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Eine Nacht im Freien

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02.08.2020
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Eine Nacht im Freien

Der Regen prasselte erbarmungslos auf das Blechdach. Florian und Katja lagen darunter, dick eingepackt in ihre Schlafsäcke. Die nasse Kälte umgab sie wie eine zweite Haut und der dichte Nebel machte es unmöglich in die Ferne zu sehen. Katja schlief schon, aber Florian konnte, wie so oft, nicht zur Ruhe kommen. Es jagten ihn Sorgen und Ängste vor allem in der Nacht und immer, wenn Katja einschlief, fühlte er sich verpflichtet Wache zu halten. Florian wollte mit seiner Hand sanft Katjas Gesicht berühren, aber die Kälte machte es für ihn unerträglich seine Gliedmaßen auch nur kurz aus dem Schlafsack zu bewegen. Er versuchte seinen Körper, so gut es ging, vor den eisigen Temperaturen zu bewahren.

Er dachte daran, wie sie früher in ihrer beheizten und angenehm beleuchteten Wohnung saßen. Nicht einmal kam es beiden in den Sinn, dass ihnen ein so banaler Zustand von Wohlbefinden einfach genommen werden konnte.

Schon nach kurzer Zeit bemerkte er die Auswirkungen des neuen und rauen Lebens auf seinen Körper. Florians Rückenschmerzen wurden durch das unbehagliche Schlafen im Freien immer schlimmer und auch seine Haut litt stark unter den schlechten Bedingungen. Am qualvollsten war es für ihn mitansehen zu müssen, wie die Menschen nun mit ihnen umgingen. Noch vor kurzer Zeit verspürte Florian ein Gefühl von Zugehörigkeit, zu den Nachbarn, zur Gesellschaft, zu den Menschen im Allgemeinen. Andere begegneten ihm mit Respekt und Mitgefühl. Jetzt war es anders als früher. Obwohl sie immer noch aus exakt demselben Fleisch und Blut bestanden wie zuvor, schien man sie nicht mehr wie richtige Menschen zu behandeln. Florians höchstes Ziel war es, nicht zu überleben, sondern wieder diesen Status zurückzuerlangen, damit alle anderen noch einmal ihren Schmerz, ihre Verletzungen und ihren Tod betrauern würden.

Die Blicke der anderen konnte Florian noch nicht zweifellos deuten. Ob die vorübergehenden Menschen mit ihren ablehnenden und vermeidenden Augen die leidvollen Gestalten ihrerseits einfach nicht ertragen konnten, oder ob sie Angst davor hatten, in dieselbe Situation zu gelangen, war ihm nicht klar.

Durch ein bekanntes Geräusch wurde Florian aus seinen Gedanken zurückgeholt. Von Weitem waren Schritte und diffus klingende Stimmen zu hören. Katja schlief immer noch, ohne sich die ganze Nacht auch nur ein einziges Mal bewegt zu haben. Für Florian war es unmöglich, in dem dichten Nebelschleier etwas zu erblicken, er konnte aber hören, wie zwei Menschen immer näherkamen. Erst vor kurzem ereignete sich in der Nacht ein Vorfall, bei dem sie von zwei stark betrunkenen Männern mit heftigen Tritten aus dem Schlaf gerissen wurden. Sie trafen Florian direkt in den unteren Rücken. Er schrie laut auf, als er den heftigen Schmerz fühlte. Darüber mussten die Männer aber nur noch mehr lachen und es war, als würde Florians Leid sie dazu anstacheln noch grober im Umgang zu werden. Sie bemerkten schnell, dass es sich bei Katja um eine junge Frau handelt und begannen sie mit obszönen Bemerkungen zu verspotten. Florian wusste, dass Katja in diesem Moment Angst hatte, auch wenn sie versuchte, es nicht zu zeigen. Irgendwann verschwanden die Männer dann aber doch. Sie entwichen in einem Hall von lautem Gegröle und einer Gewissheit, dass sie sich am Morgen nicht mehr an diesen Vorfall erinnern werden.

In dieser Nacht war es anders. Ein junges Paar ging vorbei. Sie waren so vertieft in ihr Gespräch miteinander, dass sie Florian und Katja gar nicht bemerkten. Viel konnte Florian bei dem Wetter nicht erkennen, er war aber schnell überzeugt davon, dass die beiden keine Bedrohung darstellten. Als das Paar schon weit weg war, schloss Florian zum ersten Mal in dieser Nacht die Augen. Der heftige Wind pfiff in regelmäßigen Abständen durch die Löcher seines Schlafsackes. Obwohl der Sturm immer stärker wurde, schlief Florian durch eine nicht zu bändigende, betäubende Müdigkeit ein. Im gegenüberliegenden Park tobte sich das Unwetter immer stärker aus. Die dicken Äste der Bäume ächzten und peitschten im Wind, als würden sie einen jeden Moment erschlagen.

Katja wachte noch vor Florian auf. Sie fühlte sich trotz des tiefen und ausgiebigen Schlafs noch schwächer als am Tag davor. Benommen rieb sie sich die verklebten Augen und beobachtete, wie die Sonne kurz davor war aufzugehen. Ein paar winzige, warme Sonnenstrahlen ließen den Tau auf den Grashalmen im Park gegenüber schimmern. Sie freute sich kurz über den Anblick, bevor sie ein vertrautes Stechen in ihrem Bauch spürte. Schon seit ein paar Tagen hat sie kaum etwas gegessen. Durch den ermutigenden Sonnenaufgang konnte sie aber nicht anders, als dennoch Hoffnung für den anbrechenden Tag zu schöpfen.

 

Hallo @Marakasow!

Ich finde deinen Text interessant - du beschreibst eindringlich und detailliert, ich komme schnell rein. Sprachlich bist du auch wirklich gut, da würde ich allenfalls Füllwörter streichen und ein paar Passagen kürzen. Aber: Inhaltlich wünsche ich mir mehr. Der Text ist, so, wie er zurzeit steht, keine Geschichte, sondern eine Beschreibung. Es gibt keine Entwicklung, keine Veränderung, es passiert nichts. Und er wirft jede Menge Fragen auf. Vielleicht ist dieser Text - mmmh: der Anfang einer Geschichte? Oder ihr Ende? Oder ihr Mittelteil ..?

Würde gerne mehr lesen:

Christophe

 

Hallo @Marakasow,

ich bin ganz froh, dass Christophe einen wohlwohlenden Kommentar hinterlassen hat, denn dann fühle ich mich nicht ganz so schlecht bei meiner Kritik. Bei allem Welpenschutz hat mich das weder sprachlich noch dramaturgisch überzeugt, aber das kann ja noch kommen.

Sprachlich leidet der Text m.E. an den typischen Schwächen: Zu viele Adjektive, zu viel Erklärungen, wo sie nicht notwendig sind, zu viel Tell, zu abstrakt, sprachlich zu hochgestochen usw. Ich will dich damit nicht erschlagen und auch nicht entmutigen, daher verzichte ich jetzt auf die Heranziehung von Beispielen. Außerdem weiß ich auch nicht, ob du wirklich Interesse daran hast. Weiß man bei Neulingen nicht so und ich bin soooo eine lahme Ente im Kommentieren. Aber frag gerne nach, dann versuche ich es ...

Mein Rat ist, dass du über etwas schreibst, wo du dich auskennst. Ich glaube die Geschichte so nicht, spüre die Kälte nicht, die Angst zu erfrieren nicht, auch nicht Zusammengeschlagen zu werden, zu hungern. Du schreibst zu unkonkret, bist zu weit weg von den Figuren. Zum Beispiel "Gliedmaßen" oder "Sorgen und Ängsten" oder "Florians Rückenschmerzen" (die habe ich übrigens auch, da musste wohl tiefer in die Trickkiste greifen).

Lieben Gruß
Aurelia

 

Meine Vorredner haben schon einiges gesagt, dass ich mich auf eine Besonderheit Deiner Sätze konzentrieren kann, die wohl nur mir auffallen kann hierorts: Du bevorzugst Infinitivkonstruktionen. Die dienen von ihrer Herkunft her, wenn auch nicht nur, finalen Aussagen und beschreiben damit überwiegend Sinn und Zweck eines Tuns und schließen damit Modalverben (z. B. brauchen, können, mögen, müssen, scheinen, wissen, wollen) aus. Die häufigste Konstruktion ist die mit „um“ + zu + Infinitiv und bildet entweder einen vollständigen (Neben-)Satz oder ist zumindest einem Satz ähnlich, weshalb mit der Rechtschreibreform eine Menge Kommaregeln eingeführt wurden – sofern sie nicht eh zuvor schon bestanden. Und da geb ich Dir jetzt erste Hilfestellungen und weitere findestu hierorts oder unter Duden | Komma -

und nach dem ersten Schreck erst einmal
herzlich willkommen hierorts,

lieber Markasow!

Die nasse Kälte umgab sie wie eine zweite Haut und der dichte Nebel machte es unmöglich[,] in die Ferne zu sehen.
… und immer, wenn Katja einschlief, fühlte er sich verpflichtet[,] Wache zu halten.
Ist der Infinitiv von einem Substantiv abhängig, wird ein Komma gesetzt! Im folgenden Satz gilt die gleiche Regel,
Florian wollte mit seiner Hand sanft Katjas Gesicht berühren, aber die Kälte machte es für ihn unerträglich[,] seine Gliedmaßen auch nur kurz aus dem Schlafsack zu bewegen.

Hier weckt der Einschub („so gut es ging“) wenihstens den Eindruck, dass Du um vorgennnte Regel (Substantiv + Infinitiv) wüsstest, der m. E. aber eher zufällig entsteht
Er versuchte seinen Körper, so gut es ging, vor den eisigen Temperaturen zu bewahren.
Darüber mussten die Männer aber nur noch mehr lachen und es war, als würde Florians Leid sie dazu anstacheln[,] noch grober im Umgang zu werden.

Nun mal zur Erholung mal kein Infinitvsatz, sondern ein „normaler“ Nebensatz mit Zeichensetzungsproblem
Sie bemerkten schnell, dass es sich bei Katja um eine junge Frau handelt[,] und begannen sie mit obszönen Bemerkungen zu verspotten.
Der Nebensatz („dass …“) ist zu Ende und die Konjunktion „und“ setzt den Hauptatz fort. Aber was ist mit dem Infitiv „zu verspotten“? Da passiert nun etwas, was das ganze Regelwerk zu den Infinitivsätzen vom Verständnis her erschwert: Es wird kein Komma gesetzt, weil sonst das komplexe Prädikat („zu verspotten beginnen“) zerschlagen würde.

Zum Abschluss schnappt dann meines Erachtens die Fälle-Falle einmal zu, wenn es heißt

Ein junges Paar ging vorbei. Sie waren so vertieft in ihr Gespräch miteinander, dass sie Florian und Katja gar nicht bemerkten.
Das Paar = „Es war ...“

Wie dem auch sei – wird schon werden, behaupte ich mal,

Tschüss und bis bald

Friedel

 

Hallo @Marakasow

ich bin selbst hier absoluter Neuling und will nicht so tun, als hätte ich unglaublich viel Ahnung, aber wenn ich Meinung dazu abgeben darf: für mich bleiben irgendwie zu viele Fragen offen. Die Situation wird gut und detailreich beschrieben, aber was ist denn passiert? Wie kam es dazu? Was ist der Plan der beiden? Wie soll es weitergehen?

Mir ist klar, dass in einer Kurzgeschichte viele Fragen ungeklärt bleiben müssen (und oft auch sollen), aber in dieser Geschichte weiß ich nicht so richtig, was ich davon halten soll. Gibt es einen bestimmten Konflikt, der gelöst werden soll? Ich glaube, ein bisschen mehr aktive Handlung statt "Nachgedenke" würde deiner Geschichte gut tun, vielleicht ein paar mehr Emotionen und Interaktionen.

Eine andere Sache, die mir aufgefallen ist (und die mir selbst tatsächlich auch sehr schwer fällt) sind die Zeitformen. Du beschreibst die Haupthandlung im Präteritum, gleichzeitig aber auch vorzeitige Handlungen (über die Florian nachdenkt) in derselben Zeitform, was bei mir zumindest für etwas Verwirrung sorgt.

Ich denke, wenn du die Idee noch etwas weiter ausarbeitest, etwas Spannung einbaust und ein bisschen mehr Nähe zu den Charakteren (vielleicht ist das eine persönliche Sache, aber ich konnte mich mit keinem der beiden so richtig gut identifizieren), kann daraus sicher eine sehr interessante Geschichte werden.

Ich hoffe, das war verständlich, frag sonst gern nochmal nach.

Viele Grüße,
Jojo

 

Hallo @Marakasow,
als Tages-Frischling mit eigenem Hintergrund werte ich vermutlich anders als die 'eingefleischten'.
Der Versuch, über reines Empfinden die Szenerie zum Leben zu erwecken, ist leider fehlgeschlagen.
Gerade bei Gesellschaftskritik muss man dem Leser auch den Auslöser mit an die Hand geben. Auf der Straße landen kann jeder, theoretisch, um zu zünden reicht das aber nicht.

LG Hassels

 

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