Was ist neu

Heilig Abend

Mitglied
Beitritt
15.12.2001
Beiträge
52

Heilig Abend

Montag, 24. Dezember 2001. 9 Uhr. Zuhause.

Ich packe meinen Geldbeutel in den Rucksack, hänge mir den Schal um, ziehe Jacke und Handschuhe an. Schlüssel dabei? Genervt krame ich nach meinem Wohnungsschlüssel. Das Radio trällert Weihnachtsmusik. Dann Werbung. Spendenaufruf.

Wozu spenden, denke ich genervt, das Geld kommt sowieso nicht an.

Endlich finde ich den Schlüssel in der rechten Jackentasche. Ab damit in den Rucksack und los geht es. Ich ziehe die Tür hinter mir zu.

Montag, 24. Dezember 2001. 10 Uhr. Innenstadt.

Die Innenstadt riecht nach gebrannten Mandeln und Glühwein. Ich kaufe mir schnell ein paar Maronen, weil ich noch nicht gefrühstückt habe. Vor dem Kaufhaus sitzt ein Bettler. Sein Papierschild weist in Großbuchstaben darauf hin, dass bald Weihnachten ist und außerdem habe er Hunger.

Der ist doch nur zu faul zu arbeiten, denke ich und laufe den Blick nach vorne gerichtet weiter.

Das Kaufhaus ist gerammelt voll. Ich wünschte ich hätte den Weihnachtseinkauf nicht so lange vor mich hingeschoben.

Montag, 24. Dezember 2001. 12 Uhr. Innenstadt.

Eilig verlasse ich das Kaufhaus. Die Tüten sind ganz schön schwer. Auf der Strasse sammeln Kinder spenden für Afghanistan.

Denen werde ich bestimmt nichts geben, lache ich empört und setze meinen Weg fort.

Montag, 24. Dezember 2001. 13 Uhr. Zuhause.

Ich öffne die Tür zu meiner Wohnung. Geschafft! Jacke, Schal und Schuhe werden abgestreift und landen in der Ecke. Die Geschenke verhülle ich gekonnt in Geschenkpapier. Dann mache ich mich ans Weihnachtsessen. Gemüse putzen, den Braten in die Röhre schieben, Tisch decken. Mein Blick fällt auf die Zeitung von gestern. Ich überfliege einen Bericht über eine Familie mit sechs Kindern. Sie bedanken sich bei den Lesern für die Kleider- und Spielzeugspenden und für den Weihnachtsbaum.

Wie kann man nur so viele Kinder in die Welt setzten, schüttle ich ungläubig den Kopf, wenn man sich das eigentlich nicht leisten kann.

Ich breite die Zeitung auf der Arbeitsfläche aus und fange an die Kartoffeln zu schälen.

Montag, 24. Dezember 2001. 17 Uhr. Zuhause.

Der Tisch ist festlich gedeckt. Das Essen duftet verführerisch vor sich hin. Es fehlen nur noch die Gäste. Aber die sind erst für halb sechs geladen. Ich schalte den Fernseher ein. Schon wieder eine dieser Spendenwerbungen. Ein ausgehungertes afrikanisches Kind grinst mich aus dem Fernseher heraus an. Seine weißen Zähne blitzen. Helfen Sie helfen, dröhnt es in meinen Ohren.

Verärgert schalte ich den Fernseher ab und lege meine vor kurzem gekaufte CD mit Weihnachtsliedern ein.

Schon besser.

Montag, 24. Dezember 2001. 18 Uhr. Zuhause.

Langsam werde ich nervös. Mein Besuch lässt auf sich warten. Ob wohl was passiert ist? Plötzlich klingelt das Telefon: „Du, wir können heute leider doch nicht kommen. Wir helfen im Altenheim aus...“.

Enttäuscht räume ich Teller, Gläser und Besteck vom Tisch, dass es nur so scheppert. Das Essen tuppere ich ein.

Sollen die doch bleiben wo der Pfeffer wächst. Hätten die nicht vorher bescheid sagen können. Altenheim...pah! Die Gefühle schwirren wild durch meinen Kopf: Ärger, Wut Enttäuschung.

Montag, 24. Dezember 2001. 20 Uhr. Zuhause.

Alleine sitze ich in meinem Sessel und ziehe hungrig an meiner Zigarette. Langsam öffne ich Päckchen für Päckchen und grinse hysterisch vor mich hin.

Der Bettler, die Menschen in Afghanistan, die Familie mit den sechs Kindern, das afrikanische Kind....ich bin alleine.

Ich schenke mir ein Glas Wein ein. Frohe Weihnachten, proste ich mir zu, und noch ein glückliches neues Jahr.

[Beitrag editiert von: borgqueen am 23.12.2001 um 11:51]

 

Hallo borgqueen,

Spät kommt sie, zwei Jahre zu spät, die erste Reaktion auf Deine Weihnachtsgeschichte.

Du schreibst für mein Gefühl flüssig und Dein Text liest sich gut. Leider hast Du Dir ein Thema ausgesucht, das schon ein bisschen arg ausgelutscht ist: den Widerspruch zwischen Konsum und der Hilfe für wirklich Hilfsbedürftige. Bereits nach dem Lesen Deines zweiten Absatzes "Wozu spenden..." war mir klar, worauf Deine Geschichte hinaus läuft. Die Frage war für mich nur noch, wie die "Strafe" wohl sein würde, die den Protagonisten / die Protagonistin ereilen würde. Das ist der Grund, warum ich Deinen Text langweilig fand.

Ein paar Kleinigkeiten zu Rechtschreibung und Formulierungen sind mir noch aufgefallen. Du kannst das ja vielleicht bei Gelegenheit ändern, wenn Du magst:

In den ersten beiden Abschnitten verwendest Du das Wort "genervet" zweimal, vielleicht kannst Du eines davon durch ein anderes Wort ersetzen?

"Ich wünschte (Komma!)ich hätte den Weihnachtseinkauf nicht so lange vor mich hingeschoben. " Ich würde "vor mir hergeschoben" schreiben, rein gefühlsmäßig :).

"Auf der Strasse sammeln Kinder spenden für Afghanistan. " --> Spenden groß!

"Hätten die nicht vorher bescheid sagen können." --> Bescheid groß! und am Ende würde ich ein Fragezeichen setzen, denn es ist eine Frage.

Ich habe in Deinem Profil gesehen, dass Du schon lange nicht mehr hier warst. Das ist natürlich schade. Vielleicht schaust Du ja wieder mal hier vorbei, auch wenn meine erste Kritik an Dich nicht besonders begeistert war. :)

Liebe Grüße
Barbara

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom