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Fließende Schatten

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17.01.2020
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Anmerkungen zum Text

Hallo zusammen,
das ist die überarbeitete Version von Deep Fears. Heißt nun anders. Danke Katla. :D
Danke auch an alle weitere Kommentare, die ich versucht habe bestmöglich zu beherzigen und meinen Wünschen anzupassen. Ich denke es ist nun viel besser, noch lange nicht hervorragend oder so, aber ihr wisst ja, "small steps".. und so. :)

Grüße

Fließende Schatten

Eine Stadt, die auf keiner Karte einen Namen hatte.

Tim erwachte schwerfällig, sein Geist folgte träge. Seine Augenlider klebten aneinander, der Blick trüb und grau. Die Welt war zur Seite gekippt. Er leckte zögerlich über seine rissigen Lippen und schmeckte etwas Metallisches. Er roch alte Erde, Beton und Rost und irgendwo in der Ferne rauschten Bäume leise im Wind. Tim bewegte vorsichtig seinen Kopf zur Seite, versuchte ihn dann zu heben, doch sein Nacken gab kreischend nach. Er ließ den Schmerz abebben, bevor er es nach wenigen Sekunden noch mal versuchte. Diesmal mit mehr Erfolg. Er befand sich anscheinend in einem winzigen Raum, etwa zwei Schritte breit und drei lang. Durch ein verdrecktes Fenster an der mintgrün abblätternden Wand fiel fahles Licht ein. Der Staub, der in der Luft hing, schimmerte eigenartig grün im Mondlicht und war dermaßen dicht, dass Tim zunächst dachte, es wäre Nebel. Er riss die Augen unwillkürlich auf, als er ein trübes Glas auf der Fensterbank sah. Er musste reflexartig schlucken. Dumpfer Schmerz pochte tief in seinem Rachen. Auf einem Tisch unter dem Fenster lagen sieben benutzte Spritzen, Einmalhandschuhe aus weißem Silikon und ein langer Gummischlauch, der überzogen war von einer trockenen, bräunlich glänzenden Schicht. Nur die Kacheln auf dem Boden schimmerten noch dunkler, schwarz wie Onyx.

Tim kannte Orte wie diesen. Das Ereignis war nur noch ein lückenhafter Nachklang, aber er konnte sich genau an das Zimmer erinnern, in dem er danach erwachte. In dem einzigen Krankenhaus in dem kleinen abgelegenen Nest, in dem er mit seinen Eltern lebte. Allerdings säuselte der Wind damals nicht durch leere Fenster, wie es heute der Fall war. Tim blickte an sich hinunter. Ihm wurde schlagartig kalt. Ein Beben kroch langsam seine Wirbelsäule hinauf. Er war durch Lederriemen über Brust und Oberschenkel auf eine Liege niedergezurrt, die nur aus Rahmen und Gitter zu bestehen schien. Ketten aus verwittertem Stahl umklammerten seine Hände und Füße. Wessen Blut daran klebte, konnte Tim nicht sagen. Der Ledergurt um seinen Hals kratzte fürchterlich und erlaubte nur minimale Kopfbewegungen. Klebriger Schweiß lief ihm die Schläfen hinunter.
Das Letzte voran er sich erinnern konnte, war die Waldhütte neben dem Spielplatz, wo er jeden Sonntag mit seinen Freunden verbrachte. Er schloss die Augen und durchsuchte seine Erinnerungen nach weiteren Einzelheiten. Er sah nur einen schwarzen Hut hinter einer Hecke. Ähnlich dem Lieblingshut seiner Mutter. Übelkeit überkam ihn wie eine Lawine. Er drehte den Kopf zur Seite und erbrach klebrigen grünen Schleim. Angewidert wandte er den Blick ab.

Der staubige Nebelschleier hatte sich mittlerweile gelegt, sodass Tim mehr von seiner düsteren Umgebung wahrnehmen konnte. Er reckte den Kopf, obwohl er eigentlich überhaupt nicht wissen wollte, was dort in der Dunkelheit lauerte. „Den Ping senden“, hatte sein Vater es genannt. Warum musste er ausgerechnet jetzt an seinen Vater denken, fragte sich Tim, aber es kam unwillkürlich und unaufhaltsam.

Er erinnerte sich wie sehr er sie genoss, die sonnigen Tage auf der Jagd mit Vati, wie Tim ihn nannte. Wie alle Kinder im Dorf ihn nannten. Tim war noch sehr jung, aber Vati sagte immer, man kann nicht früh genug anfangen. Ein Mann alter Traditionen und Werte. Er war im Krieg groß geworden und hatte gelernt, dass man nie vorsichtig genug sein konnte. Vatis oberste Priorität war, seinen Sohn für die Heimtücken der Welt zu wappnen. Also brachte er Tim bei falsche Fährten und Fallen zu legen, Spuren zu lesen, Tiere zu erlegen, zu häuten und alles Weitere, was zur Jagd gehörte. Und auch das Pingen. Vati war von Geburt an blind und wurde von einem Meister trainiert, mit seinen Ohren zu sehen. Vögel stürmten von ihren Ästen und Getier floh ins Unterholz, wenn Vati einen Ping sendete. Dabei schnalzte er mit der Zunge und der resultierende markerschütternde Knall war das Ergebnis endloser Jahre harten Trainings. Es klang wie zwei Holzscheitel, die mit unmenschlicher Kraft gegeneinander geschlagen wurden. Der Ping hallte wieder an Wänden, Bäumen und allem, was den Schall reflektieren konnte. Vati konnte dadurch die Umgebung in seinem Geist zeichnen, jedes Objekt einzeln, in Sekundenschnelle. Er konnte sogar Dinge erkennen, die verdeckt oder versteckt waren, nicht sichtbar für das sehende Auge normaler Menschen. Vati sah alles, dachte Tim immer. Diese Fähigkeit brachte er schließlich auch seinem Sohn bei. Sonst redete Tims Vater nie über seine Vergangenheit. Er sagte immer, dass sein Leben erst begann, als er in dieses Land kam.

Tim versuchte einen Ping zu senden, doch stattdessen peitschte ein Schmerz durch seinen Rachen, als ob er Reißzwecken schlucken würde. Schlagartig badete er ihn seinem eigenen Schweiß, während er gleichzeitig mit der Ohnmacht tanzte. Woher der Schmerz kam, konnte Tim nicht sagen, er war nur froh, dass er so schnell abebbte, wie er gekommen war. Übrig blieb nur ein Pulsieren tief im Hals, wie ein Tier im Dunkel lauernd. Tim atmete langsam ein und noch langsamer aus, zitternd. Was zunächst aussah wie eine Wand auf der gegenüberliegenden Seite des Fensters, stellte sich nun bei genauerem Blick als ein Paravent heraus, wie er üblicherweise in Krankenhäusern zur Unterteilung von Räumen verwendet wurde. Tim war von drei Seiten umgeben von diesen abgewetzten Trennwänden. Drei Stück, die im rechten Winkel zueinander aufgestellt wurden, wie bei einem U. Da sie aber nicht miteinander verbunden waren, konnte Tim durch die Lücken dazwischen tiefer in den Raum blicken. Etwa einen Meter dahinter konnte Tim ein rostiges Bett erkennen, auf dem eine Person lag, regungslos und gefesselt. Sie hatte etwa die gleiche Größe und Statur wie Tim selbst, war aber im Gegenteil zu ihm komplett in einen makellosen weißen Latexanzug gehüllt. Es erinnerte ihn an ein Bild in seinem Kinderbuch, ein Kokon einer Raupe. Er versuchte, seinen Kopf etwas höher zu heben. Doch der Riemen um seinen Hals erlaubte nicht viel Spielraum. Sein Blick flog durch den Raum, der weitaus größer war, als er zunächst angenommen hatte. Unzählige Reihen voller Liegen und auf jeder einzelnen lag ein Körper, keiner größer als Tim. Und alle komplett eingehüllt in weißen Latex.

Tim hörte ein Rascheln. Er starrte in die Dunkelheit. Stille. Dann ein weiteres Geräusch, diesmal näher. Die Wesen auf den Liegen rührten sich. Plötzlich schoss ein Kopf in die Höhe, gefolgt von einem schrillen Klirren, bevor der Halsriemen ihn brutal wieder zurückriss. Eine Reihe davor schnellte ein weiterer Kopf hoch. Dasselbe Peitschen. Dasselbe Aufprallen auf der Eisenstange an der Bettkante. Nach und nach erwachten alle Latexanzüge zum Leben. Tim zerrte hastig an den Fesseln, obwohl er wusste, dass es keinen Sinn hatte. Er wollte weinen, schreien, beißen, kratzen, irgendetwas. Einen Herzschlag später spannten sich alle Muskeln in seinem Körper wie Seilwinden, als ihm bewusst wurde, was gerade passierte. Die Anzüge waren komplett verschlossen, kein Kopf war frei, kein Loch über Mund oder Nase, kein Reißverschluss. Tim wusste, er würde nun dem Tod beim Verrichten seines grausamen Werkes zuschauen müssen. Er konnte sogar den genauen Moment erkennen, in welchem den Kreaturen in den Anzügen bewusst wurde, dass sie elendig ersticken würden. Kurz darauf begann ein groteskes Spiel aus Beißen, Kratzen, Hecheln, Keuchen. Und doch waren keinerlei Schreie zu hören. Manche versuchten die Fesseln zu zerstören, rüttelten daran wie im Wahn, konnten aber ihre Ausweglosigkeit nicht erkennen. Andere brachten ihre Liege zum schwanken, bis sie umkippten und auf den harten Kacheln aufschlugen. Das scharfe Knirschen brechender Kieferknochen, das Splittern von Zähnen, gefolgt von dem Röcheln, das vom eigenen Blut kam, als die Latexmaske sich füllte, war unerträglich. Glücklich waren diejenigen, die beim Aufprall etwas Scharfes oder Spitzes erwischten. Sie starben vergleichsweise schnell. Tim merkte in dem Moment, wie sehr seine Muskeln vor Anspannung brannten. Stahl schmetterte plötzlich auf Stahl, übertönte alles mit einem eisigen Klang, der durch jeden Hohlraum seines Körpers hallte. Die Kreaturen erstarrten. Er nahm den tiefsten Atemzug seines jungen Lebens, bevor er die Luft anhielt und die Augen schloss.

In seinem Geist hallte es weiter, den Knall der Türverriegelung nutzte er für den Ping. Vor seinem geistigen Auge nahm die Umgebung immer mehr Gestalt an. Das Bild fügte sich zusammen, Stück für Stück, in Sekundenschnelle. Er sah nun die tatsächliche Größe der Halle, den Kampf zahlloser Kreaturen, den Gang am Ende, den winzigen Lüftungsschacht dahinter. Wie von etwas fremden bestimmt, lenkte sich sein Fokus auf die nähere Umgebung, auf den fehlenden Sicherungsstift am Bolzen der rechten Handfessel. Mit bloßem Auge nicht zu erkennen.

„Was?“, stutzte Tim gedanklich.
 Kurz fragte er sich, wer das so gelassen hatte und vor allem warum. „Jemand wollte, dass ich fliehe“, schoss ihm durch den Kopf.

Aber diese Gedanken musste er für den Moment beiseite schupsen. Die Zeit drängte, Tim konnte nun Schritte hören, die stetig näher kamen. Dessen heller Klang bohrte sich in sein Trommelfell. Er riss sich los, erst der eine Arm, dann der andere. Danach der Halsriemen. Dabei fuhren seine Finger über einen Verband um seinen Hals.
„Keine Zeit!“, dachte er und öffnete die restlichen Fesseln.

Er sprang von der Liege, doch die Muskeln in seinen Beinen versagten in dem Moment, in dem sie den Boden berührten. Er fiel zusammen wie ein nasses Handtuch. Ein weiterer glühender Schmerz fuhr durch seinen Körper, aber er durfte jetzt keinen Laut von sich geben. Er konnte keine Schritte mehr hören, dafür ein langes Quietschen rostigen Stahls. Ein Tor wurde geöffnet. Der Feind stand nun auf der Türschwelle. Tim zog sich mit den Armen über den Boden, seine Beine waren totes Gewicht, dass er hinter sich her zog. Aber zumindest spürte er sie noch, darüber war er erleichtert. Dann sah er eine Nische im Schatten einer Ecke, da würde er sich verstecken können. Der Ausgang befand sich in derselben Richtung. Er konnte hören, dass die Trennwände, die sein Bett umschlossen, gerückt wurden. Tim verschmolz mit dem Schatten, als er zum zweiten Mal an seinen Vater denken musste.

Tims Vater war ein jähzorniger Mann voller unterdrückter Wut und unerfüllter Träume. Eine gefährliche Mischung, die er an seiner Familie ausließ. Unzählige Lektionen, die Tim nie vergessen würde. Er lernte die Launen seines Herrn Vaters, wie er dann genannt werden musste, zu erkennen und sich entsprechend zu benehmen, sich anzupassen. In diesen Phasen existierte er als Geist, eine Art Hülle ohne Masse oder Bestimmung. Dadurch lernte er mit den Schatten zu verschmelzen, sich unbemerkt durchs Haus zu stehlen.

Diese Fähigkeit würde ihm heute vielleicht das Leben retten. Er war nun unter seinesgleichen, im Schutz der Dunkelheit. Er begann langsam seine Beine zu strecken und wieder zusammenzuziehen, bis der Sand in den Gelenken verrieben war. Sein Verstand war nun messerscharf, der Nebel in seinem Kopf hatte sich gelichtet. Er fühlte noch mal den feuchten Verband um seinen Hals. Das hatte oberste Priorität, wenn er erst mal in Sicherheit war. Blitzschnell floss er durch die Schatten von einer Ecke zu nächsten, von einem Versteck zum anderen. Bis er an einem Flur ankam, an dem seine Ping-Kartographie endete. Tim atmete ruhig, starrte an die Wand wenige Meter vor ihm. Tim zuckte zusammen, als ein kurzer dumpfer Knall durch den Raum schoss, sein Verfolger schien etwas Massives umgeworfen zu haben. Er beschleunigte seinen Gang, er suchte nach Tim. Liegen wurden umgeworfen, Gegenstände zur Seite getreten. Sein Verfolger wurde ungeduldig, das war Tims Moment. Mit dem nächsten lauten Geräusch würde er seinen Ping tarnen können. Es kam schneller als gedacht. Er schnalzte mit der Zunge, derselbe Schmerz wie zuvor durchfuhr ihn, doch diesmal war er vorbereitet. Nichtsdestotrotz brachte er nur eine lächerliche Version seiner Fähigkeit heraus. Aber immerhin reichte es für die Einsicht der nächsten Meter. Er atmete tief ein und noch tiefer aus, konzentrierte sich auf den Gang, den er überqueren musste, der ihn von seiner Erlösung trennte. Dort, am Ende des kurzen Flurs, befand sich der Schacht, die Freiheit. Er stürmte mit dem nächsten Geräusch los. Und erstarrte mitten im Gang.

„TIM!!!“ Sein Verfolger zerriss die Luft mit nur einem simplen Wort. Tim drehte sich um, zitternd, weiß wie Kalksand. Er sah einen schwarzen Hut und die Silhouette einer Frau. Die Stimme kannte er auch.
Er bewegte die Lippen, formte sie zu einem einzigen Wort und doch verlies kein Laut seinen Rachen. Und doch war klar um welches Wort es sich handelte.
„Mama.“

 
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Hallo Aleks,

ganz herzlich willkommen im Forum! Sehr sympathische Vorstellung in deinem Profil, das - und die Tatsache, dass es mal jemand schafft, einen englischen Titel korrekt zu schreiben - hat mich auf deinen Text aufmerksam gemacht. Fürs erste ist es sicher gut, so eine Flash Fiction einzustellen, das geht schneller zu lesen und einfacher zu kommentieren. (Ein Tipp übrigens: wenn du gleich selbst mit ein paar Kritiken einsteigst, bekommt du schneller und vllt auch gehaltvollere Komms. ;-))

Ich sehe hier, vor allem in einigen Details, schon viel Potential, und es ist sehr erfreulich, dass der Text kaum oder keine Rechtschreibfehler hat. Momentan ist dies aber mehr eine Szene / Momentaufnahme, als eine richtige Kurzgeschichte, zu viel bleibt im Vagen, und ein Plot fehlt ganz. Da ist also einige Luft nach oben, aber ich bin sicher, wenn du selbst viel kommentierst (man sieht ja viel schneller an fremden Texten, was für einen funktioniert und was nicht, und warum) und an dem Text arbeitest, kann da wirklich was Ordentliches draus werden. Ich gehe mal ein paar Details durch, nehme dir, was du gebrauchen kannst.

Titel: Warum Englisch? Geht das nicht auf Deutsch, wenn der Text deutsch ist? Es wirkt immer a) maniriert und b) als hätte sich der Autor auf den etwas ungewöhnlichen Klang verlassen, anstatt etwas Passendes zu suchen. Machen eben auch viele Teenies.

-ENDE- brauchst du nicht, das gehört nicht auf die Ebene der Geschichte, sondern auf die des Titels / Autors und hat in diesem Feld nix zu suchen. Merkt man auch, wenn da kein Text mehr steht, dass Ende ist. ;-)

Vorab: Wenn du eine Weile auf dieser Seite zubringst, wirst du sehen, dass sich einige Themen / Bilder wirklich extrem oft wiederholen: vor einiger Zeit waren das kurze Texte, bei denen jemand auf einem Dach stand und von Freiheit redete (Teenager-Suizid-Texte), aber in letzter Zeit sind die mengenmässig verdrängt von Geschichten, bei denen jemand - meist gefesselt - irgendwo im Dunkeln liegt und nicht mehr weiß, wie er/sie dahinkam. Nach 4/5 Verwirrungs- und Panikbeschreibungen kommt dann jemand in den Raum und bringt (impliziert oder on screen) diese Person um. Dein Text ist eine Variante davon und daher nicht so spannend - allerdings hast du ein paar innovative Bilder drin, diese Latexeingeschweißten, die sich rumwinden, das ist schon ein klasse, horrortypisches und potenziell sehr gruseliges Bild, das man auch nicht oft liest. Die Atmosphäre ist auch schön, so ein bisschen Beelitzer Heilstätten meets Unit 731, und zumindest ist es nicht wieder irgendein dunkler Keller. Auch die Details (Farben, Gerüche, die Schläuche ...) gefallen mir sehr gut, und ich habe tatsächlich gleich Bilder vor Augen.

Was ich raten würde, wäre, hieraus eine echte KG zu machen, in der eine Prämisse, ein Plot und v.a. ein Konflikt vorkommt (gefangen zu sein ist eine missliche Lage, aber kein Konflikt im literarischen Sinne). Eine Entwicklung bei deinem Prot ist auch wünschenswert, um seine Angst und sein Leiden auch für Leser relevant zu machen. Ob du das über einen Split löst, bei dem du erst von dem Ort und seiner Funktion erzählst, oder eine Vorgeschichte deines Prots oder ob du dies als ein Intro nimmst und dann mit einer weiteren Figur eine komplexere Handlung erzählst, ist egal.

Ein Krankenzimmer, in einem verlassenen Krankenhaus, in einer Stadt, die auf keiner Karte verzeichnet war.
Das Fette finde ich toll als ersten Satz, davor steht mir zu viel, das verwässert den Eindruck und verfehlt die Wirkung. Krankenzimmer oder Krankenhaus wäre ein Streichkandidat (zumal unschöne Wortwiederholung), das Adjektiv auch - wenn du hier was Prägnanteres fändest, wäre das ein super Einstieg.
Feine Staubpartikel tanzten in fahlem, grauen Licht vor dem Fenster.
Das wäre entschlackt besser. Feine Staubpartikel sind zudem ein schwarzer Rappe. Fahl ist bei Licht auch etwas zw. gelb und grau. Ich habe absolut nichts gegen Adjektive / Adverbien, aber sie sollten 'stark' sein, nicht redundant und nicht 'faul' in Herden eingesetzt. Sonst zerfasert sich deine Beschriebung im Nichts.
Die verdreckte Fensterbank bot ihr Dasein für ein Glas, trüb, voller Fettflecken.
Mit dem Satz willst du viel zu viel. Ein Übermaß an Pathos bei Beschreibungen alltäglicher Dinge laden diese nicht mit geheimisvoller Bedeutung auf, sondern lassen den Satz ins Lächerliche kippen.
Auf einem schmalen, hohen Tisch lagen sieben benutzte Spritzen, weiße Einmalhandschuhe aus Silikon und ein langer Gummischlauch. Mintgrün blätterten die Wände.
Adjektivoverkill. Ich möchte mir als Leser auch noch was vorstellen dürfen. Und wenn es um die Farbe der Handschuhe geht, muss das nicht gesagt werden, da diese nicht handlungstragend ist.
Der Satz mit den Wänden gefällt mir total gut. Da ist nämlich das Mintgrün nicht ein reingestreutes, wahlloses Adjektiv, sondern wunderbar eingebunden, individuell gesagt, kurz und knackig. Mehr von sowas! :-) Da könnte deine Stärke liegen, sowas kann nicht jeder.
Der Wind hat die Fensterscheiben längst zu Scherben verarbeitet, übrig blieb nur sein Säuseln. Es roch nach alter Erde, Beton und Rost, während draußen Bäume im Wind rauschten.
Verarbeitet klingt zu sehr nach Humor, auch ist das nicht der Wind, der Glas zerschmettert, sondern was weiß ich, Äste, die durch die Scheiben fliegen o.a. Auch hier: Zu viel Pathos. Jemand kommt vllt und sagt dir, dass Beton nicht riecht, ich finde den Satz aber gut, er funktioniert über Assoziationen, die den Raum gut erklären. Bissl Urbex, gut für deinen Horror-tag. Wenn du jetzt noch eine Reihung hinbekommst, die weniger von drinnen nach draußen und zurück springt, hast du nach Entschlackung ein tolles Bild vom Setting geschaffen.
Tim erwachte langsam, sein Kopf wippte hin und her, wie bei einem schlechten Traum. Er öffnete die Augen, in denen sich augenblicklich Verwirrung abzeichnete.
Wippte? Hm, das klingt übertieben dynamisch.
Ab hier solltest du mal nach deiner Perspektive schauen: du nimmst einen Mix aus personal und auktorial, an sich okay, aber hier z.B. liest sich das wie ein Perspektivfehler, weil du unvermittelt zwischen Tims Perspektive (wie in einem schlechten Traum) zu einer von-außen-geschaut auktorialen wechselst (es zeichnete sich Verwirrung ab, das kann Tim ja selbst nicht sehen). Sowas kickt einen aus dem Text.
Ein metallischer Geschmack klang auf seiner Zunge nach.
Das ist ein netter Versuch, 'Nachgeschmack' zu vermeiden, aber sehr weit hergeholt und klingt damit zu bemüht. Manchmal ist weniger mehr.
Durch den heftigen Ruck rutschte seine rechte Hand aus der Fessel.
Oops ... das macht die Szene jetzt aber massiv weniger bedrohlich. Was sind die Entführer denn für Anfänger, dass sie die Fesseln so weit stellen?
Er fasste sich reflexartig an den Hals,
Versteht sich von selbst, das wirkt unfreiwillig komisch. Ein Unwort wie 'automatisch' oder 'wie ferngesteuert'.
Panik stieg auf.
Warum so distanziert mit Panik als Subjekt? Hier sollte die Angst nicht von außen, sondern direkt aus einer personalen Perspektive erzählt werden. So kann man nicht mitfühlen, das ist null bedrohlich.
Außer Atem sank er zurück in die Liege, betrachtete den Raum nervös.
auf die Liege. Von Panik auf nervös ist aber eine heftige emotionale Deeskalation - wolltest du das so? Gesteigerte Angst wäre sinnvoller, oder?
Auf einer rostigen Liege, nur wenige Meter von Tim entfernt, lag eine weitere Person regungslos und gefesselt.
Zu viele Adjektive - zwei zu streichen würde dem Satz mehr Schärfe verleihen. Adjektive verlängern das Lesen und halten oft mehr auf, als dass sie etwas beitragen.
Ein Rascheln. Plötzlich schoss ein Kopf in die Höhe, brutal zurückgerissen durch den engen Halsriemen.
zurückgerissen von Halsfesseln impliziert 'brutal' mehr als genügend. Vertrau deinen Verben mehr; oder suche stärkere Verben, wenn dir das Bild zu schwach erscheint.
Wenige Augenblicke später wurde gehechelt, gekeucht und nach Luft gerungen. Der Anzug umschloss einen fest wie ein Kokon. Manche Körper fielen von den Betten, landeten auf etwas Spitzem, andere erstickten leise.
Drei verschiedene Blickwinkel:
- Passiv (verschleiert den Handelnden, was du sicher nicht willst, ansonsten ist das Passiv hier sogar grammatikalisch falsch)
- einen (= man) Personal aus Sicht einer anderen Person als Tim
- der Rest ist entweder auktorial oder personal aus Tims Sicht, der das hilfos von seiner Liege aus mit ansehen muss -> letzteres wäre für den Leser am unmittelbaresten und das löst echt was aus, die zwei Sätze dafür vermitteln nichts. Den dritten Satz finde ich richtig gut, fies, mit diesem "erstickten leise" sehr cool, auch weil man das aus Tims Perspektive miterleben kann. Da willst du den Leser doch haben, oder?
das er niemals wieder vergessen würde. Scharfe, klopfende Schritte. Sie hallten durch jeden Knochen, jede Faser, jede Zelle seines Körpers. Er nahm einen tiefen Atemzug, bevor er die Luft anhielt. Bevor die Zeit still stand.
Das ist natürlich witzig, denn 'niemals vergessen' bedeutet ja nur eine Minute, nach der ist er ja wohl tot. Stillstehende Zeit ist schrecklich abgenutzt, wie auch 'in den Knochen / Fasern', das Ende brauchte noch wesentlich mehr Feinschliff, um überhaupt zu wirken. Mich lässt das - nach einer gut aufgebauten Erwartungshaltung über die Tatsache, dass er noch ohne Haube ist - kalt.

Ich hoffe, du kannst mit irgendwas davon etwas anfangen. Ich wünsche dir noch viel Spaß hier, beim Lesen, Kommentieren, Schreiben und Editieren.

Sonnige Grüße,
Katla

 

Hallo @Aleks Ralic und willkommen im Forum!

Das Lesen deiner Geschichte war für mich eine sehr holperige Angelegenheit, du hast dort so viele krumme Formulierungen und Bilder, dass es mich häufig rausgerissen hat. Inhaltlich ist das eher eine Szene als eine abgeschlossene Geschichte und das Ende fand ich abrupt und unbedriedigend. Perspektivisch sehe ich hier auch Defizite. Der Erzähler ist teils auktorial, teils personal. Die auktorialen Teile brauchst du meiner Meinung nach nicht, das alles konsequent aus Tims Perspektive zu erzählen, würde die Geschichte intensiver und spannender machen.

Positiv möchte ich den Handlungsort und die Atmosphäre hervorgeben, gruselig und potenziell spannend ist das alles schon. Wenn du nach dem jetzigen Ende noch weiterschreibst und das mit den Formulierungen und der Perspektive runder machst, kann das eine richtig gute Geschichte werden.

Ich gehe mal ins Detail:

Ein Krankenzimmer(,) in einem verlassenen Krankenhaus, in einer Stadt, die auf keiner Karte verzeichnet war.
Das eine Komma könnte für mich weg. Und: Hier probierst du, einen gruseligen Handlungsort zu etablieren, das funktioniert für mich aber aus dieser Vogelperspektive nicht so richtig und nimmt eher Spannung raus. Ich finde, du solltest mit der Angst vor dem Unbekannten spielen und den Ort nur aus Tims Perspektive beschreiben, sodass ich erst nach und nach erschließt, wo er ist.

Die verdreckte Fensterbank bot ihr Dasein für ein Glas, trüb, voller Fettflecken.
Das ist Poesie der Poesie wegen, soll schön klingen, funktioniert aber als Bild nicht. Bei dieser Beschreibung liegt für mich ein Glas auf der Fensterbank, du meinst aber sicherlich das Fensterglas im Rahmen, nicht auf der Fensterbank.

Mintgrün blätterten die Wände.
Die Wände blättern ja in keinem Buch. Die Farbe der Wände blätterte ab.

Der Wind hat die Fensterscheiben längst zu Scherben verarbeitet, übrig blieb nur sein Säuseln.
Ein Stufe 12 Orkan wird vielleicht Fensterscheiben zerstören können, aber kein normaler Wind.

Es roch nach alter Erde, Beton und Rost, während draußen Bäume im Wind rauschten.
Gerüche und Geräusche auktorial zu beschreiben funktioniert für mich nicht, Tim muss das riechen und hören.

Er öffnete die Augen, in denen sich augenblicklich Verwirrung abzeichnete.
Die Wiederholung finde ich unschön.

Ein metallischer Geschmack klang auf seiner Zunge nach.
Ein Geschmack kann nicht nachklingen, würde ich sagen.

Als er reflexartig aufstehen wollte, warf ihn etwas abrupt wieder zurück.
Die Absicht des Aufstehens (wollte) beißt sich mit dem "reflexartig", was ja keine bewusste Handlung ist. Und ich würde gefühlsmäßig hier eher "aufrichten" oder "hochschnellen" als "aufstehen" verwenden.
Vorschlag sowas wie: Reflexartig schnellte er hoch, aber etwas warf ihn abrupt zurück auf die Liege.

Fesseln aus dickem, kalten Stahl um Hände und Füße hinderten ihn daran[,] sich zu viel zu bewegen.
Bei Fesseln denke ich eher an Seile, sollte vielleicht eher "Ketten" heißen. Dann fehlt da noch ein Komma, und das "zu viel" würde ich streichen.

Er schüttelte den Kopf, das letzte voran er sich erinnerte[,] war die Waldhütte(,) neben dem Spielplatz, auf dem er jeden Sonntag mit Freunden verbrachte.
Das erste Komma fehlt, das zweite ist zu viel.

Panik stieg auf.
In ihm stieg Panik auf oder Panik stieg in ihm auf.

Tim bekam schlagartig(e) Gänsehaut am ganzen Körper
Die Gänsehaut ist nicht schlagartig, er bekam sie schlagartig, das "e" muss weg.

Er zerrte hektisch an den anderen drei Fesseln, erfolglos. Sie gaben nicht nach, kein bisschen.
Das "kein bisschen" ist überflüssig, wenn sie nicht nachgeben, geben sie nicht nach.

Auf einer rostigen Liege(,) nur wenige Meter von Tim entfernt(,) lag eine weitere Person[,] regungslos und gefesselt.
Hier bin ich mir auch nicht sicher, wie die Kommasetzung sein müsste.

Plötzlich schoss ein Kopf in die Höhe, brutal zurückgerissen durch den engen Halsriemen. Dann ein weiterer Kopf eine Reihe davor. Und ein weiterer. Nach und nach erweckten alle Latexanzüge zum Leben. Tim fiel auf, dass die Anzüge luftdicht verschlossen waren.
Vorschlag: Plötzlich schoss ein Kopf in die Höhe und wurde durch die engen Halsriemen brutal zurückgerissen. Und: "Erwachten" zum Leben anstatt "erweckten".

Wenige Augenblicke später wurde gehechelt, gekeucht und nach Luft gerungen.
Die Partizipien wirken für mich an dieser Stelle zu passiv, das solltest du aktiver schreiben.

Der Anzug umschloss einen fest wie ein Kokon.
Hier springen wir wieder aus Tims Perspektive raus, ich würde einfach "sie" oder "die Körper" schreiben.

Scharfe, klopfende Schritte.
Unter scharfen Schritten kann ich mir nichts vorstellen.

Sie hallten durch jeden Knochen, jede Faser, jede Zelle seines Körpers.
Hallen impliziert einen Hohlraum, in Knochen funktioniert das für mich nicht.

Er nahm einen tiefen Atemzug, bevor er die Luft anhielt. Bevor die Zeit still stand.
Jetzt wo es richtig spannend wird, endet die Geschichte. Ich finde, hier solltest du weiterschreiben.

Viele Grüße,
Catington

 

Hallo Aleks,

ins Detail gehende Meldungen hast du ja schon, darum von mir nur kurz: Ich mochte das Bild mit den vielen Betten und den Leuten in Latexanzügen, die sich plötzlich alle gleichzeitig rühren. Das hatte was Alptraumhaftes, hat mich auch ein bisschen an Spiele wie Silent Hill erinnert und hebt das Ganze über die x-te Folterhorror-Nummer hinaus. Problem ist, dass du auch die Geschichte, eigentlich ist es ja nur eine Szene, wie einen Traum aufbaust. Dinge passieren, werden nicht erklärt und der Leser ratlos zurückgelassen. Das kann man auch mit Absicht machen, allerdings ist das hier, in dieser Kürze, da fehlt so ein bisschen die Lust am Erzählen. Beispiel ist Tim. Ich erfahre nicht nur wenig über ihn, sondern wirklich gar nichts. So kann das tollste Bild mich kaum packen.

Grüße
JC

 

Wow, danke euch allen für die herrlichen Kritiken! :huldig:
Ich werde mich schnellmöglich wieder dransetzen und versuchen alles umzusetzen, was ihr mich nun gelehrt habt. :D

 

Hallo zusammen,
das ist die überarbeitete Version von Deep Fears. Heißt nun anders. Danke Katla. :D
Danke auch an alle weitere Kommentare, die ich versucht habe bestmöglich zu beherzigen und meinen Wünschen anzupassen. Ich denke es ist nun viel besser, noch lange nicht hervorragend oder so, aber ihr wisst ja, "small steps".. und so. :)

Grüße

 
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Hallo @Aleks Ralic,

ich mache mal den Anfang: wow! Du hast den Text in gründlich überarbeitet und weiterentwickelt - Chapeau!

Du hast das surreale Bild, das im Zentrum von "Deep Fears" stand, mit viel Detailarbeit zu einem regelrechten Alptraum wachsen lassen. Ich finde, das funktioniert recht gut! Das Ganze liest sich ein bisschen, als hätten Kafka und Ligotti ein paar Bierchen getrunken und dann den Plot für ein Survival-Horror-Game geschrieben. Kennst du "Outlast"? Daran erinnert mich die Story ein bisschen. Cool!

Ein paar - kleine - Vorschläge hätte ich noch:

1. Die Beschreibungen
Ich finde es cool, dass du so viel Wert auf atmosphärische Beschreibungen legst. Das saugt mich als Leser schnell in deine Welt, das ist oft schräg und faszinierend. Hin und wieder entstehen dabei aber Beschreibungen, die nicht funktionieren (s.u. in den Textstellen).

2. Die Eltern
Ehrlich gesagt, verstehe ich die Eltern-Thematik nicht ganz. Ich versuche mich mal an einer Interpretation: Der Vater ist ein vom Krieg traumatisierter, blinder, gewalttätiger Jäger, den alle (!) Kinder im Dorf "Vati" nennen - und er hat übernatürliche Fähigkeiten. Die Mutter, von der wir eigentlich nur wissen, dass sie einen dunklen Hut trägt, unterhält eine Art Folterklinik, in der sie Menschen tötet, die aussehen wie Tim. Interpretationen: Die Mutter tötet den Nachwuchs des Vaters? Bloß, warum? Bin etwas unsicher. (Nebenbei: Da du hier eine recht absurde Story erzählst, glaube ich nicht, dass alles perfekt aufgehen muss; du musst also nicht Agatha-Christie-mäßig am Ende alle Fäden zusammenführen. ;-) Aber ein ganz klein bisschen mehr Info zu diesem Vater-Mutter-Ding fände ich gut.)

... und Textstellen:

Tim bewegte vorsichtig seinen Kopf zur Seite, versuchte ihn dann zu heben, doch sein Nacken gab kreischend nach.
Der Nacken kreischt?

Durch ein verdrecktes Fenster an der mintgrün abblätternden Wand fiel fahles Licht ein.
Der Putz blättert von der mintgrünen Wand ab oder so - "mintgrün abblättern" geht nicht.

Allerdings säuselte der Wind damals nicht durch leere Fenster, wie es heute der Fall war.
Offen?

Er war durch Lederriemen über Brust und Oberschenkel auf eine Liege niedergezurrt, die nur aus Rahmen und Gitter zu bestehen schien.
Gefesselt, fixiert oder so? Ein Körper kann nicht gezurrt werden.

Ketten aus verwittertem Stahl umklammerten seine Hände und Füße.
Ketten können nicht klammern. Fesselten ..?

Das Letzte, woran er sich erinnern konnte, war die Waldhütte neben dem Spielplatz, wo er jeden Sonntag mit seinen Freunden verbrachte.

Er schloss die Augen und durchsuchte seine Erinnerungen nach weiteren Einzelheiten. Er sah nur einen schwarzen Hut hinter einer Hecke. Ähnlich dem Lieblingshut seiner Mutter.
Mit Blick auf die Pointe finde ich das zu deutlich.

Der staubige Nebelschleier hatte sich mittlerweile gelegt, sodass Tim mehr von seiner düsteren Umgebung wahrnehmen konnte.
Eigentlich ist es genau umgekehrt, oder? Staub, der aussieht wie Nebel - und nicht Nebel, der aussieht wie Staub?

Er reckte den Kopf, obwohl er eigentlich überhaupt nicht wissen wollte, was dort in der Dunkelheit lauerte.
Den Kopf kann man nicht recken. Vielleicht den Nacken, den Hals ..?

Schlagartig badete er ihn seinem eigenen Schweiß, während er gleichzeitig mit der Ohnmacht tanzte.
Jedes dieser Bilder für sich genommen ist (sprachlich) heftig; nebeneinander in einem Satz kannibalisieren sie sich ein bisschen - ich würde eines streichen.

Da sie aber nicht miteinander verbunden waren, konnte Tim durch die Lücken dazwischen tiefer in den Raum blicken. Etwa einen Meter dahinter konnte Tim ein rostiges Bett erkennen, auf dem eine Person lag, regungslos und gefesselt.
Könntest du Tim hier nochmal verorten - wo ist das Fenster, wo ist der Tisch mit den Spritzen, und in welche Richtung schaut er jetzt?

Sie hatte etwa die gleiche Größe und Statur wie Tim selbst, war aber im Gegenteil Gegensatz zu ihm komplett in einen makellosen weißen Latexanzug gehüllt. Sie Es erinnerte ihn an ein Bild in seinem Kinderbuch, ein Kokon einer Raupe.

Tim hörte ein Rascheln. Er starrte in die Dunkelheit. Stille. Dann ein weiteres Geräusch, diesmal näher. Die Wesen auf den Liegen rührten sich. Plötzlich schoss ein Kopf in die Höhe, gefolgt von einem schrillen Klirren, bevor der Halsriemen ihn brutal wieder zurückriss. Eine Reihe davor schnellte ein weiterer Kopf hoch. Dasselbe Peitschen. Dasselbe Aufprallen auf der Eisenstange an der Bettkante. Nach und nach erwachten alle Latexanzüge zum Leben. Tim zerrte hastig an den Fesseln, obwohl er wusste, dass es keinen Sinn hatte. Er wollte weinen, schreien, beißen, kratzen, irgendetwas. Einen Herzschlag später spannten sich alle Muskeln in seinem Körper wie Seilwinden, als ihm bewusst wurde, was gerade passierte. Die Anzüge waren komplett verschlossen, kein Kopf war frei, kein Loch über Mund oder Nase, kein Reißverschluss. Tim wusste, er würde nun dem Tod beim Verrichten seines grausamen Werkes zuschauen müssen. Er konnte sogar den genauen Moment erkennen, in welchem den Kreaturen in den Anzügen bewusst wurde, dass sie elendig ersticken würden. Kurz darauf begann ein groteskes Spiel aus Beißen, Kratzen, Hecheln, Keuchen. Und doch waren keinerlei Schreie zu hören. Manche versuchten die Fesseln zu zerstören, rüttelten daran wie im Wahn, konnten aber ihre Ausweglosigkeit nicht erkennen. Andere brachten ihre Liege zum schwanken, bis sie umkippten und auf den harten Kacheln aufschlugen. Das scharfe Knirschen brechender Kieferknochen, das Splittern von Zähnen, gefolgt von dem Röcheln, das vom eigenen Blut kam, als die Latexmaske sich füllte, war unerträglich. Glücklich waren diejenigen, die beim Aufprall etwas Scharfes oder Spitzes erwischten. Sie starben vergleichsweise schnell. Tim merkte in dem Moment, wie sehr seine Muskeln vor Anspannung brannten. Stahl schmetterte plötzlich auf Stahl, übertönte alles mit einem eisigen Klang, der durch jeden Hohlraum seines Körpers hallte. Die Kreaturen erstarrten. Er nahm den tiefsten Atemzug seines jungen Lebens, bevor er die Luft anhielt und die Augen schloss.
Das ist toll beschrieben!

Aber diese Gedanken musste er für den Moment beiseite schupsen schubsen.

Die Zeit drängte, Tim konnte nun Schritte hören, die stetig näher kamen. Dessen Ihr heller Klang bohrte sich in sein Trommelfell.

Dann sah er eine Nische im Schatten einer Ecke, da würde er sich verstecken können.
Mach doch nur eins: eine Nische oder einen Schatten oder eine Ecke. ;)

Insgesamt: Gerne gelesen! Ich finde, du schreibst originell und entwickelst schön bizarre Ideen.

Viele Grüße!

Christophe

 

Hallo Aleks,

erstmal Glückwunsch..das ist ein schöner Stil....

was die Handlung angeht...du baust das sehr lange auf...ein wenig zu lange für meinen Geschmack...da liegt er also gefesselt...wo genau? wer hat ihn gefesselt? Erfahren wir das überhaupt?

Ich gebe zu, ich habe ein paar Lesesprünge gemacht, weil mir das zu lange gedauert hat...so lange möchte ich nicht auf die Folter gespannt werden...es funktioniert meines Erachtens auch höchstens zweimal, sein Gefesseltsein zu beschreiben...danach muss etwas passieren...oder aber Hintergründe..

Ich dachte erst, das wären Aliens, die ihn da gefangen halten....du sprichst doch von "Kreaturen"...und in diesem Raum sind noch andere gefesselt.... dann aber der Schluss...die Beinahe-Befreiung..und es war seine Mutter, die ihn dort gefangen hielt? ICh mag das psychologische Bild! Aber ich möchte es besser erklärt bekommen...auch der Zusammenhang zum Vater ist für mich sehr unklar...

also mein Tipp: Weniger (gut beschriebene) Horror-Szenen, mehr Plot ! Mehr Zusammenhang. Mehr Infos. Warum erzählst du uns die ganze Zeit etwas über den Vater, wenn es doch die Mutter ist, die hinter seinem Gefangen-Sein steckt??

Lg
N

 

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