger anklagte, vor dem damals die ganze Stadt in Angst und Schrecken lebte. In Wahrheit geriet er zufällig in eine heikle Situation und er war es, der eine bis heute unbekannte Frau aus den Klauen des wahren Schuldigen befreite. Diese Geschichte stand in allen Zeitungen. Niemand glaubte ihm. Er war für sie das Tier. Die Medien hetzten, sein Pflichtverteidiger erwies sich als überforderter Grünschnabel und der Richter, ein vertrocknetes, altes Männlein, folgte den Forderungen der rothaarigen Staatsanwältin, weil sie die schöneren Augen hatte.
Sex Jahre im Knast, immer mit dem Arsch an der Wand lang und sich dennoch niemals sicher fühlen können, so ging seine Geschichte. Dafür würde sie büßen. Heute.
Er musste lange auf sie warten. Erst weit nach Mitternacht kam sie nach Hause. Mit wippenden Brüsten in ihrem engen, roten Kleid querte sie mit schnellen Schritten die Straße, öffnete die Haustür und entzog sich seinen Blicken. Was blieb, war ihr Geruch in seiner Nase. Das angehende Licht im Treppenhaus zeichnete ihren Weg in die Dunkelheit, kurze Zeit später schnitten die hellen Fenster ihrer Dachwohnung Vierecke in die Nacht.
Zu diesem Zeitpunkt war er bereits mühsam über das rostige Eisentor des Nachbargebäudes geklettert und auf leisen Sohlen über die Toreinfahrt zu einem still gelegten Fabrikgebäude im Hinterhof geschlichen. Die Tür zum Treppenhaus hing schief in ihren Angeln. Lautlos zwängte er sich durch den schmalen Spalt und stieg geruhsam und Kräfte sparend die Stufen nach oben. Sie führten ihn auf das Dach. Hier oben hatte er in den letzten Abenden und Nächten viele Stunden verbracht. Hinter einem Schornstein kauernd belauerte er seine Beute, die rote Rosa. Ihre Wohnung war ihm mittlerweile so vertraut wie noch vor wenigen Tagen seine enge Zelle. Viel hatte er von ihr gesehen, sehr viel.
Heute Nacht würde er nicht nur schauen.
Über eine kurze, für den Schornsteinfeger gedachte Metallleiter stieg er auf das angrenzende Haus. Hier stand er vor einer anspruchsvollen Aufgabe, für die er sich die Sportlichkeit vergangener Zeiten zurück wünschte, die Kraft und Schnelligkeit seiner Wolfsjahre. Er musste, auf dem Hintern sitzend, eine kurze Strecke über die Dachziegel nach unten rutschen und an der richtigen Stelle die Beine über eine kleine Brüstung schwingen. Das Ziel fest vor Augen zögerte er keinen Moment und landete schließlich unbeschadet und ohne allzu viel Lärm zu verursachen auf ihrer Terrasse. Die größte Hürde war genommen.
Wie in den Nächten zuvor hatte sie die Terrassentür weit geöffnet, um die milde Nachtluft in ihre Wohnung zu lassen. Auf leisen Wolfspfoten folgte er den Luftströmen, wohl wissend, wo er diese Rosa zu suchen hatte. Nach ihren nächtlichen Ausflügen stieg sie erst im Schlafzimmer aus ihren Kleidern, gönnte sich danach eine kurze Dusche, um anschließend nur leicht bekleidet in der Küche ein letztes Glas Wein zu trinken. In der Küche brannte noch kein Licht, folglich würde er sie im Schlafzimmer oder hinter dem Vorhang ihrer Dusche antreffen. Mit einer geschmeidigen, oft geübten Bewegung zog er ein langes Messer aus der Scheide an seinem Gürtel.
Nackt stand sie vor dem großen Spiegel in ihrem Schlafzimmer und betrachtete ihren schlanken Körper. Sie schaute auf ihre kleinen, festen Brüste, drehte sich etwas zur Seite und legte zärtlich eine Hand auf die sanfte Wölbung ihres Bauches. Die rasierte Scham streichelnd und weiter den harmonischen Linien der Beine folgend endeten die Blicke an den roten Lackschuhen mit den hohen Absätzen. Rosa fand sich schön. Den Kopf leicht zur Seite geneigt freute sie sich an ihren sanften … Dann tauchte über ihrer rechten Schulter das schmale Gesicht eines alten, graubärtigen Mannes auf. Sie erkannte ihn sofort. Es war Peter Klamm, der Mann, den sie vor einigen Jahren ins Gefängnis brachte. Er selbst nannte sich damals Perté und während der Vernehmung erzählte er immer wieder etwas von einem grauen Wolf. Ein gefährlicher Irrer.
Es musste die Zeit gewesen sein, als sie mit diesem Stephan Sackleder zusammen war, eine kurze Liaison, die so schnell endete wie sie begann. Wie die meisten ihrer ungezählten Affären.
Sie wusste, dass Klamm vor zwei Wochen aus der Justizvollzugsanstalt entlassen worden war.
Ein, zwei Schläge lang setzte ihr Herz aus, um danach umso wilder loszupulsen. Als sich ihre Erstarrung löste und sie sich umdrehen wollte, war es bereits zu spät. Sie spürte seine Beine an den Rückseiten ihrer Waden, den Druck seines Beckens an ihrem Po, seine Brust an ihren Schulterblättern. Sie roch sein billiges Aftershave, als er in ihr Ohr flüsterte. "Ich habe es nicht getan."
Seine linke Hand umfasste ihre Brust und die rechte drückte die Spitze eines Messers unterhalb des Ohres gegen ihre Halsschlagader.
"Ich bin unschuldig."
Ihre Blicke trafen sich im Spiegel. Rosas Augen zeigten Furcht, Pertés funkelten lustvoll. Ihm gefiel, was er sah. Trotzdem behielt sein Herz den Takt eines langsam eingestellten Metronoms bei. Rache ist ein Gericht, das kalt gegessen werden muss. Er genoss den Anblick dieses schönen, nackten Körpers, der hilflos in seinen Armen eingesponnen war. Bald würde sie auf seinem Schoß liegen, eine Pietà à la Perté.
Mit dem Daumen strich er prüfend über ihre Brustwarze. Sie war groß und hart. In den vergangenen Jahren stand ihm für diese raffinierte Variante des Vorspiels nur seine eigene zur Verfügung.
„Erregt?", fragte er sie.
Wieder trafen sie sich im Spiegel, diesmal hielt ihr Blick dem seinen stand. Ein waches Ohr könnte in der Ferne das feine Klirren sich kreuzender Klingen hören.
Erst nach einigen Sekunden gab sie es zu: „Ja."
Seine Hand fuhr nach unten, über ihren Bauch, langsam, sanft und zärtlich. Er hatte nichts verlernt.
„Und Sie?", fragte Rosa.
Er gab ihr die richtige Antwort: Seine Hand glitt tiefer. Der ausgestreckte Zeigefinger schob sich zwischen ihre Beine. Fügsam stellte sie ihren rechten Fuß ein wenig nach außen. Nach einem kurzen Zögern drückte sie ihm ihren Po entgegen.
„Ich kann es spüren", sagte sie.
Perté spürte es auch, seine Hose setzte dem Wachstum enge Grenzen. Er schob sein erigiertes Glied nach vorn, durch den dünnen Stoff spürte er ...
„Sie haben es wirklich nicht getan?"
„Nein."
Langsam führte sie ihre rechte Hand nach hinten, suchte zwischen ihren Unterleibern nach der Wurzel aller Triebe. Perté grunzte zufrieden. Sie wäre die Erste gewesen, die seinen biologischen Aufforderungen nicht gefolgt wäre.
„Dann ... steh ich in Ihrer Schuld.“
Ein kluges Mädchen. Ihre Hand senkte sich einige entscheidende Zentimeter nach unten und legte behutsam seine Glöckchen in ihre Schale.
Er schloss die Augen, um das Klingen intensiver genießen zu können. Kling, Glöckchen, klingelingeling …
Ihr Griff wurde etwas fester. „Ist es so gut?"
Er stöhnte leise. Nicht das letzte Mal in dieser Nacht, doch das letzte Mal mit Genuss.
Rosa hatte ihre Hand in die gewünschte Position gebracht. Sie schloss sie zur Faust und drehte sie entschlossen mit allem, was sich darin befand um hundertachtzig Grad nach rechts. Dabei trat sie einen Schritt zur Seite und wandte sich dem grauen Fisch zu, der nun an ihrer Angel hing.
„Besser so?" Ihre Stimme klang noch genau so sanft wie vor wenigen Sekunden.
Während sich Pertés hodaler Zustand offenbar entscheidend verändert hatte. Er knickte in den Knien ein. Rosa erhöhte den Druck. Sie folgte seinen Bewegungen, bis er gekrümmt auf dem Boden lag und sie neben ihm kniete. Erst dann tauschte sie die Eier des grauen Wolfes gegen sein Messer ein.
Auf der Bettdecke lag ihr Handy. Perté stöhnte genusslos. Rosa stand auf und zog sich ihren Morgenmantel über. Ihr Atem ging wieder ruhig und ihr Puls hatte seine übliche Schlagzahl erreicht, als sie auf eine Kurzwahltaste drückte. Ein Mitarbeiter ihrer Dienststelle meldete sich.
„Schicken Sie bitte einen Streifenwagen bei mir vorbei. Ich habe einen Einbrecher in der Wohnung."