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Fragment: "Kameraden"
"Liebe Kameraden! Freunde!" Der alte Mann räusperte sich als könnte er seine Stimme nur mühsam unter Kontrolle bringen.
"Ich bitte euch um einen kurzen Moment der Ruhe!"
Er blickte langsam durch den Raum.
"Verzeiht mir, falls meine Stimme versagen oder sich ein Zittern in meine Worte schleichen sollte.
Heute an diesem wundervollen Abend, vor einer wundervollen Nacht, werde ich zum letzten mal Eure Namen und ehrenvollen Titel nennen. Ein letztes mal werde ich mein Glas erheben und unseren gemeinsamen Trinkspruch ausrufen.
Es scheint mir manchmal als wäre es erst gestern gewesen, als wir nach einer mühevollen und nicht enden wollenden Kadetten-Zeit endlich in den Dienst der glorreichen kaiserlichen Armee aufgenommen wurden.
Ich erinnere mich noch daran, als wäre es erst vor wenigen Tagen gewesen: Die Kapellen spielten und die Zuschauer am Rande des großen Exerzierplatzes jubelten als wir über den Platz marschierten. Sogar der Kaiser selbst und seine Gemahlin waren an diesem Tage zugegen. Und nie werde ich den Moment vergessen als man uns unsere blitzenden Säbel überreichte.
Es ist ohne Bedeutung wie man sich an uns erinnern mag. Wir waren die MXXIII. Husaren seiner kaiserlichen Majestät. Mögen andere über unsere Taten richten. Wir taten sie mit reinem Gewissen. Nicht immer mit Freude, aber immer mit unseren Herzen und unseren Seelen.
Erinnert Euch an die zahlreichen Schlachten bei denen wir Seite an Seite auf unseren Pferden gegen den Feind ritten. Niemals wußten wir ob wir den nahenden Sonnenaufgang erleben würden. Aber wir ritten wie wilde Teufel. Für unseren Kaiser und unsere Sache. Voller Ehre und Stolz. Möge Gott unseren Feinden die Gnade gewährt haben, die sie von uns nicht erhalten konnten.
Wir hatten schöne Zeiten, ehrenvolle Zeiten. Aber wir hatten auch Tage der Trauer und des Schmerzes. Und ein jedes mal wenn einer unserer Freunde von uns ging, verloren wir auch einen Teil von uns selbst.
So oft landeten unsere Schiffe auf fernen Planeten. Und wenn sie sich erneut in den Raum erhoben, waren zu oft zu viele nicht mehr bei uns. Aber immer wieder errangen wir Sieg um Sieg gegen die seelenlosen Armeen aus Stahl, die sich mit todbringenden Strahlenwaffen uns entgegen stellten."
Er atmete tief durch und erhob langsam sein Glas:
"Aber meine Freunde, wir sollten nicht nur Trauer über den Verlust unserer tapferen Kameraden verspüren. Denn so lange wir uns erinnern, werden sie alle lebendig bleiben. Ihr Lachen, ihre Freundschaft und ihre Taten sollen nicht vergessen sein."
"Und so meine Freunde sehe ich in all Eure Gesichter und erinnere mich ein letztes mal Eurer Namen. Ich erhebe mein Glas und stoße mit Euch an auf unseren Kaiser und das Land unserer Väter."
Er atmete tief ein, sein Glas fiel zu Boden und zersplitterte in unzählige Bruchstücke.
Es wurde ruhig und die Stille schien sich wie ein Mantel auszubreiten.
Stunden vergingen, nur langsam ging vor dem Fenster die Sonne auf und vertrieb die Dunkelheit der vergangenen Nacht.
Und als sich kurze Zeit später die Tür des kleinen Krankenzimmers öffnete und die Krankenschwestern das Zimmer des alten Mannes betraten, fand man ihn wie schlafend. Ein Lächeln war auf seinen Lippen. Er war zu seinen Kameraden gegangen. Für den Kaiser und das Land seiner Väter.