Du sprichst von Glück?
Man glaubt es nicht, aber wir kennen uns schon sechs Jahre und seit drei Jahren sind wir das fröhlichste Paar der Welt. Ja John hat mir Glück gebracht. Endlich kam er wieder von seiner langen Reise mit seiner Band. Sie waren nicht gerade erfolgreich, trotzdem gaben sie nicht auf. Die ganzen Wochen hatte ich ihnen die Daumen gedrückt, dass der Produzent ihr Talent auch entdeckte und endlich was aus ihnen machte. Mir hatte er sogar schon ein Lied gewidmet. Ich höre es jeden Tag! Seine Stimme…lässt das Herz höher schlagen!
Ich wartete vor dem kleinen Caféhäuschen das außerhalb der Stadt lag, hier traf ich mich oft mit meiner Clique oder einfach nur John! Doch wo in alles in der Welt blieb er eigentlich? Dass er nie pünktlich ist, das weiß ich bereits. Bei unserem ersten Date, da war ich noch 15, da kam er sogar eine ganze Stunde zu spät, aber ich habe gewartet und das war auch eine gute Entscheidung! Total rot wurde er. Ich wusste nicht warum ich so nervös war, schließlich sollte ich mich doch freuen. Fünf Wochen! Wieso so lange? Keine Ahnung, von so was habe ich nicht viel Ahnung, ich weiß nur, dass John und seine vier Kumpels eine super Band hergeben. Nein, die Beste! Verdammt war es warm. Ich pustete mir eine Strähne aus dem Gesicht. Er wollte um drei hier sein, doch jetzt ist es schon gleich um vier! Na ja vielleicht standen sie ja im Stau, tröstete ich mich und setzte mich auf einen freien Platz im Café. Im Sommer saß ich immer draußen, würde ich nicht auf dieser Terrasse sitzen, dann würde ich mich unwohl fühlen, weil es drinnen so stickig und heiß ist.
Ich verstehe meine beste Freundin Sophie überhaupt nicht. Sie ist der totale Stubenhocker. Wir kennen uns schon lange, wir haben viele Krisen gemeinsam überstanden, haben uns damals um den gleichen Typen gestritten, haben uns dann aber wieder mit einem Riesenschokoladeneisbecher versöhnt. Das war vor zwei Jahren. Ich achtete ganz genau auf einen roten BMW. John war schon 20, er was also schon ein stolzer Besitzer von einem aufpäppelten Auto. Oben auf dem Dach ist sein Band Logo. Ein DR für Dragon Rom. Ich frage mich andauernd wie er auf diesen Namen gekommen ist, doch er verrät es mir nicht. Sonst sagt er mir doch alles. Ja wir kennen uns so gut! Wir sind das absolute Traumpaar, da kann keiner mithalten.
„Wollen Sie was bestellen?“, eine Kellnerin unterbrach meine Träume. Ich erschrak und nickte: „Ja eine Cola bitte.“ Ich musste einfach was bestellen, denn diese Hitze machte mich noch nervöser, als ich eigentlich schon bin. Wenn sich jemand verspätet werde ich immer nervös, ich denke, das man mich vergessen hat, es ist ein komisches Gefühl. Die Straße an dem das kleine Café still und gemütlich lag, war nicht viel befahren, höchstens ein, zwei Autos fuhren da mal entlang. Aber gerade das machte diese wundervolle Atmosphäre so schön. Plötzlich hörte ich ein Auto parken, ich drehte mich um und lugte schielend auf den kleinen Parkplatz. Ich hatte extra nicht den besten Platz genommen, sonst hätte ich keine Übersicht gehabt, wer alles parkt. Ich wollte John um den Hals fallen, wenn er ankam und dann würden wir uns hinten in der Ecke zurückziehen, dort wo rote Rosen blühten und ein farbenfroher Sonnenschirm stand. Doch ich musste mich selbst enttäuschen, es war zwar auch ein rotes Auto, aber nicht Johns. Die Kellnerin kam mit einem Tablett und eine eiskalte Cola.
„Sie warten wohl noch, oder?“, fragte sie mich freundlich, sie kannte mich schon vom Sehen her, weil ich hier oft war, manchmal lernte ich hier sogar und machte meine Hausaufgaben, weil ich hier viel mehr Ruhe hatte, als zu Hause bei meiner Tante Amy. Ich versuchte immer so wenig wie möglich zu Hause zu sein, das störte Amy auch nicht besonders, obwohl sie immer einen Riesenaufstand machte. Doch sie konnte mir nichts vormachen, denn ich wusste, dass es ihr eigentlich kein bisschen interessierte, was ich überhaupt machte.
„Ja auf meinen Freund!“, lächelte ich. Sie grinste aufmunternd zurück. „Der kommt sicherlich jeden Moment. Bei Jungs muss man immer etwas warten, wenn sie pünktlich sind, dann sind sie nur dumme Machos.“ Na ja ich wusste nicht ganz ob das stimmte, deshalb zuckte ich nur mit den Schultern. „Möchten Sie denn schon was für ihren Freund bestellen?“ Ich schüttelte den Kopf. „Nein, danke.“
„Okay“, sagte sie und ging zu dem nächsten Gast. John komm doch jetzt endlich! Wieso geht er nicht ans Handy ran. Ich seufzte. Schlechte Laune stieg in mir empor. Reiß dich zusammen, sagte ich zu mir selbst. „Bitte.“
Abermals versuchte ich ihn zu erreichen – und tatsächlich es nahm jemand ab. Aber das war doch nicht Johns Stimme!
2Hallo; mit wem spreche ich denn da?“, fragte ich etwas wütend, versuchte aber trotzdem höflich zu klingen. Zu Hause legte man viel Wert auf freundliches und gutes Benehmen, vor fremden Leuten, Bekannten und Verwandten, aber wenn sie dann mal wieder nicht da sind, rückt Amy wieder mit ihrer abscheulichen Art und Weise raus.
„Mit Veronica Ecker. Sie sind sicherlich Kati oder? Johns Schwester.“
„Äh…“
Sie lachte. „Ich habe schon viel von ihnen gehört, du hast einen süßen Bruder, wir verstehen uns wirklich prächtig, wir liegen einfach auf einer Wellenlänge, ich singe auch, wir haben uns hier in München kennen gelernt, ja und jetzt sind wir das glücklichste Paar der Welt!“
Mit offenem Mund legte ich auf. Das glücklichste Paar der Welt? Das kann nicht sein! John und ich waren doch schon die glücklichsten! Und jetzt kam diese blöde Kuh, namens Veronica! Deswegen war er nicht hier. Er hat mich betrogen. Er hat eine andere! Dieses Schwein! Oh wie ich ihn hasse! Ich legte das Geld für die Cola auf dem Tisch und rannte davon. Ich rannte und rannte, bis ich nicht mehr konnte. Drei Jahre glücklich ohne Streit und jetzt ist alles vorbei.