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diskordianisches Utopia
Die Tage nach Weihnachten. Sie waren herrlich.
Überall Kinder, die quengelten und die richtigen Geschenke haben wollten, nicht das Zeug, das ihnen ihre Eltern gekauft hatten.
Überall Mütter, die ihre schreienden Blagen durch die Läden schleiften, zum zweiten Mal in mickrigen fünf Tagen.
Und zu guter Letzt noch überall Väter, deren Nerven völlig blank lagen. Wilde, verängstigte Tiere, die ihre Wut auslassen mussten. Meistens an Schwächeren und das waren in der Regel alle. Sicherheitsmänner, andere Väter, schreiende Kinder, die angebrüllt wurden sie sollen ruhig seien oder es gäbe nie wieder ein Weihnachten, weil Daddy kurz davor stand mit bloßen Fäusten und einem alten Taschenmesser auf den Weihnachtsmann loszugehen, der ihm all das eingebrockt hatte.
Alles in allem ein herrliches Chaos, richtig zum verlieben, doch seine Essenz spürte man nur dort, wo das Ziel dieser endlosen Odyssee lag:
Die Kinderabteilung.
Wo mütterliche Macht an ihre Grenzen stieß und dem verdrehten Gedankengut der kreischenden Rotzbälger freier Lauf gelassen wurde traf man sie, die sich an all dem erfreuten. Dämonen, Gefallenen, wie auch immer man sie nannte, sie liebten diesen Ort. Ganz besonders, wenn sie am Boden zerstört waren, so wie der arme, gepeinigte Yogsothot, der es sich, unsichtbar versteht sich, auf einem der Regale gemütlich gemacht hatte. Seinen Hintern hatte er auf einem dieser Kinderstühlchen platziert und vor ihm kullerten bereits einige der besten Freunde eines Dämons, der völlig am Ende war: Johnnie Walker und Jack Daniel´s. Und was ausreichte um einemGesandten der Hölle die Zunge zu lockern, das hätte den stärksten Mann umgehauen, aber es war ja keiner in der Nähe. Jedenfalls keiner der noch bei Sinnen war.
„Wieso nur?“ Schluchzte Yog in den Trubel hinein. „Wieso nur?! Dschingis Khan, Attilla, George W. Bush, Piraten, Terroristen, Greenpeace, Katastrophen, Pest, Ebola, Lepra und mittelmäßige Schauspieler in Massen, doch diese verdammte Erde gibt einfach nicht auf!“ Der Teufel gönnte sich noch einen Schluck Jack. Einen tiefen und langen Zug.
„So kanns doch nicht weiter gehen!“ Er schluchzte völlig unkontrolliert, wollte sich den restlichen Jack einverleiben, aber der war schon evakuiert worden. Das Schluchzen schraubte sich zu einem unhörbaren Gejaule hoch. Ultraschall. Jeder Köter im Umkreis von 500 Metern würde wahnsinnig werden, aber das war nicht sein Problem. Man würde das auf das ganze Chaos und Gerammel in den Läden schieben, so wie jedes Jahr. Und selbst wenn nicht war ihm das echt egal. Blöde Erde.
„Wiesooooo?!?! Ich hab keinen Bock mehr! Und überhaupt! Diese ganzen Optimistenschweine…“ Er rümpfte die Nase, feuerte die leere Flasche irgendwo in die Gegend. Sie verschwand im Getümmel und zerschellte einem Typen vor den Füßen, der die Scherben so bedauernd ansah, als hätte er den Schluck dringend nötig gehabt.
Yog machte ein gemeines Gesicht, schnippte mit den Fingern und goss sich bereits wieder einen Johnnie Walker hinter die Binde.
„Scheiß Optimisten…seit Jahrtausenden, seit JAHRTAUSENDEN!! Und alles, was dabei rauskommt sind ein paar Krisen und ein, zwei Milliönchen Tote Menschen…pah.“ Der Dämon grunzte, kratzte sich unter seinem Kinn und leerte auch diese Flasche mit raschen, tiefen Zügen. Langsam zeigte der Alkohol Wirkung, außerdem hatte er sich so in Rage geredet, dass nicht einmal diese wunderbare Missstimmung an diesem 29. Dezember ihn aufheitern konnte. „Ich hab kein Bock mehr. Seelenfänger…pah! Elender Drecksjob is das. Keine Freizeit, schlecht bezahlt und bringt es was? NEIN! Zwei, drei gute Leute fängt man damit…pfff Napoleon und Faust. Wow.“ Yogsothots immaterielle Stimme war sehr verbittert. Es ging zu Ende mit ihm.
Und mit seinem Alkohol, also wieder ein Fingerschnippen und die nächste Flasche Fusel folgte auf dem Fuße. „Diese beiden Dumpfnasen machen den Braten auch nicht mehr fett.“ Er seufzte und gönnte sich einen weiteren Schluck. „Wir brauchen rabiatere Methoden. Ja, das isses. Dauernd beschwören irgendwelche Trottel uns und was is? Wir lassen uns übers Ohr hauen und die Bartwichte hauen mit ihrer Seele und irgendwelchem teuren Zeugs ab.“ Er zog den Rotz hoch und ließ gelangweilt den Blick über die kreischenden Kinder zu seinen Füßen gleiten. Er blähte lustlos die Backen, pustete und zehn Meter weiter flog einer „Lady“ der leichte Mantel fast davon. Und entblößte alles, was dem Dämon dann doch ein kleines Grinsen abgewann, sowie umstehenden Männern ein anerkennendes „Woooohooo“ Frauen haben´s eben nicht leicht, umgeben von lauter wilden, verängstigten Tieren.
Yogsothot druckste weiter vor sich hin, gönnte sich einen Schluck. „Ich glaub…ich such mir einen von diesen elenden Gesangschören, nagle den Pfaffen an ein Kreuz und schreib mit seinem eignen Weihwasser „Jesus lives“ drüber…
Er kicherte über seinen eigenen Witz.
Dann sprang er auf, leerte die brandneue Flasche noch bis auf den letzten Tropfen und flatterte unsichtbar über die Menge davon, unablässig –diesmal jedoch laut hörbare- Flüche keifend, Leute an den Haaren ziehend und einen widerwärtigen Gestank verbreitend. Er würde seinen Teil dazu beitragen dieses elende Menschenvolk zu brechen. Immerhin nahmen sie schon an, dass ihr Leben beschissen war…das ließ sich arrangieren. Höllenloch 13c, mehr musste man nicht wissen und diese Erkenntnis zauberte ein breites Grinsen auf den nicht anwesenden Mund des eingebildeten Dämons, der an diesem wundervoll chaotischen Tag durch die Gegend flatterte um einen Priester und ein Kreuz aufzutreiben, so schwer würde das ja wohl nicht sein…