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Einblick in seinen Abend

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25.02.2017
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Einblick in seinen Abend

Am 21., dem Freitag vier Tage vor meinem 21. Geburtstag, traf ich die Entscheidung campen zu fahren. Campen in dem Sinne von: Das 'Muss' - am Reiseort den Nachthimmel klar und deutlich zu sehen.
Wie es dazu kam:
Wie man auf den Seiten 67 und 68 unschwer raushören kann ging es mir gestern scheiße, die Gefühle der Konzentrationslosigkeit, der Unfähigkeit und der inneren Unruhe waren allgegenwärtig. Den Beschluss erst einmal aufzuhören mit Kiffen, mal wieder, musste ich natürlich mit einem letzten Abend Kiffen zelebrieren. Da ich bis halb 12 das Buch 'Es muss im Leben doch mehr als alles geben' von Norbert Klugmann verschlungen habe, ich konnte mich in Felix oft sehr gut reinversetzen und es machte mal wieder Spaß zu lesen, habe ich erst um 12 angefangen zu rauchen. Mum, die sich ab zehn oder vielleicht halb elf auch ins Wohnzimmer gesellt hat und Zeitung las, wollte unbedingt die Heute-Show gucken. Dagegen hatte ich natürlich nichts einzuwenden und so guckte ich bis zwei Uhr noch die Heute-Show und das Neo Magazin Royale, in welcher ich echt nicht gut mitgekommen bin, da ich oft an andere Sachen denken musste. Der Joint war aber noch viel zu lang um ihn im Bett zu rauchen, da es im Zimmer immer so schnell stickig wird, er musste ja schließlich leer werden, war ja immerhin erstmal der letze Abend, also beschloss ich noch einen Spaziergang zu machen. Ich packte mir mein Handy, Kopfhörer, ich wollte Pink Floyd unter freiem Himmel hören, meine Mütze und die Thermoskanne mit Tee, welche vom Abend noch trinkbereit auf dem Küchentisch stand.
So machte ich mich also auf den Weg. Die ersten 200 Meter noch ohne Kopfhörer in den Ohren, die ich ich mir nämlich gerade versuchte mit meinen durch die Handschuhe gehandicapten Fingern hereinzustecken. Ich bemerkte, was für eine wunderschöne Nacht es war, der Sternenhimmel frei von jeder Wolke und so schön ruhig, dass man die Nacht hörte. Dann plötzlich: "..nobody knows where you are.." ertönte in meinen Ohren vom Lied 'Shine on you crazy Diamond' und riss mich aus meiner Naturverbundenheit heraus. Ich versuchte, mit Musik in den Ohren, man könnte aufgrund der In-Ear-Kopfhörer schon fast hinter den Ohren sagen, so abgeschottet war ich, den Spaziergang weiter zu genießen. Dies wollte jedoch nicht so recht gelingen, da sich mein Blick immer zu den Sternen verlor und ich so ein wenig das Gleichgewicht verlor. Die Tatsache, von meinen eigenen Schritten und sonst meiner Umwelt nichts zu hören, spielte auch eine Rolle.
Also Musik aus! Ja, das war die richtige Entscheidung. Mein Stand wurde wieder sicher und ich genoss beim Gehen wieder die unendliche Weite nach oben so sehr, dass ich mich am liebsten auf die Straße gelegt hätte, um so einen ruhigen Blick des Himmels zu bekommen, fürchtete jedoch mich dabei so in den Sternen zu verlieren, dass ein kommendes Auto mich hätte überfahren können, beschloss also, nachdem mir auch kein anderer geeigneter Platz zum Liegen eingefallen war, wieder umzukehren und mich einfach in den Garten zu legen. Ein neues Ziel im Kopf verbrachte ich den Rückweg also nicht nach oben starrend, sondern versuchte mich wieder einmal, bei doch zügig atemraubendem Tempo, mit der Aufführung von 'In The Ghetto-Rakim & Erik B.'. Hätte man diese Szene aufgenommen, würde man ohne viel Zurechtschneiderei ein gutes Musikvideo haben, so kam es mir jedenfalls vor. Der durch die Rapeinlage verflogene Rückweg war schon vorbei und ich kramte im Dunkeln aus dem Gartenhaus die Liege heraus, was mir auch auf Anhieb und sogar nur mit einer Hand, die andere hielt die Handytaschenlampe, gelang, ich war zufrieden.
So legte ich mich also auf die Liege, mit den Füßen auf der Rückenlehne ruhend, damit ich parallel zum Boden lag und nicht irgendwo angelehnt. Die Wärme und der leicht würzige Geschmack des Tees brachte mich noch mehr zur Ruhe als ich sowieso schon war, ein wirklich schönes Gefühl. Der Joint war nun fast schon leer. So, von allen negativen Gedanken losgerissen, betrachtete ich den klaren, tief schwarzen und doch farbenfroh erscheinenden Himmel, erkannte sofort den Großen Wagen, mein Blick wurde aber von einer Sternschnuppe südöstlich des Wagens angezogen. Da mir im selben Moment bzw. einen Bruchteil vor der Sternschnuppe, zum Teil durch das harte liegen auf der Gartenliege, zum Teil durch die Schönheit des Himmels und zum Teil durch die mithilfe der Sterne geschaffenen Vielschichtigkeit des Himmels als Metapher für die Komplexität der vielen Ebenen des Lebens, klar wurde, dass ich diesen Anblick bei warmen, schwülen Wetter und am Strand für eine längere Zeit genießen will, entschloss ich meine nächste Reise diesen Kriterien anzupassen. Die Sternschnuppe bestätigte mich in dieser Entscheidung.
Nach diesem schönen Moment konzentrierte ich mich auf die Stelle der Sternschnuppe, genauer auf nur einen Stern direkt an der gleichen Stelle, er war jedoch so klein und dunkel, dass ich ihn gar nicht fokussieren konnte, er schien immer meinem direkten Fokus auszuweichen und hin und her zu flackern, ungreifbar für meinen Blick. Also betrachtete ich den Fleck im Himmel nicht als Ort eines einzigen Sternen, sondern als Zusammenspiel eines größeren Sternengebildes um diesen Ort herum. Dadurch wurde auch der kleine, dunkle Stern ganz klar. Um noch eine Ebene zurück zu gehen betrachtete ich wieder den großen Wagen, das meinte ich ein paar Zeilen zuvor mit "durch die mithilfe der Sterne geschaffenen Vielschichtigkeit des Himmels", man kann, je nach dem wie man den Fokus setzt, so viele verschiedene Dinge sehen.
Mit diesen Gedanken wurde mein Blick durch zwei Sternschnuppen immer weiter von der zentralen Mitte des Himmels zum Rand, also den Sternen kurz über den Gipfeln der Bäume, gelockt, dadurch wurde meine Konzentration wieder auf die Erde gerichtet und ich atmete tief durch. Das bewusste Atmen erinnerte mich wieder an den noch vorhandenen Joint, welcher durch tiefes Einatmen übrigens am besten, auch bei leichtem Wind, anzubekommen ist, was nochmal zeigt wie wichtig es in vielen Situationen ist ruhig und besonnen zu bleiben, nicht den Anschluss zum Körper zu verlieren. Ich schmiss den letzten Joint demonstrativ in die Grashalme, trat ihn aus und machte mich müde und guter Laune auf den Weg ins Haus um aufzuwachen.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hej Marvi,

da mir Seite 67 und 68 fehlen :hmm:, habe ich mich bei deinem Trip durch die Nacht mächtig gelangweilt und bis zum Schluss gehofft, es würde noch etwas passieren.

Dass der Protagonist eine Mutter hat, die die heute-Show im Fernsehen sieht und er selbst Neo Magazin Royal sieht, war noch das Interessanteste.

Ich konnte der Gefühlswelt deines bekifften Helden nicht folgen und bleibe recht ratlos zurück.

Der Leseeindruck einer klarköpfigen Kanji

 

Moin Marvi und herzlich willkommen hier.

Auch ich fand diesen doch recht gewöhnlichen Ausschnitt aus dem Leben eines Heranwachsenden nicht spannend genug, insbesondere nicht den Teil mit den Sternen. Ich vermute, dass die meisten Leute in diesem Forum am liebsten Kurzgeschichten mit richtigen Charakteren, Settings, Handlungen und Spannungsbögen lesen – Tagebucheinträgen fehlt in der Regel einiges davon.

Formulierungstechnisch sind mir zwei Sachen aufgefallen:

den Gipfeln der Bäume
Meines Erachtens gehören »Gipfel« zu Bergen und »Wipfel« zu Bäumen.

der Joint war nun fast schon leer
Das hat mich wahnsinnig gestört, zumal es mehrfach vorkam. Weiß ja nicht, wie andere Leute ihre Tüten bauen, aber das klingt für mich so, als ob das Innere herausbrennt, während das Äußere übrigbleibt wie eine Hülse. Im Fachjargon wäre vielleicht »der Joint ist tot« vorzuziehen.

Per se habe ich nichts gegen Geschichten über harte und weiche Drogen, aber wie gesagt, nächstes Mal lieber mit Handlung. Ich hoffe, dich damit eher zu ermutigen als zu entmutigen.

Grüße vom (weniger klarköpfigen) imperfektionist

 

Hallo Marvi,
Deine Geschichte, wenn man so sagen mag, ist vielleicht ein Tagebucheintrag, aber nicht mehr. Dazu ist es in der Summe einfach zu belanglos, was da passiert. Also, eigentlich passiert ja wirklich recht wenig. Dann ist aber auch die Schilderung dessen, was ist, zu normal, völlig witzfrei, völlig zauberfrei auch, eher nach dem Konzept: Dann hab ich das gemacht, dann das und dann das. Ein paar, oder wenigstens einen Gedanken an die Sterne müsste es halt geben, eine Reminiszenz vielleicht, eine Sehnsucht, ein lustiges Ereignis aus dem Kindergarten, das einem in den Sinn kommt, ein Geruch, ein Rezept, das Mamma immer kocht und das Haus riecht danach, irgendwas, woran man knabbern könnte, dass ein Bild entsteht. Immerhin kann man der Figur zum Ablassen vom schädlichen Drogenkonsum gratulieren und mit ihr hoffen, dass sie rauchfrei bleibt. Das wäre dann aber auch wirklich ein Anhaltspunkt, an dem man ansetzen könnte. Zu überlegen, was die Droge mit einem macht, was sie aber auch verspricht, womit sie verführt, was ihre Kraft ausmacht. Und dieser Kraft zu widerstehen, sich das auszumalen, wie in einem gewitzten Ratgeber "Ich höre jetzt mit Jointrauchen auf", das würde mich interessieren.
Herzliche Grüße
rieger

 

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