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Gefährdung einer Expedition

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04.08.2001
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Gefährdung einer Expedition

Ich war es, der Adrian Hofmeister tötete. Es ist jetzt beinahe dreißig Jahre her.
Es hat mir kein Vergnügen bereitet – weiß Gott nicht. Ich habe es mit Abscheu getan; doch nach wie vor bin ich der Überzeugung, dass es keinen anderen Ausweg gab, keine Überlebenschance für uns.
Nie hätte ich mir vorstellen können, so etwas einmal zu sagen: Ich musste Adrian Hofmeister töten.

*

Der Dschungel schluckt alle Geräusche. So kam es, dass wir die Detonation kaum hörten, obwohl Adrian Hofmeister nur vielleicht zwanzig Schritte vor der Gruppe ging.
Seit er zur Expedition gestoßen war, hatte er sich abgesondert von uns, mal war er vorgelaufen, dass wir ihn kaum mehr sahen, dann wieder ließ er sich soweit zurückfallen, dass Krömsson sich genötigt sah, selbst nach dem Rechten zu schauen, weil er befürchten musste, Hofmeister sei etwas zugestoßen. Der Deutsche war ein exzellenter Kenner der Gegend, so war er als Führer engagiert und sollte bei eventuellen Begegnungen mit einheimischen Stämmen Dolmetscher und Mittler sein.
Ich hatte Hofmeister als verschlossen und mürrisch kennen gelernt. Er sah gut aus mit dem wettergebräunten Teint und seinen schwarzen Haaren. Ganz anders, als man sich einen Deutschen vorstellt. Frauen mussten ihm hörig sein. Und ich hatte immer ein unbestimmtes Gefühl der Unterlegenheit, wenn ich mit ihm zusammen war. Er war der geborene Führer, niemals schien er um Rat fragen zu müssen, wenn man mit ihm redete, hatte er immer eine Antwort.
Es war früher Morgen, wir waren seit vier Stunden unterwegs und der Tag kündigte sich mit Dunst und Nebel an.
Niemand – auch Hofmeister selbst nicht – hatte in dieser Gegend des Dschungels mit Minen gerechnet. Es sollte sich einfach um ein Stück Regenwald handeln, der unberührt war und von Menschen gemieden wurde, selbst von den Eingeborenen.
Krömsson hatte als erster begriffen, dass etwas Schreckliches geschehen sein musste; er warf seinen Rucksack ab und lief voran. Ich folgte ihm und hörte in meinem Rücken Doktor Marx rufen: „Was, zum Teufel, war das?“
Hofmeister lag gut 10 Meter von dem Platz entfernt, an dem er hätte liegen müssen. Seine Augen waren geschlossen, doch sein Atem ging. Krömsson kniete sich vor ihn, griff ihm an den Hals und sprach ihn an.
„Hofmeister! Können Sie mich hören?“
Er schien keine äußeren Verletzungen zu haben, außer eine tiefe, blutende Wunde am rechten Oberschenkel.
Da kam der Doktor angeschnauft. Auch er beugte sich über den Verletzten.
„Helfen Sie mir!“, befahl er Krömsson und mir. „Wir müssen die Blutung stillen, sonst können Sie sich einen neuen Führer besorgen.“
Mit einem schweren Buschmesser trennte er den Stoff von Hofmeisters Hose auf und als er sie vorsichtig abstreifte, wurde das ganze Ausmaß der Verletzung offensichtlich.
Krömsson zog scharf die Luft ein und durch ein Geräusch von hinten wurde mir bewusst, dass mittlerweile die gesamte Expedition um uns herumstand.
„Bauen Sie die Zelte auf“, krächzte der Doktor. „Ich fürchte, ich werde das Bein amputieren müssen.“
„Was?“ Krömsson starrte ihn entsetzt an. „Das geht nicht“, sagte er, als sei ihm der Widersinn seiner Aussage nicht bewusst.
Der Doktor blickte kurz zu ihm auf und fuhr ihn an: „Was ist Ihnen lieber, ein toter Führer oder einer mit nur einem Bein?“

Als klar war, dass Hofmeister überleben würde, war es bereits weit nach Mitternacht. Wir hatten den ganzen Tag Zelte aufgebaut, weil wir ausharren mussten, bis sich das Schicksal unseres Führers entschieden hatte.
Wir saßen vor dem einzigen Zelt mit Beleuchtung, das Doktor Marx in Beschlag genommen hatte, und tranken billigen Fusel, den Carter mit auf die Reise genommen hatte.
Die Träger hatten sich abseits vor einem Zelt versammelt und versuchten, die Nacht mit gemeinsamen Beschwörungen und Gebeten zu überstehen.
So saßen zwei Gruppen in der tropischen Nacht und versuchten auf ihre Weise, sich vorzumachen, den Lauf der Dinge beeinflussen zu können.
Krömsson saß bei uns, Parker und ich. Zu dritt hielten wir dem Doktor die Daumen.
Arne Krömsson drehte sein Glas in den Händen, dann nahm er den letzten Schluck, zerbiss ihn und schluckte mit Widerwillen herunter. Er war ein hoffnungsvoller Junge und zweifellos einer der jüngsten Expeditionsleiter, die ich jemals kennen gelernt hatte. Sein Bartwuchs war noch kaum ausgeprägt, aber er wusste sich durchzusetzen.
„Steht unter keinem guten Stern, die Expedition, was?“, sagte er und versuchte vergeblich, sein Glas zurückzuziehen, während Carter ihm nachgoss.
„Wenn Hofmeister nicht durchkommt, werden wir den Trip abbrechen müssen. Wir werden zusehen, wie wir heil nach Hause kommen.“
„Jetzt rächt sich, dass wir keine einheimischen Träger bekommen haben“, nörgelte Carter. Er war Professor für Anthropologie, hatte aber trotz seiner mindestens siebzig Jahre immer noch die Statur eines Holzfällers. Er war der eigentliche, der wissenschaftliche Kopf dieser Mission.
„Ach, Carter! Kommen Sie!“, entgegnete Krömsson. „Nicht wieder diese Vorhaltungen! Sie wissen genau, weshalb keine Einheimischen angeheuert wurden.“
„Weil sich keine bereiterklärt haben, ja. Das habe ich jetzt über Gebühr zu hören bekommen.“
„Weil es die Wahrheit ist. Sehen Sie es endlich ein, Ihre geliebten Indios haben kein Verlangen, mit uns zusammen zu arbeiten. Zumindest nicht welche aus der Region“, setzte er hinzu.
„Ach, papperlapapp, Krömsson. Bei den Hungerlöhnen, die ihnen geboten wurden, war es kein Wunder, dass sie ablehnten und sich zurückzogen. Man hätte ihnen mehr bieten sollen, alles eine Frage des Preises.“
Krömsson legte ein Stück Holz ins Feuer nach, bevor er beschwichtigend antwortete: „Das dürfen Sie nicht mir vorhalten. Sagen Sie das unseren Geldgebern.“
Carter schnaubte. „Sponsoren!“ Und zog sich ein Weilchen in sich selbst zurück.
Ich versuchte währenddessen den Streit zu schlichten, indem ich der Diskussion eine andere Richtung gab: „Was ist da vorne mit Hofmeister passiert, Carter? Was meinen Sie, sind Ihre Indios daran Schuld?“
„Ich war der Meinung, wir würden unbewohntes Gebiet betreten“, antwortete stattdessen Krömsson.
Carter lachte, einige Vögel stoben erschreckt aus dem Dschungel auf und flogen schimpfend davon. „Was verstehen Sie unter unbewohnt, Krömsson? Unbewohnt ist der Mond oder Pluto, weiß der Geier. Es ist noch keine zweihundert Jahre her, da wären Sie hier überrannt worden von Menschen.“
„Na gut, wir können uns aber wohl einig sein, dass die Mine, auf die Hofmeister getreten ist, sicher nicht aus dieser Zeit stammt, oder?“
Carter brummte. „Das sicher nicht. Aber 36 Jahre Bürgerkrieg hinterlassen seine Spuren, selbst in einem solch unwegsamen, bergigen Land. Spuren, die ein einzelner ausländischer Führer nicht auf Anhieb lesen kann.“
Geräusche aus dem Inneren des Zeltes ließen die beiden Streithähne innehalten. Metall wurde auf Metall geschlagen und dann hörten wir Hofmeister stöhnen. Der Eingang des Zeltes bewegte sich und Doktor Marx trat heraus in den Schein des Feuers. Er war blutübersudelt wie ein Fleischer. Er fasste Krömsson ins Auge und starrte ihn einige Sekunden an.
„Sie haben jetzt einen einbeinigen Führer“, sagte er, nahm mir das Glas aus der Hand und stürzte den Inhalt hinunter.

Der Dschungel atmete; er lebte an in jedem Winkel. Aller Flecken war gefüllt mit prallen Fasern, warmem Fleisch, duftenden Blüten. Man trat allerwegs auf Pflanzenreste, die Pfade waren versperrt mit Holz, das vermoderte.
Und aus allen Falten schienen Augen zu starren.
Hofmeister würde wieder gesund werden, nun, zumindest soweit dies mit nur einem Bein möglich war. Das brauchte Zeit und Ruhe.
Doch Krömsson trieb zum Aufbruch. Er war der Einzige von uns, der Leuten finanziell Rechenschaft abzulegen hatte und so schlug er alle Einwände des Arztes in den Wind, ließ das amputierte Glied an einer abgelegenen Stelle, ohne dass sein früherer Besitzer etwas bemerkte, begraben und hieß uns, die Zelte wieder abzubauen.
Wir legten Hofmeister auf eine Trage und hofften, dass er uns nicht ins Fieber fiel, wenn wir durch den dampfenden Dschungel stapften. Wir hatten noch einen weiten Weg vor uns und die Last, die wir bewältigen mussten, war nicht leichter geworden.
Krömsson brachte es tatsächlich fertig, die Träger mit Hofmeisters Bahre ganz vorn laufen zu lassen, denn der Deutsche war ja der Führer dieses Trecks, und der Führer hatte seinen Platz an der Spitze. Zwei Indios ließ er davor den Weg frei räumen von Gesträuch und Getier. Wir waren schon eine seltsame Prozession, als folgten wir einem König, oder noch besser, als bildeten wir den Trauerzug zu einer Beerdigung.
Hofmeister war die meiste Zeit bei Bewusstsein, hin und wieder fiel er in einen leichten Dämmerzustand, aus dem er jedes Mal nach kurzer Zeit hochschreckte, weil die Träger ihn beinahe fallen ließen und die Bahre in letzter Sekunde zu fassen kriegten.
Der Doktor war zufrieden mit dem Heilungsprozess; er sagte, der Deutsche sei ziemlich hart im Nehmen und es schien ihm kaum etwas auszumachen, dass er eines seiner Glieder verloren hatte.
Carter kam des Mittags zu mir heran und stapfte eine Zeitlang schweigend neben mir her. Im Gegensatz zu mir schien ihm diese verdammte Hitze nichts auszumachen.
„Wir sollten rasten“, sagte er, nachdem er mich eine Weile angeblickt hatte. „Die Sonne steht recht hoch und der Dschungel zeigt sich schon wieder unbarmherzig.“
Ich schnaufte, als ich einen umgestürzten Baum, überklettern musste, und sagte, nachdem ich zu Carter aufgeschaut hatte: „Wie lange mag unsere Reise noch dauern?“
Er fixierte mich scharf und entgegnete: „Sie meinen, Sie haben nicht allzu viel Vertrauen in unseren Führer, was?“
„Ich habe genauso viel Vertrauen in ihn, wie man einem Mann vertrauen kann, der ständig in der Gefahr schwebt, vom Wundfieber heimgesucht zu werden. Ich traue ihm allerhand zu, dem Deutschen. Doch leider fehlt ihm ein Bein.“
Carter lachte meckernd und ich sah aus den Augenwinkeln, wie er verstohlen einen Schluck aus seinem Flachmann nahm.
Ihm traute ich am ehesten zu, diese Expedition heil zu überstehen; er hatte auch den stärksten Antrieb, einen Erfolg herbei zu führen. Wir anderen – Krömsson eingeschlossen – waren Angestellte, bezahlt von einem gesichtslosen, mächtigen Finanzier, der Erfolge sehen wollte und dafür mit einer exorbitanten Prämie winkte. Aber Carter, der knorrige, sonnengegerbte Alkoholiker, Carter wollte eine Theorie bestätigt wissen, eine Theorie, für die ihn die Fachwelt seit Jahren schon auslachte.
„Was meinen Sie“, schnarrte er, als er die Flasche in seiner Tropenjacke verstaut hatte „Wann werden wir das Ziel erreicht haben?“
Es brauchte einige Momente, bis ich begriff, dass nicht ich mit dieser Frage gemeint war. Krömsson hatte zu uns aufgeschlossen.
„Kommt drauf an, was Sie als unser Ziel ansehen“, antwortete er und musterte Carter.
„Welches ist Ihr Ziel, Mister Krömsson?“, fragte Carter scharf.
„Haben wir nicht dasselbe vor?“ Krömsson schlug einen überhängenden Ast zur Seite und registrierte nicht, dass er mich damit beinahe traf.
„Ich will eine wissenschaftliche Expedition zu ihrem Erfolg führen.“ Carter lächelte bei diesen Worten. Auch wenn Krömsson hochgewachsen war, so musste Carter doch zu ihm hinabsprechen. Es hatte überhaupt nicht den Eindruck, dass hier ein Mann zu dem Expeditionsleiter sprach, der sein Enkel hätte sein können. „Etwas, das überaus wichtig für mich ist, mein Lieber.“
„Dasselbe, Carter.“ Krömsson spähte nach vorn. „Für mich gilt exakt dasselbe, wenn auch aus anderen Beweggründen.“
Carter lachte. Sein Gesicht war jetzt ebenfalls schweißbedeckt, die Hitze machte auch ihm zu schaffen.
Krömsson sagte knapp: „Hofmeister sagt, in zwei Tagen erreichen wir die Berge und von dort ist es nicht mehr weit zu verwunschenen Stadt.“ Und lief nach vorn.
„Der Weg in den Bergen hat es in sich“, murmelte Carter und dann stoppten die Träger vor uns.
„Was ist los?“

Wir waren an einen Fluss gelangt, der sich träge vor unserem Weg wand; das schmutzige Wasser floss kein bisschen, es stand, als wolle es uns verhöhnen. Der Zug kam ins Stocken, und bald fand sich Doktor Marx bei uns ein und fragte, was los sei. Er sah müde aus.
Carter wies mit dem Kinn in Richtung des großen Wassers und griff in die Innentasche seiner Jacke. „Scheint, als hätte sich uns ein unplanmäßiges Hindernis in den Weg gelegt.“
Schnell trug sich eine Kunde von vorn zu uns; es waren die Worte Hofmeisters: „Der dürfte gar nicht hier sein!“
Krömsson wies an, Mensch und Tier von seiner Last zu befreien und eine Rast einzulegen. Ich konnte sehen, wie er sich intensiv mit Hofmeister unterhielt.
Ich verließ Carter und Marx gerade in dem Moment, in dem Carter mir seinen Flachmann herüberreichen wollte. Die Indios führten die Maultiere an den Fluss und wer damit nicht zu tun hatte, hielt sich im Schatten auf. Die Hitze war wieder unerträglich geworden und es war abzusehen, dass wir, auch wenn früher ein Ausweg aus dieser Situation gefunden würde, mindestens bis zum Abend hier verweilen würden.
„Mister Hofmeister!“ Krömssons Stimme hatte einen Ton angenommen, den ich ihn selten hatte benutzen hören. Dieser eisige Klang passte so gar nicht zu dem jungen Mann. „Wenn Sie der Meinung sind, diese Expedition nicht mehr zu ihrem Ziel leiten zu können, dann lassen Sie mich ohne Umschweife an Ihrer Meinung teilhaben!“
Als der Deutsche ihm nicht antwortete, sondern nur stumm von seiner Trage zu ihm aufblickte, setzte er hinzu: „Dann werde ich sie nämlich abbrechen und lasse unverzüglich kehrt machen.“
Hofmeister erblickte mich, fasste aber sofort wieder Krömsson ins Auge. Er ließ sich mit seiner Antwort Zeit. „Ich bin klar bei Verstand, Krömsson. Wenn Sie das meinen, mir geht es gut. Der einzige, der dort ist, wo er eigentlich nicht sein sollte, ist der Fluss.“
Krömsson starrte ihn an und man sah genau, wie er versuchte, diese Aussage einzuordnen. Der Blick ging glatt durch den Deutschen hindurch, durch die Bahre, durch den heißen, feuchten Dschungelboden.
Erst als ich von hinten fragte: „Wie ist das zu verstehen?“ wandte er sich kurz zu mir um, nur um sich sofort wieder seinem kranken Führer zu widmen.
Der Deutsche antwortete ihm, ohne mich zu beachten: „Das soll das heißen, was ich gesagt habe. Der Fluss dürfte nicht hier sein!“
„Blödsinn.“ Krömsson stand auf und ging ohne ein weiteres Wort davon. Man sah, wie er mit dem Kopf schüttelte, als er fortstakste.
Ich kniete mich vor den Deutschen hinunter und fixierte ihn. Er war gerade dabei, sich mühevoll aufzurichten. Ein Laut war von ihm zu vernehmen, das einem unterdrückten Stöhnen glich.
„Geht’s Ihnen gut?“, fragte ich, als er sich gesetzt hatte und auf meiner Augenhöhe war. Er antwortete nicht, sondern tastete an seine Seite und griff schließlich eine Trinkflasche.
Er trank in hastigen Schlucken, während ich sagte: „Sie müssen sich elend vorkommen. Kann ich irgendetwas für Sie tun?“
Er setzte die Trinkflasche ab, verschloss sie sorgfältig und legte sie neben sich ab. Das eine ausgestreckte Bein und daneben der dick bandagierte Stumpf, das war ein widernatürliches Bild, das unsere derzeitige Situation irgendwie perfekt charakterisierte.
Er sah mich wilden Auges an und spie mir ins Gesicht: „Was wissen Sie schon! Haben Sie ein Bein verloren durch so einen...Scheiß? Oder einen Arm? Was wissen Sie schon?“
Ich schreckte zurück, weil ich derartige Ausbrüche von unserem Führer nicht gewöhnt war. Er funkelte mich an, doch urplötzlich verschwand der wilde Ausdruck aus seinem Gesicht und er hatte sich wieder vollständig im Griff.
„Entschuldigen Sie“, murmelte er. „Die Situation ist auch für mich ungewöhnlich.“
Ich schob eine Verpflegungskiste so zurecht, dass er sich dagegen lehnen konnte und fragte ihn noch einmal: „Was meinten Sie damit, als Sie sagten, der Fluss dürfte nicht hier sein?“
Er schloss die Augen, als er antwortete. „Ich habe drei Mal versucht, die verwunschene Stadt zu finden. Einmal waren wir kurz davor, bis zu den Bergen schafften wir es jedes Mal. Zweimal führte uns der Weg genau an dieser Stelle vorbei.“ Er öffnete die Augen, als müsse er sich vergewissern, dass es tatsächlich dieser Ort gewesen war.
„Beide Male verlief der Fluss so, dass er unseren Weg nicht kreuzte.“
„Aber das ist doch nicht möglich“, erwiderte ich. „Ein Fluss verändert nicht so mir nichts dir nichts seine Richtung. Schon gar nicht einer dieser Größe.“
„Das weiß ich! Und doch ist es so. Der Lauf des Wassers verlief parallel zu unserem Weg, jetzt kreuzt er ihn.“
Ich vermag nicht zu sagen, ob ich Hofmeister damals Glauben schenkte. Vielleicht schob ich seine Ansicht auf seinen Zustand. In jedem Falle keimte ein Fünkchen des Misstrauens gegenüber unserer bekannten Welt in mir und ich öffnete mich ein klein wenig der Welt der Maya.
„Was sollen wir tun?“, fragte ich noch in Gedanken versunken.
„Wir müssen uns mit der Situation arrangieren. Krömsson muss jeweils zwei Indios in jede Richtung des Flusses schicken, um herauszufinden, an welcher Seite sich eine günstige Stelle findet, an der wir übersetzen können.“

Wir schlugen unser Lager am Fluss auf, weil abzusehen war, dass die Späher, die Krömsson schließlich auf Hofmeisters Anraten losgeschickt hatte, nicht vor dem Morgengrauen zurücksein würden. Wir errichteten zwei Zelte, versorgten die Tiere notdürftig und legten uns zur Ruhe, nachdem wir die Zeltwände ausgiebig mit Wasser aus dem Fluss besprüht hatten. An Schlaf war nicht zu denken, aber Carter neben mir schnarchte.
Noch bevor die Sonne unterging, verließ ich leise das Zelt und fand draußen eine angenehm frische Atmosphäre vor. Die Luft hatte sich abgekühlt und fühlte sich draußen deutlich angenehmer an, als drinnen.
Hofmeister saß an einen Baum gelehnt, das Bein angewinkelt und starrte auf den Fluss hinab. Er bewegte sich nicht, selbst als er mich gehört haben musste, zeigte er mit keiner Regung, dass er Notiz von mir nahm. Ich meinte, er wäre eingeschlafen.
Still stellte ich mich hinter ihn, genoss die Ruhe und beobachtete die Wasseroberfläche. Es war weit und breit kein Mensch zu sehen, selbst die Indios hielten sich noch in ihrem Zelt auf. Der Dschungel mit seinem unentwirrbaren Pflanzengewirr und den nie verstummenden Geräuschen lag in unserem Rücken, vor uns der Fluss – bedrohlich und lauernd. Es begann zu dämmern.
„Es scheint, als verhöhne er uns, nicht wahr?“
Er drehte sich zu mir um und schaute mich fragend an. „Der Fluss, meine ich.“
Ich wusste nicht, was ich antworten sollte, und so schwieg ich weiter. Er wandte sich wieder um und war wohl der Meinung, ich hätte ihn nicht recht verstanden, denn er fuhr fort in ruhigem Ton: „Es ist so, als sei er ausgeschickt, sich uns in den Weg zu legen.“
Der Fluss machte tatsächlich den Eindruck eines lebendigen, trägen Wesens, das sich seinen Verlauf selbst auswählen kann. Im Dschungel ist vieles möglich, allerdings beruht die Mehrzahl der Zwischenfälle auf die Anfälligkeit des menschlichen Geistes. Es spiegelt einem die unsinnigsten Bilder vor.
„Sie sind wirklich der Meinung, dass der Fluss noch nicht da war, als Sie das letzte Mal hier durchzogen?“, fragte ich.
Er nickte gedankenverloren und starrte weiter nach unten.
„Es könnte nicht zufällig sein, dass Sie einen anderen Weg genommen haben und sich schlicht irren?“
„Nein. Ich habe ein Bein verloren, nicht das Gehirn. Verstehen Sie, ich bin mir hundertprozentig sicher.“

Als wir nachts vor den Zelten saßen, rauchten und Carters billigen Fusel tranken, dabei auf die Späher warteten, um endlich weiterziehen zu können, saß Hofmeister abseits der Runde, außerhalb des Feuerscheins, und rauchte stumm seine eigenen Zigaretten. Alkohol lehnte er kopfschüttelnd ab.
„Wir verlieren Stunde um Stunde“, knurrte Krömsson, als Carter ihm nachschenkte, und auch wenn es nicht so gemeint war, hörte es sich doch an wie ein Vorwurf an Hofmeister. Dessen Gesicht war nicht zu erkennen, man spürte aber, dass die Gestalt im Hintergrund sich anspannte.
„Die Späher müssten doch längst wieder zurück sein“, wandte der Doktor ein.
Carter erwiderte: „Wer weiß, in welches Gelände sie kommen. Es kann noch Stunden dauern, bis einer von ihnen hier wieder auftaucht.“
Krömsson machte eine unwirsche Bewegung. „Ich hatte sie angewiesen, maximal 30 Meilen zu laufen und dann umzukehren. Das Gelände sollten andere besser kennen, sie werden dafür bezahlt.“
Wir alle blickten zu Hofmeister hinüber, doch der bewegte sich nicht. Einzig die Glut seiner Zigarette leuchtete auf.
Die Stille, die plötzlich herrschte, war drückend. Es war klar, dass der Deutsche reagieren musste; die ganze Runde blickte ihn erwartungsvoll an. Doch Hofmeister schwieg.
Ich sah, wie sein Bein unruhig zitterte, er war nervös.
Dann endlich – es war wie eine Befreiung – lehnte er sich nach vorn und sein Gesicht tauchte in den Lichtschein.
Er sah Krömsson an und sagte: „Sie wollen in die verwunschene Stadt geführt werden. Sie sind begierig, etwas über die N’gonk zu erfahren. Krömsson, hüten Sie sich, der Stamm ist nicht das Volk der Maya. Nicht umsonst wurden die N’gonk von allen anderen Maya-Völkern gemieden. Die N’gonk waren immer bestrebt, die verwunschene Stadt abzuschirmen. Waren Sie wirklich der Meinung, das würde ein Spaziergang werden?“
„Wollen Sie damit sagen, dass die N’gonk noch existieren?“, blaffte Krömsson.
Der Deutsche schwieg. Stattdessen antwortete Carter.
„Man spricht von einem Fluch, mit dem die N’gonk die Umgebung um die verwunschene Stadt herum belegt haben sollen“, sagte er.
Krömsson starrte ihn an.
„Das ist nicht Ihr Ernst“, erwiderte er tonlos. „Diese Expedition kostet Hunderttausende Dollar, eine ganze Menge reicher Leute sind daran interessiert. Dutzende Universitäten blicken auf uns und Sie erzählen mir, Sie glaubten an diesen Mumpitz?“
Ein Scheit im Feuer knackte und es klang, als wäre eine Pistole abgefeuert worden. Krömsson blinzelte feindselig.
„Mister Krömsson“, sagte Hofmeister ruhig. „Haben Sie sich eigentlich schon einmal gefragt, warum so viele Leute ein so großes Interesse am Gelingen dieser Expedition haben?“
Krömsson machte eine genervte Handbewegung.
„Hören Sie“, sagte er. „Ich bin kein Wissenschaftler, mich interessiert nicht das Objekt der Expedition, sondern nur die Durchführung. Ich habe einen Auftrag und den will ich ausführen.“
„Vielleicht sollten Sie sich aber für das Objekt interessieren, wenn Ihnen an der Durchführung liegt.“
Er schaute nach oben und betrachtete das Dunkel, in dem man das undurchdringliche Buschwerk vermuten konnte.
„Der Dschungel ist voller Geheimnisse. Menschen, die das Leben hier nicht kennen, werden sie nicht lösen. Selbst die Indios akzeptieren das.“ Er sah Krömsson an. „Sagen Sie mir, in welchem Staat wir uns befinden, Mister Krömsson!“
Krömsson lachte.
„Hofmeister, was soll das? Guatemala, das wissen Sie.“
„Ja, Guatemala. Aber was ist, wenn ich Ihnen sage, das ist nicht Guatemala hier?“
„Reden Sie keinen Scheiß! Das hier ist Guatemala...“
„So?“ Der deutsche lächelte spöttisch. Er zog das Bein an und hievte sich mit verzerrtem Gesicht auf. Wir hatten ihm zwei notdürftige Krücken gemacht, auf diese stützte er sich jetzt und schaute sich noch einmal um.
„Was wäre, wenn ich sagte, dass dies nicht der Fall ist?“, fragte er rau, drehte sich ab und hinkte unbeholfen und ohne jegliche Hast in den Wald.
Zurück ließ er Schweigen und Ratlosigkeit.

Einer der Spähtrupps kehrte kurz vor Mitternacht ins Lager zurück. Er war unverrichteter Dinge umgekehrt, als er den Eindruck gehabt hatte, dass er 30 Meilen zurückgelegt hatte. Der Fluss war stoisch und ohne Veränderung in dieselbe Richtung geflossen – keine Möglichkeit, ihn halbwegs sicher zu überqueren.
Die Stimmung im Lager verschlechterte sich, Hofmeister war nirgends zu sehen. Er war nicht wieder aufgetaucht, nachdem er Krömsson düpiert hatte und im Wald verschwunden war.
Knapp zwei Stunden später traf der zweite Spähtrupp von der anderen Seite ein. Der hatte definitiv bessere Nachrichten zu überbringen.
Die Beiden waren weiter gelaufen als erlaubt und waren dafür belohnt worden. Schätzungsweise 33, 34 Meilen voraus machte der Fluss eine scharfe Biegung und floss nachgerade zurück und war so leicht zu umgehen.
Als die Indios dies erzählten, standen fast alle Teilnehmer der Expedition herum und lauschten. Selbst Hofmeister war zurückgekehrt und stand etwas abseits auf seine Krücken gestützt. Ich kann es nicht beschwören, aber ich meinte einen zufriedenen Zug in seinem Gesicht zu sehen.
Gegen vier in der Früh marschierten wir endlich weiter; die Erleichterung darüber war zu spüren, die Männer schnatterten aufgeregt wie Schulkinder vor einem Klassenausflug.
Die Indios hatten für Hofmeister einen tragbaren Sitz gebaut und als sie ihn drängten, Platz zu nehmen, zierte er sich eine ganze Weile, bis er schließlich widerwillig aufstieg und sich setzte. Nun machte er erst recht den Eindruck eines Herrschers auf Reisen, denn die Trage erinnerte fatal an eine Sänfte.
„So was hab’ ich noch nie geseh’n“, raunte mir Carter zu, als wir die Flussbiegung erreichten und ansonsten schweigend darum herummarschierten. Das große Wasser lag still wie ein besiegtes Tier.
Hofmeister sollte zufrieden sein, er machte aber nicht den Eindruck. Vielmehr verzog er das Gesicht, als hätte er zu leiden. Als wir endlich gegen Mittag Rast machten und der Großteil der Mannschaft sich zur Ruhe begeben hatte, sprach ich ihn deshalb an, als er wieder abseits des Lagers an einem Baum gelehnt saß und stumm in den Dschungel starrte. Sein Verband war gewechselt und der frische, saubere Mull stand in merkwürdigem Kontrast zu seiner schmutzigen Kleidung.
„Es machte den Eindruck, als könnten Sie Ihren Triumph in dieser Flusssache nicht recht auskosten, Mister Hofmeister“, sagte ich leise, um ihn nicht zu erschrecken. Doch offensichtlich hatte er mich kommen hören.
Es dauerte einige Momente, ehe er antwortete: „Es gibt keinen Triumph in dieser Sache.“
Und schien mich wieder vergessen zu haben, denn er schwieg und bewegte sich weiterhin kein bisschen.
Als ich mich eben abwenden wollte, weil die Situation für mich peinlich zu werden drohte, flüsterte er: „Ich habe wahnsinnige Schmerzen.“ Dann drehte er den Kopf zu mir und schaute mich von unten herauf an. Ich sah, dass Tränen in seinen Augen standen und aus seinem Blick jede Überheblichkeit verschwunden war.
Ich war schockiert von diesem Geständnis, denn am allerwenigsten hatte ich solche Worte von unserem Führer erwartet.
„Was sagt Doktor Marx dazu?“, fragte ich ihn. „Er wird Ihnen sicher ein Mittel verschreiben können.“
„Haben Sie ihn gefragt?“
Er funkelte mich an. „Der Arzt ist machtlos!“, zischte er. „Diese Schmerzen kann er nicht bekämpfen.“
Ich ahnte Schlimmes. Unser Erlebnis mit dem Fluss vor Augen, fragte ich: „Was sind das für Schmerzen?“
Nun bekam sein Gesicht einen weicheren Ausdruck. Ich meinte fast etwas Wehmut in seiner Stimme zu hören, als er antwortete: „Phantomschmerzen.“
Ich schluckte, meine Hand suchte den Baum, Hofmeister wandte seinen Blick ab.
„Das Bein“, fuhr er fort und ich spürte, dass ich einen besonderen Moment bei ihm abgepasst hatte. „Das Bein ist immer noch dran. Ich fühle es, kann es spüren und manchmal muss ich mich zurückhalten, weil ich merke, dass ich das Bein zum Laufen nutzen will.“
Es war Nachmittag, die Sonne stand am Höchsten und versuchte unablässige Hitze und gleißendes Licht durch das grüne Dach des Dschungels zu schicken. Gut zwei, drei Stunden würden wir noch rasten, bevor an Aufbruch zu denken war.
„Und ständig diese Schmerzen in dem Bein.“ Er deutete auf den Stumpf. „Diese Schmerzen, die scheinbar von nirgendwo kommen. Verstehen Sie, das ist das Schlimmste, diese Diskrepanz. Man sieht kein Bein und doch spürt man es.“ Er schluchzte auf. „Und man kann nichts dagegen tun!“
„Das geht vorbei, denke ich. Sie haben den Unfall vor sechs Tagen gehabt, Hofmeister. Da ist es vollkommen normal, dass sich Ihr Gehirn noch uneins ist. Es muss mit der Situation klarkommen. Was sagt der Arzt dazu?“
Er hatte sich wieder im Griff, seine Stimme klang fest, als er antwortete: „Der sagt dasselbe wie Sie.“
„Es geht vorbei.“
Er lachte.
„Ich bin überzeugt davon“, versicherte ich. „Nach und nach werden Sie sich daran gewöhnen.“
„Sie klingen wie der Doktor“, sagte er. „Doch eines unterscheidet Sie beide von mir.“ Er schaute mich noch einmal an und lächelte dabei. „Sie haben noch alle Ihre Beine.“

Ich war mit Carter beschäftigt, die einzelnen Namen der Indios zusammen zu bekommen, als am nächsten frühen Morgen der Zug schon wieder stoppte. Wir hatten uns gerade vor einer halben Stunde in Bewegung gesetzt, und diese Unterbrechung kam uns beiden ungewöhnlich vor.
Die Träger standen geduldig neben den beiden Maultieren, und als wir an ihnen vorbeigingen um zur Spitze zu gelangen und herauszufinden, was uns aufhielt, hörten wir Krömsson toben.
Wir sahen uns beide an und in Carters Augen blitzte Ironie. Er nahm die ganze Sache hier sehr gelassen.
Krömsson schrie auf Hofmeister ein, der geduckt in seinem Tragestuhl saß und uns mit vollkommener Verwunderung und Bestürzung anschaute, als wir die Spitze erreichten.
Krömsson tanzte während seines Wutanfalls am Rande einer Schlucht entlang, die sich sowohl in die Tiefe als auch in Breite kilometerweit hinzog.
Der Expeditionsleiter war sauer, dass seine Expedition schon wieder ins Stocken geraten war, und Hofmeister, der gerade das hatte verhindern sollen, konnte offensichtlich nicht verstehen, was hier geschehen war.
„Ich habe es satt“, brüllte Krömsson und ich hatte ein wenig Angst, er könne hinabstürzen. „Ich soll diese Gruppe an ihr Ziel führen, verdammt. Ich bin dafür verantwortlich, ich muss geradestehen dafür, wenn sie scheitert. Und, Gott im Himmel, ich werde geleitet von einem Kasper! Mein Führer glaubt an Außerirdische, die uns Steine in den Weg legen!“
Er wurde sich seiner Umgebung bewusst und sah uns an. Dann wandte er sich wieder an Hofmeister. „Ist es nicht so?“
Der schien ihn und seinen Ausbruch gar nicht bemerkt zu haben. Er starrte an Krömsson vorbei auf diese verdammte Schlucht. Und, ich schwöre, ich wusste vorher, was er sagen würde.
„Diese Schlucht“, stammelte er und er sagte es nicht zu uns. „Diese Schlucht sollte nicht hier sein!“

„Was hat es mit den N’gonk auf sich?“
Krömsson hatte einen Moment der Ruhe abgewartet, um diese Frage Carter zu stellen. Der dürfte die größte Kapazität auf diesem Gebiet sein, es war nur zu natürlich, sich an ihn zu wenden.
Wir hatten sehr schnell eine Umgehungsmöglichkeit der Schlucht gefunden, Krömsson hatte sich beruhigt und wir waren weitergezogen. Einzig Hofmeister schien wirklich verstört und machte einen beunruhigten Eindruck an der Spitze des Zuges. Er war offensichtlich nicht mit der Erklärung zufrieden, er hätte sich geirrt.
Carter warf mir einen triumphierenden Blick zu, bevor er antwortete.
„Was ist los, Krömsson?“, fragte er und zwinkerte mir zu. Er wich einem Ast aus und musste sich bücken. „Kalte Füße bekommen? Ich denke, Sie glauben nicht an Außerirdische und solchen Mumpitz.“
Krömsson starrte ihn solange an, wie er weitergehen konnte, ohne auf den Weg zu achten. Dann wandte er sich ab und knurrte „Ich will mir ein Bild machen über unser Forschungsziel.“
„Das hätten Sie vielleicht tun sollen, bevor Sie die Leitung der Expedition übernahmen.“
„Ich glaubte, das hätte ich auch. Jedenfalls hilft es, alle Meinungen zu hören. Und ich hoffe für Sie, Carter, dass Sie Realist genug sind, auf dem Boden der Tatsachen zu bleiben. Ansonsten wären Sie genauso fehl am Platze wie unser verdammter Führer.“
Carter lachte aus vollem Halse.
„Das ist gut“, prustete er. Die Träger vorn sahen sich nach uns um. „Sie lehnen unseren Führer ab“, fuhr er leiser fort. „Aber Sie verlassen sich trotzdem auf ihn. Das ist stark, glauben Sie mir. Sie würden einen Preis für Originalität gewinnen.“
„Habe ich eine Wahl“, zischte Krömsson. „Bleibt mir etwas anderes übrig, als diesem verrückten Deutschen zu glauben und seine Ansichten soweit wie möglich zu ignorieren?“
„So verrückt ist er gar nicht, der Deutsche.“
„Meinen Sie?“ Wir mussten über einen umgestürzten Mammutbaum klettern. Riesig und verwittert lag er in unserem Weg. Krömsson sprang hinauf und half Carter beim Aufstieg. „Sagen Sie nur, Sie teilen seine Ansichten!“
„Nun“, stöhnte Carter und ließ sich auf der anderen Seite hinab gleiten. „Zumindest hat er Respekt vor den N’gonk. Er hat Ehrfurcht vor dem Dschungel.“
„Das Volk ist seit über dreihundert Jahren ausgestorben. Wie kommen Sie darauf, dass man Angst vor ihnen haben sollte?“
Ich war außen vor bei diesem Gespräch; die wenigen Informationen, die ich über die N’gonk besaß, reichten gerade einmal für einen Schülervortrag aus. Ich war, sobald wir in der verwunschenen Stadt angekommen wären, für die technische Ausrüstung verantwortlich.
„Die Phönizier sind viel länger ausgestorben“, schnauzte Carter. „Und immer noch wirken sie nach. Sie sind alle verdammt gierig auf deren Erfindung.“
Krömsson sagte in beherrschtem Ton: „Erzählen Sie mir etwas über die N’gonk, Carter. Und versuchen Sie, weniger zu trinken.“
Ich konnte spüren, wie der knorrige alte Mann sich zurücknahm, wie er einige Sekunden verstreichen ließ, ehe er antwortete. Es war Krömssons Verdienst, dass die beiden sich nicht schon wieder in die Haare bekamen.
„Eigentlich sind die N’gonk gar keine Mayas mehr“, begann Carter. „Wann sie sich abspalteten ist unklar. Einige meinen, das sei schon vor zweitausend Jahren geschehen. Einerlei. Ich habe mich nie drum gekümmert, für mich waren sie immer ein eigenständiges Volk.“
„Wie lange forschen Sie auf dem Gebiet?“, fragte ich.
„Ich schätze, mein ganzes Leben.“ Ich sah, wie seine Hand zur Innentasche seiner Jacke zuckte; er ließ sie wieder sinken und schaute mich an. Dann grinste er und zog den Flachmann heraus und nahm einen tiefen Schluck. Ich lehnte ab, als er sie mir anbot und Krömsson tat so, als hätte er die Flasche nicht gesehen.
„Die N’gonk waren vollkommen unabhängig. Sie hatten sich ihre Stadt erbaut im tiefsten Dschungel und schotteten sich ab, ohne sich um irgendjemanden zu kümmern. Die Mayas unter sich waren ein zänkisches Volk, sie waren verfehdet und bekriegten sich ständig um irgendetwas. Man sagt, dies sein ein Teil ihres Unterganges gewesen.“
„Die N’gonk sind nicht mit den übrigen Mayas gemeinsam untergegangen?“, fragte ich.
Carter verzog das Gesicht. „Alles was wir über sie wissen, haben wir aus den Aufzeichnungen der Mayas erfahren. Wir haben nicht einmal einen direkten Beweis ihrer Existenz.“
„Märchen“, hörte ich Krömsson zischen, als er nach vorne an uns vorbei hastete. Der Zug war wieder einmal zum Stocken gekommen.
„Was ist schon wieder los?“ Er verlor langsam die Geduld. Er stand vor Hofmeister, der auf zwei Krücken gestützt, versuchte, eine ebenso gerade Figur zu machen wie der Expeditionsleiter.
Doch Krömsson verstummte sofort – alle waren verstummt – im gesamten Dschungel schien Totenstille zu herrschen. Direkt unter Hofmeister, an der Stelle, an der sein rechter Fuß stehen sollte, lag eine Schlange, zusammengerollt, aggressiv und zum Angriff bereit. Sie ringelte sich unter dem Deutschen, der krampfhaft bemüht war, still zu stehen.
Schweiß bildete sich auf seiner Stirn, er versuchte Krömsson im Blick zu behalten und dabei nur die Augen zu bewegen.
Wir standen um die Beiden herum, abwartend, ohne eine Regung verursachend und atemlos vor Spannung.
„Eine Lanzenotter“, zischte Carter. „Jararaca! Verdammt giftig und verdammt tödlich.“
Auch Krömsson stand wie erstarrt in seiner Position, direkt Hofmeister gegenüber und schielte nach unten zu der Schlange hinab.
Die Zeit schien eingefroren.
Plötzlich machte der Deutsche eine ruckartige Bewegung und die Schlange wurde in hohem Bogen fortgeschleudert. Sie flog in Richtung Dschungel, klatschte vielleicht zehn Meter von den beiden entfernt auf den Boden und schlängelte sich mit einigen hastigen Bewegungen ins Gestrüpp. Es dauerte keine Sekunde, bis sie verschwunden war.
Sofort hob sich ein Stimmengewirr, als hätte man eine Tür geöffnet. Alle redeten durcheinander, ein Jeder lief hin und her und Krömsson und Hofmeister schienen sich erst jetzt bewusst zu werden, wie knapp sie dem Tode entronnen waren.
Mit einiger Verzögerung setzten wir den Treck fort.

Es brannte mir im Gehirn und ich konnte es schlecht abwarten. Als wir die nächste Rast einlegten, fand ich endlich Gelegenheit, Hofmeister ungestört zu sprechen.
Ich stellte ihm leise die Frage, als er sich wieder abseits der Mannschaften unter einen Baum gelegt hatte und sich langsam seinen Stumpf rieb.
„Wie haben Sie die Schlange unter Ihrem Körper wegbekommen?“
Er schaute auf und antwortete in erstauntem Ton: „Ich habe sie mit dem Fuß weggekickt.“
Er zog ein Päckchen Zigaretten hervor und bot mir eine an. Stumm rauchten wir nebeneinander und ich grübelte über die Frage nach, wie der Deutsche wohl die giftige Natter mit dem Fuß wegkicken konnte, der ihm längst abgenommen worden war.

„Sie waren elitär, sie ließen niemanden an sich heran und standen in dem Ruf, Magie zu beherrschen.“
Carter hatte ganz von allein mit dem Thema begonnen. Offensichtlich gab es da noch etwas, das er erzählen wollte.
„Und es war das einzige Volk“, fuhr er fort, „das einzige Volk, das ich kenne, das sich in solch einer Weise und so intensiv auf die Spinne fixierte.“
Er machte eine Kunstpause, während der Dschungel seine Geräusche absonderte.
In diese Pause hinein schnarrte Krömsson: „Was darf ich darunter verstehen?“
„Der oberste Gott der N’gonk war eine Spinne.“
„Eine Spinne?“ Ich war mir sofort der Dummheit meines Ausspruchs bewusst.
„Um genau zu sein“, fuhr Carter fort. „Eine Vogelspinne. Die N’gonk beteten die Vogelspinne an. Sie war ihnen heilig, nichts stand darüber. Ich kann es nicht genau sagen, aber man nimmt an, dass die Schöpfungsgeschichte der N’gonk aussagt, die Spinne hätte die Welt erschaffen und hält sie mit ihren Beinen in der Bewegung.“
„Sie wissen es nicht?“
„Wie gesagt, alles was wir über dieses Volk wissen, haben wir von anderen Völkern. Solange wir die verwunschene Stadt nicht gefunden haben, werden wir keine genauen Aussagen treffen können.“
„Alles nur Hörensagen?“
„Ja. Wir wissen von Zeremonien, in denen die Vogelspinne eine entscheidende Rolle gespielt hat.“
„Da kommt Ihr Geldgeber ins Spiel, Mr. Krömsson“, warf ich ein. „Die N’gonk konnten gut mit Spinnen. Sie waren sozusagen Partner. Es gibt Pharmafirmen, die ziemlich scharf auf das Wissen sind.“
Carter sagte: „Was man verstehen kann, wenn man die Fähigkeiten kennt, die ihnen zugeschrieben werden. Ich kann mir nicht viel Schönes daran vorstellen, das Bewusstsein mit solch einem Krabbelvieh zu tauschen, aber für die N’gonk und ihre Götterbeschwörungen scheint das elementar wichtig gewesen zu sein.“
„Was macht es für einen Sinn, das Bewusstsein zu tauschen mit einer Vogelspinne?“
Carter zuckte mit den Schultern. „Was fragen Sie mich? Ich bin mit Ihnen unterwegs, um Erkenntnisse über dieses Volk zu sammeln. Wir wissen nicht viel über sie. Im Übrigen war das nur ein Beispiel, man schreibt den N’gonk noch ganz andere Fähigkeiten zu. Der Spinnengott war angeblich in der Lage, Kinder mit den N’gonk zu zeugen, die dann in jeder Generation den Thron bestiegen. Also, wie gesagt, alles vage und schwammig. Nichts ist gesichert.“
Krömsson wandte sich den Trägern zu, die irgendein Problem hatten.
Carter verfiel nach einem tiefen Schluck in erneutes Schweigen. Und für mich war somit die Sache erledigt.

Es war in der folgenden Nacht – es herrschte tropischer Regen, so dass an ein Weiterwandern nicht zu denken war – als Hofmeister in mein Zelt gerobbt kam und mich weckte. Er gab mir durch ein Zeichen zu verstehen, dass ich mich erheben und ihm folgen sollte. So schlichen wir aus dem Zelt heraus, in dem der Arzt und Carter schliefen und hasteten durch den trommelnden Regen hinüber zu der Unterkunft, in der Hofmeister allein hauste. Ein Privileg an den Führer und ein Zugeständnis an einen kranken Mann.
Die Gasleuchte verströmte unruhiges Licht. Ich setzte mich in einen Stuhl und schaute Hofmeister erwartungsvoll an, der damit beschäftigt war, zwei Gläser mit Whisky zu füllen.
„Hier“, sagte er und reichte mir ein Glas. „Das ist etwas besser, als das Gebräu, das der alte Alkoholiker herumreicht.“
Wir tranken schweigend, dann setzte Hofmeister sich mir gegenüber.
„Entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie so unsanft zu diesem Treffen überreden musste. Es gibt einige Dinge, die ich klären muss.“
„Mit mir?“
Er schaute in Gedanken versunken in sein Glas. „Mir scheint“, antwortete er, „Sie sind der Vernünftigste auf dieser Expedition.“
Ich musste lachen, verstummte aber, als ich an Carter denken musste, an den Doktor und Krömsson. Ich wurde ernst, blickte ihm in die Augen und fragte: „Was wollen Sie mir sagen, Mr. Hofmeister?“
Der Deutsche verzog plötzlich das Gesicht. „Ich habe Schmerzen“, zischte er.
„Das Thema hatten wir schon. Ich hatte Ihnen geraten, sich an Doktor Marx zu wenden.“
„Aber er versteht mich nicht!“ Es war fast ein Aufschrei, als flehte er mich um Hilfe an. Er fasste sich wieder, trank einen Schluck und behielt ihn eine Weile im Mund.
„Dies ist meine dritte Expedition zur verwunschenen Stadt“, fuhr er gefasster fort. „Mein halbes Leben schon beschäftige ich mich mit diesem Volk. Was früher meine Familie war, das sind jetzt diese Menschen, die schon seit Jahrhunderten tot sind. Von denen wir nicht einmal wissen, ob es sie überhaupt gab.“
Er schenkte nach. Der Whisky war tatsächlich um Längen besser als Carters Gesöff.
„Dreimal versuchte ich, zur verwunschenen Stadt zu finden, zweimal bin ich jämmerlich gescheitert, das dritte Mal scheint sich ebenfalls zu einem Fiasko zu entwickeln.“
Er schaute mich hilflos an.
„Woran liegt es?“, fragte ich.
„An den N’gonk“, erwiderte er fast ohne Atem. „Es scheint, als wollten sie nicht, dass wir sie finden.“
Ich sprang auf. Mit einem Knall setzte ich das Glas auf den Tisch.
„Hofmeister!“, fuhr ich ihn an. „Ich bin nicht gekommen, mir Ihre Märchen anzuhören.“
„Setzen Sie sich bitte wieder!“
Er war ebenfalls aufgesprungen und stand mir gegenüber. Ohne Krücken und gar nicht wackelig.
Widerstrebend ließ ich mich zurück auf den Stuhl pressen.
„Meine Schmerzen sind schlimmer geworden“, flüsterte der Deutsche, nachdem er sich ebenfalls niedergelassen hatte. „Aber nicht nur das. Sie haben sich ausgeweitet. Das ist unter anderem Grund dafür, dass der Arzt mich nicht ernst nehmen wird.“
„Er wird Verständnis haben“, brummte ich. „Er ist Arzt, er hat viel gesehen.“
„Das mag sein. Ich habe auch viel gesehen. Aber das, was ich ihm erzählen müsste, davon hätte er noch nie gehört. Und er würde mich auslachen.“
„Was denn?“, fragte ich ungehalten. „Was müssten Sie ihm denn erzählen?“
„Die Phantomschmerzen.“ Plötzlich wurde der Deutsche ganz ruhig. „Schmerzen, die ich bis jetzt in dem Bein spürte, das ich nicht mehr habe, diese Schmerzen habe ich plötzlich in Gliedern, die ich niemals besaß.“

Doktor Marx starrte mich entgeistert an. Wir waren weitergezogen, obwohl die Expeditionsmitglieder allesamt erschöpft waren. Hofmeister hatte die Atmosphäre vergiftet und der einzige, der wirklich dagegen ankämpfte, war der junge Krömsson.
„Er hat Schmerzen, wo er überhaupt keine Glieder hat?“
Ich nickte.
Wir schleppten uns die Berge hinauf. Nach den Worten des Deutschen war er noch niemals soweit gekommen, in Richtung der verwunschenen Stadt. Langsam begann ich mich zu fragen, ob es überhaupt jemanden gab, der den Weg dorthin schon soweit gegangen war. Die Landschaft jedenfalls machte den Eindruck, als hätte es hierher nie zuvor ein zivilisierter Fuß geschafft.
Der Arzt lachte und ich fühlte mich ihm verbunden.
„Allmählich verstehe ich, warum wir noch nicht am Ziel sind“, sagte er. „Erzählen Sie davon bloß nicht Krömsson, der erleidet einen Anfall, von dem er sich nie mehr erholen wird.“
„Heißt das, es ist Unsinn?“
„Natürlich.“
„Aber was bewegt ihn, mir so etwas zu erzählen? Er sah so…leidend aus.“
Er kramte ein schmutziges Tuch aus der Hosentasche hervor und wischte sich damit über die Stirn.
„Der Wissenschaft sind genügend Phänomene bekannt, die in Bezug auf amputierte Glieder auftreten. Die bekannten Phantomschmerzen sind dabei noch das normalste. Sie treten häufiger auf, als man annimmt. Wenn Sie wüssten, wie man diese Symptome behandelt, unter denen man ja wirklich leiden kann, würden Sie es nicht glauben. Man geht hier mit einfachen Spiegeln vor und hat damit vielfach Erfolg.“
„Aber das ist nicht das, was Hofmeister bewegt.“
„Nein, sicher nicht. Wenn Sie sagen, er hätte über Schmerzen in nicht weniger als vier Gliedern geklagt, die er noch nie hatte, dann hat das sicher nichts damit zu tun.“
Einen kurzen Moment bekamen wir den Gipfel ins Sichtfeld. Nebelverhangen schien er abweisend und geheimnisvoll. Irgendwo da oben sollte ein Plateau existieren, über das die N’gonk geherrscht hatten. Ich starrte hinauf bis mir die Augen tränten.
„Was können wir tun?“, fragte ich.
Der Arzt lachte, doch es klang wie ein Stöhnen. „Wir können nur hoffen, dass der Deutsche uns nicht in den Abgrund führt.“
„Aber was können wir für ihn tun? Es klang, als meine er es wirklich ernst.“
„Lassen Sie den Deutschen! Der hat sich bis jetzt aus jeder verzwickten Lage befreit. Ich habe Angst um uns, nicht um ihn.“

Der Aufstieg war ungleich schwerer, als der Marsch durch die Ebene. Zu der Steigung kamen die Hitze und die unglaubliche Luftfeuchtigkeit.
Niemand sprach ein Wort, es herrschte nur noch Verbissenheit. Hofmeister war von der Trage gestiegen und schleppte sich nun mit den Behelfskrücken bergan. Die Träger hätten es ohnehin nicht geschafft, ihn den Hang hinaufzuwuchten.
Und so hinkte er einsam und entschlossen voran und die Gruppe der Forscher und Träger wankte ihm hinterher, weniger aus Vertrauen in seine Fähigkeiten als mangels irgendwelcher Alternativen. Die Stimmung war trübe.
Zwei oder drei Male konnte ich einen Blick auf Hofmeisters Gesicht bekommen. Es war verzerrt vor Schmerzen, abgemagert und vollständig in sich gekehrt.
Irgendwann, ich hatte jegliches Gefühl für die Zeit verloren, gab Krömsson die Order, zu rasten. Und nachdem er sich mit Marx und Carter kurz beraten hatte, entschied er, die Zelte aufbauen zu lassen, damit wir – bevor wir zum letzten Tagesmarsch würden aufbrechen – ausgeruht und neuer Kräfte wären.
Hofmeister schien dagegen zu sein. Er gestikulierte wild, als er mit Krömsson diskutierte, und ich hatte den Eindruck, ihn nicht mehr zu erkennen, so sehr war er verwandelt.
Schließlich gab er kraftlos auf, fügte sich und half so gut es ging dabei, die Zelte aufzubauen.
Als wir beide uns bei den Arbeiten kurz begegneten, flüsterte er mir zu: „Wir werden unser Ziel nicht mehr erreichen! Wir werden alle sterben, noch bevor wir weiterziehen.“
Ich starrte ihn an und sah das erste Mal wirklich bewusst, wie tief seine Augen lagen. Sein Gesicht wirkte wie ein Totenschädel. Dann erinnerte ich mich daran, was Doktor Marx gesagt hatte und ich wandte mich ab von ihm.
Er stöhnte auf und ich meinte zu hören, wie er ausstieß: „Nicht Sie auch!“
Als wir das Lager errichtet hatten, legten wir uns nieder und zumindest ich fiel in einen albtraumgetränkten Schlaf. Ich glaube, niemand war zur Wache eingeteilt worden; nur Hofmeister schlich ruhelos zwischen den Zelten umher.

Ich wurde wach von einem viehischen Schrei. Marx saß auf seiner Pritsche neben mir und die Ölfunzel über seinem Kopf flackerte.
„Was war das?“ Mir stand der blanke Schweiß auf der Stirn.
Der Arzt zuckte mit den Schultern und stierte weiter vor sich hin.
„Das ist Ihr komischer Freund“, sagte er dann.
„Hofmeister? Aber was hat er? Man muss ihm helfen.“
„Vergessen Sie’s!“
Ich sprang auf und tastete mich durchs Halbdunkel ins Freie. Niemand war draußen zu sehen, das Feuer war erloschen und für einen Augenblick fürchtete ich, dass ich noch gar nicht erwacht und immer noch in einem Traum gefangen war.
Dann sah ich Hofmeister. Er saß auf der Erde vor seinem Zelt, die Krücken lagen wenigstens zehn Meter von ihm entfernt, ganz so, als hätte er sie fortgeschleudert.
Er sah auf zu mir. „Gehen Sie“, keuchte er. „Um Himmels Willen, gehen Sie fort von hier!“
Heute bin ich mir sicher, er meinte die gesamte Expedition und er meinte die Gegend, aus der wir verschwinden sollten.
„Geht es Ihnen gut, Hofmeister?“, krächzte ich. „Wir haben Sie schreien hören.“
„Es geht nicht um mich.“ Er starrte mich an, mir schien, er wusste selbst nicht recht, wo er sich befand. „Es geht um Sie!“
„Aber Sie sind genauso Mitglied dieser Expedition wie ich.“
„Nein, das bin ich nicht.“ Er erhob sich mit Stöhnen und setzte leise hinzu: „Ich bin es nie gewesen.“
„Das verstehe wer will, was soll das bedeuten?“
Aber er hatte sich schon umgewandt und humpelte stoisch davon.

Krömsson hatte zum Rat getrommelt. Offensichtlich hatte er die gedrückte Stimmung bemerkt und wollte jetzt, kurz vor dem erhofften Ziel der Expedition noch einmal für Motivation und gute Laune sorgen.
So hatten wir uns alle im größten Zelt versammelt, Carter war dabei, Doktor Marx schaute sorgenvoll, nur Hofmeister fehlte. Er war nirgends aufzutreiben.
Selbst ein Vertreter der Träger saß mit anderen am Tisch, den wir notdürftig aus einigen Kisten und schäbigen Decken gefertigt hatten.
„Wir müssen umkehren“, sagte ich und registrierte sofort die eisige Atmosphäre, die sich breit machte.
„Kommt gar nicht in Frage“, entgegnete Krömsson. „Warum sollten wir das tun?“
„Sie sehen es nicht, was. Sind Sie wirklich so blind?“ Ich sah mich um. „Es gibt eine Macht, die mit allen Mitteln verhindern will, dass wir die verwunschene Stadt erreichen. Wir sollten dort niemals ankommen. Und diese Macht ist tausendmal stärker als wir.“
Totenstille. Krömsson sog scharf die Luft ein. Er fixierte mich und ich sah, wie sein linkes Augenlid flatterte.
Mitten in die Stille hinein hörte man Hofmeister draußen wieder schreien. Es klang ganz so, als hätte er unfassbare Schmerzen.
Krömsson ignorierte das. „Sie also auch?“, sagte er. „Hat dieser deutsche Spinner Sie mit seinen Fantastereien angesteckt?“
„Aber sehen sie es denn nicht? Das ist doch…“
„Schweigen Sie!“ Krömsson sah nicht mehr aus wie ein junger Mann, zornig blickte er mich an und ließ keinen Widerspruch zu. „Wir werden abstimmen. Und das nur, um zu zeigen, dass ich Ihnen entgegenkomme.“
Hofmeister brüllte wieder draußen in der Nacht, doch dieses Mal hatte seine Stimme jeden menschlichen Zug verloren. Der Indio mir gegenüber wurde unruhig.
„Nun?“ Krömsson schaute in die Runde. „Wer ist dafür, dass wir umkehren?“
„Jemand muss hinausgehen und ihm helfen“, flüsterte Doktor Marx.
„Unterstehen Sie sich“, fauchte Krömsson. „Zuerst stimmen wir ab. Wer ist dafür, dass wir die Expedition abbrechen?“
Carter beugte sich zu dem Indio hinüber und übersetzte ihm leise. Er hatte noch nicht geendet, da schoss der Arm des Eingeborenen in die Höhe.
Ich hob ebenfalls die Hand, doch damit war es schon genug. Carter, Marx und Krömsson starrten uns an.
„Damit wäre das klar“, meinte Krömsson.
Ein Zischen war draußen zu vernehmen, so laut, dass sich die Quelle direkt an der Zeltwand befinden musste. Ein garstiges, feindliches Geräusch, tödlich.
Krömsson sprach weiter. Er redete lauter und wurde hektischer, um dieses Geräusch zu übertönen. „Wir werden uns erholen und morgen früh packen wir das Nötigste zusammen und machen uns an den letzten Teil des Aufstieges. Morgen Abend dann…“
Den Rest seiner Rede konnte man nicht mehr verstehen. Das Zischen wurde unerträglich laut, dazu hatte sich ein Wind erhoben, der sich zu einem Sturm auswuchs hatte und nun mit aller Macht an den Zeltwänden rüttelte.
„Was, zum Teufel, ist das?“, brüllte Marx durch den ohrenbetäubenden Lärm hindurch. Er war aufgesprungen und blickte sich panisch um. Auch Krömsson hat sich erhoben und wusste offensichtlich nicht, was vor sich ging.
Nur Carter saß noch ruhig an seinem Platz, und es schien mir sogar, als lächelte er. Er bildete den ruhigen Pol in dem sich aufbauenden Chaos.
Der Sturm wütete und schien das ganze Zelt abreißen zu wollen, der Indio und Doktor Marx schnatterten aufgeregt durcheinander und Krömsson bemühte sich, die Lage zu erfassen und unter Kontrolle zu bringen.
Plötzlich schlug der Eingang des Zeltes beiseite und es trat gespenstische Ruhe ein.
Hofmeister kam herein. Das heißt, er betrat es nicht auf herkömmliche Weise.
Er kroch herein.
Er lag auf dem Rücken, stützte sich mit seinen Armen und dem einen Bein ab und stakste so kopfüber auf uns zu. Er schaute von unten zu uns herauf und der Geifer, der aus seinen Mundwinkeln tropfte, lief ihm in die Augen.
Er war die Quelle dieses bösartigen Zischens; es schien aus seiner Brust zu kommen.
„Guter Gott, was ist das?“, stöhnte Doktor Marx.
Hofmeister, oder das Ding, das aus ihm geworden war, krabbelte langsam und bedrohlich auf uns zu. Dabei sah ich, dass er sich abstützte mit Gliedmaßen, die er nicht besaß!
Wo sein amputiertes Bein hätte sein sollen, da hielt es den Körper über dem Boden, als besäße er das Glied noch.
Und mit drei anderen nicht vorhandenen Gliedmaßen hielt er sich ebenfalls über der Erde, so dass er wie er auf uns zukrabbelte, einem giftigen Insekt glich.
„Eine Spinne!“, stieß Marx aus und starrte angewidert auf den Deutschen herab. „Er gebärdet sich wie eine verdammte Spinne.“
Hofmeister schaute Marx von unten an und ließ ein leises, fremdartiges Knurren hören.
Krömsson löste sich aus seiner Starre. „Hofmeister! Was sollen diese Albernheiten?“, fluchte er.
Der Deutsche achtete nicht auf ihn. Wie ein fettes Ungeziefer sprang er Marx plötzlich an, wohlgemerkt mit dem Rücken voran, denn das war das Widernatürliche daran – er bewegte sich verkehrt herum.
Marx war völlig überrascht von dem Angriff, ebenso wie wir anderen. So stürzte er mitsamt Hofmeister zu Boden. Der Arzt schrie und versuchte sich zu wehren, doch der Deutsche hatte es irgendwie fertiggebracht, seinen Kopf zu wenden und so biss er ihm jetzt in das Gesicht.
Marx brüllte vor Schmerzen, das Blut quoll unter Hofmeisters Kopf hervor, doch er ließ nicht mehr los.
Aus den Augenwinkeln konnte ich erkennen, dass der Indio floh. Auch Carter war keine Hilfe, er saß bleich an seinem Platz und rührte sich nicht.
Endlich gelang es uns, den Deutschen von Marx fortzuziehen; er löste sich von seinem Opfer mit einem schrecklichen Knirschen. Der Arzt kippte zur Seite, Blut strömte heraus, wo vordem seine Nase gewesen war.
Als ich den Deutschen gepackt hatte, konnte ich deutlich spüren, dass da Gliedmaßen waren, die ich nicht sehen konnte. Und ich fühlte Haare daran...
Krömsson brüllte Hofmeister an. Doch dieser stürzte in bekannter Manier auf ihn und riss ihn ohne Mühe zu Boden. Ohne zu Zögern versuchte er auch ihm ins Gesicht zu beißen.
Hilfesuchend schaute ich mich um und sah, dass Carter eine Machete am Bund zu hängen hatte.
„Geben Sie mir das Messer!“, schrie ich ihn an, doch er reagierte nicht.
„Die verdammte Machete!“
Damit sprang ich zu ihm und riss sie ihm vom Gürtel.
Krömsson war es gelungen, den rasenden Hofmeister auf Abstand zu halten. Der grotesk verdrehte Kopf des Deutschen schwebte nur wenige Zentimeter über seinem Gesicht und schnappte blindwütig immer wieder zu.
Ich lief zu den Beiden und wollte Hofmeister einen Hieb verpassen. Doch der wandte plötzlich seinen Kopf zu mir und starrte mich mit seinen toten Augen von unten herauf an.
„Hofmeister“, keuchte ich. „Was ist in Sie gefahren?“
Für einen Moment herrschte gespenstische Stille. Er verharrte in seinen Bewegungen und ich hatte den Eindruck, er überlege. Doch dann zischelte er wieder und es hörte sich beinahe so an wie „Zu spät!“
Dann plötzlich – flink und beinahe ohne Bewegungen – ließ er vollständig von Krömsson ab und glitt davon, in eine Ecke des Zeltes.
Krömsson ging in die Knie, hielt sich die Kehle und röchelte.
Marx, der neben ihm lag, gab überhaupt kein Lebenszeichen von sich und Carter schien der völligen Katatonie verfallen.
Krömsson wollte etwas sagen, verschluckte sich und musste husten. Hofmeister saß in der äußersten Ecke und wartete ab.
„Das Ende“, krächzte Krömsson mühsam. Blut lief aus seinen Mundwinkeln. „Das ist das...“
Eine plötzliche Regung ließ mich herumschnellen, flink kam Hofmeister auf mich zugekrabbelt. Abwehrend hab ich die Machete und schlug blind zu.
Ich traf ihn an der Schulter, das Blatt trat tief ins Fleisch ein. Er stöhnte auf und bewegte sich umso hektischer.
Ich schlug noch einmal zu und noch einmal. Doch Hofmeister war nicht zu bändigen. Jeder Schlag schien ihn nur noch mehr zu reizen. Er zappelte wie aufgezogen, er fuchtelte mit den Gliedern, als sei er elektrifiziert.
Und dann zog er sich endlich zurück. Mit hektischen Bewegungen wuselte er davon, schneller als es seine Verletzungen hätten zulassen dürfen. Er stürzte aus dem Zelt hinaus in die Wildnis. Zurück ließ er eine Spur aus Blut.
Carter war erwacht und sagte in bleiernem Ton: „Der kommt nicht weit. Und was Sie nicht geschafft haben, erledigt der Dschungel.“
Ich sah mich um. Das Innere des Zeltes wirkte wie ein Schlachtfeld; Krömsson verletzt, Marx nicht weniger lädiert. Meine Kleidung war getränkt mit dem Blut Hofmeisters.
Carter stand langsam auf und nahm mir die Machete aus der Hand. Er drehte sich ohne ein Wort um und verließ das Zelt.
Krömsson krächzte hinter ihm her: „Wo wollen Sie hin?“
Da drehte sich der alte Mann um und schaute ihn fest an. „Ich packe die Sachen“, sagte er. „Und dann machen wir, dass wir diesen unheiligen Ort verlassen.“

Niemals hat einer der Expeditionsteilnehmer über die Art und Weise gesprochen, wie Hofmeister sich in dieser Nacht bewegte. Keiner verlor ein Wort über die seltsamen Laute, die er von sich gegeben hatte noch über die Gliedmaßen, auf die er sich stützte.
Wir verließen den Ort und seither hat niemand mehr versucht, den Weg in die verwunschene Stadt zu finden.
Hofmeisters Leiche wurde nicht entdeckt. Wenn ich ehrlich sein soll, hat auch niemand danach gesucht.
Ich kann nur hoffen, dass er wirklich gestorben ist; wenn nicht, hat er vielleicht seine Familie gefunden.

 

Der Täter kehrt immer zurück zum Tatort.
Cerberus und einige der Älteren hier werden verstehen, was ich meine.

Alles in allem vielleicht eine nette kleine Abenteuergeschichte?

Sei es drum, hat Spaß gemacht!

 

Cerberus und einige der Älteren hier werden verstehen, was ich meine.

Jaja, wir alten Hasen :D

Jetzt muss ich die Geschichte natürlich lesen.

 

Hallo Hanniball,

dass Krömsson sich genötigt sah, selbst nach dem Rechten zu schauen, weil er befürchten musste, Hofmeister sei etwas zugestoßen. Der Deutsche war ein exzellenter Kenner der Gegend
Ist von der Satzlogik her nicht ganz klar; wenn Krömsson nachsieht scheint es eher so als wäre er der exzellente Kenner der Gegend. Vielleicht besser: Dabei war der Deutsche ein …

Wir hatten den ganzen Tag Zelte aufgebaut, weil wir ausharren mussten, bis sich das Schicksal unseres Führers entschieden hatte.
Rechtfertigt das einen kausalen Zusammenhang?

Wir saßen vor dem einzigen Zelt mit Beleuchtung, das Doktor Marx in Beschlag genommen hatte,
Also heut bin ich entweder besonders kleinlich oder die Bezüge sind komisch. So wie es jetzt dasteht, könnten da auch viele Zelte mit Beleuchtung stehen aber nur eins hat Doktor Marx in Beschlag genommen. Schreib doch einfach: Doktor Marx hatte es in Beschlag genommen

Aber 36 Jahre Bürgerkrieg hinterlassen seine Spuren
Wenn dann „ihre“ Spuren, noch besser das Possesivpronomen einfach raus. 36 Jahre Bürgerkrieg hinterlassen Spuren.

er lebte an in jedem Winkel.
Das „an“ raus

Aller Flecken war gefüllt mit prallen Fasern
R zuviel

Man trat allerwegs auf Pflanzenreste, die Pfade waren versperrt mit Holz, das vermoderte.
Der Relativsatz am Ende ist nicht so toll. Fisch kann so was besser erklären als ich mit Badammdamm und Tammtammtamm. Er wirkt einfach wie angeklatscht, die Satzmelodie war schon am Ende.

, der Leuten finanziell Rechenschaft abzulegen hatte
Das „Leuten“ ist doch komisch. Also klar wem sonst außer „Leuten“? So hat es keinen Informationsgehalten, dann einfach: der Rechenschaft abzulegen hatte (vielleicht einen anderen Ort für das finanziell finden?)

ließ das amputierte Glied an einer abgelegenen Stelle, ohne dass sein früherer Besitzer etwas bemerkte, begraben
Es ist mir schon fast peinlich, aber irgendwie werd ich mit dem Text formal nicht warm. Es sind starke Szenen, starke Bilder, auch starke Sätze. Die Atmosphäre ist stark, so ein ganz schöner, klassischer Topos, der viel hergibt, aber sind wirklich hässliche Fleckchen im Text.
Warum hier von einem „Glied“ sprechen, wenn das Bein gemeint ist? Dann das doppelte „be“ bei bemertke/begraben und der „ohne dass“-Modalsatz als Einschub da einfach … ist schon sehr unelegant. Das ist ein klarer Vorgang, er lässt das Bein vergraben. An den früheren Besitzer denkt man in der Szene gar nicht, der ist bisher sowieso noch gar nicht in Erscheinung getreten, nur so aus dem Augenwinkel immer.

Ich habe genauso viel Vertrauen in ihn, wie man einem Mann vertrauen kann, der ständig in der Gefahr schwebt, vom Wundfieber heimgesucht zu werden
Nee, das klingt nicht. Das ist doch ein markiger Satz. Ich hab so viel Vertrauen in ihn wie man eben in einen Mann haben kann, der jeden Moment vom Wundfieber aufgefressen werden könnte. Ja, is auch nicht viel besser, aber das geht. Da findet man schon einen guten Satz. „Nur so viel“ oder so.

Auch wenn Krömsson hochgewachsen war, so musste Carter doch zu ihm hinabsprechen. Es hatte überhaupt nicht den Eindruck, dass hier ein Mann zu dem Expeditionsleiter sprach, der sein Enkel hätte sein können.
Uhm. Der Eindruck müsste sich durch den ersten Satz ja aufdrängen, das tut er aber gar nicht so richtig. Dann kommt die Negation aus dem Nichts. Also wem sollte sich der Gedanke auch aufdrängen, wenn der Erzähler ihn schon negiert?

zu verwunschenen Stadt
Zur; und das „Was ist los?“ einfach raus. Das „stoppten die Träger“ ist ein stärkeres Absatzende.

mindestens bis zum Abend hier verweilen würden.
Müssten, um das doppelte würde zu vermeiden.

das unsere derzeitige Situation irgendwie perfekt charakterisierte.
Mörks, Stileben. Irgendwie perfekt charakterisierte.

Ich schreckte zurück, weil ich derartige Ausbrüche von unserem Führer nicht gewöhnt war.
Deshalb schreckt er nicht zurück, er schreckt zurück, weil er aus dem Nichts heraus angeschrien wird; und das ist jedem Leser klar, da braucht es keinen Kausalsatz.

„Die Situation ist auch für mich ungewöhnlich.“
Das ist wirklich staubtrocken. So britisch. Ich pflege selten mein Bein zu verlieren, für gewöhnlich verlege ich es nur.

fühlte sich draußen deutlich angenehmer an, als drinnen.
Kein Komma

unentwirrbaren Pflanzengewirr
2xwirr

Er drehte sich zu mir um
Hier noch mal den Namen erwähnen.

das sich seinen Verlauf selbst auswählen kann.
Frei wählen; die Konstruktion mit sich war eben schon

auf die Anfälligkeit des menschlichen Geistes. Es spiegelt einem die unsinnigsten Bilder vor.
Beruht auf „der“ Anfälligkeit; Und „Er“ spiegelt einem was vor, nämlich der Geist.

Der deutsche lächelte spöttisch.
Deutsche

„Was wäre, wenn ich sagte, dass dies nicht der Fall ist?“, fragte er rau, drehte sich ab und hinkte unbeholfen und ohne jegliche Hast in den Wald.
Zurück ließ er Schweigen und Ratlosigkeit.
Also bei diesen Absatzenden hast du immer tolle Momente und dann machst du noch weiter. Also lass ihn doch einfach wortlos in den Wald hinken. Und das letzte Wort der Szene ist „So?“

. Er war unverrichteter Dinge umgekehrt, als er den Eindruck gehabt hatte, dass er 30 Meilen zurückgelegt hatte.
Nur mal so, die laufen hier fast 80 Kilometer. 30 Meilen hin, 30 zurück. Durch unwegbares Gelände und alles. Kaum vorstellbar. Wie knüppelhart müssen die dann sein? Also das rechtfertigt wenigstens mal einen gedanklichen Anriss.

Es scheint, als wollten sie nicht, dass wir sie finden.“
Kurz hier mal Zwischenbericht: Ist viel besser alles auf einmal, du bist richtig in der Geschichte drin und ich als Leser auch. Und dann noch kurz angemerkt, dass ich hier gern ein „Dass ich sie finde“ lesen würde; er nimmt’s persönlich. Ahab-Syndrom.

als hätte es hierher nie zuvor ein zivilisierter Fuß geschafft.
Hier mal Partikel rauswerfen.

und die unglaubliche Luftfeuchtigkeit.
Enorm hohe? Unglaublich ist immer so …

weniger aus Vertrauen in seine Fähigkeiten als mangels irgendwelcher Alternativen.
Kill doch nicht das wunderbare Bild hier.

konnte ich einen Blick auf Hofmeisters Gesicht bekommen.
Nicht bekommen, werfen oder erhaschen.

bevor wir zum letzten Tagesmarsch würden aufbrechen
Aufbrächen

und ich hatte den Eindruck, ihn nicht mehr zu erkennen, so sehr war er verwandelt.
Hö? Jetzt nicht die Puste verlieren. „Kennen“ reicht da.

Doch dieser stürzte in bekannter Manier auf ihn und riss ihn ohne Mühe zu Boden. Ohne zu Zögern versuchte er auch ihm ins Gesicht zu beißen.
Bekannte Manier – umformulieren; Komma nach Zögern; und zögern klein

am Bund zu hängen hatte.
Zu raus

er fuchtelte mit den Gliedern, als sei er elektrifiziert.
Das „Er“ vor fuchtelte raus.

Krömsson verletzt, Marx nicht weniger lädiert.
Dem fehlt die Nase! Das ist schon bisschen mehr als „nicht weniger lädiert“; Krömsson verletzt, Marx verstümmelt

Jap, war echt gut. Der letzte Absatz hätte bisschen getragener sein können, irgendwie epischer. Ansonsten hängt die Spannnungskurve am Anfang ein wenig durch, das ist auch klar, viele verschiedenen Figuren werden eingeführt und müssen vorgestellt werden; und dann im Mittelteil sind so ein paar Dopplungen drin, find ich. Da gibt es so ein, zwei Absätze, die man gefahrlos komplett streichen könnte. Hier, ehm, ich guck noch mal: Dieser „wir schlugen unser Lager am Fluß auf“-Absatz, den würd ich echt kicken.
Ansonsten: Tolles Szenario, guter Spannungsaufbau, tolles Thema. Wenn der Text im Flow ist, ist er wirklich stark, fehlt noch ein bisschen die Politur an manchen Stellen, aber nix wildes.
War wirklich gut
Quinn

 

Hey Hannibal!

Ja, das war doch mal was Handfestes! Mir hat die Geschichte richtig gut gefallen - klassischer Grusel im passenden Ambiente. Quinn hat eigentlich schon alles gesagt: Zwar empfand ich den Anfang als passend ansteigend, was die Stimmung und Spannung angeht; der Mittelteil hätte allerdings auch nach meinem Dafürhalten etwas gestrafft werden können. Ist aber wirklich nur ein wenig Kosmetik - ich fand's richtig spannend und stimmungsvoll. Die Figuren konnte man auch schnell zuordnen und auseinanderhalten. Alles prima. Genau das erwarte ich von einer Gruselkurzgeschichte.

Quinn hat wirklich schon alles angemerkt ... Ich versuch mal, nicht zu doppeln:

Krömsson saß bei uns, Parker und ich.
Ich weiß, was gemeint ist, allerdings lese ich es immer so, als müsste es richtig "Parker und mir" heißen. Das würde ich umformulieren.

Wir waren schon eine seltsame Prozession, als folgten wir einem König, oder noch besser, als bildeten wir den Trauerzug zu einer Beerdigung.
Dass er sich da verbessert, mag ich nicht so. Ich würde das Bild von Anfang an morbide bringen: Als folgten sie einem toten König, oder so in der Art.

Schnell trug sich eine Kunde von vorn zu uns; es waren die Worte Hofmeisters: „Der dürfte gar nicht hier sein!“
Bis zu der Stelle hatte ich den Eindruck, dass Hofmeister mehr vor sich hinsiecht und nicht ansprechbar ist. Entweder hab ich oberflächlich gelesen, oder Du könntest seinen (für die Umstände erstaunlich fitten) Zustand schon etwas früher andeuten.

irgendwie perfekt charakterisierte
Watt denn nu? Perfekt oder doch nicht? Oder nur irgendwie? Dann wär's aber nicht mehr perfekt. :)

„Nein. Ich habe ein Bein verloren, nicht das Gehirn. Verstehen Sie, ich bin mir hundertprozentig sicher.“
Streiche "Gehirn; setze "Verstand". Ich fänd's runder.

„Diese Schlucht“, stammelte er und er sagte es nicht zu uns. „Diese Schlucht sollte nicht hier sein!“
Guuute Stelle. :)

„Was macht es für einen Sinn, das Bewusstsein zu tauschen mit einer Vogelspinne?“
Ist es schon zu spät, oder kann ich noch versuchen, das "Sinn machen" zu bekämpfen und zu plädieren für: Sinn haben, Sinn ergeben, sinnvoll sein, Sinn und Zweck haben, seinen Zweck haben, zweckdienlich sein, einleuchtend klingen ... Uff.
Such Dir eins aus. :)

„Die Phantomschmerzen.“ Plötzlich wurde der Deutsche ganz ruhig. „Schmerzen, die ich bis jetzt in dem Bein spürte, das ich nicht mehr habe, diese Schmerzen habe ich plötzlich in Gliedern, die ich niemals besaß.“
Und Absatz - herrlich.

Jau, das war's von mir. Viel kann ich gar nicht rückmelden: Hat einfach Spaß gemacht!

Bis denne,
Fisch

 

Hallo Ihr Beiden!

Feut mich, dass anscheinend der Text ein wenig gefallen hat. Schon allein deshalb, weil ich auch jede Menge Spaß beim Schreiben hatte. Wie gesagt, Tatort und Täter.

Quinn:

Viele deiner Einwürfe sind richtig, einige sehe ich anders. Nichtsdestotrotz, kluge Kritik!


Aller Flecken war gefüllt mit prallen Fasern

R zuviel

Sehe ich nichts so. Der Flecken, nicht?


Dagegen andere Sachen, natürlich das Weglassen gewisser Wendungen, sind gut gesehen. Und dafür danke ich dir.
Ich bin ja selbst auf dem Trip, möglichst kurz und knapp - nur das Nötigste. (Auch wenn man das jetzt bei der Story nicht gerade merkt)
Ich hatte das Ding Anfang letzten Jahres handschriftlich gefertigt und dann hat es lange rumgelegen und jetzt nahm ich es vor und beim Abtippen hats mir ganz gut gefallen.
Gute Gelegenheit Überflüssiges rauszuschmeißen. aber ich habe sie verpasst.

Jap, war echt gut.

Danke dir!


Fischstäbchen!

Ja, das war doch mal was Handfestes!

Kann es ein schöneres Kompliment geben?


Quinn hat eigentlich schon alles gesagt

Das dachte ich auch, aber dann kamst du und hast noch mehr Sachen gefunden.

Es ist immer wieder verrückt, wieviel sich vor einem Autor versteckt, den der Leser dann findet.

Also, danke euch, für die Mühe und die Lobs.


Schöne Grüße von meiner Seite!

 

Hi Hanniball,

es freut mich immer wieder unheimlich, deinen Namen unter einer Geschichte zu sehen. Denn auch, wenn sie nicht perfekt sind, bürgt dein Name doch für Qualität.

So, genug des Geschleimes.


Man kommt gleich richtig in die Geschichte rein. Man will wissen, warum der Prot diesen Hofmeister tötete und warum er erst jetzt darüber spricht bzw. sich entschließt, diese Geschichte zu erzählen.
Ein sehr guter Anfang für eine Geschichte.

so war er als Führer engagiert und sollte bei eventuellen Begegnungen mit einheimischen Stämmen Dolmetscher und Mittler sein.
... so war er als Führer engagiert worden und ...

Er schien keine äußeren Verletzungen zu haben, außer eine tiefe, blutende Wunde am rechten Oberschenkel.
Müsste es nicht: außer einer tiefen, blutenden Wunde am rechten Oberschenkel heißen?
Bin mir nicht sicher.

Krömsson saß bei uns, Parker und ich. Zu dritt hielten wir dem Doktor die Daumen.
Der Satz ist irgendwie falsch.
Krömsson saß bei uns, Parker und mir.

Zwei Indios ließ er davor den Weg frei räumen von Gesträuch und Getier.
Ich dachte, es erklärten sich keine bereit? Oder wollte sie nur niemand anführen?
Wenn letzteres, wo liegt denn der Unterschied? Dabei ist dabei.


So, eine wirklich großartige Geschichte. Ich habe schon lange nichts mehr hier gelesen, was so gut war, ganz ehrlich.
Du erzählst die Geschichte gekonnt rasant, und trotzdem detailreich genug, für ein für uns so unbekanntes Setting.


Was du schon immer, bzw. seit ich hier auf KG bin, gut konntest, war glaubhaft wirklich spürbare Atmosphäre aufbauen. Ich kann den Dschungel sehen (und frage mich im Geiste immer wieder, wie Menschen da nur hingehen können! Allein diese Insekten! *bibber*).
Ich meine, deine Dialoge könnten an einigen Stellen etwas ... greifbarer sein, aber die Atmosphäre baust du wirklich vorbildlich auf.


Hat mir wirklich außerordentlich Spaß gemacht!


Liebe Grüße
Tamira

 

Hallo Haniball,
Sehr gute GEschichte, die ich mit genuss gelwen habe. Die Charaktäüre wirkten plastisch und ich fands von Anfang an spannend. Deinen Stil finde ich zum Ende hin besser. Anfangs fand ich einige Sätze etwas umständlich formuliert.
z.B:

Krömsson zog scharf die Luft ein und durch ein Geräusch von hinten wurde mir bewusst, dass mittlerweile die gesamte Expedition um uns herumstand.
Seine Augen waren geschlossen, doch sein Atem ging.
kommt mir vor, als habe Herr Atem zwei Beine und ginge mal so spazieren ...
Die Träger hatten sich abseits vor einem Zelt versammelt und versuchten, die Nacht mit gemeinsamen Beschwörungen und Gebeten zu überstehen.
warum überstehen? da wirds ja noch gar nicht schlimm ...
„Weil sich keine bereiterklärt haben, ja.
bereit erklärt
Sehen Sie es endlich ein, Ihre geli
Punkt nach ein

PS: Der Titel wirkt etwas sperrig. HAb ihn aber trotzdem spannend gefunden

LG
Bernhard

 

Hallo Tamira!

Das Herausarbeiten aus einer Krise (Schreib- oder was auch immer) kann extrem schwierig sein, manchmal klappt es gar nicht. Ich bin aber der Meinung, wenn man es geschafft hat (oder dabei ist), geht man gestärkt daraus hervor. Will sagen, man hat etwas gelernt oder was uns nicht tötet, härtet ab.

Ich freue mich, dass dir auch diese Geschichte von mir gefallen hat, ich habe gar nicht genug Vasen zu Hause, wie ich Blumen von dir bekomme. Ich bin zerknirrscht.

warum er erst jetzt darüber spricht

Die Rückdatierung habe ich erst im letzten Moment vorgenommen, weil mir mit heißen Ohren bewusst wurde, dass der gute Hofmeister überhaupt nicht mit modernster Technik arbeitet (GPS, Satelliten-Telefon). Da ich das gar nicht eingearbeitet habe, spielt die Story wohl von Natur aus in der Vergangenheit.
Dem aufmerksamen, kundigen Leser wird auffallen, dass von einem dreißigjährigen Bürgerkrieg die Rede ist, der in Wahrheit erst Mitte der 90er Jahre beendet war. Ich glaube, um eventuellen Einwänden zuvorzukommen, müsste ich da noch mal drüberbügeln.


so war er als Führer engagiert und sollte bei eventuellen Begegnungen mit einheimischen Stämmen Dolmetscher und Mittler sein.
... so war er als Führer engagiert worden und ...

Wir können uns duellieren, aber ich bin der Meinung, dass man engagieren sowohl als auch verwenden kann. Er ist engagiert worden und er ist engagiert. Aktiv und passiv. Sollte ich mich irren, würde mich das sehr interessieren!

Krömsson saß bei uns, Parker und ich. Zu dritt hielten wir dem Doktor die Daumen.

Der Satz ist irgendwie falsch.
Krömsson saß bei uns, Parker und mir.

Ungewöhnlich im Satzbau, das ich am Ende ist sicher falsch. Muss ich ändern. Aber was vollkommen falsch ist, ist Parker! Der Gute wird doch Carter genannt! Muss ich beim Abschreiben übersehen haben, hatte mit Parker begonnen.

Zwei Indios ließ er davor den Weg frei räumen von Gesträuch und Getier.

Ich dachte, es erklärten sich keine bereit? Oder wollte sie nur niemand anführen?
Wenn letzteres, wo liegt denn der Unterschied? Dabei ist dabei.

He-he, das ist richtig.
Aber es ist von einheimischen Führern die Rede, die sich nicht bereiterklärten.


So, meine Liebe, ich danke dir. Wie immer. Und langsam ist es Zeit, dass wir uns mal wieder andersherum begegnen. Nicht wahr? Wir haben so ein schönes TdM, da ließe sich was draus machen!

Liebe Grüße!


Hallo Bernhard!

Ich freue mich, dass du die Story mit Genuss gelesen hast - kann man sich mehr wünschen? Freut mich wirklich!

Anfangs fand ich einige Sätze etwas umständlich formuliert.

In der Tat. Wie gesagt, ich schrieb sie in Kladde Anfang letzten Jahres, damals hatte ich - noch mehr als heute - den Faible zum Fabulieren.:D Aber ich bin dabei, es dort, wo es nicht hingehört, sein zu lassen.


Seine Augen waren geschlossen, doch sein Atem ging.

kommt mir vor, als habe Herr Atem zwei Beine und ginge mal so spazieren ...

He-he, na ja, die gute Luft im Wald und die Umgebung laden doch dazu ein. Mir deucht aber, dass es diese Formulierung gibt, nicht? Der Atem geht. Hmm, na ja.

Die anderen Fehler nehme ich dir ab, werden geändert, wenn ich die Zeit dazu finde.

Der Titel ist eine Anspielung auf eine andere Story von mir, die (Selbstbeschleimung!) damals mit einging in die Wertung zur besten Story des Jahres. Frag Cerberus, der kann ein Lied davon singen.:D

Schönen Dank also für die Mühe und fürs Gutfinden.

Schöne Grüße von hier!

 

Hallo Hanniball,

ich habe die Geschichte gern gelesen und fand sie sehr spannend. Ein richtig schönes, klassisches Abenteuer. Und die Szene mit Hofmeister als Spinne fand ich wirklich gruselig - ich weiß nicht warum, aber irgendwie hat diese von dir beschriebene Körperhaltung für mich etwas sehr Abstoßendes. Ich bin auch bei der Szene in "Der Exorzist", als das besessene Mädchen so die Treppe runterkommt, zutiefst erschrocken. Das rührt wohl an irgendwas Atavistisches.
Ein paar Dinge haben mich aber an der Geschichte ein wenig gestört. Das eine war, dass ich nicht klar erkennen konnte, in welcher Zeit das Ganze eigentlich angesiedelt ist. Zum Teil wirkte es wie neunzehntes Jahrhundert - die Sprache erscheint etwas altmodisch, und du erwähnst keine modernen Ausrüstungsgegenstände wie etwas GPS-Geräte, die heute zum Standard jeder Expedition gehören dürften (dann wäre das mit dem Fluss auch eindeutiger - man würde sich nicht fragen, ob die vielleicht nur falsch gelaufen sind) - aber andererseits gibt es da Landminen, wird die Meinung des Indio-Spähers in der demokratischen Abstimmung berücksichtigt (kann mir nicht vorstellen, dass das früher der Fall gewesen wäre), und der Doktor erwähnt die Spiegeltherapie für Phantomschmerzen, die meines Wissens ziemlich neu ist, weil die Hirnforschung früher noch gar nicht so weit war - all das spricht eher für zwanzigstes/einundzwanzigstes Jahrhundert.

Nachtrag: Ich habe mal bei Wikipedia nachgeschaut, das heißt es, die Spiegeltherapie sei 1996 entwickelt worden. Da dein Erzähler am Anfang sagt, das alles sei schon 30 Jahre her, müsste die Geschichte ja dann in der Zukunft spielen?

Außerdem finde ich, dass einige der Figuren ziemlich blass bleiben. Hofmeister, Carter und Krömsson kann ich mir gut vorstellen, die Konflikte zwischen denen machen die Geschichte auch lebendig. Aber vom Erzähler - der am Schluss ja immerhin den anderen den Arsch rettet - erfahren wir ziemlich wenig. Warum ist der gleich nochmal bei der Expedition dabei?
Oder der Doktor Marx, der ist irgendwie bloß eine Funktion - der Expeditionsarzt halt - aber einen eigenen Charakter kann ich bei ihm nicht wirklich erkennen.

Ein paar sprachliche Details (kann sein, dass sich was mit den vorigen Kritiken überschneidet):

Er war blutübersudelt wie ein Fleischer.

Eine Kreuzung aus blutbesudelt und blutüberströmt? Das Wort klingt irgendwie witzig ... deshalb passt es nicht zur Situation.

Aller Flecken war gefüllt mit prallen Fasern, warmem Fleisch, duftenden Blüten.

"aller Flecken" klingt ein bisschen komisch. Falsch ist es nicht, nur sehr ungewöhnlich formuliert. Ich wäre für "jeder Flecken"
Und "pralle Fasern" ist meiner Meinung nach ein Widerspruch in sich. Fasern sind doch dünn, faserig halt. Und prall heißt ja voll im Saft, fast am Platzen ... Fasern würde ich durch irgendwas anderes ersetzen.

Er war der Einzige von uns, der Leuten finanziell Rechenschaft abzulegen hatte und so schlug er alle Einwände des Arztes in den Wind,

"Leuten" würde ich entweder durch etwas Konkreteres (z.B. Auftraggebern) ersetzen oder streichen.

„Hofmeister sagt, in zwei Tagen erreichen wir die Berge und von dort ist es nicht mehr weit zu verwunschenen Stadt.“

zur

Im Dschungel ist vieles möglich, allerdings beruht die Mehrzahl der Zwischenfälle auf die Anfälligkeit des menschlichen Geistes. Es spiegelt einem die unsinnigsten Bilder vor.

auf der Anfälligkeit
Bei dem "es" ist mir nicht ganz klar, worauf es sich bezieht. Der Dschungel oder der menschliche Geist wäre "er", die Anfälligkeit des Geistes wäre "sie" ... was ist also das Es, das hier was vorspiegelt?

„So?“ Der deutsche lächelte spöttisch.

groß

Und mit drei anderen nicht vorhandenen Gliedmaßen hielt er sich ebenfalls über der Erde, so dass er wie er auf uns zukrabbelte, einem giftigen Insekt glich.

Erstens: Spinnen sind keine Insekten, und sie haben acht Beine :klug:
zweitens: mir ist nicht ganz klar, woran man erkennen könnte, wieviele "unsichtbare" Gliedmaßen der Mann hat ... ich habe da kein richtiges Bild vor Augen. Dass es aussieht, als ob das nicht mehr vorhandene Bein ihn abstützt, okay, das kann ich mir noch vorstellen. Aber woher kommt die Vorstellung der anderen Gliedmaßen?

Aber insgesamt, wie gesagt, sehr gern gelesen.

Grüße von Perdita

 

Hallo Hannibal.-

Ich stimme ein: Eine der besten Geschichtern, welche ich bisher hier lesen durfte. Einzig der Ausdruck "verwunschene Stadt" hat mich ob der sonst sehr ernsten und nüchternen Sprache Deiner Protagonisten gestört. Das klingt zu sehr nach Kindermärchen. Und ob ein historisches Volk Südamerikas N`Gonk heißen würde, wo alle anderen so melodisch-weiche Namen tragen, sei mal dahingestellt.

Gruß Felix

 

Hi Perdita!

Du hast mich! Schade, da habe ich geglaubt, es merkt keiner.
Ich bin erfreut, dass du mit der Spiegel-Therapie-Methode von Ramanchandran vertraut bist, andererseits hast du natürlich Recht, dass das zeitlich nicht passt.

Wie gesagt, sollte sie ursprünglich im Jetzt spielen, aber ich hatte bemerkt, dass ich ja gar kein GPS, Satellitentelefon etc. drin hatte. Das würde die Story auch anders verlaufen lassen, glaube ich. Dass ich mit meiner 30-Jahre-Zurückdatierung nicht vollständig richtig lag, hast du mir jetzt wieder bewiesen.

Natürlich darf so etwas nicht sein, ich danke dir für die Aufmerksamkeit.

Der nächste Punkt, der mir die Tränen in die Augen treibt (vor Verbundenheit!) - du erwähnst die Spinnengang-Szene aus dem Exorzisten, die ja nun nicht jeder kennt, weil sie Director's Cut ist. Ich habe mich - sagen wir - anregen lassen.
Natürlich ist das Widernatürlich, es hat etwas Falsches.

Spinnen sind keine Insekten, stimmt. Spinnen haben acht Beine - stimmt natürlich!

Aber vom Erzähler - der am Schluss ja immerhin den anderen den Arsch rettet - erfahren wir ziemlich wenig. Warum ist der gleich nochmal bei der Expedition dabei?

Folgende Passage, hatte ich gehofft, wäre aufschlussreich:

Ich war außen vor bei diesem Gespräch; die wenigen Informationen, die ich über die N’gonk besaß, reichten gerade einmal für einen Schülervortrag aus. Ich war, sobald wir in der verwunschenen Stadt angekommen wären, für die technische Ausrüstung verantwortlich.

Aber du hast hier natürlich auch wieder Recht!
Ich hatte viel eher damit gerechnet, den Ich-Erzähler um die Ohren gehauen zu bekommen. Ich meine, der Kerl hat nicht einmal einen Namen!

Danke dir auch für die Fehlersuche, werde dann alles mit berücksichtigen.

Danke dir!

Hallo Felix-Florian!

Eine der besten Geschichtern, welche ich bisher hier lesen durfte.

Danke.
Allerdings fürchte ich, dass du noch nicht die besten und schönsten Storys hier gelesen hast. Ich könnte dir Dinger sagen!:D

Die "Verwunschene Stadt", hmmh. Das ist wohl Ansichtssache, ich hatte noch die "Verbotene Stadt" im Sinn, aber das war mir wieder zu chinesisch.

Ebenso die N'Gonk. Ich hab gegoogelt und wenn man die Verschreiber weglässt, gibts dafür keine Entsprechungen.
Wäre aber mal einige Klicks wert, sich darüber zu informieren.


Danke auch dir!

Schöne Grüße von meiner Seite!

 

Hi Hanniball,

ich finde deine Geschichte gut. Nur sind hier und da einige Rechtschreibfehler, aber das macht nichts! Du hast auch so eine laaaaaaange Gechichte geschrieben, dass es mir vorkam wie ein ganzer Roman!

Gruß Madfia

 

Hi Madfia!

Rechtschreibfehler? Wo? Zeig sie mir!
:D

Laaaaaaaaaaaaaaaaaaange Geschichte? Klar, da bin ich ein Fan von. Sollst mal meinen Beitrag zum TdM Oktober sehen. :D


Freut mich aber umso mehr, dass du sie gelesen hast und gerade, dass sie dir gefallen hat!


Grüße von diesseits!

 

Hallo Hannibal

Ich bin erfreut, dass du mit der Spiegel-Therapie-Methode von Ramanchandran vertraut bist, andererseits hast du natürlich Recht, dass das zeitlich nicht passt.

Also, vertraut ist zuviel gesagt. Ich hab neulich einen Spiegel-Artikel (hihi) darüber gelesen. Da stand halt drin, dass das alles noch ziemlich neu ist. Ich glaube, früher hat man wirklich die Vorstellung gehabt, das Phantomschmerzen "bloß Einbildung" sind. Es gab auch nichts, was die Ärzte hätten tun können.

Der nächste Punkt, der mir die Tränen in die Augen treibt (vor Verbundenheit!) - du erwähnst die Spinnengang-Szene aus dem Exorzisten, die ja nun nicht jeder kennt, weil sie Director's Cut ist. Ich habe mich - sagen wir - anregen lassen.

Stimmt, das war ja der Director's Cut. Eine andere Version habe ich gar nicht gesehen, glaube ich. Ich finde es aber toll, dass ich deine Inspirationsquelle erkannt habe :D

Das wollte ich bloß gesagt haben :)

Grüße von Perdita

 

Hallo Hanniball

Wunderbar, deine Geschichte war eindeutig eine runde Sache, mitreissend und sauber geschrieben.
Wie bereits von anderer Seite angemerkt: Man konnte den Dschungel dampfen sehen, ich war von Anfang an mitten drin.
Auch die kurze Einleitung funktioniert und macht neugierig, warum "er" Hofmeister auf dem Gewissen hat.


Hier nur noch die im Dschungel gefundenen Stecknadeln:

Ich schnaufte, als ich einen umgestürzten Baum, überklettern musste, ...
Ein Komma zuviel.

„Er wird Ihnen sicher ein Mittel verschreiben können.“
Das finde ich etwas unglücklich, denn was will Hofmeister im Dschungel mit einem Rezept?
"Er wird Ihnen sicher was geben können." oder so.

„Was hat es mit den N’gonk auf sich?“
Krömsson hatte einen Moment der Ruhe abgewartet, um diese Frage Carter zu stellen. Der dürfte die größte Kapazität auf diesem Gebiet sein, es war nur zu natürlich, sich an ihn zu wenden.
Wir hatten sehr schnell eine Umgehungsmöglichkeit der Schlucht gefunden, Krömsson hatte sich beruhigt und wir waren weitergezogen. Einzig Hofmeister schien wirklich verstört und machte einen beunruhigten Eindruck an der Spitze des Zuges. Er war offensichtlich nicht mit der Erklärung zufrieden, er hätte sich geirrt.
Carter warf mir einen triumphierenden Blick zu, bevor er antwortete.
Da zwischen Frage und ", bevor er antwortete." ein grosser Einschub war, wusste ich zuerst nicht, wem Carter da auf was antwortet.
Vorschlag: "... , bevor er Krömsson antwortete.

Man sagt, dies sein ein Teil ihres Unterganges gewesen.“
sei

..., ein Jeder lief hin und her ...
ein jeder

Ich wurde wach von einem viehischen Schrei.
Fischisch? Ah von einem Vieh. Ich musste das zwei mal lesen, wie wäre es mit: unmenschlichen, widernatürlichen, tierischen, ...

Aber er hatte sich schon umgewandt und humpelte stoisch davon.
Das kommt mir irgendwie zu beiläufig daher, der Erzähler wirkt dadurch sehr passiv. Oha, der Mann humpelt ohne Krücken (dank neu gewachsener, unsichtbarer Stütze) mit nur einem Bein davon!
Irgendwie darf/sollte der Erzähler da doch etwas verblüfft sein, oder?

..., der sich zu einem Sturm auswuchs hatte und nun mit aller Macht an den Zeltwänden rüttelte.
hatte darf weg. oder dann "zu einem Sturm ausgewachsen hatte".

„Die verdammte Machete!“
Damit sprang ich zu ihm und riss sie ihm vom Gürtel.
Liest sich komisch mit zweimal "ihm".
Vielleicht:"Damit sprang ich zu Carter und riss sie ihm vom Gürtel."

Abwehrend hab ich die Machete und schlug blind zu.
hob


Hoffe, es ist jetzt nix doppelt gemoppelt aufgeführt.


„Die Phantomschmerzen.“ Plötzlich wurde der Deutsche ganz ruhig. „Schmerzen, die ich bis jetzt in dem Bein spürte, das ich nicht mehr habe, diese Schmerzen habe ich plötzlich in Gliedern, die ich niemals besaß.“
Genau hier dachte ich, der wird doch nicht
... und er wurde!:D

Du hast mich sehr gut unterhalten!
Gruss.dot

 

Hallo Hanniball!

Ich fand die Geschichte sehr spannend und gut zu lesen, die Länge machte mir gar nichts aus, ich hatte auch nicht das Gefühl, daß es sich irgendwo zieht.
Allerdings meine ich, daß Du die Spinne ein bisschen zu früh erwähnst. Bis dahin hätte ich mir ganz ein anderes Ende erwartet (nichts Konkretes, aber jedenfalls nicht, daß die Bedrohung von demjenigen kommt, der vorher noch warnt), und das könnte ruhig noch ein, zwei Absätze lang so bleiben, aber durch die Erwähnung der Spinne hab ich das dann doch schon so ungefähr vorausgeahnt. Die würde ich also ein bisschen nach hinten verschieben.
Ich seh grad, daß dotslash fast das Gleiche sagt, nur eine andere Stelle nennt, aber ich glaube, ohne Erwähnung der Spinne zuvor würde man an der Stelle auch noch nichts so Konkretes vorahnen.

Meine restlichen Kritikpunkte und eine Portion Lob, mit der ich sie würzen kann, heb ich mir noch auf, bis Du die schon genannten Punkte umsetzen konntest, sonst ist so viel doppelt. ;)

Jedenfalls hab ich sie sehr gern gelesen! :)

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hi dotslash!

Ich kann mich an kaum eine Story von mir erinnern, die so positiv aufgenommen wurde, wie diese hier. Dabei war ich zu Anfang gar nicht so sicher, du weißt das ja bestimmt selbst, welche Gedanken man sich macht.

Umso mehr freue ich mich natürlich über jeden Kommentar, der sich so liest, wie deiner. Ich denke, man merkt auch den Spaß, den ich bei der Sache hatte, das Interesse wohl auch an der Sache und letztlich auch an den Figuren.
Schlussendlich ist es ja wohl auch wieder eine Story vom geschlossenen Kreis der Charaktere, die sich entwickeln. Ich denke, auch hier finden wir zumindest ansatzweise alle benötigten Grundzüge.


Er wird Ihnen sicher ein Mittel verschreiben können.“

Das finde ich etwas unglücklich, denn was will Hofmeister im Dschungel mit einem Rezept?

:lol:

Wie konnte ich das übersehen? Ich hatte wirklich angenommen, sauber gearbeitet zu haben. Aber, du siehst ja.


Ich wurde wach von einem viehischen Schrei.

Fischisch? Ah von einem Vieh. Ich musste das zwei mal lesen, wie wäre es mit: unmenschlichen, widernatürlichen, tierischen, ...

Ich fand den viehischen Schrei eigentlich ganz treffend, viehisch im Sinne von bestialisch, abartig vielleicht. Unmenschlich ist irgendwie nicht stark genug. Ich werde mal sehen.

Du hast mich sehr gut unterhalten!

Das freut mich, gerne!

Hi Häferl!

Erst dachte ich, ich habe mich verguckt, denn der Eintrag ist ziemlich kurz für deine Verhältnisse. Keine Fehler, die Häferl gefunden hat, dachte ich. Kann nicht sein. :D
Aber dann.

Ich werde mich, mit allen guten Hinweisen, die ich hier bekommen habe, dranmachen und die Geschichte überarbeiten. Es ist momentan so...ich arbeite am TdM und will bis zum Monatsende damit durch sein.:D

Im Übrigen bin ich jetzt dabei ausgewählte Story aus meinem früheren Schaffen zu überarbeiten und zu liften, da greife ich sehr gern und ausgiebig auf die Kommentare hier zurück.
Niemand soll also meinen, zumindest in meinem Falle, dass seine Kritik umsonst ist. Auch die Fehlerchen, die man auflistet. (Ich fänds ja selber schrecklich, wenn ich mir solche Mühe machte und sie würde nicht beachtet)

Ich fand die Geschichte sehr spannend und gut zu lesen, die Länge machte mir gar nichts aus

Es ist wohl so, dass mir die längeren Storys eher liegen, das lange Ausführen, das Vorbereiten. Die kurzen Sachen, auf den Punkt gebracht, sind meine Sache nicht. Aber ich übe! Auch und gerade mit Hilfe dieser Seite.

Die Einführung der Spinne: Meinst du, dass sie zu früh erwähnt wurde? Irgendwann musste ich sie bringen, damit steht und fällt die letzte Szene. Vielleicht hätte ich sie ganz am Anfang bringen sollen?

Ich danke euch beiden!

Schöne Grüße von meiner Seite!

 

Niemand soll also meinen, zumindest in meinem Falle, dass seine Kritik umsonst ist.
Und so war das auch überhaupt nicht gemeint, ich hoffe, das ist nicht so bei Dir angekommen. Es ist nur schon ziemlich viel aufgezählt, sodaß es besser ist, ich lese sie dann noch einmal und schau, was dann noch übrig ist. Aber ich nahm nicht an, daß Kritik bei Dir umsonst wäre, sondern daß Du vielleicht grad nicht da bist, wo Dein Word-Dokument gespeichert ist; Du sagtest ja, daß Du zur Zeit zwischen Hölle und Heimat pendelst (oder so ähnlich :D).

Meinst du, dass sie zu früh erwähnt wurde? Irgendwann musste ich sie bringen, damit steht und fällt die letzte Szene. Vielleicht hätte ich sie ganz am Anfang bringen sollen?
Ja, ich hatte es als zu früh empfunden, aber sie ganz am Anfang einzubauen, halte ich für eine sehr gute Idee! :)

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Zu 99 Prozent war ich mir schon sicher, dass du es nicht so meinst. Wollte auch nur noch mal unterstreichen, wie wichtig es ist, sich um die Kritiken zu kümmern und selbst zu kritisieren.

Du sagtest ja, daß Du zur Zeit zwischen Hölle und Heimat pendelst

Jepp, kannst sicher sein, jede Story beinhaltet einen Teil der Hölle:D

Aber, wie gesagt, ich arbeite dran.

Abendliche Grüße von meiner Seite!

 

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