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Die zwei Brüder

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21.04.2021
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Die zwei Brüder

Auf einem schönen, wohlhabenden Bauernhof lebten zwei Brüder. Der Vater hatte den Hof dem älteren vermacht, der jüngere war geblieben und half bei der Arbeit. Dabei war er immer guter Dinge und tat alles nach besten Kräften, aber seinem Bruder, der ein Mann von eher düsterer Gemütsveranlagung war, konnte er es nie recht machen. Das Vieh hatte zu viel oder zu wenig Futter bekommen, das Gras war zu früh oder zu spät gemäht worden, er hatte sich nicht genug Zeit genommen, die Ackergeräte ordentlich zu pflegen, oder zu lange dafür gebraucht … so ging es tagein, tagaus.

Im Haus lebte auch ein junges Mädchen, das war noch von der verstorbenen Mutter als Dienstmagd angenommen worden. Sie war fleißig und freundlich, und hübsch obendrein. Der ältere Bruder hätte sie gern zur Frau genommen, meinte auch zu spüren, daß sie ihn ebenfalls gut leiden konnte. Aber ehe er sich dazu entschließen konnte, sie zu fragen, kam es ihm so vor, als sei sie zu seinem Bruder etwas zu freundlich. Er wurde mißtrauisch, die Eifersucht nagte an ihm, und er nörgelte noch mehr an dem jüngeren herum als früher. Diesen machte das traurig, und eines Tages, als er wieder nichts als Vorwürfezu hören bekam, rief er aus: „Wenn du nie mit mir zufrieden bist, ist es besser, ich gehe fort von hier!“ - „Das soll mir nur recht sein,“ erwiderte sein Bruder. „Ich bin froh, wenn ich dich los bin.“- “Nun denn, so gehe ich fort. Ich habe aber zwei Jahre lang für dich gearbeitet und nie Lohn bekommen, da meine ich doch, du seist mir etwas schuldig.“

Nach etlichem Hin und Her wurden sie sich schließlich einig, daß der jüngere Bruder den Esel mitnehmen durfte, und die alten, aber sehr guten Lederstiefel des Vaters. „Mir sind sie ohnehin zu groß,“ brummte der ältere.

Der Bursche holte also die Stiefel vom Dachboden, um sie gründlich einzufetten und zu polieren. Da, als er sie umdrehte, fiel aus jedem ein Geldstück von beträchtlichem Wert heraus. „Soll ich das nun meinem Bruder erzählen? Nein, der Vater wußte, daß nur mir die Stiefel passen würden, die Geldstücke waren also sicher mir zugedacht, und wenn ich jetzt auf Wanderschaft gehe, kann ich sie gut brauchen.“

Am nächsten Morgen nahm er den alten Esel beim Halfter und machte sich auf den Weg. Er ging einfach geradeaus, denn wohin er wollte, und was er nun tun sollte, wußte er nicht.

Nach vielenTagen kam er am Abend zu einer Mühle, und da er müde war, fragte er, ob er vielleicht im Stall übernachten dürfe. Der Müller, nicht mehr ganz jung, führte ihn in den Stall, der allerdings leer war. „Hast du denn keinen Esel, der dir die schweren Säcke trägt?“fragte der Bursche. „Ach, nein, bloß einen Ochsen, draußen auf der Weide, der ist aber recht schwach und kann mir nicht viel helfen,“ erwiderte der Müller.

In der Nacht dachte der junge Mann über den Müller nach. „Wenn mein Esel noch jung und kräftig wäre, könnte er für ihn arbeiten,“ sprach er halblaut vor sich hin. Da redete auf einmal der Esel: „Ich würde wohl gern in einer Mühle arbeiten. Wenn du mir Diesteln findest, kann ich die fressen und werde wieder so stark wie früher.“ So machte sich der Bursche am Morgen auf die Suche, und fand auch sehr schöne Disteln, die er seinem Esel gab. Dann schlug er dem Müller vor, daß er ihm den Esel im Tausch mit dem Ochsen überlassen könnte. Der Müller war hocherfreut und gab ihm zum Ochsen „er ist ja auch schon alt“ ein schönes Wams, das ihn wahrlich prächtig kleidete.

So schritt er nun mit dem Ochsen am Halfter, angetan mit Vaters Stiefeln und dem Wams des Müllers, fröhlich dahin. Da kam er einmal in ein kleines abgeschiedenes Dorf, wo sich die


Menschen mühten, einen Pflug durch die Erde zu ziehen. „Habt ihr denn keinen Ochsen, der euch die schwere Arbeit abnehmen könnte?“ - „Ach, nein. Wir haben einmal von einem Reisenden von so einem Tier gehört, aber nie eins gesehen.“ - „Ich würde euch ja gern meinen überlassen,“ sprach der Jüngling, „ aber er ist schon alt und sicher zu schwach, um den Pflug zu ziehen.“ Da zog ihn der Ochse ein wenig beiseite und raunte: „Wenn du mir eine Wiese mit fetten Löwenzähnen findest, kann ich die fressen und werde wieder so stark wie ein junger Ochse.“

Nach einigem Suchen fanden sie tatsächlich eine Wiese, auf der Millionen von Löwenzähnen wuchsen. Der Ochse machte sich mit gutem Appetit darüber her und wurde zusehens dicker und kräftiger. Als sie wieder in das Dorf zurückkamen, wurden die Leute dort ganz freudig aufgeregt. „Dein Ochse ist doch gar nicht schwach! Gib ihn uns, und du kannst dieses Reitpferd dafür bekommen, wir haben keine Verwendung dafür. Und weil es schon ein wenig alt ist, geben wir dir noch ein paar schöne neue Hosen dazu.“ Der Jüngling war mit dem Tausch einverstanden, schwang sich vorsichtig auf das etwas schwächliche Pferd, winkte zum Abschied und ritt davon. In den blank gewichsten Stiefeln, den neuen Hosen und dem schönen Wams sah er aus wie ein Herr.

So kam er nach einiger Zeit in ein anderes Dorf, wo er im Gasthaus abstieg. Während er sein Abendbrot aß, hörte er, was die anderen Gäste redeten. „Es ist wirklich eine Schande, was der Vormund der schönen, anmutigen Rose antut. Sie dem alten Geizhals zur Ehe zu versprechen, und sie sogar ihm jetzt schon ins Haus zu bringen! Da sitzt sie Tag um Tag in einem Kämmerlein eingeschlossen und weint, weil sie den Alten verabscheut.“ - „Verzeiht, ihr lieben Leute, ich habe unbeabsichtigt euer Gespräch angehört. Weshalb hat er sie denn noch nicht geheiratet?“ - „Er muß warten, bis der Pfarrer wieder einmal auf seiner Runde zu uns kommt. In sieben Tagen ist es soweit. Arme Rose!“

Der Jüngling dachte über das Schicksal des Mädchens nach. „Wenn ich ihr nur helfen könnte! Aber vor dem Hochzeitstag wird der Alte sie wohl nicht aus dem Haus lassen. Vielleicht kann ich aber seine Bekanntschaft machen, dann fällt mir möglicherweise etwas ein.“

Der alte Geizhals ging jeden Tag um die gleiche Zeit ein Stück spazieren. Da schritt der Jüngling am ersten Tag an ihm vorbei und neigte ein wenig den Kopf zum Gruß. Am zweiten Tag zog er seinen Hut. Am dritten Tag wünschte er ihm „einen guten Tag“. Am vierten Tag fragte er, ob sich der Alte auch wohl befinde? Am fünften Tag lobte er das schöne Haus, in dem er lebte. Am sechsten Tag wagte er, auf die bevorstehende Hochzeit anzuspielen, und lockte die Einzelheiten des geplanten Festes aus dem Alten heraus.

Sinnend ritt er zum Gasthaus zurück. „Der Alte wird in der Kirche vor dem Altar darauf warten, daß der Vormund ihm die Braut zuführt. In diesem Augenblick vor der Kirche wäre der beste Moment, um das Mädchen zu befreien. Aber wie? Nehme ich sie in die Arme und laufe mit ihr davon, bin ich im Nu wieder eingefangen, und ihr Schicksal ist besiegelt.“ Da sprach plötzlich das Pferd: „Wenn du mir eine ordentliche Portion Hafer verschaffst, werde ich wieder so springlebendig wie ein junges Roß, und wir können die schöne Jungfrau entführen.“ Der Jüngling eilte zum nächsten Bauern, kaufte ein Fuder Hafer und gab es dem Pferd zu fressen. Da glänzte bald das Fell des Pferdes, als ob es drei Stunden lang gestriegelt worden wäre, es konnte sich kaum zurückhalten, und der Jüngling mußt es einmal im Galopp um das Dorf reiten.

Am Morgen des Hochzeitstages begab er sich, wie die Dorfbewohner, zur Kirche. Als der Vormund mit der schönen Rose ankam, schwang sich der Jüngling plötzlich aufs Pferd, galoppierte zum Kirchentor, ergriff das Mädchen, setzte sie vor sich und ritt mit ihr davon, so schnell das Pferd


laufen konnte. Niemand konnte sie aufhalten. Um die Wahrheit zu sagen, außer dem Vormund und


dem alten Geizhals wollte das auch niemand.

Wie ging es aber zuhause bei seinem Bruder zu? Das Mädchen hatte alles mitgehört, was die Brüder gesprochen hatten, und fand, es sei nicht recht, daß der ältere den jüngeren gewissermaßen aus dem Haus wies. Als der ältere sie nun fragte, ob sie ihn heiraten wollte, bat sie sich einen Tag Bedenkzeit aus und dachte nach. „Ich hab ihn sehr gern, ja, obwohl er manchmal ein wenig grantig ist. Zu mir ist er immer freundlich und höflich gewesen. Aber wenn ich seine Frau bin, muß ich doch so manches in Haus und Hof selber entscheiden. Wird er dann, vor lauter Sorge, daß etwas nicht richtig gemacht wird, auch an mir dauernd etwas auszusetzen haben wie an seinem Bruder? Und dann werden wir streiten, und unsere Liebe wird sterben.“ So sagte sie am nächsten Tag: „Es tut mir sehr leid, aber ich glaube, ich sollte dich nicht heiraten. In deinem Haus kann ich aber nun nicht bleiben, ich werde mir einen Dienst in einem anderen Dorf suchen.“

Da war nun der Mann ganz alleine. Die anderen Mägde und Knechte sprachen kaum mit ihm. Er war sehr traurig, daß das Mädchen ihn nicht heiraten wollte, und verstand nicht den Grund. „Ich habe doch gespürt, daß sie mir zugetan ist! Warum ist sie fortgegangen?“ Als die Wochen und Monate vergingen, wurde er immer bedrückter. Er dachte immer an die Zeit, als sie alle drei zusammen gehaust hatten. Er dachte über das Mädchen nach, über seinen Bruder, und schließlich auch über sich selbst. So wurde ihm nach und nach klar, daß er ungerecht gegen seinen Bruder gewesen war. Er gab vor sich selber zu, daß er ihn oft gerügt hatte, obwohl seine Arbeit gut gewesen war. Und er bekam eine Ahnung, daß dieses sein Verhalten wohl auch der Grund war, warum ihn das Mädchen nicht heiraten wollte.

Endlich faßte er einen Entschluß. Er hatte gehört, wo sie in Dienst gegangen war, und an einem Sonntag ritt er hinüber in das Dorf und wartete vor der Kirche, bis sie nach dem Gottesdienst herauskam. Er führe sie ein wenig beiseite und erzählte ihr alles, was ihm in den Monaten, seit sein Bruder und sie ihn verlassen hatten, durch den Kopf gegangen war. „Wenn ich ehrlich sein soll, war ich eigentlich die ganze Zeit eifersüchtig und schalt deswegen meinen Bruder wegen nichtiger Dinge. Willst du mir verzeihen und meine Frau werden? Ich glaube, ich habe doch etwas gelernt.“


Da war das Mädchen von Herzen froh und willigte ein. Sie feierten Hochzeit, und am Abend waren sie sich einig, daß sie nur dann noch froher sein könnten, wenn der Bruder zurückkäme.

Darauf mußten sie nicht lange warten. Der Bursche, mit Rose vor sich auf dem Pferd, lenkte dieses, fast ohne es zu merken, in Richtung Heimat. Während sie so dahinritten, plauderten sie miteinander und gewannen sich bald lieb, so daß sie an einem Tag in einer kleinen Stadt zum Pfarrer gingen und sich trauen ließen. „Wir werden nun, wenn es dir recht ist, zu meinem Bruder gehen. Wie er uns empfangen wird, weiß ich nicht, aber ich habe Sehnsucht nach unserem Elternhaus, und, na ja, auch nach meinem Bruder.“

Sie kamen zu seinem Elternhaus und fanden den Bruder glücklich verheiratet. Was für ein Empfang das war! Die Schwägerin tischte auf vom besten, was in Küche und Keller zu finden war, sie aßen und tranken, und erzählten sich alles, was in der Zwischenzeit geschehen war. „Nur eins macht mir ein wenig Sorge,“ sagte den jüngere Bruder. „Du hast nun eine Frau und hoffentlich auch bald Kinder, da ist für uns wohl kein Platz hier. Ich muß überlegen, wie ich unseren Lebensunterhalt verdienen kann. Schade,“ scherzte er, „daß unser Vater uns nicht zwei Bauernhöfe hinterlassen konnte.“ Aber da ergriff seine Rose das Wort. „Du wirst dir einen Bauernhof kaufen können, nämlich mit meiner Mitgift. Die muß mein Vormund jetzt herausrücken, und sie ist nicht gering.“

So geschah es. Alle vier und ihre zweimal sieben Kinder lebten glücklich und zufrieden, und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.

 

Hallo @Brigitte Haddy,
du hast jetzt zwei lange Märchen eingestellt und vorher auch zwei Geschichten, zu denen du drei Kommentare unbeantwortet gelassen hast. Das hier ist eine Textwerkstatt, d.h. es geht nicht nur darum Geschichten einzustellen, sondern vor allem, sich damit dann auseinanderzusetzen. Wirklich wichtig ist, auf Kommentare zu reagieren. Auch wäre es im Sinne von "geben und nehmen" wichtig, dass du selber andere Texte zu kommentierst. Das hilft auch für das eigene Schreiben.

Zu diesem Text nur kurz meine Meinung: Sprachlich recht altertümlich, passend zum Thema Märchen, dabei flüssig und gut lesbar. Das Bild der Geschlechterrollen ist schon sehr angestaubt, besonders die Rose, die entführt wird, sich dann auf dem Pferd schon verliebt und noch eine saftige Mitgift mitbringt, die ist so passiv/farblos und damit in einer Reihe mit Esel, Ochs und Pferd. Aber immerhin hast du noch eine zweite Frau darin, die einen eigenen Willen hat.

Liebe Grüße von Chutney

 

Hallo @Brigitte Haddy,

nachdem ich bisher auf meinen Kommentar zu deinem Text "Der Zauberteppich" keine Antworten auf meine Fragen von dir erhielt, versuche ich hier erneut mein Glück. ;)

Zuerst lass mich dir sagen, dass ich mich im Genre Märchen nicht großartig auskenne, trotzdem möchte ich dir Feedback zu deinem Text geben.
Die Erzählstimme halte ich für recht gelungen. Sie hilft, zu Beginn in das Geschehen einzutauchen.
Leider ist dies auch das einzig Positive, was ich deinem Märchen abgewinnen konnte.

So musste ich deinen Text leider abbrechen. Ich bin an der Stelle ausgestiegen, wo der zweite Bruder mit dem Ochsen im Dorf ankommt. Zu langweilig wirkte das Geschehen auf mich, zu repetitiv die Ereignisse. Immer wieder haben mich vereinzelte Wörter aus dem Lesefluss gerissen, nachfolgend ein paar Beispiele:

Auf einem schönen, wohlhabenden Bauernhof
Kann ein Bauernhof wohlhabend sein? In meinen Augen trifft dies nur auf Personen zu...:confused:
der ein Mann von eher düsterer Gemütsveranlagung war
Die Veranlagung hat mich rausgebracht. Hier würde ich " ... von eher düsterem Gemüt war" vorschlagen.
Der Bursche holte also die Stiefel vom Dachboden
Welcher Bursche? Im ersten Moment dachte ich, du meinst einen unbeteiligten Stallburschen, von denen es auf einem gut laufenden Bauernhof bestimmt mindestens einen gibt. Doch dann merkte ich, du meinst den zweiten Bruder. Das Wort Bursche hat mich auf jeden Fall stolpern lassen.
Da redete auf einmal der Esel: „Ich würde wohl gern in einer Mühle arbeiten. Wenn du mir Diesteln findest, kann ich die fressen und werde wieder so stark wie früher.“
Auf einmal kann der Esel sprechen. Und den zweiten Bruder lässt das völlig kalt. Wie gesagt, ich kenne mich mit Märchen nicht wirklich aus, vielleicht ist das mit den sprechenden Tieren völlig normal. Ich dachte in diesem Moment nur: Wieso geht der Junge nicht darauf ein, dass das Tier aus heiterem Himmel mit ihm spricht?

Leider musste ich aus o.g. Gründen den Text kurz darauf abbrechen. Vielleicht magst Du mir ja auf meine Fragen antworten, dann lese ich ihn möglichweise doch noch bis zum Ende und kann mein Bild mit deiner Hilfe korrigieren?

Ich hoffe, dass mein kritischer Blick dir weiterhilft,
beste Grüße,
Seth

 

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