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Serie Heinrich (5): Pfirsiche und Toreros

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10.02.2000
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Heinrich (5): Pfirsiche und Toreros

Der Pfirsichbaum war groß, die Früchte wie unförmige Bälle über mir. Zwischen den Blättern Ameisenkolonnen, summende Käfer und suchende Fliegen. In meiner Hand hielt ich einen der Pfirsiche, betrachtete ihn eingehend. Am rauen Stiel noch ein Blättchen. Dann biss ich hinein. Fest und saftig, sein Fleisch leicht grünlich, der Duft in meiner Nase war wie das Öffnen einer Schatztruhe. Konnte es etwas Schöneres geben? Ich stellte mir vor, den Baum leer zu essen, eine Badewanne voller Pfirsiche für mich zu haben, aus dem Duft einen Zaubertrank zu machen, wie ihn Merlin benutzte, um das Böse zu bekämpfen. Der Boden unter mir war so warm und weich, das Moos um den Baumstamm feucht und hellgrün. Auf der Wiese brummten die Hummeln vom roten zum weißen Klee, landeten auf Gänseblümchen, die sich unter dem Gewicht bogen; und als die Hummeln, davon ganz überrascht, aufflogen, streckten sich die kleinen Schönheiten erneut dem Licht entgegen. Ein zweiter Biss. Ich schlürfte den Saft aus der Kuhle, schmatzte und wunderte mich über die vielen winzigen Härchen auf der Pfirsichhaut. Warum spürte ich sie mit dem Finger und nicht mit der Zunge? Ein Schatten verstellte mir den Blick in den Baum. Mein Onkel. Er grinste.

Blitzschnell streckte er mir die zu einer Kugel geschlossenen Hände entgegen, stoppte unmittelbar vor meiner Nase und nahm die obere Hand weg. Ein dicke Spinne mit endlos langen Beinen, Haaren und Klauen am Kopf, saß in der anderen Hand. Grau, braun, starrend. Fast konnte ich sie mit der Nasespitze berühren. Ich schrie und krabbelte unter ihm hindurch, kam auf die Beine und rannte, was meine Füße hergaben. Ein anhaltendes Rufen stellte klar, dass er mir folgte.
»Die Spinne!«, rief er, »die Spinne kommt!«
»Oma!«, schrie ich und rannte um das ganz Haus, immer wieder. Treppe hoch, an der Hecke vorbei, andere Treppe runter. Meinen Onkel im Nacken. An einer Ecke sah ich zu ihm. Die Spinne hielt er fest und schüttelte den Arm. Dann fiel sie auf den Boden und er hatte nur noch zwei Beine zwischen den Fingern.
»So ein Pech«, sagte er enttäuscht. Ein wenig ungelenk wollte sie fliehen. Mein Onkel zerquetschte sie unter seiner Sandale. Voller Ekel erinnerte ich mich, dass er mit diesen Schuhen schon bei uns in der Wohnung war. Er lachte herzhaft.
»Da hast du aber noch mal Glück gehabt«, meinte er und ließ mich stehen. Ich zitterte heftig und ging ins Haus, die Treppe hinauf, öffnete die Tür. Oma saß am Wohnzimmertisch und stopfte Socken.
»Was war denn wieder los?«, wollte sie wissen, ohne den Blick vom Stopfei zu nehmen.
»Onkel hat mich geärgert! Er ärgert mich immer mit Spinnen! Das will ich nicht!«
Sie biss den Faden mit den Zähnen durch.
»Ach was, Spinnen machen nix. Stell dich nicht so an.«
Ich ging in die Küche und schlug Omas Zeitschrift auf, nahm ein Blatt, einen Bleistift und zeichnete die Buchstaben all der Wörter nach, die darin standen. Am Ende malte ich eine Spinne darunter mit großen Augen.

~~~​

Papa kam nach Hause, stürmte ins Zimmer. Mama und ich saßen am Tisch. Auf einem Teller hatte sie ein paar Käsebrote angerichtet, saure Gurken in Streifen geschnitten und ordentlich oben drauf gelegt. Ich mochte das sehr. Fast so sehr wie Pfirsiche.
»Hallo Schatz«, begrüßte er sie, gab ihr einen Kuss auf die Backe und beugte sich zu mir.
»Na, mein Kleiner? Was hast du heute gemacht?«
»Onkel Heinz hat mich wieder mit Spinnen gejagt«, berichtete ich ihm.
Er setzte sich.
»Nein! Ich muss mal mit ihm reden«, sagte er in tiefem Ton und legte die Hand auf den Tisch, formte eine Spinne und krabbelte dann auf mich zu. Ich fuhr zurück.
»Papa!«
Er lachte. Dann zog er einen blauen Hundertmarkschein aus der Hemdtasche.
»Hier, Schatz. Kannst du morgen einkaufen gehen. Ich muss noch mal weg.«
Er schwieg und spielte mit dem Geldschein. Die Stille dauerte zu lang und ich spürte wie sich alles um mich herum ein wenig verschob. Das Licht, die Luft, die wir atmeten. Ich blickte zu Mama. Ihr Gesicht war wie aus Stein. Die Finger vor sich betrachtend, wie sie den Käse in kleine Teile zupfte. Dann nickte sie.
»Robert feiert seinen Abschied vom Fußballverein und hat mich eingeladen. Wir treffen uns in der Mokkastube. Warte nicht auf mich. Wird bestimmt spät.«
Mama sagte nichts. Steckte sich nur ein bisschen Käse in den Mund, dann eine Gurke. Ich hörte sie kauen. Was drückte da nur auf meine Brust? So eine Enge, das Atmen fiel mir plötzlich schwer. Ich rutschte von der Eckbank unter den Tisch, kroch hervor und öffnete die Glastür nach draußen. Hinter mir war das Schweigen. Am Himmel über mir die kommende Nacht, wenige Sterne, weißes und rötliches Funkeln.
»Sei nicht böse, Schatz. Man hat ja nur einmal im Jahr Geburtstag. Morgen ist Samstag, da können wir was machen.«
Ich drehte mich um. Mama schwieg. Ein schmales Lächeln auf den Lippen. Sie saß da wie versteinert, so weit weg wie die Sterne über mir. Mein Herz klopfte laut. Was konnte ich nur tun? Papa gab ihr einen Kuss und verschwand. Durch die Tür fiel das Licht auf den Rasen unter meinen Füßen.
»Komm bitte rein, Heinrich«, hörte ich sie sagen. »Es wird Zeit fürs Bett.«
»Ja, Mama.«

~~~​

Es gab einen kleinen Raum neben dem vorderen Zimmer, in dem mein Bett stand, das Papa selbst gezimmert hatte. Der andere Raum war Küche, Ess- und Schlafzimmer in einem. Nur ein wenig größer als mein Zimmerchen. Als Mama die Tür zumachte, lauschte ich auf das, was sie tat. Geschirr, der Wasserhahn, dann das Radio. Ein Mann erzählte etwas über einen Krieg. Vietnam. Das Wort hörte ich oft. Ich knipste die kleine Lampe über mir an und zog eines der Bücher unter dem Bett hervor, die ich von Opa und Oma zu Weihnachten bekommen hatte. Ein dickes Buch über Sterne. Auf einem kleinen Blatt zeichnete ich die großen Buchstaben nach. SONNE, MERKUR, VENUS, ERDE, MARS, JUPITER, SATURN, URANUS, NEPTUN, PLUTO. Ich kannte alle Planeten und konnte ihre Namen lesen. Sorgfältig übte ich das Schreiben. Große und kleine Buchstaben. Dann blätterte ich weiter. Das Foto mit vielen Sonnen faszinierte mich, aber das Wort war schwierig. PLEJADEN … Plei-aden … flüsterte ich. Weiter hinten gab es ein Bild, das beide Seiten bedeckte. Eine große, strahlend helle Insel inmitten einer schwarzen Fläche. So schön, wie nichts, was ich bisher gesehen hatte und es sicher nie sehen würde. Das glaubte ich fest. In meinem Bauch wuchs ein Gefühl, das immer kam, wenn ich weit weg von zuhause war. Mama nannte es Heimweh. Ich lauschte in mich hinein. Es brannte wie ein kleines Feuer. Dann drängte sich ein Schluchzen in meine Ohren. Jemand weinte. Ich klappte das Buch zu, löschte das Licht und lauschte. Es war Mama.

Vorsichtig öffnete ich die Tür. Ein schmaler, kurzer Durchgang schützte mich vor dem Gesehen werden. Langsam, Schritt um Schritt näherte ich mich der Ecke. Mama stützte sich auf die Spüle, den Kopf auf der Brust. Sie schluchzte leise, zitterte ein wenig, rieb sich dann die Augen und schnäuzte in ein Taschentuch. Das Weinen wollte nicht aufhören. Meine Füße wurden kalt. Was sollte ich jetzt tun? Dann sagte sie etwas. Zu leise. Ich hielt den Atem an und den Kopf an die Kante der Wand.
»Immer nur das bisschen Geld«, raunte sie. »Bringt das bisschen Geld. Versäuft den Rest.« Mit wem redete Mama? »Und das soll immer reichen. Wie soll das reichen für uns alle?« Sie schüttelte langsam den Kopf. Dann sank sie auf die Knie, stützte sich mit den Händen auf den Beinen ab. Ich sah, wie meine Füße sich bewegten. Wohin? Was tat ich? Ich soll schlafen, hatte sie gesagt. Morgen wäre ein neuer Tag und bestimmt ein guter. Sie hörte mich nicht kommen. Eine tiefe Furcht umklammerte meinen Hals, als ich die Hand ausstreckte. Ein paar Schritte noch. Sachte legte ich die Finger auf ihre Schulter. Nichts passierte. Vielleicht war ich gar nicht hier und ich träumte alles. Ein schlimmer Traum.
»Mama?«, sagte ich vorsichtig und wusste, ich war hier und wach, meinen Kopf auf der Höhe ihrer Augen, ihrer Tränen, die einfach so liefen wie Wasser ins Waschbecken.
»Mama? Was ist denn?«
Sie drehte den Kopf und erschrak. Mit einem schnellen Griff packte sie mich, stand auf, setzte sich auf die Eckbank und mich auf ihren Schoß. Ich versuchte den Kopf zu drehen, in diese Augen zu sehen, nach links, dann rechts, aber sie hielt meinen Kopf einfach fest und drückte ihren Mund an mein Ohr.
»Pst, Heinrich, pst«, spürte ich Worte und Atem an meinem Ohr. Immer wieder Pst und Scht. So saßen wir, bis meine Füße zu kalt wurden.
»Mama, mir ist kalt.«
Sie trug mich schweigend ins Zimmer. Wir legten uns ins Bett. Nase an Nase. Die kleine Decke reichte nicht für uns beide. Unsere Blicke wuchsen zusammen wie Wassertropfen, die sich finden und weiter durch die Welt wandern, auf der Suche nach ihresgleichen.

~~~​

Was ich fühlte, war ein immer wiederkehrender, warmer Wind. Im Traum. Ein Sommerwind, wie er oft durch den Garten meines Onkels streifte, die Blätter bewegte, den Duft von Äpfeln, Birnen, Pfirsichen und Beeren in meine Nase wehte. Aber dieser Wind roch anders. Vertrauter. Es fiel mir schwer, den Traum zu verlassen, doch als ich die Augen öffnete, sah ich Mama vor mir liegen. So wie sie sich gestern Abend neben mich gelegt hatte. Die Lider geschlossen, eine Hand auf meiner Hüfte, die andere unter ihrem Kinn. Ich hätte gerne die Sommersprossen in ihrem Gesicht gezählt, aber sie hatte mich bis jetzt nur die Zahlen bis zwanzig gelehrt. Jede Hand zwei Mal. Und ich spürte plötzlich einen Drang auf die Toilette zu gehen. Wie sollte ich aufstehen, ohne sie zu wecken? Langsam kroch ich unter der Decke hervor, zum Fußende des Bettes, von dort auf das breite Fensterbrett, ließ mich auf den Boden gleiten und verließ das Zimmer. Jetzt musste es aber schnell gehen. Die Tür hinter mir zugemacht, flitzte ich zum Badezimmer. Neben dem Esstisch stand das große Bett. Im Vorbeirennen entdeckte ich Papa, der angezogen, Arme und Beine von sich gestreckt, quer darauf lag und schnarchte. Er hörte mich nicht.

Die Klospülung drücken, war ein schwieriges Unterfangen, denn es kam vor, dass der Hebel sich nicht mehr löste und das Wasser wie ein Wildbach durch das Rohr rauschte. Also klemmte ich eine leere Klopapierrolle drunter, wie Papa es mir gezeigt hatte, und spülte dann. Vor dem Waschbecken stand ein Holzschemel. Ich stellte mich drauf und blickte in den Spiegel. Ein Grinsen. Die Zunge raus. Wie weit konnte ich meine Zunge rausstrecken? Mit der Zahnpasta schmierte ich einen Schnauzbart über die Lippe. Weiß mit roten Streifen. Dann steckte ich die Zahnbürste in den Mund und rauchte Peter Stuyvesant. Wie Papa. Ich hörte nicht, wie Mama ins Bad kam; bis sie lachte. Ich wurde rot und steckte schnell die Bürste in den Becher.
»Guten Morgen, der Herr«, begrüßte sie mich und drückte einen Kuss auf meine Stirn.
»Guten Morgen, Mama.«
Sie setzte sich auf den Badewannenrand und gähnte ausgiebig.
»Papa hat sich mit Kleidern ins Bett gelegt, und die stinken nach Rauch«, stellte ich fest.
»Ja«, nickte sie. »Das ist einem wohl egal, wenn man betrunken ist.«
»Warum?«
»Ich weiß nicht, Heinrich. Ich war noch nie betrunken. Deshalb kann ich dir das nicht beantworten. Aber ich glaube …«, sie kraulte meinen Hinterkopf, »es hat was mit Kontrolle zu tun. Man verliert die Kontrolle über alles, was man tut.«
Ich drückte meinen Kopf gegen ihre kraulenden Finger. Sie stand auf und stellte sich hinter mich. „Man verliert die Kontrolle“, dachte ich.
»Und was ist Kontrolle?«
»Hm«, machte Mama und stellte sich neben mich. »Nimm mal deine Finger und greif ganz langsam und vorsichtig die Zahnbürste.«
Ich griff nach der Zahnbürste.
»Halt«, stoppte sie mich. »Viel zu schnell. Pass auf.«
Mamas Hand hob sich so langsam, dass ich kaum eine Bewegung sah, dann streckten sich die Finger und der Arm zur Zahnbürste. Es war ein Geduldsspiel.
»Das ist wie Mikado!«
»Genau, du Schlaumeister!«, rief sie. Aber statt zur Zahnbürste, packte sie schnell den Waschlumpen, machte ihn nass und drückte ihn mir ins Gesicht.
»He …«
»Der Schnurrbart muss weg, bevor er antrocknet«, sagte Mama. Dann tippte ihr Finger auf meinen Kopf. »Da oben in deinem Kopf ist dein Gehirn. Das ist der Chef. Nur wenn dein Gehirn sagt, dass sich deine Hand bewegen soll, tut sie das. Wenn da Bier und Schnaps ins Gehirn kommen, weiß es nicht mehr, was es tut. Klar?«
Mein Gesicht glänzte feucht.
»Klar, Mama. Aber …«
»Aber was?«
»Warum tut man dann überhaupt Bier und Schnaps da rein? Weiß das Gehirn nicht, dass es dann kein Chef mehr ist?«
Sie lachte, stieg aus ihrer Unterhose und setzte sich auf die Kloschüssel. Ich lauschte dem Plätschern. Dann winkte sie mich hinaus und lachte immer noch.

~~~​

Es gab Frühstück. Spiegelei auf Toastbrot. Ich holte aus Omas Garten zwei Gurken. Mama gab mir ein Messer und ich schnitt so gut ich konnte Scheiben von den Gurken. Dicke und dünne. Als das Wasser kochte für den Kaffee und Mama es in kleinen Schlucken in den Trichter goss, wurde Papa wach. Er stöhnte, blinzelte gegen das helle Fenster, rieb sich den Kopf.
»Was ist?«, krächzte er.
»Frühstück«, sagte Mama. »Kaffee.«
»Ohhhh …«
Ich zerlegte das Spiegelei-Toastbrot mit Messer und Gabel in Einzelteile und steckte mir eines davon in den Mund. Offenbar fiel Papa es schwer aufzustehen und an den Tisch zu kommen. Er schwankte, hielt sich an der Bettkante fest, dann an der Stuhllehne und quälte sich auf die Eckbank. Mama blies einen Schwall Luft von sich.
»Du stinkst, Rudolf. Willst du nicht erst baden?«
Er schielte sie an. Ich erschrak. Seine Augen waren schmale Schlitze und das Weiß darin so rot wie Blut.
»Papa, deine Augen sind ganz rot. Bist du krank?«
»Ach was«, winkte er ab. »Ist nur der Zigarettenqualm.«
»Geh bitte erst baden. So will ich dich nicht am Tisch«, erklärte Mama mit fester Stimme und blickte ihn mit hochgezogener Augenbraue an. Wenn sie das tat, dann „war nicht gut Kirschen essen mit ihr“, wie Opa mal meinte. Ich beobachtete beide abwechselnd und kaute mein Spiegelei. Dann stand Papa auf und ging ins Bad. Vor der Terrassentür wurde es dunkel und klopfte. Es war Opa, die Hände hinter dem Rücken. Mama öffnete.
»Guten Morgen«, begrüßte er uns.
»Magst du einen Kaffee, Hannes?«
»Gerne. Ich habe euch was mitgebracht.«
Vorsichtig zog er den rechten Arm nach vorne. Eine Schüssel kam zum Vorschein und darin ein ganzer Berg Brombeeren. Große, schwarze Beeren.
»Heinrich bekommt große Augen«, sagte Mama und Opa setzte sich. Er stellte die Schüssel mitten auf den Tisch und ich überlegte, einfach hineinzugreifen in diese schwarzen Köstlichkeiten. Mama kam mir zuvor, indem sie eine Handvoll auf mein Brettchen legte.
»Hier, probier mal. Wenn sie gut sind, backe ich einen Kuchen«, forderte sie mich auf.
Schnell steckte ich zwei in den Mund, biss hinein und kniff ein Auge zu. Schlagartig hatte ich das Gefühl, jemand ließ meine Zunge schrumpeln. Mama lachte schon wieder.
»Na? Wie schmecken sie?«
Ich schluckte.
»Gut, aber das war ganz …«, ich suchte nach dem Wort.
»Herb«, ergänzte sie. »Das nennt man herb. Ein bisschen bitter. Alles zieht sich zusammen, nicht wahr?« Sie hob die Hand und krümmte die Finger.
»Genauso«, gab ich ihr recht. Opa lachte und knuffte meine Schulter. »Wie ist es? Gehen wir nachher spazieren?«
»Wohin gehen wir denn?«, wollte ich wissen.
Er überlegte.
»Hm, wie wäre es, wenn wir ins Grösseltal gehen und Kresse sammeln?«
»Au ja«, rief ich.
Ein Krachen, ein Schrei. Etwas Großes zerbrach mit Getöse. Dann zischte es deutlich aus dem Flur. Mama sprang auf und rannte Richtung Badezimmer.
»Rudolf?!«

~~~​

Wir standen im Türrahmen und starrten gebannt auf das, was sich im Badezimmer abspielte. Opa, Mama, ich vor ihnen. Niemand bewegte sich. Papa lag in der Wanne. Aus der Wand schoss ein enormer Wasserstrahl an die gegenüberliegenden Kacheln, das Waschbecken lag in Trümmern auf dem Boden.
»Rudolf?«
Mehr schaffte Mama nicht zu sagen.
»Tut was!«, schrie Papa. Nach einem Atemzug reagierte Opa. Er rannte nach nebenan in den Keller und stellte das Wasser ab. Der Strahl aus der Wand versiegte. Inzwischen drang das Wasser in einem Bach aus dem Badezimmer in den Flur. Mama fluchte. Und das tat sie nicht sehr oft. Ich entschied mich, ruhig zu sein. Auf der Treppe hörte ich Schritte. Omas harte Schuhe.
»Was ist denn los? Das Wasser ist weg. Ich will kochen. Hannes?«
Sie stellte sich hinter Mama, dann bemerkte sie den nassen Boden im Flur. »Ach du lieber Gott! Was ist denn passiert?«
»Ja«, sagte Mama. »Was ist denn passiert, Rudolf?«
»Ich wollte nur meine Füße im Waschbecken waschen. Bin ausgerutscht«, erklärte er.
Oma, Opa und Mama starrten sich an. Ein seltsames Schweigen. Dann brach Opa in schallendes Gelächter aus und zog mich weg.
»Komm, Heinrich. Wir gehen spazieren.«
Mama nickte mit zusammengepresstem Mund.

~~~​

Wir wanderten den Wasserleitungsweg entlang. Hier kannte ich jede Bank, jeden Ameisenhaufen am Wegesrand. Aus dem Meer umgefallener Tannen ragten einzelne Stämme mehr oder weniger gerade in die Höhe.
»Schau nur«, zeigte Opa auf die noch stehenden Bäume. »Ein Wunder, dass die stehen geblieben sind.«
Ich folgte Opas Finger, sagte nichts, denn ich wusste nicht, ob es ein Wunder war oder wie ich das Wort ‚Wunder‘ mit den kläglichen Überresten des Waldes zusammenbringen sollte. Was war ein Wunder?
»Erinnerst du dich an den Tornado?«, wollte er wissen. Ich war in dieser Nacht nicht wach geworden, obwohl Oma, Opa, Tante und Onkel über Nacht in den Keller kamen. Nur an den Morgen und die Tage danach hatte ich Erinnerungen. Es war ja alles kaputt. Der ganze Wald einfach weg. Die Welt zeigte sich in sonderbaren Bildern. Nachbars Auto auf der Garage, das Haus ohne Dach, die Straße voller Gerümpel und noch mehr kaputte Autos, Äste, Bäume, ganze Häuserwände fehlten hier und da. Der höchste Baum der Straße, ein Mammutbaum, wie Mama sagte, hatte das Haus des Doktors einfach in der Mitte durchgeschnitten.
»Was ist denn ein Tornado?«
»Ein Wirbelsturm.« Opa räusperte sich. »Ich dummer Kerl! Jetzt hab ich ein Wort gesagt, dass du gar nicht kennst, oder?«
Ich schaute zu ihm auf und schüttelte den Kopf.
»Na ja«, fuhr er fort. »also hier unten bei uns ist es warm. Da oben«, er blickte empor zum blauen Himmel, »ist es kalt. Wenn es warm ist, dann verdunstet das Wasser hier unten und geht da hoch. Große Wolken entstehen. Ein Gewitter.«
»Mit Blitz und Donner!«, platzte ich heraus.
»Genau. Ein kalter Wind oben in eine Richtung, ein warmer Wind hier unten in die andere. Und das ganze Gewitter fängt an, sich zu drehen. Verstehst du?«
Er stoppte, breitete die Arme aus, drehte sich im Kreis und fauchte. Mir fiel die Badewanne ein. Papa zog den Stopfen, das Wasser drehte sich im Kreis und gluckerte durchs Loch.
»Wie in der Badewanne, Opa!«
»So ist es!«, bestätigte er. »Und es dreht sich so schnell, dass es alles ausreißen kann.«
»Aber nicht unser Haus!«, triumphierte ich. Es war eines der wenigen Häuser, das nur ein paar Dachziegel verlor.
»Wir haben Glück gehabt, Heinrich. So richtiges Glück.«
»Hm.«
Opa nahm meine Hand und wir marschierten weiter. Ich schaute hinunter ins Tal, über die vielen abgerissenen Tannen hinweg. Was für ein Glück wir doch hatten.

Endlich waren wir im Grösseltal angekommen. Wie kühl war es dort am Talgrund, im Schatten der großen Bäume, die den Bach säumten. Opa stand im Bach und zupfte Bachkresse vom Rand. Ab und zu rief er mich und deutete auf kleine Fische.
»Forellenbabys«, sagte er. Ein paar Mal holte er Flusskrebse unter einem Stein hervor, ließ mich sie eingehend betrachten, die kleinen Scheren, auf der Suche nach jemandem, den es zu kneifen galt. Dann setzte er sie wieder hinein. »Man kann sie essen«, erklärte er, »aber es gibt nicht mehr viele, also lassen wir sie lieber hier. Und dort, wo sie leben, ist das Wasser ganz besonders sauber.«
Ich war unbedingt einverstanden, denn sie sahen nicht nach etwas aus, das ich essen wollte. Als Omas Strohtasche voll war, legten wir uns ins Gras und zählten die Wolken. Ich war froh, dass Opa heute glücklich war und nicht plötzlich still wurde, an etwas aus dem Krieg dachte und weinte. Das wollte ich ihm unbedingt sagen.
»Opa?«
»Ja, Heinrich?«
»Bist du heute nicht traurig?«
Lange sagte er nichts. Die Sonne wanderte ein gutes Stück weiter. Schatten krochen an unseren Beinen entlang. Vielleicht hatte ich etwas Falsches gefragt? Dann legte er seine Hand auf meinen Unterarm.
»Nein, heute nicht. Heute ist es weit weg. Hier ist es so friedlich.« Er stützte sich auf seine Ellenbogen. »Manchmal kann Krieg auch friedlich sein. Einfach so. Mittendrin. Man glaubt es kaum, aber das gibt es.«
»So wie jetzt gerade?«, wunderte ich mich.
Er nickte und stand auf.
»So wie jetzt gerade.«
Er reichte mir seine Hand und ich ergriff sie.
»Komm. Jetzt essen wir noch ein Eis in der Gaststätte, dann gehen wir nach Hause.«
Opa zog mich auf die Füße. Ein Eis! Ich wusste schon, welches es werden sollte.

~~~​

Als wir nach Hause kamen, steckte mich Mama in die Badewanne. An der Stelle des Waschbeckens schaute ein Rohr aus der Wand, zwei Leitungen, Reste von Schrauben. Alles war wieder trocken. Papa fuhr mit meinem Onkel zu dessen Freund, der ein Waschbecken übrig hatte. Nach dem Baden half ich Mama, die viele Kresse zu waschen. Sie roch herrlich. Immer wieder steckte ich einige Blätter in den Mund.
»Ist das nicht zu scharf, Heinrich?«, staunte Mama.
»So wie Omas Meerrettich.«
»Das wär mir zu scharf«, lachte sie und gab mir ein Päckchen Butter. »Du darfst sie ein paar Minuten in den Händen halten, damit sie weich wird. Dann machen wir Kressebutter.«
Ich nahm es zwischen meine Beine und sortierte weiterhin Gräser und andere Pflanzen aus der Kresse.
»War Opa heute traurig?«, fragte Mama nach einer Weile.
»Nein. Er hat gesagt, manchmal ist es im Krieg ganz friedlich.«
»Erzählt er dir denn viel vom Krieg?«
Ich steckte viel Kresse in den Mund. Er ist mein Lieblings-Opa. Immer bekomme ich Bücher und manchmal Eis und Süßigkeiten. Jetzt musste ich doch husten. Zu viel Schärfe auf einmal. Mama lachte. »Also doch zu scharf?«
»Nur ein bisschen«, japste ich. In meinen Ohren hörte ich ein Rauschen, wie beim Wasserstrahl aus der Wand. »Ui«, entfuhr es mir und ich rannte zum Wasserhahn, trank hastig einige Schluck. Die Butter war auf den Boden gefallen. Ich hob sie auf.
»Gib mir die Butter, Heinrich. Ich schneide jetzt einiges von der Kresse ganz klein und du darfst sie dann mit der Gabel in die Butter drücken.«
Ich nickte und dachte nicht mehr an Opa.
»Und? Erzählt er denn noch viel vom Krieg?«, fragte Mama erneut als sie die Butter in eine Schüssel legte.
»Nur manchmal. Von seinen Kameraden.«
»Aha«, sagte sie und hakte nach. »Weißt du, was Kameraden sind?«
»Seine Freunde.«
Sie wiegte den Kopf hin und her.
»Hm, so was in der Art. Ich glaube, manchmal sind es mehr als Freunde. Am besten aber ist es, gar keinen Krieg zu machen.«
Keinen Krieg. Das sagte auch Opa immer wieder. Aber es gibt den Krieg, überlegte ich. Was war da nicht richtig? Mama begann, die Kresse klein zu schneiden. So klein, dass ich nicht mehr erkennen konnte, was es mal war. Fasziniert betrachtete ich, was sie da tat. Die Wohnungstür ging auf, Papa kam, die Stimme meines Onkels redete unverständliche Worte, etwas schlug an die Wand, die Holztür zum Badezimmer.
»Vorsichtig, Rudolf!«, hörte ich Onkel Heinz ängstlich schreien. Sie schlossen die Tür hinter sich und begannen mit der Arbeit. So hörte es sich jedenfalls an.
»Da bin ich mal gespannt, ob die beiden das hinbekommen«, meinte Mama und schob den Berg Kresse in die Schüssel mit der Butter.
»Jetzt kannst du anfangen, Heinrich. Schön gleichmäßig hineindrücken.«
»Ist gut, Mama.«

~~~​

Papa rauchte draußen auf der Wiese, Mama deckte den Tisch und ich hielt beide Zeigefinger an die Stirn, stieß heftig die Luft aus und rammte meinen Stierschädel in Papas Hintern. Wieder und wieder, mit Anlauf. Dann drückte er die Zigarette im Aschenbecher aus und ging hinein, schnappte sich ein Geschirrspültuch und stellte sich mitten ins Zimmer.
»Olé«, rief er. Mit halb gesenktem Kopf versuchte ich das Tuch zu treffen, aber Papa zog es kurz davor weg. Er lachte und lief wieder hinaus.
»Olé, kleiner Heinrich-Stier!«
Wieder raus aus der Küche. Aber das blau-weiß-gestreifte Tuch verschwand nach oben.
»Du bist zu groß!«, beschwerte ich mich.
»Natürlich bin ich groß. Bin ja schließlich der berühmte Torero Al-Andaluz.«
Ich lief eine Kurve und rammte dieses Mal ihn.
»He!« Papa schwankte kurz. »Ganz schön fies«, meinte er.
»Essen kommen!«
»Uh! Die Chefin ruft.« Er rannte hinein, kniete sich hin und hielt das Tuch neben seinen Kopf. Mein Zeichen. Den Weg kennend, stürmte ich los, über die Türschwelle. Für einen Moment drehte ich die Augen nach oben, um zu sehen, ob ich richtig lag, war kurz vor dem Tuch. Aber Papa zog es blitzschnell hoch. Da sah ich die Kommode. Mit der Nase krachte ich in vollem Lauf gegen die Kante. Es wurde Nacht.

Alles war seltsam leicht. Bis ich merkte, dass ich in der Luft hing, von jemandem gehoben. Den Kopf über der Badewanne. Unter mir ein Meer aus roter Farbe. Wo kam das her? Dann drangen Worte durch eine dicke Wattewand in meine Ohren. Sie wurden immer lauter. Es waren Schreie. Mama schrie. Und das rote Zeug lief aus mir heraus. Warum? Das Wort ‚Blut‘ dämmerte mir. Mein Blut! Ich fühlte plötzlich den Schmerz und fing ebenfalls an zu schreien, nein, zu weinen! Oder war es beides auf einmal? Ein Wasserfall roten Saftes floss aus meiner Nase. Jetzt konnte ich es spüren. Der komische Blutgeruch. Mir wurde schwindelig.
»Spül das runter!«, schrie Mama. Jemand stellte das Wasser an und mein Blut wurde ganz durchsichtig. Was aus mir herauslief, folgte dem Wasser ins dunkle Loch.
»Tu was!«, verlangte Mutters Stimme.
Mir wurde schlecht und ich übergab mich.
»Oh nein«, hörte ich Mama sagen. »Nimm du ihn!«
Ich wurde herumgereicht wie ein nasses Handtuch. Mein Kopf kippte kurz nach hinten und ein Schwall Blut floss meine Kehle hinab. Umgehend erbrach ich es wieder.
»Rudolf, Rudolf …«
Ein eiskalter Waschlappen legte sich auf meine Nase. Ich schrie vor Schmerz. Ein zweiter in den Nacken, ein dritter auf die Stirn. Mir fiel das Bild einer Gießkanne ein. Wie viele Blumen konnte ich mit einer Gießkanne voll Wasser gießen? Ich war eine Gießkanne. Voller Blut. Was passiert, wenn kein Blut mehr drin ist? Mama wechselte die Waschlumpen. Wieder und wieder. Mein Onkel kam mit Eiswürfel. Jemand legte mir die Eiswürfel in den Nacken. Alle Erwachsenen sagten etwas, immer wieder. Mama, Papa, Onkel Heinz. Mir war es egal. Es sollte aufhören. Ich war so müde und wollte nur noch schlafen. Das Gefühl für Zeit hatte ich verloren. Morgen früh werde ich Pfirsiche essen, dachte ich. Und nach den Stachelbeeren schauen und vielleicht schon eine von den rotgrünen Birnen nehmen können. Das war es, was ich wollte. Und keiner durfte mich dann stören. Keine Spinnen, keine Toreros. Irgendwann sah ich dem letzten Tropfen nach, wie er im Wasserplätschern zerplatzte und feine rote Linien zog. Dann schlief ich ein.

 

Hey @Morphin,

deine Geschichte beeindruckt mich sehr. Einfach wunderschön geschrieben und die Dialoge und Interaktionen machen unfassbar viel Spaß zu lesen. Der Konflikt zwischen Mutter und Vater wird großartig dargestellt. Besonders diese Szene hat mir gut gefallen:

Oma, Opa und Mama starrten sich an. Ein seltsames Schweigen. Dann brach Opa in schallendes Gelächter aus und zog mich weg.
»Komm, Heinrich. Wir gehen spazieren.«
Mama nickte mit zusammengepresstem Mund.

Insgesamt fehlt mir da aber, zumindest am Anfang, ein bisschen der rote Faden. Der erste Absatz ist wunderschön geschrieben, aber sein Zweck in der Geschichte erschließt sich mir nicht ganz und auch die Verfolgungsjagd mit der Spinne macht Spaß zu lesen, scheint mir aber nicht wirklich relevant. Du findest den roten Faden dann später zwar, aber für mich dauert das etwas zu lange.

Noch ein paar kleinere Stolpersteine:

In meiner Hand hielt ich einen der Pfirsiche, betrachtete ihn ganz genau, die Rille.
Bin ich drüber gestolpert, warum auch immer. Vielleicht eher eingehend? Und die Rille dann weglassen?

Auf einem Teller hatte sie ein paar Käsebrote angerichtet. Saure Gurken in Streifen geschnitten und ordentlich oben drauf gelegt.
Finde die Zweisatzkonstruktion hier etwas unglücklich, vielleicht eine Aufzählung draus machen?

Mama sagte nichts. Steckte sich nur ein bisschen Käse in den Mund, dann eine Gurke. Ich hörte sie kauen. Das Atmen fiel mir immer schwerer. Was drückte da nur auf meine Brust? So eine Enge.
Das Fette würde ich weglassen. Holpert für mich etwas und ohne wäre das mE schöner.

Dann drängte ein Schluchzen in meine kleine Welt. Jemand weinte.
Finde ich unpassend, ohne genau beschreiben zu können, warum. Passt einfach sprachlich nicht in den Text, finde ich.

Unsere Blicke wuchsen zusammen wie Wassertropfen, die sich finden und weiter durch die Welt wandern, auf der Suche nach ihresgleichen.
Zu viel des Guten an der Stelle, für mich jedenfalls.

Und ich spürte plötzlich einen Drang auf die Toilette.
Sagt man das so? Ich kenne nur den Drang, auf die Toilette zu gehen.

Vor dem Waschbecken stand ein Holzschemelchen.
Die Verniedlichung ist hier etwas too-much, glaube ich. Schemel würde reichen.

„Man verliert die Kontrolle“, dachte ich. Was ist Kontrolle?
»Und was ist Kontrolle?«
Es war ein Geduldsspiel. Mir fiel Mikado ein.
»Das ist wie Mikado!«
Manchmal mag ich ja derartige Dopplungen, aber hier könntest du sie, glaube ich, weglassen.

Er schielte sie an. Ich erschrak. Seine Augen waren schmale Schlitze und das Weiß rot wie Blut.
»Papa, deine Augen sind ganz rot. Bist du krank?«
Das Fette musste ich viermal lesen, bis ich's verstanden habe. Liegt vielleicht an mir. Und als ich es verstanden hatte, fand ich's sehr schön.

Ich folgte Opas Finger, sagte nichts, denn ich wusste nicht, ob es ein Wunder war oder wie ich das Wort ‚Wunder‘ mit den kläglichen Überresten des Waldes zusammenbringen sollte. Was war ein Wunder?
Das wirkte auf mich etwas übertrieben oder unpassend an der Stelle. Weiß nicht genau, wie ich das formulieren soll, aber es hat mich auf jedenfall rausgerissen aus dem Text.

Nur an den Morgen und die Tage danach besaß ich Erinnerungen. Es war ja alles kaputt. Der ganze Wald einfach weg. Die Welt zeigte sich in sonderbaren Bildern.
besaß wirkt auf mich hier unpassend, hatte hätte gereicht und den letzten Satz hättest du mE rauslassen können.

»Mit Blitz und Donner«, musste ich sagen, denn ich hatte große Angst vor Gewittern.
Das habe ich schlicht nicht verstanden.

Jetzt habe ich viel gemeckert, aber das waren alles Kleinigkeiten. Ich habe den Text furchtbar gerne gelesen. Dein Stil gefällt mir sehr gut und vor allem Beziehungen zwischen Charakteren kannst du (vor allem in Dialogen) toll darstellen.

Ich hoffe, du kannst mir alldem etwas anfangen.

Viele Grüße,
Manfred

 

Guten Tag @Manfred Deppi,

besten Dank fürs Lesen und Kommentieren. Der Anfang bedient zwei wichtige Dinge. Die lange Beschreibung des Gartens ist das, was der kleine Heinrich täglich tut. Seine Umgebung genau beobachten, um möglichst alle Details aufzunehmen. Das lässt mich auf seine Persönlichkeit schließen. Und mit der Spinne auf seine tiefen Ängste - die hier leider vom Onkel "benutzt" werden, um sich köstlich zu amüsieren. Es gibt durchaus mehrere rote Fäden, etwa die, die sich um die Persönlichkeit(en) bemühen und dann jene(n) der Handlung(en).

Die anderen Sachen hab ich geändert, gestrichen oder neu gefasst. Manches war nicht so wichtig, anderes wurde durch Umstellen etwas flüssiger.

Sodele, jetzt muss ich mal Eier färben ... :heul:

Schöne Frühlingstage wünscht

Morphin

 

Hallo @Morphin,

der Text weckt eine Mischung aus Heimweh und Sehnsucht zurück an meine Kindheit in mir. All diese Dinge, das frische Obst aus dem Garten, den Brotteller mit den Gurken, kenne ich aus eigener Erfahrung. Ich spüre den Sonnenschein beim Lesen, obwohl er nirgendwo erwähnt wird. Es macht Spaß, dem Jungen zu folgen, der seine geringe Körpergröße ausnutzt, indem er unter dem Opa oder unter dem Tisch abtaucht und der einfach mal Spaß mit Zahnpasta hat oder ein Stier sein will, wenn ihm danach ist.

Literarisch gesehen kann ich auch keinen roten Faden erkennen. Es tauchen mehrere Konflikte auf, von denen keiner aufgelöst wird: Der Opa und der Vater, die sich auf Kosten eines Kindes amüsieren. Der Vater, der das Geld der Familie versäuft. Er vergisst den Geburtstag seiner Frau. Er zerstört das Waschbecken - wenigstens darum wird sich gekümmert. Schließlich wird der Junge im Spiel verletzt, keine Ahnung, wie es weitergeht. Bestimmt wird er wieder gesund, aber hat es noch andere Konsequenzen? Wenn ich es so aufliste, scheint es sich in allen Konflikten um den Vater zu drehen.

Aber naja, beim Lesen bin ich in der Stimmung versunken und nichts anderes hat eine Rolle gespielt. Im echten Leben werden Probleme eben nicht so einfach gelöst.

Schöne Geschichte.

Viele Grüße
Jellyfish

 

Guten Abend @Jellyfish,

vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren. Hm, das mit dem Geschirrspültuch vor der Kommode muss ich wohl noch etwas besser ausarbeiten. Der Torero hielt das Tuch ja absichtlich direkt vor die Kommode. Es konnte also nur so enden.

Du bist beim Lesen in der Stimmung versunken. So wie ich während des Schreibens. Finde ich gut. Das zweite männliche Ärgernis ist der Onkel. Der Opa ist so weit ganz okay. Da kann man nicht meckern.

Und ja, im echten Leben werden die Probleme nicht so einfach gelöst. Und viele gar nicht. Man erinnert sich Jahre später und versucht es nicht so zu machen. Das ist dann so ne Art Lösung. Vielleicht sehe ich diese Geschichten auch ab und zu als Spiegel für Leser, um sich eigener Verhaltensweisen bewusst zu werden.

Bis bald.
Morphin

 

Hallo @Morphin,

ups, kleines Missverständnis. Ja, der Vater hält das Tuch vor die Kommode und dann verletzt der Junge sich daran. Das ist richtig bei mir angekommen, hatte ich nur in der Zusammenfassung nicht so gesagt.

Viele Grüße
Jellyfish

 

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