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Die süße Last der Passivität.

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30.06.2014
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Die süße Last der Passivität.

Sex. Ich brauche heute noch Sex. Zwingend. Jeder Gedankengang meines hormongeschwängerten Hirns mündet in der Sexualsackgasse. Mein Organismus ist in diesem Zyklus nicht wählerisch, der reifer werdende Unterleib verschleudert hysterisch seine verbliebenen Eier und kocht meinen Kopf auf großer Flamme.

Die Welt besteht nur noch aus behaarten Männerarmen, Bartstoppeln, Adamsäpfeln, über Beinmuskeln gestrafften Jeansstoff.
Sehe ich eine Blumenwiese, nehme ich sie nicht als Frühlingsschönheit wahr, sondern sehe nur meine Schenkel, unter der Männerlast gespreizt, aus ihr heraus ragen. Ich spüre förmlich das schneidend harte Gras an meinem Po, fühle die in ihrem Tagesablauf gestörten Insekten aufgescheucht und kopflos über meinen Körper huschen. Zerdrückte Armeisenbauten haben ein ganzes Volk aufgescheucht, rot, natürlich sind es die Roten. Die Kriegerinnen bespritzen mich mit Ameisensäure, die Kita-Mitarbeiterinnen schultern die Puppen. Geordnete Unordnung, alles flieht unter meiner rhythmischen Brachialphantasie.
Lächelnd solidarisiere ich mich gedanklich mit der Ameisenkönigin. Die unzählig befruchtete Eier in sich trägt, Millionen Samen in sich verwaltet. In mir scheint nicht nur ein Ei zu reifen, nein, Trillionen füllen meinen Unterleib und schreien der Befruchtung entgegen.

Ruhig, Du bist ein Mensch. Und willst unbefruchtet bleiben. Kurz schließe ich die Augen und wische mir den Sexualtrieb lässig von den Augenbrauen.

Mich auf mein Pokerface verlassend gehe ich weiter, an der Seite der Person des Begehrens. Übe mich im alltäglichen Habitus. Ich höre das Geräusch von knirschendem Schotter unter Männerschuhen.

Aus den Schuhen werden Stiefel, aus dem Mann der Soldat, der Stiefel drückt mein erhitztes Gesicht auf den staubigen Weg. Ich spüre die spitzen Steine an meiner zarten Haut und rieche den Staub. Der Stiefel, an dem ein grausamer Mann hängt, schiebt mich nach vorne. Steine reißen meine Haut auf, schneiden sich in mein Gesicht. Es werden nässende, entzündete Wunden zurückbleiben, vielleicht sogar Narben.

Ich schüttle meinen Kopf wie ein Hund mit Wasser in den Ohren, um die Bilder zu verscheuchen.

Wir betreten den Wald. Raus aus der Sonne, die mit ihrer Spätfrühlingsgewalt meine Hormone auf peitscht, wie eine grausame Herrin.

Die Kühle des Waldes, mit seinen unzähligen Grüntönen beruhigt mich schlagartig. Mein Herz wird ruhiger, meine Gedanken alltäglicher.

Bis, ja bis ich mir den Knöchel an einer Brombeere reiße, der Schmerz bringt die ganze Maschinerie wieder zum laufen, genervt beobachte ich dem Verfolgungsfilm der armen, barfüßigen Frau im Wald, ja, toll, Klassiker. Klar.

Schluss jetzt!

Eine Heimfahrt und etliche Vergewaltigungsphantasien, angeregt von vorbeiziehenden Schuppen, grobschlächtigen Bauern, mir entgegen gereckten Fahrradfahrerärschen, Waden, die vor Muskeln strotzen, hoch geschobenen karierte Männerhemden lässig Mistgabeln tragende Arme, später, sitze ich auf dem Sofa.
"Kann ich was für Dich tun?" "ja, fick mich", schreit mein geschundener Körper, "Wasser bitte", sagt mein Mund.

Denn die sexuelle Passivität zwingt mich dazu zu warten, zu hoffen, gute Mine zum bösen Spiel zu machen.

"Hunger?" "Ficken"-denkend, "ja"-sagend. Warten.

Verdammt, ich will jetzt einfach selber anfangen wild zu knutschen und mich an seinem Reißverschluss zu schaffen machen.

Aber nein, wenn ich will und er muss, macht es mir ja selber keinen Spaß. Zumal er nicht müssen will. Ich aber schon. Und das heute noch, bitteschön!

Eine gefühlte Ewigkeit später liege ich im Bett, in seinem Arm. Heiße, stille Stoßgebete gen Himmel schickend.
Zaghaft und natürlich vollkommen unaufdringlich versuche ich es mit ein bisschen Po entgegen recken. Aber sachte, nicht das es gewollt wirkt, so zufällig wie möglich.
Nichts.
Ok. Am liebsten würde ich jetzt still wimmern.
Bitteln-betteln geht aber nicht, obwohl mir danach wäre, aber das ist weit unter meiner Würde.

Zart berühre ich mit den Lippen seine Hand.
Nun passiert alles gleichzeitig, sein Daumen zwängt meine Zähne auseinander und ich spüre, ohhhh, ich spüre eine Gewissheit im Rücken.

Eine unsägliche Erleichterung und Vorfreude macht sich breit, das Jubeln unterdrücke ich und mime die Überraschte.

 

Hallo Gretha,
Willkommen bei den Wortkriegern.

Wenn keiner anderer schreibt, dann mach ich das jetzt mal.
Ich tu mich schwer mit deiner Geschichte über eine Frau, die gerne will und sich nicht traut. Die passiv ist bis zur Vergewaltigungsvorstellung, die über den Schmerz zur Idee der Erotik kommt.
Aber die richtige Geschichte drumherum fehlt. Es entscheidet sich auch nicht in eine Richtung. Entweder das Abgründige dieser Passivität zu zeigen oder vielleicht auch das Absurde.
Denn: Aus der Idee, dass, wenn sie will, er ja müsste, und sie dann nicht mehr wollte, könnte man was machen. Wäre sicherlich Anlass zu einer kuriosen, vielleicht sogar tragischen Geschichte, wie eine fiktive Person mit einem so dämlichen, aber auch alltäglichen selbstauferlegten Zwang verfährt.
Aber diese Idee reißt du leider nur an, sie blitzt mal kurz auf, man weiß auch nicht, ist diese selbstauferlegte Passivität nun als gesellschaftlicher Zwang gemeint oder ihre persönliche Vorstellung von Sexualität. Dann könnte die Protagonistin eigentlich nur in einem Film glücklich werden, denn wenn der Typ genauso denkt, dann kommen die nie zum Vögeln, das Absurde könnte ihr doch mal selbst auffallen.
Jedenfalls ist um den Grundgedanken rum lediglich eine Miniaturhandlung aufgebaut: Eine Frau denkt dauernd an Sex, traut sich aber nicht, das auch zu zeigen, weshalb sie dauernd an gewalttätigen Sex denkt und sich wünscht vergewaltigt zu werden. Zum Schluss schafft sie es dann doch, ihren Kerl umzustimmen.
Und das alles ist in einem launigen scheinfröhlichen Stil erzählt. Also für mich passt das leider nicht.
Es wirkt in der Zusammenstellung nicht nur lustlos, sondern auch gedankenlos gemacht. Ich mein, was ist das denn für ein dröger Gedanke, dass sie immer die Passive zu sein hätte und ihn unbedingt unbemerkt rumkriegen muss, wenn nicht drumherum eine absurde Handlung gebaut ist. Wieso ist das so selbstverständlich? Oder welche Kuriositäten ergeben sich daraus? Und andersrum, dass sie dauernd solche Vergewaltigungsgedanken hat, sorry, aber ich tu mich echt schwer, wenn das so locker dahinerzählt wird. Klar, man kann aus der Geschichte einer Frau, für die Sex so sehr mit Passivität verbunden ist, dass sie sich sogar Gewalt wünscht, eine wuchtige und verstörende Geschichte machen, die den Leser ganz schön durcheinander bringen kann. Aber doch nicht so wuschig dahinerzählte Vergewaltigungswünschlein hach Gottchen und dann noch kombiniert mit dauernd aus dem Unterleib schießenden Eiern. Ohne moralisch sein zu wollen, mein ich schon, dass das ein bisschen leichtfertig daherkommt, wenn man lauter Vergewaltigungswünsche einer Frau zu einem völlig normal und selbstverständlich wirkenden Alltagsepisödchen macht. Und falls du ihre Wünsche als immanente Kritik meintest. nee, kommt bei mir nicht an. Hast es ja auch unter Erotik eingestellt.
Also Grundthema und Grundidee ja, damit könnte man was machen, aber deiine Geschichte ist zu handlungsarm und zu unentschieden, um dem Thema gerecht zu werden.
Leider heute nur diese fünf Cent. Vielleicht sieht es ein anderer ja wieder ganz anders.
Viele Grüße von Novak

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Gretha,

ja, ich sehe es nicht ganz so, wie Nowak. Mir gefällt Dein Text doch schon. Vor allem finde ich ihn schön geschrieben. Inhaltlich würde ich mir wünschen, zu erfahren, woher ihre Passivität rührt. Wenn ich an meine Mutter denke, dann würde das Bild hundertprozentig passen. Das war die Erziehung einer Tochter, die mit Kriegsausbruch des 2.WK erwachsen war. Die hatte keine Signale auszusenden. Die, die das machten, waren Huren. Das kommt in Deiner Geschichte nicht zum Ausdruck. Wenn Du das am Anfang verdeutlichen würdest, dann würde man dem Aufbäumen ihres Körpers unter der Last ihrer Wünsche besser folgen können. Wenn man aber Deinem Titel folgt, dann müsste man meinen, es sei selbstauferlegte Passivität, weil sie diese Rolle besonders anturnt. Dem widerspricht aber die Stelle:

Die Kühle des Waldes, mit seinen unzähligen Grüntönen beruhigt mich schlagartig. Mein Herz wird ruhiger, meine Gedanken alltäglicher.

Bis, ja bis ich mir den Knöchel an einer Brombeere reiße, der Schmerz bringt die ganze Maschinerie wieder zum laufen, genervt beobachte ich dem Verfolgungsfilm der armen, barfüßigen Frau im Wald, ja, toll, Klassiker. Klar.

Schluss jetzt!


Hier ist sie scheinbar endlos erleichtert, dass sie durch die Eindrücke, die der Wald vermittelt, endlich auf andere Gedanken kommt und sie genervt ist, als alles wieder beim Alten ist.
Der Schluss lässt ja offen, ob sie nun wirklich bekommt, was sie will. Das finde ich gut.

Viele Grüße
khnebel

 

Hallo Gretha,

der Text hat diesen lockeren, frechen Frauen-Kolumne-Ton. Ryan Gosling! Sex! Und dann strecke ich mich im Einkaufsmarkt und komme nicht ans obererste Regal! (Zwinker, Zwinker). Kann ich ihnen behilflich sein?, fragt Supermann. Mir? Helfen? Na … ;) ;)
Und dann geht es halt ein bisschen weiter als das Frauen-Kolumnen üblicherweise tun. Also ich lese jetzt auch nicht jeden tag Frauenkolumnen, aber ja …
Insegesamt hab ich den Text schon gerne gelesen .. ich will Novak da auch nicht zu sehr widersprechen, was den Inhalt angeht schon gar nicht, da rutsche ich bloß wieder in mein eigenes Klischee und dann komme ich mir albern vor, aber ja … Bisschen wie ne Kolumne halt, wobei schon ein Tick besser. Ihr Verhalten erscheint mir dabei nicht völlig aus der Luft gegriffen zu sein, und es bleibt halt immer irgendwie interessant zu lesen, wie Frauen mit Lust umgehen. Friss mich und so. Kommt schon rüber. Interessanter oder "moderner" wär's vielleicht, wenn die Figur mehr mit sich selbst und ihren Fantasien zu kämpfen hätte, so ist sie halt frech und horny und das war's im Grunde, aber sie hadert nicht wirklich mit sich, theoretisch könnte sie das aber tun, oder? Ihre Geilheit könnte vielleicht in Konflikt stehen mit irgendwelchen anderen Gedanken, die sie im Kopf hat oder so. Nein? Naja, keine Ahnung. Einige Formulierungen finde ich auch ganz nett.

MfG,

JuJu

 
Zuletzt bearbeitet:

Servus Gretha, willkommen hier.
Ähnlich wie JuJu empfinde ich das auch eher als einen Kolumnentext und weniger als eine packende, erotische Geschichte. Und dieser halblustige Stil, Novak nennt ihn „scheinfröhlich“, das trifft es für mein Gefühl perfekt, ist auch nicht so meins. Na ja.

Und weil es bisher noch niemand getan hat, möchte ich dich auf ein paar sprachliche Fragwürdigkeiten hinweisen:

Die Welt besteht nur noch aus […] über Beinmuskeln gestrafften [gestrafftem?] Jeansstoff.
Hier bin ich mir selbst nicht ganz sicher, ob sich gestrafften auf über Beinmuskeln bezieht, dann wäre natürlich der Akkusativ richtig, oder auf den Jeansstoff. Dann müsste es im Dativ stehen. Vermutlich liest das jeder anders und richtig ist möglicherweise beides. Mir erschien es beim ersten Lesen als falsch.

natürlich sind es die Roten.
Schriebe ich hier klein, weil es sich ja adjektivisch auf die Ameisen bezieht

Die unzählig befruchtete Eier in sich trägt,
besser: unzählige

die mit ihrer Spätfrühlingsgewalt meine Hormone auf peitscht
aufpeitscht

Die Kühle des Waldes, [entweder kein Komma] mit seinen unzähligen Grüntönen [oder auch hier ein Komma] beruhigt mich schlagartig.
Ist nicht gerade falsch, aber beim Lesen stutzte ich kurz, weil sich das Possessivpronomen auf die Kühle zu beziehen scheint.

Bis, ja bis ich mir den Knöchel an einer Brombeere reiße, der Schmerz bringt die ganze Maschinerie wieder zum laufen [Laufen],
Sich mit einer Brombeere zu verletzen wäre ein ähnliches Kunststück, wie jemanden mit einer reifen Feige totzuwerfen. Plausibler klänge Brombeerranke oder Brombeerstrauch.

angeregt von […] hoch geschobenen karierte Männerhemden lässig Mistgabeln tragende Arme,
Du sprechen komisch so warum?
Ich weiß, was du damit sagen willst, aber so geht das nicht. Der Satzteil ist buchstäblich hirnsträubend falsch.
Selbst wenn hier tragenden Armen stünde, also der korrekte Dativ statt des Akkusativs, funktionierte er noch nicht, weil sich hochgeschobenen – das übrigens zusammengeschrieben gehört - ja auf die Arme zu beziehen scheint, und unter hochgeschobenen Armen kann ich mir echt nichts vorstellen. Vermutlich wolltest du ausdrücken, dass die Männerhemden hochgeschoben sind, oder, noch wahrscheinlicher, eigentlich meintest du hochgeschobene Männerhemdärmel.
Keine Ahnung, wie man dieses Wörterchaos lesbar machen könnte, da darfst du dir selbst den Kopf darüber zerbrechen.

Denn die sexuelle Passivität zwingt mich dazu [Komma] zu warten, zu hoffen, gute Mine zum bösen Spiel zu machen.

Verdammt, ich will jetzt einfach selber anfangen [Komma] wild zu knutschen

Viel Spaß noch hier.

offshore

 

Lieber Novak,
danke für Deine sehr ausführlichen Gedanken zum Text.
Vielleicht klärt das allgemein ein paar Fragen, wenn ich dazu Stellung beziehe:

"Wieso ist das so selbstverständlich? (....) Und andersrum, dass sie dauernd solche Vergewaltigungsgedanken hat, sorry, aber ich tu mich echt schwer, wenn das so locker dahinerzählt wird."

Das liegt daran, dass es für mich locker ist. Es ist bar jeder Tragik. Alles liegt einer gesunden, in sich stimmigen, bearbeiteter sexueller Neigung zu Grunde. Für mich ist es normal, ja alltäglich, dass Sex an Gewalt gekoppelt ist und das noch auf einer passiven Grundlage steht.

Ich habe keine Probleme damit, deshalb ist der Text fröhlich, auch wenn er Dir, Euch, absurd erscheint.

Die Geschichte entstand für eine Leserschaft, die die Neigung entweder von sich selber kennt, oder den Gegenpart einnimmt.
Ich hab mir erst überlegt, ob ich sie ein bisschen umschreibe, um leichter zugänglich zu machen, für Normaltickende.
Ich verwarf den Gedanke aber, weil ich auch ein Stück neugierig war, wie es auf Menschen ohne den Hintergrund wirkt.

Versteht Euch aber bitte nicht als Versuchskaninchen, im Grunde geht es mir darum, meine neu entdeckte Leidenschaft weiter zu bringen.


khnebel,
danke für Deine Gedanken. Und das Dir der Stil nicht komplett missfällt, freut mich.

Inhaltlich würde ich mir wünschen, zu erfahren, woher ihre Passivität rührt.

Ich denke, die Frage ist weiter oben schon beandwortet. Übrigens, sexuelle Neigungen fallen meist vom Himmel. Und haben selten etwas pathologisches. Wenn sich manches auch etwas absonderlich anhört.

igni,
lustig, Dir gefallen auch meine Lieblingsstellen. Im Großen und Ganzen hast Du begriffen, welcher Antrieb hinter solchen Gedankengängen stecken. Und der ist eben nicht problematisch, dramatisch oder einem Trauma zugrunde liegend.
Deshalb ist der Stil auch eher locker, leicht.

JuJu,

Ihr Verhalten erscheint mir dabei nicht völlig aus der Luft gegriffen zu sein, und es bleibt halt immer irgendwie interessant zu lesen, wie Frauen mit Lust umgehen.

nein, aus der Luft gegriffen ist es nicht. Da es um mich selber geht. Ich bin in mir ziemlich schlüssig, dass das so irgendwann auch ´beim Leser ankommt, daran arbeite ich noch.


ernst offshore,
Dir auch meinen besonderen Dank. Ich weiß, dass ich grammatikalisch und orthografisch noch viel zu lernen habe. Deshalb ist Deine "Fleißarbeit" mir meine Fehler aufzuzeigen sehr nett und für mich brauchbar.

Das war meine Allererste Geschichte, die ich vor 3 Wochen geschrieben habe.
Deshalb seht mir meine teilweise stümperhafte Schreibweise und wirre Satzbauten bitte nach.

Danke an Euch.

 
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Salü Gretha,

auch von mir ein Willkommensgruss!
Ich verfolge die Debatte hier, weil ich mir nicht schlüssig war, was ich dir zu deinem Text schreiben könnte, der auch für mich inhaltlich recht nebulös zu lesen war. Nun schreibst du:

Die Geschichte entstand für eine Leserschaft, die die Neigung entweder von sich selber kennt, oder den Gegenpart einnimmt. - Ich hab mir erst überlegt, ob ich sie ein bisschen umschreibe, um leichter zugänglich zu machen, für Normaltickende. - Ich verwarf den Gedanke aber, weil ich auch ein Stück neugierig war, wie es auf Menschen ohne den Hintergrund wirkt. - Versteht Euch aber bitte nicht als Versuchskaninchen,
Das scheint mir der Knackpunkt zu sein, dass du den Hintergrund literarisch nicht bearbeitest, sondern ihn vorenthältst und offen lässt. Das ist ja völlig egal, ob ich eine ,Normaltickende' bin oder nicht. Ich ticke ja auch nicht wie eine Alkoholikerin oder Spielsüchtige. Aber gerade deshalb ist es interessant für mich, Hintergründe zu erfahren, damit ich seltsame Lebensspuren verstehen und nachvollziehen kann. Von daher verstehe ich mich jetzt schon ein bisschen als Versuchskarnickel. So im Sinne von, dass du etwas schreibst und mich dann auf die Probe stellst, ob ich das wohl verstehe oder gleich funktioniere wie deine Protagonistin.

Natürlich erwarte ich jetzt kein Outing von dir, so ist das nicht gemeint. Aber ich erwarte eine durchdachte, fleissig überarbeitete, meinetwegen auch geheimnisvolle Geschichte, die mich zum Nachdenken und zum Verständnis anregt. Zum Verständnis aber brauche ich den Hintergrund, sonst interessiert mich die Geschichte nicht, weil sie mir nichts sagt und nichts gibt.

Also da ist noch einiges an Arbeit. Drei Wochen reichen da wohl nicht, wenn so viel Komplexität zur Diskussion steht. - In diesem Sinne: viel Freude am intensiven Schreiben, nachdenken und überarbeiten.

Lieben Gruss,
Gisanne

 

Das Leben ist nicht politisch korrekt

Die Geschichte liest sich flüssig, alles ist klar und deutlich, Fragen entstehen nicht: Dass es solche Menschen wie die Prot gibt, wird wohl keiner bezweifeln. Und wenn doch, dann vielleicht nur, weil man sich auf das Geschehen nicht einlassen will – aus welchen Gründen auch immer. Und die Kritiken zielen genau in diese Richtung. Sie zeugen vom Unverständnis. D.h. sie möchten gezeigt oder erklärt bekommen, warum diese Frau so tickt wie sie tickt. Das ist aber nicht möglich, weil die Prot das selbst nicht weiß: Sie ist wie sie ist. Weiß ein Homosexueller, warum er homosexuell ist? Natürlich nicht.

Okay, ein Autor kann sich eine mögliche Begebenheit in der Kindheit ausdenken und sie als Erklärung für dieses Sosein liefern. Aber wären wir dann zufrieden? Da würden andere kommen und sagen, das wäre wohl zu einfach, schließlich haben Millionen Kinder das ähnlich erlebt und sind nicht submissiv geworden.

Ich finde die Geschichte gerade wegen ihrer Beschränkung auf Hier und Jetzt stark. Da ist eine Frau, die voll Sehnsucht ist – und dies nicht zeigen kann und will. Weil dieses Nichtzeigen für sie wesentlich ist. Klar, sie macht auch kleine Zugeständnisse („ein bisschen Po entgegen recken“), weil in heutiger Zeit ein zu deutliches Nein tatsächlich als Nein interpretiert wird und dann u.U. nichts passiert. Aber passieren muss was, und das auf eine ganz bestimmte Weise. Wir alle sind so gestrickt: Der eine mag es ganz zärtlich, der andere ganz hart – und dazwischen liegt die ganze Bandbreite, ohne dass wir es wissen, warum jetzt das eine für uns bestimmend ist und das andere nicht.

Wie die Story ist auch die Sprache nicht ausufernd. Es wird nur das Wesentliche gesagt, jedenfalls nur so viel, dass jeder versteht, was Sache ist. Klar, viele, vor allem Emanzen werden Augen verdrehen ob so viel Unterwürfigkeit gegenüber Mann, aber das Leben ist nicht politisch korrekt, am allerwenigsten in sexuellen Dingen.

 
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@Gisanne,
ich verstehe was Du meinst. Aber genau das will ich eigentlich nicht.
Stell Dir das so vor.
Du würdest eine Geschichte einer sexuellen Momentaufnahme schreiben. Sagen wir, Du zeichnest ein Bild (ok, kitschig, nur zur Verdeutlichung) von Mann und Frau am Stand bei Sonnenuntergang. Du beschreibst, um alle in Stimmung zu bringen den Himmel, den Sand unter Deinen Füßen, den Pulsschlag der Wellen.

Dann geht es zur Sache. Du beschreibst, wie er Dir den Sand vom Bauch pustet, Dein Haar zwirbelt, langsam die Topographie Deiner Haut folgt und Deine Linien zart nachzeichnet.

Soweit, so gut, Dir würde bestimmt eine atemberaubende Handlung einfallen und ein spritziges Ende.

Dem Einen würde das gefallen, der Andere würde vielleicht am Stil einiger Satze mäkeln.

Aber keiner, da bin ich mir sicher, würde beanstanden, dass Du nicht aufgeführt hast, was Dich dazu gebracht hat heterosexuell zu sein, zärtlichen Sex zu mögen. Keiner würde Dich fragen, was das für eine Ursache hätte, vielleicht in der Kindheit, ein Trauma es gar ausgelöst hat?

Du schreibst, und das ist sehr bezeichnend, von Spielsucht oder Alkoholismus. Das zeig mir, dass Du eine Neigung als krankhaft einstufst, dann bitte handfeste Gründe dafür geliefert haben willst.

Die gibt es bei mir aber nicht. Wenn ich hier länger schreiben sollte, wirst Du vielleicht noch mehr über meine Sexualität erfahren.

Aber eines wirst Du nie lesen, eine Analyse meiner Psyche, ein Trauma in der Kindheit, oder ähnliches.

Denn ich bin streng gegen das pathologisieren meiner Neigung. Denn das würde mich selber beleidigen.

Ich bin, was ich bin, was ich bin.

Und mir geht es absolut super damit.

Ich will mit einer Geschichte auch keinen Aufklärungsfilm vorführen, eine Erklärung liefern oder es irgendwie rechtfertigen. Es ist nur meine Art Sex zu haben, also auch meine Art über Sex zu schreiben.

Liebe Grüße an Dich, Gretha


@Dion,
danke für die Unterstützung. Und den Vergleich mit der Homosexualität, der sehr gut gewählt ist.

 

Hallo Gretha,

ich hab's gern gelesen. Ich finde vor allem, dass Du recht gut und bildreich dargestellt hast, was in der Protagonistin vorgeht. Es gibt ja so Tage, da hat man immer nur Sex im Kopf. Schön auch das happy end, bei dem man sich den Hauptteil denken muss und ja auch kann.

 
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Ja,

Aber eines wirst Du nie lesen, eine Analyse meiner Psyche, ein Trauma in der Kindheit, oder ähnliches.

Denn ich bin streng gegen das pathologisieren meiner Neigung. Denn das würde mich selber beleidigen.

Ich bin, was ich bin, was ich bin.

das ist tatsächlich ein Problem mit Erzählen und Geschichte. Wenn man einfach sagt "Ist so" - das verstößt gegen das "Wieso?" des Lesers, weil es beim Lesen auch um Muster geht.
Dieses "Ist so" taucht in letzter Zeit häufiger auf in dieser Form. "Isso." Das taucht meistens auf, um mit dieser "Es gibt keinen Grund dafür"-Sache den Konsumenten zu schocken, weil es deutlich macht, dass die Welt indifferent ist und dass es eben nicht, wie in der Literatur oder im Erzählen, alles schön aufgeht.

Ich hab den Text gelesen, als er eingestellt wurde, und ich hab unter dem Lesen das Interesse daran verloren leider, weil es eben dann doch nur eine Note kennt, ohne ein "Warum ist das so?" oder in einer Variation davon. Und dann hab ich mir gedacht: Das ist aber schon eine Männerphantasie auch. Dass Frauen da draußen sind und sie sind unglaublich geil und lassen sich nichts anmerken. Das ist eigentlich so eine "Sie will es doch auch"-Werbung.

Das Problem hier ist es, dass es Leser-Konventionen gibt. Realität und "Das ist so" sind keine gute Grundlage für eine Geschichte. Unzusammenhängende Ereignisse gibt es in der Welt natürlich, in der Literatur sucht man nach Mustern.

Und auch ganz einfach: Wenn du als Autorin eine Figur schreibst, die sagt "Das bin ich, mir geht es gut" - sag ich als Leser: Na, das wollen wir doch mal sehen, wo hat denn die Figur ihre Macken, wo kann ich ansetzen, wo sind da Brüche, wo sind da Einschnitte, wie tickt die Person, was geht in ihr vor.
Und wenn du dann als Autorin kommst, rammst ein dickes Schild in den Boden und sagst: STOPP! Diese Figur bin ICH! Mit MIR ist alles okay! Nicht weiter bohren! Ich schwöre, ich bin total normal! Es ist alles so, wie ich es sage. Finger weg.

Das ist doch langweilig für mich als Leser, wenn mir der Autor so klare Grenzen setzt. Da hast du 2 Probleme. Das 1. ist: Als Leser denke ich: Die zeigt mir ja nicht alles von der Figur, die zeigt mir das, was sie mir zeigen will, die ist nicht ehrlich zu mir. Und das 2. ist: Ich will natürlich nicht wildfremden Menschen was unterstellen oder denen auf den Zahn fühlen, sondern ich will das mit fiktiven Figuren machen.

Und das ist das Problem, wenn man ohne Distanz über sich selbst schreibt - es klappt nicht gut. Auch wenn man ganz verruchte Sachen macht und sich ganz unanständig gibt - es ist nochmal was ganz anderes, wenn man das mit einer fiktiven Person macht.
Literarische Figuren müssen dem Leser gehören und nicht der Autorin. Das ist ein ganz wichtiges Kriterium.

 

Hallo Gretha, tja....ich hatte bei den ersten Kritiken auch das Gefühl, sie gehen etwas an dem Text vorbei. Warum soll denn umgotteswillen ein Text nicht genau das tun, was er will. Warum brauchst du eine große Geschichte mit Handlung und Spannungbogen, wenn du einfach mit einem großen inneren Lächeln erzählen willst, was im Kopf und im Leib einer devoten Frau vorgeht, wenn sie wuschig ist. Also ich mag den Schreibstil deines Lächelns und ich glaub dir sofort die magische Anziehung von Radlfahrerwadln und Mistgabelschwingern. Auch wenn ich sie nicht so ganz nachfühlen kann. Aber ich steh ja auch auf der anderen Seite des Flusses.

 

Hallo Gretha,

ich finde den Text nicht wirklich erotisch, jedenfalls nicht den Anfang, klingt mehr nach Satire und Komik als nach Erotik -

Jeder Gedankengang meines hormongeschwängerten Hirns mündet in der Sexualsackgasse. Mein Organismus ist in diesem Zyklus nicht wählerisch, der reifer werdende Unterleib verschleudert hysterisch seine verbliebenen Eier und kocht meinen Kopf auf großer Flamme
"hormongeschwängertes Hirn" - oh geil! Sexualgasse! Unterleib, hysterisch, Eier! Hilfe!
Die Welt besteht nur noch aus behaarten Männerarmen, Bartstoppeln, Adamsäpfeln, über Beinmuskeln gestrafften Jeansstoff.
Sehe ich eine Blumenwiese, nehme ich sie nicht als Frühlingsschönheit wahr, sondern sehe nur meine Schenkel, unter der Männerlast gespreizt, aus ihr heraus ragen. Ich spüre förmlich das schneidend harte Gras an meinem Po, fühle die in ihrem Tagesablauf gestörten Insekten aufgescheucht und kopflos über meinen Körper huschen.
Hier fängt die eigentliche Geschichte an - der Absatz davor will mir mit aller Gewalt die Figur zeigen, die mal echt unsexy ist, wenn man bedenkt, wie die Eier aus ihr rausschießen.
Kurz schließe ich die Augen und wische mir den Sexualtrieb lässig von den Augenbrauen.
ja, das erinnert schon an Kolumnen - dieses "ich wische mir lässig den Sexualtrieb von den Augenbrauen." klingt cool, klingt lässig, klingt banal, klingt einfach, klingt unmöglich und fast schon verharmlosend. Die Figur hat ein Problem damit ihre Sexphantasien zuzulassen - das ist für mich ein Konflikt - aber dieser Konflikt wird "lässig" weggewischt.
Aus den Schuhen werden Stiefel, aus dem Mann der Soldat, der Stiefel drückt mein erhitztes Gesicht auf den staubigen Weg. Ich spüre die spitzen Steine an meiner zarten Haut und rieche den Staub. Der Stiefel, an dem ein grausamer Mann hängt, schiebt mich nach vorne. Steine reißen meine Haut auf, schneiden sich in mein Gesicht. Es werden nässende, entzündete Wunden zurückbleiben, vielleicht sogar Narben.
Finde ich gut, also ich würde gerne deine Figur auch mal erleben - nicht nur ihre Gedanken hören, sondern sie auch mal handeln sehen.
Ich schüttle meinen Kopf wie ein Hund mit Wasser in den Ohren, um die Bilder zu verscheuchen.
Auch hier, ich finde den Vergleich nicht besonders erotisch, was hat ein kopfschüttelnder Hund in einer erotischen Geschichte verloren? Der Vergleich will lustig sein, aber er ist irgendwie peinlich - weil ich mir die Frau vorstelle, wie sie da wild mit dem Kopf wackelt, um "Bilder" loszuwerden.
Eine Heimfahrt und etliche Vergewaltigungsphantasien, angeregt von vorbeiziehenden Schuppen, grobschlächtigen Bauern, mir entgegen gereckten Fahrradfahrerärschen, Waden, die vor Muskeln strotzen, hoch geschobenen karierte Männerhemden lässig Mistgabeln tragende Arme, später, sitze ich auf dem Sofa.
"Kann ich was für Dich tun?" "ja, fick mich", schreit mein geschundener Körper, "Wasser bitte", sagt mein Mund.
Ich finde es okay, wenn sie solche Phantasien hat und lass uns nicht diese Diskussion führen, was jetzt "normal" ist - aber eine immense Übersexualisierung steckt in diesem Absatz, was gut ist, aber ich will einfach wissen, wie die jetzt damit umgeht - und das kann nicht gelöst werden mit einem "ich lass ihn nicht merken, wie geil ich bin" - hallo? Für die Figur sieht ein Stop-Schild wie ein überdimensionaler Penis aus und dann unterdrückt sie aber das unbedingt - also wenn das kein Konflikt ist. Bitte schreibe mehr davon.
Bitteln-betteln geht aber nicht, obwohl mir danach wäre, aber das ist weit unter meiner Würde
Das ist zu geil. :)
Darf ich an die Brombeerstacheln erinnern? :D

Okay, die Frau ist ein wenig masochistisch veranlagt, will unbedingt warten, obwohl sie so das dringende Bedürfnis hat - ich kann mir schon vorstellen, dass das auf Dauer enorm anstrengend ist, sich als Frau so zu verhalten, aber ich kann mir auch vorstellen, dass es für diese Frau eben enorme Lust bedeutet, die Unschuld vom Lande zu spielen, wo sie doch den ganzen Tag nichts anderes im Kopf hatte als Muschi, Schwanz, Faust!

Ich finde, du hast eine interessante Figur mit einem spannenden Konflikt, aber wo ist die Geschichte? Ja, Handlung gehört unbedingt zu einer Geschichte. Geschichte heißt nicht einfach drauf los schreiben - wo wird denn so ein Blödsinn erzählt.

Zweites Problem, hat Quinn schon angesprochen, es interessiert hier niemanden, ob du die Prota bist, das ist sogar hinderlich für die Textarbeit. Das bringt keinen hier weiter, wenn wir wissen, dass du das bist, was soll's? Der Text steht jetzt so da, wie er ist, du kannst da nicht nochmal kommen und sagen, nee, als ich da an den Soldaten gedacht habe, habe ich das und das gefühlt - klingt hart, aber ja und? Als Autorin bist du nicht mehr wichtig, wenn der Text erstmal den Leser erreicht hat.
Also wir haben auch hier in dem Forum eigentlich das Stadium erreicht, an dem wir sagen, Autor und Protagonist sind strikt zu trennen und der Autor ist ein weiterer Interpret des Textes. Er kann sagen, was seine Absicht war, letztendlich entscheidet der Leser ob das gelungen ist oder nicht.

 

Zitat Gretha # 10

Du schreibst, und das ist sehr bezeichnend, von Spielsucht oder Alkoholismus. Das zeig mir, dass Du eine Neigung als krankhaft einstufst, dann bitte handfeste Gründe dafür geliefert haben willst.
He hallo, wie kommst du denn darauf? Ich schrieb:
Ich ticke ja auch nicht wie eine Alkoholikerin oder Spielsüchtige. Aber gerade deshalb ist es interessant für mich, Hintergründe zu erfahren, damit ich seltsame Lebensspuren verstehen und nachvollziehen kann.
Übrigens, das Wort 'Normaltickende' hast du in die Diskussion gebracht, ich habe dich da nur zitiert.
Dies nur zur Klarstellung!

 

Natürlich hat sich die Autorin ungeschickt verteidigt als sie anklingen ließ, dass sie selbst diese Fantasie hatte, dass sie also Realität beschrieb. Aber das ist auch alles, was man ihr vorwerfen kann, denn spätestens seit dem Hite-Report „Das sexuelle Erleben der Frau“ wissen wir, dass es viele Frauen gibt, die von der Gewalt und Unterwerfung fantasieren, d.h. sich von den Gedanken daran aufgeilen. Klar, nur wenige wagen es, diese Fantasien auch auszuleben, aber die, die das tun, berichten vom erfüllten Sexualleben erst nachdem sie das zugelassen haben. Das hat mitunter ganz konkrete Gründe, denn Orgasmus wird im limbischen System ausgelöst, dem Lust- und Schmerzzentrum des Gehirns.

Dagegen steht unsere politische Korrektheit, nicht zuletzt befeuert durch so fragwürdige Personen wie Alice Schwarzer, die vor 20 Jahren gesagt hat „Weiblicher Masochismus ist Kollaboration!" Gemeint ist: Kollaboration mit dem Feind Mann.

Man könnte auch sagen: Unsere Moral hindert uns, das hier Beschriebene als etwas Normales zuzulassen. Entsprechend fallen dann manche Kritiken aus.

 

Dion, also dass du die Geschichte verteidigst, ist so überraschend wie der Sonnenaufgang. Es geht doch hier im Forum vor allem darum, die Form einer Geschichte oder die eingesetzten erzählerischen Mittel zu kommentieren, damit der Autor oder die Autorin vielleicht daraus irgendeinen Fortschritt für sich erzielen kann.

Die Absicht eines Textes, die moralische Aussage oder das Sujet zu kritisieren - ist ziemlich spießig, bürgerlich und effektheischend, finde ich. Nach so Kriterien stellt man vielleicht einen Text in 2 Minuten bei Viva vor (eine 15jährige Prostituierte hat ihre bewegenden Memorien geschrieben, lest das unbedingt!), aber es ist doch keine handwerkliche Auseinandersetzung mit einem Text, wie ihn Autoren untereinander haben können.

Einen Text nur gut zu finden, weil es irgendwie um Masochismus geht, das ist so wie einen über Glücksbärchen toll zu finden, weil man Glücksbärchen so mag. Das ist dann reiner Gesinnungsapplaus, weil was ins Weltbild passt. Deshalb finde ich die Überschrift deiner ersten Kritik mit der "Politischen Korrektheit" auch extrem ärgerlich.
Sich bei so Texten wie dem hier als "progressiv" zu positionieren und jedem, der den Text nicht gut findet, zu unterstellen, das sei irgendwie ein Sittenwächter, der nur mit geschlossenen Augen und im Dunkeln duscht - oder der nicht wahrhaben will, dass es Frauen gibt, die so sind wie die im Text geschilderte Figur - was soll da noch in der Diskussion kommen?

Du ziehst die Kritik von der Textarbeit (Was macht der Text? Wie macht er das? Was passiert hier?) auf eine moralisch-sittliche "Hier wird über Normalität geurteilt!" - Was soll das? Was soll das dem Text bringen? Wie soll die Diskussion hiernach verlaufen?

 
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Man könnte auch sagen: Unsere Moral hindert uns, das hier Beschriebene als etwas Normales zuzulassen. Entsprechend fallen dann manche Kritiken aus.

Hmm, ja … aber so wahnsinnig negativ fallen die Kommentare doch gar nicht aus. Ungeschickt verteidigt hat sie sich, ja, aber ich denke, es ist schon ein literarisches Problem insgesamt. Hier gibt's ein Konflikt, der wird blumig geschildert, und zum Schluß wird der auch irgendwie aufgelöst … also das ist ja schon mal was. Aber es auch nicht so, dass man sagt, dass "Problem" oder der Konflikt wurde hier wirklich angegangen, oder da hat sich was verändert oder da ist was aufgebrochen in einem literarischen SInne. Vielleicht könnte ich auch eine Geschichte über eine Figur schreiben, die morgens aufsteht und halt bumsen will, und dann geht er abends in eine Bar und macht bisschen auf Alpha-Dog, und dann nimmt er eine mit zu sich und sie bläst ihm einen und zum Schluß denkt er sich: geil. Und das wär halt die ganze Geschichte. Dann müsste man doch auch irgendwie sagen: Aha … interessant. Und jetzt? Was ist mit dieser Figur? Und der Frau? Hab ich was übersehen? So gehts mir mit der Geschichte hier.

PS: jetzt seh ich erst ... Quinn hat auch geantwortet .. okay.

 

Die Absicht eines Textes, die moralische Aussage oder das Sujet zu kritisieren - ist ziemlich spießig, bürgerlich und effektheischend, finde ich.
Ah ja? Was hast Du denn in Deinem ersten Beitrag geschrieben?
Und dann hab ich mir gedacht: Das ist aber schon eine Männerphantasie auch.
Das war eine Auseinandersetzung mit dem Inhalt, nicht mit dem Text!

Ich habe schon geschrieben, dass es ein Fehler war, sich mit dem Argument „das war aber so“ zu verteidigen. Und genau da hast Du sie angegriffen und zu dem Text, außer dem oben Zitierten, sonst nichts gesagt.

Wenn meine 2 Beiträge Gesinnungsapplaus waren, wie Du sagst, dann waren Deine 2 Beiträge Gesinnungspfuirufe - wobei ich wesentlich mehr zu dem Text gesagt habe als Du.

Und dann besitzt Du die Frechheit, mir vorzuwerfen, ich hätte mich mit den Fragen „Was macht der Text? Wie macht er das? Was passiert hier?“ nicht beschäftigt. Und Du? Hast Du Dich damit beschäftigt? Keine Spur!

 
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Klar, hab ich. Lies doch mal meinen Kommentar, der hatte irgendwie 50 Zeilen, wo das Problem ist, wenn man sich zur Protagonistin macht und eine Auseinandersetzung mit dem Text verbietet. Das sind genau die Probleme des Textes: Es ist keine Tiefe da, es werden keine Brüche gezeigt, es gibt keinen Widerstand zu übewinden, es ist alles wunderbar, es ist eine intakte, kleine, süße SM-Welt, ohne Spannung, ohne Konflikte, ohne Widerstand, ohne Leidensdruck, ohne alles. Das ist eine konfliktfreie Geschichte. Das ist "Thomas schreibt Dieter einen Brief." Und es ist tatsächlich wie eine Männer-Phantasie, die funktionieren ja auch so: Pornos sind erzählerisch betrachtet Kitsch, weil sie "ungebrochen" sind. Wo's im Heimatfilm nur "reines Glück" gibt, gibt es in Pornos nur "Reine Lust" - das ist das Merkmal von Kitsch, dass irgendwas nur Schwarz oder Weiß, nur ganz oder gar nicht, ist. Und nur weil "Passivität" und "Lust" hier miteinander verbunden werden, ist das noch keine Schattierung. Man sieht das ja auch schon am Impetus der Autorin. Es ist in diesem Text keine Frage gestellt, sondern eine Antwort gegeben: So ist es. So empfinde ich das. Ich hab keine Zweifel. Hier ist es in Stein gemeißelt. Warum das so ist, es geht dich nichts an. Die Situation soll auch nicht verändert werden, es ist nichts in Bewegung, es ist die perfekte Stagnation: Es ist so so.

Wir kriegen keine Introspektive in diese Person, weil die Autorin die Protagonistin vor dem Leser schützt und keinen Einblick zulässt. Der Text trifft nur eine Note.

Mich nervt das ja wirklich hart. Meinst du echt, ich hätte ein Problem mit weiblicher Sexualität? Oder damit, dass es in einer Geschichte ums Ficken geht? Oder wie jemand Lust gewinnt? Glaubst du wirklich das Forum ist so und wir brauchen den großen Befreier Dion, der uns 45 Jahre nach 68 erklärt, was Lust ist, oder wie? Ich versteh deinen Impetus bei sowas überhaupt nicht. Du müsstest uns doch alle langsam kennen. Du führst da immer Strohmann-Konflikte.
Du baust dir ein Feindbild auf - der biedere Spießer - und gegen den führst du Krieg? Zeig mir doch mal den Moralisten, gegen du hier ins Feld reitest. Das ist doch lächerlich. Nicht jeder Text, in dem eine Frau feucht wird, ist große Literatur und schildert eine unfassbare Wahrheit, die man in die Welt hinausbrüllen will: "Frauen empfinden Lust!" Wow, jetzt hast du uns aber allen die Augen geöffnet. Das ist ja eine ungeheure Wahrheit, ruf die Zeitung an.
Genau wie der andere Typ hier im Thread, der mit "Die Kunst ist frei" kommt - das ist mir ja vorher nie klar gewesen. Wahnsinn.

Das ist ein kitschiger Text - ohne Brüche, ohne Tiefe, ohne zweite Dimension, ohne Widerstand, ohne Struktur.

 

Also eines habe ich für mich raus gezogen. die Protagonistin darf nicht ich selber sein.
Das habe ich verstanden und verinnerlicht.

Ansonsten gibt es hier bestimmte Kriterien, die eine Kurzgeschichte erfüllen muss, von denen ich als Anfänger nichts wissen konnte.
Ihr wollt die Personen ausführlich gezeichnet sehen und wenn ich über BDSM schreibe, muss eine traumatische Begründung dazu.

Und da muss ich leider passen.
Dann müsst ihr Shades of Grey lesen, da wird der arme, traumatisierte Sadist durch Liebe "ins Licht geführt" und geheilt, hab ich mir sagen lassen. Witz.

Ich erwäge gerade, ob das für mich hier Sinn macht.
Ich finde es toll, dass ihr Euch mit Texten auseinander setzt. Da gäbe es für mich sicher viel zu lernen.
Da ich aber sehr gerne über Sex schreibe, der aber immer mit Gewalt und Ambivalenz zu tun hat, fürchte ich, dass es immer wieder zu der selben Diskussion führen wird.

Zumal ich mit der Geschichte die harmloseste und normalste gewählt habe.
Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn ich die über das Kriegseifellecken eingestellt hätte.

Ich danke allen, die sich mit meinen Zeilen beschäftigt haben.
Ihr habt mich zum nachdenken gebracht, es war für mich sehr fruchtbar.
Aber ich denke, die Inhalte, die mich und meine Phantasie beschäftigen, passen einfach nicht in dieses Format.

 

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