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Thema des Monats Es möge sich deiner erbarmen ...

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15.04.2002
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Es möge sich deiner erbarmen ...

Klemens griff nach der Kondomschachtel auf dem Nachtschränkchen. Als er schwer atmend daran herum fummelte, nahm Johanna ihm den Karton plötzlich aus der Hand. »Was ist das denn?« Die Erregung war aus ihrer Stimme gewichen. Klemens fiel erst jetzt auf, dass die Schachtel eine verschnörkelte Aufschrift trug: »Neu - Jetzt Ablasstaxe inklusive«.
»Das drucken die seit kurzem groß drauf«, meinte Klemens, »ich glaube, wegen irgendeiner neuen Kennzeichnungspflicht.«
»Kennzeichnungspflicht? Das ist ja interessant.«
Klemens Laune sank wie sein Glied in sich zusammen. »Ja«, entgegnete er enttäuscht, »aber dass der Ablass in den 6 Dukaten für die Schachtel schon drin ist, weiß doch jeder. Nur schreiben sie es jetzt eben mit drauf.«
Johanna antwortete nicht. Sie drehte die Schachtel hin und her, als hoffe sie, noch mehr Aufschriften zu finden, über die sie sich aufregen konnte.
»Wir begehen hier nunmal gerade eine Sünde«, erklärte Klemens, »und auf Sex vor der Ehe, noch dazu mit Verhütung, stehen nunmal fünf Jahre Fegefeuer.«
»Sechs. Ich bin erst siebzehn.«
»Hm«, machte Klemens und beobachtete konzentriert die Fresken an der Zimmerdecke. All die süßen Engelchen sahen zu, wie in diesem Bett frevlerische Sünden stattfanden. Oder besser: Heute nicht stattfanden. »Dann lassen wir es halt«, entfuhr es ihm.
»Schön«, zischte Johanna, stand auf, zog sich an und ging.
Klemens lief danach eine halbe Stunde in seiner Wohnung auf und ab, bis er beschloss, ein Spaziergang würde ihm sicher gut tun. Gegen ein paar Steinchen treten, kräftig aufstampfen, vielleicht ein wenig schreien, wo es niemand hören konnte. Lange wanderte er entlang des stillen Kanals. Als er etwas abseits des Weges seine Blase erleichtern wollte, fand er die Leiche.

Geliebter Bruder, gottesfürchtige Schwester, zum Erwerbe Eures neuen Mobiltelefons Innozenz S400A gratulieren wir barmherzig. [..] Die Annahme der persönlichen Beichte bei Christi Direktem Draht ist werkseitig auf die Kurzwahltaste 1 gelegt (0,59 Dukaten/Minute). [..] Vom Hauptmenü aus ist die eingebaute Taxen-Liste mit nicht weniger als 999 verschiedenen Standardsünden leicht erreichbar; die entsprechend fälligen Tage im Fegefeuer sind akkurat nach Erkenntnissen der Ablasskongregation von Rimini, 2. April 1897, aufgeführt. [..] Im Namen des Kaisers, möge der Herr mit Euch sein, Amen.

»Der Kaiser ist im Fernsehen.«
»Hörst du mir nicht zu?« Klemens schrie in sein Mobiltelefon. Seine Mutter konnte ziemlich ignorant sein, wenn sie vor der Himmelskiste saß.
»Doch«, entgegnete sie, und Klemens hörte, wie sie auf etwas kaute. Hoffentlich nicht wieder Khat-Blätter – ein unsäglicher Import des Kreuzzuges letztes Jahr, aus dem heidnischen Jemen. Jedenfalls eine Sünde und damit eine gute Einnahmequelle für Papst Leo XXIII. und den Kaiser.
»Aber er erzählt über die Jugendliebe seines Sohnes, Prinz Friedrich! Das ist ja sooo romantisch!«
Klemens schloss die Augen. »Ist Vater nicht da?« Er hätte doch die Polizei anrufen sollen. Oder Alex. Ja. Alex war schlau. »Ich melde mich wieder, viel Spaß mit dem Kaiser«, sagte Klemens, beendete das Gespräch und wählte die Nummer von Alex. Der ging nicht ran. Aber Alex war garantiert zuhause. Las lieber sonderbare Bücher, als sich mit anderen Leuten abzugeben. Mit Frauen zum Beispiel. Klemens verzog das Gesicht. Einmal hatte Alex seinen Hintern gestreichelt. Diese Sünde wäre fast das Ende ihrer Freundschaft gewesen. Klemens wischte den schmutzigen Gedanken eilig fort.
Der Tote war nackt. Sein Gesicht sah nicht mehr aus wie ein Gesicht. Eher wie etwas, das man normalerweise in einer Fleischtheke fand. Klemens zwang sich, genauer hinzusehen. Ein Teil des Haars fehlte. Scheinbar hatte es jemand in der Mitte des Kopfes abrasiert. Die Kopfhaut dabei zerfetzt. War da ein Zeichen? Klemens beugte sich hinunter. Fliegen stiegen auf. Stoppeln. Weiße Haut. Darauf ein Hautgemälde. Klemens fuhr zurück. Ein Buchstabe. Aber warum? Warum trug der Mann einen Buchstaben auf dem Kopf? Wer hatte ihn so gewaltsam freigelegt? Und war der Mann da schon tot gewesen?
Bis zu Alex waren es nur drei Straßen. Klemens lief los.

Brüder und Schwestern, die kaiserliche Sendeanstalt für Himmelskästen bringt jetzt Kurznachrichten aus Europa. (Film: Brennende Fabrik) In St. Gregor, der Hauptstadt von Flandern, wurde heute eine Schuhfabrik von Flammen verzehrt. Die Hlg. Inquisition geht von Hexerei aus. Der Bischof von St. Gregor (Film: Der Bischof in der Kathedrale) segnete die Opfer und verkaufte Generalablassbriefe zu barmherzig ermäßigtem Preise an die Hinterbliebenen. (Film: Reporter befragt weinenden, älteren Mann) »Gott hat heute meinen Sohn Martin zu sich genommen. Ich bin glücklich, denn er wird nicht im Fegefeuer leiden müssen.« (Mann hält Ablassbrief in die Kamera)
(Nachrichtensprecher im Studio) Das kaiserliche Parlament hat heute in einer mehrstündigen Sitzung einstimmig beschlossen, der Bestellung weiterer Mittel zuzustimmen, die seine Kaiserliche Hoheit zur Verstärkung der tapferen Truppen im fernen Arabien einsetzen will. (Film: Jubelnde Gläubige vor dem Grossmünster von Zürich) Kriegsbischof Rupert von Zürich begrüßte die Entscheidung und versprach, sich beim Papst für die Heiligsprechung weiterer Märtyrer einzusetzen. [..]
(Film: Prinz Friedrich auf der Karlsbrücke in Prag in Begleitung einer Jungfrau) Der älteste Sohn des Kaisers trat heute öffentlich in Prag mit seiner Verlobten auf. Friedrich spazierte hinunter vom Hradschin zur Karlsbrücke, wo er vor der Bronzestatue des heiligen Johannes Nepomuk betete. Mit einem Hubschrauber reiste er anschließend nach Karlsbad, wo seine Schwester am Sonntag ihren 14. Geburtstag feiern wird. (Film: Prinzessin Mathilde auf der Böhmischen Burg Loket) Die Vorbereitungen zu dem großen Fest sind in vollem Gange. [..]

Alex wohnte in der Tetzel-Allee. Die von Buchen gesäumte Straße führte leicht bergauf. Klemens wurde langsamer. Seine Lunge schmerzte, sein Hals kratzte. An der Ecke stand ein Kleinkrämer mit seinem Wagen. Der ältere Mann las in einer Zeitung. Er sah auf, als Klemens keuchend vor ihm stehen blieb.
»Gott mit dir«, sagte der Händler und zeigte ein verkaufsförderndes Lächeln. Klemens deutete atemlos auf ein Schild. Schnörkellettern boten ein Getränk mit Bonus feil: Hlg. Saft & Khat-Blatt, probieren für 1D80 (inkl.A.)!
Kopfschüttelnd klappte der Kleinkrämer eine Schranktür seines Wagens auf und holte eine gekühlte Flasche heraus. Außerdem reichte er Klemens eine raschelnde Papiertüte. Immer noch lächelnd nahm er zwei Dukaten entgegen. »Der Rest ist für die Seele ...«, keuchte Klemens mühevoll, »deines Vaters.« Er drehte den Verschluss von der Flasche und nahm, schon im Gehen, einen tiefen Zug vom Heiligen Saft.
»Der Herr möge sich deiner erbarmen«, rief der Krämer ihm fröhlich nach.
Endlich kam Klemens an dem Haus an, in dem Alex wohnte. Über den Klingeln hatte man provisorisch eine Statue der Hlg. Muttergottes angebracht. Die Schrauben in ihren Schultern erinnerten ein wenig an Jesu Kreuzigung. Während Klemens wartete, ließ er einen weiteren Schluck Hlg. Saft seine Kehle hinunter rinnen. Das gab ihm neue Kraft. Sein Blut schien einige Grad heißer zu werden, bunte Sternchen tanzten vor seinen Augen. Warum machte Alex nicht die Tür auf? Er war sicher zuhause. Alex ging nie aus.
Klemens beschloss, es im Hinterhof zu versuchen. Das Haus besaß eine offene Durchfahrt, die auf den Mieterparkplatz mit den Fahrzeugunterständen führte. Oft saß Alex auf der kleinen Veranda im Innenhof und rauchte Schischa. Noch so ein Genussmittel, das ohne Kreuzzüge nie den Weg ins Abendland gefunden hätte, dachte Klemens, während er die Papiertüte mit den Khat-Blättern befingerte. Vielleicht sollte er auch mal davon ... Eine Hand griff nach seiner Schulter. Riss ihn herum. Klemens taumelte rückwärts. Stieß an die Mauer. »Alex!«
»Komm«, zischte Alex und sah sich nach allen Seiten um. Er zog Klemens auf die kleine Grasfläche neben seiner Veranda.
»Wo warst ...«
»Still«, versetzte Alex. Seine grauen Augen zuckten hierhin und dorthin. Er stieß die Glastür zu seinem Zimmer auf, schob Klemens hinein. »Also?«
»Ich ...« Klemens zögerte. »Am Kanal liegt ein Toter«, stieß er dann hervor. Alex stürmte quer durchs Zimmer, um ihm die Hand auf den Mund zu legen. »Still«, hauchte er, schien zu horchen. Ein Augenlid zuckte. »Gib mir das«, sagte er und nahm Klemens die Tüte mit den Khat-Blättern weg.
»Er hat ein L auf dem Kopf«, sagte Klemens.
Alex ließ die Tüte fallen. Stieß Klemens zur Tür. »Du warst nicht hier«, zischte er, »geh.« Er holte aus und trat Klemens gegen den Schenkel. Der torkelte, stand plötzlich draußen. Die Tür knallte zu.
Einen Moment lang starrte Klemens die Glastür an. Innen zog Alex die Vorhänge zu.
Nach dem letzten Schluck aus der Saftflasche stürmte Klemens zurück zum Kanal. Dann rief er die Polizei an.

Befragungsprotokoll Nr. 675234(1) vom 3. August 1905 a.d.
Aufgezeichnet im Bischöflichen Territorium Westfalen der hl. Inquisition St. Bonifazius am Rhein
Befrager: Päpst. Inquisit. Martinus Matthäus Döppesbäcker (D.)
Befragter: Klemens Maria Bäder (B.), geb. 21. April 1881 zu Barmen, Ablassregisternr. B210481-146
Anonymer Protokollführer: Nr. XII-b
[..]
D.: Was hast du getan, als du die Leiche gefunden hast?
B.: Ich rief die Polizei an.
D.: Bist du sicher, dass du nicht vorher noch ...
B.: Ja! Ja, richtig, jetzt fällt es mir wieder ein. Ich habe meine Mutter angerufen.
D.: Deine Mutter.
B.: Ja.
D.: Und wen noch?
B.: Ich ... (der Befragte zeigt an dieser Stelle starke Angstzustände, d. Protokollf.)
D.: Sprich. Du hast nichts zu befürchten.
B.: ... (unverständliche Laute, d. Protokollf.) Ich habe einen Freund angerufen.
D.: Wie heißt dieser Freund?
B.: ... (unverständliche Laute, d. Protokollf.)
D.: Wiederhole bitte.
B.: Alex. Aber er ging nicht ran.
D.: Und dann?
B.: Dann habe ich wirklich die Polizei angerufen.
D.: Siehst du, die Wahrheit tut nicht weh. Deine Angaben stimmen mit der Liste deiner Anrufe überein, die uns die kaiserliche Mobiltelefon-Gesellschaft zur Verfügung gestellt hat.
[..]

Als Klemens gegen Dreiviertel Sechs das Gebäude der Inquisition von St. Bonifazius verließ, konnte er die Augen kaum aufhalten. Es war still auf den Straßen so früh am Morgen. Langsam dämmerte der neue Tag, und Klemens wollte nur noch eins: Ins Bett. Wie ein Sack voll Kohle lastete der fehlende Schlaf auf seinem Schädel.
Kaum stand Klemens auf der Straße, sprang der Motor eines Fahrzeugs an. Scheinwerfer blendeten Klemens. Das Auto startete. Kam auf ihn zu. Er taumelte, sprang auf den Bürgersteig. Der Wagen hielt neben ihm, die Beifahrertür ging auf. »Rein«, schrie Alex.
Klemens starrte seinen Freund an, dann warf er einen Blick zum Inquisitionsgebäude. Kein Mensch zu sehen. Eilig ließ Klemens sich in den Sitz fallen, zog die Tür zu. Als er seinen ersten Satz hervor brachte, waren sie schon drei Straßen weiter: »Sie haben mir nichts getan.«
Alex schien nicht zugehört zu haben. »Der Tote ist ein Luderaner. Er trägt das Luder-Zeichen«, erklärte er.
»Was?«, entfuhr es Klemens.
»Ein L. Unter den Haaren, auf dem Kopf. Das Zeichen.«
»Was bedeutet das?«
»Vergebung der Sünden allein durch die Gnade Gottes«, sagte Alex.
Klemens kniff die Augen zu, aber der dumpfe Schleier blieb. »Wovon redest du?«
»Weißt du, wer Martin Luder war?«
»Keine Ahnung.«
»Kein Wunder. Keiner kennt ihn. Er starb Anfang 1517. Er war ein Mönch. Es gibt Papiere. Geheime Papiere. Er war gegen den Ablass. Vergebung ist Gnade. Und kostenlos. Hat er erkannt. Wollte die Kirche umformen. Und dann ...« Alex flüsterte nur noch, »dann hat Papst Leo X. ihn umbringen lassen.«
»Das ... sind doch alles dumme Verschwörungstheorien!« Klemens bekreuzigte sich. »Du bildest dir das ein!«
»Du bist dumm. Die Luderaner gibt es. Aber der Papst ist hinterher. Sie bewahren das Wissen. Bis einer mal Kraft hat. Genug Kraft. Genug. Um den Mund aufzumachen.«
Der Wagen hielt an einer Ampel. Wortlos öffnete Klemens die Tür und sprang aus dem Auto. Er schlug die Tür zu und ging die Straße entlang, ohne sich umzusehen. Er hörte, wie Alex abfuhr.
Klemens konnte vor Müdigkeit kaum geradeaus laufen. An einer Laterne blieb er stehen, hielt sich fest. Irgendwo läuteten Glocken. Sechs Uhr. Er bekreuzigte sich. Alex ist verrückt. Mit Verrückten gebe ich mich nicht ab, dachte Klemens.
Ihm kam eine Idee. Er holte sein Mobiltelefon aus seiner Jackentasche. Irgendwo in der Liste stand bestimmt, wie er sich versündigt hatte, und was er zahlen musste, um dem Fegefeuer zu entgehen. Notfalls musste er die Beichte anrufen. Kaum hatte er das goldene Gerät eingeschaltet, da piepte es eine bekannte Melodie - das alte Tetzel-Lied: »Sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt.« Der winzige Bildschirm zeigte den lächelnden und winkenden Papst. In einer Sprechblase stand: »Johanna hat angerufen.«
Klemens lächelte.


--
21.8.05-28.8.05 Monatsthema: Alternativwelten

 

hi Uwe

hmm, ich muss sagen, dass mir diese Geschichte nicht so gefallen hat. Das liegt vor allem an dem doch sehr weit hergeholten Grundgedanken. Nur weil Luther gestorben ist, hat sich die Welt nicht verändert? Ein bisschen sehr mager. W

Alles dreht sich um Sünden, und wie man sich davon loskaufen kann. Eigentlich keine schlechte Idee. Der Kaiser regiert noch durch Gottes Gnaden, der Papst ist präsent wie nie zuvor. Ist zumindest denkbar. Aber die totale Überpräsenz von Kirche, Sünde und Fegefeuer ist für mein Gefühl zu stark aufgetragen. Nicht mal zur Zeiten der Inquisition dürfte sich der 'Mann von der Straße' dermaßen Gedanken darüber gemacht haben. Gut, in diesem Fall kommen noch sämtliche modernen Medien hinzu, aber trotzdem, es ist unglaubwürdig.

Sonst haben wir noch voreheliche Sexversuche, legalen Drogenmißbrauch (diesmal kein Kaffee), einen Toten, Folterung und die Enthüllung eines verbotenen Geheimnisses. Es liegt vielleicht an den kursiven Texteinschüben, aber irgendwie fehlt mir ein starker, durchgehende Handlungsfaden. Du beschreibst wie durchdrungen die Welt von der Macht des Papstes, des Kaisers und des Ablassbriefes ist, der Rest ist beinahe Make-up um eine Geschichte zu rechtfertigen.

Alles in allem eine nette Idee, die aber nur mäßig umgesetzt wurde.

mfg
Kerberos

 

Wir, der Hueter der reinen Lehre, geben bekannt, dass wir die Historie mit vergnueglichem Wohlwollen lasen.
Es bleibt uns anzumerken, dass wir neben uns weltliche Hoheiten nur als Marionetten dulden, alsdann erklaere er uns, dass wir die Intention der Auslassungen ueber den gesalbten Fridericus Rex dahingehend richtig deuteten.
Trauer verduesterte unsere Herzen, sollte die hl. Inqusition es fuer noetig erachten, sich mit dem Scribenten dahingehend zu befassen.
Der lapsus logiae sei grossmuetig verziehen, denn nie haetten wir das haeretisches Gedankengut eines schraubenden Hubers zugelassen - eine vielflueglieger Angelos der nicht nur durch goettliche Hand in Lueften wandelt!
Uns missfaellt ferner die blasphemische Wortverdrehung, denn er hat doch gewiss im Laienschreibseminar nicht zu ruhen geruhet?
Lese er nach: Wenn das Geld im Kasten klingt, DIE SEELE IN DEN HIMMEL SPRINGT.
magnifikate
Proxilitatus

 

@Kerberos:
Ist ja nicht so, dass meine Welt sich von unserer allzu stark unterscheidet. Gut, die Inquisition ist mächtig (und dank Abhörmöglichkeiten vom Angstfaktor her in etwa mit der Stasi zu vergleichen), weil die Reformation nicht stattgefunden hat, daher gibt es auch auch den Ablass noch. Meine Recherchen und Überlegungen hierzu lege ich gern ausführlicher dar, sobald einige weitere Kritiken eingegangen sind. Freilich sind einige Passagen überzeichnet und daher nicht auf die Goldwaage zu legen. Übrigens ist der Drogenmissbrauch nicht legal, sondern eine Sünde - aber im Kaufpreis ist die Ablasstaxe bereits enthalten ("inkl.Abl.").

@Proxi:
Äh. Drücke Er sich bäuerlicher aus, damit ich armer Tropf das auch verstehe :D
Ja, der weltliche Kaiser ist eine Marionette, deshalb wird über ihn auch nur in Boulevardmagazinen berichtet ;)
Was das Zitat angeht, habe ich es wörtlich aus meiner Quelle abgeschrieben, aber vielleicht ist die nicht vertrauenswürdig. Hmpf. Kannst Du mir eine sichere nennen?

 

Tach Uwe!

Um nicht "schmunzelig" zu schreiben: eine - vergnügliche Geschichte, die mal wieder genau da aufhört, wo sie eigentlich erst richtig anfangen könnte und sollte. :dozey: Im letzten Drittel geht´s wieder hopp hopp: Alex schiebt Clemens raus, holt ihn dann doch wieder ab; keine Nachuntersuchungen, kein Täter, kein Garnichts. Wenn diese "Luderaner" so eine Bedrohung sind - und dann müsste es ja schon mehr davon geben - lässt man sie doch nicht einfach mit L-Symbol im Wald verrotten. Gibt es Anschläge? Wie gewinnen sie neue Mitglieder? Wie "schaden" sie dem Kirchenstaat? Macht sich Alex auf die Suche nach ihnen? Ist Clemens darin verwickelt? Et cetera, et cetera...

Aber so lässt du deine Leser (wieder mal) mit einem Schulterzucken zurück, obwohl auch hier gilt: Da kann man doch viel mehr draus machen! :schiel: [Hier eins, zwei AAARGHS! einfügen]

Dante

 

Selber Aarg - Dir ist schon klar, dass ich die Zeichenbegrenzung sowieso schon überschritten habe? Nicht nur mir ist klar geworden, dass dieses Alternativwelt-Thema im KG-Format schwer zu handhaben ist ...

 

Dir ist schon klar, dass ich die Zeichenbegrenzung sowieso schon überschritten habe?
Ich glaub, die hauen wir ab September mal raus. :D

Nicht nur mir ist klar geworden, dass dieses Alternativwelt-Thema im KG-Format schwer zu handhaben ist ...
Stömmt. Hiermit erlasse ich dir deine Schreibsünden für 2D80 (inkl.A.)! {Übrigens ne geile Idee! :)}

 

Hi (der ursprüngliche) Uwe,

mir hat die Geschichte gut gefallen, abgesehen davon war es keine Geschichte.
Jemand findet eine Leiche, will es seinem Kumpel erzählen (der ein Verschwörungstheoretiker ist), wird von der Polizei verhört und Ende. Eine Handlung ist das nicht, mehr der Introitus.
Dieser ist natürlich meisterlich erzählt in der Dir eigenen Sprachverstümmelung in der wörtlichen Rede mit den vielen niedlichen Details (wunderbar viele: sprachliche Feinheiten, Währung, Amtsdeutsch usw.), die ich an Deinen Geschichten so liebe.

Insgesamt eine schöne Nicht-Geschichte.

Ich finde auch, dass dieses Thema des Monats ziemlich schwer ist.

Grüße,
Naut

 

Nicht-Geschichte? Eure Nautigkeit belieben zu scherzen :crying:
Immerhin sind die ganzen Details gut bei Dir angekommen, da hab ich mir auch viel Mühe mit gegeben.
Unterstellen wir mal, dass es unmöglich ist, eine Alternativwelt in KG-Form auszubreiten. Dann haben wir's wenigstens versucht :cool:

 

Nicht weinen Uwe! So schlimm, wie ich's schrieb war's nicht gemeint: Es ist nur so, dass dort ein Lutheraner (oder Luderander) tot im Wald liegt, und man sich am Schluss fragt "Und DAS war jetzt die Pointe?" Bis dahin ist es aber wirklich spannend.

Na, Du bist ja auch selbst Schuld! Warum schreibst Du sonst auch immer so gute Geschichten ;)

 

Pfff ... naja, ich sehe das ein bisschen aus Sicht unserer Welt. Da Klemens keine Ahnung hat, was es mit den Luderanern auf sich hat, hat er halt wirklich "nur" ne Leiche gefunden, ist der Inquisition von der Schüppe gesprungen, weiß nun endgültig, dass sein Freund Alex nen Dachschaden hat, und vielleicht hat er bei seiner Freundin auch nochmal eine Chance - in der Tat, aus dieser Sicht ist das nicht viel ... aus unserer Sicht aber sind es die vielen Kleinigkeiten, die unsere von jener Welt unterscheiden, die die Story interessant machen, jedenfalls war das meine Intention. Ich habe absichtlich erst recht spät verraten, was es mit der Leiche und ihrem Tatoo auf sich hat ... so gesehen gibt es danach keine weitere Pointe, und das ist der Story vielleicht vorzuwerfen. Bzw. mir.

 

Hey Uwe,
hat mit gut gefallen, deine Fiktion von einer Welt, in der sich die Vorgehensweise der Kirche aus dem Mittealter erhalten hat. Irgendwo ist sie ja auch fast eine Weiterführung von Dantes Idee - obwohl seine Gehirnwäsche dann hätte früher ansetzen müssen.
An manchen Stellen ist die Verquickung zwischen Altertum und Moderne ein wenig irritierend. Aber irgendwie macht das auch grad den Reiz aus. Die Szenen mit Alex sind mir noch ein wenig zu knapp. Ständig zerrt er Klemens für ein paar Sätze irgendwo rein und wirft ihn dann wieder raus. Und das Wort "Karton" in Bezug auf die Kondomschachtel wirkt irgendwie überdimensioniert. Oder wolltest du das absichtlich nach Großpackung aussehen lassen, weil ja eine Aufschrift sonst im Eifer des Gefechts gar nicht auffallen würde?
Die Ideen mit der Beichtfunktion am Handy und inkl.A. statt unserem heutigen inkl.MwSt. haben die Kleinigkeiten aber gut wieder wettgemacht. Davon hätte ich gerne noch mehr gelesen.

Gruß,

kira.

 

Danke für Deine Anmerkungen, kira :)
Ich hätte gerne auch noch mehr dieser kleinen Details eingebaut, aber ich hab eh schon die Begrenzung überschritten ...

Zeit für ein paar historische Anmerkungen (damit ihr mir auch glaubt, dass ich recherchiert habe):
- Martin Luther änderte seinen Namen Ende 1517, bis dahin hieß er Luder. Da er in meiner Alternativwelt vorher starb, ist er natürlich nur als Luder bekannt.
- Luther fiel schon vor 1517 mit kritischen Aussagen und Schriften auf, allerdings hauptsächlich in seiner Rolle als Professor. D.h. das "gemeine Volk" bekam davon nicht viel mit.
- Durch den verfrühten Tod unterstelle ich das "Ausfallen" der Reformation. Luther war der Auslöser; die Strömung gab es auch ohne ihn. Aber ohne sein mutiges Auftreten fehlte es an Druck.
- Keine Reformation, kein 30-Jähriger Krieg. Der hat Mitteleuropa gut 100 Jahre Entwicklung gekostet. Deshalb spielt meine Story im Jahr 1905.
- Die übermächtige Kath. Kirche vereinigte ganz Mitteleuropa; abgesehen von internen Scharmützeln und den Kreuzzügen fielen daher auch die Weltkriege aus.
- Demzufolge ist Europa im Vergleich zu Amerika weiter entwickelt, daher gibt es so gut wie keine Anglizismen.
Naja, und ansonsten sind da natürlich einige Anspielungen auf die Realität ... mit dem Papst als "Popstar" auf dem Handy-Display ...

Eigentlich fand ich selbst (wie Kerberos) den Stoff etwas weit hergeholt. Aber offenbar ist er interessant genug, um weiter ausgebaut zu werden. Definitiv könnte man die Geschichte problemlos einfach weiter schreiben. Vielleicht mach ich das mal ;)

 

Hi Uwe,

das urspruegliche Zitat ist, n.W.n., direkt aus einer der Lutherschen Schriften (wo genau kann ich leider nicht sagen, meine Bibliothek ist in D).
Proxi

 

Hi Uwe!

Also, was die Plausibilität der geschichtlichen Entwicklung betrifft: Bist du sicher, dass die katholische Kirche mit ihrer totalitären Machtlogik nicht jeden Erfindergeist gelähmt hätte und somit auch die technische Entwicklung? Schließlich wäre jede Innovation erst mal zur Prüfung den Kirchenbehörden vorgelegt worden, und die hätten dann bei jeder zweiten eine Gefahr für die Gesellschaft bzw. ihre Macht gesehen. Diktaturen neigen schließlich dazu, die Entwicklung der Gesellschaft kontrollieren zu wollen.
Aber das sind natürlich müßige Überlegungen... :D

Allgemein hat mir die Geschichte ( bzw. Nichtgeschichte, wie Naut treffend bemerkte ) so lala gefallen. Nicht schlecht geschrieben, aber in einem Rutsch liest es sich auch nicht gerade. Bremsend wirken Stellen wie

Alex wohnte in der Tetzel-Allee. Die von Buchen gesäumte Straße führte leicht bergauf. Klemens wurde langsamer. Seine Lunge schmerzte, sein Hals kratzte. An der Ecke stand ein Kleinkrämer mit seinem Wagen. Der ältere Mann las in einer Zeitung. Er sah auf, als Klemens keuchend vor ihm stehen blieb.

Wie war das mit dem "Show, don't tell"? :schiel:

Die drangeklebten Szenen, die in der Geschichte keine Funktion haben ( wie die mit Krämer und die Fernsehsequenzen ), tragen, so wie sie geschrieben sind, nichts zur Atmosphäre bei und nerven eher.

Gestört hat mich auch, dass der Nachrichtensprecher offenbar von der Erzählstimme kommentiert wird. Ich meine, mal von einer Regel gelesen zu haben, der zufolge der Leser die Anwesenheit des Erzählers nicht spüren darf. Jetzt weiß ich, was damit gemeint ist. :rolleyes:
Wenn die Fernsehsequenzen schon bleiben sollen: Die Bilder kann ich mir selbst vorstellen.

Inhaltlich kam auch nicht so wahnsinnig viel rüber. Das lag daran, dass, wie Dante schon anmerkte, die Geschichte da aufhört, wo sie eigentlich anfangen sollte. Vielleicht kannst du ja die überflüssigen Szenen weglassen und dafür mehr Handlung einsetzen?
Und außerdem: Wieso gibt es überhaupt diese Zeichenbegrenzung, und warum sollte sich ein Autor dran halten? :confused:
Wenn du dich nicht dran halten würdest, hätte die Geschichte wesentlich mehr Potential.

Ach ja, und ein logischer Fehler wäre da noch:

D.: Siehst du, die Wahrheit tut nicht weh. Deine Angaben stimmen mit der Liste deiner Anrufe überein, die uns die kaiserliche Mobiltelefon-Gesellschaft zur Verfügung gestellt hat.

Glaubst du nicht, dass eine Telefongesellschaft auch die Uhrzeiten der Anrufe speichert? Vor allem in einem Staat, der gegen Überwachung nicht das Geringste einzuwenden hat? :dozey:
Wie soll Klemens wohl erklären, dass er nach dem Anruf bei Alex so lange gebraucht hat, um die Nummer der Polizei zu wählen?

Fazit: Plot mau, sprachlich okay, inhaltliche Umsetzung geht gerade noch so durch.

Ciao,

:cool: Megabjörnie

 

Mir fällt gerade ein:

»Sobald das Geld im Kasten klingt,
die Seele aus dem Fegefeuer springt.«

Sprich das mal nach, und du wirst merken, dass im zweiten Vers zwei Silben zuviel sind. Mit dem einfachen "Feuer" statt "Fegefeuer" klänge der Reim wieder harmonisch. :cool:

 

Ist das Fegefeuer nicht das letzte Gericht, durch das sowieso jeder muss?

Über den Text muss ich nochmal drüber schlafen ...

 

Außerdem entstammt dieser Spruch mE protestantischer Polemik...

 

Sehr durchdachte Alternativwelt, das muß man Dir zugestehen. Auch wenn eine echte "story" ausbleibt, gelingt Dir hier eine sehr eindrückliche Atmosphäre.

Die Welt ohne Martin Luther. Vielleicht hätte irgendein Schwabe die Bibel übersetzt, dann würde sich heute kein Mensch über deren lustigen Dialekt lustigmachen, weil das möglicherweise dann die Grundlage für die Hochsprache bildete... In jedem Fall wäre es die ernste Sprache der Hlg. Schrift.

Die kursiven Abschnitte fand ich teilweise etwas lang, wenn auch interessant. Nicht ungern gelesen, aber am Ende dann doch ein wenig enttäuscht. Du hast das Szenario, das ließe sich doch noch fortsetzen, oder?

Eine Textanmerkung:

  • nahm Johanna ihm den Karton - nahm ihm Johanna

@Yaso: Nein, das Fegefeuer ist der nette Ort, wo Du Deine Sündenstrafe abbüßen mußt, sofern Du nicht genügend gute Taten zu deren Minderung vollbracht hast.

 

@Dante: Der Spruch ist definitiv von Tetzel, und der war nun alles andere als protestantischer Polemiker :p
Nur der genaue Wortlaut scheint nicht ganz klar zu sein.

Danke für eure Anmerkungen, die mich dazu ermutigen, die Geschichte um/auszubauen. Mal sehen.

@Mega: Ich hätte den Einwand, dass die Kirche die technische Entwicklung blockiert hätte, schon eher erwartet. Natürlich wäre die Geschichte dann irrelevant gewesen, weil sie sich kaum von einer Historik-Geschichte aus dem 15. Jahrhundert unterschieden hätte. Deshalb habe ich unterstellt, dass die Reformation ausfällt, die Aufklärung und die industrielle Revolution aber nicht. Ich habe einfach postuliert, dass die kath. Kirche vom Fortschritt (und insbesondere von Ablass, Zehnten etc) auch profitiert und ihn daher (wenn auch massiv kontrolliert) geduldet hat.

Edit: In der Wikipedia steht:

Mit der Parole, "Sobald der Gülden im Becken klingt im huy die Seel im Himmel springt" soll Johann Tetzel in der Art eines Marktschreiers den Ablasshandel eröffnet haben. In das Hochdeutsche übersetzt ist jedoch heutzutage der Ausruf "Sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele (aus dem Fegefeuer) in den Himmel springt!", der Allgemeinheit geläufiger.
Ich nehme mal letzteres ohne die Klammern.

 

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