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Emmas letzter Sommer

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19.04.2018
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Emmas letzter Sommer

Emma war schon lange vor ihr da gewesen. Pias Eltern hatten ihr oft erzählt, dass der schwarze, kniehohe Hund mit den weichen Schlappohren als erstes gemerkt hatte, dass Pias Mama mit ihr schwanger war. „Emma ist nicht mehr von Mamas Seite gewichen“, hatte Papa immer erzählt. Als Pia dann da war, schlief der Hund vor der Tür zu Pias Kinderzimmer. Später leckte er schwanzwedelnd jeden Krümel auf, als das kleine Mädchen lernte, alleine zu essen. Oft ließ Pia absichtlich etwas für ihre Hundefreundin vom Tisch fallen. Sie mochte es, wenn der Hund die nasse Nase zum Dank an ihre Beinchen drückte, die unter dem Tisch aus dem Kinderstuhl baumelten.

Mittlerweile war Emma alt geworden und Pia ging in den Kindergarten. Früher hatte Pia Probleme gehabt, den Hund an der Leine zu führen. Oft wollte Emma einfach schneller, als Pias kurze Beine sie tragen konnten.
Jetzt war es Emma, die mit der Geschwindigkeit des Mädchens nicht mithalten konnte. Auf dem Weg zum Kindergarten ging Emma langsam mit gesenktem Kopf neben Pia. Das Mädchen quengelte: „Wir kommen noch zu spät, jetzt mach doch mal schneller!“
Doch der Hund konnte nicht schneller, stattdessen setzte er sich hin und machte eine kleine Pause. Oder Pipi. Oder beides, wer weiß das schon so genau bei Hunden. Sie können ja nicht sprechen. Die braunen Hundeaugen schienen zu sagen: „Macht doch bitte ein bisschen langsamer.“

An einem warmen Nachmittag kurz vor Ostern war Emma mit dabei, als Pia vom Kindergarten abgeholt wurde. Der Hund war am Fahrradständer des Kindergartens angebunden und ruhte sich in der Sonne aus. Doch als Pia heute mit ihrer Mama aus dem Kindergarten kam, sprang Emma nicht wie sonst auf, um sie zu begrüßen.
Sie hob nur etwas den Kopf und blinzelte in die Sonne. „Wir müssen geduldig mit Emma sein“, sagte Mama, „sie ist jetzt wie eine alte Oma. Sie kann einfach nicht mehr so schnell. Ihr Körper ist schon sehr alt.“
Noch ein bisschen langsamer als sonst gingen sie gemeinsam nach Hause.

In den nächsten Tagen war Pia besonders nett zu Emma. Sie streichelte sie oft. Beim Essen ließ sie absichtlich etwas übrig, weil sie wusste, dass der Hund sich darüber freuen würde. Meist lag die Hundeoma auf ihrem Kissen und schlief. Sie lief nicht mehr freudig zur Tür, um mit hinauszugehen, wenn sich jemand die Schuhe anzog. Aber sie fraß dankbar jeden Krümel, den Pia vom Tisch fallen ließ.

An einem warmen Sommertag hob Papa Emma in den Kofferraum und sagte zu Pia: „Ich fahre jetzt mit ihr zu Herrn Doktor Stockmann. Ich möchte gerne, dass er sie untersucht
und mir sagt, ob sie Schmerzen hat.“
Pia rief sofort: „Ich komme mit!“
Sie kannte Doktor Stockmann, einen geduldigen Mann mit runder Brille und roten, struppigen Haaren. In der Praxis von Doktor Stockmann war nicht viel los und so mussten sie nicht lange warten.
Papa hob die alte Hundedame auf den Metalltisch und Emma ließ die Untersuchung widerstandslos über sich ergehen. Nur ihre Hinterbeine zitterten ein wenig. Zuerst schaute Doktor Stockmann in Emmas Augen und in ihr Maul. Dann nahm er das Stethoskop, um ihr Herz zu untersuchen. Zum Schluss betastete er vorsichtig Emmas Bauch. Die ganze Zeit über sagte er nichts. Pia konnte es kaum mehr aushalten und platzte heraus: „Was ist mit Emma? Wird sie wieder gesund?“
Doktor Stockmann legte die Stirn in Falten und beugte sich zu Pia herunter. Dann holte er tief Luft und sagte: „Eurem Hund geht es soweit gut. Aber Emma ist schon sehr alt und es kann sein, dass sie nicht mehr sehr lange leben wird.“

Pia war verwirrt und traurig. Emma war ihre Freundin, ein Leben ohne sie konnte Pia sich nicht vorstellen. Zu Hause angekommen, nahmen Mama und Papa sie in die Arme und sagten: „Weißt Du was, wir versuchen einfach, es Emma so schön und gemütlich zu machen, wie wir können. Einverstanden?“

Von diesem Tag an bekam der Hund jeden Tag ein großes Stück Fleischwurst und Pia legte ihr einen Teddy mit auf das Hundekissen.

Als Pia im Spätsommer ihren Geburtstag feierte, kamen viele Gäste. Am Nachmittag tobten die Kinder durch die Wohnung und sie spielten Luftballon-Tanzen, Topfschlagen und Schokokuss-Wettessen. Emma freute sich sonst immer sehr über Kuchenkrümel. Dieses Mal blieb sie in ihrem Körbchen, rollte sich zusammen und drehte den Kindern den Rücken zu. Sie wollte ihre Ruhe haben. Pia machte sich Sorgen um ihre Hundefreundin. Emma nahm so viel weniger am Leben teil, als noch vor ein paar Wochen.

Am nächsten Wochenende saß Mama auf dem Sofa und drehte einen der Luftballons in ihren Händen. Einen lila Ballon. Er war nicht mehr so prall wie an Pias Geburtstag. Leise sagte Mama: „Was so einen Luftballon ausmacht, ist die Luft in ihm. Nur durch die Luft, die man in ihn hineinbläst, wird er etwas Besonderes. Der Ballon ohne Luft wäre einfach nur eine leere Hülle“, sagte Mama.
In Mamas Augen schimmerten Tränen und sie schluckte. Pia kuschelte sich in Mamas Arme und zusammen blickten sie auf Emma, deren Ohren im Schlaf zuckten. Mama fuhr fort: „So ist es auch mit den Lebewesen: der Körper ist nur die Hülle.

Er wird alt, und irgendwann wird er schwach und immer schwächer. Aber in ihm ist etwas Einzigartiges. Manche nennen es Seele. Wenn jemand stirbt, stirbt nur sein Körper. Das Einzigartige bleibt, es hat nur keine Hülle mehr.“

Ein paar Tage später fand Pia den lila Luftballon, den Mama in den Händen gehalten hatte. Er lag unter der Treppe neben Emmas Kissen. Pia setzte sich zu dem Hund und nahm den Ballon auf den Schoß. Er hatte noch etwas mehr Luft verloren. Er war klein und schrumpelig, aber es war noch immer etwas Luft darin. Pia konnte mit dem Finger tief in den Ballon hineindrücken. Das Gummi fühlte sich trocken und warm an. Emma legte ihren Kopf auf Pias Schoß und leckte ihr über die Hand und plötzlich fühlte Pia ein Brennen in ihrem Hals. Tränen stiegen ihr in die Augen. Sie legte ihren Kopf auf Emmas Bauch, roch an ihrem Fell und spürte, wie ihr Atem immer wieder ein- und ausströmte. So schlief Pia ein, und Papa musste sie wohl irgendwann in ihr Bett getragen haben.

Eine Woche später starb Emma. Es war an einem Mittwochvormittag, als Pia im Kindergarten war. Papa hatte sie abgeholt. Vor der Haustür beugte er sich zu Pia hinunter und strich ihr über den Kopf. Dann sagte er: „Emma ist heute Vormittag gestorben. Sie liegt jetzt auf ihrem Kissen. Ihr Herz schlägt nicht mehr und sie atmet nicht mehr. Ich war bei ihr und habe sie gestreichelt, als sie gestorben ist. Sie hat einfach aufgehört zu atmen.“
Zunächst fühlte Pia gar nichts. Sie hörte nur Papas Worte, aber irgendwie verstand sie ihn nicht. Sanft nahm Papa sein kleines Mädchen auf den Arm und trug sie in die Wohnung. „Möchtest du zu ihr gehen?“, fragte er.
Stumm nickte sie. Zusammen setzten sie sich vor das Kissen. Da lag der schwarze Hund ganz still. Irgendetwas war anders als sonst. Es dauerte eine Weile, bis Pia es sah: Es gab nicht die kleinste Bewegung an Emmas Körper. Kein Atem, die Ohren zuckten nicht und auch die Beine lagen ganz still. Zusammen mit Papa streichelte sie Emma über den Rücken. Da begriff Pia: Auf dem Hundekissen lag der regungslose Körper von Emma, aber es war nicht mehr Emma. Das Entscheidende fehlte, das, was ihre Hundefreundin ausgemacht hatte. Pia dachte an die Luftballons.

Am Nachmittag begruben sie Emma im Garten unter einem großen Baum. Zum Abschied ließ jeder von ihnen einen Luftballon in den Himmel steigen. Die Familie war dankbar über die Zeit, die sie mit dem treuen Hund gehabt hatte. Nun leckte niemand mehr die Krümel vom Boden. Doch oft hatten sie das Gefühl, dass Emma noch bei ihnen sei. Irgendwie.

 
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Hallo @Tatuti und herzlich willkommen hier.

Mir hat gut gefallen, wie du dich kindgerecht mit dem Thema Sterben auseinandersetzt. Da sind schöne kleine Szenen und Vergleiche mit dem Älterwerden. Lebensanfang vs. Lebensende. Verständnis und Rücksichtnahme. Hier z.B.:

Oft wollte Emma einfach schneller, als Pias kurze Beine sie tragen konnten.
Jetzt war es Emma, die mit der Geschwindigkeit des Mädchens nicht mithalten konnte.

Eine schöne Idee, die schwindende Lebenskraft des Hundes mit der entweichenden Luft eines Ballons zu vergleichen. Für kleine Kinder sicher gut vorstellbar.

Du hast die Geschichte auch unter »Jugend« und »Philosophisches« gepostet. Dazu habe ich im Text aber keine Ansätze gefunden. »Gesellschaft« fände ich da passender.

Textstellen:


Oft lies Pia absichtlich etwas für ihre Hundefreundin vom Tisch fallen.

ließ


Von diesem Tag an bekam der Hund jeden Tag ein großes

Stück Fleischwurst und Pia legte ihr einen Teddy mit auf das Hundekissen.

nur die Hülle. Er wird alt, und irgendwann wird er schwach und immer

schwächer. Aber in ihm ist etwas Einzigartiges.

sie gestorben ist. Sie hat

einfach aufgehört zu atmen.“


Formatierungsfehler

Nur durch die Luft, die man in ihn hinein bläst, wird er etwas Besonderes.

hineinbläst

Es dauerte eine Weile, bis Pia es sah: es gab nicht die kleinste Bewegung an Emmas Körper.
Da begriff Pia: auf dem Hundekissen lag der regungslose Körper von Emma, aber es war nicht mehr Emma.

Nach einem Doppelpunkt geht es groß weiter, wenn der folgende Satz ein selbständiger ist. (Ausnahme: Es kann klein weitergehen, wenn er auch mit einem Gedankenstrich oder Komma angeschlossen werden könnte.)

„Möchtest Du zu ihr gehen?“

du

Zum Abschied ließ jeder von Ihnen einen Luftballon in den Himmel steigen.

ihnen


Eine traurige Geschichte, Tatuti aber ich finde es schön, wie behutsam du sie erzählt hast.

Ich wünsche dir viel Spaß im Forum.

Gruß

Tintenfass


Nachtrag:

Habe eben erst in dein Profil gesehen und gelesen: »ich möchte lernen, gute Kindergeschichten zu schreiben«
Ich finde, du bist da schon auf einem guten Weg.

 

vielen lieben Dank, das tut gut. Ich werde mich noch mal dran setzen und freu mich auf mehr Feedback ;)

 

Hallo, Tatuti

Das ist wirklich eine rührende Geschichte. Kann sein, dass ich heute etwas nah am Wasser gebaut bin, aber ich habe doch tatsächlich ein Tränchen verdrückt.

V.a. dass Du die Sache mit dem Luftballon eingeführt hast, fand ich ganz großartig. Daran konntest Du anschaulich erklären, was Du über das Leben glaubst, und auch den Kleinsten Hoffnung geben. Das ist sehr feinfühlig.

Kleinigkeiten:

„Ich fahre jetzt mit ihr zu Herrn Dr. Stockmann.

"Dr." ist eine der wenigen Abkürzungen, die ich in einer Geschichte gestatten würde. Also alles i.O. soweit. Allerdings würde ich es in der wörtlichen Rede ausschreiben - habe schon öfters gesehen, dass Leute das so machen, und finde es sinnvoll, weil wir ja selten in Abkürzungen sprechen.

Emma nahm so viel weniger am Leben teil, wie noch vor ein paar Wochen.

Eigentlich ganz easy. Wenn etwas anders ist als, dann benutzt man "als", wenn etwas genauso ist wie, dann benutzt man "wie". Außerdem kommen vor diese Vergleichswörter nur dann Kommata, wenn danach ein Nebensatz folgt, den man an einem Prädikat erkennt. Das gibt es hier aber nicht. Also: "Emma nahm so viel weniger am Leben teil als noch vor ein paar Wochen." Wo ich das gerade aufschreibe, würde ich auch vorschlagen, dass "so" zu streichen. Klingt besser ohne. "so" impliziert ja an dieser Stelle beinahe ein "wie", und das brauchst Du nicht.

Das war's schon. War mir eine Freude, diese Geschichte zu lesen.

Kindliche Grüße,
Maria

 

Hallo Tatuti!

Willkommen bei den Wortkriegern.

In deinem Profil schreibst du, dass du lernen möchtest, gute Kindergeschichten zu schreiben. Prima!
Da ich auch Kindergeschichten schreibe (und immer besser darin werden will,) habe ich schon einiges über die speziellen Anforderungen von Geschichten für Kinder gelernt. (Du willst doch für Kinder schreiben, nicht über Kinder, oder?)

Auf das Thematische gehe ich nicht ein (der Tod und der Umgang damit ist ein wichtiges Thema, klar), dazu wirst du sicher noch andere Kommentare bekommen. Ich konzentriere mich auf deinen Schreibstil.

Du beginnst mit dem Satz: "Emma war schon lange vor ihr da gewesen."
=> Gerade bei Geschichten für Kinder ist es ungemein wichtig, "geradeaus" zu erzählen. Der erste Satz gibt eine Information, auf die dann der zweite Satz aufbaut. Bei deinem ersten Satz hingegen benötigt der Leser eine Information (Wer ist "ihr"?), die erst im zweiten Satz kommt.

Ein Satz muss immer klar sein. Bei Pronomen solltest du darauf achten, ob man ersehen kann, worauf sie sich beziehen. Wenn das nicht klar ist, verzichte auf die Pronomen und setze die entsprechenden Namen.
Beispiel:
"Doch als Pia heute mit ihrer Mama aus dem Kindergarten kam, sprang sie nicht wie sonst auf, um sie zu begrüßen."
=> Weder das erste "sie" noch das zweite kann der Leser korrekt zuordnen. Setze also die Namen ein. (Namenswiederholungen sind überhaupt nicht schlimm.)

In deiner Geschichte machst du mehrere Zeitsprünge. Kleinkindalter, Kindergarten, Ostern, Sommer ...
=> Da kommt der kindliche Leser (oder Zuhörer) schlecht mit. Brauchst du wirklich alle diese Stationen, um deine Geschichte zu erzählen?

Ohnehin, kennst du "show, don't tell"? Zeigen, in Szenen, nicht erzählen, berichten?
Kinder möchten (auch beim Lesen) etwas erleben, dabei sein.
Anstatt also zu erzählen: Früher war es soundso gewesen, heute ist es soundso, wäre es besser, wenn du deine Leser in die Situationen hineinbringst.
Beispiel:
Anstatt zu erzählen: "Obwohl der Kindergarten nicht weit weg war, ging sie sehr langsam."
=> Zeigen:
Auf dem Weg zum Kindergarten schlich Emma langsam neben Pia her.
"Wir kommen zu spät zum Kindergarten, Emma", klagte Pia.
Aber Emma lief nicht schneller, nein, sie setzte sich hin und machte Pipi.
"Mama, was hat Emma denn bloß?", fragte Pia ihre Mutter.

Okay, das sollte für den Anfang reichen. Noch empfehlen kann ich dir, Bücher und Texte für dein Zielgruppenalter zu lesen.

Grüße,
Chris

 

Vielen Dank für Dein ausführliches Feedback und die damit verbundene Mühe! Ich werde noch einmal daran arbeiten...!

 

Hallo Chris, ich habe viel über die Zeitsprünge nachgedacht... ich habe sie eingebaut, um zu zeigen, dass Sterben eben nicht von einem Tag auf den anderen passiert (Ausnahmen bestätigen die Regel...)

Ich verstehe Deinen Hinweis aber mir fällt sonst nicht so recht ein, wie man sonst die Dauer von Frühling bis Spätsommer beschrieben kann. Hast Du eine Idee?

"Show, don't tell" gefällt mir gut, kann ich nicht .... das werde ich mir zu Herzen nehmen.
LG
rosi

 
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Hallo und herzlich willkommen hierorts,

Tatuti
(schönes Wortspiel, dass wie Lautmalerei klingt und mich zudem an Jaques Tati ["Monsieur Hulot"] erinnert, dessen "Schützenfest" und "Ferien des M. Hulot" mich schon als Junge begeistert haben, zudem man sie auch ohne Französischkenntnisse "verstehen" kann, wie überhaupt alle seine Filme) , und - mit ein Grund, warum ich Dich besuche, vor fünfzeh Tagen musste in meinem Freundeskreis ein Hund eingeschläfert werden, an dem ausgerechnet ich als Dogsitter fünf Tage zuvor erste Unregelmäßgkeiten feststellte. Immerhin war "Willi" auch schon 13 Jahre alt.) Und so beginn ich mit Emma, dem schwarzen

Mischlingshund
denn selbst wir sind alle "Mischlinge", nur wird der Rassenwahn bei Hundzüchtern auf die Spitze getrieben, einen Hund nach bestimmten Kriterien zusammenzubasteln. Selbst der reinrassigste Hund ist eine bewusste Mischung aus diesem und jenem "Erbgut", als genügten nicht schon die Mendelschen Gesetze ...
Lass den Mischling besser weg.

Zusammensetzungen sind an sich nicht schlimm (Mark Twain, der ganz gut deutsch konnte, machte sich gelegentlich lustig über die Wortmonster im Deutschen, und manches an den Zungenbrechern wie Donaudampfschifffahrtsgesellschaft klingt ja auch ganz lustig, aber je länger die Wortungeheuer werden, desto sinnvoller wird deren Zerschlagung, wo der "Kinderstuhl" noch praktisch ist - er beschreibt ja gleich Form und/oder Größe - ist die

Kinderzimmertür
m. E. schon grenzwertig (sie ist ja nicht kleiner oder schon gar nicht größer als die Tür zur Küche, zum Schlafzimmer usw., als Tür zum Kinderzimmer oder noch besser zu Pias Zimmer ..., Kinderzimmer müssen auch schon mal geteilt werden.

Hier

Emma war schon lange vor ihr da gewesen
ist nichts falsch, aber das "gewesen" (mir klingt es immer nahe bei dem Verb "verwesen") ist an sich entbehrlich. Selbst der kleinste Zuhörer weiß (sofern er das Peronalpronomen "Pia" zuordnet), dass Emma älter ist und vor Pia da war. (Weiter unten kommt dergleichen noch einmal vor
Sie war schon immer da gewesen.
Solltestu selbst schauen.)

Ähnlich hier

Mittlerweile war Emma alt geworden und Pia ging in den Kindergarten.
wo der Kindergarten und "gehen" anzeigen, dass Zeit vergangen ist und beide - Pia wie Emma - "älter" wurden und weiterhin werden ... Und wollen nicht die meisten lieben Kleinen schon älter sein, bis es sich eines Tages wieder umkehrt ("ich möchte noch mal zwanzig sein", wie der Rheinländer so singt. Ich nicht, aber 21 [Volljährigkeit, damals noch] schon ...) Zudem zeigstu ja die Folgen des Alterungsprozesses auf.

Oft lies Pia ...
Da wurd schon drauf hingewiesen, musstu auch unbedingt korrigieren, denn die Verwechselung von "lesen" (Imperativ: lies) und "lassen" (ließ, Prät.) ist so etwas wie der Super-GaU der schreibenden Zunft ... Im mündlichen Vortrag fällt's nicht auf, der Klang des Wortes verweht, kaum ausgesprochen ist er durchs Ohr wieder weg ... Schriftform zeigt alle Schwächen auf und liefert selbst Fußfallen en masse.

..., um mit heraus zu gehen, ...
Besser "hinauszugehen", denn "her" deutet immer auf den Erzähler ("KOmm her zu mir!"), "hin" von ihm weg ("Geh da hin")

„Eurem Hund geht es soweit gut.
"So weit" als unbestimmte räumlich/zeitliche Angabe immer auseinander und nur, soweit ich weiß, als Konjunktion zusammen - was für max. 10 % der Wortkombination zutrifft. Meine Empfehlung, wenn Probleme über zusammen oder getrennt Schreibung auftauchen, IMMER zusammen "soweit", so liegt die Wahrscheinlichkeit der Falschschreibung bei 0,1 ...

Nur durch die Luft, die man in ihn hinein bläst, wird er etwas Besonderes.
"hineinblasen", ein Wort
So schlief Pia ein, und Papa muss sie wohl irgendwann in ihr Bett getragen haben.
Zeitsprung, besser "musste"

Und zu guter Letzt

Doch oft hatten sie das Gefühl, dass Emma noch bei ihnen ist. Irgendwie.
Das "dass" lässt zwar den Indikativ zu und Gefühle sind ja auch was Reales und selbst die Erinnerung hält Realität fest, ohne dass sie anderen/Außenstehenden sichtbar wird. Aber in dem Fall würd ich den Konjunktiv wählen, nicht unbedingt den irrealis, aber doch den der indirekten Rede "bei ihnen sei", weil der Erzähler - eben Du - über Pias Familie referiert ...

Ich schau auch mal, ob mir was zu den "Zeitsprüngen" einfällt,

bis dahin tschüss,

Friedel

 

Lieber Friedel,
herzlichen Dank für Deine Anmerkungen!
Ich habe jetzt meine Text noch mal bearbeitet und lade ihn hier noch mal hoch und hoffe, das ist zulässig.
Die Zeitsprünge rolle ich im Hirn noch ein bisschen hin und her, vielleicht findet sich ja noch eine Lösung. Danke schon mal!
Rosi

 

Liebe Tatuti,


zu dem Schreibstil und der Rechtschreibung, Kommata hast du schon einige Tipps bekommen, ich wollte mich daher mal mit dem Inhalt beschäftigen.

Ich frage mich, an welche Zielgruppe du schreibst? Gerade bei Kinderbüchern ist es vorteilhaft, wenn die Protagonisten in etwa dem Alter der Zielgruppe entsprechen.
Diese sehr zu Herzen gehende Geschichte, ist meines Erachtens für Zuhörer im Kindergartenalter nicht geeignet. Hierzu braucht es eine kindlichere Sprache, die sehr schöne Metapher mit dem Ballon ist für so kleine Menschen eher erschreckend.

Außerdem stolperte ich über die zeitliche Abfolge. Das kleine Mädchen füttert bewusst den Hund und freut sich über seine Nase am Beinchen. Dazu sollte es in etwa zwei Jahre alt sein, da es auch alleine essen kann.

Oft wollte Emma einfach schneller, als Pias kurze Beine sie tragen konnten.
Hier wird der Hund auch noch als ungestüm beschrieben, ein Hund, der an der Leine zerrt.
Alterung ist ein allmählicher Prozess, auch wenn bei Hunden ein Jahr sieben Menschenjahren entspricht. Mir ging das zu abrupt bis zum Kindergartenalter des Mädchens.

Ich würde das Alter des Kindes in die Grundschulzeit verlegen, zudem in diesem Alter auch ein größeres Verständnis für Fragen des Lebens einsetzt.

Verstehe mich bitte nicht falsch, ich persönlich finde deine Geschichte sehr schön und zu Herzen gehend, aber meinem Kind würde ich sie nicht schenken, obwohl ich das Thema Tod im Kindesalter nicht aussparen würde.

Warum?
Mir ist sie letztendlich zu traurig. Da hilft auch die Metapher mit dem Ballon nichts, denn was bleibt von dem Ballon, die schrumpelige Hülle, ein trauriger Anblick und die Luft darin ist verschwunden.

Für mich funktioniert das

Irgendwie
am Ende nicht und für Kinder erst recht nicht.
Denn von einem Hund bleibt ja sehr viel zurück. Schöne Anekdoten, Erinnerungen an seine Gefräßigkeit, seine Cleverness oder seine verrückten Angewohnheiten. Diese Erinnerungen sind nicht irgendwie da, sondern sie tauchen immer wieder auf und hinterlassen ein Lächeln. Vielleicht kannst du das Ende der Geschichte in diese Richtung drehen. Lass deine Protagonisten ein wenig lachen, weil vielleicht an diesem Tag besonders viel gekrümelt wird und man sich an den kleinen „Vielfraß“ erinnert.

Ich habe deine Geschichte sehr gerne gelesen, sie hat mich berührt.
Schön, dass du bei uns bist.
Mata

 

Liebe Mata

vielen Dank für Deine Anregungen, da muss ich drüber nachdenken. Da das ganze im Grunde 1:1 genau so letztes Jahr bei uns passiert ist, fehlt mir da die Distanz... Unsere Tochter ist 5 Jahre alt und hat Emma auch noch sehr aktiv und fröhlich erlebt, im letzten Sommer hat sich dann extrem abgebaut und ist dann auch bei uns zu Hause gestorben.
Sicherlich funktioniert das ganze auch mit einen Schulkind...da ist das Thema Tod vielleicht auch schon greifbarer...aber da muss ich drüber nachdenken.

Zu dem "irgendwie".... puh. Der Tod ist scheisse, egal oben ein Hund stirbt oder ein Mensch. Ein "Happy End" passt da für mich nicht. Kann aber auch hier sein, dass ich zu nah dran bin...

Du hast mir auf jeden Fall was zum Nachdenken gegeben - Danke dafür, Rosi

 

Hej Tatuti,

Da das ganze im Grunde 1:1 genau so letztes Jahr bei uns passiert ist, fehlt mir da die Distanz...

Ich wusste natürlich beim Lesen der Geschichte noch nicht, dass Du das ungefähr so wie oben beschrieben erlebt hast. Und ohne diese Information hätte ich Dir geschrieben, dass mir zwar gefällt, wie Du das Thema angehst, ich aber die Geschichte nicht wirklich packend finde. Dass mir da etwas fehlt. Da ist eine Botschaft, da sind Figuren, aber so blöd, wie das klingt, nach dem Lesen frage ich mich, warum du mir das erzählt hast.

Mit der Information, dass es sich um etwas selbst Erlebtes handelt, wird für mich klar, was fehlt.
Da ist keine Distanz, d.h. Du erzählst eher etwas nach, und das ist sehr viel schwerer in eine spannende und interessante Geschichte zu verwandeln.
Für Dich ist interessant, was Du selbst erlebt hast, für mich ist das Detail mit dem Luftballon eine gute Idee, um etwas zu versinnbildlichen, darüber hinaus packt mich keine der Figuren, nicht die Handlung und ich finde keine Botschaft, nichts, von dem ich denken könnte: Oha, das wäre toll, wenn man das Kindern so vorlesen könnte, da können die dies oder jenes mitnehmen oder aufgreifen, da können die dies oder jenes verstehen.

Für Dich ist vieles wahrscheinlich nicht weiter erklärungsbedürftig, weil Du alles im Kopf hast. Für Dich war das Erlebte lebendig. Mir fehlt genau das, was Deine Figuren und Deine Geschichte lebendig macht.

Pia legte ihr einen Teddy mit auf das Hundekissen.
Das ist sicher anders gemeint, aber auf mich wirkt diese Szene beinahe lieblos. In der Realität mag das anders gewesen sein, in Deine Geschichte würdest Du mich viel mehr hineinziehen, wenn Pia mit dem Hund spricht oder etwas tut, was über dieses kurze Ablegen hinausgeht, wenn meinetwegen der Weg dahin gezeigt wird.

Pia machte sich Sorgen um ihre Hundefreundin. Emma nahm so viel weniger am Leben teil, als noch vor ein paar Wochen.
Das wäre eine schöne Gelegenheit, um zu zeigen, nicht zu erzählen, wie sich Pia sorgt.

Das Einzigartige bleibt, es hat nur keine Hülle mehr.“
Ich vermisse hier eine Frage oder irgendeine Reaktion von Pia. Nimmt sie das wirklich einfach so hin? Wenn sie Fragen stellen würde, würdest Du den Kindern, die Deine Geschichte lesen, auch die Möglichkeit dazu einräumen.

Gruß
Ane

 

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