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Erdbären
Erdbären
Luca saß hinter seiner Mama im Auto auf dem Kindersitz.
„Wo fahren wir hin?“, fragte er und blickte auf die vorbeiziehenden Häuser und Bäume.
„Heute machen wir etwas ganz tolles, Luca! Wir gehen Erdbeeren pflücken.“, antwortete seine Mama und fuhr weiter.
Luca freute sich. Super! Bären kannte er aus seinen Bilderbüchern. Er mochte sie gerne, weil sie groß und stark waren und immer warme, flauschige Bäuche zum Ankuscheln hatten. Aber wieso wollte Mama die Bären pflücken? Die liefen doch frei im Wald herum.
„In welchen Wald fahren wir denn, Mama?“
„Wir fahren nicht in den Wald! Die Erdbeeren wachsen auf einem Feld am Rand der Stadt. Da müssen wir hin!“
Luca wunderte sich. Bären, die auf einem Feld wachsen? Das hatte er noch nie gehört. Und er konnte es sich auch gar nicht vorstellen. Warteten dort riesige Bären in der Erde eingebuddelt darauf, dass Leute vorbeikamen und sie ausgruben? Komisch! Komisch! Kleine Denkfalten breiteten sich auf seiner Stirn aus.
„Und was machen wir dann mit den Bären, Mama?“
„Wir sammeln sie und nehmen sie mit nach Hause. Einige müssen wir nachher auch bei Oma vorbeibringen.“
Seltsam! Wie sollten die Bären denn in Mamas Auto passen? Das war doch ganz klein und hatte nicht einmal einen richtigen Kofferraum. Da passte doch höchstens ein Bär rein und dann auch nur ein ganz kleiner.
Luca kicherte bei der Vorstellung, wie seine Mama versuchte einen Bären hochzuheben. Mama war doch überhaupt nicht stark. Aber trotzdem wollte er einen solchen Bären mit nach Hause nehmen. Nico hatte zum Geburtstag einen Hasen bekommen und Luci hatte einen Vogel. Einen Bären hatte niemand. Einen echten Bären! Er könnte in Lucas Bett neben ihm schlafen und ihm nachts die kalten Füße wärmen oder ihn trösten, wenn er schlecht geträumt hatte. Toll! So einen Bären wollte Luca unbedingt. Wenn Mama wirklich nicht stark genug war, dann könnte sie ihn vielleicht mit einem Topf Honig ins Auto locken. Das müsste doch klappen, oder?
„Gleich sind wir da!“, sagte seine Mama und bog von der Hauptstraße in einen holprigen Feldweg ein.
Luca freute sich und hielt Ausschau nach dem Erdbärfeld.
Aber nirgendwo war eine Horde wartender, winkender Bären zu sehen. Vielleicht waren diese Erdbären ja gar nicht so groß und auch gar nicht braun wie die Tiere in seinem Gute-Nacht-Buch?
„Mama, wie sehen die Erdbären denn aus?“
„Ganz klein und rot! Und sie haben grüne Mützen auf! Da vorne ist schon das Feld.“ Lucas Mama zeigte mit ihrem Finger nach rechts.
Lucas Augen wurden riesengroß, aber er konnte trotzdem nichts erkennen. Rote kleine Bären mit grünen Mützen auf dem Kopf? Keine großen braunen Kuschelbrummbären? Das freudige Grinsen aus Lucas Gesicht verschwand. Niemand zum Füße wärmen? Nur ein kleines rotes Bärchen, das eine komische grüne Mütze trug? Mützen konnte Luca überhaupt nicht leiden und so einen Bären wollte er auch nicht haben. Wenn der so klein und komisch war, müsste Luca die ganze Zeit auf ihn aufpassen, wie Nico auf seinen Hasen, der immer abhauen wollte. Das war sehr anstrengend und so etwas wollte Luca nicht.
Lucas Mama hielt das Auto und schnallte Luca vom Kindersitz ab. Aber anstatt wie sonst fröhlich wild aus dem Auto zu hopsen, blieb Luca grummelig in seinem Sitz hocken.
„Was ist los?“.
„Ich will nicht, Mama!“, sagte er leise und blickte zu Boden. Hoffentlich war sie nicht sauer. Sie hatte sich doch so auf´s Erdbärpflücken gefreut.
Lucas Mama grinste und hob ihn aus dem Auto. Sie nahm Luca an die Hand und führte ihm zum Feld. Dann deckte sie einen grünen Strauch auf, an dem eine kleine rote Frucht hing. Sie pflückte das rote Ding ab und hielt es Luca vor die kleine Nase.
„Bist Du sicher, dass Du keine Erdbeeren magst? Du hast sie doch bisher noch nie probiert?“
Lucas Augen wurden ganz groß. Das waren Erdbären?
Kein kleines rotes lästiges Bärchen, sondern etwas zu essen! Luca grinste seine Mutter erleichtert an und dann probierte er einen Bissen von der roten Frucht. Hmmmm! Die schmeckte richtig gut.