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Erste Liebe

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13.04.2006
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Erste Liebe

Ich fiel die Treppe hinauf.
Die meisten fallen die Treppe hinunter, ich fiel sie hinauf und schlug mir dabei das Knie an der eisenbeschlagenen Treppenkante auf. Es war das rechte Knie mit der großen Brandnarbe auf der Kniescheibe. Der Schmerz ließ mich zusammenzucken und aufschreien. Das Blut schoss aus der Wunde, und ich wimmerte noch mehr. Eine fremde Hand ergriff meinen Arm und zog mich hoch. Ich blickte in das Gesicht eines jungen Mannes, der mich aufmerksam musterte und fragte: "Alles ín Ordnung? Kannst du laufen?"
Ich starrte ihn wie hypnotisiert an, verschluckte meine Tränen und nickte. Sprechen konnte ich nicht. Was er wohl von mir denken mochte? Wie sah ich nur aus? Das Gesicht verheult, die Augen dick und rot und dagegen er! Wie kann man als Junge nur so schöne Haare haben, dachte ich auf dem Weg zum Sekretariat, um mir ein Pflaster zu holen.
Es war mein erster Tag auf der Erweiterten Oberschule und ich verliebte mich unsterblich in diesen jungen Mann, einen Schüler der zwölften Klasse, wie ich später erfuhr.
Sein Name, den ich nach vielen Fragen rausbekam, war Rüdiger Mehnert, ein großer, schlaksiger Junge mit langem blondem Haar.
Ich ging gern zur Schule und von nun an noch lieber. In den Pausen, während wir die Klassenzimmer wechselten, versuchte ich immer, einen Blick auf ihn zu erhaschen. Ich glaubte, man sah mir an, wie sehr ich ihn mochte.
Er nahm keinerlei Kenntnis von mir.
Wenn wir Hofpause hatten und um den Schulteich marschierten, wollte ich in seiner Nähe sein, seine Blicke auf mich ziehen. Nichts, er sah mich nie an. Unentwegt redete ich von ihm. Meine Freundin Gabi verbot mir schließlich, den Namen in den Mund zu nehmen, wenn ich mit ihr zusammen war.

Jedes Jahr fand in der Schule im Treppenhaus ein 'Treppenfest' statt.
Ich freute mich darauf, aber die Frage der Kleidung wurde zu einem fast unüberwindlichen Hindernis.
Die Scheidung meiner Eltern lag in den letzten Zügen und meine drei jüngeren Geschwister hatten ebenfalls ständig irgendwelche Wünsche. Da brauchte ich mit dem Wunsch nach etwas Neuem zum Anziehen gar nicht erst kommen. Ich war uneinsichtig und bockig, so, wie man mit vierzehn Jahren ist.
Ein neues Kleid sollte es sein, eines, das mich älter aussehen ließ. Wieso ging das nicht? Ich konnte doch Rüdiger nicht in meinem Jugendweihekleid gegenübertreten!
Mit Gabi versuchte ich dieses Problem zu lösen. Von ihr passte mir nichts, da sie einen Kopf kleiner und sehr viel dicker war als ich. Sie meinte aber, ihre Mutter habe genügend Klamotten und sie würde nichts merken, wenn sie ein Kleid aus dem Schrank entwenden würde.
Gesagt, getan.
Das Kleid war viel zu weit, hatte aber hinten eine Naht und wir beschlossen, es einfach von oben nach unten enger zu nähen. Natürlich ohne Maschine! Von hinten sah es liederlich aus, von vorn ging es. Wir beschlossen, dass meine Freundin immer hinter mir stehen und ich mich möglichst in Wandnähe aufhalten sollte.
Als wir auf dem Fest ankamen, waren schon sehr viele der Schüler und Lehrer da. Mein Herz schlug bis zum Halse, als ich Rüdiger sah. Er schaute in meine Richtung und ich glaubte, er meinte mich. Endlich! Aber nein, sein Freund tauchte gleichzeitig mit uns auf. Ich himmelte Rüdiger an, immer bemüht, es keinen merken zu lassen. Wie gern hätte ich mit ihm getanzt! Obwohl, ich konnte gar nicht tanzen. Und wenn er mich berührt hätte, ach, ich hätte alles dafür gegeben! Die Musik begann zu spielen und es wurde relativ schnell getanzt. Päarchen, die man vom Schulhof kannte, tanzten sehr eng miteinander. Wie ich sie beneidete! Rüdiger tanzte nicht. Ein Mädchen mit langem Haar unterhielt sich mit ihm, was ihn aber nicht hinderte, sich nach anderen umzuschauen und Gespräche zu führen.
Ich litt still.
Gabi wusste um meine Sehnsucht, hatte sich aber auch verknallt und kümmerte sich deshalb nicht weiter um mich. Dass sie immer hinter mir stehen sollte, hatte sie längst vergessen. Auch sie buhlte um die Aufmerksamkeit eines Jungen aus den oberen Klassen.
Plötzlich hörte ich, wie jemand sagte: DAMENWAHL!
Damenwahl... Damenwahl... wie durch einen Schleier hörte ich es und dachte, oh Gott, das ist deine Chance! Jetzt oder nie! Du musst ihn auffordern... einfach hingehen, jetzt!
Wie im Trance ging ich zu ihm hin und bat mit total heiserer Stimme um den Tanz.
Die Gespräche um ihn verstummten, er schaute vollkommen verdutzt auf mich herunter, lächelte verlegen, schaute zur Seite, schaute mir wieder in's Gesicht und sagte:
"Gut, komm mit!"
Und dann tanzte ich mit ihm. Ich, die nicht tanzen konnte, bewegte mich wie eine, die meinte, tanzen zu können. Ich vergaß die liederliche Naht an meinem Rücken, vergaß meine Umwelt. Ich tanzte! Mit ihm! Er hielt die drei Titel durch und brachte mich dann zu meiner Freundin zurück. Ich war einfach nur glücklich.
Wenn wir uns später im Schulhaus trafen, schaute er sofort weg. Gerne hätte ich mit ihm gesprochen, über diesen Tanz, über irgendetwas, einfach nur sprechen. Mit fehlte der Mut für einen zweiten Anlauf und irgendwann war es vorbei mit meiner Schwärmerei.

Jahre später, als ich in Berlin an der Humboldt-Universität studierte und auf einem der seltenen Wege nach Hause war, traf ich ihn im Zug. Ich hatte ihn schon auf dem Bahnsteig gesehen, kurz überlegt, ihn anzusprechen, aber wozu?
Der Zug war brechend voll und ich bekam nur einen Stehplatz. Plötzlich tippte mir jemand auf die Schulter und instinktiv wusste ich: Das ist er!
Überrascht starrte ich ihn an, fühlte, wie meine Narbe am Knie pochte.
"Bist du nicht die Cordula Schreiber?" fragte er, fast ein wenig aufgeregt.
Ich nickte und blieb stumm. Dass er meinen Namen wusste, verwunderte mich total.
"Erinnerst du dich an das Treppenfest?", fragte er weiter. Ob ich mich erinnerte? Was für eine Frage!
"Ich war damals vollkommen überrascht, als du mich zum Tanzen aufgefordert hast. In meiner Clique wussten alle, dass ich Tanzen ablehne, ich mochte es einfach nicht, mich so zu zeigen. Aber wie dein Gesicht geglüht hat und deine Augen leuchteten, ich konnte gar nicht ablehnen, verstehst du? Und was hattest du bloß für ein komisches Kleid an?"
Ich schaute ihm weiterhin stumm in's Gesicht, als er fortfuhr:
"Kannst du dir vorstellen, dass ich bis zu diesem Tage noch nie getanzt hatte? Was meinst du, wie mich die anderen hinterher aufgezogen haben! Ich wollte dir das schon lange mal sagen. Immer, wenn ich an unserer 'Penne' vorbeilaufe, muss ich daran denken!" beendete er verlegen lachend seinen Monolog.
Ich beugte mich nach unten, rieb die Narbe an meiner Kniescheibe. Ob er sich auch daran erinnerte, dass er es war, der mir damals beim Aufstehen nach dem Sturz geholfen hatte? Ich könnte ihn fragen, jetzt, nur, wollte ich das? Nein, ich hatte meine erste Liebe, die doch nur eine Schwärmerei war, als meine Erinnerung abgespeichert, wollte ihn nicht mehr daran teilhaben lassen.
Langsam kam ich wieder hoch und stimmte in sein Lachen ein.

 

Hi Jurewa

Zwei formale Sachen: Meiner Meinung nach gehört die Geschichte eher in Jugend und zweitens ist der Titel einfach nur schrecklich.
Aber auch irgendwie traurig, dass das Mädchen in der Oberstufe sich erst verliebt. (Für mich ja schon fast unrealistisch, aber okay, ist deine Geschichte)

Es fängt, wie ich finde, sehr vielversprechend an, es scheint, als würde im Leben deiner Prota. viel anders laufen als bei den anderen. Doch der Rest ist dann fast mehr als gewöhnlich, jedenfalls was das angeht, was du beschrieben hast.

Ich fiel die Treppe hinauf.
Die meisten fallen die Treppe hinunter, ich fiel sie hinauf und schlug mir dabei das Knie an der eisenbeschlagenen Treppenkante auf.
Ich weiß zwar nicht, wie sie das angestellt hat, aber sie hat es wohl geschafft. :D
Und ja, es beginnt alles sehr schmerzvoll und das Ende, als du wieder darauf, auf dieses Bild zurückkommst, finde ich recht gelungen. Der Mittelteil hat mir aber überhaupt nicht gefallen. Die Erzählweise, das alles so verdammt naiv erzählt ist, da wird sie einfach ignoriert, und du erwähnst das vielleicht in einem Satz, dass sie leidet. Oder, dass sie Außenseiterin ist, Zuhause muss sie auf ihre Geschwister aufpassen, sie scheinen auch nicht zu der "Oberschicht" zu gehören. Das alles lastet auf die Figur, aber sie lebt trotzdem noch in ihrer Traumwelt, ist mir so vorgekommen.

Stil und was alles dazu gehört, ist zwar solide, aber da ist auch nichts Herausragendes dabei.


JoBlack

 

Hallo JoBlack,

danke für deine Zeilen.
Ich war selber auch unsicher, wo diese kleine Geschichte hingehört, fand aber, dass sie schon etwas romantisch ist. Mit dem Titel magst du Recht haben, er ist banal, trifft aber den Inhalt.
Ich habe den Text nochmals überarbeitet und versucht, etwas mehr Spannung reinzubringen. Dass das Mädchen schon etwas zu alt für die Schwärmerei war, finde ich nicht. Sie ist vierzehn und die Geschichte spielt Mitte der sechziger Jahre. Es mag heute alles anders sein, damals war es nicht ungewöhnlich. Ich glaube aber, Liebe ist an keine Zeit gebunden und wird von jedem anders erlebt.

Liebe Grüße,
jurewa

 

Liebe Jurewa,

ich habe nun beide Fassungen gelesen und finde, die Geschichte hat gewonnen, denn vorher war das Ende für meine Begriffe zu sehr im Schnellgalopp genommen.

Eigentlich passiert ja gar nix Großes und eigentlich ist es nur eine kleine Lebensepisode, aber ich habs mit sehr viel Spannung und einem Schmunzeln gelesen.

Früher und da unterstelle ich dir mal, dass wir in etwa eine Generation sind, gab es noch so etwas wie "Jungs anschmachten". Da gab es noch dieses unerfüllte Hoffen und Bangen und das, was wir damals als "Schwärmen" bezeichnet haben. Ich kann mich selbst erinnern, dass so einige Jungs auf meiner Liste der unerfüllten Wünsche standen, die waren für mich irgendwie völlig unerreichbar und doch entsprach es meinen Jungmädchenträumen mich genau in die zu verlieben. Früher wusste ich nicht, dass Verlieben was ganz anderes sein kann.
Und davon berichtet diese muntere Geschichte irgendwie ziemlich zielsicher.

Die Szene, in der das Kleid zurecht gemacht wird, fand ich urkomisch und ich muss gestehen, dass ich mit der Protagonistin sehr viel Sympathien hegte und anfing mir Sorgen darüber zu machen, ob vielleicht was Peinliches mit dem Kleid auf dem Treppenfest passieren würde. Innerlich hab ich aufgeatmet, dass alles gut ging.

Diese Szene würde ich vielleicht anders zusammenbauen:

Der Zug war brechend voll und ich bekam nur einen Stehplatz. Plötzlich tippte mir jemand auf die Schulter und ich wusste instinktiv, dass ist er.
Überrascht starrte ich ihn an, fühlte, wie meine Narbe am Knie pochte.
"Bist du nicht die Cordula Schreiber?" fragte er, fast ein wenig aufgeregt.
Ich nickte und blieb stumm. Dass er meinen Namen wusste, verwunderte mich total.

und zwar so:

Der Zug war brechend voll und ich bekam nur einen Stehplatz. Plötzlich tippte mir jemand auf die Schulter und ich wusste instinktiv, dass ist er. "Bist du nicht die Cordula Schreiber?" fragte er, fast ein wenig aufgeregt.
Ich nickte und blieb stumm. Dass er meinen Namen wusste, verwunderte mich total.Überrascht starrte ich ihn an, fühlte, wie meine Narbe am Knie pochte.

So wirkt es auf mich logischer vom Ablauf her.


An dieser Stelle weiter oben habe ich erst gestutzt, ob man das so stehen lassen kann, denn tatsächlich ist es keine Liebe, sondern allenfalls Verliebtheit:

Ich glaubte, man sah mir an, wie sehr ich ihn liebte.
Aber dann hab ich mir gedacht, nein, es ist ja aus der damaligen Sicht des Mädchens geschrieben und in dem Alter wird sie kaum in der Lage gewesen sein, zu unterscheiden zwischen Verliebtheit und Lieben, zumal es ja heut noch jede Menge Menschen gibt, die keinen Unterschied erkennen und machen.
Also nicht ändern.

Der Titel hat mir ehrlich gesagt so gar nicht gefallen, da stimme ich in die Kritik von JoBlack ein.

Mir fällt so spontan nix ein, was ich dir als unwiderstehlich tolle Gegenüberschrift anbieten könnte, aber vielleicht reiben sich deine Gedanken an folgenden Vorschlägen und daraus wird dann eine neue gute Idee. Ich dachte an sowas wie:

Ihr erster Tanz, Mein erster Tanz, Das Treppenfest, Damenwahl, Das komische Kleid, Sehnsucht nach Rüdiger.

Ach, zum Kleid fällt mir ein, dass du da vielleicht noch mehr Spannung reinbasteln könntest. Es ist schon irgendwie klar, dass ein handabgenähtes Kleid eventuell nicht nur höchst dilettantisch aussieht, sondern auch auseinanderzureißen droht. Wie wäre es, wenn die beiden Mädels am Ende noch superprovisorisch arbeiten müssen, so dass ein Teil des Kleides nicht mal per Hand genäht ist, sondern mit Sicherheitsnadeln gehalten wurde oder mit nur nem Reihfaden (was du dann aber erklären musst geschickterweise)und der Leser das Mädel nun zum Fest begleitet und da Böses ahnt, was dann nicht eintrifft, aber du erhöhst die Spannung. Oder ihr geht auf dem Fest ein Teil des Kleides entzwei, aber die Freundin rettet es mit Sicherheitsnadeln oder so. Das Wissen um dieses höchst fragile Kleid,das sie anhat, wenn sie mit ihrem Schwarm tanzt, das hat der Leser und der wird mitfiebern, dass alles gut geht.

Und dann nehm ich dem Mädel nicht ab, dass sie sich nicht tage-monatelang Gedanken gemacht hat, was sie alles falsch gemacht haben könnte, weil Rüdiger nie wieder mit ihr gesprochen hat. Das muss sie sehr zermürbt haben und auch unsicher gemacht haben. Klar, damals heilte die Zeit schnell die Wunden, aber diese Fragezeichen müssten doch deutlicher noch zu erkennen sein. Und vielleicht macht es auch Sinn, dass deine Protagonistin am Ende davon Rüdiger berichtet, über das Leid, dass sie nach dem Treppenfest ergriff, weil er sich nicht mehr mit ihr befasste als habe sie Aussatz. Und dann kann er ja erklären, was los war damals. Also ein bisschen mehr Dialog könnte dem Ende noch mehr gut tun.

Aber ganz grundsätzlich habe ich deine Geschichte gerne gelesen und wenn sie so stehenbleibt, wie sie jetzt da steht, ist sie keineswegs schlecht.

Lieben Gruß
Elvira

 

Hallo Jurewa, es hat wohl jede/r so eine Erinnerung an sein Schulleben, insofern triffst du voll ins Schwarze, denn so ein Text spricht an! Ich finde es irgendwie ruehrend, man fuehlt und leidet mit. Auch das leicht melancholische Ende gefaellt mir, dass sie ihm eben nicht lachend ihre (ehemalige) Liebe gesteht und sie damit kaputt macht, sondern sich ihre schoene Erinnerung bewahrt. Der Schreibstil in der "ich" Form ist mir ein klein wenig zu berichterstattend, vielleicht waere die dritte person noch poetischer?

Ich war so sehr gluecklich - das klingt etwas seltsam
Viele gruesse, sammamish

 

Hallo Lakita und Sammamish,

danke für euer Lesen und Kommentieren. Ich freue mich, dass ich euren Nerv getroffen habe. Einen Teil der Vorschläge habe ich umgesetzt.
Die Sache mit dem Kleid, Elvira, wollte ich nicht auswalzen, weil es mir zu vordergründig wäre. Das Ende habe ich aufgelockert, wollte aber, dass das Mädchen die Erinnerung als etwas ganz Eigenes behält.
Ich habe bewusst die Ich-Form gewählt, Sammamish, weil sich viele der Gedanken im Kopf des Mädchens abspielen. Vom Gefühl her sage ich, dass es dann in der Ich-Form glaubwürdiger rüberkommt. Bin mir jetzt aber nicht sicher, ist ein Bauchgefühl.
Ich war unsicher, ob diese Thematik überhaupt interessant ist und bin wirklich froh über euer Feedback!

Lieben Gruß,
jurewa

 

Hallo Jurewa
Ich finde den Titel gut, denn eine meiner Geschichten heißt auch so.:D
Erste Lieben sind erste Lieben, jeder weiß gleich was gemeint ist.

Ich fiel die Treppe hinauf.
Die meisten fallen die Treppe hinunter, ich fiel sie hinauf und schlug mir dabei das Knie an der eisenbeschlagenen Treppenkante auf.

Der Einstieg gefällt mir, weil man gleich ahnen kann, dass die Protagonistin sich offenbar ihrer Empfindung nach mehrfach schon in benachteiligten Situationen befunden hat.

Ich starrte ihn wie hypnotisiert an, verschluckte meine Tränen und nickte. Sprechen konnte ich nicht.
Es war mein erster Tag auf der Erweiterten Oberschule und ich verliebte mich unsterblich in diesen jungen Mann, einen Schüler der zwölften Klasse, wie ich später erfuhr.

Diese Szene ist eine Schlüsselszene und für meinen Geschmack zu dünn. Warum zeigst du nicht, dass sie sich verliebt hat, statt es zu erzählen?
Beispiel wie ichs meine ;)
Ich starrte ihn an, sprechen konnte ich nicht. Ich dachte an mein verweintes Gesicht, verwischte hastig die Tränen und mein Herz schlug einen Trommelwirbel an. Er sah verdammt gut aus, seine Hand hielt immer noch meinen Arm fest und als er sie fortnahm, brannte meine Haut, Schmetterlinge flatterten in meinem Bauch und mein Knie schmerzte plötzlich nicht mehr. Er lächelte mich an, drehte sich um und sprang leichtfüßig die Treppen hoch.
Ich stand immer noch auf den Stufen, konnte nicht laufen, weil seine Berührung mich immer noch lähmte. Plötzlich stand meine Freundin neben mir.
"Sieht schlimm aus", weckte sie mich aus meiner Trance. "Komm ich helfe dir".
Sie führte mich wie eine Marionette ins Sekretariat.
So lernte ich an meinem ersten Tag auf der Erweiterten Oberschule Rüdiger Mehnert, einen aus der zwölften Klasse kennen. Jeden Tag, den ich zur Schule ging, zogen mich magische Fäden in seine Nähe ...

Natürlich ist dies nur ein Beispiel, und ich denke du solltest insgesamt mehr Handlung zeigen, statt nachzuerzählen wie es sich zugetragen hat. Du gibst den Gefühlen mehr Raum, zeigst die Wichtigkeit und musst nicht während des Erzählens die Gefühle rechtfertigen, weil der Leser sich selbst ein Bild machen kann, wenn du Emotionen zeigst, statt sie zu erzählen.
Wie auch hier:

Wenn wir uns später im Schulhaus trafen, schaute er sofort weg. Gerne hätte ich mit ihm gesprochen, über diesen Tanz, über irgendetwas, einfach nur sprechen. Mit fehlte der Mut für einen zweiten Anlauf und irgendwann war es vorbei mit meiner Schwärmerei.

Die erste Liebe mutiert plötzlich zu Schwärmerei, die dann vorbei sein soll und keiner kann nachvollziehen, warum die Protagonistin ihre Liebe zu einem Schwarm abwertet und warum der Junge plötzlich nicht mehr wichtig ist.

Gerade die Wiederbegegnung

Jahre später, als ich in Berlin an der Humboldt-Universität studierte und auf einem der seltenen Wege nach Hause war, traf ich ihn im Zug. Ich hatte ihn schon auf dem Bahnsteig gesehen, kurz überlegt, ihn anzusprechen, aber wozu?
Der Zug war brechend voll und ich bekam nur einen Stehplatz. Plötzlich tippte mir jemand auf die Schulter und instinktiv wusste ich, das ist er.
Überrascht starrte ich ihn an, fühlte, wie meine Narbe am Knie pochte.
deutet doch auch darauf hin, dass nichts irgendwie zu Ende war, eher ahnt man dass eine Sehnsucht unerfüllt geblieben ist und am Ende wirkt die Geschichte durch diesen Schluss
Ich beugte mich nach unten, rieb die Narbe an meiner Kniescheibe. Ob er sich auch daran erinnerte, dass er es war, der mir damals beim Aufstehen nach dem Sturz geholfen hatte? Ich könnte ihn fragen, jetzt, nur, wollte ich das? Nein, ich hatte meine erste Liebe, die doch nur eine Schwärmerei war, als meine Erinnerung abgespeichert, wollte ihn nicht mehr daran teilhaben lassen.
Langsam kam ich wieder hoch und stimmte in sein Lachen ein.
verbittert auf mich.


LG
Goldene Dame

 

Hallo Goldene Dame,

danke, dass du gelesen und kommentiert hast.
Geht dir das manchmal auch so, dass du eine Kritik bekommst und sie fast eins zu eins übernehmen möchtest, aber nicht weißt, ob man das macht? :confused:
Deine Sätze, die du als Alternative gegeben hast, gefallen mir gut und ich werde versuchen, mehr Gefühl transparent zu machen.
Auch wenn bei dir das Ende der Geschichte bitter aufstößt, das ändere ich nicht, weil ich es nicht so empfinde. Die Protagonistin möchte ihn nicht mehr an ihren Empfindungen teilhaben lassen. Das soll auch so bleiben.
Ich finde nicht, dass der Schluss bitter ist, ich empfinde ihn konsequent.

Ganz liebe Grüße,
jurewa

 

Hallo Jurewa,

Bedenklich, wie oft ich als eingefleischter Horror-Freund in letzter Zeit in der Romantik-Ecke rumhänge. Ich werde langsam weich! Aber genug der albernen Selbstreflektion, zur Geschichte:

fragte:"Alles ín Ordnung? Kannst du laufen?"
Nach "fragte:" fehlt eine Leerstelle.

Ich glaubte, man sah mir an, wie sehr ich ihn mochte.
Wenn sich ihre Vermutung diesbezüglich nicht geändert hat, was ich nicht annehme, solltest du hier den Präsenz "glaube" gebrauchen.

die Frage der Kleidung wurde zu einem fast unüberwindlichem Hindernis.
unüberwindlichen

und ich hatte noch vier Geschwister, von denen drei jünger waren als ich.
Hm, die vier Geschwister hat sie ja (vermutlich) immer noch. Für günstiger und hier stilistisch passender halte ich etwas wie "...und meine drei jüngeren Geschwister gab es ja auch noch/waren ja auch noch da."

Es war kein Geld da.
Den Satz kannst du dir schenken, ist schon klar.

Ich konnte doch Rüdiger nicht in meinem Jugendweihekleid gegenübertreten!
Ich verstehe von solchen heidnischen Bräuchen (nur Spaß :D) ja nicht allzu viel, aber findet die Jugendweihe nicht auch in dem Alter statt?

Mit meiner Freundin
Da du die Freundin ja oben schon auftreten lässt und sie offenbar so eine Art beste Freundin ist, böte es sich wohl an, oben einen Namen einzuführen und diesen fortan zu verwenden.

Obwohl, ich konnte gar nicht tanzen.
Dieses vorangestellte "obwohl" benutzt man alltags ja zumeist, wenn einem gerade ein Einwand gegen das eben Gesagte einfällt. So ist es hier ja nicht gemeint, weshalb ich von der Konstruktion abraten würde.
Eher: "Und dass obwohl ich gar nicht tanzen konnte."

Damenwahl.......
Man sollte es allgemein bei drei Pünktchen belassen. Und dahinter gehört ein Leerzeichen.

Plötzlich tippte mir jemand auf die Schulter und instinktiv wusste ich, das ist er.
Entweder: "...wusste ich: Das ist er." oder "...wusste ich, dass er es war."

"Bist du nicht die Cordula Schreiber?" fragte er,
Komma hinter die wörtliche Rede.

Es war irgendwie rührend wie dein Gesicht glühte, deine Augen leuchteten und dann dieses komische Kleid, dass du anhattest.
Tut mir leid, aber die Stelle finde ich misslungen. Ich glaube nicht, dass jemand so etwas zu jemandem sagt, der ja mittlerweile ein Fremder sein dürfte.


... und am Ende wird geheiratet. ;) Nein, gottlob nicht. Das Ende finde ich nämlich vor allem gelungen, da es eine distanziertere Betrachtungsweise des Ganzen eröffnet und die Geschichte vor dem lauernden Dämon der Belanglosigkeit und Belibeigkeit rettet. Denn dass du hier keinen Innovationspreis gewinnst, dürfte ja klar sein. ;)
Ja, insgesamt hat's mir gefallen. Weder stilistisch noch inhaltlich die neue große Erleuchtung, aber sehr echt, sehr nett.


Gruß,
Abdul

P.S.: Den Titel finde ich auch scheußlich. :D

 

Hallo Jurewa

Auch wenn bei dir das Ende der Geschichte bitter aufstößt, das ändere ich nicht, weil ich es nicht so empfinde. Die Protagonistin möchte ihn nicht mehr an ihren Empfindungen teilhaben lassen. Das soll auch so bleiben.
Ich finde nicht, dass der Schluss bitter ist, ich empfinde ihn konsequent.
Ich meinte auch nicht, dass der Schluss bitter ist, sondern ich hatte den Eindruck, dass die Protagonistin verbittert sei, weil ich nicht nachfühlen kann, warum sie es verschweigt, dass er eine Zeitlang sehr wichtig für Sie gewesen war. Ich finde es z.B. schön, wenn man eine Erinnerung (sich)gemeinsam (mit)teilen kann, wenn man sich nach Jahren wieder trifft.

Geht dir das manchmal auch so, dass du eine Kritik bekommst und sie fast eins zu eins übernehmen möchtest, aber nicht weißt, ob man das macht?

Ich weiß manchmal einfach nicht, ob ich zur Veranschaulichung Vorschläge machen soll :( Letztendlich entscheidet der Autor, ob ihm die Kritik hilft oder nicht. Ich habe auch Vorschläge eins zu eins übernommen und während ich sie niederschrieb, habe ich den Sinn der Kritik verstehen können und konnte die Kritik auf andere Textpassagen übertragen und habe daran feilen können. Heute übernehme ich immer noch Vorschläge aus Kritiken, modefiziere sie jedoch. Meinen Vorschlag s.o. würde ich so nicht übernehmen, nicht, dass ich ihn nicht gut finde, aber brilliant finde ich ihn auch nicht. Ich sehe nur solide den Unterschied dargelegt, wie man einen Text auch schreiben kann.

Lieben Gruß
Goldene Dame

 

Hallo Goldene Dame,

danke für dein erneutes Rückmelden. Du hast Recht, es ist schön, wenn man sich Erinnerungen teilen kann und auch die jeweilige Sicht des Anderen darauf erfährt. Nur, das wollte ich in dieser Geschichte nicht. Es sollte kein gemeinsames Erinnern sein. An der anderen Veränderung bin ich noch dran.

Hallo AbdulAlhazred,
wie kann man nur so einen komplizierten Nick haben ;)?
Auch dir ein 'danke' für das Lesen und die Fehlersuche. Die Geschichte ist schon daraufhin korrigiert.
Die Sache mit dem Jugendweihekleid habe ich nicht ganz verstanden. Jugendweihe ist mit 14, meistens in der achten Klasse. Damals gab es Abitur mit Berufsausbildung ab der neunten Klasse, d.h., gleichzeitig mit Schule erfolgte eine Berufsausbildung von der 9.-12. Klasse. Nur so als Erklärung :).

Lieben Gruß,
jurewa

 

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