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Eine Affäre/Szenenwechsel
MOMENTAUFNAHME
Ich stelle dir dein Bier hin, wir lächeln uns an, meine Hand zittert. Um es zu verbergen, drehe ich mich um, putze die bereits mehrmals sauber gewischte Theke. Hauptsache, ich kann meine Verlegenheit vor dir verbergen. Wichtig ist nur, dass meine Hände beschäftigt sind und du das Zittern nicht bemerkst. Doch du bist sowieso abgelenkt. Du sprichst mit deinem Bruder und weil ich nicht aufdringlich sein will, gehe ich zu IHM an den Tisch und frage ihn, ob er alles hat, was er braucht. Ich scherze mit den anderen, ER will nicht, dass ich stehen muss und zieht mich auf seinen Schoß. Ich lache überrascht. Zu LAUT. Viel zu SCHRILL. Niemand bemerkt es. Ich bin nervös. Werfe einen Blick in deine Richtung, weil ich glaube, dass du es nicht bemerkst, schließlich bist du beschäftigt. Ich erschrecke, denn dein Blick ruht auf mir. Dein Gesicht ist ernst, neugierig, FRAGEND. Es ist offensichtlich, dass du mir bereits einige Minuten zusiehst und alles gesehen hast. Seine Hand auf meinem Rücken, meine Hand auf seinem Bein. Eigentlich möchte ich dich anlächeln, doch mein Gesichtsausdruck bleibt arrogant. Ich möchte nicht, dass du merkst, wie sehr ich es genieße, von dir beobachtet zu werden. Deine krampfhaft zusammengeballten Hände verraten dich. Du bist eifersüchtig.
Doch du hast keinen Grund dazu - ich will nur DICH.
Du hast kein Recht dazu - du bist verheiratet. Mit IHR.
Es scheinen Stunden zu vergehen, doch schon nach wenigen Sekunden wenden wir uns ab und widmen uns wieder den anderen. Du weißt es nicht, doch in diesem Augenblick stirbt ein weiterer Teil von mir.
SZENENWECHSEL
72 Stufen. Drei Stockwerke. Und dann soll alles vorbei sein? Ich gehe weiter, der Weg kommt mir unendlich lang vor.
Für den heutigen Abend habe ich mir ein neues Kleid gekauft. Neue Schuhe. Ich lag in der Sonne, um braun zu werden. Das Kleid liegt eng an meinem Körper. Die schwarze Seide passt perfekt zu meinen gebräunten Beinen. Und trotzdem ist es nur ein verzweifelter Versuch, das Unvermeidliche aufzuhalten.
Ich will aussergewöhnlich sein. Für heute. Für uns. Für DICH.
Fast wäre ich hingefallen. Unmöglich, in den neuen Schuhen zu gehen, doch dir gefällt es.
Endlich erreiche ich das Stockwerk, in dem du wohnst. Ich war schon öfters hier, bei deinem Bruder. Raffiniert. Niemand käme auf die Idee, dass ich zu dir will.
Atemlos stehe ich vor deiner Tür und blicke mich nervös um. Es ist falsch, ich sollte nach Hause gehen. Der falsche Augenblick. Noch einen Tag länger. Noch eine Woche. Ich versuche mir einzureden, dass ich es aufhalten kann, wenn ich weglaufe.
Gerade, als ich mich umdrehen will, öffnest du die Tür. Du stehst vor mir, nur in Jeans, und lächelst mich an. Jetzt kann ich nicht mehr zurück.
Wir gehen in dein Schlafzimmer, es kommt, wie es kommen muss. Mein Kleid sinkt zu Boden, du ziehst mich an dich, hälst mich fest und wir lassen uns auf's Bett fallen.
Ich schrecke hoch, weiß im ersten Moment nicht wo ich bin. Fast lautlos stehe ich auf, nehme meine Sachen und möchte gehen, doch an der Tür drehe ich mich ein letztes Mal um. Ein letztes Mal will ich dich noch sehen. Dein Lächeln, deine Schultern, an die ich mich so oft gelehnt habe, deinen Mund, den ich so oft geküsst habe..
Du hast deine Augen geöffnet und siehst mich an. Enttäuscht, traurig, hoffnunglos.
Wir beide wussten, was heute geschieht. Uns beiden war klar, dass WIR keine Zukunft haben. Ich möchte zu dir gehen, alles ändern, mit dir verschwinden, so lächerlich es auch sein mag, doch der vernünftige Teil in mir lässt das nicht zu. Die Angst, in Tränen auszubrechen, macht es mir unmöglich, dich ein letztes Mal anzulächeln. Ich bücke mich, schließe das letzte Riemchen an meinen Schuhen.. Die letzten Meter raus aus der Wohnung lege ich im Laufschritt zurück.
VORBEI. Abschied. Für immer.