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Diebe der Leidenschaft (Moderation)

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17.06.2018
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Diebe der Leidenschaft (Moderation)

»Du willst mir erklären, wie ich dich zu lieben habe?«, schrie ich.
Den Teller in der Hand stand ich da. Bereit, ihn zu schleudern, bereit, einen Fehler zu machen. Mit Leidenschaft hätte ich es getan.
»Natürlich!«, schrie er zurück. »Es betrifft ja auch mich.«
Ich wollte diesen Schwachsinn gar nicht hören. Am liebsten hätte ich mir die Ohren zugehalten. Aber dann hätte ich den Teller aus der Hand legen müssen und das wollte ich auf keinen Fall. Mit ihm fühlte ich mich stärker.
Wie konnte man nur so selbstbezogen sein wie er?
»Das sind meine Gefühle«, schrie ich zurück. »Da hast du nichts, aber auch gar nichts zu melden. Und wenn sie dir nicht passen würden, wärst du schon längst gegangen. Das wissen wir beide und ich weiß, du magst es nicht, wenn ich das ausspreche, weil du es nicht zugeben kannst. Aber so ist es nun mal.«
»Ich will nicht gehen, aber du kannst so nicht weitermachen.«
Ich ließ einen Schrei los, warf den Teller zu Boden, dass er zerdepperte.
»Du bist wahnsinnig!«, schrie er.
Jetzt wäre der perfekte Zeitpunkt gewesen, in Tränen auszubrechen. Aber wollte ich das? Ich musste mich entscheiden. Die Wut voll aufdrehen und alles noch schlimmer machen, oder mich aus der Rüstung schälen und erdolchen lassen und ihm so die Schuld an allem zuschieben. Nicht, dass ich tatsächlich Einfluss darauf gehabt hätte. Aber ich merkte, wie die Gefühle in mir um die Oberhand rangen.
Wer auch immer gewinnen würde – er würde Recht behalten. Ich war wohl wirklich wahnsinnig.
»Heulst du jetzt gleich wieder?«, fragte er und in seiner Stimme schwang dieses Mitleid mit, das den schwachen Teil in mir im Kampf gegen die Wut unterstützte.
Diese aber wollte nicht aufgeben. Wenn sie sich geschlagen gab, gewann nicht der schwache Teil in mir – er gewann. Und das wollten weder die Wut noch ich, aber der schwache Teil sagte, dass er gewinnen musste, denn er hatte Recht und wir lagen falsch.
Genug! Mir reichte es. Es war an der Zeit, die Kontrolle zu übernehmen. Ich hatte es satt, dass die Wut und der schwache Teil überhaupt mitredeten. Sie waren nicht wichtig, sie drängten sich nur immer in den Vordergrund, weil sie glaubten, mich definieren zu müssen. Weil sie glaubten, dass nur sie meine Liebe verteidigen konnten. Gegen ihn, gegen mich selbst. Doch die Wahrheit war: Sie standen im Weg. Sie stahlen der Liebe ihre Leidenschaft und kanalisierten sie auf die destruktivste Weise, die möglich war.
Ich sah ihm in die Augen und erinnerte mich daran, wie sehr er mich liebte. Ich erinnerte mich daran, wie degeneriert wir beide waren, mit dem Unterschied, dass er sich das nicht eingestehen konnte. Mit dem Unterschied, dass er Angst davor hatte. Und das war auch der einzige Grund, warum er Angst vor meiner Liebe hatte, warum er sie haben und doch ändern wollte.
Wortlos ging ich auf ihn zu. Ich nahm ihn in den Arm. Er war nicht der Feind gegen den ich meine Wut richten musste. Er war nicht der übermächtige Gegner, dem ich nur Schwäche entgegenzusetzen hatte. Er war bloß ein kleiner Junge voller Angst.

 
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Hallo Alveus,

ich hab mich beim Lesen die ganze Zeit gefragt, worum es hier geht. Hatte gehofft, dass irgendjemand erklärt, warum man so wütend ist und so - ist irgendwas passiert?Der Text bleibt aber ausschließlich auf der Gefühlsmetaebene, und ja … es ist nicht unrealistisch, man meint, solche Auseinandersetzungen zu kennen - hier schwingt auch mit, dass etwas Irrationeles passiert, er sagt auch, dass sie wahnsinnig ist, sie redet von ihrer destruktive Seite. Hm. Meine Gedanken gehen jetzt Richtung Borderline und Hysterie und Freud und "was will das Weib?" und so.

Ich musste mich entscheiden. Die Wut voll aufdrehen und alles noch schlimmer machen, oder mich aus der Rüstung schälen und erdolchen lassen und ihm so die Schuld an allem zuschieben. Nicht, dass ich tatsächlich Einfluss darauf gehabt hätte. Aber ich merkte, wie die Gefühle in mir um die Oberhand rangen.

Hm, ja, schwierig :) Entweder ist man Täter oder Opfer und Kontrolle hat man keine.

So ganz kann ich das nicht verstehen, aber das ist ja auch klassischerweise so, dass man das auch nicht verstehen kann, das tut der Typ in der Geschichte auch nicht. Auch dieses: ich erklär dir, wie du mich zu lieben und zu fühlen hast -- das ist ein Kontrollversuch. Dahinter steckt aber eigentlich was anderes, es sind glaub eher die Fragen: was denkst du grad? Warum liebst du mich? Was bin ich überhaupt für dich? Wer bin ich? Das sind hysterische Fragen, psychoanalytisch gesehen.

Das Ende .. ja ... er ist ein kleiner Junge, der Angst hat. Kann sein. Ob mir dieser Dreh in ihrer Perspektive gefällt, weiß ich nicht ..geht schnell und hat so was happy-end-mäßiges. Morgen geht das Ganze dann wieder von vorne los? Also der schnelle Wechsel passt schon auch iwie .. man könnte jetzt sagen, dass sind dann andere Anteile in ihr.

Interessanter Text.

MfG

JuJu

 

Zuerst ein allgemeines Hallo!

Ich finde es ja spannend, wenngleich verständlich, dass man grundsätzlich davon ausgeht, dass die erzählende Person eine Frau ist. Für mich ist sie nämlich ein Mann. Ich habe mir überlegt, das herauszuarbeiten, habe mich dann aber dagegen entschieden, weil es egal sein sollte, und egal ist. Trotzdem komme ich nicht umhin anzunehmen, dass die Rezeption dieser Story eine andere wäre, wüsste man im Voraus, dass der Erzähler als Mann intendiert war.

Hallo @JuJu,

und vielen Dank fürs Lesen und deine Zeit.

Hatte gehofft, dass irgendjemand erklärt, warum man so wütend ist und so - ist irgendwas passiert?Der Text bleibt aber ausschließlich auf der Gefühlsmetaebene, und ja … es ist nicht unrealistisch, man meint, solche Auseinandersetzungen zu kennen

Das habe ich bewusst so gewählt. Wie oft streitet man sich ohne wirklich zu wissen, warum.

So ganz kann ich das nicht verstehen, aber das ist ja auch klassischerweise so, dass man das auch nicht verstehen kann, das tut der Typ in der Geschichte auch nicht. Auch dieses: ich erklär dir, wie du mich zu lieben und zu fühlen hast -- das ist ein Kontrollversuch. Dahinter steckt aber eigentlich was anderes, es sind glaub eher die Fragen: was denkst du grad? Warum liebst du mich? Was bin ich überhaupt für dich? Wer bin ich? Das sind hysterische Fragen, psychoanalytisch gesehen.

Das ist ein interessanter Interpretationsansatz. Einerseits, natürlich, der Kontrollversuch. Aber es ist spannend, wie du den Blickwinkel veränderst und sozusagen aus seiner Sicht Fragen stellst. Ich bin freudianisch leider nicht wirklich bewandert und allgemein tiefenpsychologisch gesehen mach ich jetzt gerade mal meine ersten Schritte, indem ich CG Jung lese – daher fühle ich mich noch nicht wirklich bereit, da mitzureden. Trotzdem, dein Ansatz bleibt interessant. Danke dafür!

Das Ende .. ja ... er ist ein kleiner Junge, der Angst hat. Kann sein. Ob mir dieser Dreh in ihrer Perspektive gefällt, weiß ich nicht ..geht schnell und hat so was happy-end-mäßiges. Morgen geht das Ganze dann wieder von vorne los? Also der schnelle Wechsel passt schon auch iwie .. man könnte jetzt sagen, dass sind dann andere Anteile in ihr.

Ich hab diesen abrupten Wechsel gewählt, weil ich sehen wollte, ob man solchen Situationen so einfach die Luft nehmen kann. Also, ich wollte die Frage stellen: Kann man belanglose Streits in einer Beziehung einfach so beiseite schieben? Denn nur, weil mein/e Erzähler/in glaubt, zu wissen, warum er so agiert, wie er agiert, ist ja noch kein Problem gelöst. Vielleicht glaubt sie/er so die Kontrolle gewonnen zu haben und sozusagen über ihm zu stehen, einfach durch den Glauben, es besser zu wissen, ihn besser zu kennen, als er sich selbst. Ob das ein Happy End ist, wage ich zu bezweifeln. Aber es zumindest ein Schritt irgendwo anders hin.

Interessanter Text.

Danke (:

Liebe Grüße,
Alveus

Hallo @AWM,

und natürlich auch dir ein Danke fürs Lesen und Kommentieren.

Alveus Jekat schrieb:
Mit Leidenschaft hätte ich es getan.
Hier z.B.: Sie hat also keine Leidenschaft mehr für ihn. Danach ist sie dann recht leidenschaftlich.

Ich versteh nicht ganz: Wie kommst du an dieser Textstelle zu dem Schluss, sie(er) hätte keine Leidenschaft mehr für ihn?

Alveus Jekat schrieb:
Jetzt wäre der perfekte Zeitpunkt gewesen, in Tränen auszubrechen.
Alveus Jekat schrieb:
Nicht, dass ich tatsächlich Einfluss darauf gehabt hätte. Aber ich merkte, wie die Gefühle in mir um die Oberhand rangen.
Ich habe sehr stark das Gefühl, dass sie EInfluss darauf hat. Sie überlegt ja genau, was passiert, wenn sie eine Entscheidung trifft.

ich denke auch, dass sie(er) das hat. Die Frage ist: Bis zu welchem Grad? Wo ist diese feine Grenze im Menschen zwischen Kontrolle der Emotionen und völliger Überwältigung eben jener. Gibt es diese Grenze überhaupt? uswusf

Alveus Jekat schrieb:
Wenn sie sich geschlagen gab, gewann nicht der schwache Teil in mir – er gewann.
Davor behauptet sie, dass es egal ist wer gewinnt (die Wut oder die Schwäche, oder ist beides dasselbe?).

Ja, Prota sagt, es ist egal wer gewinnt. Mit "sie" ist hier die Wut gemeint – ist ja eine Ich-Erzählung.

Der Wandel geht sehr schnell und hat kein konkretes Ereignis zum Anlass. Zudem wird die Sprache dann sehr nüchtern und analysierend: definieren, destruktiv, kanalisieren. Bei deiner Protagonistin geht alles drunter und drüber und es gibt so Menschen. Mich nerven sie aber im echten Leben und auch in deinem Text, weshalb ich nicht sagen kann, dass ich das gerne gelesen habe.

Sehr schade! Aber trotzdem nochmal danke für deine Worte!

Liebe Grüße,
Alveus

 

Das ist ein interessanter Interpretationsansatz. Einerseits, natürlich, der Kontrollversuch. Aber es ist spannend, wie du den Blickwinkel veränderst und sozusagen aus seiner Sicht Fragen stellst.

Diese Fragen sind "ihre" Fragen, nicht seine. Ich denke mal, seine Frage wird sein: "was willst du eigentlich?" Und sie sagt: liebe mich so und so ... aber das kann sie ja nicht kontrollieren, deswegen Kontrollversuch. Meine Idee war , dass dahinter "ihrerseits" wieder Fragen stecken: warum liebst du mich? was bin ich? was denkst du grad? warum bin ich liebenswert? Warum bin ich das, was du sagst, was ich bin? Ich bin jetzt subversiv und halte dagegen, deine Interpretation mag ich nicht ... was ist denn damit?! Bin ich immer noch liebenswert? Das wären "ihre" hysterischen Fragen, die sie so aber nicht direkt zum Ausdruck bringt, sondern "irgendwie anders." Klar, gibt auch hysterische Männer, "klassischerweise" ist das aber was "Feminines", auch dieses Subversive.

 

Hallo @AWM,

Hallo @Alveus Jekat, kurz zur Klärung:
Ich habe das so gelesen: Hätte ich Leideschaft, hätte ich es getan. Jetzt im Nachhinein wird mir klar, wie es gemeint ist. Hätte sie es getan, hätte sie es mit Leidenschaft getan. Jetzt verstehe ich den Satz zwar, finde ihn aber unnötig. Das Schmettern eines Tellers in einem Streit ist ja immer mit irgendeiner Leidenschaft verbunden.
Zur Wut: Mir ist schon klar, dass die Wut gemeint ist. Ich habe aber nicht verstanden, warum es für sie so wichtig ist, dass der schwache Teil nicht gewinnt, wenn es egal ist, ob die Wut oder die schwache Seite gewinnt, da sowieso er als Sieger dasteht.
Wahrscheinlich ist das einfach nicht mein Text.
Gruß,
AWM

Alles klar, danke für die Klarstellung! Zur Wut: Du hast Recht, da scheint ein Denkfehler passiert zu sein. Danke für den Hinweis, du hast mir da was zum nachdenken gegeben!
Schade, dass der Text nichts für dich war. Ein umso größeres Dankeschön dafür, dass du ein zweites Mal vorbeigeschaut hast (:

Liebe Grüße,
Alveus

Hallo @JuJu,

Diese Fragen sind "ihre" Fragen, nicht seine.

Ui, dann verstehe ich das aber nicht. Denn er will ja "ihr" erklären, wie "diese" ihn zu lieben hat. Nicht umgekehrt. Wahrscheinlich mein Fehler, weil der erste Satz ohne Redezusatz ist :P Ich dachte das "schrie er zurück" bei der zweiten direkten Rede ist genug, aber das geht wohl unter. Gut zu wissen!

Liebe Grüße,
Alveus

 

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