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Copywrite Himmel und Erde

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01.01.2015
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Himmel und Erde

Meine Daumen tippen rastlos eine Nachricht in den Wind. Wieder taste ich meine Hosentaschen und die pinke Sportjacke ab, schaue meiner Mutter böse ins Gesicht. Mit einem Schnauben atme ich die Märzluft aus, schlage die Arme um meine Schultern und wünsche, es wäre nur ein Spiel.
„Warum können wir nicht alle mit dem Auto auf die verdammte Insel fahren und warum kriege ich nicht wenigstens hier noch mein Handy?“
„Weil wir es so ausgemacht haben.“
Seit über einer Stunde wandern wir auf der Betonspur durch kurzes Gras und die Hinterlassenschaften der Schafe, die uns missmutig beobachten. Entlang des schmalen Fahrdamms, inmitten von Nichts. Es ist so platt, nichts Interessantes, bloß Wiesen, Matsch, aufgeschüttete Steine und das ewige Gekreische der Möwen. Der Wind kommt gefühlt immer von vorne, egal wie ich mich drehe.
„Wie lange noch?“
„Da hinten, siehst du die drei Häuser? Das ist die Hamburger Hallig.“ Meine Mutter reicht mir die Thermoskanne mit dem heißen Kakao. „Trink was, dann wird dir wärmer.“
Ganz weit im Dunst kann ich die Umrisse von einigen weißen Häusern erkennen, die sich ins Gras ducken, nicht viel größer als die Schafe mit ihren Lämmern, die jedes Mal davonlaufen, wenn wir uns nähern. „Mir ist nicht kalt, mir ist langweilig.“
„Vielleicht hättest du vorhin ins Ausstellungshaus mitgehen sollen?“ Dort hat uns mein Vater, nach der Autofahrt von Stuttgart, eine letzte Pause gegönnt und ist dann alleine mit dem Auto weiter. Mama bestand auf die Wanderung.
„Da waren nichts als Bilder und Texte, voll langweilig.“ Ich klopfe meine Hosentaschen ab, lasse die Hände wieder sinken. „Außerdem stinkt es hier.“
Meine Mutter atmet tief ein und aus. „Das ist das Watt, das Salz und die Nordsee – wird dir gut tun.“ Besorgt schaut sie mich an. „Ich freue mich drauf, dich braungebrannt und mit Pausbacken wieder abzuholen.“
„Braungebrannt im März? Alles klar! Sechs Wochen ohne Handy, das geht einfach nicht.“
„Das geht! Vielleicht bist du ja die erste Zwölfjährige in Deutschland, die so was Hartes übersteht.“
Meine Mutter streichelt mir über die Wange und geht mit federnden Schritten weiter. Ich schleiche ihr hinterher und bin allmählich sicher, dass sie diese dämliche Idee des Psychoheinis durchziehen wird.
Der Wind reißt an meinen Haaren. Ich lasse mich ins Gras fallen, ob da nun Schafködel liegen oder nicht. Egal! Wenn ich nicht weiterlaufe, was will sie machen? Es ist so ungerecht! Alle in meiner Klasse haben ein Handy, alle sind ständig im Netz, allein bei mir gibt es so einen Affentanz. Sie haben behauptet, ich würde online leben. Völliger Quatsch, ich bin ja noch in mein Bett gegangen und zur Schule auch, jedenfalls meistens oder manchmal.
„Komm Moni, zurück ist es doppelt so weit wie zu Tante Rosemarie.“ Meine Mutter lächelt ihr ‚Keine-Chance-Lächeln’ und zieht mich hoch.

Tante Rosemarie, Mamas Cousine, kommt gerade mit einem Korb Wäsche aus dem Garten, als wir vom Wind getrieben über den kleinen Deich stolpern. Ein Lächeln für meine Mutter, ein kurzer Blick auf mich, ein „Moin zusammen!“ und mit schnellen Schritten verschwindet sie ins Haus. Ich kann sie jetzt schon nicht leiden. Wir folgen ihr, ich passe gerade so durch die niedrige Tür. Staunend betrachte ich die niedrigen Decken und den Schaukelstuhl vor dem grünen Kachelofen. Ansonsten ist es eine ganz normale Küche.
„Kommt rein! Ist heute zwar nicht windig, aber für euch ...“
Wir werden in eine Stube mit blau-weiß gefliesten Wänden geschoben. Der Tisch vor dem Fenster ist mit einer weißen Tischdecke und Kerzen eingedeckt. Sieht richtig vornehm aus, wie an einem großen Geburtstag. Alles im Raum ist alt, alles schimmert im durch das Fenster brechenden Sonnenlicht und es ist total unheimlich. Hier leben garantiert Spinnen und diese ekligen Staubmilben und wer weiß, was noch. Und von WLAN ist nur zu träumen. Neben der Zimmertür, vom Tisch aus gut zu sehen, steht eine riesige Uhr. Sie ist so groß wie mein Papa, der jetzt mit geneigtem Kopf durch die Tür tritt. Eine große, goldfarbene Scheibe schwingt hin und her, meine Augen folgen ihr wie der Schlange Ka im Dschungelbuch. Ein dreifacher, tiefer Glockenton lässt mich zusammenzucken. Gerne würde ich die Uhrzeit mit meinem Handy abgleichen, aber das hat Papa in der Hand.
„Hier, Rose, zur sicheren Verwahrung.“ Ein warnender Blick in meine Richtung, als ich aufspringe.
„Abgemacht ist abgemacht!“, sagt Papa.
„Aber ...“
„Nein, mein Schatz. Drei Wochen ganz ohne, du hast es versprochen.“
Ich sacke wieder auf die Couch, die Tränen wollen kullern, aber nicht hier. Mittlerweile sitzen Rosemaries Schwiegervater Karl und ein großer, blonder Junge am Tisch. Das ist dann wohl mein Cousin Eugen. Die hingehaltene Hand habe ich übersehen, das Grinsen des blonden auch. Ich nicke nur, doch von der Tür kommt Mutters hartes ‚Monika’. Also murmle ich „Guten Tag“ und verstecke mich hinter meinen Haaren. Eugen sagt sehr langsam: „Man seggt Moin!“, und schaut beifallhaschend zu seinem Opa.
Tante Rosemarie lässt mein Handy in die Kitteltasche rutschen und zieht meine Mutter hinter sich her. „Ich hol die Torte, du kannst den Kaffee bringen.“
Ich höre noch die Worte Internet und Suchtverhalten. Jetzt reden sie also über mich, als sei ich krank. Denen werde ich es zeigen, die paar Wochen schaffe ich irgendwie. Hoffe ich. Mein Blick irrt durch den fremden Raum.

An der Wand hängt noch eine Uhr, wozu braucht man denn zwei? Das alte Holzgehäuse ist geschnitzt, wie ein Blick in den Wald – Äste, Zapfen, Eicheln, sogar ein Eichhörnchen kann ich entdecken. Das Ziffernblatt ist bunt bemalt und unten hängen zwei Ketten heraus. Das muss die Kuckucksuhr aus Muttis Kindheit sein, gespannt beobachte ich die kleine Klappe im Giebel. Um Viertel nach drei öffnet sich das Türchen, nichts geschieht. „Verarschung!“ Bevor ich Ärger bekommen kann, erscheinen Tante Rosemarie und meine Mutter in der Tür. Ich steure wie magnetisch angezogen auf die Torte zu, setze mich ohne weiteren Kommentar, die Augen nicht von dem zehn Zentimeter hohen Zuckerberg lassend, an den Tisch.
„Na, meine Friesentorte à la Rosi scheint dir zu gefallen, wenn du magst, backen wir mal eine gemeinsam.“ Tante Rosemarie legt mir ein Riesenstück auf den blauweiß gemusterten Teller, der aus so dünnem Porzellan ist, dass ich ihn bestimmt mit der Gabel zersteche. Warum gibt es hier keine Keramikteller von Ikea?

Nachdem meine Eltern sich verabschiedet haben, winkt Tante Rosi mich hinter sich her und wir steigen eine steile Treppe ins Dachgeschoss hinauf.
„Dort schlafen wir, dahinten ist Eugens Zimmer und hier kannst du dich einrichten.“ Sie öffnet eine niedrige Tür, schiebt mich ins Zimmer und ich stürze regelrecht auf das halbrunde Fenster zu, durch das ich endlich die Nordsee sehen kann.
„Ja, auf dieser Seite ist auch bei Ebbe immer Wasser, der Priel ist gleichzeitig Fahrrinne, ziemliche Strömung, das kann dir Eugen alles zeigen.“
Erst jetzt drehe ich mich langsam in den kleinen Raum. Das Bett steht an einer Wand, fast hinter zwei Türen verborgen. In der Ecke eine Kommode mit funkelnden Griffen und darauf eine altmodische Waschschale und ein Wasserkrug. Mit einem Zucken nehme ich darunter einen Emailletopf wahr. Ich bin mir sicher, das ist ein richtiges Töpfchen. Tante Rosi hat mein Erschauern gesehen und schüttelt den Kopf.
„Nee, der Pisspot ist Deko, dein Bad ist dort hinter der Tür.“
Ich traue mich nicht nachzuschauen, nicke vorsichtig.
„Richte dich ruhig ein, ich rufe zum Abendbrot.“ Sie schiebt mir meinen Koffer zu und schließt die Tür hinter sich.
„Ach!“ Rosis Kopf schaut noch einmal durch den Türspalt. „In der Ecke ist ne olle Seemannskiste, da kannst du ruhig beigehen, falls du magst.“
Ich packe meine Sachen in den Schrank, liebe es, wenn alles ordentlich übereinander liegt und überlege die ganze Zeit, was ich hier machen soll. Sechs Wochen ohne Internet, ohne Chats, ohne meine Welt – ich sterbe. Ich habe mir ganz fest vorgenommen nicht zu heulen, jetzt wische ich mir dennoch wütend die feuchten Spuren von den Wangen.
Meine Hände tasten wieder nach dem Handy. Nachdem der Psychofritze mir das in einem Video gezeigt hat, erwische ich mich oft selbst dabei. Ist ziemlich blöd, den eigenen Körper nicht richtig im Griff zu haben. Das mit dem Essen vergessen und nicht alles mitkriegen, finde ich nicht so schlimm, aber wer will schon ‚zwanghaft‘ sein?

Tief durchatmend bücke ich mich nach der Seemannskiste. Ich nehme jedenfalls an, dass die graue Holzkiste mit den Metallkanten gemeint ist, ein richtig cooles Teil. Unter einigen Kuscheltieren liegen ein Aquarellblock und ein Metallkasten mit Buntstiften. Nicht so ein kleiner, für Schulkinder. Ne, mein absoluter Traum-Wunsch-Haben-Müssen-Kasten, der 120er Polychromos, den ich mir vor Jahren gewünscht habe, als ich noch kein Handy hatte. Vorsichtig streiche ich mit der Hand über das zerkratzte Metall, klappe ihn argwöhnisch auf und staune. Die Stifte sind benutzt, aber sorgfältig angespitzt. Neugierig blättere ich durch den Block und sehe Schafe, Wellen und Segelschiffe. Ob ich auch so gut zeichnen kann? Lange ist es her. Ich lege die Zeichensachen achtsam auf den kleinen Flickenteppich vorm Bett und schaue nochmal in die Kiste. Auf dem Boden liegt ein dicker Rahmen aus Holz, doch anstelle eines Bildes enthält er eine Collage aus lauter Fundstücken, die nach Meer riechen. Verschiedene Muscheln, Glasscherben, Holzstücke, schwarzes Gestrüpp und Sand rieseln mir entgegen, als ich das Gebilde aus der Kiste fische. Der Rahmen zerfällt in meiner Hand in zwei Hälften und bestürzt schaue ich auf den kleinen Strand vor meinem Bett. Ob ich den Teppich darüber legen kann? An der Rahmenleiste ist ein Band befestigt, daran ein aus Papier gefaltetes Ding. Als ich vorsichtig meine Finger hineinstecke, öffnet es sich mal rot, mal blau. Witziges Teil, aber wozu?

Den Rucksack voller Bücher von Mama lasse ich gleich hinter der Tür stehen, lesen mag ich seit langem nicht mehr. Es dauert zu lange, in der Zwischenzeit passiert online so viel. Mein Blick fällt auf den Zeichenblock, ich setze mich an den kleinen Tisch und skizziere die Umrisse eines Handys. Wie von selbst entsteht mein derzeitiges Hintergrundbild, eine Eule mit dicken Brillengläsern. Meine Hand streicht über das Display, tippt automatisch auf die Touchscreenfelder. Neben der Handyskizze ist genügend Platz für kleine Quadrate in Sprechblasenform. Erst eine Nachricht an Maria, meine beste Freundin ‚Du fehlst! Saualtmodisch hier, nur Schafe, auch zweibeinige.‘ Als Status zeichne ich ein strohgedecktes Haus und viele Schafe unter Wasser. Ich fülle das Blatt mit Bildern von Spielen, meinem Lieblingschat, doofen Fragen von Kumpeln und noch dooferen Antworten. Den Ruf meiner Tante ignoriere ich, Familie interessiert mich nicht.

Als der Lichtkreis auf meinem Tisch immer schummriger wird, schaue ich in den dunkler werdenden Himmel und merke, wie müde ich bin. Ich nehme meine Waschtasche, öffne vorsichtig die kleine Tür, hinter der sich laut Tante Rosi mein Bad befinden soll. In Gedanken sehe ich ein Plumpsklo und fette Spinnen vor mir. Meine Hand tastet nach dem Lichtschalter und staunend schaue ich in den kleinen Raum. hellblau-weiße Kacheln, altes Holz, eine freistehende Badewanne vor einem riesigen Spiegel und, ich setze mich grinsend auf die Fliesen – eine Fußbodenheizung. Dieses Bad ist der absolute Luxus, toller als zu Hause. Oh, wie gerne würde ich Maria ein Bild schicken. Das Lächeln in meinem Gesicht begleitet mich bis in das seltsame Schrankbett. Ich kuschle mich in die schwere, flauschige Bettdecke und schlafe wohl schon, bevor ich über die Änderung meines Status nachdenken kann.

Am nächsten Morgen werde ich früh vom Knurren meines Magens geweckt. Ich ziehe mich an und schleiche die steile Treppe hinab. Ein ungewohnter Duft zieht durchs Haus und mich magisch an. Von der Küchentür aus beobachte ich, wie Onkel Karl, mit der linken Hand schwer auf den Stock gestützt, sich am Herd zu schaffen macht. Der alte Mann schwenkt eine Pfanne, in der es brutzelt. Neben ihm ein tiefer Teller mit einem hellen Mus. Das muss es sein, was hier so fruchtig duftet. Bevor ich richtig darüber nachgedacht habe, stehe ich neben Onkel Karl und frage: „Was wird das?“
Er guckt mich prüfend an. „Moin! Ausgelassener Speck.“
Mir läuft das Wasser im Mund zusammen. Irgendwo in meinem Kopf höre ich Mamas Stimme ‚Speck ist ungesund’ sagen.
„Wofür?“
„Himmel und Erde. Willst du?“
Ich nicke ohne ein Wort. Was auch immer es ist, es riecht unglaublich lecker.
Der alte Mann zeigt auf ein Regal an der Wand, in dem Teller und Schälchen stehen, einige mit blau-weißem Muster, einige mit Blümchen und ein Schälchen mit rosa Punkten.
Schweigend löffeln wir unser Frühstück, waschen gemeinsam das Geschirr ab. Mit einem Nicken verschwindet Onkel Karl.

Am zweiten Morgen steht auf dem Küchentisch die rosagepunktete Schale mit einer großen Portion Himmel und Erde und viel knusprigem Speck. Der alte Fischer ist noch schweigsamer als ich, spuckt oft braunen Priem in ein kleines Töpfchen, dass er fast ständig in seiner rechten Hand verborgen hält. Wir nicken uns kurz zu, seine Mundwinkel zucken und seine Augen blitzen, als er mich sieht. Tante Rosi erklärt mir, dass für mein neues Leibgericht Kartoffeln und Äpfel gemeinsam gekocht werden und der Speck die Würze und das Salz mitbringt. Eigentlich ist es ein Mittagessen, aber ich könne ein wenig mehr auf den Rippen vertragen.
„Ach, Moni, hab ich gestern vergessen!“ Tante Rosi dreht sich noch einmal zu mir um. „Mach die Zimmertür nachts ordentlich zu, der Hund ist auf dem Hof, aber die Katzen schleichen sich gerne mal ins Bett.“ Von da an lasse ich die Tür immer einen Spalt auf und nachts schnurren mich mindestens zwei Katzen in den Schlaf.

Alles ist ungewohnt. Ich soll viel draußen sein, daher nimmt Tante Rosi mich bei gutem Wetter mit in den Garten, ich helfe beim Aufräumen und Säen. Wenn es zu kalt dafür ist, gehen wir in den Gastraum des Restaurants und polieren Gläser, falten Servietten oder sehen Geschirr durch. Und mindesten einmal am Tag sagt sie zu Eugen: „Geht mal beide das Ufer ab, vielleicht findet sich was.“
Den ersten Tag bin ich einfach planlos hinterher gelaufen. Als Eugen anfing, im trockengefallenen Watt Muscheln, Holzstücke, aber auch Puppenarme, Anglerposen und Korken aufzusammeln, wurde ich neugierig. Jetzt ist es ein tägliches Ritual. Wir sammeln einträchtig miteinander alles in einen Stoffbeutel. Danach werden unsere Schätze im Garten auf dem ollen Blechtisch ausgebreitet, gewaschen und sortiert. Ich habe Eugen den kaputten Rahmen aus der Seemanskiste gezeigt. Am nächsten Tag hielt er mir stolz einen Rahmen mit Hintergrund hin, bestimmt einen Quadratmeter groß. Mit den Händen ist Eugen richtig gut, aber bei Wörtern und Zahlen braucht er viel Zeit. Wir kleben täglich die besten Funde als Collage hinein. Tante Rosi meint, es wird ein echtes Kunstwerk.

Eugen lässt mich selten aus den Augen. Manchmal liegt irgendwo ein Handy herum, doch bevor ich es erreiche, steckt er es in die Hosentasche. Als ich die offene Tür zu Tante Rosemaries Büro entdecke, kann ich nicht widerstehen. Der Computer zieht mich unwiderstehlich an. Aber er lässt sich nicht hochfahren und Eugen deutet mit einem Grinsen auf die fehlenden Kabel. Ich habe ihn um sein Handy gebeten, nur für ganz kurz. Er jedoch hat den Kopf geschüttelt und etwas von „Brauch nicht“ und „Sollst nicht“ gebrummelt. Ich glaube, er hat tatsächlich gar keines. Während ich mit Tante Rosi Radieschen aussäe, Salat in den Frühbeetkasten pflanze und immer wieder meinen Lieblingsplatz auf dem Dach der Gartenlaube besteige, vergeht die Zeit. Wenn es ganz schlimm ist, zeichne ich immer noch ein Handy und streiche über die Tasten, lasse imaginäre Chats entstehen und beantworte die ausgedachten Fragen meiner Freunde. Dann zerreiße ich die Blätter und werfe sie in den Wind.

An einem erstaunlich milden Tag ist Tante Rosi vorm Frühstück im Garten. Ich habe gleich beim Betreten der Küche ihr Handy im Regal über dem Spülbecken entdeckt. Es erfordert meine ganze Konzentration, nicht auffällig darauf zu starren. Zum Glück ist Onkel Karl an unser schweigsames Frühstück gewöhnt.
„Willst mit?“
Ich gucke ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an.
„Festland“, antwortet er.
„Länger?“ Das letzte Mal sind wir rüber gefahren, haben einmal an der Sparkasse angehalten und anschließend ging es zurück auf die Hallig.
„Ne.“
„Dann nicht.“
Onkel Karl nickt und steht auf. Ich lausche, schleiche zur Abwäsche und greife hastig nach dem Handy. Ein leichtes Zittern durchläuft mich, ich halte den Atem an und streiche über das Display – nicht gesperrt. Tief ausatmend setze ich mich an den Tisch und gehe online in mein Lieblingsforum. Schnell checke ich, wer online ist und meine Daumen hämmern auf die Tastatur ein.
Eine große Hand legt sich über das Display, zieht das Handy ohne Anstrengung aus meiner Reichweite und ich höre Eugen brummeln: „Sollst nicht!“
„Gib es wieder her, nur ganz kurz.“ Meine Stimme überschlägt sich vor Aufregung.
Eugen schüttelt den Kopf.
Ich versuche, es ihm abzuringen, greife in seinen Pullover, kneife in seinen Arm. Er dreht sich einfach weg. „Sollst nicht!“
Mir laufen die Tränen über die Wangen, ich bettle und schlage gleichzeitig mit Fäusten nach ihm. Erst da fällt mein Blick auf die Tür, in der Tante Rosi mit einem Wäschekorb steht und uns beobachtet. Eugen legt das Handy in den Korb und sagt nochmal: „Soll nicht.“
Ich rede drei Tage kein Wort mit ihm.

Heute Morgen hat Tante Rosi mir mein Handy hingehalten. „Möchtest du mit deiner Mutter telefonieren?“ Sind die drei Wochen tatsächlich vorbei? Unsicher greife ich nach meiner Nabelschnur zur Welt, streiche darüber, gebe meinen Code ein. Ich sehe meine Startseite, die vielen roten Zahlen zu Nachrichten und Anrufen. Meine Daumen schweben über dem Touchscreen.
Tante Rosi fasst mich leicht am Ellenbogen. „Du hast einen Anruf zu Hause und eine Nachricht frei, so ist die Absprache.“
„Aber …“
Sie hält ihre Hand auf und fragt: „Soll ich es wegstecken?“
Meine Hand versteckt das Handy ruckartig hinter dem Rücken, dennoch, ich bleibe stehen und schaue Tante Rosi in die Augen.
„Darf ich alleine telefonieren?“
„Wenn ich mich auf dich verlassen kann.“
Ich nicke, gehe in den Garten und klettere auf das Laubendach. Hier oben liegen harte Holzschindeln und es ist immer windig, aber ich liebe die Aussicht – endlos, nie gleich. Zwei Fähren begegnen sich in Höhe Langeneß, die Schafe sind noch auf der Südseite unserer Hallig und Eugen scheint etwas in der Werkstatt zu bauen. Andächtig drücke ich die Kurzwahltaste für das Handy meiner Mutter. Sie ist sofort dran, als hätte sie auf meinen Anruf gewartet. Nach einigen Sekunden gegenseitigem Schweigen, um der anderen den Vorrang zu lassen, plappern wir beide durcheinander. Es ist so schön, ihre Stimme zu hören, sie scheint stolz auf mich zu sein, will alles wissen, was wir so machen. Nur das Wort Internet umschiffen wir beide, aber das fällt mir erst später auf. Sie werden mich in drei Wochen, wie versprochen, abholen. Diesmal ohne Wanderung. Und ich darf einmal die Woche anrufen, obwohl ich mir sicher bin, dass wir schon heute alle Silben verbraucht haben.
Ich öffne WhatsApp, ignoriere alle Nachrichten außer Marias. Schnell überfliege ich die Texte der letzten Wochen. Wie es aussieht, hat sie jeden Tag ein paar Zeilen hinterlassen. Anscheinend habe ich außer Unmengen von Hausaufgaben nicht viel verpasst. Ich tippe ihr eine kurze Nachricht, mache ein Foto mit Halligküste, Nordsee und Sonnenschein und weiß nicht, was ich noch schreiben soll. Es fühlt sich seltsam an, als wäre ich auf einem ganz anderen Planeten, den man nicht beschreiben kann. Ihr geht es wohl nicht anders, denn außer dem Hinweis, dass ich es toll hätte, so lange ohne Schule, fällt ihr nichts Neues ein. Dafür werde ich die Klasse wahrscheinlich wiederholen müssen, meine Noten reichten auch vor der Zwangspause nicht für die Versetzung. Ich habe bereits ein neues Foto gemacht und will gerade meinen Status ändern, als mein Blick auf Tante Rosi in der Gartentür fällt. Ich beiße die Zähne zusammen, klettere vom Dach und gehe Richtung Haus. Im Vorbeigehen lege ich das Handy in den Klammerkorb, den sie unter dem Arm trägt. Nein, ich werde nicht weinen.

Jeden Montag liegt jetzt das Handy neben meinem Frühstücksschälchen. Über Fische räuchern, Netz flicken, Fliegenfänger wechseln und Schafe zeichnen, merke ich gar nicht, wie schnell die Zeit vergeht.
Heute backen Tante Rosi und ich endlich die Baisertorte. Als erstes muss ich einen Biskuitteig anrühren, streng nach Rezept. Dann soll ich die Baisermasse zubereiten, während meine Tante Pflaumenmus aus der Vorratskammer holt. Beim ersten Versuch scheint irgendetwas nicht zu klappen, die Masse wird nicht steif. Skeptisch stochere ich in der Schale herum, versuche es mit einer anderen Geschwindigkeit des Mixers. Tante Rosi blickt in die Rührschüssel, runzelt die Stirn und schaut auf die Zutaten.
„Wann hast du den Zucker reingetan?“, fragt sie.
Ich antworte: „Gleich nach dem Eiweiß.“
„Erst das Eiweiß steif schlagen, danach den Zucker einrieseln, sonst waat dat nichts.“
„Dann löst sich der Zucker nicht auf.“
„Doch, musst du länger rühren.“
Also das Ganze nochmal. Dafür wird der Eischnee jetzt richtig fest und glänzt seidig. Ich tauche meine Finger hinein und lecke sie genussvoll ab.
Wir backen zwei Böden, erst kommt die Hälfte des Biskuits in die Form, darauf die Hälfte der Baisermasse. Ich darf die Backformen in den heißen Ofen schieben, dann bleibt nur der Blick durch die Glastür. Tante Rosi schiebt mir die Teigreste zu.

„Die müssen jetzt erst mal abkühlen. Da könnt ihr euren Rundgang machen, die Collage hat bestimmt noch ein paar Löcher, oder?“
Eugen hat schon dreimal nach mir gerufen, ich gehe ihn suchen. Zu zwei Dritteln ist der Rahmen gefüllt, ein Puppenkopf als Mittelpunkt, drei Arme winken aus den Muschelflächen, Tang und ganz viele abgeschliffene Glasscherben haben wir gefunden. Am liebsten mag ich das vom Wasser geformte, rundgeschliffen Holz. Manchmal hat es dicke Löcher und ich will mir die Würmer dazu nicht vorstellen, aber es riecht nach Salz und ganz tiefem Luftholen. Heute finden wir bloß einen dicken, abgeschliffenen Flaschenboden in Knallblau, der passt perfekt in eine obere Ecke. Ich schaue sehnsüchtig übers Watt, genieße die Weite.

Onkel Karl hält mir ein Tablet hin. Ich bin so verwirrt, das ich ihn mit offenem Mund anschaue.
„Kannst du damit?“, fragt er mich.
Ich nicke.
„Zeigst du mir, wie?“
Wir sitzen nun seit einer Stunde im Windschatten der Küchenterrasse und Onkel Karl und Eugen schauen mich mit leicht glasigen Augen an. Irgendwie scheinen sie nicht mehr zuzuhören, dabei habe ich erst die Hälfte aller Chats, Fotogalerien, Spiele und Apps gezeigt, die mir so spontan eingefallen sind. Ich schließe meinen trockenen Mund und schaue fragend zu Onkel Karl. Der schüttelt sich und legt das Tablet mit einem angewiderten Blick hin.
„Das will ich nich!“
„Was willst du dann?“ frage ich.
Er holt tief Luft, überlegt und kaut anscheinend auf der Antwort noch einmal herum.
„Ich will lesen und schauen, was mein Freund Paul in Norwegen macht. Er sagt, das geht.“
„Hat er ein Smartphone?“
„Sowas“, sagt Onkel Karl und zeigt auf das Tablet.
Also richte ich ihm WhatsApp ein, installiere eine Nachrichtenapp und die Seite von Nordfriesland. Eugen hat uns neugierig zugeschaut und fragt, was er davon hat. Ich zeige ihm den Fotoapparat und wie man die Bilder verschickt.
„Kannst du auch noch Dinge mit mir sammeln, wenn du weg bist?“
Ich nicke nur, denn mein Hals ist wie zugeschnürt. Eilig gehe ich in die Küche zu Tante Rosi. Sie schaut mir kurz ins Gesicht, schiebt mir das Pflaumenmus zu und nickt zu dem ersten Tortenboden hin. Erst streiche ich eine dicke Schicht Pflaumenmus auf den unteren Boden, dann steifgeschlagene Sahne und als Deckel setzen wir den zweiten Biskuit-Baiser obendrauf. Ein gut zehn Zentimeter hoher Zuckerschock, der mir tröstlich das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt.

Tante Rosmarie ruft zu Kaffee und Kuchen und die Männer zeigen ihr stolz das Neugelernte. Ich rufe Instagram und hunderte von tollen Tortenbildern für meine Tante auf.
Es fällt mir gar nicht schwer, das Tablet aus der Hand zu legen, denn jetzt müssen wir uns warm anziehen, heute ist Nachtangeln weit draußen angesetzt. Es ist toll auf dem Meer, so ruhig und doch so ungestüm. Ich höre nur Wind und Wellen, spüre die Kraft, die alles bedrängt, an dem Kutter saugt und zerrt. Der Kapitän überlässt Eugen und mir das Steuerrad, Peilung ist der Leuchtturm von Pellworm. Nicht so einfach, aber gemeinsam schaffen wir es. Hier draußen ist es so eindeutig, was wichtig ist. Ich komme gar nicht dazu, mein Handy zu vermissen, habe alle Hände voll mit Angelködern, Fischschuppen und Gischt aus dem Gesicht wischen.

Auf ein Mal sind die sechs Wochen um. Obwohl der Wind an meinen Haaren zerrt, empfinde ich ihn eher als laue Brise. Tausende Spiegelungen lassen die Nordsee blenden und meine Augen in den blauen Himmel flüchten. Tante Rosie steckt mir mein Handy in die Rucksacktasche und nimmt mich nach kurzem Zögern in den Arm. „Schickst du mir eine Nachricht, wenn ihr zu Hause seid?“
Ich nehme mein Handy in die Hand, meine Finger huschen über das Display. Mit einem Blick in die Runde verharre ich und stecke das Handy dann wieder ein.
„Wenn noch etwas von meiner einen Stunde Internet übrig ist.“ Ich grinse sie an, schiebe die Katze, die um meine Beine streicht, vorsichtig beiseite.
Onkel Karl hält mir das rosagepunktete Schälchen hin.
„Passt auch Müsli rein.“ Er dreht sich um und brummelt im Weggehen: „Du schaffst das!“
Eugen bringt mich zum Auto, in dem meine Eltern warten. Ich muss mir die Rückbank mit dem riesigen Rahmen unserer Collage teilen, im Fußraum liegt bereits ein Häufchen Sand und eine dicke Muschel.
„Vielleicht passt das ja noch irgendwo mit rauf“, ruft Eugen und wirft mir das gefaltete Papierding aus der Seemannskiste in den Schoss.

 

Hey @greenwitch,

:) ich schreib beim Lesen mit.

Meine Daumen tippen rastlos eine Nachricht in den Wind.
...
warum kriege ich nicht wenigstens hier noch mein Handy?“
Ah. Entzugserscheinungen? :]

„Ich freue mich drauf, dich mit Pausbacken und braungebrannt wieder abzuholen.“
Ach, kein Familienurlaub? Eine Klinik?

lächelt ihr `Keine-Chance-Lächeln`
Statt accent grave, besser so: 'Keine-Chance-Lächeln'

von der Tür kommt Mutters hartes `Monika`.
Hier dann auch.

„Na, meine Friesentorte ala Rosi scheint Dir zu gefallen, wenn du magst, backen wir mal eine gemeinsam.“
"dir" klein. "à la"

„Ne, der Pisspot ist Deko, dein Bad ist dort hinter der Tür.“
Vllt. "Nee", mit Doppel-e?

Vorsichtig streiche ich mit der Hand über das kühle Metall, klappe ihn argwöhnisch auf und staune.
Warum "argwöhnisch?"

tippe automatisch auf die Touchscreenfelder – nichts. Neben der Handyskizze ist genügend Platz für kleine Quadrate in Sprechblasenform. Erst eine Nachricht an Maria, meine beste Freundin ‚Du fehlst! Saualtmodisch hier, nur Schafe, auch zweibeinige.‘
Coole Idee! Überhaupt, an dieser Stelle mal ein Riesenkompliment für die anschaulichen Bilder. Die Gegend, das Haus, ihre Bewegungen - ich sehe alles genau vor mir. Gefällt mich richtig gut!

Stimme ‚Speck ist ungesund‘sagen.
Leerzeichen vor sagen.

„Mach die Zimmertür nachts ordentlich zu, der Hund ist auf dem Hof, aber die Katzen schleichen sich gerne mal ins Bett.“ Von da an, lasse ich die Tür immer einen Spalt auf und nachts schnurren mich mindestens zwei Katzen in den Schlaf.
Süß.:)

Wenn es ganz schlimm ist, zeichne ich immer noch ein Handy und streiche über die Tasten, lasse imaginäre Chats entstehen und beantworte die ausgedachten Fragen meiner Freunde. Dann zerreiße ich die Blätter und werfe sie in den Wind.
Gefällt mir auch.


Tief ausatmend setze ich mich an den Tisch und gehe online in mein Lieblingsforum.
Recht dicht an:
Tief durchatmend bücke ich mich nach der Seemannskiste.

„Gib es wieder her, nur ganz kurz.“ Meine Stimme überschlägt sich vor Aufregung.
Eugen schüttelt den Kopf.
Ich versuche es ihm abzuringen, greife in seinen Pullover, kneife in seinen Arm. Er dreht sich einfach weg. „Sollst nicht!“
Mir laufen die Tränen über die Wangen, ich bettle und schlage gleichzeitig mit Fäusten nach ihm.
Gut, dass dieser Rückfall jetzt kommt. Das ging mir schon zu einfach mit der Entwöhnung. Und du hast ihren Wutausbruch auch gut dosiert dargestellt, es nicht übertrieben.

riecht nach Salz und ganz tiefem Luft holen.
...
genieße die Weite und hole tief Atem.
Kommt fast direkt nacheinander. Vllt. das zweite weg.

Er holt tief Luft ...
Kommt mir vor, als wird in der Geschichte ziemlich oft tief Luft geholt.

Auf einem Mal sind die sechs Wochen um.
Auf ein Mal, oder: mit einem Mal.

Onkel Karl hält mir das rosagepunktete Schälchen hin.
„Passt auch Müsli rein.“ Er dreht sich um und brummelt im Weggehen „Du schaffst das!“

Liebenswerter Brummel-(eine Mischung aus brummen und grummeln?) Bär.

„Vielleicht passt das ja noch irgendwo mit rauf,“ ruft Eugen und wirft mir das gefaltete Papierding aus der Seemannskiste in den Schoss.
Schöne Wiederholung zum Anfang.

Lass dich von meiner Meckerei nicht täuschen.
Der Text hat mich auch sprachlich überzeugt. :) Du hast die Vorlage von Wieselmaus ins Norddeutsche übersetzt und dabei Details wie die Kuckucksuhr oder Holzkiste eingebaut. Man erkennt die Ursprungsgeschichte. Aber deine Geschichte funktioniert auch super für sich allein. Toll!

Sehr gern gelesen!
Viele Grüße
wegen

 
Zuletzt bearbeitet:

„Wenn noch etwas von meiner einen Stunde Internet übrig ist.“

Schöner Kontrast zwischen „Himmel und Hölle“ und „Himmel und Aäd“ (die hierorts mit Blutwurst zubereitet wird).

Aber liebe Moni,

‘tschuldigung,

greenwitch,

ist doch gar nicht so schwer, Urlaub von der Welt, pardon, schon wieder daneben, also Urlaub vom Handy zu nehmen, selbst wenn‘s am Anfang ein wenig wie auf Entzug vorkommt. Guck ma‘, ich hab seit 2008 keines mehr. Brauch auch keines (selbst wenn andere es meinen) und es geht auch ganz gut ohne. So wirk ich unerreichbar. Aber – wie schon vorige Tage bei einer jungen Kollegin – hier ist einiges zu korrigieren. Ich geh - selbst auf die Gefahr der Doppelnennung inzwischen - mal einfach der Reihe nach – schon hier, einer sehr schönen Beschreibung

Ganz weit im Dunst kann ich die Umrisse von einigen weißen Häusern erkennen, die sich ins Gras ducken, nicht viel größer als die Schafe mit ihren Lämmern, die jedes Mal davonlaufen, wenn wir uns nähren.
Nur leider mit dem Dreher am Ende – Du meinst „uns nähern“

Mama bestand auf die Wanderung.
Korrekt Dativ „auf der Wanderung“ (i. d. R. wird Dativ bevorzugt, wenn „bestehen auf“ ein festhalten an und ein durchsetzen von meint)

Alles in Raum ist alt, alles …
Und noch‘n Dativ „im Raum“
(Musstu nochmals alles durchsehen, besonders wenn „auf“ im Spiele ist)

Eine große goldfarbene Scheibe schwingt hin und her, …
Hier sind zwo gleichrangige Adjektive, also besser Komma zwischen groß und goldfarben. Die Gegenprobe mit „und“ funktioniert jedenfalls, ähnlich hier
Ein dreifacher tiefer Glockenton lässt mich zusammenzucken.
... und ein großer blonder Junge am Tisch.

„Tante Rosemarie legt mir ein Riesenstück auf den blauweiß gemusterten Teller, der aus so dünnem Porzellan ist, das ich ihn bestimmt mit der Gabel zersteche.

... und wir steigen eine steile Treppe ins Dachgeschoß hinauf.
...geschoss!
Verschiedene Muscheln, Glasscherben, Holzstücke, schwarzes Gestrüpp und Sand, rieseln mir entgegen, als ich das Gebilde aus der Kiste fische.
Komma nach dem Sand weg!

Danach werden unsere Schätze im Garten auf dem ollen Blechtisch ausgebreite[t], gewaschen und sortiert.
„Darf ich alleine Telefonieren?“
telefonieren

Es ist so schön[,] ihre Stimme zu hören, sie scheint stolz auf mich zu sein, will alles wissen, was wir so machen.

Irgendwie scheinen sie nicht mehr zuzuhören, dabei habe ich erst die Hälfte aller Chats, Fotogalerien, Spiele und Apps, die mir so spontan eingefallen sind[,] gezeigt.
(Alternativ kannstu das Partizip direkt nach den „Apps“ einsetzen und die schwache Klammer nebst Komma ist weg ...)

Ich höre nur Wind und Wellen, spüre die Kraft, die alles bedrängt, an dem Kutter saugt und zehrt.
„zehren“ oder doch „zerren“? Gleich nochmals mit den Haaren

Nicht so einfach, aber gemeinsam wir schaffen wir es.
Auf einem Mal sind die sechs Wochen um.
Obwohl der Wind an meinen Haaren zehrt, …

Ich grinse sie an, schiebe die Katze, die um meine Beine streicht[,] vorsichtig beiseite.

Siehstu, Moni, so schnell sind sechs Wochen rum ...

Gern gelesen vom

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe @greenwitch ,
du hast eine meiner Lieblingsgeschichten herausgesucht, und da bin ich natürlich gespannt, was daraus geworden ist.
Bestimmt war es eine gute Idee, aus den Schwarzwaldhöhen auf eine Hallig zu wechseln. Denn da kennst du dich aus. Dir und mir ist es wichtig, Landschaft in der Story zu verankern, sie als wichtigen Hintergrund für das Geschehen einzusetzen. Du hast ziemlich viele Requisiten aus der Vorlage übernommen, bist auch weitgehend dem Handlungsablauf gefolgt.
Und doch ist es eine ganz andere Geschichte. Es liegen mehr als sechzig Jahre zwischen den Welten meiner und deiner Protagonisten. Aus knapp überwundener Tuberkulose wird Handysucht, aus einer sehr einfachen, bäuerlichen Unterbringung wird ein durchaus beliebtes Urlaubsziel. Die Verwandten betreiben ja eine Wirtschaft.

Seit über einer Stunde wandern wir auf der Betonspur durch kurzes Gras und die Hinterlassenschaften der Schafe, die uns missmutig beobachteten. Entlang des schmalen Fahrdamms, inmitten von Nichts. Es ist so platt, kein sehenswerter Punkt, bloß Wiesen, Matsch, aufgeschüttete Steine und das ewige Gekreische der Möwen.

Hier quengelt eine verwöhnte Göre, die die Eltern wegen ihrer Handyabhängigkeit zum "Psychoheini" schleppen, der - natürlich - Entzug empfiehlt. Nichts Außergewöhnliches, passiert heute in vielen Familien. Eltern sind da oft keine guten Vorbilder.

Sechs Wochen ohne Handy, ohne Instagram und ohne meine Freunde, das geht einfach nicht.“
„Das geht! Vielleicht bist du ja die erste zwölfjährige in Deutschland, die so was Hartes übersteht.“
Meine Mutter streichelt mir über die Wange und geht mit federnden Schritten weiter.

Meine Hände tasten wieder nach dem Handy. Nachdem der Psychofritze mir das in einem Video gezeigt hat, erwische ich mich oft selbst dabei. Ist ziemlich blöd, den eigenen Körper nicht richtig im Griff zu haben.

Es wird nicht so recht klar, welche Folgen die Sucht schon gezeitigt hat. Immerhin steht Moni mit ihren Freunden in Kontakt. Vielleicht sind die Eltern ja bloß "Helikoptereltern", Verbote helfen da bei Zwölfjährigen gar nichts mehr. Es geht also hauptsächlich um angemessenen Gebrauch mit festen Regeln. Von existentieller Gefährdung kann also keine Rede sein, wenn nicht nach tieferen Ursachen geforscht wird. Ich erinnere an den Fall "Maria", die mit einem älteren Mann durchgebrannt ist. Der Prozess ist in Freiburg gerade zuende gegangen.

An der Wand hängt noch eine Uhr, wozu braucht man denn zwei? Das alte Holzgehäuse ist geschnitzt, wie ein Blick in den Wald – Äste, Zapfen, Eicheln, sogar ein Eichhörnchen kann ich entdecken. Das Ziffernblatt ist bunt bemalt und unten hängen zwei Ketten heraus. Das muss die Kuckucksuhr aus Muttis Kindheit sein, gespannt beobachte ich die kleine Klappe im Giebel. Um Viertel nach drei öffnet sich das Türchen, nichts geschieht. „Verarschung!“

Dieses Detail würde ich streichen. Ich sehe hier keine Funktion für die Geschichte. Warum sollte auf der Hallig eine Kuckucksuhr hängen? Da kennst du überzeugendere Beispiele, wie Lokalkolorit erzeugt werden kann.

„Ne, der Pisspot ist Deko, dein Bad ist dort hinter der Tür.“
Ich traue mich nicht nachzuschauen, nicke vorsichtig.

Warum traut sie sich nicht? Ist doch wichtig für Tag und Nacht.


Tante Rosi erklärt mir, dass für mein neues Leibgericht Kartoffeln und Äpfel gemeinsam gekocht werden und der Speck die Würze und das Salz mitbringt.

Die Idee mit "dem Leibgericht "Himmel und Erde" gefällt mir gut und ist auch ein guter Titel.
Moni soll also auf diese Weise geerdet werden, das Strandgehen und Einsammeln von Strandgut sind ebenfalls wirkungsvolle Verankerungen in der realen Welt.

Bleibt noch Eugen.

Eugen lässt mich selten aus den Augen. Manchmal liegt irgendwo ein Handy herum, doch bevor ich es erreiche, steckt er es in die Hosentasche. Als ich die offene Tür zu Tante Rosemaries Büro entdecke, kann ich nicht widerstehen. Der Computer zieht mich unwiderstehlich an. Aber er lässt sich nicht hochfahren und Eugen deutet mit einem Grinsen auf die fehlenden Kabel. Ich habe ihn um sein Handy gebeten, nur für ganz kurz. Er jedoch hat den Kopf geschüttelt und etwas von „Brauch nicht,“ und „Sollst nicht,“ gebrummelt.

Diese Familie hat wohl kein Familiengeheimnis, das einen Konflikt heraufbeschwören könnte. Von Eugen geht nichts Bedrohliches aus. Er ist halt zum Aufpassen verdonnert. Und diese Rolle nimmt er ernst.

Mir laufen die Tränen über die Wangen, ich bettle und schlage gleichzeitig mit Fäusten nach ihm. Erst da fällt mein Blick auf die Tür, in der Tante Rosi mit einem Wäschekorb steht und uns beobachtet. Eugen legt das Handy in den Korb und sagt nochmal: „Soll nicht.“
Ich rede drei Tage kein Wort mit ihm.

Ein Streit wie unter Geschwistern. Das kommt etwas harmlos daher. Insgesamt hat sich Moni recht problemlos eingefügt.

Ich öffne WhatsApp, ignoriere alle Nachrichten außer Marias. Schnell überfliege ich die Texte der letzten Wochen. Wie es aussieht, hat sie jeden Tag ein paar Zeilen hinterlassen. Anscheinend habe ich außer Unmengen von Hausaufgaben nicht viel verpasst.

Ein Hauch von Erkenntnis, dass eine Abwesenheit im Netz kein Weltuntergang ist. Und auf der Hallig darf sie auch noch mit ihren technischen Kenntnissen glänzen.

Tante Rosmarie ruft zu Kaffee und Kuchen und die Männer zeigen ihr stolz das Neugelernte. Ich rufe Instagram und hunderte von tollen Tortenbildern für meine Tante auf.

Wer hat jetzt wen bekehrt?
Ganz ehrlich, ich glaube, dass Moni bald wieder im alten Fahrwasser schwimmen wird.

Dein Text hat mir großen Spaß gemacht, weil du so nahe an der Vorlage gesegelt bist. Das schmeichelt natürlich. Ich glaube aber, da wäre noch Potential zum Abnabeln. Vielleicht ein Ausloten, warum Moni so stark aufs Internet abfährt. Dem Eugen ein anderes Profil verpassen. Moni ist immerhin schon zwölf ... Ich weiß, du kannst das.

Liebe Grüße
wieselmaus

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe @wegen,

ganz lieben Dank für den erlösenden Kommentar - egal was jetzt noch kommt, ich bin erst einmal erlöst - die Geschichte geht als Copy durch (immerhin erst mein erstes Mal) und das Du insgesamt wirklich gelobt hast verzaubert mit den Abend. Also bleibt wohl doch allmählich etwas hängen, schön zu wissen.

Die gefundenen Flusen habe ich eingearbeitet, Dankeschön.

"dir" klein. "à la"
hier stehe ich gerade total auf dem Schlauch, "Dir" klein ist klar (ist eine doofe Angewohnheit, ich schreibe einfach zu viele Geschäftsmail), aber was meinst Du dann?

Warum "argwöhnisch?"
ich dachte so an ihren Argwohn gegenüber allem Alten (sie erwartet kaputte Stifte, Reste). Ich hab den kühlen Metalldeckel jetzt mal zerkratzt, hoffe, so passt es.

Coole Idee! Überhaupt, an dieser Stelle mal ein Riesenkompliment für die anschaulichen Bilder. Die Gegend, das Haus, ihre Bewegungen - ich sehe alles genau vor mir. Gefällt mich richtig gut!
Dankeschön!

Gut, dass dieser Rückfall jetzt kommt. Das ging mir schon zu einfach mit der Entwöhnung. Und du hast ihren Wutausbruch auch gut dosiert dargestellt, es nicht übertrieben.
Ja, ohne geht es auf keine Fall, wobei ich am Ende schon zeigen möchte, das es nicht einen hundert Prozent Wende gibt, die halte ich wiederum auch für falsch. Mir liegen nicht so sehr die großen Dramen, daher auch kein Familiengeheimnis, oder große Tragik. Ich mag eher das "Normale", laufe natürlich Gefahr, das es dann nicht lesenswert ist.

Kommt mir vor, als wird in der Geschichte ziemlich oft tief Luft geholt.
He, es ist Nordsee. Nimm mal noch einen Zug. Ich schau noch mal drüber, ein Atemzug ist schon raus, das behalte ich im Auge.

Der Text hat mich auch sprachlich überzeugt. :) Du hast die Vorlage von Wieselmaus ins Norddeutsche übersetzt und dabei Details wie die Kuckucksuhr oder Holzkiste eingebaut. Man erkennt die Ursprungsgeschichte. Aber deine Geschichte funktioniert auch super für sich allein. Toll!
So, das musste ich jetzt einfach nochmal für mich und mein Lächeln zitieren - Dankeschön!
Beste Wünsche
witch

Moin, moin @Friedrichard

und ganz lieben Dank fürs Flusen suchen. Da wird sich wohl kein Null-Fehler-Status erreichen lassen, ist eindeutig eine Schwäche. Aber ich hab vieles schon vorher gefunden, werde mir hoffentlich anderes merken und mich ansonsten schämen. Die einfachen Sachen habe ich eingearbeitet, ein, zwei Gegenkommentare hätte ich noch.
Grins - bvei der Stunde Internet hatte ich gleich an Dich gedacht ...

Schöner Kontrast zwischen „Himmel und Hölle“ und „Himmel und Aäd“ (die hierorts mit Blutwurst zubereitet wird).
auch lecker, ist doch immer wieder schön, was einem beim Schreiben so an Kombinationen und Bezügen einfällt, mit einmal war der Geruch in meiner Nase und der Titel geboren

Aber – wie schon vorige Tage bei einer jungen Kollegin – hier ist einiges zu korrigieren.
:kuss:

Nur leider mit dem Dreher am Ende – Du meinst „uns nähern“
Mist, den Fehler hatte ich schonmal, da gibt es wohl eine falsche Verknüpfung in meinem Hirn

(Musstu nochmals alles durchsehen, besonders wenn „auf“ im Spiele ist)
Ich schaue in Ruhe nochmal durch, im Moment lese ich noch genau das, was ich denke geschrieben zu haben - Blindfisch!

Hier sind zwo gleichrangige Adjektive, also besser Komma zwischen groß und goldfarben. Die Gegenprobe mit „und“ funktioniert jedenfalls, ähnlich hier
Mist, das habe ich mir doch glatt falsch rum gemerkt. Wenn Du mich nochmal dabei erwischt, gebe ich einen aus

...geschoss!
hab ich im Duden kontrolliert (online), weil ich so unsicher war. geht beides?

„zehren“ oder doch „zerren“? Gleich nochmals mit den Haaren
Na toll, der Fehler ist ja fast so doof wie das nähren/nähernd

Nun bist Du über die Flusen gar nicht zur Geschichte gekommen, sorry. Aber ein gerne gelesen von Dir bringt mir schon ein Lächeln, Danke.

Beste Wünsche
witch

Moin, @wieselmaus ,

oh wie schön, dass Du so bald schon reinschaust. Es ist mein erstes Mal Copywrite, da spielt schon eine Portion Unsicherheit mit, ob meine Version denn gilt und bei der Originalautorin denn auch ankommt.

du hast eine meiner Lieblingsgeschichten herausgesucht
Das wusste ich zum Beispiel nicht, Du schreibst ja recht vielfältig. Aber die Art und Weise, Heimatverbundenheit, Natur, dicht an den Menschen hat mich sehr angesprochen.

Bestimmt war es eine gute Idee, aus den Schwarzwaldhöhen auf eine Hallig zu wechseln.
Ja, den Schwarzwald kenne ich kaum und natürlich wäre auch die völlig andere Zeit für mich ein Problem.

Und doch ist es eine ganz andere Geschichte
Ich hatte Lust, zu überlegen, ob es eine ähnliche Situation heute auch gibt - natürlich gibt es die!

Eltern sind da oft keine guten Vorbilder.
Nun, hier wollte ich absichtlich nicht in diese Richtung. Daher sind die Eltern auch liebevoll, aber bestimmt. Setzten ihren Willen durch, haben aber ein gutes Verhältnis zu Moni. Mir war es zu einfach, immer nur einen "Feind/Verursacher zu sehen.

Es wird nicht so recht klar, welche Folgen die Sucht schon gezeitigt hat.
Okay, dann muss ich da wohl nochmal ran. Sie zeigt Zwangsverhalten, isst nicht genug, geht nicht regelmäßig zur Schule, kommuniziert mit Gleichgesinnten nur online, kommt in der Schule nicht mit. Soweit mir bekannt, ist Internetsucht/Handysucht nicht unbedingt gleich einschließen im dunklen Kämmerchen. Aber ich schaue mir meine Recherchen nochmal an ...

Dieses Detail würde ich streichen. Ich sehe hier keine Funktion für die Geschichte. Warum sollte auf der Hallig eine Kuckucksuhr hängen?
Irgendwie hast Du recht, aber ich mochte das Detail in Deiner Geschichte sehr. Für mich war sie so eine Verbindung zwischen dem Schwarzwald und der an die Küste "ausgewanderten" Tante Rosi. Ich behalte es im Auge.

Warum traut sie sich nicht? Ist doch wichtig für Tag und Nacht.
mir fallen immer wieder Jugendliche auf, die in ganz selbstverständlichen Situationen total schüchtern/feige sind.

Die Idee mit "dem Leibgericht "Himmel und Erde" gefällt mir gut und ist auch ein guter Titel.
Schön, das es Dir auch so gut gefällt. Manchmal ergibt es sich von ganz alleine

Diese Familie hat wohl kein Familiengeheimnis, das einen Konflikt heraufbeschwören könnte.
Ich mag es nicht gerne tragisch/dramatisch, daher die vielleicht zu weichgespülte Version. Vielleicht schreibe ich noch mal eine andere Version, aber im Moment hat sich alles gegen so eine Familiengeheimnis ala Tot im Watt gesträubt, das hat mich zwei Woche Zeit gekostet, bis ich es einfach raus gelassen habe.

Das kommt etwas harmlos daher.
Gefährlich nahe an langweilig?

Ein Hauch von Erkenntnis, dass eine Abwesenheit im Netz kein Weltuntergang ist. Und auf der Hallig darf sie auch noch mit ihren technischen Kenntnissen glänzen.
genauso wollte ich es gelesen haben. Die Welt ist heute nun mal anders, da finde ich es wichtig, das beides mit- und nebeneinander funktioniert. Natur und Technik. Online und offline. anonymes Web und traute Familie.

Dein Text hat mir großen Spaß gemacht, weil du so nahe an der Vorlage gesegelt bist. Das schmeichelt natürlich. Ich glaube aber, da wäre noch Potential zum Abnabeln.
Mit deinem Fazit kann ich glaube ich gut leben. Du hattest Spaß, ich kann wieder beruhigt durch atmen und über eine völlig andere Version denke ich in Ruhe nach. Vielleicht ein Copy vom Copy ...
Vielen Dank für Deine Originalgeschichte und Deine Gedanken zu meiner Version.
Beste Wünsche
witch

 

Man oh! Ich war so auf die Anführungsstriche konzentriert, da hab ich die Schreibweise total ignoriert. Rührlöffel vom Kopf!
Dankeschön, geändert

 

Liebe greenwitch,

ach, das fand ich ja nett zu lesen! Das ist so hübsch friedlich und beschaulich, da kommt wieder die Stadtflucht oder Landromantik voll zum Blühen, ein sehr zeitgemäßes Thema um Lesersympathien einzuheimsen. Also meine auf jeden Fall. Ich wäre auch gern sechs Wochen lang zu Gast bei Rosemarie. Friesentorte ist eh die geilste ever!
Das hast du schön aus der Wieselmausvorlage übernommen. Ich fand auch sehr fein, wie aus der Lungengeschichte eine Handysucht wurde. Gibt bestimmt bald Kurheime dafür. Und die sind gewiss auch an der Nordsee. Und an der Ostsee und in den Bergen, auf jeden Fall weit ab vom Schuss.
Ich habe keine Ahnung was die Seite deines Themas betrifft. Ich mein, die Sucht und der Entzug. Wie er sich im Konkreten dann darstellt. In deiner Geschichte läuft das alles ja recht friedlich ab. Überhaupt sehr geradlinig. Kannst deinen Figuren nicht weh tun, oder? Meinst es immer gut mit ihnen. Das ist lieb von Dir, aber vielleicht auf so einen Schmierzettel für die Zukunft, bisschen mehr Leid, bisschen mehr quälen, wegen der Spannung und so. Hau mal bisschen Donner in die warme Sommerdusche ;). In der Vorlage war ja wenigstens noch der Eugen als Gegenkraft da, bei dir gibt es Torte und Strandgut. Und keine Kinder die sterben mussten. Wie gesagt, ich habe das alles sehr, sehr gern gelesen, keine Frage, aber es gab keine Ecken und Kanten und Wendungen - wenig Spannung, wenig Herzklopfen halt. Aber vielleicht willst Du ja genau das, dem Leser eine Auszeit bescheren. Dann passt das alles hervorragend zusammen.

Es ist so platt, kein sehenswerter Punkt, bloß Wiesen, Matsch, aufgeschüttete Steine und das ewige Gekreische der Möwen. Der Wind kommt gefühlt immer von vorne, egal wie ich mich drehe.
Ich habe sofort eine Bild vor Augen.

Ganz weit im Dunst kann ich die Umrisse von einigen weißen Häusern erkennen, die sich ins Gras ducken, nicht viel größer als die Schafe mit ihren Lämmern, die jedes Mal davonlaufen, wenn wir uns nähern. „Mir ist nicht kalt, mir ist langweilig.“
Schön! Ich habe die kleine Ziecke sofort gern. Auch alles weitere, was sie in den nächsten Zeilen von sich gibt. Das klingt sehr authentisch, finde ich.

Sie haben behauptet, ich würde online leben. Völliger Quatsch, ich bin ja noch in mein Bett gegangen und zur Schule auch, jedenfalls meistens oder manchmal.
Da haben die Eltern aber spät reagiert. Na gut, lieber spät als nie.

... und den Schaukelstuhl vor dem grünen Kachelofen. Ansonsten ist es eine ganz normale Küche.
Ich will das auch in der Küche haben!

... auf den blauweiß gemusterten Teller, der aus so dünnem Porzellan ist, dass ich ihn bestimmt mit der Gabel zersteche. Warum gibt es hier keine Keramikteller von Ikea?
Ich liebe diese Göre, echt. Und auch deine zauberhaften Details. Allein das ist pure Lesefreude.

Sechs Wochen ohne Internet, ohne Chats, ohne meine Welt – ich sterbe.
Na ja, vielleicht will ich doch nicht. Handy kein Ding, aber ohne Internet ...

Ich habe mir ganz fest vorgenommen nicht zu heulen, jetzt wische ich mir dennoch wütend die feuchten Spuren von der Wange.
:)

An der Rahmenleiste ist ein Band befestigt, daran ein aus Papier gefaltetes Ding. Als ich vorsichtig meine Finger hineinstecke, öffnet es sich mal rot, mal blau. Witziges Teil, aber wozu?

Schöne Brücke zum Original. Ich mag übrigens auch die Titeländerung und was damit einhergeht.
Mein Blick fällt auf den Zeichenblock, ich setze mich an dem kleinen Tisch und skizziere die Umrisse eines Handys. ... Meine Hand streicht über das Display, tippe automatisch auf die Touchscreenfelder – nichts. Neben der Handyskizze ist genügend Platz für kleine Quadrate in Sprechblasenform. Erst eine Nachricht an Maria, meine beste Freundin ‚Du fehlst! Saualtmodisch hier, nur Schafe, auch zweibeinige.‘ ...
Sehr schöne Idee.

Ja, und dann wird es sehr brav. Sie hilft im Garten, isst brav ihr Essen, geht an den Strand. Sie ist nicht mehr die kleine Rotznase, sondern ein Vorzeigekind. Alle sind lieb zu ihr und sie ist lieb zu allen. Sucht spielt eigentlich auch nur noch eine untergeodnete Rolle. Trotzdem (oder gerade deswegen?) liest sich das hübsch weg. Heile Welt. Alltagsflucht. Darf es auch mal sein.

Eine große Hand legt sich über das Display, zieht das Handy ohne Anstrengung aus meiner Reichweite und ich höre Eugen brummeln: „Sollst nicht!“
Ich mag übrigens, wie du den Eugen gezeichnet hast.

Mir laufen die Tränen über die Wangen, ich bettle und schlage gleichzeitig mit Fäusten nach ihm.
Ein Satz. Hätteste die mal bisschen länger leiden lassen. Und öfter ;).

Anscheinend habe ich außer Unmengen von Hausaufgaben nicht viel verpasst. Ich tippe ihr eine Nachricht, mache ein Foto mit Halligküste, Nordsee und Sonnenschein und weiß nicht, was ich noch schreiben soll. Es fühlt sich seltsam an, als sei ich auf einem ganz anderen Planeten, den man nicht beschreiben kann. Ihr geht es wohl nicht anders, denn außer dem Hinweis, dass ich es toll hätte, solange ohne Schule, fällt ihr nichts Neues ein.
Das finde ich hübsch, so das Erkennen, eigentlich ist so viel Mist und tote Zeit und man denkt, man verpasst was. Dabei ist dem gar nicht so.

Nein, ich werde nicht weinen.
Sie machte auf mich auch nicht den Eindruck, als ob das noch ein Thema wäre.

„Ich will lesen und schauen, was mein Freund Paul in Norwegen macht. Er sagt, das geht.“
Kann ich verstehen. Norwegen könnt ich mir immer angucken.

Ich war gern auf "deiner" Insel zu Besuch. Muss sehr schön da sein. So entschleunigt und man hat am Ende des Tages ein gutes Gefühl. Und es gibt Friesentorte!

Liebe Grüße, Fliege

 

Liebe @greenwitch ,

damit keine Zweifel aufkommen: Deine Geschichte ist hundert pro ein Copywrite. Du hast dir wahnsinnige Mühe gegeben, den Quelltext zu "übersetzen". Ich verstehe sehr gut, dass dir das Familiengeheimnis Probleme bereitet hat. Natürlich läge ein Tod im Wattenmeer ziemlich nahe, zu nahe, um den Leser zu überraschen. Du hast dich aus guten Gründen dagegen entschieden.

Mir ging es bei meinem ersten Copywrite ganz genau wie dir. Ich sollte eine UFO-Geschichte aus Farmerland im mittleren Westen der USA transponieren. Endlose Weizenfelder, ein bäuerlicher, Verschwörungstheorien zugeneigter Menschenschlag, weit und breit kein urbanes Milieu.
Da ich die USA im Grunde nur aus Spielfilmen kenne, habe ich lange ziemlich herumgebastelt, akribisch nach genauen Parallelen gesucht - verdammt schwer. Die gefundenen wurden später - auf vielfachen Wunsch - als unnötig eliminiert. Dann bekam mein Text plötzlich ein Eigenleben. Die Protagonisten emanzipierten sich von der Vorlage und der Plot nahm eine andere Wendung.

Inzwischen weiß ich: Unser Copywrite -Spiel lässt viel zu. Manchmal erwischt man ja auch einen Autor, der partout nicht auf der gleichen Wellenlänge surft. Die eigene Handschrift sollte im im Fokus stehen, das Write, nicht das Copy:).
So fände ich es wunderbar, wenn du später einmal deine Geschichte neu definierst. Ich glaube, dann kommen von ganz allein spannende Elemente mit hinein.

Ich wünsche dir ein vergnügliches Wochenende mit den anderen Kriegerinnen. Es wird heiß.

LG wieselmaus

 
Zuletzt bearbeitet:

hab ich im Duden kontrolliert (online), weil ich so unsicher war. geht beides?

Nee, eben nicht. Schon in den Ursprüngen der Rechtschreibreform wurde eine durchaus sinnvolle Trennung der kurzsilbigen (Fluss, z. B.) von den langsilbigen, betonten Silben (Fuß, z. B.) Wörtern durchgesetzt. Da unterscheiden sich nun tatsächlich "Schoß", "Schloss" und "Geschoss", selbst wenns am Dach ist,

liebe witch,

und somit noch ein schönes Wochenende aus'm Pott von

het windje

 

Hey @greenwitch ,

wenn ich es schon nicht zum Stammtisch schaffe, will ich dir wenigstens einen Kommentar da lassen.

Mit einem Schnauben atme ich die feuchtkühle Märzluft aus, schlage die Arme um meine Schultern und wünschte, es wäre nur ein Spiel.

Bin mir bei wünschte nicht sicher. Muss das nicht wünsche, wegen Präsens?

Mama bestand auf der Wanderung.

Keine Ahnung, ob das richtig ist, aber der Wanderung klingt einfach nur grausam.

Hab es gerade zur Sicherheit noch einmal nachgeschaut: Akk. ist die Wanderung. Sie besteht auf (wen?) die Wanderung.

Das ist das Watt, das Salz und all der ungewohnte Sauerstoff – wird dir gut tun.“

Das Fettgedruckte würde ich vielleicht rausnehmen, irgendwie klingt das so gekünstelt.

„Ich freue mich drauf, dich mit Pausbacken und braungebrannt wieder abzuholen.“

Ich würde braungebrannt und mit Pausbacken tauschen. Ich lese das mit vor dem Pausbacken und halte das noch im Hinterkopf, und bin dann bei "mit braungebrannt" irgendwie verwirrt. Ist sicher nur Geschmackssacke oder die Art, wie ich lese, aber ich fand es einen Moment lang irritierend.

„Das geht! Vielleicht bist du ja die erste zwölfjährige in Deutschland, die so was Hartes übersteht.“

Zwölfjährige groß.

„Komm Moni, zurück ist es doppelt so weit, wie zu Tante Rosemarie.“

Komma weg nach weit.

als wir vom Wind getrieben, über den kleinen Deich stolpern.

Komma weg nach getrieben.

Wir folgen ihr, ich passe gerade so ohne Bücken durch die Tür.

Würde hier auch das Fettgedruckt weglassen. Ohne Bücken ist irgendwie umgangssprachlich.

Der Tisch vorm Fenster

Nicht vor dem?

meine Augen folgen ihr, wie der Schlange Ka im Dschungelbuch.

Ich weiß nicht, ob man das Komma nach ihr weglassen kann/ sollte. Eigentlich ja, denn es ist ja ein Vergleich, aber ich bin mir da nicht zu hundert Prozent sicher.

Ich fülle das Blatt mit Bildern von Spielen, meinem Lieblingschat, doofen Fragen von Krumpeln und noch dooferen Antworten.

So sieht kalter Entzug aus :D.

Was ich an deiner Geschichte gut finde ist die Balance zwischen Erzählung auf der einen und der Beziehung zum Handy auf der einen Seite. Du übertreibst nicht, willst mir unbedingt unter die Nase reiben, wie viel Spaß sie auch ohne Handy haben kann, sondern gibst dem ganzen seine Zeit und seinen Lauf, dass sich das von selbst entwickelt.
Deshalb finde ich es auch passend, dass sie sich nach dem Ende der sechs Wochen nicht vollkommen geändert hat. Sie hat sich geändert, aber eben nicht so weit, dass ich es ihr nicht abkaufen würde. Ihr Handy und die Verbindung darüber ins Internet und zu Freunden ist ihr noch immer wichtig, sei es via Chats oder Instagram oder whatever, aber Kuchen backen und Co. stellen jetzt eben ein Gegengewicht da. Es wäre unglaubwürdig gekommen, hätte sie von einem Extrempunkt in den anderen gewechselt, und hätte darüber hinaus auch noch irgendwie den fahlen Beigeschmack einer aufgezwungenen Lehre. Handys sind schlecht, Backen ist gut. Die Mischung macht es eben.

Liebe Grüße
Meuvind

 

Moin, moin @Fliege ,

was für ein schöner Kommentar. Obwohl ich auf eine tollen Stilkomm gehofft hatte, nehme es jetzt mal positiv, da scheine ich also schon gut was dazu gelernt zu haben - freut mich sehr.

Das ist so hübsch friedlich und beschaulich, da kommt wieder die Stadtflucht oder Landromantik voll zum Blühen,
Ja, so wirkte auf mich halt Wieselmaus´ Geschichte und ich war noch nicht in der Lage, mich total davon zu trennen.- Beim nächsten Copy, oder im zweiten Versuch

Überhaupt sehr geradlinig.
ja, noch bin ich sehr gerade im Erzähstrang, sollte mich vielleicht wirklich mal eine schwierigere Variante suchen

Kannst deinen Figuren nicht weh tun, oder? Meinst es immer gut mit ihnen.
Durchschaut, auch wenn es sich dann nach Mutti-lächelt-entspannt Text anhört. Ich mag es anscheinend gerne positiv. Und ja, ich mag meine Figuren immer schnell sehr gerne, da habe ich es nicht so mit dem quälen. Trotzdem sehe ich das Problem, hab gestern Abend im Bett die schlimmsten Quälvarianten entwickelt. Mal schauen, ob die beiden Wortkriegerinnen morgen mit mir ein paar gute Ideen entwickeln, dann gehe ich da nochmal ran. Ansonsten muss die nächste Geschichte dann zeigen, ob ich auch anders kann ...

gab keine Ecken und Kanten und Wendungen - wenig Spannung, wenig Herzklopfen halt.
ich bin dran

Schön! Ich habe die kleine Ziecke sofort gern. Auch alles weitere, was sie in den nächsten Zeilen von sich gibt. Das klingt sehr authentisch, finde ich.
über das authentisch freue ich mich riesig, ich hoffe das bezeiht sich auch auf die Dialoge, da gab es sonst immer massenhaft Kritik

Ich liebe diese Göre, echt. Und auch deine zauberhaften Details. Allein das ist pure Lesefreude.
:herz:

Na ja, vielleicht will ich doch nicht. Handy kein Ding, aber ohne Internet ...
ja, da ist bei mir auch die Grenze, ich rede mich dann immer als Ausgleich mit meinen verkrusteten Gärtnererinnenhänden raus, die "erden" mich

Ich mag übrigens, wie du den Eugen gezeichnet hast.
ich auch, so hat er sich bei mir helt entwickelt, da wollte ich ihn nichts doofes tun lassen

Ein Satz. Hätteste die mal bisschen länger leiden lassen. Und öfter
ist ja gut, ihr seid aber auch alle gemein, blutrünstig, tränensüchtig, ...

Liebe Fliege, ich danke sehr für die schöne Copywrite-Runde, das ich mitmachen durfte und es dann sogar hinbekommen habe - oh wie schön!
betse Grüße
witch (ich esse morgen ein Stück Torte für Dich mit, da opfere ich mich sozusagen)


Liebe @wieselmaus

Du hast dir wahnsinnige Mühe gegeben, den Quelltext zu "übersetzen".
Ganz lieben Dank, das Du mir das noch einmal versicherst. Ja, mir war die Nähe zum Original vielleicht noch etwa zu wichtig, da werde ich beim nächsten Mal sicherlich mutiger. Oder ich mache nochmal eine zweite Version, doch diese gefällt mir halt auch

Natürlich läge ein Tod im Wattenmeer ziemlich nahe, zu nahe, um den Leser zu überraschen.
ja, und das wollte ich einfach nicht

So fände ich es wunderbar, wenn du später einmal deine Geschichte neu definierst. Ich glaube, dann kommen von ganz allein spannende Elemente mit hinein.
vergnügliches Wochenende mit den anderen Kriegerinne
mal schauen, ob wir morgen bei Baisertorte und Cappuccino nicht gemeinsam auf ein paar gute Ansätze kommen.

Hallo @Friedrichard ,

Nee, eben nicht.
lieb, das Du mir das nochmal besser erklärst, dann gebe ich mich mal zufrieden, dass ich überhaupt schon mal nachgeschaut /also gestutzt hatte.

Der gute Meuvind hat nun auch noch ein paar interessante Hinweise gebracht, spontan würde ich ja einfach antworten, "der Friedel war schon da!, sollte also alles stimmen,"
Danke wie immer für Deine professionelle Hilfe, ich versuche es mir einzuprägen.

Moin, moin @Meuvind ,

wenn ich es schon nicht zum Stammtisch schaffe, will ich dir wenigstens einen Kommentar da lassen.
Das ist super lieb von Dir, auch wenn Du ja eigentlich an Deiner Geschichte arbeiten solltest

Muss das nicht wünsche, wegen Präsens?
Ja, da wäre ich sehr geneigt, Dir Recht zu geben, ich schaue es mir morgen noch einmal an.

Keine Ahnung, ob das richtig ist, aber der Wanderung klingt einfach nur grausam.
dazu schrieb Friedel
Korrekt Dativ „auf der Wanderung“ (i. d. R. wird Dativ bevorzugt, wenn „bestehen auf“ ein festhalten an und ein durchsetzen von meint)
ich glaube ihm das gerne, auch wenn ich Dir recht geben muss - hört sich echt bäh an

Das Fettgedruckte würde ich vielleicht rausnehmen, irgendwie klingt das so gekünstelt.
ja, da skaufe ich wohl

Ich lese das mit vor dem Pausbacken und halte das noch im Hinterkopf, und bin dann bei "mit braungebrannt" irgendwie verwirrt.
interessanter Gedankengang, so vom "allgemeinerem zum speziellen?

Ohne Bücken ist irgendwie umgangssprachlich.
jo

Nicht vor dem?
auch besser, die Änderungen müssen aber bis morgen warten. Man, ich wollte doch noch mindestens eine andere Geschichte kommentieren, wo bleibt nur die Zeit

Deshalb finde ich es auch passend, dass sie sich nach dem Ende der sechs Wochen nicht vollkommen geändert hat. Sie hat sich geändert, aber eben nicht so weit, dass ich es ihr nicht abkaufen würde.
Prima, das war genau mein Gedankengang. Natürlich haben die Kritiker durchaus Recht, da fehlt Spannung in der Geschichte, aber zumindest diese Entwicklung im Suchtverhalten, wollte ich so ruhig, ausgeglichen habe. Prima, das es bei Dir ankommt-

Dann sei schön fleißig am Wochenende, ich bin wirklich traurig, das Du nicht dabei bis, denn im September sehe ich bei mir schwarz. Schauen wir mal ...
beste Grüße
witch

 

Liebe @greenwitch ,

Meine Daumen tippen rastlos eine Nachricht in den Wind.
Ich finde das alles wunderschön erzählt und möchte am Liebsten sofort Urlaub auf der Hallig machen, um mich von meiner Wortkriegersucht zu heilen. (Glücklicherweise kriege ich alles, Idylle, Baisertorte plus das Forum.;))

Du hast am Sonntag die Frage gestellt, wie man in die Geschichte noch etwas mehr Spannung, einen Konflikt bringen könnte und hattest dazu auch Ideen. Das ist mir noch im Kopf herumgegangen.
Im Moment ist es ja so, dass Moni die Handysucht hat, wie die Prot. bei wieselmaus die Tuberkulose. Sie wird durch Entzug geheilt und eigentlich auch bekehrt. Die Eltern sind sehr souverän, gucken mal besorgt, aber die Erwachsenen in der Geschichte machen immer alles richtig und alles, was sie für Moni arrangieren funktioniert bestens. Auch der "Psychoheini" hatte mit allem recht. Ich bin jetzt echt nicht die Rebellin, aber da musste ich schon zucken.

Bei @wieselmaus gab es ja ein Drama in der Gastfamilie. Ich frage mich, ob es nicht in Monis Familie etwas geben könnte, was ihren Umgang mit den Medien so destruktiv gemacht hat, abgesehen von dem Suchtpotential die solche Medien einfach haben. Immerhin ist sie offenbar kaum noch in die Schule gegangen, im Gegensatz zu ihren Freundinnen. Vielleicht könntest du uns mehr von den Dramen spüren lassen, die sich vor der Erziehungsmaßnahme abgespielt haben. Und auch von dem, was in der Familie das Symptom hervorgebracht hat. Es würde vom Stil her vielleicht nicht zu der Geschichte passen, wenn die Eltern sie abholen und ihr dann beibringen, dass sie sich trennen werden, aber sowas in der Art meine ich.

Meine Mutter streichelt mir über die Wange und geht mit federnden Schritten weiter.
Das sie das in der Situation zulässt, wundert mich. Da würde ich erwarten, dass sie sich wegdreht.

„Kommt rein! Ist heute zwar nicht windig, aber für Euch wohl doch.“
Vielleicht etwas entzerren? Dass die Mutter was vom Sturm sagt und die Tante reagiert erstaunt, oder so.

Ist ziemlich blöd, den eigenen Körper nicht richtig im Griff zu haben.
Das mit dem Essen vergessen und nicht alles mitkriegen, finde ich nicht so schlimm, aber wer will schon ‚zwanghaft‘ sein?
Sie ist so einsichtig.

Oh, wie gerne würde ich Maria ein Bild schicken.
Das finde ich gut, so Situationen, wo sie sonst zum Handy gegriffen hätte. Das könnte, gerade zu Beginn noch viel öfter sein.

Der alter Fischer ist noch schweigsamer als ich, spuckt oft brauen Priem in ein kleines Töpfchen, dass er fast ständig in seiner rechten Hand verborgen hält.
Ein r zuviel.

Andächtig drücke ich die Kurzwahltaste für das Handy meiner Mutter. Sie ist sofort dran, als hätte sie auf meinen Anruf gewartet. Nach einigen Sekunden gegenseitigem Schweigen, um der Anderen den Vorrang zu lassen, plappern wir beide durcheinander. Es ist so schön, ihre Stimme zu hören, sie scheint stolz auf mich zu sein, will alles wissen, was wir so machen.
Sie ist wirklich sehr brav. Unfassbar höflich.

Es fühlt sich seltsam an, als sei ich auf einem ganz anderen Planeten, den man nicht beschreiben kann. Ihr geht es wohl nicht anders, denn außer dem Hinweis, dass ich es toll hätte, solange ohne Schule, fällt ihr nichts Neues ein.
Schöne Stelle, wie sie sich fremd geworden sind.

Für mich ist diese Insel ein Sehnsuchtsbild. Gute Luft, sinnvolle Tätigkeit, Kreativität, leckeres Essen, liebevolle Strenge und Natur.
Als Copywrite finde ich es gelungen, es sind schöne Ideen drin, das macht Spaß, die vielen Details aus der Geschichte von wieselmaus wieder aufgegriffen zu finden. Auch der Titel, in Anspielung auf das Original ist toll gewählt und passt toll zu deiner Geschichte, in der kaum Hölle, aber sehr viel Erde vorkommt. Sie ist rund, deine Geschichte.

Herzliche Grüße von Chutney

 

Hej @greenwitch ,

die @wieselmaus ist mir ja nun mal ans Herz gewachsen (da hängt sie mit manch einem dran herum) und weil ich alle Copywrite-Geschichten zumindest lesen will ... na ja, da kommentiere ich eben deine sehr gerne.

„Trink was, dann wird dir wärmer.“
Ganz weit im Dunst kann ich die Umrisse von einigen weißen Häusern erkennen, die sich ins Gras ducken, nicht viel größer als die Schafe mit ihren Lämmern, die jedes Mal davonlaufen, wenn wir uns nähern. „Mir ist nicht kalt, mir ist langweilig.“

Super, die Kleine!

Meine Daumen tippen rastlos eine Nachricht in den Wind.

Das Bild krieg ich nicht so gut zusammen, ehrlich gesagt.

Meine Mutter atmet tief ein und aus. „Das ist das Watt, das Salz und all der ungewohnte Sauerstoff – wird dir gut tun.“

Auch keine angemessene Reaktion der Mutter auf die vorherige Aussage. Na ja, so sindse. ;)

„Kommt rein! Ist heute zwar nicht windig, aber für Euch wohl doch.“

Mir würde die Aussage noch besser gefallen, wenn der Zusatz nicht wäre.

„Ja, auf dieser Seite ist auch bei Ebbe immer Wasser, der Priel ist gleichzeitig Fahrrinne, ziemliche Strömung, das kann Eugen dir alles zeigen.“

Wieso heißt der eigentlich so? Heißen Kinder von einer Hallig nicht eher Lasse oder Uwe oder Sven? So denke ich über den Namen nach und überlege, was dahinter stecken könnte.

doofen Fragen von Krumpeln und noch dooferen Antworten.

Kenn nur ich keine Krumpel?

„Mach die Zimmertür nachts ordentlich zu, der Hund ist auf dem Hof, aber die Katzen schleichen sich gerne mal ins Bett.“ Von da an, lasse ich die Tür immer einen Spalt auf und nachts schnurren mich mindestens zwei Katzen in den Schlaf.

Das ist zuckersüß.

Als Eugen anfing im trockengefallenen Watt Muscheln, Holzstücke, aber auch Puppenarme, Anglerposen und Korken aufzusammeln, wurde ich neugierig.

Da hab ich wieder was gelernt: trockengefallener Watt.

„Willst mit?“
Ich gucke ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an.
„Festland,“ antwortet er.
„Länger?“ Das letzte Mal sind wir rüber gefahren, haben einmal an der Sparkasse angehalten und anschließend ging es zurück auf die Hallig.
„Ne.“
„Dann nicht.“

Gute Anpassungsfähigkeit hat das Deern.

Ich rede drei Tage kein Wort mit ihm.

Merkt der gar nicht. :lol:

Am liebsten mag ich das vom Wasser geformte, rundgeschliffen Holz.

Ich auch.

Fischschuppen und Gischt aus dem Gesicht wischen.

Hast du den Satz mal laut gelesen? Ich hatt’ da so meine Müh und Not. :D

Schon @wieselmaus ’ Geschichte, nah an der Natur, hat mir viel Freude bereitet. Und deine, verlagert in den herrlichen Norden, ebenfalls.

Danke für diese Geschichte, die einen zartfühlenden Umgang mit einem Problem unserer Zeit aufweist, Kanji

 

Moin, moin @Chutney ,
oh wie schön, das Du mir doch noch einen Kommentar da lässt, mündlich war das ja schon sehr nett.

Ich finde das alles wunderschön erzählt und möchte am Liebsten sofort Urlaub auf der Hallig machen,
:bounce: oh, wie freut mich das und schreiben für Urlaubsgefühle ist doch gar nicht so schlecht (ich sehe jetzt unsere noir und Horrorschreiber mit einer Gänsehaut vor mir :D)

Die Eltern sind sehr souverän, gucken mal besorgt, aber die Erwachsenen in der Geschichte machen immer alles richtig
ja, es ist schon wirklich sehr brav, vielleicht kommt so etwas bei mir raus, wenn ich im Urlaub schreibe?

Ich bin jetzt echt nicht die Rebellin, aber da musste ich schon zucken.
ist ja gut, ich gehe nochmal ran und mache was böses

Vielleicht könntest du uns mehr von den Dramen spüren lassen, die sich vor der Erziehungsmaßnahme abgespielt haben. Und auch von dem, was in der Familie das Symptom hervorgebracht hat. Es würde vom Stil her vielleicht nicht zu der Geschichte passen, wenn die Eltern sie abholen und ihr dann beibringen, dass sie sich trennen werden, aber sowas in der Art meine ich.
witzig, Scheidung war mir abends auch eingefallen, einfach nur Ehekrach angedeutet, langsam steigernd, Ihr habt ja Recht, das Leben ist kein Ponyhof

Da würde ich erwarten, dass sie sich wegdreht.
gute Idee

Sie ist so einsichtig.
aber irgendwie sehe ich sie genauso vor mir, sie ist aus der Bahn, aber im Kern eine ganz liebe, brave, deshalb ist die Internetsucht auch eher ein Ventil, ich schaue mal, ob ich es besser machen kann

Das könnte, gerade zu Beginn noch viel öfter sein.
uff, ich wollte doch schon mit der nächsten Geschichte starten, bin gerade so schön motiviert. Okay, ich gehe hier noch mal ran.

Ein r zuviel.
wo kommt das denn jetzt noch her?

Sie ist wirklich sehr brav. Unfassbar höflich.
so ist sie halt, nicht alle jungen Mädchen sind Zicken (oder nur zickig)

Als Copywrite finde ich es gelungen, es sind schöne Ideen drin, das macht Spaß, die vielen Details aus der Geschichte von wieselmaus wieder aufgegriffen zu finden.
Sie ist rund, deine Geschichte.
Insgesamt nehme ich das aber als Lob und freue mich total, das die Geschichte für Dich funktioniert hat. So eine Copy ist eindeutig schwieriger, als ich erwartet hatte

Moin, moin @Kanji ,

... na ja, da kommentiere ich eben deine sehr gerne.
Ist doch schön, auf solchen Verbindungswegen zu einem lieben Kommentar zu kommen. Dankeschön!

Super, die Kleine!
Ja, Prots entwickeln mag ich, nun muss ich bloß noch lernen, ihnen das Leben nicht zu leicht zu machen ...

Das Bild krieg ich nicht so gut zusammen, ehrlich gesagt.
Achte mal drauf, kann man tatsächlich bei jungen Leuten beobachten

Auch keine angemessene Reaktion der Mutter auf die vorherige Aussage. Na ja, so sindse. ;)
Tja, hier ist wohl durchaus noch Konfliktpotenzial, ich versuche mal die Sommerhitze für eine Überarbeitung zu nutzen

Mir würde die Aussage noch besser gefallen, wenn der Zusatz nicht wäre.
schaue ich mir an, Du bist nicht die Einzige mit diesem Hinweis

So denke ich über den Namen nach und überlege, was dahinter stecken könnte.
Ha, da warte ich schon die ganze Zeit drauf. Passen ja wirklich nicht so recht hier im Norden. Meine "Ausrede" - Weitergabe eines traditionellen Namens aus der Familie, denn Original stammen sie aus dem Schwarzwald, Moni lebt jetzt in Stuttgart. Aber irgendwie passte es nicht in die Geschichte, also nur Hintergrundwissen der Autorin. Komme ich damit durch?

Kenn nur ich keine Krumpel?
Nö, aber Du bist hier anscheinend die Einzige, die richtig lesen kann! Ändere ich!

Hast du den Satz mal laut gelesen? Ich hatt’ da so meine Müh und Not. :D
Uff, ich mag ihn, kann Dir aber auch nicht wirklich widersprechen, ich behalte ihn im Auge/Ohr/Zunge - na, Du weißt schon ...

Danke für diese Geschichte, die einen zartfühlenden Umgang mit einem Problem unserer Zeit aufweist,
Na, und ich danke erst für den freundlichen Kommentar, man liest sich
Beste Wünsche
witch

 
Zuletzt bearbeitet:

Der Schwarzwald ist einsam, dunkel und voller seltsamer Gestalten - Flucht in die Großstadt

Öhm, von Hamburg ausgesehen ist Freiburg immer so kuschelig, niedlich, dörflich - okay, schlag mich nicht!

 

Hm, Moni wohnt ja in Freiburg. Das wahr auch schon vor sechzig Jahren eine Großstadt, wenn auch eine kleine ;)

 

Liebe @greenwitch,

deine Geschichte hatte ich gleich nach dem Einstellen gelesen und es gab keine Hindernisse, ich habe vom Anfang bis Schluss alles verstanden. :D Ich handhabe es meistens so, dass ich erst die Kopie lese und probiere zu erkennen, um welches Original es sich handeln könnte.
Der Titel hatte mir schon den entscheidenden Hinweis gegeben, aber hier war ich mir ganz sicher:

Meine Mutter atmet tief ein und aus. „Das ist das Watt, das Salz und der ungewohnte Sauerstoff – wird dir gut tun.“ Besorgt schaut sie mich an. „Ich freue mich drauf, dich braungebrannt und mit Pausbacken wieder abzuholen.“
Ja, das ist die Gumpen-Geschichte von @wieselmaus. Eine gute Wahl, eine interessante Umsetzung.

Seit über einer Stunde wandern wir auf der Betonspur durch kurzes Gras und die Hinterlassenschaften der Schafe, die uns missmutig beobachteten. Entlang des schmalen Fahrdamms, inmitten von Nichts. Es ist so platt, kein sehenswerter Punkt, bloß Wiesen, Matsch, aufgeschüttete Steine und das ewige Gekreische der Möwen. Der Wind kommt gefühlt immer von vorne, egal wie ich mich drehe.
Es wir wohl schwer werden, der Göre irgendetwas recht zu machen. Ihre Opposition zeigst du ausgezeichnet.

„Mir ist nicht kalt, mir ist langweilig.“
Ja, das geht gut los.

„Außerdem stinkt es hier.“
Genau! Was sind das bloß für Menschen, die es auf der Hallig aushalten?

„Braungebrannt im März? Alles klar! Sechs Wochen ohne Handy, ohne Instagram und ohne meine Freunde, das geht einfach nicht.“
„Das geht! Vielleicht bist du ja die erste zwölfjährige in Deutschland, die so was Hartes übersteht.“
Das Thema Abhängigkeit von Netz und Social Media betrifft ja nicht nur die Jugend in unserer Gesellschaft. Stell dir vor, wir wollen WK aufrufen und die Seite ist verschwunden, wir wären total abgeschnitten :confused:.

Ich kann sie jetzt schon nicht leiden.
schmunzel

Hier leben garantiert Spinnen und diese ekligen Staubmilben und wer weiß, was noch. Und von WLAN ist nur zu träumen.
an glotzende Spinnen im Original kann ich mich noch gut erinnern

Denen werde ich es zeigen, die paar Wochen schaffe ich irgendwie, hoffe ich. Mein Blick irrt durch den fremden Raum.
Die Kleine kann ich mir gut vorstellen und ich mag sie mit ihrem Trotz.

Ich gestehe, manchmal werden mir die Beschreibungen etwas zu viel, die bremsen stark die Handlung aus. Das Uhren-Ding hätte ich nicht gebraucht, auch ohne würde der Geschichte nichts fehlen.

Tante Rosemarie legt mir ein Riesenstück auf den blauweiß gemusterten Teller, der aus so dünnem Porzellan ist, dass ich ihn bestimmt mit der Gabel zersteche. Warum gibt es hier keine Keramikteller von Ikea?
schönes Detail, und so schön kurz und knapp

„Ja, auf dieser Seite ist auch bei Ebbe immer Wasser, der Priel ist gleichzeitig Fahrrinne, ziemliche Strömung, das kann Eugen dir alles zeigen.“
aha, der Gumpen-Ersatz

Mit einem Zucken nehme ich darunter einen Emailletopf war.
nehme wahr,

Meine Hände tasten wieder nach dem Handy. Nachdem der Psychofritze mir das in einem Video gezeigt hat, erwische ich mich oft selbst dabei.
interessante Beobachtung

... ist ein Band befestigt, daran ein aus Papier gefaltetes Ding. Als ich vorsichtig meine Finger hineinstecke, öffnet es sich mal rot, mal blau. Witziges Teil, aber wozu?
ja Himmel und Hölle aus dem Original

Mein Blick fällt auf den Zeichenblock, ich setze mich an dem kleinen Tisch und skizziere die Umrisse eines Handys. Wie von selbst entsteht mein derzeitiges Hintergrundbild, eine Eule mit dicken Brillengläsern. Meine Hand streicht über das Display, tippe automatisch auf die Touchscreenfelder – nichts. Neben der Handyskizze ist genügend Platz für kleine Quadrate in Sprechblasenform. Erst eine Nachricht an Maria, meine beste Freundin ‚Du fehlst! Saualtmodisch hier, nur Schafe, auch zweibeinige.‘ Als Status zeichne ich ein strohgedecktes Haus und viele Schafe unter Wasser. Ich fülle das Blatt mit Bildern von Spielen, meinem Lieblingschat, doofen Fragen von Kumpeln und noch dooferen Antworten. Den Ruf meiner Tante ignoriere ich, Familie interessiert mich nicht.
für mich eine starke Szene - Sucht kann etwas Wunderbares sein

„Himmel und Erde. Willst du?“
Ich nicke ohne ein Wort. Was auch immer es ist, es riecht unglaublich lecker.
Gibt es dass Gericht wirklich?

Während ich mit Tante Rosi Radieschen aussäe, Salat in den Frühbeetkasten pflanze und immer wieder meinen Lieblingsplatz auf dem Dach der Gartenlaube besteige, vergeht die Zeit. Wenn es ganz schlimm ist, zeichne ich immer noch ein Handy und streiche über die Tasten, lasse imaginäre Chats entstehen und beantworte die ausgedachten Fragen meiner Freunde. Dann zerreiße ich die Blätter und werfe sie in den Wind.
Armes Kind! Kann die Abgeschiedenheit und der erzwungene Entzug wirklich Erfolg haben?
Zurück im Alltag wird es doch sowieso wieder von vorne losgehen. Da greift der Psychofritze wieder ein?

Onkel Karl nickt und steht auf. Ich lausche, schleiche zur Abwäsche und greife hastig nach dem Handy. Ein leichtes Zittern durchläuft mich, ich halte den Atem an und streiche über das Display – nicht gesperrt. Tief ausatmend setze ich mich an den Tisch und gehe online in mein Lieblingsforum. Schnell checke ich, wer online ist und meine Daumen hämmern auf die Tastatur ein.
Eine große Hand legt sich über das Display, zieht das Handy ohne Anstrengung aus meiner Reichweite und ich höre Eugen brummeln: „Sollst nicht!“
die Stelle mag ich sehr

Nach einigen Sekunden gegenseitigem Schweigen, um der Anderen den Vorrang zu lassen, plappern wir beide durcheinander.
nach intensiven Recherchen behaupte ich, anderen immer klein, gibt nur wenig Ausnahmen

Und ich darf einmal die Woche anrufen, obwohl ich mir sicher bin, dass wir schon heute alle Silben verbraucht haben.
gefällt

Ich tippe ihr eine Nachricht, mache ein Foto mit Halligküste, Nordsee und Sonnenschein und weiß nicht, was ich noch schreiben soll. Es fühlt sich seltsam an, als sei ich auf einem ganz anderen Planeten, den man nicht beschreiben kann. Ihr geht es wohl nicht anders, denn außer dem Hinweis, dass ich es toll hätte, solange ohne Schule, fällt ihr nichts Neues ein.
Das sind Hinweise darauf, dass eine Entfremdung stattgefunden hat und der Austausch auch sonst nur Belanglosigkeiten enthielt?

Jeden Montag liegt jetzt das Handy neben meinem Frühstücksschälchen. Über Fische räuchern, Netz flicken, Fliegenfänger wechseln und Schafe zeichnen, merke ich gar nicht, wie schnell die Zeit vergeht.
Heute backen Tante Rosi und ich endlich die Baisertorte. Als erstes muss ich einen Biskuitteig anrühren, streng nach Rezept. Dann soll ich die Baisermasse zubereiten, während meine Tante Pflaumenmus aus der Vorratskammer holt. Beim ersten Versuch scheint irgendetwas nicht zu klappen, die Masse wird nicht steif. Skeptisch stochere ich in der Schale herum, versuche es mit einer anderen Geschwindigkeit des Mixers. Tante Rosi blickt in die Rührschüssel, runzelt die Stirn und schaut auf die Zutaten.
„Wann hast du den Zucker reingetan?“, fragt sie.
Ich antworte: „Gleich nach dem Eiweiß.“
„Erst das Eiweiß steif schlagen, danach den Zucker einrieseln, sonst waat dat nichts.“
„Dann löst sich der Zucker nicht auf.“
„Doch, musst du länger rühren.“
Also das Ganze nochmal. Dafür wird der Eischnee jetzt richtig fest und glänzt seidig. Ich tauche meine Finger hinein und lecke sie genussvoll ab.
Wir backen zwei Böden, erst kommt die Hälfte des Biskuits in die Form, darauf die Hälfte der Baisermasse. Ich darf die Backformen in den heißen Ofen schieben, dann bleibt nur der Blick durch die Glastür. Tante Rosi schiebt mir die Teigreste zu.
Diesen ganzen Abschnitt hätte ich nicht gebraucht. Du willst zeigen, nicht nur behaupten, auf welche Weise Moni von ihren Problemen abgelenkt wird und wie gut ihr die Beschäftigung tut, schon klar.

Onkel Karl hält mir ein Tablet hin. Ich bin so verwirrt, das ich ihn mit offenem Mund anschaue.
„Kannst du damit?“, fragt er mich.
Ich nicke.
„Zeigst du mir, wie?“
die praktische Seite technischer Errungenschaften, Monis Wissen ist gefragt

Ich schließe meinen trockenen Mund und schaue fragend zu Onkel Karl. Der schüttelt sich und legt das Tablet mit einem angewiderten Blick hin.
„Das will ich nich!“
Doch nicht so einfach, die Eingeborenen zu überzeugen?

„Was willst du dann?“ frage ich.
Er holt tief Luft, überlegt und kaut anscheinend auf der Antwort noch einmal herum.
„Ich will lesen und schauen, was mein Freund Paul in Norwegen macht. Er sagt, das geht.“
„Hat er ein Smartphone?“
schöner Haken, ganz ohne geht's doch nicht

Tante Rosmarie ruft zu Kaffee und Kuchen und die Männer zeigen ihr stolz das Neugelernte. Ich rufe Instagram und hunderte von tollen Tortenbildern für meine Tante auf.
schön, dass du Moni eine Genugtuung gegönnt hast

Hier draußen ist es so eindeutig, was wichtig ist. Ich komme gar nicht dazu, mein Handy zu vermissen, habe alle Hände voll mit Angelködern, Fischschuppen und Gischt aus dem Gesicht wischen.
bei aller Liebe zum Happy End, diese Gedankengänge nehme ich der Hauptfigur nicht ab :lol:

Eine liebenswerte Kopie, bei der ich die Atmosphäre sehr gelungen beschrieben finde, ich kann die Schafe blöken und das Meer rauschen hören, es riecht nach Salz und der Wind zerrt an meiner Kleidung. Du kennst dich in der Gegend wohl gut aus?
Ab und zu dachte ich, könnte man straffen und der Handlung Geschwindigkeit geben. Das ist keine Kritik, mehr ein Empfinden, das meiner Vorliebe für kurze Kurzgeschichten entspringt. Außerdem steckt da eine Schweinearbeit drin, warum also streichen?

Die Erzählstimme der Jugendlichen hast du gut getroffen, auch ihre Nöte. Im Gesamteindruck ist mir allerdings alles etwas zu friedlich, zu liebenswert, was dafür sorgt, dass die Gefährlichkeit und das Bedrohliche diese Abhängigkeit zugedeckt wird.
Und letztendlich würde ich mir wünschen, dass es für diese Art Problem wirklich so eine einfache und wirkungsvolle Lösung gibt. Du erkennst meinen Zweifel?
Dein Copywrite hat mir gut gefallen - und was das Wichtigste ist - ich hab alles begriffen. Kleiner Scherz!
Die Kommentare hab ich nicht gelesen, sollte sich etwas doppeln, auch nicht tragisch, hält ja bekanntlich besser.

Liebe Grüße von peregrina

Eine Bitte hab ich noch. Könntest du mich an darauf aufmerksam machen, wann der Schreib-Marathon beginnt? Das krieg ich nicht mit, weil, so oft bin ich nicht im Netz.

 

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