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Durch den Eulenwald nach Hause

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19.05.2015
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Durch den Eulenwald nach Hause

Ich nähere mich dem Kindheitsglück auf der Landstraße. Der Riegel schiebt sich zurück, das Schloss öffnet sich, die Erinnerungen erwachen, explodieren wie Blitze in mir, richten die Härchen auf, spannen die Sinne bis zum Äußersten. Ich fahre durch Wälder, Getreidefelder rauschen, säuseln Lieder, die mir bekannt vorkommen, erreiche die ersten Dörfer, deren Namen ich kenne: Adelsheim, Schefflenz. Bilder von Picknickausflügen an die Jagst erscheinen: Wasserspritzer, spielen, rennen, Grillwürste. Sommerwiesengeruch breitet sich aus. Ich lechze nach dem Geschmack von Zitronenwassereis. Auf einem Feld am Straßenrand steht ein Schild: Blumen zum Selbstpflücken. Ich halte an, atme durch, schneide zwanzig Rosen ab, stecke einen Fünfer in die Blechdose, freue mich über den günstigen Preis. Durchsichtiges Pflanzenblut klebt an meinen Fingern. Das Auto füllt sich mit Rosenduft, verdrängt den Zigarettenmief. Auf dem Weg am Fluss entlang suche ich nach Großvaters Baumgrundstück. Er hieß wie ich: Karl. Dort standen Apfel-, Birnen- und vor allem die Kirschbäume, auf die ich geklettert bin, deren Äste ich geschüttelt habe, von deren Früchten ich aß, bis mich Bauchweh plagte, weil ich mir zu viel in den Mund gestopft hatte. Dann erreiche ich den Eulenwald, wo das Baumhaus stand, Golo verschwand, das Unglück seinen Lauf nahm. Ich zittere, lausche auf die Stimmen der Vögel, Wölfe und ächzenden Bäume, finde die Dämonendunkelheit der Vergangenheit und beschleunige, um den Wald schneller zu durchqueren, das Dorf zu erreichen, das in einer Talsenke liegt, von Bäumen umzingelt.

Ich bin nach zwanzig Jahren zurück, weil Georg zu früh starb, seine Zwillingstöchter mich darum baten. Hier war ein Laden, dort wohnte die Grundschullehrerin, hier war der Metzger, dort die Kneipe, aus der ich meinen Vater abholen musste, wenn er zu lange wegblieb, zu viel soff. Nichts hat sich verändert, nur Fassaden blättern ab, die Farben verbleichen.

Tanja und Josefine umarmen mich, lächeln und schützen sich mit Maskentrauergesichtern. Ich bin froh, bei ihnen zu sein. Im Wohnzimmer beugen sie sich über den Tisch, schweigen, reißen die rosa, weißen, roten Blütenblätter ab. Sie fallen in den Behälter. Seidenweich streicheln sie dabei ihre Finger, während ich dasitze, von meiner Arbeitswoche erzähle, ihre Blumengesichter betrachte, als käme ich zufällig vorbei. Ihre Mutter kommt im letzten Moment die Treppe herunter, trägt ein buntes Sommerkleid.

Wir versammeln uns mit den anderen vor meinem Geburtshaus, um gemeinsam zum Friedhof zu gehen. Rahels Beine gleichen Baumstämmen, ihre Haare schmiegen sich wie Moos an den Schädel, die Kopfhaut schimmert durch. Ihr Trauerkleid liegt eng an. Sie hat einen grellroten Gürtel umgeschnallt. Ich erkenne sie an den Wasseraugen, dem Mondgesicht, dem zerknitterten Kinn. Sie nickt mir zu, gibt mir die Hand, starrt mich an, sucht den Blick, als wolle sie mich erforschen, ganz so wie damals. Ich schüttle Hände, versinke in Nebelgedanken, weiß nicht, wo ich hinschauen soll. Rahel schob den Kinderwagen, in dem ich lag, half mir auf, wenn ich fiel, passte auf, dass dem Goldlockenjungen nichts passierte.

„Karl, da bist du ja endlich“, sagt sie, verschränkt die Arme erst hinter dem Rücken, nimmt dann die Hand ihres Lebensgefährten, einem drahtigen Kerl mit Kurzhaarschnitt, und weist mit ausgestreckter Hand den Weg hinauf zum Friedhof.

Obwohl ich den Buckel auf ihrem Rücken entdecke, spüre ich keine Bedrohung. Mein Bruder warnte mich vor ihr, nannte sie eine Hexe und bleibt der Beerdigung fern, vielleicht weil Rahel ihn nicht ins Haus lässt. Ich fragte nicht nach dem Grund, als ich sie anrief. Ihre Stimme vibrierte am Telefon, wir wärmten uns aneinander und vergaßen, wie lange wir nichts voneinander gehört hatten.

Wir gehen an der Kirche vorbei bergan. Dahinter liegt der Friedhof. Am Rand der Mauer befindet sich das Grab der Großeltern. Die Glocken bleiben stumm, eine Messe wird nicht gelesen. Kein Pfarrer, kein Rabbi begleitet uns. Vor einem Loch im Boden steht die Urne auf einem Podest, daneben ein Mann im Anzug, der Zeremonienmeister, der die Rede hält, die sich Rahel, die Mädchen und ihre Mutter ausgedacht haben. Seine Stimme hallt über die Gräber, Schluchzen mischt sich darunter wie Wolfsgeheul. Ich sehe Tränen auf den Gesichtern. Dort drüben gibt es einen Stein, der an Golo erinnert, obwohl man ihn nie gefunden hat. Lieder erklingen. Georg hat sie selbst ausgesucht.

Rahel steht am Grab ihres Sohnes. Wortfetzen dringen zu mir: „Unter Schmerzen geboren, unter Schmerzen verloren“, verstehe ich, und: „Du bist mit einem Lächeln gegangen.“ Sie weint nicht, blickt zum Himmel, tritt ein paar Schritte zurück. Die Mädchen stecken Abschiedsbriefe in die Urne. Blumen, Steine flattern in die Grube. Einer nach dem anderen stellt sich ans Grab. Ich zögere.

„Geh ruhig hin, Karl“, sagt Rahel. Die Rosenblätter fühlen sich zart und lebendig an. Ich flüstere ein paar Worte und versuche herauszufinden, wie tief die Urne vergraben wird, gehe zu Rahel, streiche mit dem Finger über ihr Gesicht. Wie wächsern sie sich anfühlt.

Später sitzen wir im Zimmer gleich neben dem Eingang, unter uns der Keller, in dem ich manchmal eingesperrt wurde. Kaffee steht bereit, Stückchen werden herbeigeschafft. Selbst die Wände haben sie getäfelt, dunkles Holz, die Räume viel kleiner als die meiner Erinnerung.

„Hier wurden wir gebadet“, sage ich.
„Jeden Samstag“, antwortet Rahel.
„Vater hat die Zinkbadewanne geholt und sie mit heißem Wasser gefüllt, wir Kinder haben uns darüber gestritten, wer zuerst reindarf.“
„Es gab zwei, eine fürs Schlachten, eine zum Baden.“
„Ich habe mir immer vorgestellt, in der Blutwurstbrühe zu sitzen.“
„Heutzutage macht das keiner mehr. Viel zu teuer.“
„Kostet 500 €, nur fürs Schlachten“, ergänzt Rahels Lebensgefährte aus dem Hintergrund.
„Übrigens gibt’s im Neukauf Bratwürste im Angebot“, sagt Rahel. „Müsst ihr unbedingt kaufen, die sind wirklich klasse.“
„Hat sich einiges verändert hier“, sage ich und stehe auf.
„Ist eine Menge Zeit vergangen, seit du ins Internat gegangen bist.“
„Ich musste weg, die Eltern wollten es so.“
„Vielleicht.“
„Wegen Golo.“
„Vielleicht.“
„Wie geht’s den Eltern?“
„Ich besuche sie ab und zu im Heim.“

Kein Zimmer lasse ich aus, durchwandere das Haus, kann nicht mehr sitzenbleiben. Rahel zeigt mir die Räume. Meine Augen suchen nach den Ritzen, den Gesprächen, den Gefühlen, dem Lachen, dem Weinen, nach allem, was sich dort versteckt hält. Danach verabschiede ich mich, verspreche wieder zu kommen.

Mitten im Wald steige ich aus, knalle die Autotür zu. Ich gehe los, tränennass, muss nur dem Eulenruf folgen, nach der Weltenesche, nach Yggdrasil suchen und den Wölfen vertrauen.

Wörter: Riegel, Wald, Moos, Gürtel, Messe

 
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Hallo Isegrims,

Ich wollte unbedingt wissen, was es mit dem Eulenwald auf sich hat, und schon der Einstieg hat mich verzaubert - wunderbar, dieser Nostalgierausch, auch, wenn es nicht mein eigener ist.

stecke fünf € in die Blechdose

"fünf Euro" fände ich schöner, was aber nichts daran ändert, das ich die Sache selbst wunderschön finde, das Blumenpflücken auf dem Land, wo man sich noch vertraut ...

deren Äste ich geschüttelt habe, von den Früchten aß,

Hier stimmt was nicht - obwohl, eigentlich schon, liest sich aber eigenartig

und beschleunige, um den Wald schneller zu durchqueren, das Dorf zu erreichen, das in einer Talsenke liegt, von Bäumen umzingelt.

"und beschleunige" lässt mich eher an ein Auto denken, mir kam da spontan "und beschleunige meinen Schritt" in den Sinn

Nichts hat sich verändert, nur die Fassaden blättern ab, die Farben verbleichen.

Greit

Maskentrauergesichtern

Hm, ich habe die Diskussion unter deinem letzten Text schon mitbekommen, was die Wortkreationen betrifft ... Möchte dir da nicht reinreden, die "Dämonendunkelheit" fand ich zum Beispiel ziemlich cool, hier ... weiß nicht, nicht mein Fall, wirft mich ein bisschen raus, ebenso die

Blumengesichter

Tut mir wahnsinnig leid, wenn ich die "Diskussion" damit wieder eröffne, aber trotzdem, ich würde dir gerne meinen ungeschönten Eindruck dalassen. Also, im Grunde finde ich die Geschichte bis hier her wahnsinnig toll, obwohl eher alltäglich, liegt da eindeutig Magie in der Luft. Auch durch so pfiffige Einfälle wie diesen hier:

Mein Bruder warnte mich vor ihr, nannte sie eine Hexe

Ob man das jetzt Phantastik nennt oder magischen Realismus, mir egal, ich finde es toll. Aber: Das hier wirft mich einfach raus:

Ich erkenne sie an den Wasseraugen, dem Mondgesicht, dem zerknitterten Kinn. Sie nickt mir zu, gibt mir die Knochenhand, starrt mich an, sucht den Blick, als wolle sie mich erforschen, ganz so wie damals. Ich schüttle Hände, versinke in Nebelgedanken, weiß nicht, wo ich hinschauen soll. Rahel schob den Kinderwagen, in dem ich lag, half mir auf, wenn ich fiel, passte auf, dass dem Goldlockenjungen nichts passierte.

An für sich finde ich diese Wortschöpfungen toll, besonders die Wasseraugen oder auch der titelgebende Eulenwald, der mich hergelockt hat, aber hier werden sie für meinen Geschmack überstrapaziert. Zu viel auf zu wenig Raum, der Fokus geht weg vom Inhalt, leider.

Vor einem Loch im Boden, steht die Urne auf einem Podest,

Das ist eine Sache, die ich oft bemerke, also Kommas an solchen Stellen wie hier nach "Boden" ... Für mein Empfinden ist das falsch, aber vielleicht irre ich mich auch.

Ja, wie schon gesagt, alles in allem habe ich mich trotz der kleinen Kritikpunkte sehr wohl gefühlt in deinem Eulenwald, die Nostalgieanflüge, das Verborgene - was ist nur mit Golo geschehen? -, die Geisterstimmung, wirklich, gefällt mir sehr sehr gut.

Was ein Glück, dass ich zu spät bemerkt habe, dass ich hier bei der Wörterbörse gelandet bin, ich stehe der Sache nämlich eher kritisch gegenüber, aber ja, da wurde ich mal wieder eines Besseren belehrt.

Liebe Grüße,

Lani

 

Hi Isegrims,

ich schreibe beim Lesen:

ich nähere mich dem Kindheitsglück auf der Landstraße.

Ich weiß nicht, ob es vielleicht deine Absicht war, da ich dir eine Flüchtigkeit im ersten Satz einer Geschichte nicht zutrauen würde, aber der Satzanfang wird glaube ich groß geschrieben. :sealed:

Dein erster Absatz ist ein Feuerwerk an Reizen, die mich an Geschmäcker, Gerüche und Farben aus den Tagen meiner eigenen Kindheit erinnern. Für einen Augenblick habe ich gegrübelt, ob das zu viel Input ist, aber nein, gerade diese Überreizung fesselt mich an deine Zeilen, die du geschickt und ohne Fehler konstruiert hast.

stecke fünf € in die Blechdose

Ähnlich wie Lani, stört mich das € Zeichen.

Ihre Stimme vibrierte am Telefon, wir wärmten uns aneinander und vergaßen, wie lange wir nichts voneinander gehört hatten.

Hier komme ich nicht ganz mit. Wärmten sich die Stimmen am Telefon aneinander oder er und Rahel auf dem Weg zum Friedhof? Allgemein verwirrt mich diese Aussage eher, da du Rahel zuvor eher abstoßend beschreibst.

------------------

Mehr ist mir jetzt nicht aufgefallen, was zweifellos für dich und deine Textqualität spricht :)

Eine eng getaktete, zügig geschriebene Geschichte über einen Besuch in der Heimat, bei dem im Innern deines Protagonisten ein Kampf zwischen schönen Kindheitserinnerungen und traumatischen Erfahrungen wütet. In deiner Geschichte passiert nicht außergewöhnlich viel, trotzdem schaffst du es, mich als Leser durch deinen Schreibstil und geschickt gezeichnete Bilder (wie die Blutwurstbadewanne) zu fesseln und zu binden.
Was ich mir vielleicht noch gewünscht hätte, ist mehr Info über das vermisste Kind. Ich kann mir zwar denken, was damals im Eulenwald passierte, aber ich wills trotzdem genauer wissen. Du fütterst mich quasi an, aber ich werde nicht ganz satt.
Grammatisch und im Aspekt Rechtschreibung kann ich dir nichts ankreiden, außer den ersten allerersten Buchstaben.

Hat Spaß gemacht!

Lieber Gruß

Dave

 

Hallo Isegrims,

yeah, endlich geht’s los mit dem Keuschheitsgürtel!! :p

Durch den Eulenwald nach Hause
Der Titel ist süß. Hört sich nach Kindergeschichte an.

Sommerwiesengeruch breitet sich aus.
Schön. Den liebe ich auch. Die Atmosphäre während dieser Autofahrt in die Heimat fängst du gut ein.

Ich lechze nach dem Geschmack von Zitronenwassereis.
Hier vielleicht mal ein Absatz? Überhaupt bin ich der Meinung, dass dem ersten Abschnitt ein paar Absätze gut tun würden.

Durchsichtiges Pflanzenblut klebt an meinen Fingern.
Das Bild finde ich eigentlich gut, aber irgendwie wirkt es so negativ in diesem positiven Moment.

Dort standen Apfel, Birnen- und vor allem die Kirschbäume, auf die ich geklettert bin,
Müsste es nicht „geklattert war“ heißen?
Und hier
weil ich mir zu viel in den Mund gestopft habe
hatte?

Ich zittere, lausche auf die Stimmen der Vögel, Wölfe und ächzenden Bäume, finde die Dämonendunkelheit der Vergangenheit
Werwölfe? :p

nur die Fassaden blättern ab, die Farben verbleichen
Die Fassade blättert nicht ab, nur die Farbe daran.

Tanja und Josefine umarmen mich, lächeln und schützen sich mit Maskentrauergesichtern.
ihre Blumengesichter betrachte
Das gefällt mir nicht und verwirrt. Wieso sind aus den Maskentrauergesichtern nun Blumengesichter geworden? Und unter einem Blumengesicht kann ich mir nichts vorstellen.

Seidenweich streicheln sie dabei ihre Finger
,
Da passt für mich die Perspektive nicht. Woher weiß Karl, dass sich die Blätter für die Mädchen samtweich anfühlen?

Ihre Mutter kommt im letzten Moment die Treppe herunter, trägt ein buntes Sommerkleid.
Im letzten Moment? Sonst wäre was passiert?

Ich erkenne sie an den Wasseraugen, dem Mondgesicht, dem zerknitterten Kinn.
Wirklich? Daran erkennt er sie? Die Frau die ihn quasi großgezogen hat, wenn ich das richtig verstanden habe? Das finde ich merkwürdig, so als würde ich sagen, ich erkenne meinen Vater an der dicken Nase und der Brille. Passt für mich nicht, auch wenn die beiden sich vielleicht lange nicht gesehen haben.

wir wärmten uns aneinander
Das finde ich schön formuliert. :)

„Ich habe mir immer vorgestellt, in der Blutwurstbrühe zu sitzen.“
Ihh!

Rahel zeigt mir die Röume.
Räume

Ok, ich versuche mal zu sortieren. Rahel ist die Oma von Tanja und Josefine, die Mutter der beiden hat keinen Namen. Georg ist der Vater der beiden, Rahels Sohn, und ist gestorben.
Karl ist anscheinend nicht mit denen verwandt, aber mit Georg aufgewachsen und gehört damit quasi zur Familie.
Vor vielen Jahren ist irgendetwas mit Golo passiert, wer auch immer das ist und deswegen ist Karl weg, anscheinend für immer, bis jetzt.

Puuh, ganz schön was los in der kleinen Geschichte. Also, die Atmosphäre am Anfang gefällt mir gut. Dieses Nachhausekommen, so viele Erinnerungen kommen hoch. Und dann schwebt da noch diese Melancholie, die man dann versteht, wenn man erfährt, dass er zu einer Beerdigung geht. Ich finde das alleine würde als Stoff schon reichen.
Mir sind diese ganzen verschiedenen Leute und Beziehungen zu viel. Ich kann gar nicht mehr lesen, sonst muss immer wieder nachschauen – moment, wer war das und hä? Wieso? Und wer ist das, kenn ich den schon? Und das finde ich schade.

Meinem Geschmack nach könntest du die Golo-Geschichte streichen und die Familienverhältnisse etwas klarer gestalten. Dann könntest du dich auf dieses Gefühl konzentrieren, diesen Kampf zwischen Heimatgefühl, Kindheitserinnerungen und Trauer.


Liebe Grüße,
Nichtgeburtstagskind

 

Hallo Isegrims,

Hab nur ein paar Flüchtigkeitsfehler gefunden:

das Unglück seinen Lauf nahm
das Unglück nahm seinen Lauf?

Vor einem Loch im Boden, steht die Urne auf einem Podest
Das Komma kann weg?

der die Rede hält, die sich Rahel, die Mädchen, ihre Mutter ausgedacht haben
Am Schluss der Aufzählung würde ich ein und vor ihre Mutter bevorzugen.

Dort drüben gibt es ein Stein
einen Stein

Rahel zeigt mir die Röume.
Räume

Zum Inhalt:
Als ich am Ende die Wörter gelesen habe, konnte ich es nicht glauben. Ich hätte nie gedacht, dass du die KG für die Wörterbörse geschrieben hast. Glückwunsch, toll gemacht, die fünf Begriffe fielen in keinster Weise auf. Ich könnte nicht sagen, ob sie wirklich drinstehen. :lol:

Deine Sprache finde ich überragend. Anders als in Amandine gibt es keine einzige Stelle, wo ich denke, da ist es drüber, unpassend, zu viel. Im Gegenteil, du spielst mit der Sprache, schaffst sehr schöne Bilder, sprichst alle Sinne an, dosierst Assoziationen und Adjektive so, dass ich hautnah dabei bin, ohne mich zu wundern, weil alles stimmt. Und so tapse ich hinter dir her und staune mit offenem Mund.
Selbst, wenn du an die Grenze gehst - z.B. Maskentrauergesichter - bin ich bei dir, weil ich genau weiß, was du siehst. Daneben gibt es tolle Wortschöpfungen: Kindheitsglück, Sommerwiesengeruch, Blumengesichter, Pflanzenblut, Goldlockenjungen. Ich lausche deinem Lied und genieße.

Einzige Ausnahme ist Yggdrasil, das hätte es für mich nicht gebraucht, passt aber wohl zur Stimmung, zum Setting und ist sicher Geschmacksache.

Chapeau, gut gemacht!

Peace, linktofink

 

Hallo Lani,
vielen Dank für den Kommentar, die Flüchtigkeitshilfen und deine Zeit. (und wie schnell nach dem Posten du geantwortet hast, wow).

und beschleunige, um den Wald schneller zu durchqueren, das Dorf zu erreichen, das in einer Talsenke liegt, von Bäumen umzingelt.
"und beschleunige" lässt mich eher an ein Auto denken, mir kam da spontan "und beschleunige meinen Schritt" in den Sinn
Karl sitzt ja im Auto und deshalb kann er auch beschleunigen.

Maskentrauergesichtern
Hm, ich habe die Diskussion unter deinem letzten Text schon mitbekommen, was die Wortkreationen betrifft ... Möchte dir da nicht reinreden, die "Dämonendunkelheit" fand ich zum Beispiel ziemlich cool, hier ... weiß nicht, nicht mein Fall, wirft mich ein bisschen raus, ebenso die

Blumengesichter

mm, bin ich mittlerweile gewohnt, dennoch habe ich mir (diesmal) die Wortkreationen recht sorgfältig überlegt, die von dir genannten finde ich passend und hübsch

Tut mir wahnsinnig leid, wenn ich die "Diskussion" damit wieder eröffne, aber trotzdem, ich würde dir gerne meinen ungeschönten Eindruck dalassen. Also, im Grunde finde ich die Geschichte bis hier her wahnsinnig toll, obwohl eher alltäglich, liegt da eindeutig Magie in der Luft. Auch durch so pfiffige Einfälle wie diesen hier:

Mein Bruder warnte mich vor ihr, nannte sie eine Hexe
Ob man das jetzt Phantastik nennt oder magischen Realismus, mir egal, ich finde es toll.

dankeschön, auch wenn gleich die Einschränkung folgt.

An für sich finde ich diese Wortschöpfungen toll, besonders die Wasseraugen oder auch der titelgebende Eulenwald, der mich hergelockt hat, aber hier werden sie für meinen Geschmack überstrapaziert.
mm, muss ich nachdenken, klar, hier häufen sich die Wortschöpfungen, aber einzeln betrachtet passen alle.

Ja, wie schon gesagt, alles in allem habe ich mich trotz der kleinen Kritikpunkte sehr wohl gefühlt in deinem Eulenwald, die Nostalgieanflüge, das Verborgene - was ist nur mit Golo geschehen? -, die Geisterstimmung, wirklich, gefällt mir sehr sehr gut.
;)

Liebe Grüße aus den Eulennächten
Isegrims

Hi Dave A,

freut mich sehr, dass ich dir Lesegenuss bereiten konnte – obwohl ich ja letztlich eine melancholische Geschichte erzähle, danke dir für den Besuch. Das kleingeschriebene „i“ war mir total entgangen, habe ich gleich ausgebessert.

Dein erster Absatz ist ein Feuerwerk an Reizen, die mich an Geschmäcker, Gerüche und Farben aus den Tagen meiner eigenen Kindheit erinnern. Für einen Augenblick habe ich gegrübelt, ob das zu viel Input ist, aber nein, gerade diese Überreizung fesselt mich an deine Zeilen, die du geschickt und ohne Fehler konstruiert hast.
:Pfeif:

Ihre Stimme vibrierte am Telefon, wir wärmten uns aneinander und vergaßen, wie lange wir nichts voneinander gehört hatten.
Hier komme ich nicht ganz mit. Wärmten sich die Stimmen am Telefon aneinander oder er und Rahel auf dem Weg zum Friedhof? Allgemein verwirrt mich diese Aussage eher, da du Rahel zuvor eher abstoßend beschreibst.
die Stimmen vibrieren, weil die Herzen schneller schlagen, die beiden von Gefühlen überwältigt werden. Ja, ich beschreibe sie nicht gerade anziehend, stimmt, aber nur von außen.

In deiner Geschichte passiert nicht außergewöhnlich viel, trotzdem schaffst du es, mich als Leser durch deinen Schreibstil und geschickt gezeichnete Bilder (wie die Blutwurstbadewanne) zu fesseln und zu binden.
:Pfeif:

Was ich mir vielleicht noch gewünscht hätte, ist mehr Info über das vermisste Kind. Ich kann mir zwar denken, was damals im Eulenwald passierte, aber ich wills trotzdem genauer wissen. Du fütterst mich quasi an, aber ich werde nicht ganz satt.
vielleicht gibt’s ja eine Fortsetzung, schließlich geht Karl am Ende in den Wald.

Liebe Grüße und einen Sonnenfreudenstart in die Woche
Isegrims

 

Mitten im Wald steige ich aus, knalle die Autotür zu. Ich gehe los, tränennass, muss nur dem Eulenruf folgen, nach der Weltenesche, nach Yggdrasil suchen und den Wölfen vertrauen.

Großer Gott, jetzt wird sie sich selbst historisch, denk ich zunächst,

liebe Isa,

bis der Opa als gleichnamiger "Karl" genannt wird.

Da traustu Dear was zu, in einen Karl reinzuschlüpfen - aber pflückt ein solcher Kerl - nix anderes bedeutet der Name - Blumen? Essbare Pilze vieleicht - aber Rosen? Ja gut, wenn er raucht und den Rauch nicht verträgt ...

Aber ist das so einfach, wenn man um die letzten Zeilen weiß? Er lebt nach einem gotischen Wort "afhaimis" - fern der Heimat und ich fürchte, sehr weit weg findet sich sein jetzige haims, ist entweder himins oder halja ... (ich bin immer wieder überrascht, wie nahe das Gotische dem Alhochdeutschen kommt - oder gibt's jemand, der Himmel und Hölle nicht erkennt?)

Kurz: Das Motiv des Wiedergängers erlebt eine gelungene Wiederkehr.

Trivialeres

Hier

..., richten die Härchen auf, spannen die Sinne zum Äußersten
würd ich noch ein "bis" zum Äußersten geben ... (alternativ ginge auch "aufs Äußerste")

... habe, von deren Früchten ich aß, bis mich Bauchweh plagte, weil ich mir zu viel in den Mund gestopft habe.
Aber vom vollgestopften Mund kann doch kein Bauchweh kommen. Er wird die Früchte doch auch geschluckt haben ...

Wurde schon drauf hingewiesen

Dort drüben gibt es ein[en] Stein, ...

Gern gelesen vom

Friedel,

de jetzt erst einmal die frische Luft aufsucht ...

 

Liebe NGK(S),

na ja: aus dem moosbedeckten Keuschheitsgürtel ist nichts geworden, da steckt Nidhögr noch drin und Ratatöskr, das verschlagene Eichhörnchen, hat den Schlüssel. Was ich sagen will: die Fantasy-Geschichte word deutlich länger, schließlich versteckt sich eine Menge Personal in der Geschichte um die Suche nach der Weltenesche, kommt aber noch, nur wird’s viel länger und dauert, bis es Gestalt annimmt.
Ich danke dir für deine Anmerkungen, einiges habe ich umgesetzt, anderes bedacht und verworfen.

Durch den Eulenwald nach Hause
Der Titel ist süß. Hört sich nach Kindergeschichte an.
Haha, wird aber keine :D

Durchsichtiges Pflanzenblut klebt an meinen Fingern.
Das Bild finde ich eigentlich gut, aber irgendwie wirkt es so negativ in diesem positiven Moment.
soll ich möchte die allzu romantische Stimmung durchbrechen

Ich zittere, lausche auf die Stimmen der Vögel, Wölfe und ächzenden Bäume, finde die Dämonendunkelheit der Vergangenheit
Werwölfe?
tstst, gibt auch normale Wölfe oder… Lamas zum Beispiel :D

nur die Fassaden blättern ab, die Farben verbleichen
Die Fassade blättert nicht ab, nur die Farbe daran.
habe ich geändert, muss noch genauere Bilder basteln.

Wieso sind aus den Maskentrauergesichtern nun Blumengesichter geworden? Und unter einem Blumengesicht kann ich mir nichts vorstellen.
Fantasie? Schließ die Augen oder mach gleich ein Blumen-Snap :lol:

Seidenweich streicheln sie dabei ihre Finger
,
Da passt für mich die Perspektive nicht. Woher weiß Karl, dass sich die Blätter für die Mädchen samtweich anfühlen?
weil er, wie du bestimmt auch, schon mal Rosenblätter gefühlt hat

Ihre Mutter kommt im letzten Moment die Treppe herunter, trägt ein buntes Sommerkleid.
Im letzten Moment? Sonst wäre was passiert?
sonst wäre sie zu spät gewesen, sie zögert den Augenblick bis zum Schluss hinaus :Pfeif:

Ich erkenne sie an den Wasseraugen, dem Mondgesicht, dem zerknitterten Kinn.
Wirklich? Daran erkennt er sie? Die Frau die ihn quasi großgezogen hat, wenn ich das richtig verstanden habe?
wenn man jemand sehr lange nicht gesehen hat, dann geht es mir so, dass es ein einzelnes besonderes Erkennungsmerkmal gibt, bei dir auch?

so viele Erinnerungen kommen hoch. Und dann schwebt da noch diese Melancholie, die man dann versteht, wenn man erfährt, dass er zu einer Beerdigung geht. Ich finde das alleine würde als Stoff schon reichen.
ja, mag sein, aber ich wollte auch in diesem Text auf kurzem Raum eine Menge unterbringen

Meinem Geschmack nach könntest du die Golo-Geschichte streichen und die Familienverhältnisse etwas klarer gestalten.
für mich geht das leider nicht, die Golo-Episode(/-Geschichte enthält den Kern, den magischen Moment.

Allerfeinste Wolfsgrüße
Isegrims


Hallo linktofink,

wenn ich es mir recht überlege, bleibt nur eins, mich darüber freuen, dass der Text bei dir funktioniert, dass mein Stil (bei dir) gelingt, die Suche nach einem Wortkonzentrat klappt, Stimmungen, Gefühle einfängt.

Deine Sprache finde ich überragend. Anders als in Amandine gibt es keine einzige Stelle, wo ich denke, da ist es drüber, unpassend, zu viel. Im Gegenteil, du spielst mit der Sprache, schaffst sehr schöne Bilder, sprichst alle Sinne an, dosierst Assoziationen und Adjektive so, dass ich hautnah dabei bin, ohne mich zu wundern, weil alles stimmt. Und so tapse ich hinter dir her und staune mit offenem Mund.
Selbst, wenn du an die Grenze gehst - z.B. Maskentrauergesichter - bin ich bei dir, weil ich genau weiß, was du siehst. Daneben gibt es tolle Wortschöpfungen: Kindheitsglück, Sommerwiesengeruch, Blumengesichter, Pflanzenblut, Goldlockenjungen. Ich lausche deinem Lied und genieße.
genieße ich einfach :Pfeif: (so klingen Empfehlungstexte, wow)

das Unglück seinen Lauf nahm
das Unglück nahm seinen Lauf?
mm, verstehe ich nicht, was du meinst?

Als ich am Ende die Wörter gelesen habe, konnte ich es nicht glauben. Ich hätte nie gedacht, dass du die KG für die Wörterbörse geschrieben hast. Glückwunsch, toll gemacht, die fünf Begriffe fielen in keinster Weise auf.
Na ja, eigentlich war das so: ich hielt eine Axt in der Hand, der Zeremonienmeister legte mir fünf Zettelchen mit Wörtern auf den Tisch und ich hatte wenig Zeit. So entstand die Idee des moosbedeckten Keuschheitsgürtels, den ich dann aber aus Jugend- und Datenschutzgründen aus dem finalen Text streichen musste. Leider. Kurzum: beim nächsten Gathering erfährst du mehr!

Die Fehlerchen habe ich beseitigt und ich danke dir sehr für deine Zeit und das genaue Lesen.

Liebe Sonnengoldabendgrüße
Isegrims

 

Isegrims,

Den meinte ich gestern.

Dann erreiche ich den Eulenwald, wo das Baumhaus stand, Golo verschwand, das Unglück seinen Lauf nahm.
Hab mich irgendwie drin verheddert.
So: "Dann erreiche ich den Eulenwald, wo das Baumhaus stand, wo Golo verschwand und das Unglück seinen Lauf nahm." wäre es unmissverständlich, aber auch weniger poetisch. Musst du wissen.

Verblassende Planeten auf Birne schein Grüße zurück. :D

Peace, Linktofink

ps. machst mir Angst vor dem Gathering, komme lieber doch nicht :heul:

 

Hallo @Isegrimes,

also ich fand deine Geschichte spannend, wollte unbedingt weiterlesen, um zu schauen wo du mich dahinführst. Die Beschreibung der Umgebung gelingt dir gut und du gestaltest sie so, dass es mich beim Lesen nicht langweilt, weil du es auch nicht übertreibst. Zudem verknüpfst du die Beschreibungen mit Emotionen die bei ihm ausgelöst werden wie hier ...

"Getreidefelder rauschen, säuseln Lieder, die mir bekannt vorkommen'

Ist ja ähnlich wie bei einem Lied, dass man in einer bestimmten Situation gehört hat und jedes mal, wenn man es hört, wirft es dich in die Stimmung von damals. Bei mir funktioniert sowas gut.

Ich mag deine Wortkreationen nicht nur, ich finde sie zauberhaft!
Kennst du das Buch "Rico, Oskar und die Tieferschatten" ? Ein Junge in diesem Buch macht das auch, er findet eine Nudel und versucht rauszufinden wem der Nachbarn sie gehört. Er tauft sie Fundnudel. Er verwendet das Wort tiefbegabt, hat mittlerweile den Einzug in unseren Alltag geschafft.
Ich versuche es im Moment mit deinem Wort "Schattenküsse", was aber schwierig ist, weil man leider nicht sehr oft die Möglichkeit findet, es zu verwenden.

Beim Lesen habe ich diese Wörterbörse-Sache vergessen und als ich unten ankam, las ich die Wörter, konnte mich aber nicht erinnern wo genau du sie verwendet hast. Ich hätte deine Geschichte gern weiter gelesen und mehr erfahren.

Was mich gestört hat waren die vielen Leute. Ich musste die immer wieder neu sortieren so in etwa, der war noch mal ...achja genau und mit dem und die war von dem. Das war bissel durcheinander.

Der Name Golo ist irgendwie seltsam. Alle anderen haben ja normale Namen. Als du ihn am Anfang zum ersten Mal erwähntest und sein verschwinden, dachte ich erst er wäre ein Hund der Karl als Kind im Wald weggelaufen ist.

Eine schöne Geschichte :-)

Liebe Grüße
Charly

 

Lieber Friedel,

dankeschön für deinen wie immer lehr- und hilfreichen Besuch.

Mitten im Wald steige ich aus, knalle die Autotür zu. Ich gehe los, tränennass, muss nur dem Eulenruf folgen, nach der Weltenesche, nach Yggdrasil suchen und den Wölfen vertrauen.
Großer Gott, jetzt wird sie sich selbst historisch, denk ich zunächst,
na ja, der ursprüngliche Plan bestand schon darin, Nidhögr zu folgen, der aufhört an den Wurzeln Yggdrails zu nagen, die ihm eine bequeme WLAN-Verbindung bieten, den moosbedeckten Keuschheitsgürtel seine symbiotischen Existenz verlässt und in die weite Welt flieht.

aber pflückt ein solcher Kerl - nix anderes bedeutet der Name - Blumen? Essbare Pilze vieleicht - aber Rosen? Ja gut, wenn er raucht und den Rauch nicht verträgt ...
er nimmt an einer Beerdigung teil, dafür eignen sich Blumen, außerdem sind die Rosen saublillig.

findet sich sein jetzige haims, ist entweder himins oder halja ... (ich bin immer wieder überrascht, wie nahe das Gotische dem Alhochdeutschen kommt - oder gibt's jemand, der Himmel und Hölle nicht erkennt?)
verstehe ich das richtig, Heimat stammt etymologisch von Heim und Hölle?

... habe, von deren Früchten ich aß, bis mich Bauchweh plagte, weil ich mir zu viel in den Mund gestopft habe.
Aber vom vollgestopften Mund kann doch kein Bauchweh kommen. Er wird die Früchte doch auch geschluckt haben ...
mm, eigentlich finde ich die Stelle recht klar, schließlich isst er die Kirschen, mm, vielleicht ändere ich die Reihenfolge und stelle das Stopfen an den Anfang.

Frische Sonnenluft für dich und viele Grüße
Isegrims


Hi @lnktofink,
danke dir, dass du mir noch mal deine Anmerkung erklärst:

Dann erreiche ich den Eulenwald, wo das Baumhaus stand, Golo verschwand, das Unglück seinen Lauf nahm.
Hab mich irgendwie drin verheddert.
So: "Dann erreiche ich den Eulenwald, wo das Baumhaus stand, wo Golo verschwand und das Unglück seinen Lauf nahm." wäre es unmissverständlich, aber auch weniger poetisch. Musst du wissen.
mm, die von dir vorgeschlagene Satzstellung kann man schon machen, dann verändert sich allerdings der Rhythmus und deshalb lasse ich es, wie es ist.

Verblassende Planeten auf Birne schein Grüße zurück
hübscher Schattensternenhimmel, was?

ps. machst mir Angst vor dem Gathering, komme lieber doch nicht
ach, komm schon, schon wegen der Lamafarm und all den Strahleaugen der Teulnehmer…

Liebe Wird-eigentlich-auch-Zeit-dass-die-WM-vorbei-ist-und-Deutschland-(Frankreich)-per-UN-Beschluss-zum-Sieger-erklärt-wird-Grüße
Isegrims

 

Hallo Charly1406,

ich danke dir für deinen Kommentar und die wertvollen Gedanken und Anregungen.

also ich fand deine Geschichte spannend, wollte unbedingt weiterlesen, um zu schauen wo du mich dahinführst.
:Pfeif:

Ich mag deine Wortkreationen nicht nur, ich finde sie zauberhaft!
Kennst du das Buch "Rico, Oskar und die Tieferschatten" ? Ein Junge in diesem Buch macht das auch, er findet eine Nudel und versucht rauszufinden wem der Nachbarn sie gehört. Er tauft sie Fundnudel. Er verwendet das Wort tiefbegabt, hat mittlerweile den Einzug in unseren Alltag geschafft.
Ich versuche es im Moment mit deinem Wort "Schattenküsse", was aber schwierig ist, weil man leider nicht sehr oft die Möglichkeit findet, es zu verwenden.
das Buch kenn ich (noch) nicht, klingt tiefinteressant, werde ich mir besorgen. Wortkreationen verwende ich als bewusst im Text untergebrachtes Stilmittel, das dem Leser neue Sichtweisen ermöglicht, womöglich eine Zauberstimmung erzeugen kann. Man liest solche Wortschöpfungen zwar öfters in Gedichten, aber auch in Prosatexten lassen sie sich ganz gut verwenden, um Wirkungen zu erzeugen. (Ich habe das in Kommentaren zu früheren Texten bereits versucht zu erklären). Tja, und „Schattenküsse“, diese Kreation, stammt nicht von mir, die habe ich einem Gedicht von Heinrich Heine entnommen.

Was mich gestört hat waren die vielen Leute. Ich musste die immer wieder neu sortieren so in etwa, der war noch mal ...achja genau und mit dem und die war von dem. Das war bissel durcheinander.
mm, ich weiß, so eine kurze Kurzgeschichte und so eine Menge Figuren, muss ich mir merken, vielleicht hätte die Geschichte länger sein müssen.

Der Name Golo ist irgendwie seltsam.
den Namen wollte ich bewusst etwas ungewöhnlicher

Sonnenschattengrüße und einen tiefschönen Tag für dich
Isegrims

 
Zuletzt bearbeitet:

"Phol ende Uodan uuorun zi holza.
Du uuart demo Balderes uolon sin uuoz birenkict.
..." aus dem zwoten Merseburger Zauberspruch​

Ich zäum das Pferd mal von hinten auf, also nicht erschrecken,

liebe Isa,

denn bis in christliche Zeit umschrieben die Alten germanistischer Zunge den Galgenbaum mit "Ross und Reiter" (= dem Gehenkten) und nannten zugleich die Weltenesche, die Himmel und Erde und vermutlich auch die Unterwelt und alles was darin, darauf und darüber ist zusammenhält.

"Yggr" aber steht für Furcht und Schrecken, Bezeichnungen, um den Namen "Wuotans" (ahd.bis zur Entdeckung des "w" mit dabbelju "Uuodan", vgl. Eingangszitat) nicht nennen zu müssen (wie man sich ja auch unterm Monotheismus kein Bild von Gott machen soll, wozu auch das Verbot der Namensnennung zu rechnen ist), "drasil" meint im Atnordischen das "Pferd" (s. Köbers Wörterbuch des Altnordischen), und dieser Baum von einem (jetzt kann ich's ja verraten) achtbeinigen Pferd glitt (darum auch nicht nur im Harz "Sleipnir") durch die Zeitgeschichte, ja, so was war mein

Kindheitsglück
Mythen und Sagen zu verschlingen, um nachher mich über die Weltgeschichte herzumachen.

Warum beginn ich so umständlich? Weil nicht nur

Golo verschwand [und] das Unglück seinen Lauf nahm.
(wen die Götter lieben, den ...)denn "Golo" kürzt all die Namen ab, die mit "Gott" anfangen.

In der mir bekannten Sagenwelt gibt es zwei Rosengärten, im Sagenkreis Theoderich des Großen (der wahrscheinlich erst durch die Langobarden ein Dietrich von Bern [= Verona] wurde) den des Zwergenkönigs Laurin und im Sagenkreis um Siegfried, wenn Krimhild rechtsrheinisch einen Rosengarten unterhält, womöglich unweit der Jagst, wo Siegfried und Dietrich aufeinanderprallen, und der fränkoburgundische jüngere Held dem älteren und listenreicheren unterliegt.

Warum bin ich mir sicher, dass es unweit der Jagst geschehen sein kann? Die Gibikungen, eine Abteilung der Burgundionen, die dem Druck der Alamannen in dieser Gegend auswiechen und eben nicht im Bund "aller Männer/Menschen" aufgehen wollten, schlossen sich 406 dem Wandalenzug an und überschritten in der Silvesternacht (das ist belegt!) mit den anderen Völkerschaften den zugefrorenen Rhein, wechselten nicht nur real, sondern auch bildlich das Ufer: Sie wurden Föderaten der Römer, nahmen sogar deren Glauben an und verteidigten, bis sie unter Gundahar und seinen Brüdern größenwahnsinnig wurden, die Grenze gegen

Alamannen, wie weiter nördlich die fränkischen Stämme die Rheingrenze überwachten (siehe Sachsen-Abenteuer des Siegfried) ...

Wahrscheinlich steht der Rosengarten der Krimhild für den Respekt der Merowinger vor dem übermächtigen Goten, der davon träumte, alle Völker germanistischer Zunge zu vereinen (durch Heiratspolitik) - was natürlich scheiterte, weil heute noch vor allem rechts des Rheines jeder Stammesfürst seine Pfründe allein ausbeuten will. Herwig Wolfram, der die Ethnogenese vor allem der Goten begründete, sieht sogar im Schicksal eines Generals des Theoderich einen möglichen Ursprung fürs Schicksal des Siegfried - das aber viel weiter ins Mythologische zurückweist, als die Burgunder wie Goten und Wandalen jenseits der Oder hockten.

Mit dem Einbruch der Mythologie soll sich für heute der Kreis schließen: Hagen

(hag (ahd.) = Hag (nhd.) Umzäunung, Wall, Damm, Schanze; hagan (ahd.), wie zuvor, zudem aber auch nhd. hegen, pflegen, nähren) -

war sozusagen der erste Kanzler auf deutschem Boden - er hat - wie Achill seine Sehne, Siegfried die lindenblattkleine Lücke im Schuppenpanzer - auch einen Makel, der verrät, wen er symbolisiert: Er hat nur ein Auge und wird deshalb gelegentlich mit Augenklappe dargestellt ... Es ist der missionierte Uuodan, der den Mächtigen zum Ratgeber wird! Wie vor Troia nur der Pfeil eines Gottes die verletzliche Stelle Achills treffen konnte, so konnte auch nur der Speer eines Gottes die Schwachstelle Siegfrieds aus der Entfernung nicht verfehlen.

Aber weist uns der Name der Rahel nicht eher aufs Alte Testament und auf die Genesis (Lieblingsfrau Jakobs, die im Kindsbett der zweiten Geburt verstirbt und dem Jungen auf dem Sterbebett den Namen "Ben-Oni" (= Kind des Unheils) gibt, den der Vater, Jakob/Israel, in Ben-Jamin (Kind des Glücks, nach moderner Auffassung "Kind des Erfolges") nennt. Doch Rahel lebt und

Sie hat einen grellroten Gürtel umgeschnallt

Brunichildis* trägt einen Gürtel, der ihr Kraft verleiht und plötzlich schließt sich der Kreis - denn Brunni gebirt dem Gundahar zu Worms einen Siegfried und Krimhild, die auch schon mal deutlicher Grimmhilde geschrieben wird, gebiert zu Xanten einen Gunther und der ist. Als sein fränkischer Onkel ermordet wird, ist dieser Siegfried Guntherssohn 13 Jahre alt, der Kreis wird geschlossen und beginnt von vorne.

Aber Rahel gilt Dir als Hexe - auch da taucht "hag" in der Sprache der ganz alten auf als "hagazussa", die Frau/Unholdin, die auf der Hecke reitet (die wir modernen wieder in den Haushalt verbannen und auf dem Besen reiten lassen). Den Goten wars ein "haljōrūna", die Hexe als Zauberweib. Und schon da zeigt sich der christliche Einfluss (Wulfila war Bischof), mit denen die weisen Frauen, die Einfluss auf die Entscheidungen des Dorfes, Stammes hatten, diskriminiert wurden als höllische (halja) Rune (runja), offenbar schreibkundige Frauen unter lauter Analphabeten.

Unschwer zu erkennen, dass man den Siegfried im Kreislauf der Jahreszeiten
auch Baldr nennen kann ... Insofern könnte man dann Himmel und Hölle als Heimat ansehen.

So, genug geplaudert für heute vom

Friedel

Nach dem Frühstück am Folgetag nachzutragen ist folgende Meldung aus der WAZ vom Donnerstag, 5. Juli 2018, dass bis zu 90 % der Eschen (in NRW) von einem "asiatischen" Pilz befallen sind, "der die Äste der Bäume absterben und ihre Stämme morsch werden lässt." Da die Chemie (!) noch nicht so weit ist, die Bedrohung zu bekämpfen, steht das Aussterben der Art bevor. Der bösartige Gag: Der Pilz heißt verharmlosend "Falsches Weißes Stengelbecherchen". Vor allem in den Städten werden Eschen aus Gründen der Sicherheit gefällt. Ein Hoch auf die Globalisierung und den Fortschritt!

Wie erklärt man einem Enkel, was eine Esche wäre?

Frieel

 

Huhu Isegrims,

das ist eine schöne Stimmung in deinem Text, wehmütig, nachdenklich, zärtlich fast. Und dahinter die Trauer, ein verschollener Bruder, wenn ich das richtig verstanden habe, dessen Tod deinen Protagonisten von seinen Eltern, vom Dorf seiner Kindheit entfremdet hat.

Die Sprache mag ich, da gibt es nur weniges worüber ich stolpere. Ich finde es toll, dass du im ersten Abschnitt konkrete Dörfer nennst, das verankert diese vielen romantischen Bilder.

Ich lechze nach dem Geschmack von Zitronenwassereis.

Schön!

Seidenweich streicheln sie dabei ihre Finger, während ich dasitze, von meiner Arbeitswoche erzähle, ihre Blumengesichter betrachte, als käme ich zufällig vorbei.

Toller Satz, der letzte Teil beschwört so gut diese vertraute Stimmung herauf, die sich auch nach der langen Abwesenheit sofort wieder einstellt.

Rahels Beine gleichen Baumstämmen, ihre Haare schmiegen sich wie Moos an den Schädel, die Kopfhaut schimmert durch. Ihr Trauerkleid liegt eng an. Sie hat einen grellroten Gürtel umgeschnallt. Ich erkenne sie an den Wasseraugen, dem Mondgesicht, dem zerknitterten Kinn. Sie nickt mir zu, gibt mir die Knochenhand, starrt mich an, sucht den Blick, als wolle sie mich erforschen, ganz so wie damals.

Die Knochenhand irritiert mich, weil ich mir nach den Beinen und dem Mondgesicht eine füllige Frau vorgestellt habe. Die wäre für mich auch entbehrlich, weil du vorher schon so starke Wortschöpfungen hast. Das Wort "Moos" wunderbar untergebracht.

Obwohl ich den Buckel auf ihrem Rücken entdecke, spüre ich keine Bedrohung. Mein Bruder warnte mich vor ihr, nannte sie eine Hexe. Andreas bleibt der Beerdigung fern. Rahel lässt ihn nicht ins Haus. Ich fragte nicht nach dem Grund, als ich sie anrief.

Die Stelle ist mir doch etwas zu nebulös. Es gibt noch einen dritten Bruder?

Am Rand der Mauer befindet sich das Grab der Großeltern.

Interessant. Ich würde immer "meiner Großeltern"sagen. Später bei den Eltern hast du das auch. Da ist so eine Distanz.

Ich flüstere ein paar Worte und versuche herauszufinden, wie tief die Urne vergraben wird,

Schön.

„Hier wurden wir gebadet“, sage ich.
„Jeden Samstag“, antwortet Rahel.
„Vater hat die Zinkbadewanne geholt und sie mit heißem Wasser gefüllt, wir Kinder haben uns darüber gestritten, wer zuerst reindarf.“
„Es gab zwei, eine fürs Schlachten, eine zum Baden.“

Das könnte evtl. noch etwas natürlicher, weniger erklärend für den Leser.

Mitten im Wald steige ich aus, knalle die Autotür zu. Ich gehe los, tränennass, muss nur dem Eulenruf folgen, nach der Weltenesche, nach Yggdrasil suchen und den Wölfen vertrauen.

Ja, mit Iggdrasil, da könnte ich drauf verzichten, der Eulenruf reicht finde ich und überhaupt alles was diesen schönen Text so ausmacht, da müßtest du nicht "noch einen draufsetzen".

Toll gelöst mit den fünf Worten. Und du hast linktofink ja gar nichts vom dem Ei und dem Korkenzieher geschrieben. Meinst du das würde ihn verschrecken?:Pfeif:

Liebe Grüße von Chutney

 

Hallo Isegrims,

bevor ich auf deinen Komm zu meiner KG antworte, möchte ich zunächst ein paar Gedanken zu deinem Wörterbörsenwortbeitrag loswerden. Reiner Egoismus, ich ertrage mein schlechtes Gewissen nicht mehr, da ein kleiner Komm längst überfällig ist.

Zurückkommen an die Orte der Kindheit und Jugend kann durchaus etwas Aufregendes und sogar Mystisches haben. In der Erinnerung, die uns gerne Streiche spielt, ist die Welt rosarot verklärt, sommerblumenduftend, sonnenbeschienen, emotionsgeladen. Die Ernüchterung lässt nicht lange auf sich warten.
So gesehen, finde ich den Einstieg in die KG sehr gut.

Ich nähere mich dem Kindheitsglück auf der Landstraße. Der Riegel schiebt sich zurück, das Schloss öffnet sich, die Erinnerungen erwachen, explodieren wie Blitze in mir, richten die Härchen auf, spannen die Sinne zum Äußersten. Ich fahre durch Wälder, Getreidefelder rauschen, säuseln Lieder, die mir bekannt vorkommen, erreiche die ersten Dörfer, deren Namen ich kenne: Adelsheim, Schefflenz.

Gleich vorneweg: Du hast in mir einen sehr kritischen Leser, der aber auch Verständnis dafür hat, dass deine Fantasie und Kreativität große Freiräume braucht, um sich entfalten zu können.
Auch wenn ich mich nie zu der oftmals heißen Diskussion um die berühmt-berüchtigten Isegrimschen Wortschöpfungen geäußert habe, so hab ich sie verfolgt und immer bewundert, mit welcher Konsequenz, ja fast Sturheit, du deine ungewöhnlichen Substantivkreationen verteidigt und beschützt hast. Da bist du, finde ich, lange Zeit auf einem schmalen Grat balanciert. Auf der einen Seite lauerte die Gefahr, dass durch die Ungewöhnlichkeit und Üppigkeit der Begriffe ihre Aussage ins Groteske kippt.
Und auf der anderen Seite wäre es bedauerlich gewesen, wenn du dich angepasst hättest, dir selber untreu geworden wärst. Dein Alleinstellungsmerkmal wäre verloren gegangen.
Aber das scheint doch der Vergangenheit anzugehören. Sicher ist vieles Geschmackssache, aber ich habe nicht eine Substantiv-Verbindung gefunden, die falsche Bilder hervorruft bzw. unfreiwillig komisch wirkt.
Aber trotzdem, immer schön wachsam bleiben und die Gegenprobe machen: :thumbsup:
Zitronenwassereis – Zitroneneiswasser
Maskentrauergesichter – Trauermaskengesichter
Goldlockenjunge - Lockengoldjunge

Da ich aber nicht nur Streicheleinheiten vergeben möchte, hab ich mal eine stilblütenverdächtige Stelle herausgesucht:

Bilder von Picknickausflügen an die Jagst, Wasserspritzer, spielen, rennen, Grillwürste erscheinen wie ein vergessener Film.
Da musste ich echt schmunzeln, weil bei dieser Aufzählung nur die Grillwürste wie ein vergessener Film erscheinen.
Mögliche Varianten:
Bilder erscheinen wie ein vergessener Film: Picknickausflüge an die Jagst, Grillwürste, spielen, rennen, Wasserspritzer.
Bilder von Picknickausflügen an die Jagst erscheinen: Wasserspritzer, spielen, rennen, Grillwürste.

Das Auto füllt sich mit Rosenduft, verdrängt den Zigarettenqualm.
Kann der Duft wirklich den Qualm verdrängen, oder nur den Zigarettengeruch überdecken?

Dort standen Apfel, Birnen- und vor allem die Kirschbäume
Dort standen Apfel-, Birnen- und vor allem die Kirschbäume,

Vorsicht Falle! Ich will mal pingelich sein und diesen Absatz zerpflücken.

Ich bin nach zwanzig Jahren zurück, weil Georg zu früh starb, seine Zwillingstöchter mich darum baten. Hier war ein Laden, den es nicht mehr gibt, dort wohnte die Grundschullehrerin, hier der Metzger, dort die Kneipe, aus der ich meinen Vater abholen musste, wenn er zu lange wegblieb, zu viel soff. Nichts hat sich verändert, nur die Farben der Fassaden verbleichen, die Beschichtungen blättern ab.

Hier war ein Laden, den es nicht mehr gibt,…
zweimal identische Aussagen

… dort wohnte die Grundschullehrerin, hier der Metzger, dort die Kneipe, …
Bei deinen Aufzählungen sparst du öfters die Verben ein, ich weiß, ist der Satzmelodie geschuldet, aber dann musst du dir die Frage gefallen lassen:
Wohnte wirklich die Kneipe dort?

… aus der ich meinen Vater abholen musste, wenn er zu lange wegblieb, zu viel soff.
Das ist eine wichtige, aufschlussreiche Information. Find ich geschickt eingebunden.

Nichts hat sich verändert, nur die Farben der Fassaden verbleichen, die Beschichtungen blättern ab.
Himmel! Jetzt reit ich auch noch mal auf den Fassaden rum, aber die Beschichtungen wollen mir gar nicht gefallen.
Erste Variante war:
"Nichts hat sich verändert, nur die Fassaden blättern ab, die Farben verbleichen."
Und wenn du einfach die Substantive getauscht hättest?
"Nichts hat sich verändert, nur die Farben blättern ab, die Fassaden verbleichen?"

Die Mädchen stecken Abschiedsbriefe in die Urne. Blumen, Steine flattern in die Grube.
Ist die Urne nicht verschlossen?
Mit den flatternden Steinen kann ich nicht umgehen, sie fallen doch schwer im Gegensatz zu den Blütenblättern.

Nun, mit der Figur des Golo baust du natürlich Neugier beim Leser auf. Logischerweise will ich mehr über die Umstände seines Verschwindens wissen. Sicher war er ein Freund, genau so wie Georg ein Teil der Dreier-Bande war.
Da lässt du für meinen Geschmack zu viel unausgesprochen.
Wolltest du da Schuldgefühle des Protas ins Spiel bringen? Stellt die Flucht aus dem Heimatdorf eine Art Verdrängung dar? Nimmt Georg das Wissen, was mit Golo geschah, mit ins Grab? Oder ist der Fall ungeklärt. Ja, dann müssen wohl alle mit der Ungewissheit leben.
Du belässt es bei Andeutungen. Und so bleibt Golo eine Fährte, der ich in den Eulenwald folge, um dort zu erkennen, dass ich mich verirrt habe.
Das erinnert mich an einen Kriminalroman von Tana French, den ich vor Ewigkeiten gelesen habe. Ein Ermittler hat die Ermordung eines Kindes aufzuklären. In seiner Kindheit sind auch urplötzlich zwei Spielgefährten im Wald verschwunden, er leidet unter Gedächtnisverlust. Die beiden Fälle werden parallel erzählt. Toll geschrieben, spannend und mit psychologischer Tiefe. Leider löst die Autorin auch nach 700 Seiten das Rätsel der Vergangenheit nicht auf. Das war das einzige Buch, das ich je von ihr gelesen habe.

Noch ein letztes Wort zum Schlussakkord.

Mitten im Wald steige ich aus, knalle die Autotür zu. Ich gehe los, tränennass, muss nur dem Eulenruf folgen, nach der Weltenesche, nach Yggdrasil suchen und den Wölfen vertrauen.
Die Erwähnung des Wolfs finde ich wichtig, nicht nur um deinem Nick Ehre zu machen. :lol:
Die Weltenesche Yggdrasil ist in meinen Augen allerdings fehl am Platze, die wird die Leiden deines Protas nicht heilen können. Wäre auch ohne sie ein geheimnisvoller poetischer Satz.
"Mitten im Wald steige ich aus, knalle die Autotür zu. Ich gehe los, tränennass, muss nur dem Eulenruf folgen und den Wölfen vertrauen."

Ist doch ein bisschen ausladender geworden, mein kleiner Komm. Auch wenn du es kaum glauben wirst, ich habe die Geschichte gerne gelesen. Und aus meinen kritischen Anmerkungen wirst du dir die entnehmen, mit denen du etwas anfangen kannst, wie ich dich kenne.

Liebe Grüße,
peregrina

 

Hallo Chutney, Isegrims,

ein Off-Topic Gruß an alle gathering witches.

Beim Gedanken an Eier und Korkenzieher krieg ich so´n ganz komisches Ziehen.

Ein flehentliches Peace, Linktofink

 

Lieber Isegrims,

ich bin jetzt lange um deinen Text herumgeschlichen, um nicht zu sagen herumgezirbelt, weil ich mir überlegen musste, wie ich meine Kritik formuliere. Das liegt daran, dass ich nicht ständig etwas wiederholen möchte, was schlicht und einfach Geschmackssache ist und nur mit mir selbst und meinem Leseverhalten zusammenhängt und daher nicht wirklich objektiv ist. Aber ich versuche es mal ...

Ich nähere mich dem Kindheitsglück auf der Landstraße.
Das gefällt mir als Einstiegssatz ungemein. Da schwingt Melancholie mit, etwas Entrücktes, das ich schön finde.

Insgesamt finde ich deinen ersten Absatz total gelungen. Der Sommerwiesengeruch und die Dämonendunkelheit passen hier gut rein, fügen sich geschmeidig an die anderen Worte, das liest sich rund, hat einen schönen Tonfall. Kompliment dafür.

Danach kam für mich beim Lesen erst einmal eine Abwärtskurve. Maskentrauergesichter, Blumengesichter, Haare wie Moos am Schädel, Wasseraugen, Mondgesicht, zerknittertes Kinn, Knochenhand, Goldlockenjunge ... Ich will da gar nicht weiter drauf rumhacken, denn die Diskussionen hast du sicher dicke, aber ich muss leider gestehen, dass das einfach nichts für mich ist. Das ist mir auf kleinem Raum viel zu viel, wirkt auf mich gekünstelt, einfach irgendwie bemüht. Das klingt hart, aber ich denke, du weißt, dass das ein sehr subjektiver Eindruck ist.
Was ich wiederum sehr schön und passend fand waren die Nebelgedanken. Die passen zum Tonfall, die schmiegen sich an, die fließen.

Ihre Stimme vibrierte am Telefon, wir wärmten uns aneinander und vergaßen, wie lange wir nichts voneinander gehört hatten.
Auch das gefällt mir!

Meine Augen suchen nach den Ritzen, den Gesprächen, den Gefühlen, dem Lachen, dem Weinen, nach allem, was sich dort versteckt hält.
Auch das, super sensibel, leise, aber wirkungsvoll.

Inhaltlich habe ich nicht alles verstanden, bin mit den Personenkonstellation nicht so recht mitgekommen. Da sind ein paar Andeutungen, die Schlimmes suggerieren, was genau weiß ich nicht. Aber das ist tatsächlich in dieser Geschichte gar nicht so schlimm, da du eine Stimmung erzeugst, die mich schon erreicht hat, auch wenn ich nicht hinter jedes Detail gestiegen bin. Ich spüre, was du da transportieren wolltest.

So, ich weiß nicht nicht, ob du mit meinem Eindruck etwas anfangen kannst, wollte ihn aber dennoch dalassen.

Liebe Grüße an dich!
RinaWu

 
Zuletzt bearbeitet:

ein Off-Topic Gruß an alle gathering witches.

Beim Gedanken an Eier und Korkenzieher krieg ich so´n ganz komisches Ziehen.

Ein flehentliches Peace, Linktofink


Bevor ich auf die wertvollen Kommentare zurückkomme, muss ich doch aus gegebenem Anlass vom gestrigen Zusammentreffen mit Vitja und Enzo in meiner Lieblingsbar: „Zum goldenen Schattenwirt“ berichten, was ganz schön zirbelig war und mich nachhaltig an das Gathering im Taunuswald erinnert hat. Fröhlichen Mutes zog ich am frühen Abend los, hielt direkt vor dem Lokal, befahl meinem KI-Boliden, dass er sich selbst nen Parkplatz suchen soll. Sonnenleuchten am Himmel, Musik im Herzen, Grinsegesicht betrat ich die Lounge, woltlemich auf einen der Liegestühle sinken lassen, die in der Kunststrandlandschaft aufgestellt warund wen sah ich: Enzo und Vitja, die mich sofort zu sich winken.

„Was macht ihr Pisser hier?“, fragte ich.
„Na na, bisschen mehr Höflichkeit“, antwortete Enzo.
„Scheiß auf Höflichkeit, mit euch bin ich fertig.“
„Wieso?“, fragte Vitja.
„Weil ihr zwei Arschlöcher in Bad Schwalbach aufgetaucht seid, AK-56 umgeschnallt und blöd grinsend nach dem, wie habt ihrs gleich genannt: verfickten Dichtertreffen, gefragt habt.“
„Na und. Wir haben extra Wodka mitgebracht. Du weißt doch, dass ich Dichter werden will“, sagt Enzo.
„Ja, weiß ich, hast du mir tausendmal gesagt.“
„Stimmt ja auch. Gedichte und so.“
„Hab ich kapiert. Rausgekommen sind Titel wie ‚die Fickbewegungen klassischer Mafia-Kunst‘ und ‚Das Gurgeln nackter Männerleichen‘, oder ‚der einzigartige Duft gefolterter Hausratten.‘ So was, oder?“
„Ja, wollte ich vor sachkundigem Publikum präsentieren.“
„Wozu dann die AK-56?“
„Na ja, bin etwas schüchtern.“
„Du?“
„Echt! Ich habe sogar die Schuhe ausgezogen!“
„Klar, aber nur weil bernadette, peeperkorn, peregrina und GoMusic nach den Codenames gefragt haben und du keinen einzigen raten konntest.“
„Du vergisst, dass bernadette ne Magnum in der Hand hielt, RinaWu mit der Zirbelflasche gewedelt hat und Chutney uns Bilder von den kopulierenden Lamas zeigen wollte.“
„Lutscher.“
„Obergeil als wir drin waren. Im Salon ne Tussi, die wie am Spieß geschrien hat, so operndivamäßig, auf Metal getrimmt, Seelenfressergejammer, Nixgeburtstagsposing und n Typ am Piano, mit brutalschweizer Fresse, und Offenbacher Rindswurstfingern.“
„Und oben am Grillplatz ne Gebetsrunde. Weiber, Kerle, Schnaps. Du mit ner Axt in der Hand. Alle glotzen dich an, warten, was du sagst und…“
„Halts Maul, Enzo!“
„Was denn, war doch so.“
„Na ja, und deswegen musstet ihr in die Luft ballern?“
„Ja, klar, pure Lebensfreude. Und Offshore-Begrüßungsjubel. Da sitzt doch glatt der Ernst in der Ecke, Bierflasche in der Hand, grinst so wie ein Wiener Schnitzel.“
„Okay, und dann habt ihr euch wie Hunde auf den Offshore gestürzt, ihn abgesabbert und den restlichen Abend wettgesoffen. Meine Gesichte und die der anderen habt ihr ignoriert.“
„Mann, Isegrims, mossbedeckter Keuschheitsgürtel, Intellektuellengesülze. He, und der ganze Scheiß mit den Schattenküssen, Wasseraugen, Nebelgedanken, was weiß ich, klingt ganz schön krank.“
„Vorsicht, Vitja, Vorsicht!“
„Komm, ich geb einen aus und noch was: in einer halben Stunde beginnt die Lesung.“
„Welche Lesung?“
„Meine.“
„Wo?“
„Hier!“
„Und was liest du?“
„Vitja und Enzo im Wolfswald oder das berüchtigte Zirbendichtertreffen von Bad Schwalbach.“
„He, Karl, bringst du uns ne Flasche Malt, bitte!“

Glückwunschhwurmsommernachtsgrüße insbesondere an bernadette, barnhelm, peregrina Matahari Chutney Nichtgeburtstagskind RinaWu ernst offshore dotslash Peeperkorn GoMusic und alle, die nicht dabei waren.

 

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