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Die trojanische Wespe

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12.08.2004
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Die trojanische Wespe

„Also“, sprach Agamemnon eines morgens halb acht, „heute will ich den Sieg. Unentschieden zählt nicht. Es muß doch gelingen, dieses Troja nach neun Jahren einzunehmen.“
Zustimmendes Gemurmel wurde laut. Die Krieger hatten sich im Kreise um den König gescharrt und begannen unruhig mit den Kriegsgeräten zu rasseln.
„Männers!“, Agamemnon merkte, daß er heute gut ankam. „Wir hatten Niederlagen, wir hatten die Pest und andere Seuchen, uns überfielen Amazoninnen, wir beweinten viele tapfere Helden, einmal hatten wir sogar drei Wochen lang keinen Wein im Lager, doch die Götter sind mit uns und heute wird uns der entscheidende Sieg gelingen.“
„Jo!“ die Männer waren voll bei der Sache. Bis auf einen.
„Odysseus, was machst du da?“
„Ich baue ein Roß.“
„Aus Holz?“
„Ja, da rostet es nicht. Außerdem kann es dann auch schwimmen.“
„Oh weiser Odysseus“, sprachen die Krieger ehrfürchtig. „warum aber baust du dieses Roß?“
„Es ist für meinen Sohn Telemach. Er hat sich so ein Schaukelpferd schon immer gewünscht.“
Da lachten die Krieger.
„Odysseus“, verspotteten sie ihn. „Dein Sohn ist mittlerweile ein junger Mann. Er wird es nicht gebrauchen können.“
Da fiel dem Helden wieder ein, wie viele Jahre er in diesem Kriege verbracht hatte. Die Wucht der Erinnerung übermannte ihn und ermattet setzte er sich auf einen Stein, um die Situation zu überdenken. Er dachte an seine Familie, die wahrscheinlich nicht mehr damit rechnete ihn wiederzusehen. Wie würde Penelope sich entscheiden? Schon immer hatten die Männer um sie gebuhlt. Würde sie ihrem Drängen nachgeben?
Währenddessen hatte die Schlacht mal wieder begonnen. Mit unverminderter Härte schlugen die Männer aufeinander ein. Stumpfe Schwerter prallten auf verbeulte Schilde. Viele Lanzen zerbrachen schon im Fluge. Ein jeder merkte, daß der Kampf nun schon viel zu lange dauerte. Doch keiner wollte sich geschlagen geben.
Von weitem betrachtet ein Insekt das Geschehen mit mäßigem Interesse. Was es an diesem Ort schon seit längerem vermißte, waren saftige Wiesen voller bunter Blumen und andere andersgeschlechtige Insekte. Doch das einzige was es sah, waren müde, zweibeinige Gestalten eingehüllt in eine Staubwolke, die sich ächzend abmühten, dem anderen Schaden zuzufügen.
Brummend flog das kleine Tier umher und suchte ein schattiges Plätzchen und siehe da, etwas glitzerndes erregte seine Aufmerksamkeit. Kurz darauf war der Schatten gefunden und obwohl es etwas muffig roch, fühlte sich das Insekt wohl, jedoch nicht für lange.
Nicht das Odysseus kriegsmüde war... Er hatte es gründlich satt dieses Gemetzel! Am liebsten wollte er ....
Irgend etwas störte ihn. War es der Kriegslärm? Nein. Daran hatte er sich gewöhnt. Auch die Sonne, die dafür sorgte, daß das Wort Schatten in der Region ein Fremdwort blieb, war es nicht, die den Helden beunruhigte. Es mußt etwas kleines, unscheinbares, nebensächliches... Da! Etwas stieß gegen seinen Bauch. Der Held sah nach, doch das einzige, was ihm entgegenblinkte, war die sorgfältig polierte Fläche seines Brustpanzers. Odysseus rechtes Augen begann nervös zu zucken. Da war etwas. Ohne Zweifel. Schließlich konnte man ein leises Brummen hören. Außerdem gab es immer ein feines Ploing, als wenn von innen etwas gegen das Metall stieß. Sollten es die Flöhe sein, die langsam... Aber nein, es mußte etwas größeres, gefährlicheres sein.
Das Gebrumm schwoll an. Da wurde doch nicht etwa jemand sauer?
Instinktiv griff der Krieger zum Schwert. Das hatte er sich antrainiert all die Jahre. Drohte Gefahr, war der Griff zur Waffe das einzig richtige. Doch was sollte er damit tun? Odysseus überlegte nicht, sondern handelte. Systematisch versetzte er seinem Panzer von oben ausgehend einige Schwerthiebe und hielt mehrere Male inne, um zu Lauschen, was der Eindringling darauf erwiderte. Scheinbar wurde er durch die Geräusche noch mehr in Panik versetzt. Das Summen schwoll an und ab und zu schien sich der Angreifer eine Weile auszuruhen, um sich einen günstigen Platz zum Stechen...
Panik erfaßte Odysseus. Er sprang auf, schüttelte sich. Er heulte, er schrie. Er warf sich auf die Erde, er schlug Purzelbäume. Nichts half. Mit einem markerschütternden Schrei lief er los. Stolperte, fiel. Rappelte sich auf. Rannte weiter. Er sah und hörte nichts. Mit dem Schwert in der Hand wirbelte er umher. Drehte sich in die eine Richtung, stieß auf ein Hindernis, drehte sich zurück. Er schlug, er stieß. Die ganze Zeit nur auf dieses Krabbeln auf der Brust achtend, das sich verzehnfachte, verhundertfachte, daß ihn dazu trieb sich immer schneller zu bewegen. Immer wenn er erlahmte, wenn seine Bewegungen langsamer wurden, spürte er dieses Vibrieren, das ihn vorrantrieb, das ihn pushte. Er wollte, er mußte, Nein! Nicht! Hilfe ...AAAHHHHHH.
Ein kalter Wasserschwall warf ihn zu Boden. Das Schwert entglitt ihm. Die Hände waren frei. Mit fliegenden Fingern öffnete er seinen Panzer und streckte die Brust in die Richtung.
„Hierher!“, schrie er und wurde prompt von einer weiteren kalten Wasserladung getroffen.
Mit geschlossenen Augen lenkte er seine Aufmerksamkeit auf seine Körpervorderseite. Nur ein kühler Wind, der an den Wassertropfen leckte, strich über sein Haut. Glückseligkeit durchflutete den Helden.
Er lebte. Er atmete. Niemand hatte ihn gestochen. Er öffnete die Augen. Da standen sie. Agamemnon, Menelaos, Aias und glotzten ihn an.
„Was ist?“, fragte er und richtete sich auf. „Was glotzt ihr so?“
„Wir haben gewonnen.“, erwiderte Agamemnon mehr staunend als feststellend. „Du hast sie verjagt. Du hast die Schlacht entschieden. An ihrem schwächsten Flügel hast du angegriffen und um dich geschlagen, getreten, gebissen. Alles was sich bewegte. Einige unserer Leute waren auch darunter. Aber was zählt, ist der Sieg. Du hast sie in die Flucht geschlagen Held Odysseus. Du hast es geschafft.“
Es folgte andächtiges Schweigen. Sie wollten hören, was der Mann zu sagen hatte, der die Schlacht ganz allein entschied. In diese Stille brach ein feines Brummen, daß nur einer hörte.
„Beim Zeus nein!“, schrie der Held und rannte strampelnd auf das offene Meer zu.

Etwas abseits schaute eine ziemlich nasse Fliege verwundert zu, wie ein Zweibeiner hochsprang und wild um sich schlagend auf´s Meer zurannte.

 

Frievolle Grüße

Amüsanter Blick auf die Belagerung Trojas. Zwar komplett unlogisch, stark vereinfachend, aber dennoch amüsant.

Wie Du mit den Erwartungen des Lesers spielst, ist recht gut. Da erwartete man, das er das legendäre Pferd baut, und dann schnitzt er nur ein Spielzeug für seinen Sohn. Das er durch seine Panikattacke allerdings den Feind in die Flucht schlägt, ist schon extrem unwahrscheinlich.

Das Summen schwoll an und ab und zu schien sich der Angreifer eine Weile auszuruhen, um sich einen günstigen Platz zum Stechen...

Da fehlt mindestens ein Komma, und auch das eine oder andere Wort, würde ich mal annehmen.

spürte er dieses Vibrieren, das ihn vorrantrieb, das ihn pushte.

Das kannst Du bestimmt auch auf Deutsch formulieren.

Kane

 

Guten Abend Mac!!

Mein Kuchen zur Story: ;)
Bis auf einen.
-muss das nicht "einer" heißen??

Doch das einzige was es sah, waren müde, zweibeinige Gestalten eingehüllt in eine Staubwolke, die sich ächzend abmühten, dem anderen Schaden zuzufügen.
-...einzige, was es sah, waren müde, zweibeinige Gestalten, eingehüllt in einer Staubwolke (glaube ich)

„Wir haben gewonnen.“, erwiderte Agamemnon mehr staunend als feststellend.
-gewonnen", erwiderte ..., mehr staunend als...

Zugegeben, gut. Am Ende musste ich echt grinsen und lachen. Der letzte Abschnitt mit der Fliege ist gut. Aber hier geht es mir einen Tick zu schnell:
Da fiel dem Helden wieder ein, wie viele Jahre er in diesem Kriege verbracht hatte. Die Wucht der Erinnerung übermannte ihn und ermattet setzte er sich auf einen Stein, um die Situation zu überdenken. Er dachte an seine Familie, die wahrscheinlich nicht mehr damit rechnete ihn wiederzusehen. Wie würde Penelope sich entscheiden? Schon immer hatten die Männer um sie gebuhlt. Würde sie ihrem Drängen nachgeben?
Währenddessen hatte die Schlacht mal wieder begonnen. Mit unverminderter Härte schlugen die Männer aufeinander ein. Stumpfe Schwerter prallten auf verbeulte Schilde. Viele Lanzen zerbrachen schon im Fluge. Ein jeder merkte, daß der Kampf nun schon viel zu lange dauerte. Doch keiner wollte sich geschlagen geben.

Da brauchte ich erstmal zwei Zeilen um mich zurechtzufinden. Diese Schlacht kommt auf einmal so plötzlich, zwar nicht unerwartet aber auf einmal Peng war man auf dem Schlachtfeld. Eine bessere Überleitung vielleicht.
Sonst habe ich auch nichts auszusetzen (ist ja eh irgendwie nie viel).

Top, Daumen hoch :thumbsup:

MfG
Leana

 

Hallo macsoja,

net schlecht, so hätte es auch sein können, damals! ;)
Bislang hab ich mir unter der Abteilung Historik immer sehr ernsthaft gemeinte Geschichten vorgestellt gehabt, aber wieso nicht mal eine neue Variante eines alten Themas zum Schmunzeln?
Dein Text liest sich flüssig und zieht den Leser gut bis zum Ende mit. Hat mir also gefallen.

Was ich allerdings nicht verstanden habe, ist, dass in deiner Überschrift von der trojanischen Wespe die Rede ist, am Ende aber eine nasse Fliege verwundert ist. Hm...

Ach und am Anfang schreibst du die Zahl 9 anstelle neun, etwas später die drei als drei. Besser wäre, es wäre gleichmäßig richtig oder falsch. ;)

Lieben Gruß
lakita

 

Hi lakita,

wuff, da bin ich etwas überrascht, daß DU in DIESER Rubrik über DIESE Geschichte stolperst.
Kannst Du mir irgendwann mal erzählen, wie dieser Zufall zustande kam? Stand die Geschichte irgendwo ganz oben?


Kommen wir zum Text:
Die Wespe ist eine fiese Idee, den Leser in die falsche Richtung zu locken. Früher hieß der Titel mal.
"Die trojanische Wespe oder wie es wirklich war"

Wenn die nächsten 13 Leser meinen, daß die Gefährlichkeit des Insekts unterm Panzer sich auch aus der Geschichte erschließt, würde ich den Titel sogar ändern zur Auswahl stehen dann:

1. Der erste Trojaner (wäre dann was für Computer(viren)experten)
2. Wie Troja fiel
3. Die Wahrheit über Troja

Zahl ist geändert und nun harre ich der Dinge, die noch ZUFÄLLIG passieren. Habe noch nen ganzen Topf voll Dankbarkeit hier rumstehen.

tschüß
mac

 

Kannst Du mir irgendwann mal erzählen, wie dieser Zufall zustande kam? Stand die Geschichte irgendwo ganz oben?

Privat? oder soll ichs hier öffentlich tun? :lol:
Die bin über die Geschichte nicht gestolpert, sie war meines Wissens auch net obendrauf irgendwo. Vielleicht ist der Grund ja der ,dass ich heillos in dich verliebt bin und dir eine Freude machen wollte? :D


Nochmals zur Wespe, die sich dann später als schlichte Fliege herauspuppt. Hm...vielleicht wäre an geeigneter Stelle ein kleiner Hinweis, dass der Protagonist selbst über die schlichte Ursache seiner Panik überrascht ist, weils nur ne Fliege war, angebracht? Aber, da ich wohl die einzige bin, die sich diese Frage nach der Wespe gestellt hat, sollte nun nicht nur wegen einer Person was geändert werden. Das macht eher Sinn, wenn es mehrere Leser irritierend fänden.

Lieben Gruß
lakita

 

Merci für´s Lesen little alien,

gut, die Wespe war´s, die Lakita angelockt hat, also versuche ich es nochmal zu erklären.

Ich habe bewußt versucht, mit der Überschrift beim Leser ne Erwartung aufzubauen, damit er die Panik von Odysseus besser nachvollziehen kann. Logisch kann jeder weitere Leser jetzt noch sagen, daß keine Wespe nicht auftaucht, wichtig wäre mir eher die Diskussion - sollte die Wespe raus oder sorgt sie nicht vielleicht für ein kleines Spannungsmoment, indem sich der Erzähler genauso blöd stellt, wie sein Protagonist.
Also ist die Frage, wäre es auch ohne die Überschrift so unklar oder könnte dem einen oder anderen die Idee kommen, daß da nicht vielleicht das Handy klingelt unterm Brustpanzer?

Ist das also nun erlaubt, den Leser bewußt in die falsche Richtung zu führen oder nicht? Dös is the kwestsch´n...

Allerdings finde ich auch sonst jedwehige Meinungsäußerung total supi und begrüße sämtliche(n) Besucher(in) mit Handkuß. :kuss:
Zaijian
mac

 

Naja ich denke mal, dass genausogut eine Wespe unter dem Brustpanzer hätte sein können. Macht doch garkeinen Unterschied, ob er wegen einer Fliege, von der er denkt sie sei eine Wespe, oder einer echten Wespe verrückt spielt.

 

Friedvolle Grüße

Das es Anstelle der erwarteten Wespe nur eine Fliege ist, ist doch der Witz der Geschichte. Das zu ändern, würde dem Text meiner Meinung nach sehr schaden, da es die Pointe versaut. Den Leser auf's Glatteis zu führen ist manchmal keine schlechte Idee, und in diesem Fall absolut gerechtfertigt.

Kane

 

Natürlich ist die Geschichte nicht historisch korrekt, aber du musst dir wohl gedacht haben, was Petersen kann, kann ich schon lange ;).

Ich hab mich bei deiner Geschichte ebenfalls köstlich amüsiert. Ich bin auch Kanes Meinung, da ja die Fliege am Ende die ganze Pointe ist, macht die Geschichte ja erst lesenswert. Dass du dann den Leser absichtlich in die Irre führst, macht soviel nicht aus, da ja bisher alle die Pointe wohl verstanden haben?
Auch klasse war die Idee mit dem Spielzeugpferd. Wie kommt man eigentlich auf solche Ideen?

Zum Schluss noch ein kleiner Fehlerhinweis:

Ein kalter Wasserschwall warf ihn zu Boden. Das Schwer entglitt ihm. Die Hände waren frei. Mit fliegenden Fingern öffnete er seinen Panzer und streckte die Brust in die Richtung.

Du meintest wohl Schwert

cu_christoph

 

Ha!

Jetzt habe ich kurz überlegt, welcher kg-ler wohl Petersen ist, bis mir einfiel, daß Du Wolfgang meintest.

Freut mich, daß es Dir Spaß bereitet hat.

Und das "Schwer" ist natürlich eine freudsche Fehlleistung. Das schwere Schwer zuzusagen ;)

merci
mac

 

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