Was ist neu

Halm

Bas

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16.09.2018
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Halm

I​

Gustaf trat aus dem Wald. Kurz war er geblendet. Von dem sonnengebleichten Weizen, der sich vor ihm erstreckte, und mit seiner vom Gestrüpp zerkratzten Hand beschattete er die Augen, seine müden Augen.

Weiter, querfeldein, unter den Füßen knirscht das Stroh und am Himmel zerfasern die Wolken, mit jedem Schritt springt ein Grashüpfer auf, weiter, grüne Büsche mit Ranken, grüne Büsche mit Beeren, Beeren die man essen kann und Beeren, die einen töten, wenn man zu viele von ihnen isst, und weiße Schmetterlinge fliegen umher und tanzen miteinander, kämpfen gegeneinander, wer weiß das schon.

Dann kam Gustaf an einen Weg. Die Sonne im Rücken. Der Nacken rot. Und vor ihm ging sein Schatten her, und wie er sich bewegte, da erkannte Gustaf sich in dem Schatten nicht wieder, der Schatten hielt den Arm weiter vom Körper weg, als er selbst es tat, in einem anderen Winkel, und auch der Kopf war nicht seiner, er war größer und anders geformt, war unförmig, war gestaucht und gestreckt, und als eine Ameise über den Schatten lief, tauchte Gustaf aus diesem Gedanken wieder auf. Veränderte seine Schrittfolge. Die ihm nicht bewusst war, es jetzt aber wurde, und dabei strauchelte er, sagte leise Uppsala und musste ein wenig lachen, erschrak, sah sich um, aber niemand war da. Nur die Ameise. Und im Feld die Grashüpfer und die Schmetterlinge, und vor ihm, auf dem Weg, der Schatten, sein fremder Schatten.

Und so lief er weiter, bis er an einem Ortsschild vorbeikam, auf dem Halm stand.


II​

Gustaf kam von woanders, sagte er immer, so auch jetzt, als der Bürgermeister von Halm ihm entgegentrat und wissen wollte, woher er kam.
»Von woanders.«
»So.«
Eine Pfeife, ausreichend Tabak, ein paar wenige, teilweise beschriebene Blätter Papier, ein Stift und ein Messer, das ihm als Anspitzer diente, all das hatte Gustaf in ein Tuch gewickelt, das er, an einen Stock gebunden, über der Schulter trug. Und dieses Tuch war es auch, auf das sich die Frage des Bürgermeisters bezog: »Und was hast du da?«
Gustaf sagte es ihm.
»So.«
Eine schöne kleine Stadt ist das hier, dachte Gustaf, und ließ es auch den Bürgermeister wissen.
»Ja, klein ist sie schon, und es gibt wohl auch welche, die weniger schön sind. Aber es gibt auch viele, die schöner sind. Vielleicht solltest du weiterziehen. Um nichts zu verpassen.«
»Ja, vielleicht«, antwortete Gustaf, verneigte sich und ging weiter den Weg entlang.

Der Bürgermeister sah dem Fremden noch eine Weile nach, bevor er hinter der Tür des gelben Rathauses verschwand.


III​

Die Stadt Halm war von dichtem Wald umgeben, und am Mittag desselben Tages, tief in diesem Wald, saß Gustaf auf einem Baumstumpf und schrieb. Er schrieb so klein, dass es aussah, als krabbelten winzige Insekten über das Papier, immer wieder spitzte er mit dem Messer seinen Stift an, damit die Mine nicht zu breit wurde, und während er schrieb, sprach er jedes Wort leise mit.
»… Vielleicht solltest du weiterziehen. Punkt. Um nichts zu verpassen. Punkt.«

Noch vor kurzem war Gustaf der festen Überzeugung gewesen, keine andere Wahl zu haben, als den Bürgermeister zu töten. Doch jetzt, im kühlenden Schatten der Bäume, wusste er schon wieder, dass das nur ein Hirngespinst gewesen war, dass er es nicht tun würde, ganz egal, was irgendwer dazu sagen würde.

Und doch war es komisch, dass er hier saß und sich über den Bürgermeister den Kopf zerbrach. Ja, jetzt sah er ihn auch wieder deutlich vor sich, diesen Sack mit seinem gestutzten Bart, er stutzte ihn wohl zu einem gewissen Zweck, er wollte wohl zeigen, seht her, wenn ich wollte, dann könnte ich mir einen Bart bis zum Nabel wachsen lassen, und doch tue ich es nicht, ganz bewusst, aber wenn ich wollte, dann könnte ich. Und Gustaf war auch nicht entgangen, dass er das Rathaus in einem auffällig gelben Ton streichen lassen hatte, es stach richtiggehend in den Augen, da stand ein graues Haus zur linken und ein graues Haus zur rechten und mittendrin thronte der gelbe Palast des Herrn Bürgermeisters mit seinem gestutzten Bart.

Gustaf verstaute die Blätter in dem Tuch und holte seine Pfeife hervor, er atmete den weichen Tabakqualm ein und blies ihn in die Luft und spürte, wie er träge wurde. Nur seine Gedanken wollten sich nicht beruhigen. Und er hielt noch immer das Messer in der Hand.


IV​

»Tuft. Was ist denn ein Tuft
Der Bürgermeister kratzte sich ratlos den Kopf.
»Vielleicht soll's ja Luft heißen«, meinte Anja.
»Blödsinn. Nein, irgendetwas steckt dahinter, und ich glaube auch schon zu wissen, wer dafür verantwortlich ist.«
»Der Fremde.«
»Ja, natürlich der Fremde, wer sonst, wer sonst käme auf die Idee, einen solchen Mist in meine Tür zu ritzen! Ich wusste ja sofort, dass der Kerl Ärger bedeutet, das hab ich dem gleich an der Nasenspitze angesehen, ein Verbrecher ist das, das kannst du mir glauben, Anja!«

Anja, das war die Frau vom Bürgermeister, und als sie ihrem Mann zuhörte, der sich über ein Wort, das nicht mal einen Sinn ergab, so schrecklich aufregte, da musste sie ein wenig grinsen.
»So, das findest du lustig?«
»Nein.«
»Und warum grinst du dann?«
»Ich grins ja gar nicht.«
»Mir reicht's, ihr seid ja alle verrückt geworden! Ruhe hab ich gesagt! Hör auf zu grinsen, mein ich!«
Anja biss sich auf die Lippen, und als der Bürgermeister außer Sichtweite war, sagte sie noch mal leise: »Tuft«, und grinste.

Gustaf hatte jede Menge Ideen gehabt, wie er den Bürgermeister töten könnte, aber als er vor dem gelben Rathaus stand, kam ihm der Einfall, stattdessen etwas in die Tür zu ritzen. Tuft, das machte keinen Sinn, das wusste er, und er war der Ansicht, dass der Bürgermeister sich ärgern würde über eine solche Sinnlosigkeit, und dass er recht gehabt hatte, sah er schon seinem Gang an, als er auf ihn zugestapft kam.
»Du! Verschwinde, auf der Stelle, als Bürgermeister dieser Stadt –«
»Tuft«, unterbrach Gustaf den Bürgermeister.
»Du bist ja … Nein, was hat es denn für einen Sinn, mit jemandem zu reden, der einen doch nicht versteht, du bist ja bekloppt, das ist ja ganz eindeutig, womöglich –«
»Sulf«, unterbrach Gustaf den Bürgermeister diesmal.
»Ja, mach nur weiter deine Späße, du kannst froh sein, dass ich die Polizei noch nicht eingeschaltet habe, das ist ja Vandalismus und außerdem Beleidigung, was du hier veranstaltest, du kannst dich glücklich schätzen, dass … Willst du mich gar nicht unterbrechen? Bleib stehen! Sofort!«
Aber Gustaf ging davon, mit der Absicht, nie mehr zurückzukommen.


V​

Am nächsten Tag wachte der Gehilfe des Bauern Ulinov noch vor dem ersten Hahnenschrei auf. Die Sterne leuchteten blass am Morgenhimmel, in der Ferne tastete sich die Sonne Stück für Stück hinter dem Horizont hervor.
Leise, damit niemand es mitbekam, trat er vor die Tür und stapfte eilig zu dem großen Busch neben dem Geräteschuppen. Die Nacht war so kalt gewesen, dass dichte Dampfschwaden aufstiegen, als er seine Blase leerte, und er schreckte zusammen, als er durch den Dampf hindurch ein menschliches Gesicht erkannte.
»Entschuldigung«, sagte er da und zog schnell seine Hose hoch.
»Aber wofür denn, ich bin ja neu hier, du hingegen … Ich bin ja quasi ein Eindringling, ich hätte mir einen anderen Ort zum Übernachten suchen können, Menschen gehören nicht in Büsche, das sehe ich ein, aber ich war ja schon so müde und dann war es ja auch so kalt heute Nacht und da dachte ich mir … Und wer bist du?«
»Der Fedka. Ich wohn hier.«
»Du musst mir schon glauben, dass es mir leid tut, Fedka, aber gestern, als ich mich hier hingelegt hatte, war der Himmel lange nicht so klar, wie er's jetzt ist, und obwohl ich dein Haus jetzt so deutlich da stehen sehe, war es gestern … Hätte ich gewusst, dass hier jemand wohnt, hätte ich mir wohl einen anderen Ort gesucht, an dem ich schlafen kann, ich hätte vielleicht auch angeklopft und … Fedka, sag mal, du hast nicht vielleicht etwas Brot oder löchrigen Käse? Nein? Und auch im Haus nicht?«
»Doch, im Haus schon.«
»Ja, natürlich, wer ein Haus hat, der hat auch Brot und Käse, tut mir leid, dass ich so dumm gefragt habe, was ich ja eigentlich wissen wollte, ist, ob ich vielleicht etwas davon abbekommen könnte … Jetzt gerade ist es nun mal so, dass ich in Büschen schlafen muss, und in meinem Tuch hier ist nichts von Wert, nur eine Pfeife und etwas Tabak, ein Stift und ein paar Blätter und ein Messer zum Anspitzen …«
»Ich kann schon was holen. Muss nur leise sein.«
»Ja, sei nur leise … Aber … Nur ein bisschen Käse und Brot … Das wäre schon gut, Fedka.«
Und Fedka stapfte davon.
Am Horizont leuchtete jetzt ein gelber Streifen auf. Die Sonne tastete sich weiter voran.

»Hier.«
»Ja, hab Dank, Fedka«, sagte Gustaf, der schon das Messer in der Hand hielt. Vorsichtig schnitzte er kleine Löcher in den Käse. Die Späne fielen wie abgestorbene Blätter auf die Erde.
Fedka sah den Fremden neugierig an.
»Wie heißt du?«
»Gustaf.«
Fedka hatte noch nie einen Mann getroffen, der Gustaf hieß, und er hatte auch noch nie einen Mann getroffen, der nachts in Büschen schlief und so komisch daherredete wie dieser hier.
»Bist du aus der Stadt?«
»Ja, gestern war ich noch dort, und da hab ich auch den Bürgermeister getroffen. Kennst du den Bürgermeister, Fedka?«
»Ja.«
»Und magst du den Bürgermeister? Ich nämlich nicht.«
Fedka wusste nicht recht, ob er den Bürgermeister mochte. Er hatte ihn nur einige wenige Male gesehen, die Menschen aus der Stadt kamen nur selten raus aufs Land. Aber er wollte den Fremden nicht verärgern, deshalb sagte er: »Nein.«
»Gut. Hör mal, Fedka, fändest du es gut, wenn ich den Bürgermeister mit meinem Messer hier töte? Ich glaube, dass der Bürgermeister kein guter Mensch ist. Manchmal sieht man den Menschen das an, du zum Beispiel, bei dir wusste ich gleich, dass du ein guter Mensch bist. Sonst hätte ich dich auch nicht nach dem Brot und dem Käse gefragt, aber der Bürgermeister, der ist ein hundsgemeiner Kerl, das wusste ich sofort, gleich in dem Augenblick, als ich ihn das erste Mal gesehen hatte, und als ich heute Nacht hier im Busch lag und um mich herum alles schwarz war, da dachte ich mir, dass man ihn eigentlich töten müsste. Findest du nicht auch?«

Fedka verstand nur die Hälfte der Dinge, die der fremde Mann sagte, denn der hatte den Mund ja voll Brot und Käse, und er musste auch daran denken, dass Ulinov jeden Moment aufstehen würde, und daran, dass der Hahn noch immer nicht gekräht hatte. Er wollte nicht, dass der Fremde den Bürgermeister umbrachte, aber er wollte ihn auch nicht verärgern, und deshalb sagte er: »Kann schon sein.«
»Ja, siehst du, das dachte ich mir schon, dass du das genauso siehst, dann sind wir uns ja einig. Jetzt muss ich aber gehen. Und noch mal vielen Dank für den Käse und für das Brot, ja, das wusste ich gleich, dass du ein guter Mensch bist, Fedka, und Fedka ist auch ein wirklich schöner Name, das passt, das passt, ja, manchmal passt einfach alles zusammen.«

Und dann zog der Fremde weiter, mit seinem Beutel über der Schulter, und dabei pfiff er, und Fedka pfiff auch, als er zum Hühnerstall ging, doch als er dort ankam, hörte er auf zu pfeifen, denn jetzt wusste er, warum der Hahn heute morgen nicht gekräht hatte, sein Kopf saß ja nicht mehr da, wo er hingehörte, er saß nicht mehr auf dem Körper, er lag ganz in der Nähe auf der Erde und er sah komisch aus, wie ein eigenes Lebewesen, fand Fedka, wie ein Käfer mit toten, schwarzen Augen und einem weit aufgerissenen Schnabel.


VI​

»Von Woanders.«
Für Anja bestand gar kein Zweifel, dass der Fremde von woanders kam. Obwohl es sommerlich warm war, trug er dicke Wollhandschuhe, aus deren ausgefransten Fingerkuppen viel zu lange, vergilbte Nägel ragten. Er war ein großer Mann, und durch das Landstreicherleben hatte er kein Gramm Fett zu viel auf den Rippen, womöglich hätten die Frauen von Halm ihn einen ansehnlichen Junggesellen genannt, wären da nicht der wuchernde Bart und die zerzausten Haare gewesen, die ihm in wilden Strähnen über die Stirn hingen. Sie hatte ihn auf dem Marktplatz gesehen, als er mit Käse und Brot die Tauben fütterte, und da wurde sie neugierig und fragte ihn, wer er war und woher er kam.

»Aber jetzt haben Sie mir immer noch nicht verraten, wie Sie eigentlich heißen.«
»Gustaf heiß ich, und wenn Sie jetzt noch wissen wollen, was mich hierher verschlagen hat, dann muss ich Ihnen leider sagen, dass das eine Sache ist, die ich lieber für mich behalten möchte. In Geschäften bin ich nicht unterwegs, das kann ich Ihnen verraten, es ist mehr eine persönliche Sache, wenn Sie schon fragen, mehr kann ich Ihnen aber wirklich nicht verraten, Anja. Das geht doch nicht zu weit, dass ich Sie jetzt bei Ihrem Namen nenne, hoffe ich?«
Anja wurde rot. Doch, ein wenig war er tatsächlich über das Ziel hinausgeschossen, aber gleichzeitig gefiel es ihr, die Männer von hier waren ja immer so schrecklich vorsichtig, der Sigurd zum Beispiel, den sie schon seit frühester Kindheit kannte, der nannte sie immer und überall ein Fräulein, »Einen guten Tag, Fräulein Anja«, sagte er, wenn er ihr auf der Straße begegnete, und als er beim Frühlingsfest versehentlich ihren Arm gestreift hatte, da entschuldigte er sich gleich und stotterte dabei wie ein Schulbub.
»Nun, Gustaf, wenn Sie es mir nicht verraten wollen, dann …«
»Nicht verraten wollen, nein, so weit kommt es noch, nichts würde ich lieber tun und auch niemandem lieber als Ihnen, liebe Anja, es ist nur … Sagen Sie: Wenn ich Ihnen jetzt beichten würde, dass ich Sie liebe, dass mein Auftreten als Landstreicher nur Spektakel ist und dass ich in Wahrheit in einem prachtvollen Anwesen wohne, gar nicht weit von hier, dass ich mir ohne Weiteres den Bart stutzen könnte, wenn Ihnen das besser gefiele, und dass ich auch mein Anwesen, sagen wir, gelb anstreichen lassen könnte, wenn Sie diesen Wunsch äußerten, was würden Sie da wohl erwidern? Nein, sagen Sie nichts, es ist ja auch eine viel zu weit hergeholte Geschichte, ich wollte ja nur sehen, wie Sie reagieren würden, nehmen Sie mir das nicht übel, manchmal überkommt mich so eine Laune und dann denke ich gar nicht nach, dann habe ich meine Zunge nicht mehr unter Kontrolle, sozusagen, Sie müssen das wirklich entschuldigen. Ja, und wenn Sie es wissen wollen, ich war es, der dem Hahn vom Fedka den Kopf abgeschnitten hat. Und wenn Sie mich jetzt fragen, warum und weshalb, dann weiß ich nicht, was ich Ihnen antworten könnte, außer, dass ich mich manchmal nicht unter Kontrolle habe, das ist, wie gesagt, diese Sache mit den Launen, die bei mir ganz besonders ausgeprägt ist, und deshalb schaffe ich es auch nicht, für längere Zeit an irgendeinem Ort zu verweilen, ich komme in eine Stadt wie diese hier und lüge, was das Zeug hält, und schwupp, bin ich wieder verschwunden.«

Anja wusste nicht recht, was sie sagen sollte. Sie verstand zwar, was der Fremde sagte, doch Verstehen und Begreifen waren ja zwei paar Schuhe, er redete viel und vor allem redete er ohne Punkt und Komma, und hinterher fiel es einem schwer, sich auf das Gesagte einen Reim zu machen. Was sie wusste, war, dass er keinen Hehl aus seiner Lage machte, er gab offen zu, dass er ein Landstreicher war und von der Hand in den Mund lebte, und Ehrlichkeit war eine Sache, die man sich nicht kaufen konnte, fand Anja.
Aber dann war da ja auch noch die Sache mit dem Hahn, er hatte wohl irgendeinen Hahn umgebracht, ihm den Kopf abgeschnitten, und deshalb sagte Anja nur: »Das hätten Sie nicht tun dürfen, Gustaf.«

Für einen kurzen Moment legte die Nachmittagssonne einen goldenen Schleier über Gustafs Gesicht. Er lächelte.
»Nein? Warum denn nicht? Was macht es für einen Unterschied? Bitte nehmen Sie mir die Sache nicht übel … Aber ja … Manchmal … Nein, nun, auf Wiedersehen. Es tut mir leid, Sie belästigt zu haben.«
»Wo gehen Sie jetzt hin?«
»Weg, zurück, dahin, wo ich hergekommen bin, ich steige in mein Unterwasserboot und tauche ab, tief unter die Erde, ich komme nie wieder an die Oberfläche, vielleicht in hundert Jahren ein Mal, wenn ich Schwimmhäute zwischen den Zehen habe und durch Kiemen atme und riesige, angsteinflößende Reißzähne im Maul habe, sodass mich hier keiner mehr erkennt, und dann fresse ich euch alle auf! Warum fragst du denn so blöd, es interessiert dich ja doch nicht, da schüttet man dir das Herz aus und alles was du darauf zu sagen weißt, ist Das hätten Sie nicht tun dürfen, Gustaf – du Sau!«

Und Gustaf ging davon. Er ging weiter, bis er am Ortsschild vorbeikam, und auch da blieb er nicht stehen, er würde immer weitergehen und niemals wieder zurückkommen, das war sein Plan, und diesmal wollte er sich daran halten. Doch mit jedem Schritt, den er sich von der Stadt entfernte, wurde er unruhiger, wieder musste er an seine Launenhaftigkeit denken, an sein Gespräch mit Anja, an den Bürgermeister, und wie er, gleich einer schleimigen Schnecke, die mit ihren Fühlern auf ein Hindernis stößt, seinen Kopf eingezogen hatte … Ein Jammerlappen war er, verachtenswert, zum Ausspucken, nicht mehr wert als ein Kuhfladen, aber selbst den konnte man ja noch zum Düngen nutzen, fiel es ihm da ein, und spätestens jetzt war die Sache beschlossen: Er würde nicht klein beigeben, diesmal nicht, und überhaupt von jetzt an nie wieder. Punkt.


VII​

Am nächsten Morgen hingen dunkle, regenschwangere Wolken am Himmel. Gustaf saß im Busch und wartete. Es dauerte eine Weile, doch dann, eilig, um möglichst trocken zu bleiben, trat der Bauernjunge aus dem Haus und kam auf ihn zugetrippelt.
»Guten Morgen, Fedka«, erklang Gustafs Stimme aus dem Busch.
»Du wieder.«
»Ja. Hör mal, ich brauche deine Hilfe.«
»Du hast den Hahn umgebracht.«
»Ja, aber jetzt hör mal zu –«
»Ich will dir aber nicht zuhören.«
Und Fedka drehte sich weg, um zu pinkeln.
Da sprang Gustaf auf und packte den Jungen von hinten am Hals, er riss ihn an sich und hielt ihm das gezückte Messer vors Gesicht.
»Siehst du mein Messer hier? Willst du, dass ich Käse aus dir mache, willst du, dass ich Löcher in dich reinsäbel, du dreckiger Bauernsklave? Jetzt hörst du mir gut zu oder ich schneid dir die Zunge aus deinem Maul, hast du gehört, du Mistköter? Hast du gehört?«

Fedka blieb still. Schwere Regentropfen prasselten auf die beiden Männer, die, wie in einer innig verknoteten Umarmung erstarrt, neben dem kleinen Schuppen standen. Gustaf konnte den angsterfüllten Atem des Jungen sehen, kleine Dampfwolken, die stoßweise aus Nase und Mund aufstiegen. Er spürte seinen Herzschlag, der, wie bei einem Spatz, durch den gesamten Körper zuckte. Und er roch den erlösenden Schwall von Urin, als er den Griff lockerte und Fedka sich einnässte.


VIII​

Auf dem Marktplatz von Halm, neben dem Brunnen, hatte sich eine Menschenmenge versammelt. Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand Fedka. Er fuchtelte wild mit den Armen, er spuckte beim Reden – »Jawoll!« spuckte er aus, jedes zweite Wort war ein »Jawoll«, doch die meisten der Anwesenden störte das nicht, sie gaben sich gar nicht erst die Mühe, dem, was er zu sagen hatte, zu folgen. Ein aufgebrachter Mensch von außerhalb war eine willkommene Abwechslung zum Alltagstrott, nur darum ging es ihnen, und bei einigen der Älteren wurden Erinnerungen an den alten Hieronymus und sein fahrendes Kuriositätenkabinett wach, an die guten alten Zeiten, als man auf dem Marktplatz zusammenkam, um Mondsteine, exotische Tiere und Krüppel zu bestaunen.
»Erinnert ihr euch an die zahme Hyäne, die er an der Leine mit sich herumführte?«

In einiger Entfernung, an eine Hauswand gelehnt, stand Anja. Sie hörte aufmerksam zu, was der Junge zu sagen hatte. Jemand habe seinem Hahn den Kopf abgeschnitten, sagte er, und er habe ganz deutlich gesehen, wer es gewesen war, nämlich der Bürgermeister höchstselbst. Jawoll, sagte er, aber niemand interessierte sich für ihn, und je weniger die Leute ihn beachteten, desto lauter wurde er, desto ausladender wurde das Gefuchtel mit seinen Armen.
»Oder an das hirnverbrannte Mädchen im Käfig? Konnte nichts sagen außer Pipikacka und Hundsfottsackscheiß und wenn man den Finger zwischen die Gitterstäbe steckte, hat sie mit den Augen gerollt, dass man nur noch das Weiße gesehen hat.«

Gerade, als Anjas Verstehen zu einem Begreifen wurde, als sie erkannte, dass da ein zerrissener, überreizter Mensch stand, jemand, der sich mitteilen wollte und dem das nicht gelang, dem man zuhören musste, den man beruhigen und dem man zustimmen musste, ganz egal, was er sagte, da hörte sie die Schreie. Und roch den Rauch.

Lodernde Flammen schossen aus den Fenstern des Rathauses. Nur eines, im Obergeschoss, war verschont geblieben, und zwischen pechschwarzen Rauchschwaden lehnte sich der Bürgermeister panisch ins Freie.
Noch immer sprach Fedka von seinem kopflosen Hahn, während die Menge um ihn herum bestürzt auseinanderstob und zum Rathaus stürmte, sie schrien nach Wasser und einer Leiter, jeder schrie, aber keiner tat etwas, und mitten in der Menge tauchte jetzt auch Gustaf auf, und er lächelte.
Da warf ihn eine ungeheure Kraft zu Boden, und diese Kraft war Anja, sie schlug ihm mit der Faust ins Gesicht, ein Mal, zwei Mal, bevor Gustaf sie von sich fort und in den Matsch werfen konnte.
»Schwein!«, schrie sie, »Dreckiges, dreckiges Schwein!«, und Gustaf robbte sich rücklings davon, Blut lief ihm aus der Nase und über das Gesicht, seine Kleidung war schlammbesudelt, von oben fiel der Regen, die Stadtbewohner rannten durcheinander, am Brunnen kniete Fedka und starrte mit leeren Augen in die Ferne, und aus dem Fenster, an dem eben noch der Bürgermeister gestanden war, schlug ein funkensprühender Feuerstrahl in den Himmel empor.

Da erhob sich Gustaf. In der Hand hielt er das Messer. In seinen Mundwinkeln konnte Anja Schaum erkennen, kleine, runde Pusteblumen aus Gafer und Schleim, und sie sah auch die unter der Anstrengung hervortretenden Sehnen auf seiner Haut, seiner papierdünnen Haut, auf der sich das flackernde Licht der Flammen spiegelte. Und ohne den Blick vom Rathaus abzuwenden, ließ Gustaf die Klinge zwischen seinen Augen versinken. Bis nur noch der Griff aus der Stirn herausragte. Bis er zusammensackte. Und woanders war.

 
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Lieber @Bas ,

ich freu mich sehr, dass du wieder da bist. Schöne Prosa, die du da im Gepäck hast. Ich werde zwar schon so halb ins Bett gerufen, aber dachte, ich möchte gern noch das Eis brechen :)
Ich muss die Geschichte definitiv morgen nochmal lesen; da steckt viel drin, und es sind die unscheinbaren Gegenüberstellungen und Vergleiche von Gustav und seinem Rivalen, dem Bürgermeister, und von Ludwig, der auf jeden Fall noch näher an Gustav dran ist. Spannend fand ich auch Anjas Blick. Eine komplexe Figurenkonstellation und trotzdem auch reduziert. Das Thema ist ganz sicher nicht leicht zu schreiben. Es stellt ja auch das Geschichtenerzählen an sich in Frage, weil da jemand berichtet, dessen Narrationen ungereimt und auch wirr sind; trotzdem kann man Gustav verstehen, es bleibt, zumindest für mich, ein emotionaler Zugang, über den ich mir die Figur erschließen kann und so mit ihr als Gast im Bürgermeisterland in einem Busch übernachte. Er ist nicht ganz zurechnungsfähig, bringt einen Hahn um, aber würde er auch den Bürgermeister ... ganz sicher kann ich das nicht sagen, wenn ich mir seine Begründung mit den 'Launen' so vergegenwärtige. Aus Distanz sehe ich ihn von seiner kindlichen und auch von einer 'unschuldigen' Seite. Der Topos vom Aufeinandertreffen des Wilden mit der Zivilisation ist hier für mich stark angelegt.

kurz: Er war das
Kurz: Gustaf sah

Absicht? Ich finde, das würde schon so gehen. Aber falls es keine Absicht ist, kannst du ja nochmal drüber nachdenken.

der Stadt jeder
dass jeder in der Stadt

hier ist es nur eine Dopplung auf engem Raum, oder?

guter Arzt war
hier der Arzt war

wie auch hier


würde das einfach streichen. Da geht nicht viel verloren und in dieser Form erinnert es mich immer an Whatsapp- und Wortkriegersprech.

sie sie ein wenig grinsen

sie sie


haha. Sehr schöne Antwort.

Ich hatte meine Freude, Bas. Bin, wie gesagt, froh, mal wieder was von dir lesen zu können.
Lieben Gruß
Carlo

 
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Hola una vez mas,@Bas!!

Gute Idee, zum Forum zurückzukehren – hier ist alles clean, coronafrei … einer der besten Plätze weltweit. Allerdings wird auch hier gemeckert:

Jetzt gab es eine kleine Durststrecke, nachdem der Himmel tagelang blau gestrahlt hatte, die Bäume bogen sich im Wind und dicke Wolken tauchten alles in ein trübes Licht, das Gustaf gähnen ließ.
Dass Du schreiben kannst, ist bekannt – aber dass Du ein solches Durcheinander in einem einzigen Satz zusammenwürfelst ... Du kennst ja das Gedöns um den ersten Satz.

Und dann sagt der Bürgermeister:

... Aber es gibt auch viele, die schöner sind.«
Soso. Ein schöner Bürgermeister ist mir das!

Auch das scheint mir unüblich:

als der Bürgermeister der kleinen Stadt ihm auf der Straße entgegentrat und wissen wollte, woher er kam.
Kann ich mir nicht vorstellen. Der kann und wird nicht jeden Dahergelaufenen fragen ... der hat einfach anderes zu tun, Wichtigeres.

... dass dichte Rauchschwaden aufstiegen,

Möglicherweise werden hier Rauch- mit Dampfschwaden verwechselt. Oder in Ludwigs Korpus schwelt – wie der Name schon sagt – ein Schwelbrand.

ich bin ja neu hier hier,

Ludwig verstand nur die Hälfte von den Sachen, die der fremde Mann sagte, er hatte den Mund ja voll ...
Die Frage ist: Wer von beiden?

Ludwig musste daran denken, dass seine Eltern ihm immer verboten hatten, mit vollem Mund zu reden
Das ist mir unklar. L bringt G Brot und Käse, weil der ihn angebettelt hat – und hat dann selbst die Backen voll?

Aber wie Gustav herumschleimt, das hat schon Klasse:

Ludwig ist auch ein wirklich schöner Name, das passt, das passt, ja, manchmal passt einfach alles zusammen.«
Echt gut gemacht.

Gustaf fühlte sich von seinen Worten zutiefst beleidigt, ...
‚von dessen’ wäre klarer

dass er das Rathaus
dito – dass der ...
streichen lassen hat
Holperig - lassen hat

es stach richtiggehend in den Augen
... es sticht in die Augen, mMn.

stach richtiggehend in den Augen, da stand ein graues Haus
Statt Komma fände ich Punkt und neuen Satz besser.

gab offen zu, dass er ein Landstreicher war und von der Hand in den Mund lebte,
Wäre Präsens nicht treffender, weil’s noch aktuell ist?

wenn sie wissen wollen,

... er sah komisch aus, wie ein eigenes Lebewesen, fand Ludwig, wie ein dicker Käfer mit toten Augen und einem Schnabel, ...
Großartig. Du hast es drauf!

... dass sie sich etwas eingefangen hatte,
Mich wundert, dass Du diese Redensart kennst. Die war früher (zu meiner Zeit :shy:) in aller Munde.

Und diesen Schlenker über Kathrin und Happi fand ich statt redundant eher Bas und der Stadt N. gemäß.

Dieser Text ist Dein Ding – herzlichen Glückwunsch, mein Lieber. Hast vieles ausprobiert, hast auch ein belastbares Publikum:D, doch dieses Ding ist echt Bas.
Entschleunigung; ein gutes Gefühl, einem talentierten Dönekes-Erzähler zuzuhören.

Doch wir müssen weiter:

... Es sind wohl keine geschäftlichen Angelegenheiten?«
»Nein, in Geschäften bin ich nicht unterwegs, das kann ich Ihnen verraten, ...
Blöde Frage, putzige Antwort: Wie eine Vogelscheuche schaut er aus – auf Geschäftsreise?

beim Frühlingsfest ein mal
einmal / ein Mal
versehentlich Ihren Arm streifte
Jetzt nannte er Sie also schon liebe Anja!

Herrgottnochamal – ist das denn so schwer mit dene ... ?

und während Sie noch ihren Gedanken nachhing
Jetzt reicht’s aber!

bemerkte Sie gar nicht,
Ich weissage: In diesem Leben lernst Du das nicht mehr.

da musste sie sie ein wenig grinsen.
Wo gehen sie denn hin!«
Ich verlange Erschwerniszulage.

er ging weiter, bis er am Ortsschild vorbeikam,
Hehe. Ende Gelände.

Was las ich?
Na ja, wie gesagt – einen typischen ‚Bas’. Herrlich kauzig. :thumbsup:
Da gehen die Meinungen schon auseinander.

... dass der Bürgermeister sich ärgern würde über eine solche Sinnlosigkeit, ...
oder ist Bas > Helge Schneider, oder ein Genius, der wachgeküsst werden möchte / sollte / oder um Gottes Willen nicht?
Ich weiß noch nicht einmal, ob die Lektüre Deines Textes mir irgendetwas gegeben hat oder ob sie für die Katz war. Gehe sogar soweit, Dir zu unterstellen, dass Dir das wurscht ist.

Und, lieber Bas, wer hat schon das Format, sich diese Freiheit beim Schreiben zu nehmen?
Ich gehöre leider auch zu diesen Heinis, die immer schauen, dass es ihren Lesern gut geht.

Sympathische Grüße!
José

PS: Allerdings finde ich den Titel ungeschickt, denn ‚Launen’ sind es mit Bestimmtheit nicht. Den Akteuren wohnt ein biologisches Programm inne, dessen Umsetzung von anders Programmierten als launisch empfunden werden kann.
Trotzdem ein launischerlauniger Text:).

 
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Hallo @Carlo Zwei,

hab Dank für den nächtlichen Eisbrecher!

Ich bin etwas baff, was deine Analyse angeht - wo lernt man denn, so gekonnt seine Gedanken zu formulieren? Da fühle ich mich mit meinem "Ich find das einfach gut"-Kommentar unter deiner Geschichte glatt ein bisschen ... na, egal. Danke jedenfalls dafür, da steckt viel drin, was mich freut, zum Beispiel, dass du einen emotionalen Zugang zu Gustaf gefunden hast - trotz seines eigenartigen Wesens - ihn aber gleichzeitig nicht ganz zu entschlüsseln vermagst, ihm den Bürgermeistermord, wie ich das lese, wohl durchaus zugetraut hättest ... und doch auch wieder nicht. Das gefällt mir, das hatte ich mir erhofft.
Auch, dass du ihn von seiner "kindlichen" Seite siehst und eine "Nähe" zu Ludwig erkennst, lese ich gerne. Ich selbst empfinde ihn nämlich auch ein wenig als einen "Kindgebliebenen", auch Kinder erscheinen einem ja häufig unberechenbarer, unentschlüsselbarer als der zivilisierte Ottonormalerwachsene.

Freut mich, dass du dich hierher verirrt hast und dich, wie ich das lese, nicht quälen musstest. Danke!

Bas

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Hallo @josefelipe,

freut mich sehr, dich hier zu lesen, ich war schon drauf und dran, den Kopf einzuziehen, aber so schlimm fandest dus ja gar nicht.

Dass Du schreiben kannst, ist bekannt – aber dass Du ein solches Durcheinander in einem einzigen Satz zusammenwürfelst ... Du kennst ja das Gedöns um den ersten Satz.

Ich schau noch mal drüber, ja, ganz ideal ist der wohl nicht.

Kann ich mir nicht vorstellen. Der kann und wird nicht jeden Dahergelaufenen fragen ... der hat einfach anderes zu tun, Wichtigeres.

Hier ticken die Uhren ein bisschen anders, das weißt du ja.

Möglicherweise werden hier Rauch- mit Dampfschwaden verwechselt. Oder in Ludwigs Korpus schwelt – wie der Name schon sagt – ein Schwelbrand.

Oh. Erwischt, bin nicht gut in Naturwissenschaften.

Mich wundert, dass Du diese Redensart kennst. Die war früher (zu meiner Zeit :shy:) in aller Munde.

Echt, das wundert dich? Empfinde die gar nicht als "alt", diese Formulierung.

Ich habe den Großteil deiner Anmerkungen in den Text einfließen lassen und Mann, die sie/Sie-Sache ist mir nicht wenig peinlich ... Danke, dass du da so nachsichtig warst und vielen Dank für die Flusenlese.

Entschleunigung; ein gutes Gefühl ...

Wenn das mit der Entschleunigung so gemeint ist, wie ich denke, dann freut mich das immens. Kurzgeschichten haben es ja so an sich, auf Kurzweiligkeit bedacht zu sein, da wird man als Autor dann schnell mal zum konfettischießenden Zampano, um den Leser bei der Stange zu halten. Was ja auch gut ist, man will unterhalten werden, das Gegenteil von Kurzweile ist nicht umsonst Langeweile, aber es ist eben oftmals auch das Gegenteil von Entschleunigung ... Man möchte sich Zeit nehmen - aber wer hat schon Zeit.

Ich weiß noch nicht einmal, ob die Lektüre Deines Textes mir irgendetwas gegeben hat oder ob sie für die Katz war. Gehe sogar soweit, Dir zu unterstellen, dass Dir das wurscht ist.

Für die Katz würde mir nicht gefallen, so wurscht ist mir das dann doch nicht. Begeisterungsstürme wären mir lieber.

Allerdings finde ich den Titel ungeschickt, denn ‚Launen’ sind es mit Bestimmtheit nicht. Den Akteuren wohnt ein biologisches Programm inne, dessen Umsetzung von anders Programmierten als launisch empfunden werden kann.

Da muss ich noch mal drüber nachdenken ...

Vielen Dank für deinen Kommentar, hat mich sehr gefreut!

Bas

 

Hallo @Sisorus,

das ist ein sehr wertvoller Kommentar, der mich zum Denken angeregt hat.

Und Landstreicher haben es Dir angetan, nicht? Eine sehr ergiebige Art von Protagonist. Durch die Distanz von der allg. Gesellschaft so schön entrückt und losgelöst, oft ein fähiger Kritiker, ein laufender Spiegel oder der Stoß, der das Gleichgewicht gesellschaftlicher Zusammenhänge als nadelspitzenförmige Ruheposition eines chaotischen Pendels offenbart; so furchtbar sensibel.

Also erstmal ist das eine wunderbare Definition des "Landstreichers in der Literatur", finde ich. Das ist ja kein moderner, aktueller Protagonist - klar, auch heute gibt es noch Weltenbummler auf diese und jene Art, aber das Bild des Landstreichers von vor über hundert Jahren, das mir hier vorschwebt, das passt nicht mehr in die heutige Zeit. Trotzdem, oder gerade deswegen, zieht mich die Sache ungemein an und ich komme gefühlt ständig wieder darauf zurück.
Das ist die erste Erkenntnis, die ich aus dem Nachdenken über deinen Kommentar ziehe - dass ich das Thema ganz offensichtlich für erzählenswert halte, dass ich mir vorstellen könnte, mich darin mal "auszubreiten".

In diesem Text tritt er vor allem als wandelnde Bewegung in Erscheinung, finde ich. Er steht der Festigkeit des Dorfs, selbst der der Natur (jeden Morgen kräht der Hahn) diametral entgegen. Seine Handlungen sind Launen, sein Art zu reden basiert auf Launen, er ist, so scheint mir, ein Bündel Launen. Ein nietzscheanischer Protagonist.

Das freut mich sehr zu lesen, wie du dir vielleicht denken kannst. Erkenntnis Nummer zwei: Das hat soweit funktioniert.

Deine Geschichte hat etwas Quixotisches, wobei Gustav am ehesten den Don und seine Begegnungen den Sancho verkörpern. Und so lebt auch dein Text eher von den Konversationen, als von der verhältnismäßig dünnen Handlung, bleibt dabei aber spannend und unterhaltsam, nur leider, finde ich, auch etwas belanglos. Diese Belanglosigkeit ist aber weniger der Form anzulasten, sondern eher der Länge. Ich finde, diese Figur bräuchte mehr Raum, da sie (als Unordnung) eine Art Negativ oder Abdruck darstellt und äh es fehlt quasi die Belichtungszeit bzw. der Druck. Gerade ist alles noch etwas verwischt, so à la Lochkamera auf Straßenverkehr (= Streifen und Bögen, Schlaufen und generell wie Weihnachten, aber aus Versehen gegessen und dann erbrochen). Also äh, machma länger und bissi mehr in die Tiefe. Mir geht gerade offensichtlich die Puste aus haha

Und das wäre dann die dritte Erkenntnis. Mir war mehr oder weniger bewusst, dass mit der Geschichte etwas nicht stimmt, ich konnte es nur nicht festmachen. Glücklicherweise hat deine Puste noch ausgereicht und du hast mir das abgenommen :D Sie ist belanglos, ja. Tut weh, so was zu hören, aber es stimmt. Nicht gänzlich, so schlecht will ich sie nicht machen, aber doch schon nicht wenig.

"Machma länger und bissi mehr in die Tiefe" habe ich schon häufiger gehört und noch häufiger überhört. Aber gerade denke ich viel über die Geschichte von @Carlo Zwei nach, die ja sehr lang ist und gerade deshalb so wunderbar funktioniert, ich lese den Roman von @Peeperkorn und bin begeistert und weiß rein zufällig von beiden, dass die keine Zauberer sind, dass sie einfach einen für sich erzählenswerten Stoff gefunden und dann Sitzfleisch bewiesen haben. Daran möchte ich mir gerne ein Beispiel nehmen. Und bis dahin bin ich für jeden schlauen Ratschlag dankbar.

Auf die "paar Textsachen" werde ich jetzt gar nicht groß eingehen, sondern sie einfach übernehmen, da sinnvoll :thumbsup: Lustig fand ich das hier:

Okay. Eigtl. muss hier ja n Genitiv hin. Haste den Dativ gepackt, um son kindlichen Duktus beizubehalten? Kann ich durchgehen lassen, stört mich trotzdem.

Kindlicher Duktus ... Wie nett. Ich hielt das einfach für richtig so :shy:

Vielen Dank, Sisorus, und wie schon gesagt - ein sehr wertvoller Kommentar für mich.

Bas

 
Zuletzt bearbeitet:

«...
The moon is a typical lady,
I watch her wax and wane.
...»
aus “The Sun is a very magic Fellow“,
Donovan auf “Hurdy Gurdy Man“ (1968)

„Fremd ist der Fremde nur in der Fremde“
Karl V.

»...
Und das Lamm schrie HURZ!
Der Wolf,
Das Lamm,
Auf der grünen Wiese.
...«
aus »Hurz« von Hans Peter K.​


„Laune“ ist weiblich und und stammt, unglaublich, aber wahr,

lieber Bas –
wie könnte ich bei Dear dergleichen erfinden? -

vom „Mond“ ab, der entlehnten „luna“, als wäre der Mond wie vermutlich jede Frau ein launisch‘ Wesen, das seine immergleichen Wechsel selbst bestimmen könnte, und weil man glaubte, der Mond könnte mit seinen Phasen ein Gemüt erfassen, kam das „launenhafte“ in die Welt (vgl. DWDS bis zurück zu den Grimm-Brüdern und noch weiter zurück), zu dem dann auch das erste Wort Deiner feinen Geschichte zwischen Schilda und Calau, vermutlich meinem Dymmten unweit von Sankt Erkrath gelegen - passen würde, denn – hoppsa, dachte ich, dass es nix gegenwärtigeres als ein „jetzt“ gibt – ob als Partikel oder Adverb, Jacke wie Hose und die 27 (!) Synonyme die unter Duden.de aufgeführt werden bestätigen und befestigen es nur noch: Das ist aktueller als man glaubt, der auferstandene Taugenichts (mir fiel da nix auf Anhieb als Zitat ein, sonst stünde er auch in der Sammlung oben) und potentielle Tunichtgut zeigt, dass die von politischen Wind- und neuerdings Coronagetriebenen von dort kommen, aber dort am besten nicht mehr zurückkommen. Und selbst bis in den Namen hinein – Gustaf/Gustav, urspr. schwedischen Ursprungs reicht vom „Stab (staf) Gottes“ bis zum altnordischen „gautr“, den Goten, die ja seit 375 immer getrieben waren und sich vllt. seit Ulfila (4. Jh.) als weniger prosaische denn mosaische Völker ansahen und mit dem Hause Gibica als „Burgunden“ sogar am Rhein strandeten (und somit auch im ersten Antikriegsroman teutscher Zunge). Und kein Mensch weiß, wo die Goten genau herkommen. Sie selbst bezeichneten „Scandia“ als ihre Heimat, weil Skandinavien für das ausgehende Altertum so weit weglag wie Thule es eben heute immer noch ist.

Paar kleinere Anmerkungen zu diesem gelungenen Stück Poesie:

Und doch war es komisch, dass er jetzt schon wieder hier saß und den Bürgermeister im Kopf hatte, und wenn er sich die ganze Situation noch mal vor Augen hielt, dann war es wohl tatsächlich eine Frechheit von dem Kerl gewesen, das hatte man ja schon öfter gehört, dass Menschen, die eigentlich keine besonderen Fähigkeiten haben …
Das „war gewesen“ bezweifel ich, denn dann hätte Gustaf kein Wort mehr darüber verloren: Es ist immer noch eine Frechheit von dem Kerl! Weg mit dem ...wesen!

Aber nein, vom Rumsitzen würde die Sache auch nicht besser werden, Gustaf musste etwas tun, eilig packte er seine Sachen zusammen und machte sich auf in die Stadt.
Warum so umständlich und zudem den Konjunktiv bemühend, vom Rumsitzen „wird“ keine Sache, auch diese nicht, besser – ohne dass man zwomal „werden“ als Hilfsverb missbraucht.

Sie wusste, dass der Doktor Saller ein guter Arzt war und dass jeder in der Stadt sehr zufrieden mit ihm war und dass er in den vierzig Jahren, seit er hier praktizierte, niemals selbst krank gewesen war, und Anja fand, schon das sprach für ihn.
Da "wärt" es ziemlich viel, aber für den Appendix
und Anja fand, schon das sprach für ihn.
besser Konj. I, „schon das spreche für ihn“ (in Folge das A. es so „fand“, meinte, also kurz indir. Rede)

Doch, ein wenig war er tatsächlich über das Ziel hinausgeschossen, aber gleichzeitig gefiel es ihr, die Männer von hier waren ja immer so schrecklich vorsichtig, der Happi zum Beispiel, den sie schon seit frühester Kindheit kannte, der nannte sie immer und überall ein Fräulein. »Einen guten Tag, Fräulein«, sagte er, …
Ich kenn den Happi (vgl oben, ausgeschrieben Hans-Peter ...), ehrlich, musstu mir glauben, der nahm aber nicht die verniedlichte Frau, sondern wie den jungen Mann (den Jungen) die "Jungfer", und nicht „das“ Fräunlein als Sache ...

Sie auch nicht verängstigen, ich war nur so froh, endlich wieder ein nettes Gesicht zu sehen, das ist nicht alltäglich, und dass man sich mit Ihnen so wunderbar unterhalten kann, das wusste ich schon, als ich sie von [W]eitem gesehen hatte, …

Sie musste wieder an den Doktor Saller denken und daran, was er mal über die Kathrin gesagt hatte, dass sie sich unbedingt ein wenig ausruhen solle, dass die Sache mit der Mutter sie doch schwerer mitnähme, als sie es sich einzugestehen wage, …
¿warum nach Konj. I („ausruhen solle“) nun irrealis?, nähme, statt „nehme“ (vorgetragen wird wahrscheinlich keiner den Unterschied merken ...)

Genug geplaudert für heute vom

Friedel

 

Hallo @Friedrichard,

na, du enttäuscht aber auch nie - vielen Dank für den Exkurs bezüglich der Launen-Wortherkunft, das war mal wirklich interessant, weil auch so sinnig. Drauf gekommen wäre ich wohl nie.
Da, wo es mir möglich war, hab ich deine Flusenlese gleich mal einfließen lassen, auch dafür vielen Dank.
Genieß die kommenden Sonnentage und ertrag die Tropennächte, irgendwie!

Hallo @AWM,

ich habe deine Geschichte gerne gelesen

Freut mich!

Was der Kern der Geschichte ist, ist mir nicht ganz klar. Stört mich aber auch nicht. Es geht für mich im weitesten Sinne um fremd sein in der Welt aber auch sich selbst gegenüber. Der Prota ist nicht Herr seiner Launen. Trotzdem glaube ich, dass du einen treffenderen Titel finden könntest.

Und auch das freut mich erst Mal, also dass dich das nicht stört. Trotzdem möchte ich den Kern noch ausarbeiten, "fremd sein in der Welt und auch sich selbst gegenüber" ist ja schon mal ein wichtiger Aspekt und ein guter Ansatz, aber da ist noch mehr - also in meinem Kopf. Jetzt muss ich nur noch die richtigen Worte finden. Und im besten Fall wird so dann auch der Titel treffender. Aber das wird noch eine Weile dauern, zeitbedingt eher Wochen als Tage, und wenn es so weit ist, werde ich dich noch mal verlinken und hoffen, dass du Zeit und Lust hast, noch mal drüberzuschauen.

An deiner ganzen Geschichte, stört mich sprachlich fast nur (und ausgerechnet) der erste Satz. Die Durststrecke bezieht sich auf das tagelnage gute Wetter. Ich finde das ein schiefes Bild. Schlechtes Wetter verbindet man mit viel Regen. Deshalb ist die Durststrecke hier ungünstig. Auch ist es für mich nicht das Licht der direkte Auslöser, der Gustaf gähnen lässt.

Ja, du bist nicht der erste, der den Satz kritisiert, und ich sehe es auch ein. Hab ihn vorerst ersatzlos gestrichen, das ist aber nur eine Zwischenlösung, ich möchte anfangs schon irgendwie deutlich werden lassen, dass er "unterwegs" ist. Nur eleganter eben.

Ich denke nicht, dass du das willst. Aber ich fände hier einen konkreten Namen schöner. Das ließe dir auch noch einmal Raum für Symbolik.

Lasse ich mir durch den Kopf gehen, aber ja, wird wohl darauf hinauslaufen.

Du wechselst ja die Perspektiven, was für mich trotz der Kürze der Geschichte funktioniert. Manchmal hast du aber auch einen auktorialen drin. Wäre es die Perspektive des Bügermeisters, würde hier z.B. nicht erwähnt, dass das Haus gelb ist. Das ist für ihn nicht erwähnenswert und würde eher Gustaf auffallen. Ich würde diese auktorialen Stellen herausnehmen und sie in die verschiedenen personalen verorten.

Da muss ich noch mal drüberschauen und die Wirkung überprüfen, bezüglich der Perspektive habe ich mir nämlich (noch) keine Gedanken gemacht. Danke für den Hinweis.

Für mich ist der Himmel nicht erwähnenswert dunkel, wenn sich am Horizont schon die Sonne zeigt. Würde dunkel streichen.

Gut aufgepasst. Überhaupt ist das keine gelungene "Naturbeschreibung", wie ich finde, auch da möchte ich noch eine Schippe drauflegen. Voerst habe ich es abgeändert zu: "Am nächsten Tag wachte Ludwig, der Sohn des Bauern Kragen, noch vor dem ersten Hahnenschrei auf. Die Sterne leuchteten blass am Morgenhimmel, und in der Ferne tastete sich die Sonne bereits Stück für Stück hinter dem Horizont hervor."

Ich war mir nicht sicher, ob du das extra gemacht hast. So ist Gustaf auf jeden Fall ein Lügner. Er hat ja den Hahn gekillt, wusste also, dass da in der Nähe Menschen sein müssen, die Hühner halten.

Natürlich lügt Gustaf hier. Auch das versuche ich noch deutlicher zu machen, danke.

FInde den Satz nach dem Dialog übererklärend. Das ergibt sich ja aus dem Gesagten.

Ja, stimmt wohl, aber noch finde ich, da fehlt was, wenn ich ihn weglasse ... Da werde ich noch ein bisschen rumschieben müssen.

Vielen Dank für die Rückmeldung!

Bas

 

Hey @Bas,
wäre das eine Maskenballgeschichte gewesen, hätte ich dich wohl sofort erkannt. (Obwohl - wer weiß, vielleicht auch nicht … ) Das hat so diesen typischen Bas-Sound, versponnen, aus der Zeit gefallen, erinnert mich sehr an die Stadt N. (Gibt's da eigentlich eine Fortsetzung?)
Die Art, wie die Figuren agieren, hat fast etwas von einer Kindergeschichte, der tobende Bürgermeister, der schräge Gustaf mit seinem Tuft, die schüchterne Anja.
So ganz habe ich aber nicht verstanden, worauf du hinauswillst. Ich interpretiere es so, dass Gustaf überall, wo er hinkommt, Ärger kriegt und dann immer weiterzieht, nur, um am nächsten Ort ähnliche Erfahrungen zu machen. Dass er sicher anders behandelt werden würde, wenn er kein Landstreicher wäre, ist für mich ein schöner Gedanke, aber du reißt ihn nur an. Ich finde, Gustaf hätte noch viel mehr Eulenspiegel-mäßig sein Unwesen treiben können. Aber du wolltest wohl nur eine Momentaufnahme zeigen. Die funktioniert als solche auch für mich.
Trotzdem würde es mir besser gefallen, wenn das alles auf irgendetwas hinausliefe, sich zu einem Finale zuspitzt. Mir ist sonst die Funktion der Figuren nicht so ganz klar. Du zeigst mir mit dem "Mordgedanken", dass Gustaf offenbar nicht richtig tickt, und dann bringt er auch noch den Hahn um. Ich habe da erwartet, dass sich die Situation zuspitzt, vielleicht andere Dinge dieser Art im Dorf passieren, und jeder hat Gustaf im Verdacht und zum Schluss war es aber der Bürgermeister oder so ähnlich. Dann die Sache mit der Kathrin. Okay, er erinnert Anja an sie, weil er viel redet, aber was hat das im Kontext zu bedeuten? Wahrscheinlich denkst du jetzt, dass es gar nichts zu bedeuten hätte, Anja denkt einfach an sie, weil sie so viel redet, aber ich für meinen Teil warte hier auf einen Zusammenhang, ein Ereignis, dass die Personen und ihre Handlungen miteinander verknüpft.
Aber nachdem Gustaf den Tuft hinterlassen hat, zieht er weiter. Irgendwas fehlt mir da. Vielleicht gehe ich aber auch mit einer Erwartungshaltung an den Text, die er gar nicht erfüllen möchte. Weil er eben nur eine Momentaufnahme ist, ein Blitzlicht aus einer vergangenen/nicht existierenden Zeit, wo jede Figur eine Funktion hat, die auf nichts hinauslaufen muss.
Ich mag die Figuren, das Setting und vor allem deine Sprache und die Art zu erzählen. Ich wurde schnell in diese Welt hineingezogen, konnte mir jede Figur sehr gut vorstellen. Deshalb habe ich es insgesamt auch gern gelesen, aber ich finde, du könntest noch etwas nachlegen.

Kleinigkeiten:

Jetzt gab es eine kleine Durststrecke, nachdem der Himmel tagelang blau gestrahlt hatte, die Bäume bogen sich im Wind und dicke Wolken tauchten alles in ein trübes Licht, das Gustaf gähnen ließ.
So geht's mir auch grade.

»Ja, klein ist sie schon, und es gibt wohl auch welche, die weniger schön sind. Aber es gibt auch viele, die schöner sind. Vielleicht solltest du weiterziehen. Um nichts zu verpassen.«
Sehr diplomatisch ausgedrückt.

Die Sterne leuchteten hell am dunklen Himmel, nur ganz in der Ferne tastete sich die Sonne Stück für Stück hinter dem Horizont hervor.
Das haut nicht ganz hin. Wenn die Sterne noch am dunklen Himmel leuchten, geht danach nicht gleich die Sonne auf. Erst kommt noch die Morgendämmerung, und dann dauert es noch eine Stunde bis zum Sonnenaufgang, wie ich gerade nachgeschlagen habe. :)

… Hätte ich gewusst, dass hier jemand wohnt, hätte ich mir wohl einen anderen Ort gesucht, an dem ich schlafen kann, ich hätte vielleicht auch angeklopft und gefragt …
Hahaha. Herrlich rausgeredet. Was mich irritiert hat: Wieso geht Ludwig eigentlich zum Pinkeln nach draußen? Sicher gibt es kein Klo im Haus und nur ein Plumsklo draußen. Lohnt sich vielleicht nicht, da extra hinzugehen. Männer haben es da ja immer etwas einfacher.

Gustaf saß im Wald und schrieb. Er schrieb so klein, dass die Buchstaben an winzige Insektenbeine erinnerten, und immer wieder spitzte er mit dem Messer seinen Stift an, damit die Mine nicht zu breit wurde, und während er schrieb, sprach er jedes Wort leise mit.
Schöne Charakterisierung. Gefällt mir sehr gut.

er wollte wohl zeigen, seht her, wenn ich wollte, dann könnte ich mir einen Bart bis zum Bauchnabel wachsen lassen, und doch tu ich es nicht, ganz bewusst, aber wenn ich wollte, dann könnte ich, das solltet ihr euch merken.
Das gefällt mir auch, dieser Blick in Gustafs Kopf. Er ist schon sehr eigenwillig.

als ich sie von weitem gesehen hatte
Sie

»Tuft. Was ist denn ein Tuft
Der Bürgermeister kratzte sich ratlos den Kopf.
»Vielleicht soll's ja Luft heißen«, vermutete seine Frau.
»Das macht auch keinen Sinn.
:lol:

Möchten Sie mich gar nicht unterbrechen? Wo gehen Sie denn hin!«
:lol:

Das Ende ist mir dann zu abrupt, aber das hab ich ja schon gesagt. Ich finde, du solltest eine längere Geschichte daraus machen, denn die Figuren haben auf alle Fälle meine Neugierde geweckt.

Einen schönen Sonntag dir und viele liebe Grüße
von Chai

 

@Carlo Zwei, @josefelipe, @Sisorus, @Friedrichard und @AWM: Ich habe die Geschichte noch mal grundlegend überarbeitet, in der Hoffnung, dass sie jetzt weniger ... ins Leere läuft. Ich kann absolut nicht einschätzen, ob ihr das gut getan hat, könnte mir auch das Gegenteil vorstellen, vielleicht habt ihr ja Lust, noch mal drüberzusehen.

...

Hallo @Chai,

entschuldige die verspätete Antwort.

wäre das eine Maskenballgeschichte gewesen, hätte ich dich wohl sofort erkannt. (Obwohl - wer weiß, vielleicht auch nicht … ) Das hat so diesen typischen Bas-Sound, versponnen, aus der Zeit gefallen, erinnert mich sehr an die Stadt N. (Gibt's da eigentlich eine Fortsetzung?)
Die Art, wie die Figuren agieren, hat fast etwas von einer Kindergeschichte, der tobende Bürgermeister, der schräge Gustaf mit seinem Tuft, die schüchterne Anja.

Das lese ich gerne. Auch wenn ich mir immer noch unschlüssig bin, wo mein "Weg" eigentlich hinführen soll, ich weiß nicht, ob dieser "typische Bas-Sound" eine gute Sache ist oder ob der im Grunde nur mikrowellenaufgewärmte 19. Jahrhundert-"Literatur" ist. Ich werde wohl weiter experimentieren und zwischen diesen beiden Welten hin- und herspringen müssen, bis ich das weiß.

So ganz habe ich aber nicht verstanden, worauf du hinauswillst. Ich interpretiere es so, dass Gustaf überall, wo er hinkommt, Ärger kriegt und dann immer weiterzieht, nur, um am nächsten Ort ähnliche Erfahrungen zu machen. Dass er sicher anders behandelt werden würde, wenn er kein Landstreicher wäre, ist für mich ein schöner Gedanke, aber du reißt ihn nur an. Ich finde, Gustaf hätte noch viel mehr Eulenspiegel-mäßig sein Unwesen treiben können. Aber du wolltest wohl nur eine Momentaufnahme zeigen. Die funktioniert als solche auch für mich.

Das alte Problem - Plots sind nicht meine Sache. Deshalb habe ich in der Neu-Überarbeitung auch mal versucht, die Sache ein bisschen deutlicher in eine bestimmte Richtung zu leiten, ein bisschen Struktur reinzubekommen. Keine Ahnung, ob das funktioniert hat, aber ja, das habe ich aus deinem und den anderen Kommentaren zumindest mal mitgenommen, dass diese "Momentaufnahmen" zwar nett zu lesen sind, aber nicht vollauf befriedigen. Sagst du ja auch hier:

Trotzdem würde es mir besser gefallen, wenn das alles auf irgendetwas hinausliefe, sich zu einem Finale zuspitzt. Mir ist sonst die Funktion der Figuren nicht so ganz klar.

Dann die Sache mit der Kathrin. Okay, er erinnert Anja an sie, weil er viel redet, aber was hat das im Kontext zu bedeuten? Wahrscheinlich denkst du jetzt, dass es gar nichts zu bedeuten hätte, Anja denkt einfach an sie, weil sie so viel redet, aber ich für meinen Teil warte hier auf einen Zusammenhang, ein Ereignis, dass die Personen und ihre Handlungen miteinander verknüpft.

Ja, auch so eine Sache. In meiner Vorstellung hilft das zum einen, Anjas Jetzt-Erleben zu verdeutlichen, ich mag es, wenn eine Geschichte möglichst ... Präsens ist, wenn Gedanken eines Protagonisten einfach so übereinanderstürzen und der Leser auf diese Weise erkennt, okay, so tickt diese Person, das ist ihr Denken, ihr Erleben. Wenn man das aber in einer Kurzgeschichte macht und möglicherweise auch noch zu unproportioniert, und diese losen Erlebens-Fäden nicht irgendwo ... einfädelt, dann wirkt die Sache schnell mal zerfasert, denke ich.
Zum anderen erhoffe ich mir so vielleicht, der Welt Tiefe zu geben, zu zeigen, dass dort nicht nur drei Menschen exisitieren, sondern tausende. Aber auch das beißt sich wohl ein wenig mit der Kurzgeschichten-Gattung, denke ich.

Auch deine Meinung zur Überarbeitung würde mich natürlich interessieren, ich kann aber auch viel zu gut nachvollziehen, dass doppelt-lesen ermüdend sein kann :schiel: So oder so - vielen Dank für deinen Kommentar, der mir, wenn vielleicht nicht gleich hier, doch sicher für zukünfige Geschichten weiterhelfen wird!

Bas

 

Hola @Bas,

Jubel überall! Die Stadt N. ist schneller wieder aufgetaucht als Atlantis. Lasst uns hoffen, dass ihre Existenz jetzt von Dauer ist.

Einen eleganten Einstieg hast Du geschrieben – das gefällt und der Leser will mehr.
Der zweite Abschnitt schafft es mit einfachen Mitteln, die Spannung zu erhöhen. Prima.
Der Hahn ist gemeuchelt. Wer war’s?

redete wild durcheinander, …
Für ‚durcheinander‘ braucht’s mehr als einen. Jedenfalls lese ich weiter … und weiter – das ist alles sehr lieb und nett, aber fünf Kapitel sind auch schon vorüber. Wir treten ein wenig – tatsächlich oder gefühlt – auf der Stelle.

Dann erklärt sich Gustav der Anja, wortreich, und der Leser erfährt noch einmal, was er weiter oben schon gelesen hat.

Aber Gustav findet kein Ende mit seinen Erklärungen und Dementis, er redet und redet, die Anja und der Leser müssen sich gedulden - passiert ist noch nichts.

Es muss auch nichts passieren, doch dann müsste das Gesagte anstelle einer Handlung die Aufgabe der Leserunterhaltung übernehmen und deswegen wesentlich lebhafter und amüsanter verlaufen. Der Gustav spricht wie ein Mann mit Bildung – und hier liegt für mich der Widerspruch – aber faselt dummes Zeug, fuderweise. Und wie er dem Fetka um den Milchbart geht, um etwas zwischen die Kiemen zu bekommen, grenzt an Falschheit.

Mich spricht diese Figur gefühlsmäßig überhaupt nicht an. Der abgetrennte Hahnenkopf (in meinem ersten Komm hab ich Deinen Vergleich mit dem Käfer gelobt) will mir partout nichts sagen – hätte er den Gockel im Feld gegrillt, ginge das in Ordnung, weil er Hunger hat; aber nur so Kopp ab?
Na ja, launisch ist das schon.

Gustav verlässt die Stadt; ich lese, was er von sich denkt und was ich schon weiß – und von seiner ‚Liebe‘:

… und er musste auch an sein Gespräch mit Anja denken und daran, wie er ihr seine Liebe gebeichtet hatte, ...
Liebe beichten? Der Junge hat einfach einen Knall. Er hat sie doch gerade erst gesehen. Und er will zurück in die Stadt, um den Makel der Minderwertigkeit loszuwerden? Indem er erneut Scheiße baut? (Aber nein. Ein paar Zeilen später lese ich von ‚Tuft‘. Haha!! Typisch Bas, klasse Idee, zu nix tauglich.)

Dass sich Anja mit dem ollen Quasselkopp einlässt, lässt sie auch nicht gerade als helles Licht erscheinen. Vielleicht sollte sie ihm Zugang zu geregelter Arbeit verschaffen.

Ja, das wäre die vernünftige Variante, und dann ist die Geschichte aus. Doch der Autor heißt Bas. Und weil ich dessen Sachen gerne lese (immerhin VII!), gibt’s von mir :thumbsup: und alles ist gut. Bzw. Sulf.

Beste Grüße, mein Lieber!
José

 

Hey@Bas

Auch deine Meinung zur Überarbeitung würde mich natürlich interessieren
Das freut mich sehr. Dann mal auf ins Gefecht:


Dann die Sache mit der Kathrin. Okay, er erinnert Anja an sie, weil er viel redet, aber was hat das im Kontext zu bedeuten? Wahrscheinlich denkst du jetzt, dass es gar nichts zu bedeuten hätte, Anja denkt einfach an sie, weil sie so viel redet, aber ich für meinen Teil warte hier auf einen Zusammenhang, ein Ereignis, dass die Personen und ihre Handlungen miteinander verknüpft.
so tickt diese Person, das ist ihr Denken, ihr Erleben. Wenn man das aber in einer Kurzgeschichte macht und möglicherweise auch noch zu unproportioniert, und diese losen Erlebens-Fäden nicht irgendwo ... einfädelt, dann wirkt die Sache schnell mal zerfasert, denke ich.

In der neuen Version heißt es:
Hier war sie zur Schule gegangen, hier kannte und grüßte sie jeden, der auf der Straße an ihr vorbeiging, sie wusste, dass es der Mutter von den Jørgensens gerade nicht gut ging, dass sie sich etwas eingefangen hatte, eine Krankheit, die selbst der Doktor Saller nicht genau benennen konnte, die es hier so wohl auch noch gar nicht gegeben hatte, und dass die Marta, die Tochter der Jørgensens, sehr darunter zu leiden hatten. Sie wusste auch, dass der Doktor Saller in den vierzig Jahren, seitdem er hier praktizierte, niemals selbst krank gewesen war, und Anja fand, schon das spreche für ihn.
Ich denke nicht, dass das daran liegt, dass es eine Kurzgeschichte ist, sondern am Beispiel. Für mich sagt die Information, dass Anja hier zur Schule gegangen ist und weiß, wie es Frau Jörgensen geht, nicht wirklich etwas über sie aus. Sie denkt über etwas nach, was in der Stadt bekannt ist, es könnte also auch jeder andere darüber nachdenken. Von daher wirkt es auf mich, als ob hier ein neues Indiz dazukäme, nämlich die Krankheit, und dass der Arzt noch nie krank gewesen ist. Automatisch frage ich mich: Was hat das zu bedeuten? Hat das was mit Gustaf zu tun?
Eine Charakterisierung Anjas hätte für mich persönlicher sein müssen. Vielleicht ist sie auch jemand, der die gängigen Normen ablehnt und hat irgendein Geheimnis. Vielleicht guckt sie gern die Sterne an, aber das soll niemand wissen. Sinnloses Beispiel, ich weiß, aber verdeutlicht vielleicht ein wenig, was ich meine.

Du hast ja angedeutet, dass da eine Krankheit grassiert, die Doktor Saller nicht bekannt ist. Ich dachte da sofort an eine psychische Krankheit. Da sehe ich auf alle Fälle eine Parallele zu Gustaf. Nur habe ich leider immer noch nicht genau begriffen, was damit gesagt werden soll. Einerseits scheint es in die Richtung zu gehen, dass Minderheiten nicht akzeptiert werden, was ja auch die Reaktionen der Menschen auf dem Marktplatz zeigt. Sie werden nicht wie Menschen behandelt, sondern dienen lediglich als Freakshow. Das ist menschenunwürdig, keine Frage. Oft sind diese sogenannten Freaks ja nur Ausstellungsstücke wegen verschiedenster Missbildungen. Gustaf aber spricht. Und was er sagt, macht ihn leider nicht sehr sympathisch. Er kann ja gerne durchgeknallt sein, er kann spucken und "Jawoll" sagen, dass sich alle vor Lachen biegen, nur müsste dann das, was er sagt, die Menschen zum Nachdenken bringen. Vielleicht ist er seiner Zeit weit voraus, will den Menschen klar machen, dass jeder Mensch den gleichen Wert hat, egal, ob arm oder reich. Das ist natürlich ein etwas abgenudeltes Thema, aber es würde mir zeigen, dass Gustaf Grips hat, von mir aus die Welt verbessern will, und alle halten ihn für einen Idioten, nur Anja versteht ihn. Dann hättest du auch ein Thema, das sich durch den Text zieht. Anja könnte ihm Fragen darüber stellen, vielleicht manchmal daran zweifeln, es faszinierend finden.
Was er aber tut, ist, den Bürgermeister zu beschuldigen, dass der den Hahn umgebracht hat, obwohl er es selbst war. Diese Aktion macht ihn mir total unsympathisch, und leider auch zu dem Freak, der er nicht sein will.
Ich finde seine Reaktion überzogen, verglichen mit dem, was tatsächlich vorgefallen ist. Wieso bringt er den Hahn um und fragt dann den Jungen nach Essen? Und erklärt dieses Verhalten später mit Launenhaftigkeit? Leider macht ihn das für mich zu einem gefährlich unberechenbaren, selbstmitleidigen und egozentrischen Menschen, der für seine Andersartigkeit akzeptiert werden will, sich dann aber so verhält, dass das unmöglich ist. Mir fehlt eine positive Seite an Gustaf, etwas, das ihn liebenswert macht in meinen Augen, mir zeigt, dass er eigentlich der Gute ist. So wirkt er leider wie ein Psychopath auf mich.


»… Vielleicht sollten Sie weiterziehen. Punkt. Um nichts zu verpassen. Punkt.«
Noch nie in seinem Leben hatte er sich so verletzt gefühlt.
Das kann ich nicht glauben. Als Landstreicher wird er es sicher nicht das erste Mal erlebt haben, ausgegrenzt zu werden. Und der Bürgermeister hat ja eigentlich nichts weiter getan, als ihm durch die Blume zu sagen, dass er weiterziehen soll. Natürlich ist das unschön, aber ich denke, er ist das gewohnt. Wenn jetzt der Bürgermeister in der ganzen Stadt Hähne umbringen würde und alles dem Gustaf in die Schuhe schiebt, dann könnte ich seine Reaktion verstehen.


jeder redete wild durcheinander
Hier würde ich eher "alle" sagen, denn ein einzelner kann ja nicht wild durcheinanderreden.

»Und könnt ihr euch noch an das hirnverbrannte Mädchen im Käfig erinnern? Konnte nichts sagen außer Pipikacka und Hundsfottsackscheiß und wenn man einen Finger zwischen die Gitterstäbe steckte, hat sie mit den Augen gerollt, dass man nur noch das Weiße gesehen hat.«
Fieser Mob. Da möchte ich auch nicht leben.


Die Männer von hier waren ja immer so schrecklich vorsichtig, der Artjom zum Beispiel, den sie schon seit frühester Kindheit kannte, der nannte sie immer und überall ein Fräulein, »Einen guten Tag, Fräulein Anja«, sagte er, wenn er ihr auf der Straße begegnete, und als er beim Frühlingsfest versehentlich ihren Arm gestreift hatte, da entschuldigte er sich gleich und stotterte dabei wie ein Schulbub.
Das ist für mich ein gutes Beispiel, um Anja zu charakterisieren. Hier erfahre ich, dass sie rebellisch ist, die gut erzogenen Männer ablehnt, evtl. was erleben will.

es ist mehr eine persönliche Sache, wenn Sie schon fragen, mehr kann ich Ihnen aber wirklich nicht verraten, Anja.
Mein Problem ist, dass hier über Sachen geredet wird, die so klingen, als gebe es ein Geheimnis zu lüften, aber dann ist es nur Gerede von Gustaf. Hat er tatsächlich einen Grund, in der Stadt zu sein? Wenn nicht, könnte er ebenso gut etwas anderes sagen. Mir fehlt ein Gesprächsfaden, der die beiden wirklich verbindet.

das war ja gelogen, ja, jetzt gebe ich es zu, ich selbst war es, der dem Hahn den Kopf abgeschnitten hat,
Und spätestens hier kann ich ihn leider überhaupt nicht mehr ernst nehmen und verstehe auch die Anja nicht, dass sie nicht nachfragt.

ich komme in eine Stadt wie diese hier und lüge, was das Zeug hält, und bevor meine Lügen über mir zusammenbrechen können, bin ich auch schon wieder verschwunden.
Das ist ein schöner innerer Konflikt, finde ich. Er kann nicht anders und kommt deshalb nie zur Ruhe. Aber leider bleibt es ja nicht nur beim Lügen.

ich flehe Sie an, sagen Sie es mir oder ich bringe mich jetzt und auf der Stelle um!«
Das ist mir auch zu überzogen, sorry.

er ging immer weiter und kam nie wieder zurück, das war sein Plan
Hier würde ich eher sagen: "Er würde immer weitergehen und nie wieder zurückkommen, das war sein Plan. " Ansonsten klingt es, als hätte er es schon getan, aber dann kann es ja kein Plan mehr sein.


Für mich ist leider nach wie vor kein klares Thema erkennbar. Jede Szene scheint für sich zu stehen. Am Schluss überwindet Gustaf seinen Fluchtreflex und bleibt, aber ich bezweifle, dass das eine Bereicherung für die Stadt ist. In der ersten Version fand ich ihn etwas merkwürdig wegen der Geschichte mit dem Hahn, ansonsten war er für mich ein Schelm. Jetzt scheint ihm irgendwas entglitten zu sein.
Falls ich mit meiner Vermutung richtig liege und du wolltest damit zeigen, wie Menschen, die anders ticken, diskriminiert werden, müsste der Gustaf sympathischer sein, um das Klischee, das ihm als Minderheit anhaftet, nicht zu bestätigen. Ich fände es ja nach wie vor schön, wenn er tatsächlich etwas verändern wollte, und keiner nimmt ihn dafür ernst.

Falls du noch weiter an dem Text arbeiten willst, kannst du mich gerne immer wieder anmorsen, ich bin gespannt, wie sich die Geschichte noch entwickelt.

Liebe Grüße von Chai

.

 
Zuletzt bearbeitet:

Die Geschichte schlaucht mich, was gut ist, glaube ich. Ich habe sie jetzt jedenfalls mit den neu eingetrudelten Kommentaren im Hinterkopf noch mal überarbeitet, ich finde sie jetzt runder, sinnvoller in dem Sinne, den ich ursprünglich mal im Sinn hatte und an den ich mich jetzt hoffentlich stückweise rantaste :D

@josefelipe: Schön, dass du dich noch mal meldest, vielen Dank dafür! Ja, was lese ich da raus aus deinem Kommentar, vor allem: Zu viel Blabla. Besonders Gustafs Gespräch mit Anja war dir wohl zu viel auf-der-Stelle-Getrete, wie ich das lese, und recht hast du. Ich habe das jetzt überarbeitet, da ist immer noch jede Menge Blabla, aber ich hoffe, dass es jetzt dosierter ist und die "Pointen" besser gesetzt sind.

Mich spricht diese Figur gefühlsmäßig überhaupt nicht an. Der abgetrennte Hahnenkopf (in meinem ersten Komm hab ich Deinen Vergleich mit dem Käfer gelobt) will mir partout nichts sagen – hätte er den Gockel im Feld gegrillt, ginge das in Ordnung, weil er Hunger hat; aber nur so Kopp ab?
Na ja, launisch ist das schon.

Das ist natürlich schade, dass er dich "überhaupt nicht" anspricht. War nicht mein Ziel, von einem in seinen Handlungen nachvollziehbaren Sympathikus zu erzählen, im Gegenteil eher, aber ja ... Gar nicht ansprechend ist schade, denke ich.
Möglicherweise wird mit der Überarbeitung jetzt zumindest "nachvollziehbarer", was es mit dem abgetrennten Hahnenkopf auf sich hat.

Dass sich Anja mit dem ollen Quasselkopp einlässt, lässt sie auch nicht gerade als helles Licht erscheinen.

Ja. @Chai hatte erwähnt, dass insbesondere die Nebenrollen, also Anja und der Bürgermeister, an Figuren aus einem Kinderbuch erinnern. Zum Teil ist das gewollt, gerade beim Bürgermeister, andererseits habe ich jetzt auch erkannt, dass Anja so nicht funktioniert, das war ja schon sehr ... Dummchenklischee. Habe ich zurückgeschraubt, danke für den Hinweis und überhaupt für deinen Kommentar - bis bald!

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Hi @Chai,

auch dir vielen Dank für die Rück-Rückmeldung! Und fast muss ich bei dir entschuldigen.

Mir fehlt eine positive Seite an Gustaf, etwas, das ihn liebenswert macht in meinen Augen, mir zeigt, dass er eigentlich der Gute ist. So wirkt er leider wie ein Psychopath auf mich.

Ich hatte deine Worte bei der Überarbeitung sehr deutlich im Hinterkopf und habe trotzdem mehr oder weniger entgegengesetzt gehandelt. Nicht, was die ganze Doktor/Jörgensens/Blabla-Sache angeht, die habe ich komplett gestrichen. Aber das, was du da schreibst, an so einer Geschichte habe ich mich schon mal versucht, die Geschichte ist jetzt in der Tonne, und sie hieß, Achtung: Gustaf. Da habe ich genau so einen Gustaf zeichnen wollen, wie du ihn hier beschreibst, einen verschrobenen, aber liebenswerten, fast bedauernswerten Kerl, den man trotzdem oder gerade deshalb ins Herz schließt. Das war hier nicht das Ziel, deshalb ist er jetzt ... so. Aber vielleicht, hoffentlich, wird das jetzt deutlicher, vielleicht begegnet man ihm als Leser jetzt mit einer anderen Erwartungshaltung und ist so im Endeffekt weniger unzufrieden. Würde ich mir wünschen, zumindest.

Das kann ich nicht glauben. Als Landstreicher wird er es sicher nicht das erste Mal erlebt haben, ausgegrenzt zu werden. Und der Bürgermeister hat ja eigentlich nichts weiter getan, als ihm durch die Blume zu sagen, dass er weiterziehen soll. Natürlich ist das unschön, aber ich denke, er ist das gewohnt. Wenn jetzt der Bürgermeister in der ganzen Stadt Hähne umbringen würde und alles dem Gustaf in die Schuhe schiebt, dann könnte ich seine Reaktion verstehen.

Das habe ich jetzt gestrichen, das "Noch nie hatte er sich so verletzt gefühlt", da hast du recht.
Zum Rest: Natürlich hat der Bürgermeister nichts Schlimmes getan, aber das soll ja quasi der Aufhänger der Geschichte sein, dass eine solche Nichtigkeit eine Lawine auslöst. Auch das hoffe ich jetzt deutlicher ausgearbeitet zu haben.

Das ist mir auch zu überzogen, sorry.

:thumbsup:

Falls du noch weiter an dem Text arbeiten willst, kannst du mich gerne immer wieder anmorsen, ich bin gespannt, wie sich die Geschichte noch entwickelt.

Das mache ich an dieser Stelle einfach mal. Ich persönlich finde, dass die Sache jetzt sehr viel klarer und weniger ausgefranst ist, würde mich sehr interessieren, wie du das siehst.

Bas

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @Bas!

Ich mag deine Geschichte. Sicherlich lässt sie viele Interpretationen zu, viele Ideen, daher stelle ich mal einen Subjektivitätshinweis vorne weg :-D Du hast in der Geschichte viel geändert, das Motiv des Wahnsinns dringt viel stärker hervor. Meinen Kommentar habe ich gestern geschrieben, da las ich einen anderen Gustaf. Ich glaube aber, dass der Hinweis auf Gustafs Charakter dennoch wichtig bleibt. Hier in dem Kommentar sind paar Dinge, die nicht mehr zutreffen, aber - bitte verzeih mir, ich lasse das mal so stehen. Der Kommentar wirkt etwas konfus dadurch.

Deine Geschichte wirkt auf mich zeitlos - in dem Sinne, dass sie keiner historischen Verortung bedarf (obwohl du kurz den alten Hieronymus erwähnst, auch Krüppel, die die Älteren kannten). Wo jetzt genau die Stadt N liegt, scheint für deine Geschichte keine Bedeutung zu haben. So sind es die Beziehungen zwischen den Figuren und das, wofür sie stehen, die deiner Geschichte eine besondere Symbolik verleihen, die ein Beziehungsgeflecht aufbauen, das deine Geschichte antreibt. Sprachlich ist das sehr gut gemacht, du hast meiner Ansicht nach einen Blick für symbolische Details. Ich lese Gustaf weniger als ein Don Quixote, eher als einen Jack Sparrow aus Fluch der Karibik. Bitte nicht falsch verstehen, es geht mir hier wirklich, wirklich nicht um irgendwelche E- und U-Literatur/Film-Unterschiede, sondern nur um den Charakter. Ein Trickser, ein Spieler: Er bestimmt den Dialog mit Fedka und dem Bürgermeister, er kann die Menge aufhetzen. Sicher hat er schon jemanden getötet. Ich habe mal irgendwo gelesen, dass eine solche Figur oft in der altamerikanischen Mythologie auftaucht - aber das führt zu weit und so viel mehr weiß ich dazu leider auch nicht. Mir fehlt die Tragik eines Don Quixote, das Antiheldentum einer ewigen Nummer Zwei. Daher Herr Sparrow.

Es gibt daher einen inhaltlichen, keinen sprachlichen Punkt, den ich schade finde: Gustafs Sozialkompetenz. Klingt irgendwie witzig, "Sozialkompetenz" in einer symbolischen Story wie Deiner. Aber es beschreibt mMn ganz gut, was Gustaf alles kann: Der kann Mengen beeinflussen, der kann Menschen ausnutzen, er bestimmt die Kommunikation mit anderen. Das finde ich insofern schade, als dass eine Geschichte wie diese von den Beziehungen und dem, für was die Leute stehen, lebt. Und all die Beziehungen sind eben soziale, welch blöde Banalität der Sozialpsychologie, aber so ist das halt eben in der Stadt N und Umgebung. Und da ist Gustaf in der Geschichte unschlagbar. Vielleicht erklärt das, warum @Sisorus die Geschichte inhaltlich als etwas belanglos, bei aller sprachlichen Unterhaltsamkeit, empfand oder @Chai kein klares Thema erkannte. Aber jetzt verwissenschaftliche ich die ganze Story, und ich bleibe hier subjektiv, vielleicht habe ich sie auch noch nicht ganz durchdrungen.

Gustaf stirbt durch eine Erkrankung, eine Form von Wahn, Schizophrenie, was auch immer. Das ändert aber mMn nichts an seiner Sozialkompetenz, im Gegenteil: Nur eine Erkrankung tötet Gustaf und kein riskantes Spiel, ein Fehler in einem Betrug, irgendein ein nicht kalkuliertes Ding mit dem Bürgermeister. Denn obwohl die Gustaf sich "schizo-suizidiert", bleiben ja deine anderen Figuren das, was sie sind: Fedka, der arbeitet auf dem Bauernhof, Ulinov auch, der Bürgermeister arbeitet im gelben Rathaus.

Auf dem Marktplatz, neben dem Brunnen, hatte sich eine Menschenmenge versammelt, jeder redete wild durcheinander, und im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand Gustaf.

Solche Sätze finde ich sehr stark: Der Brunnen, der gibt der Stadt das Wasser, aber der Mittelpunkt ist jetzt Herr Gustaf. Hier leitest du schön über, hier beginnt etwas neues, ein solcher Satz kann eine ganze "gustafsche Wende" in der Stadtgeschichte einleiten, ich sag mal: Herr Stadtschreiber, notieren Sie bitte :-D

Fedka schlüpfte in seine Stiefel und trat vor die Tür, so leise, dass niemand es mitbekam, und stapfte eilig zu dem großen Busch neben dem Schuppen. Die Nacht war so kalt gewesen, dass dichte Dampfschwaden aufstiegen, als Fedka seine Blase leerte, und er schreckte zusammen, als er durch den Dampf hindurch ein menschliches Gesicht entdeckte.
»Entschuldigung«, sagte Fedka und zog schnell die Hose hoch.
»Aber wofür denn, ich bin ja neu hier, du hingegen … Ich bin ja quasi ein Eindringling, ich hätte mir einen anderen Ort zum Übernachten suchen können, Menschen gehören nicht in Büsche, das sehe ich ein, aber ich war ja schon so müde und dann war es ja auch so kalt gestern Abend und da dachte ich mir … Und wer bist du?«
»Der Fedka. Ich wohn hier.«

Interessant, wie Fedka reagiert. Entweder ist er es gewohnt, dass Leute im Stroh schlafen, Leute, die er nicht kennt. Zwar schreckt Fedka zusammen, aber er entschuldigt sich sogar! Ein genügsamer Typ, der Fedka.

Ein aufgebrachter Mensch von außerhalb war eine willkommene Abwechslung zum Alltagstrott, nur darum ging es ihnen, und bei einigen der Älteren wurden Erinnerungen an den alten Hieronymus und sein fahrendes Kuriositätenkabinett wach, an die guten alten Zeiten, als man auf dem Marktplatz zusammenkam, um Mondsteine, exotische Tiere und Krüppel zu bestaunen.

... , aber leider sind diese guten alten Zeiten vorbei und so - ich werde jetzt kitschig - schillert die Nostalgie auf dem Mondstein.

Die Stadt N. war von dichtem Wald umgeben, und am Mittag desselben Tages, tief in diesem Wald, saß Gustaf auf einem Baumstumpf und schrieb.

In deiner neuen Fassung taucht die Stadt N in einem Wald auf. Sie ist umgeben von dichtem Wald, ich kann also ins Flugzeug steigen und sehe über einem dichten Waldmeer eine Lichtung, da ist die Stadt. Da steckt extrem viel Symbolik drin, hier der Gustaf aus dem Wald, aus der Natur, dort die Normen gesellschaftlichen Lebens, die Baumeister an der Stadtmauer (mal dazu erfunden), der Bürgermeister.

Gustaf hatte jetzt sein Messer in der Hand. Seine Augen waren blutunterlaufen. Noch immer sprach er vom Bürgermeister und vom kopflosen Hahn, von gestutzten Bärten und von gelben Häusern, und in seinen Mundwinkeln konnte Anja jetzt deutlich Schaum sehen, kleine, runde Pusteblumen aus Gafer und Schleim, und gerade, als Anjas Verstehen zu einem Begreifen wurde, als sie erkannte, dass da ein zerrissener, überreizter Mensch stand, dessen eigener Kopf kurz davor war, zu platzen, jemand, der sich mitteilen wollte und dem das nicht gelang, dem man zuhören musste, den man beruhigen und dem man zustimmen musste, ganz egal, was er sagte, da rammte sich Gustaf sein Messer zwischen die Augen, bis nur noch der Griff aus der Stirn herausragte, und so stand er da. Und blutspuckend, mit flackernden Augen, sabberte er noch ein paar letzte, unverständliche Worte, Sulf sagte er und Tuft und Futschikato, bevor er in sich zusammensackte und starb.

Zum Ende der Geschichte: Hm, ich bin mir nicht sicher, ob eine so schöne Geschichte wie deine, mit all der möglichen Symbolik, einen Schizo-Suizid verdient hat. Ich habe sie sicher nicht ganz durchdrungen und vielleicht habe ich etwas überlesen, verzeih mir das. Gustaf ist sozialkompetent und mächtig, der könnte etwas anstoßen in der Stadt, etwas ändern. Er stirbt - und nach dm Ende deines Textes kommt die Marktplatzreinigung, packt die Leiche zusammen, verbrennt sie am Stadtrand und bestattet sie anonym. Der Bürgermeister denkt sich, was für ein Blödmann und lebt exakt so, wie zu Beginn der Geschichte. Anja auch. Fedka denkt auch, ach der Irre und schaufelt Kuhmist aus dem Stall. Naja, ich meckere hier jetzt viel zu viel, @Bas. Aber verstehst du den Punkt? Du hast hier eine tolle Figur, einen Gauner, einen Trickser, der leider wahnsinnig ist und - stirbt.

***

Lieber @Bas, das ist jetzt ein überlanger Kommentar geworden, fast schon ein Monstrum. Ich habe viel zu viel gemeckert. Sprachlich ist das richtig, richtig gut. Wirklich. Nein, keine Trosturkunde, die extra größer als die des Siegers ist. Aber da steckt mehr drin als ein Wahnsinn. Wie gesagt, alles subjektiv, so lese ich deine Geschichte zumindest.

Lg
kiroly

 

Hallo @Sisorus,

dein hingehackter, von Bunkertechno untermalter Kommentar hat mir sehr weitergeholfen.

Sie erinnerten ihn also daran? Ich finde, sie sollten ihn nicht daran erinnern. Ich finde sogar, er sollte einfach Insektenbeine schreiben.

Die Idee gefällt mir, aber ganz so drastisch habe ich es vorerst noch nicht umgesetzt. Aber ja,

die Distanz des Erinnerns finde ich hier unangebracht.

da stimme ich dir zu. Jetzt heißt es: "Er schrieb so klein, dass es aussah, als krabbelten winzige, kohlebestäubte Insektenbeine über das Papier, ..."

War das nicht vorher "der Junge" oder so? Du willst ihn hier eher ausarbeiten, nicht? Daher der Name? Kein verkehrter Gedanke, aber folgende Idee: bleib weiter nah bei Gustaf. Lass den Jungen den Jungen sein, bis er sich Gustaf als Fedka vorstellt. Erst dann wird, quasi unmerklich, der Junge für den Erzähler zu Fedka und wir sind so so nah bei Gustaf.

Habe ich so übernommen, guter Hinweis.

Nur ne Idee: Lass ihn doch mit dem Messer kleine Löcher hineinhobeln. Er schafft sich seine Welt, ganz ohne nachzudenken. Ah Käse ohne Löcher? Nein nein, dieser Käse hat sehr wohl Löcher -- und wirft die "Spähne" gedankenlos weg.

Auch das habe ich, leicht umgemodelt, übernommen, danke.

Das stimmt nicht. Er denkt doch, dass der Kopf aussieht, wie ein Käfer, nicht? MMn wenigstens ist der Erzähler da bei Fedka. Also lass ihn evtl noch näher heranrücken.
stand einfach nur da. was für ein käfer sagte er zu sich selbst. was für ein fetter käfer. und wusste nicht, was er sonst denken sollte.
Naja mal wieder ein unausgegorener Vorschlag. Aber maybe you get the Idee.

Ja, hab ich gegettet, die Idee, und das "wusste nicht, was er denken sollte" gestrichen.

Finde ich überflüssig. Generell diese Schlusssätze. Er musste dies, er würde jenes. Ich glaube, die brauchst du gar nicht.

Habe ich größtenteils übernommen, hast recht.

Ich finde, die Geschichte kann ruhig so wie vorher ohne eine Entwicklung auf Gustafs Seite enden. Allein sein Weg könnte länger werden. Kennste Murphy von Beckett? Daran muss ich bei der Story etwas denken. Sie könnte einen ähnlichen Bogen machen.

Ja, und das war für mich im Grunde die wichtigste Sache, die ich aus deinem Kommentar gezogen habe. Die Version, auf die du dich hier beziehst - Gustaf entwickelt sich, lässt seine "Launen" hinter sich, wird sesshaft, alles bereit für Haus, Kind und Kegel -, das war nicht Gustaf. Mal abgesehen davon, dass die Wandlung schrecklich unausgegoren war ... Jetzt ist es Gustaf. Eine Entwicklung hat er ja trotzdem durchgemacht, irgendwie, aber eine glaubhaftere, hoffe ich.
Murphy kenn ich nicht, nur so nebenbei.

Keine Ahnung, ob deine Bemerkung so gemeint war, wie ich sie aufgenommen und umgesetzt habe, aber wie gesagt, wichtig war sie. Echt eine Wohltat, deine Kommentare. Vielen Dank dafür.

Bas

 

Hallo @kiroly,

Mensch, noch so ein Hammerkommentar. Vielen Dank. Und er hat direkt gezündet, ich habe die Geschichte gleich, nachdem ich ihn - mehrmals - gelesen habe, überarbeitet. Sollte man nicht tun, ich weiß, erst Mal zurücknehmen, sinnieren und so weiter ... Egal.

Ich musste deinen Kommentar aber tatsächlich mehrmals lesen, bis ich zum Kern durchgedrungen bin, bis ich das hier

Gustaf stirbt durch eine Erkrankung, eine Form von Wahn, Schizophrenie, was auch immer. Das ändert aber mMn nichts an seiner Sozialkompetenz, im Gegenteil: Nur eine Erkrankung tötet Gustaf und kein riskantes Spiel, ein Fehler in einem Betrug, irgendein ein nicht kalkuliertes Ding mit dem Bürgermeister. Denn obwohl die Gustaf sich "schizo-suizidiert", bleiben ja deine anderen Figuren das, was sie sind: Fedka, der arbeitet auf dem Bauernhof, Ulinov auch, der Bürgermeister arbeitet im gelben Rathaus.

begriffen habe. Gustaf hat nichts bewirkt, hat nichts hinterlassen, er hat ein bisschen rumgesponnen und das war's. Oder so halt:

Er stirbt - und nach dm Ende deines Textes kommt die Marktplatzreinigung, packt die Leiche zusammen, verbrennt sie am Stadtrand und bestattet sie anonym. Der Bürgermeister denkt sich, was für ein Blödmann und lebt exakt so, wie zu Beginn der Geschichte. Anja auch. Fedka denkt auch, ach der Irre und schaufelt Kuhmist aus dem Stall.

Das sieht jetzt anders aus. Schätzungsweise ist auch das nicht ganz das Ende, das du vor Augen hattest, als du von seiner Sozialkompetenz gesprochen hast, du sagst ja "Da steckt mehr drin als ein Wahnsinn" und jetzt ist es ... noch wahnsinniger. Vermutlich hättest du es lieber gesehen, wenn er kleine, schlaue Ränke geschmiedet hätte und so das Leben in der Stadt auf den Kopf stellt. Trotzdem würde es mich sehr interessieren, zu erfahren, mit welchem Gefühl du diese Fassung hier liest - ob das jetzt "mehr" ist.
Das ist keine Aufforderung für ein erneutes Feedback, aber ja, freuen würde ich mich sehr darüber.

Vielen Dank jedenfalls, dein Kommentar hat mir und hoffentlich auch der Geschichte sehr weitergeholfen - bis bald!

Bas

 

Wie ich sehe, hast du die Geschichte gestern nochmal überarbeitet, lieber @Bas, das letzte Mal, als ich reingelesen habe, hat Gustaf sich das Messer in die Stirn gerammt. Jetzt entwickelt sich das Ganze immer rasanter, die Geschichte nimmt am Ende Fahrt auf, und das gefällt mir gut.
Auch das Umstellen der Szenen hat dem Text gut getan, finde ich. Jetzt baut sich das Ganze besser auf, ich kann Gustafs Entwicklung besser nachvollziehen.

Anfangs wirkt er harmlos, wie ein Hans-guck-in-die-Luft, der da so durch die Stadt N. dödelt, und darüber zu feixen scheint, dass er irritierte Blicke erntet, wenn er den Leuten sagt, er käme von woanders. Er hat etwas Kindliches, Leichtfüßiges, ist sich seiner Impulsivität aber durchaus bewusst und weiß, dass sein Wunsch, den Bürgermeister umzubringen, überzogen ist. Das finde ich gut gelöst, denn so schlittere ich als Leser langsamer mit Gustaf in den Abgrund. Ich ahne zwar schon, dass da was nicht stimmt, aber Gustaf eben auch, und das wirft ein ganz anderes Bild auf ihn, es wirkt nicht mehr so aus der Luft gegriffen.
Er sucht zwar nach Anerkennung, ist aber nicht mehr so selbstmitleidig, eigentlich ein ganz feiner Kerl, so lange man ihm nach dem Mund redet. Wenn nicht, schlagen seine "Launen" voll durch, er wird ausfallend, bedrohlich, erpresserisch und hundsgemein. Das, worüber er sich bei anderen beschwert, lässt er selbst in doppelt und dreifach geballter Ladung raus. Sein ganzer Frust kommt hoch, den er sonst geschickt unter der Fassade des Lebemanns versteckt. Das als "Launen" zu bezeichnen, also zu verharmlosen, wirkt wie eine Rache auf mich, er interessiert sich halt genauso wenig für die Belange anderer wie die sich für seine. Nur kann er eben - in der Interaktion mit seinen Mitmenschen - überhaupt nicht mehr zwischen Recht und Unrecht unterscheiden, schmettert jede berechtigte Kritik als persönlichen Angriff ab und verliert immer mehr die Kontrolle.
Anfangs kriegt er seine Probleme mit Sulf und Tuft in den Griff, spielt Streiche, und als er merkt, er hat sich nicht mehr unter Kontrolle, tut er, was er immer tut: Er verlässt die Stadt und versucht woanders sein Glück. Weil er aber weiß, dass da wieder alles von vorne losgeht, versucht er, seinen Impuls zu überwinden, bleibt, in der Hoffnung, dass dadurch vielleicht alles besser würde, und so nimmt das Schicksal seinen Lauf.
Das ist ein schönes Psychogramm über einen Menschen, bei dem ich nicht weiß, ob ich ihn hassen soll oder ob er mir leid tut. Wahrscheinlich eine Mischung aus beidem, und das gefällt mir. Es holt Gustaf aus der Eindimensionalität (Gott, was für'n langes Wort ) heraus, ich kann ihn jetzt als Person besser nachvollziehen. :thumbsup:

Zwischen der Szene, als er Fedka bedroht und Fedkas eigenem Wahnsinn, fehlt mir aber noch was. Der redet ja plötzlich auch von Tuft und Sulf, ist also entweder auf einmal auch völlig abgedreht oder von Gustaf instruiert, man weiß es nicht genau. Vorher wirkte er ja ganz normal, nicht mal ansatzweise merkwürdig auf mich, er muss also nach der Messerattacke eine Wandlung durchgemacht haben. Ich denke, er steht unter Gustafs Pantoffel. Macht Sinn, aber trotzdem ist er mir zu Gustaf-like auf dem Marktplatzt. Gut, er soll die Leute ablenken, damit Gustaf das Feuer legen kann, aber in meinen Augen passt diese Psycho-Nummert nicht zu ihm. Vielleicht eher, wenn sich das langsam steigert, nämlich wenn er merkt, dass er genau so wenig ernst genommen wird wie Gustaf, obwohl er vorher ja davon überzeugt war, dass das nicht der Fall wäre.
Gustafs Motivation leuchtet mir ein. Er ist mittlerweile tatsächlich woanders, genießt es, Fedka vorzuführen, ihn an seiner Stelle leiden zu sehen, einen scheinbaren Verbündeten zu haben. Und kann währenddessen seinen Plan ausführen.
Durch die Entwicklung Gustafs bekommt dieses woanders auch nochmal eine andere Ebene.
Für mich ist die Geschichte jetzt sehr viel runder, nur Fedkas Entwicklung ist mir zu extrem. Und ich fand das Ende von vor einigen Tagen - nämlich, dass Gustaf sich das Messer in die Stirn rammt - sehr viel konsequenter. Es passt für mich dazu, dass Gustaf seine Gedanken vernichten will, vielleicht sogar Stimmen gehört hat. Dass er Fedka vorführt und benutzt, ist zwar auch eine schöne Variante, aber Gustaf verschwindet mir da zu sehr, grinst nochmal diabolisch, und das wars. Vielleicht könntest du ja beide Enden verbinden? Also, dass sich Gustaf dann doch noch das Messer in die Stirn rammt? Dadurch verschwindet er nicht so plötzlich von der Bildfläche.

Gustaf kam von woanders, sagte er immer, so auch jetzt, als der Bürgermeister der Stadt N. ihm am frühen Morgen auf der Straße entgegentrat und wissen wollte, woher er kam.
Schon im ersten Satz wird jetzt darauf hingewiesen, was Gustaf am Ende blüht.

Er schrieb so klein, dass es aussah, als krabbelten winzige, kohlebestäubte Insektenbeine über das Papier, immer wieder spitzte er mit dem Messer seinen Stift an, damit die Mine nicht zu breit wurde, und während er schrieb, sprach er jedes Wort leise mit.
Das mit der zu breiten Mine hast du noch ergänzt, oder? Jedenfalls bekomme ich hier einen sehr deutlichen Eindruck von Gustaf.

Nur seine Gedanken wollten sich nicht beruhigen. Und er hielt noch immer das Messer in der Hand.
Auch ein schöner Hinweis. Er verliert allmählich die Kontrolle über seine Gedanken. Vor allem das Messer taucht als Symbol immer wieder auf. Gefällt mir gut.

»Ja, hab Dank, Fedka«, sagte Gustaf, der schon das Messer in der Hand hielt. Vorsichtig schnitzte er kleine Löcher in den Käse, die Spähne fielen wie abgestorbene Blätter auf die Erde.
Schön, dass du diese Idee mit reingenommen hast. Ich bekomme da nochmal ein genaueres Bild von Gustaf, seine kindlich-verspielte Seite schlägt nochmal voll durch. Und das Messer ist auch wieder dabei.

die ihm in wilden, ungepflegten Strähnen über die Stirn hingen.
Da bin ich vorher schon dran hängengeblieben. Ist nicht falsch, aber doppelgemoppelt, wie ich finde. Das Wort ungepflegt klingt auch so spießig, aber es sollen ja Anjas Gedanken sein, also von daher alles gut. Mir würde wild aber reichen.

Sie hatte ihn auf dem Marktplatz gesehen, als er mit Käse und Brot die Tauben fütterte, und da wurde sie neugierig und fragte ihn, wer er war und woher er kam.
Hehe, da zeigt er ja doch nochmal Fürsorge für andere Lebewesen.

»Nein, in Geschäften bin ich nicht unterwegs, das kann ich Ihnen verraten, es ist mehr eine persönliche Sache, wenn Sie schon fragen, mehr kann ich Ihnen aber wirklich nicht verraten, Anja.
Das habe ich immer noch nicht kapiert. Hat das was mit dem Bürgermeister zu tun? Falls nicht, würde ich es streichen, denn das macht nur ein Fass auf, in dem nichts ist. Es wirkt ein bisschen leer, steigert zwar die Spannung, aber wird am Ende nicht gelöst.

Was sie wusste, war, dass er keinen Hehl aus seiner Lage machte, er gab offen zu, dass er ein Landstreicher war und von der Hand in den Mund lebte, und auch, dass er damit nicht zufrieden war, und Ehrlichkeit war eine Sache, die man sich nicht kaufen konnte, fand Anja.
Das Fette habe ich aus seinen Worten nicht herausgehört. Gut, er fragt sie, was sie von ihm hielte, wenn er wie der Bürgermeister lebte, und da schimmert natürlich schon Verbitterung durch. Aber ich dachte, das wäre ein Test, er wollte sehen, wie sie reagiert. So viel Unzufriedenheit habe ich da nicht gespürt.

Für einen kurzen Moment legte die Nachmittagssonne einen goldenen Schleier über Gustafs Gesicht. Er lächelte.
Schönes Bild.

Warum fragst du denn so blöd, es interessiert dich ja doch nicht, da schüttet man dir das Herz aus und alles was du darauf zu sagen weißt, ist Das hätten Sie nicht tun dürfen, Gustaf – auf Wiedersehen!«
Und da sehe ich ihn richtig vor mir. Wie bei einer Seelenwanderung übernimmt jetzt Mr. Hyde das Kommando. Aber er kriegt ja noch die Kurve, indem er geht, bloß:

Er würde nicht klein beigeben, diesmal nicht, und überhaupt von jetzt an nie wieder. Punkt.
wird das allen zum Verhängnis.

»Siehst du mein Messer hier? Willst du, dass ich Käse aus dir mache, willst du, dass ich Löcher in dich reinsäbel, du dreckiger Bauernsklave? Jetzt hörst du mir gut zu oder ich schneid dir die Zunge aus deinem Maul, hast du gehört, du Mistköter? Hast du gehört?«
Jetzt entgleitet es ihm.

Gustaf konnte den angsterfüllten Atem des Jungen sehen, kleine Dampfwolken, die stoßweise aus Nase und Mund aufstiegen. Er spürte seinen Herzschlag, der, wie bei einem Spatz, durch den gesamten Körper zuckte. Und er roch den erlösenden Schwall von Urin, als er seinen Griff lockerte und Fedka sich einnässte.
Schöne Beschreibung. Vor allem der Vergleich mit dem Spatz gefällt mir sehr. Das hat gleich eine doppelte Bedeutung, denn für Gustaf ist Fedka ja nichts anderes als ein Spatz, den er einfach zerquetschen könnte. Er genießt es über alle Maßen, endlich Macht über jemanden zu haben.

»Lüg nicht rum! Du bist Dreck, und das weißt du! Wir sind beide Dreck. Aber zusammen …«
Und ihn zu verletzen und zu manipulieren, wie er selbst verletzt und manipuliert wurde.

und gerade, als Anjas Verstehen zu einem Begreifen wurde, als sie erkannte, dass da ein zerrissener, überreizter Mensch stand, dessen Kopf kurz davor war, zu platzen, jemand, der sich mitteilen wollte und dem das nicht gelang, dem man zuhören musste, den man beruhigen und dem man zustimmen musste, ganz egal, was er sagte, da hörte sie die Schreie. Und roch den Rauch.
Schöner Cliffhanger zum nächsten Absatz. Jetzt geht's ins große Finale.

Da warf ihn eine ungeheure Kraft zu Boden, und diese Kraft war Anja, sie sah ihm in die Augen und schlug ihm mit der Faust ins Gesicht, ein Mal, zwei Mal, bevor Gustaf sie von sich fort und in den Matsch werfen konnte.
Dass Anja hier auch nochmal eine andere Ebene bekommt, gefällt mir auch. Aber nach dem Grinsen könnte er sich noch das Messer in die Stirn rammen. (Wie du siehst, lässt mich dieser Gedanke nicht los. :shy:). Dann rächt er sich damit ja auch noch an Anja, denn die wird natürlich trotzdem ein schlechtes Gewissen haben.
Weil das woanders jetzt viel mehr Gewicht im Text hat, fände ich es gut, wenn du das als Überschrift nehmen würdest. Zieht sich für mich mehr durch den Text als Launen.

So, lieber Bas, jetzt schicke ich dir meine Morsezeichen mal rüber, bevor ich hier noch endlos weiterschwadroniere. Hat Spaß gemacht.

Liebe Grüße und bis bald.
Chai

 

Hallo @Chai,

das ist ein großartiger Kommentar. Das ist ja quasi so, als hättest du mich mal eben in deinen Kopf reingelassen, ließest mich deine Augen mitbenutzen, das ist unglaublich hilfreich.

Das ist ein schönes Psychogramm über einen Menschen, bei dem ich nicht weiß, ob ich ihn hassen soll oder ob er mir leid tut. Wahrscheinlich eine Mischung aus beidem, und das gefällt mir. Es holt Gustaf aus der Eindimensionalität (Gott, was für'n langes Wort ) heraus, ich kann ihn jetzt als Person besser nachvollziehen.

Super! Das lese ich gerne. Auch, dass dir die Gliederung jetzt besser gefällt, die langsame Steigerung. Das hatte ich mir erhofft.

Zwischen der Szene, als er Fedka bedroht und Fedkas eigenem Wahnsinn, fehlt mir aber noch was. Der redet ja plötzlich auch von Tuft und Sulf, ist also entweder auf einmal auch völlig abgedreht oder von Gustaf instruiert, man weiß es nicht genau. Vorher wirkte er ja ganz normal, nicht mal ansatzweise merkwürdig auf mich, er muss also nach der Messerattacke eine Wandlung durchgemacht haben. Ich denke, er steht unter Gustafs Pantoffel. Macht Sinn, aber trotzdem ist er mir zu Gustaf-like auf dem Marktplatzt. Gut, er soll die Leute ablenken, damit Gustaf das Feuer legen kann, aber in meinen Augen passt diese Psycho-Nummert nicht zu ihm. Vielleicht eher, wenn sich das langsam steigert, nämlich wenn er merkt, dass er genau so wenig ernst genommen wird wie Gustaf, obwohl er vorher ja davon überzeugt war, dass das nicht der Fall wäre.

Der Gedanke war, dass Gustaf Fedka so manipuliert, dass dieser all seine Ideen glaubt, und eben sogar seine "Wahnvorstellungen" zu seinen macht. Aber gut, dass du mich darauf hingewiesen hast, das funktioniert so nicht, die Manipulation wird ja nur angedeutet, nicht ausgeführt, also nicht hier im Text.
Deshalb habe ich das siebte Kapitel jetzt noch mal überarbeitet. Fedka handelt da weit weniger "wahnsinnig", eher aufgebracht, er jedet nicht von Tuft und Sulf, er tut nur, was Gustaf ihm offenbar aufgetragen hat. Ich glaube und hoffe, dass er jetzt glaubwürdiger ist, immer noch Fedka, kein Gustafklon.

Und ich fand das Ende von vor einigen Tagen - nämlich, dass Gustaf sich das Messer in die Stirn rammt - sehr viel konsequenter. Es passt für mich dazu, dass Gustaf seine Gedanken vernichten will, vielleicht sogar Stimmen gehört hat. Dass er Fedka vorführt und benutzt, ist zwar auch eine schöne Variante, aber Gustaf verschwindet mir da zu sehr, grinst nochmal diabolisch, und das wars. Vielleicht könntest du ja beide Enden verbinden? Also, dass sich Gustaf dann doch noch das Messer in die Stirn rammt? Dadurch verschwindet er nicht so plötzlich von der Bildfläche.

Gefällt mir, dass du das so siehst, "dass Gustaf seine Gedanken vernichten will". Die Vorstellung hatte ich nämlich auch - er hätte sich das Messer genauso gut ins Herz rammen können, aber nein, direkt in den Herd des Chaos, das fand ich gut. Aber auch hier war die Umsetzung nicht gut, @kiroly hatte das zurecht kritisiert und daraufhin habe ich es gestrichen.
Jetzt, in der von dir gelesenen Situation, ist Gustaf am Ende aber verschwunden. Nicht wortwörtlich, aber die Kamera war nicht mehr auf ihn gerichtet. Und das im letzten Augenblick der Geschichte! Dafür ist er zu sehr Hauptprotagonist.
Deshalb steht er jetzt wieder im Mittelpunkt und das Messer ist auch wieder zurück. Er grinst auch nicht mehr wie so ein Hollywoodbösewicht, der das von ihm heraufbeschwörte Chaos ohne Reue genießt, und im besten Fall erkennt man so, dass er schon noch Herr seiner Sinne ist, aber, wie er angesichts des angerichteten Chaos erkennt, nicht Herr seiner Gedanken und dem, was daraus erwächst. Und dass er deshalb nur diesen Ausweg sieht.

Da bin ich vorher schon dran hängengeblieben. Ist nicht falsch, aber doppelgemoppelt, wie ich finde.

:thumbsup:

Das habe ich immer noch nicht kapiert. Hat das was mit dem Bürgermeister zu tun? Falls nicht, würde ich es streichen, denn das macht nur ein Fass auf, in dem nichts ist. Es wirkt ein bisschen leer, steigert zwar die Spannung, aber wird am Ende nicht gelöst.

Hm, ja, für mich zielte das ziemlich deutlich auf das ungelöste Problemchen mit dem Bürgermeister ab, deshalb ist er ja wieder zurückgekommen. Ich lasse es vorerst mal noch drin und schau mir das mit Abstand noch mal an.

Das Fette habe ich aus seinen Worten nicht herausgehört. Gut, er fragt sie, was sie von ihm hielte, wenn er wie der Bürgermeister lebte, und da schimmert natürlich schon Verbitterung durch. Aber ich dachte, das wäre ein Test, er wollte sehen, wie sie reagiert. So viel Unzufriedenheit habe ich da nicht gespürt.

Habe ich gestrichen, das war sowieso so ein Wackelding, gut, da noch mal einen zweiten Blick zu haben.

Und da sehe ich ihn richtig vor mir. Wie bei einer Seelenwanderung übernimmt jetzt Mr. Hyde das Kommando.

Freut mich, dass das funktioniert - kommt ja quasi aus dem Nichts.

Weil das woanders jetzt viel mehr Gewicht im Text hat, fände ich es gut, wenn du das als Überschrift nehmen würdest. Zieht sich für mich mehr durch den Text als Launen.

Die Launen mussten dran glauben. Wie du siehst, habe ich jetzt noch mal einen Woanders-Bogen im letzten Satz gespannt, hoffe, das funktioniert. Und trotzdem habe ich mich für Gustaf als Titel entschieden, die Geschichte ist mehr Gustaf als alles andere :schiel:

Vielen, vielen Dank noch mal für deinen Kommentar, die Arbeit an der Geschichte hat durch deine Rückmeldungen viel Spaß gemacht - und sich hoffentlich gelohnt.

Bis bald,

Bas

 

Nur nochmal 'ne kurze Rückmeldung, lieber @Bas. Ich finde das Ende jetzt rund, es passt zur Geschichte und wie du sie aufgebaut hast. :thumbsup:

Liebe Grüße,
Chai

 

Hallo @Bas,

ich werde dir noch eine Rückmeldung zu deiner Geschichten schreiben - ich wollte es seit längerem, aber bisher habe ich es nicht geschafft, entschuldige!

Lg
kiroly

 

Hi @Chai,

vielen Dank für die erneut-erneute Rückmeldung, freut mich sehr, dass es (für dich) jetzt passt :thumbsup: Soll sich ja auch gelohnt haben, das Rumgeschiebe.

Und @kiroly,

gar keinen Stress bitte. Die überarbeitungswütige Schlaflosphase mit dem dauerroten Kopf und den schwitzigen Achseln habe ich glücklicherweise hinter mir, ich erahne zwar immer noch haufenweise Schwächen, bin zur Abwechslung aber mal halbwegs zufrieden mit mir selbst in meiner Rolle als "Textarbeiter", weil ich ... überhaupt überarbeitet habe. (Was vor allem an den wirklich, wirklich tollen Rückmeldungen lag, die ich bekommen habe.) Deshalb freue ich mich natürlich riesig, wenn du dich noch mal meldest, den Schlaflosstein vielleicht sogar wieder ins Rollen bringst, genieße aber auch die Entspannung, die daher kommt, dass ich die Schwächen nur erahne und niemand sie mir unter die Nase reibt :D

Bis bald,

Bas

 

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