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Willkommen im Paradies!

Monster-WG
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20.08.2019
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Willkommen im Paradies!

Angewidert schaut Inés sich um. Die zuckenden Leiber, die zu den Elektro-Beats des DJs ihren Rhythmus finden. Die Mädchen in ihren Minikleidchen, Hot-Pants und Negligés, die ihre Hintern an den Schößen der Gäste reiben. Kaum eine von ihnen ist volljährig. Gierige Finger, begehrliche Blicke, schmutzige Berührungen, Worte voller Vulgarität. Ein bulliger Kerl mit Goldzähnen und kahlrasiertem Schädel, der eine Rothaarige an sich presst, seine Hand schiebt sich langsam unter ihren Rock. Ein anderer kann sich kaum auf dem Sessel halten, streicht sich die schmierigen Strähnen aus der Stirn, beugt den Kopf nach vorne Richtung Glastisch und zieht sich eine Line rein. Inés wendet sich ab, betrachtet die chromfarbene Bar, den Ventilator an der Decke, der die rauchgeschwängerte Luft durcheinanderwirbelt, die Gerüche nach Marihuana, Alkohol und Schweiß verteilt. Sie schüttelt sich, reibt sich über die Arme. Wie sehr sie dieser Ort anwidert: El Paraíso. Was für ein Name für ein Bordell. Seit fast zwei Jahren ist sie eine Gefangene im Paradies.

Sie nimmt sich ein Glas Champagner, geht nach draußen auf die Terrasse. Ihr Blick verliert sich in der Weite des Grundstücks. Gepflegte Rasenfläche, gestutzte Rosenbüsche, am Ende des Geländes ein vier Meter hoher Stacheldrahtzaun und über ihr der Himmel. Mit hängenden Schultern lauscht sie dem Zirpen der Zikaden, betrachtet den Mond, der hin- und wieder durch die Wolkendecke blitzt, mit seinem silbrigen Schein alles in ein sanftes Licht taucht. Hoch über den Pinien kreist ein Bussard. Sie bewundert die ausgebreiteten Schwingen, die Eleganz des Flugs, die klaren Konturen, die sich im Mondlicht abzeichnen. Der Vogel stößt einen langgezogenen Laut aus, als würde er sie rufen. Wie gerne würde sie fliegen können. Wie gerne wäre sie frei.

Die Terrassentür wird geöffnet, die Beats des DJs dringen hinaus in die Stille, mit der Ruhe ist es vorbei. Inés schließt die Augen, schwingt ihre Hüften, einfach nur für sich selbst. Ein kühler Luftzug streichelt ihre Haut. In Gedanken spürt sie Césars grobe Finger auf ihren Brüsten, bevor er sie an sich reißt, seine Zunge in ihre Ohrmuschel schiebt, sie auffordert, sich hinzulegen, die Beine zu spreizen, und mitzumachen. „Zeig den Männern, wie sehr du sie begehrst, dass sie dich anturnen“, raunt er.
Hastig blinzelt sie, dreht sich im Zeitlupentempo um, hebt die Lider, starrt den Mann an. Es ist nicht César, ihr Boss, sondern ein sommersprossiger Typ Anfang sechzig, der sie angrinst. Nussbraune Augen, Grübchen am Kinn, billiger grauer Anzug, ausgelatschte Schuhe. Er kommt ihr bekannt vor. In dem Moment, als er die Ärmel hochkrempelt und sie das Tattoo auf seinem rechten Handgelenk sieht, wird es ihr klar. Es ist Paolo, ein Freund ihres Vaters.

Bedächtig kommt er näher. Ihre Nackenhärchen richten sich auf, ihr Herz hämmert in der Brust, als er vor ihr verharrt. Sie schluckt, kriegt den Kloß im Hals nicht runter, weicht einen Schritt zurück, schämt sich in Grund in Boden. Unter keinen Umständen kann sie Vaters Kumpel bedienen. Schon meldet sich Césars Stimme in ihrem Ohr: „Komm! Mach ihn heiß! Streng dich an!“ Sie beißt sich auf die Unterlippe, bringt die Stimme zum Schweigen.
„Inés! Ich fasse es nicht. Was zum Teufel machst du hier?“ Sein Blick gleitet über ihren Körper, verweilt auf ihrem Gesicht. Er tritt von einem Fuß auf den anderen, wischt sich die Hände immer wieder an seiner Hose ab. Schweißtropfen glitzern auf seiner Stirn.
Ihre Augen weit aufgerissen, die Scham, das Bewusstsein, dass nur ein Hauch Stoff ihre Kurven verhüllt. Plötzlich sind da die Erinnerungen an früher: Paolo, wie er die Schaukel im Garten für sie höher schwingen lässt, wie sie vor Freude juchzt. Paolo am Herd neben Vater, wie er die Pizza aus dem Ofen zieht, der Duft von Oregano, Basilikum und Käse. Wie sie gemeinsam am Küchentisch sitzen, die Männer derbe Witze reißen, mit Bierflaschen anstoßen.
Und jetzt sein Gesichtsausdruck. Ist es Erstaunen? Abscheu? Begierde? Sie fixiert ihn, trinkt einen Schluck Champagner, um die Trockenheit in ihrer Kehle zu beseitigen.
„Hat es dir die Sprache verschlagen?“, fragt er kaum hörbar.
„Ehrlich gesagt ja. Hab nicht damit gerechnet, dich im Paradies zu treffen. Willst wohl ein wenig
Spaß?“
Er schüttelt den Kopf, setzt zu einer Erklärung an, während er ein Taschentuch aus der Hosentasche zieht und sich die Stirn abwischt.

„Was denn sonst?“, flüstert sie. „Das wollt ihr doch alle. Die Sau rauslassen. Den Alltag für ein paar Stunden vergessen. Darum kommt ihr her.“
Paolo ringt die Hände, schiebt die Hände in die Hosentasche, stammelt irgendetwas Unverständliches.

In dem Moment tritt César nach draußen, gesellt sich zu ihnen, legt Inés den Arm um die Schultern. Schlagartig befindet sich ihr Körper in Alarmbereitschaft.
„Wie ich sehe, habt ihr euch bekannt gemacht. Paolo ist ein alter Freund von mir. Na, Kumpel. Zufrieden mit dem Angebot?“
Inés versteift sich. Soll sie ihrem Chef sagen, dass sie Paolo kennt? Als ob ihn das interessieren würde. Nur Geld zählt, der Rubel muss rollen.
„Boss, kommst du bitte rein? Wir brauchen dich!“, ruft César’s Assistent von drinnen.
César lächelt, hebt die Hände. „Ich bitte um Entschuldigung. Der Hausherr muss sich um die Gäste kümmern.“
Paolo nickt ihm zu.
César presst seine Lippen auf Inés‘ Mund, ein Klaps auf den Hintern, sie zuckt zusammen. Die Striemen brennen immer noch wie Feuer. Für eine Sekunde ist sie wieder im Folterkeller, über den Strafbock gebeugt, die Handgelenke fixiert, César hinter ihr. Die Peitsche zischt durch die Luft. Sie reißt sich aus der Erstarrung.
„Kümmere dich gut um Paolo. Er hat ein wenig Spaß verdient.“ Césars Stimme duldet keine Widerrede.

Inés wartet, bis César im Haus verschwunden ist, wendet sich Paolo zu, während sie die Nägel in ihre Unterarme gräbt. Ein Gefühl tiefer Ermattung überfällt sie, Schwäche, ihre Knie werden weich. Sie weiß nicht, was sie sagen soll, wie sie ihm erklären soll, dass sie nicht freiwillig hier ist, dass es nicht geht. Er und sie. Ein Ding der Unmöglichkeit.
„Seit wann arbeitest du als Hostess?“ Er schaut sie an, tastet nach ihrer Hand. Eine kurze Berührung. Sie verharrt, kann sich nicht bewegen, weiß nicht, wie sie diesen Mann küssen soll, befriedigen soll. Ihm kann sie nicht vormachen, dass er sie auf Touren bringt. Er ist ein Freund ihres Vaters, gehört praktisch zur Familie. Wie soll sie ihm etwas vorspielen, für ihn stöhnen, ihn anfeuern. Das geht einfach nicht. Sie entzieht sich seinem Griff, steht unschlüssig vor ihm, ihre Hände krampfen sich um das Glas. Ihr Gesicht sackt nach unten, sie starrt auf den Boden.
„Der Laden wirkt sehr gepflegt, alles vom Feinsten.“ Zur Bekräftigung nickt er. „Als César mir vor zwei Tagen die Modellkartei gezeigt hat, konnte ich es kaum fassen. Musste herkommen. Mich davon überzeugen. Inés Monteiro im Paradies.“ Ein dröhnendes Lachen, er reibt sich die Hände. „Also, wie bist du hier gelandet?“
„Wie naiv bist du, Paolo?“, zischt sie. „Ich hatte nie eine Chance. Zwei Typen haben mich in einen Lieferwagen gezerrt. Seitdem bin ich in dieser Hölle!“
Er schweigt, runzelt die Stirn. Sie driftet ab, hängt am Andreaskreuz wie ein Stück Fleisch, gefesselt, spürt die Klemmen in ihren Brustwarzen, den Rohrstock auf ihrer Haut. Die Hiebe, so hart, gnadenlos. Sie hört die Erniedrigungen: „Drecksstück! Miese Fotze! Schlampe!“ Das höhnische Lachen, wie sich ein Reißverschluss öffnet. „Mach dein Maul auf, ich stopfe es dir!“ Mit Gewalt unterbricht sie den Strom der Erinnerungen.
„Du willst mich verarschen. César hat mir versichert, dass alle Mädchen aus freien Stücken hier
arbeiten.“
„Vergiss es! Was soll er den Gästen erzählen? Das sind Lügen! Alles Lügen!“ Ihre Stimme klingt schrill, sie holt hastig Luft, sieht ihn an, fasst an seinen Arm. „Paolo, du könntest mir helfen. Sprich mit Papa. Er sucht bestimmt nach mir.“
Paolo schüttelt ihre Hand ab, als wäre sie ein lästiges Insekt. „Deine Eltern denken, dass du dich mit irgendeinem Typen vom Acker gemacht hast. Glaubst du ernsthaft, ich erzähl Ernesto, dass ich ins Bordell gehe?“ Er spuckt auf den Boden.
Sie schluckt, kämpft gegen die Tränen am, kann sie nicht zurückhalten, schluchzt, heißer, konzentriert sich auf ihre Atmung. Da ist der Impuls ihn anzufauchen, in die widerliche Visage zu schlagen. Sie will nur noch weg. Kein Gespräch mit ihm. Diese Farce. Smalltalk. Sie weiß ganz genau, was er will und warum er da ist.
„César hat gesagt, dass die Mädchen jederzeit gehen können. Ich glaube ihm.“
Sie ringt nach Worten. „Hast du dich mal umgeschaut? Stacheldrahtzaun, scharfe Hunde, Wachen.“ Er lacht. „Du veräppelst mich. Gerade eben an der Bar hat mir eine Blondine berichtet, wie gut es ihr hier geht. Wie toll César sich um sie kümmert.“
„Gibst du mir dein Handy?“, fragt sie unvermittelt. Plötzlich hat sie das Gefühl, dass ihr die Zeit
davonläuft. Sie muss kämpfen, muss irgendetwas tun.
Paolos Lachen ist voller Hohn. „Vergiss es, Mädel! Ich leg mich nicht mit César an. Keine Lust auf Komplikationen. Lass uns über etwas Angenehmeres reden.“
„Über deine Frau?“ Inés erinnert sich an Paolos Frau, Barbara heißt sie. Eine Grundschullehrerin, die sich im Kirchenchor engagiert.
Er zuckt mit den Schultern, ein Lächeln umspielt seine Lippen. „Daheim ist sie, glotzt ihre Vorabendserien, macht Strickarbeiten. Wie jeden Tag.“
Sie lässt den Kopf sinken, reibt sich über die Knie. Es ist sinnlos. Fünfundneunzig Prozent der Freier sind verheiratet und geben es offen zu. Nicht einmal den Ehering nehmen sie ab, wenn sie im Paradies sind. Erst vor kurzem hat ein Gast ihr gestanden, dass er direkt aus dem Kreissaal kam, um die Geburt seiner Zwillinge zu feiern.
„Weißt du, Inés. Ich war noch nie in einem Etablissement wie diesem. Das schwör ich dir. Aber Barbara lässt mich seit Monaten nicht mehr ran. Ich sehne mich nach Zärtlichkeit, will gar nichts Hartes, einfach nur berührt werden.“
Sie hebt den Kopf, zieht den Rock ein wenig höher, sodass er den Barcode auf der Innenseite ihres
linken Oberschenkels sehen kann. „Wir sind alle gebrandmarkt.“ Ihr ist nicht klar, warum sie es ihm zeigt. Mitleid will sie nicht. Auf Hilfe wagt sie nicht zu hoffen, aber irgendwie will sie ihm klarmachen, dass er gehen soll. Gehen muss. Er und sie. Gänsehaut überzieht ihren Körper, wenn sie daran denkt. Er packt ihre Hand, hält sie fest umklammert. „Erzähl … Was erlebst du hier so? Muss doch aufregend sein. All die Erfahrungen. Du bist bestimmt eine Granate im Bett.“

In dem Moment wird ihr klar, dass er sie wirklich will. Zu lüstern ist sein Blick. Sie starrt ihn an, wie er sich mit der Zunge über die rissigen Lippen leckt. Ihr wird schwindlig. Sie will die Augen schließen, sich an einen anderen Ort beamen. Nur weg.
„Ich hab das noch nie gemacht, Inés. Aber mit dir. Mit dir könnte ich es mir vorstellen.“ Er schluckt, ein dümmliches Grinsen im Gesicht. „Nur eine Massage. Ganz sanft. Nichts, was du nicht auch willst. Ich zwinge keine Frau zu irgendetwas.“
Das sagen sie alle. Anfangs zieren sie sich, wenn sie zum ersten Mal ins Paradies kommen. Wenn sie keine Erfahrung haben, noch auf Gentleman machen. Die Hemmungen fallen schnell. Auch bei ihm wird es nicht anders sein. Das hat sie im Gefühl. Sie klammert sich an dem Champagnerglas fest. Ihr wird immer heißer, mit jeder Minute, die sie neben ihm verbringt, das Unvermeidliche hinauszögert. Seine Finger gleiten durch ihre schwarzen Locken. „Bist schon ein heißer Feger.“
Sie schweigt. Sehnt sich mit einer plötzlichen Heftigkeit nach einem anderen Leben, einem anderen Ort, einem Ausweg. Die Wirkung des Alkohols breitet sich immer weiter in ihr aus, ist längst nicht genug. „Meinst du das ernst?“, flüstert sie.
„Hast du bei jedem einen Orgasmus?“
Sie lacht auf, kann es nicht fassen! Ist er wirklich so naiv? Obwohl – eigentlich überrascht sie auch das nicht.
Er ringt die Hände, seine Wangen glühen, ein Schweißtropfen fällt zu Boden. „Machst du es auch mit
deinen Kolleginnen? Wollte schon immer mal zuschauen. Muss echt geil sein. Mmh! Du Luder!“
Er beugt seinen Kopf ein wenig näher zu ihr. Spannung liegt in der Luft, sie kämpft mit sich, will ihn anschreien, ihn wegjagen. Und weiß doch, dass sie nicht darf. Denkt an die Konsequenzen, wenn César davon erfährt: das Loch, die Isolation, die Schläge. Mit zitternden Fingern zieht sie einen Fächer aus ihrer Clutch, fächert sie Luft zu, steht auf.
Er erhebt sich abrupt, torkelt ein wenig, seine Nägel fahren über ihren Rücken, sie spürt seine Erektion, rückt von ihm ab, ist kurz davor, zu kollabieren. Schwer atmend trinkt sie den Rest

Champagner in einem Zug. Sie braucht dringend etwas Stärkeres. Ein und ausatmen, die Zigarette aus der Tasche ziehen, anzünden. Der Rauch kräuselt sich träge.
„Du machst mich ganz kirre, Süße“, raunt er. Seine Lippen nähern sich ihrem Mund, sie fühlt die raue Haut seiner Wange an ihrem Gesicht. Sie will nicht, sie kann nicht! Ein Schritt zurück. Das Glas fällt ihr aus der Hand, zersplittert. Sie starrt ins Leere, unfähig, etwas zu sagen. Er würde es nicht verstehen. Sie ist nur ein Rädchen im Getriebe. Eine Puppe, die zu funktionieren hat.
„Noch ist nichts passiert. Das ist kein Ort für dich. Geh nach Hause zu deiner Frau. Barbara hat das nicht verdient.“
Seine Schultern sacken nach unten, da ist Finsternis in seinem Blick. Von einer Sekunde zur anderen ist er kein eitler Pfau mehr, der seine Brust voller Stolz reckt, sich vorkommt wie ein junger, potenter Twen. Er ist ein alter Mann, gezeichnet vom Leben.
„Die Mädchen sind alle unter achtzehn. Hast du das wirklich nötig? Brauchst du das? Wofür? Für dein Ego?“ Ihre Stimme wird immer lauter.
Sie sieht ihn an, schaut durch ihn hindurch. So viele Männer hat sie kennengelernt, keiner von ihnen hat etwas Positives in ihr hervorgerufen. Da ist nichts als Verachtung und Ekel und Hass. „Schau dich um. Es gibt so viel Auswahl. Du brauchst nur zuzugreifen“, sagt sie, bevor sie ihm den Rücken zukehrt und an die Mauer der Terrasse tritt. Sie hofft darauf, seine Schritte zu hören, wie sie nach drinnen hasten, an der Bar verweilen, wie er irgendein Mädchen schnappt, zu der er keine Verbindung hat.
Dass er sich ein für alle Mal entfernt, aus ihrem Leben verschwindet, damit sie diese Begegnung vergessen kann. Er war nie hier. Paolo, der Freund ihres Vaters.
„César hat gesagt, du sollst dich um mich kümmern. Also mach schon!“
Sie würgt die Tränen runter und das bisschen Stolz, dass sie noch in sich trägt, dreht den Kopf, mustert ihn prüfend. Sein Gesicht eine Fratze, die Ader auf der Stirn tritt hervor, die Augen glasig. Er kommt näher, grapscht nach ihr.
Sie verlässt ihren Körper. Sieht zu, wie er sie zu Boden stößt, ihr Hinterkopf auf die Fliesen knallt. Er hebt sie hoch, trägt sie ins Haus, die Treppe nach oben, ins Schlafzimmer, wirft sie auf Bett, zerrt sich den Gürtel aus der Hose, fesselt sie. Ihre Wangen nass von Tränen, sein Keuchen an ihrem Ohr, seine Zähne in ihrem Fleisch. Wie er auf ihr liegt, in ihr ist. Überall. Sein stinkender Atem. Knoblauch und Wodka und Zigarrenrauch. Sie würgt, er schlägt zu. „Halt still, Fotze!“ Er reißt den Gürtel von ihren Handgelenken, dreht sie auf den Bauch. Sie schreit, doch es ist nichts zu hören. Sie zittert,
unkontrolliert, sie wimmert. Endlich lässt er von ihr ab. „Papas Liebling ist keine Granate. Dreck bist
du. Abschaum!“ Sein Speichel auf ihrem Rücken, ein verächtliches Grinsen, dann ist er weg.
Vor der Tür hört sie Stimmen. César fragt, ob er zufrieden war. „War in Ordnung. Ne billige Schlampe halt, was will man da erwarten?“
Die Tür öffnet sich mit einem Quietschen. „Los! Mach dich zurecht. Die Gäste warten.“

Inés rappelt sich hoch, kriecht auf allen Vieren ins Bad, klammert sich an die Kloschlüssel. Irgendwann steht sie vor dem Spiegel, wischt die Wimperntusche weg, legt Puder auf, zieht sich die Lippen nach. Es tut so weh!
Sie huscht in ihr Zimmer, zieht die Nachttischschublade auf, nimmt den kleinen Plastikbeutel, verstreut das weiße Pulver auf einem Silbertablett. Mechanisch rollt sie einen Geldschein, zieht sich den Stoff in die Nase, zerrt eine Corsage aus dem Schrank, schnürt sie so eng, dass sie kaum atmen kann. Dann steigt sie in die Hot-Pants aus Leder, schlüpft in die High-Heels und geht nach unten an die Bar. Sie konzentriert sich auf die Elektro-Beats, schlingt die Arme um den Oberkörper, schließt die Augen. Tränen quellen unter den Lidern hervor. Sie kann nicht mehr. Es ist ihr egal, wer es sieht. Sie hat es satt, sich zusammenzureißen. Ein Moment der Schwäche, das muss drin sein. Einatmen, ausatmen, ein Taschentuch aus der Clutch ziehen, die Tränen trocknen, einmal schnäuzen, nach der Zigarette greifen, ein Lächeln aufsetzen, mit den Wimpern klimpern. Sich zu César umdrehen, der die Eingangstür öffnet, einen weiteren Gast hereinlässt. Ein Hüne mit Bierbauch, ungepflegtem Bart und Lederjacke.
Césars weit aufgerissener Mund, die Männer, der Handschlag und Césars Stimme, die sie so sehr verabscheut. Sie hört die Worte, bevor er sie sagt: Herzlich willkommen im Paradies!

 

Moin Silvita,

ich habe den Namen Escobar gelesen und war gleich in Kolumbien, aber um den berühmten Drogenboss scheint es gar nicht zu gehen, obwohl es weder bestätigt noch wiederlegt wird, trotzdem habe ich den Text gedanklich gleich da verortet. Klar, ist ein geläufiger Name im spanischsprachigen Raum, aber im Verbindung mit Bordellen und Verbrechensorganisationen denkt man doch irgendwie an Pablo Escobar, vielleicht kannst du ja am Anfang irgendwie deutlicher machen, dass es nicht um ihn geht.

Deine beiden Charaktere gehen ja auch gleich von 0 auf 100, da knistert es ja gleich sofort. Also wenn ich meine Jugendliebe in einem Bordell träfe, würde ich erstmal blöd gucken und wäre alles andere als begeistert. Vielleicht würde ich mich auch verstecken oder so, aber die beiden fangen ja gleich an zu tratschen und zu flirten, als wäre sie in einem Café an der Seine. Also das habe ich denen nicht so recht abgekauft.

Deine Dialoge sind auch größtenteils dazu da, Informationen an den Leser zu vermitteln. Es wird erklärt, wie es den Eltern geht, was der Emilo im Studium macht, was das so für eine Organisation ist, die er da infiltrieren will. Da sind haufenweise Informationen drin, und die beiden sprechen relativ förmlich miteinander und dann sprühen trotzdem link und rechts die Funken? Also die romantischen Einschübe kamen da schon plötzlich und sind nicht wirklich nachvollziehbar. Ich würde dem ganzen einfach mehr Zeit geben, vielleicht noch ein paar andere Szenen einbauen, den Emilio auch nicht so als strahlenden Ritter darstellen, sondern ihm auch ein paar Ecken und Kanten geben. Schließlich hat er ja auch kein Problem damit, sich in einem Bordell aufzuhalten und sich mit Verbrechern einzulassen, während er gleichzeitig Jura studiert.

„Jefe, puedes entrar, por favor? Aquí necesitan tu ayuda”, rief Miguel, der Assistent von Escobar von drinnen.

Sprechen die nicht theoretisch die ganze Zeit Spanisch? Warum hast du diese Sätze nicht "übersetzt"?

Keiner durfte sehen, wie sie innerlich ein weiteres Mal zerbrach.

Den letzten Satz verstehe ich nicht. Hat sie denn jetzt nicht neue Hoffnung geschöpft? Warum zerbricht sie sofort wieder?

Hoffe, du kannst ein bisschen was mit meinen Eindrücken anfangen.

Schönen Tag dir

 

Hallo @Silvita,

du kommentierst eifrig, das ist nicht selbstverständlich bei Neuen, daher von mir schon mal ein großes Lob.
Ich habe allerdings wenig Lob für deine Geschichte im Gepäck. Nur so als Vorwahrnung. Sprachlich ist sie ein Overload an Adjektiven/Adverben/Klischees/Tell usw. Aber das ist Handwerk. Und Handwerk ist Trainingssache, aber man muss daran arbeiten wollen.

Thematisch ist das für mich ein No Go. Die Prota wurde entführt, gefangen genommen, vergewaltigt und muss jetzt anschaffen gehen und du beschreibst die Szenerie in der Eingangsszene so

Seit drei Jahren hielt Escobar sie im El Paraíso gefangen. Paradies, was für ein Name für ein Bordell. Gemeinsam mit seinem Geschäftspartner César machte er ihr das Leben zur Hölle. Wie sie seine legendären Partys hasste.
Sie nahm sich ein Glas Champagner, ging nach draußen auf die Terrasse. Ihr Blick verlor sich in der Weite des Grundstücks. Um sie herum war nichts außer dem endlosen Himmel, Einsamkeit und Stille. Sie konnte nicht genug davon bekommen. Andächtig stand sie auf der Veranda, lauschte dem Zirpen der Zikaden, betrachtete den Mond, der hin und wieder durch die Wolkendecke blitzte und mit seinem silbrigen Schein alles verschönerte. Hoch über den Pinien kreiste ein Vogel. Sie bewunderte die ausgebreiteten Flügel, die Eleganz des Flugs. Die klaren Konturen, die sich im Licht des Mondes detailliert abzeichneten. Der Vogel stieß einen langgezogenen Laut hervor, als würde er sich mit ihr unterhalten wollen. Wie gerne würde sie fliegen können. Wie gerne wäre sie frei.

Erinnert teilweise an einen Groschenroman, damit will ich dir nicht zu nahe treten, aber ich habe leider nicht das Gefühl, dass du viel recherchiert hast. Und ich habe nichts gegen Groschenromane, aber in meinen Augen wird hier etwas verherrlicht, was so nicht realistisch ist.

Zu den Dialogen hat @Steppenläufer schon einiges gesagt. Das sehe ich ähnlich.

Frag gerne, wenn ich mich unklar ausgedrückt habe oder du weitere Textbeispiele benötigst, oder oder oder ...

Lieben Gruß
Aurelia

 

Hallo Silvia,
zunächst einmal hat mir der offene Anfang, der gerade genug verrät, um die Situation einzuordnen, recht gut gefallen . Viele Informationen werden erst im Verlauf der Geschichte gegeben. Ich persönlich mag es sehr gerne, wenn sich der Hintergrund langsam ergibt. Allerdings könnte der Inhalt noch etwas ausgebaut werden, wie @Aurelia schon treffend erklärt hat. Allgemein wirkte der Dialog noch an einigen Stellen etwas unnatürlich.

Ich kann dir niemals gerecht werden.
ist ein Beispiel dafür. Ich habe den Satz noch nie in einer Unterhaltung gehört, aber auch das kann sicherlich variieren. Trotzdem könnte man hier einen etwas gewöhnlicheren Ausdruck einbauen.
Es gab aber auch ein paar Sätze, die besonders gelungen sind.
Hilfesuchend klammerte sie sich an ihrem Champagnerglas fest.
Auch wenn der Ausdruck nicht selten ist, gefällt er mir in dieser Situation.
Sie bewunderte die ausgebreiteten Flügel, die Eleganz des Flugs. Die klaren Konturen, die sich im Licht des Mondes detailliert abzeichneten
Durch diese Sätze hat man gleich ein Bild im Kopf.

Ich hoffe, ich konnte dir ein wenig helfen.

Viele Grüße
Victoria

 

@Steppenläufer

Vielen Dank, dass Du Dir die Zeit genommen hast, meine Geschichte zu lesen und zu kommentieren. Danke für den Hinweis mit dem Namen Escobar. Ich werde einen Vornamen einfügen, damit gleich klar wird, dass die Geschichte nichts mit dem berüchtigten Pablo Escobar zu tun hat.
Den Einwand kann ich verstehen. Ich denke jeder Mensch ist einzigartig und wir sollten nicht in Schubladen denken. Während sich eine Person vielleicht verstecken würde (wie soll sie das in der Szene? Er erwischt sie ja alleine draußen auf dem Balkon), ist die andere eher offensiv.
Vielen Dank für die Tipps zu den Dialogen. Da werde ich noch mal in mich gehen und das überarbeiten.
Ich danke Dir ganz herzlich für Deine hilfreichen Eindrücke.

@Aurelia

Auch an Dich ein herzliches Dankeschön fürs Lesen und Kommentieren.
Ich kommentiere für mein Leben gerne andere Texte und ich denke, in solchen Foren geht es um ein Geben und Nehmen.
Kein Problem, wenn Dir meine Geschichte nicht gefällt. Mit der Kritik kann ich Leben. Geschmäcker sind zum Glück verschieden. Keine Sorge, Du bist mir nicht zu nahe getreten. Alles gut.
LG Silvita

@Victoria
Auch an Dich ein dickes Dankeschön fürs Lesen und Kommentieren.
Ich werde den Text auf jeden Fall noch mal überarbeiten und Eure Tipps berücksichtigen.

Herzlichen Dank an alle für die Unterstützung.

LG Silvita

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Silvita!

Das ist eine flüssig geschriebene Geschichte, die leider an Adjektivitis und etwas Infodump innerhalb der Dialoge leidet. Ansonsten gefällt mir sowohl Sprachmelodie als auch Atmosphäre deines Textes. Schreiben kannst du, auch erzählen, das ist keine Frage, mithin die wichtigsten Eigenschaften eines Autors. Über Thematik kann man immer geteilter Meinung sein. ;)
Ein gescheiterter Fluchtversuch hätte mAn mehr Spannung und Dramatik, aber auch einen, um ein paar Seiten längeren Text mit sich gebracht. Das pessimistisch/hoffnungslose Ende wäre davon unberührt geblieben.
Ich habe deine Geschichte dennoch gerne gelesen.

Unterhalb ein paar Anmerkungen, nimm, was dir brauchbar erscheint.

Der Vogel stieß einen langgezogenen Laut hervor, als würde er sich mit ihr unterhalten wollen.
Er stieß einen Laut aus.
Oder: er brachte einen Laut hervor.

Doch in dem Moment, in dem er die Ärmel hochkrempelte und sie das Tattoo auf seinem Handgelenk sah, war sie sich sicher.
Kürzer: Doch in dem Moment, als er sich die Ärmel hochkrempelte, erkannte sie das (vertraute) Tattoo auf seinem Handgelenk.

Vorsichtig, wie ein Jäger, der seine Beute langsam einkreist
Ein Jäger kann niemanden einkreisen. Vielleicht: umkreist

Ihre Nackenhärchen richteten sich auf, ihr Herz hämmerte wild in ihrer Brust als er vor ihr verharrte.

Emotionen brodelten in ihr hoch.
Es können immer nur Emotionen in einem hochbrodeln.
Hier stellt sich die Frage: Welche?

hatte sich von dem introvertierten Knaben in einen attraktiven Mann entwickelt.
... vom ...
... zu einem ...

Mit seinem leicht gewellten, dunkelblonden Haar, den maskulinen Gesichtszügen war er ein echter Hingucker. Das mintgrüne Poloshirt, die verwaschenen Chinos, die Sneakers verliehen ihm einen sportlichen Look.

Diagnose: Adjektivitis
Therapie: streichen

Wie hätte ich auch ahnen können, was dann passiert?“
Im Dialog geht das an. Ansonsten müsste "passiert" im Konjunktiv stehen.

Seine Augen versprühten Funken.
Weglassen! Du schwächst damit den nachfolgenden Satz!

Der Alkohol breitete sich immer weiter in ihr aus.
Das ist natürlich Unsinn. ;)
Eher in Richtung "Wirkung" schreiben. "stärker", "fühlbarer" etc.

Pure Elektrizität. Pure Energie.
Beides dasselbe. Würde eines davon weglassen. Am ehesten ersteres.

Ganz sachte beugte er seinen Kopf ein wenig näher zu ihr vor.
Zu umständlich. Er beugte (bewegte) seinen Kopf näher zu ihr.

Sie schlang die Arme um ihren Oberkörper, schloss ihre Augen.
... die Augen.
Würde hier statt dem Komma nach Oberkörper ein "und" setzen.

Die Tränen rannen unaufhaltsam über ihr Gesicht
Kürzer: Tränen rannen über ihr Gesicht.

Keiner durfte sehen, wie sie innerlich ein weiteres Mal zerbrach.

Hier stören mich die Worte: durfte, innerlich, weiteres.
Ich denke, das ginge kürzer: Keiner sollte erkennen, wie es in ihr aussah.

Nette Grüße,
Manuela :)

 

Hey @Silvita,
Eigentlich ist so viel Drama eher nix für mich, aber ich fand deine Geschichte ganz unterhaltsam. Von der Sprachmelodie war sie gut zu lesen. Doch ich muss mich meinen Vorrednern anschließen, was den Dialog angeht. Das ist mMn teilweise zu schwülstig. Lies es dir oder jemand anderen doch mal laut vor.
Ein bisschen sprunghaft war der gute Emilio ja schon oder? Mal kam er mir beleidigt vor und dann war er sofort wieder sanft und lieb.
Dann schreibst du, er hat grade Semesterferien, aber er erledigt schon länger Botengänge für Escobar? Wohnt er denn in der Nähe? Irgendwas passt da für mich nicht. Aber vielleicht irre ich mich ja auch.

Trotzdem hat mir der Text irgendwie gefallen und ich hab ihn gerne gelesen.
Aber du schreibst ja in einem anderen Kommentar, dass du noch mal überarbeiten willst, ich bin gespannt auf das Ergebnis!

Liebe Grüße
Sijo

 

@Manuela K.

ich freue mich sehr, dass Du Dir die Zeit genommen hast, meinen Text zu lesen und zu kommentieren. Danke für die zahlreichen Tipps. Ich habe den Text jetzt nochmal überarbeitet, an einigen Stellen gekürzt und einige Adjektive ausgemerzt (das ist echt ne Schwäche von mir, ich stehe total auf Adjektive. Schlimm!). Es ist schön, dass Du meine Geschichte gerne gelesen hast.

@Sijo

Auch ein herzliches Dankeschön an Dich. Was die Dialoge angeht, habe ich die Anmerkungen von Euch beherzigt und versucht, dass besser/ glaubhafter zu gestalten. Ich hoffe, das ist mir gelungen. Ich freue mich, dass Du Spaß daran hattest, meinen Story zu lesen.

Ja, den Text habe ich überarbeitet und neu eingestellt. Ich hoffe, er ist jetzt besser.

Ich wünsche Euch allen einen schönen Sonntag.

LG Silvita

 

Guten Morgen @Silvita ,
Also ich finde deine Überarbeitung schon viel besser. Die Dialoge klingen für mich überzeugender und ich kaufe ihr auch ihre Hoffnungslosigkeit gut ab.

Er entzog sich ihrem Griff. „Sei vorsichtig. Keine Vertraulichkeiten, solange wir unter Beobachtung sind. Er darf keinen Verdacht schöpfen.“
Da hattest du vorher "lass das", oder? Das hier klingt viel weicher und schöner. Vorher war es so schroff.
„Und wenn ich das nicht will.“
Ich lese das irgendwie als Frage.

Übrigens: Werden sie es schaffen???

Einen schönen Start in die Woche!
Liebe Grüße
Sijo

 

Guten Morgen @Sijo ,

vielen Dank für die Rückmeldung. Schön, dass Du den überbeiteten Text gelesen hast. Ich freue mich sehr, dass der Text jetzt stimmiger ist.

Stimmt. Da hast Du Recht. Es fehlt das Fragezeichen.

Wer weiß? :)

Vielen Dank, ich wünsche Dir auch einen schönen Start in die neue Woche.
Liebe Grüßle,
Silvita

 

Hallo Silvita,

ich habe gerade deine Geschichte gelesen und muss sagen, mir gefällt sie eigentlich ganz gut. Ich habe gesehen, dass du auch einiges schon überarbeitet hattest. Insgesamt wirkt alles schon recht "poetisch" und "ausgeschmückt", was ich allerdings nicht unbedingt negativ auffassen würde. Du kannst auf jeden Fall gut beschreiben, sodass zumindest bei mir im Kopf viele Bilder entstehen.

Inhaltlich finde ich es auch ein bisschen schwierig, dass Emilio scheinbar ziemlich "perfekt" ist und die ganze Situation ihm (abgesehen von seinen Stimmungsschwankungen) nicht wirklich zuzusetzen scheint. Müsste es nicht irgendwie wenigstens ein bisschen befremdlich sein, seine Jugendliebe in einem Bordell zu treffen?

Ansonsten habe ich deine Geschichte gern gelesen und hier nur noch ein paar kleinere Anmerkungen:

Die Vergangenheit brodelten in ihr hoch.
Hier ist ein "n" zu viel.

während sie die Nägel in ihr Fleisch grub.
Die Stelle hört sich für mich etwas seltsam an, vielleicht könntest du beschreiben, um welches "Fleisch" es geht, also eher ein Körperteil nennen oder so? Ist aber wahrscheinlich auch persönliche Geschmacksache.

Er bracht ab, sah sie hilfesuchend an.
Hier ist ein "t" zu viel.

Sie spürte die Rohrstockhiebe auf ihrer nackten Haus,
Hier müsste es wohl "Haut" heißen.

Reine Hände, die ihr Trost spendeten, ihr neuen Lebensmut einhauchten,
Meinst du tatsächlich "reine" Hände? Oder doch eher "seine" Hände?

Ein sanftes Lächeln glitt über seine Züge.
Hört sich für mich ein bisschen zu überzogen an, vielleicht findest du hier noch einen passenderen Ausdruck.

und genau deshalb, musste sie ihn von sich fernhalten.
Hier bin ich mir tatsächlich nicht sicher, da müsstest du ggf. nochmal nachschauen, aber in meinem Lesefluss hat mich das Komma irgendwie gestört.

So, das war's erstmal, ich hoffe, das hilft dir weiter.

Liebe Grüße,
Jojo

 

@Jojoo

Liebe Jojo,

vielen Dank fürs Lesen und kommentieren.
Ich freue mich, dass Du meine Story gern gelesen hast.

Die Anmerkungen habe ich im Text übernommen und ich habe versucht, Emilio ein wenig unperfekter zu gestalten. Hoffe, das ist mir gelungen.

LG und einen schönen Tag,

Silvita

 

Hallo @Silvita

super, dass du deine Geschichte noch einmal überarbeitet hast, auf mich wirkt das Gesamtbild schon viel stimmiger und Emilio auf jeden Fall realistischer. Gut gelöst!

LG, dir auch einen schönen Tag,
Jojo

 

@Jojoo

Das ist schön! Da freue ich mich :thumbsup: Vielen Dank, dass Du nochmal drüber gelesen hast.

LG Silvita

 

Liebe Silvita,

das ist die erste Geschichte, die ich von dir lese.
Sie gefällt mir.

Hoffnung ist ein zerbrechliches Gut Hoffnung ist ein zerbrechliches Gut
Schau mal, du hast den Titel doppelt. Den im Textfenster kannst du getrost löschen.
Irgendwie klingt es nach Rosemarie Pilcher ... :shy:

Angewidert schaute Inés um sich.
Wie genau schaut sie denn, wenn sie angewidert ist?

zu den Elektro Beats
Elektrobeats

Die Mädchen in ihren Minikleidchen, die ihre Hintern an den Schößen der Gäste rieben. Gierige Finger, begehrliche Blicke, schmutzige Berührungen, Worte voller Vulgarität. Herren in Anzug und Krawatte,
ihren, ihre. Vielleicht: ... in Minikleidchen, die ihre ...

Ich habe mal was über Kameraführung gelernt. Das Hinein- oder Herauszoomen, das man auch in Texten verwenden kann / sollte.
Hier hast du Kleidchen, Hintern, Schöße, Finger, Blicke, Anzug und Krawatte.
Hier scheint es für mich zuerst ein Hineinzooomen zu geben, bis es dann ab den Fingern wiederum ein Herauszoomen auf Anzug und Krawatte gibt. War das so geplant?
Alles in Ordnung. Ist mir nur so aufgefallen.

Herren in Anzug und Krawatte, die die Sau rausließen, nach Aufmerksamkeit lechzten, nach Macht dürsteten.
Zeig uns doch, wie sie die Sau rauslassen, wie sie lechzen, dürsten.
Ein paar Details wären schön.

Sie betrachtete die chromfarbene Bar,
Ist die Farbe wichtig?

Sie schüttelte sich, rieb sich über die Arme.
sich, sich

Seit drei Jahren hielt Manolo Escobar sie im El Paraíso gefangen. Paradies, was für ein Name für ein Bordell. Gemeinsam mit seinem Geschäftspartner César machte er ihr das Leben zur Hölle. Wie sie seine Partys hasste.
Hm, ist für mich Infodump.
Das wird doch später sowieso quasi alles im Dialog wiederholt.

Hoch über den Pinien kreiste ein Vogel.
Hm, die Baumart ist im Detail genannt, der Vogel aber nicht.

Wie gerne würde sie fliegen können. Wie gerne wäre sie frei.
Den letzen Satz würde ich streichen. Braucht es nicht.

und sie das Tattoo auf seinem Handgelenk sah, war sie sich sicher. Emilio, ihre Jugendliebe. Er war es. Er war hier. Im El Paraíso. Was hatte das zu bedeuten?
Wie ein Jäger, der seine Beute langsam umkreist und nicht aufschrecken will, kam er näher. Ihre Nackenhärchen richteten sich auf, das Herz hämmerte in der Brust als er vor ihr verharrte. Ihre Fingerspitzen fuhren über die Linien des Unendlichkeitssymbols.
Fährt sie mit den Fingern über das Tattoo oder wo ist das Symbol?

Wie schön wäre es, wenn er sie halten würde, wenn er sie streicheln würde, sie trösten würde, sie aus diesem Elend befreien würde.
wäre, würde, würde, würde, würde
So gewollt?
Vorschlag: Wie schön wäre es, wenn er sie halten würde, sie streichelt, tröstet, sie aus diesem Elend befreit.

Sie biss sich auf die Lippe. „Es ging so schnell. Ich hatte keine Chance.“ Ihre Stimme versagte, sie senkte den Blick.“
Da ist ein Gänsefüßchen zu viel.

Also…“
Hast du öfter.
Leerzeichen vor den Auslassungspunkten, wenn das Wort komplett ist.
Ohne Leerzeichen nur, wenn das Wort unvollstän...


„Es ist die Hölle“, rutsche es ihr heraus.
Verstehe ich nicht. Wieso rutscht es ihr aus? Sie will ihm doch alles erzählen.

Er ist überzeugt, dass du dich mit deinem Bruder Xavier zusammengetan hat.“
Sie schluckte, kämpfte die Tränen herunter. „Scheiße!“ entfuhr es ihr. „Das glauben sie wirklich?
Er würde doch im wahren Leben nie Bruder sagen, sondern nur den Namen. Beide wissen doch, dass es ihr Bruder ist.
Vorschlag:
"Er ist überzeugt, dass du dich mit Xavier zusammengetan hat.“
Sie schluckte, kämpfte die Tränen herunter. „Scheiße!“ entfuhr es ihr. „Mit meinem Bruder? Das glauben sie wirklich?"

Tue es mir zu liebe.
zuliebe

„Und wenn ich das nicht will.“
Fragezeichen

Sie zog ihren Rock ein wenig höher, so dass er den Barcode auf der Innenseite ihres linken Oberschenkels sehen konnte. „Er hat mich gebrandmarkt. Dieser Mann wird mich überall finden.
Man hat ihr einen Barcode tätowiert? Aber damit kann man doch jemanden nicht überall finden. Dafür baucht man schon einen in den Körper verpflanzten Chip.

Sie konnte die Distanz kaum ertragen, wollte ihren Kopf an seine Brust lehnen, seine Hände spüren, wie sie ihre Haare streichelten, ihre Schultern, ihr Gesicht. Reine Hände, die ihr Trost spendeten, ihr neuen Lebensmut einhauchten,
Possessivpronomen-Overkill :Pfeif:

Und dann wird der Tag kommen, an dem wir die Falle zuschnappen lassen werden.
Ja, was denn jetzt? Gerade wollte er noch sofort die Polizei holen, nur verfolgt er einen Plan, der lange dauert?

„Du solltest jetzt gehen.“.
Ein Punkt zu viel.

Ein Kuss, und es ist um mich geschehen. Ich kann es mir nicht leisten, mich zu verlieben.
Sie liebte ihn noch immer,
Verstehe ich nicht. Sie liebt ihn doch. Wie soll sie sich da (noch) verlieben?

Ein relativ offenes Ende. Ich persönlich hätte mir einen Abschluss gewünscht. Z.B. dass Escobar (übrigens ein sehr geläufiger Name) ihnen gelauscht hat.
Du hast mit vielen Details und Sinnen gearbeitet. Finde ich gut. Einen Sinn hast du nicht drin: den Geruchssinn (oder ich habe das übersehen).

Schönen Abend und viele Grüße,
GoMusic

 

Huhu @GoMusic ,

vielen Dank, dass Du Dir die Zeit zum Lesen und Kommentieren genommen hast. Ich freue mich, dass Dir meine Story gefällt. Danke für den Tipp mit dem doppelten Titel.

Lol. Rosamunde Pilcher. Ich fall gleich vom Stuhl. :)

Zitat GoMusic: Wie schaut sie denn, wenn sie angewidert ist?
Da muss ich schmunzeln. Hast Du noch nie jemanden gesehen, der angewidert war?

Was das Herein- herauszoomen von Texten angeht, davon hab ich noch nie gehört. Ich schreibe rein instinktiv aus dem Bauch raus.

Zitat GoMusic: Zeig uns doch, wie sie lechzten, dürsteten etc. Ein paar Details wären schön.
Da werde ich noch mal in mich gehen, ob ich das ausführlicher gestalte.

Zitat GoMusic: Hm. Ist für mich Infodump.
Das ist nur eine Kurzgeschichte, da wars mir wichtig, am Anfang in knappen Sätzen zu schildern, worum es geht, wo die Geschichte spielt. Ich geh noch mal in mich, ob es im Dialog reicht.

Zitat GoMusic: Die Baumart ist benannt, der Vogel nicht.
Den Baum kann sie erkennen, die Vogelart nicht (der Vogel schwebt hoch oben)

Zitat GoMusic: wäre, würde, würde, würde, würde
So gewollt?
Vorschlag: Wie schön wäre es, wenn er sie halten würde, sie streichelt, tröstet, sie aus diesem Elend befreit.

Ja, das ist stilistisch so gewollt.

Zitat GoMusic: Hast du öfter.
Leerzeichen vor den Auslassungspunkten, wenn das Wort komplett ist.
Ohne Leerzeichen nur, wenn das Wort unvollstän...

Danke für den Tipp.

Zitat GoMusic: Verstehe ich nicht. Wieso rutscht es ihr aus? Sie will ihm doch alles erzählen.
Sie ist hin- und hergerissen.

Zitat GoMusic: Man hat ihr einen Barcode tätowiert? Aber damit kann man doch jemanden nicht überall finden. Dafür baucht man schon einen in den Körper verpflanzten Chip.
Interessanter Einwand. Mal sehen, ob ich den Mädels einen Chip verpasse.

Zitat GoMusic: Ja, was denn jetzt? Gerade wollte er noch sofort die Polizei holen, nur verfolgt er einen Plan, der lange dauert?
Sie hat ihn ja davon überzeugt, dass es keinen Sinn macht, jetzt sofort zu reagieren/ die Polizei zu rufen, daher schwenkt er um. Mal sehen, ob ich da noch was Erklärendes einfüge.

Zitat GoMusic: Ein relativ offenes Ende. Ich persönlich hätte mir einen Abschluss gewünscht. Z.B. dass Escobar (übrigens ein sehr geläufiger Name) ihnen gelauscht hat.
Du hast mit vielen Details und Sinnen gearbeitet. Finde ich gut. Einen Sinn hast du nicht drin: den Geruchssinn (oder ich habe das übersehen).

Das Ende habe ich bewusst offen gelassen.

Den Geruchssinn hatte ich hier:
der die rauchgeschwängerte Luft durcheinanderwirbelte, die Gerüche nach Marihuana, Alkohol und Schweiß verteilte....
Vielleicht weite ich das noch aus, mal sehen.

Danke für die Anmerkungen. Die meisten hab ich im Text übernommen, ich werde alles noch mal sacken lassen und die Geschichte eventuell anpassen. :thumbsup:

Nochmals tausend Dank für das hilfreiche Feedback und ganz liebe Grüße,

Silvita

 

Liebe @Silvita,

möchte dir auch gerne einen Kommentar da lassen und habe diese Geschichte hier gefunden: Ich finde, dass ihr ein paar Absätze gut tun würden; finde es am Laptop schnell anstrengend, wenn es so eng gedrängt ist.

Ansonsten mochte ich den Anfang, ich bin gut in die Geschichte gekommen, du sprichst meine Sinne an und ich bin gespannt, was mich da wohl erwarten wird. Allerdings finde ich, dass die Geschichte dann nach und nach unglaubwürdiger wird: Mein größtes Problem hatte ich mit deiner Protagonistin; sie ist mir zu cool, zu abgeklärt und auch zu rational. Ich meine, sie ist da ja in einer furchtbaren Situation und ich kann mir nicht vorstellen, dass sie das einfach so wegsteckt, über Liebe reflektieren kann und dann ihr Pokerface bewahrt? Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, wie das sein kann? Nimmt sie möglicherweise Drogen oder Beruhigungsmittel? Aber dafür ist sie mir zu klar, dafür ist sie zu analytisch und sachlich, finde ich.

Ich gehe weiter im Detail auf meinen Leseeindruck ein:

Angewidert schaute Inés um sich. Die zuckenden Leiber, die zu den Elektro Beats des DJs ihren Rhythmus fanden. Die Mädchen in ihren Minikleidchen, die ihre Hintern an den Schößen der Gäste rieben. Gierige Finger, begehrliche Blicke, schmutzige Berührungen, Worte voller Vulgarität.
Ich mochte diese kurzen Sätze, die mir als Leser die Szenerie näherbringen und ich hatte auch direkt ein Bild im Kopf; hat für mich gut funktioniert.

Herren in Anzug und Krawatte, die die Sau rausließen, nach Aufmerksamkeit lechzten, nach Macht dürsteten.
Hier bin ich dann kurz gestolpert: Ich finde, dass das zu klischeehaft ist. Hätte mir hier gewünscht, dass du das über Dialoge zeigst oder durch eine Szene.

Sie betrachtete die chromfarbene Bar, den Ventilator an der Decke, der die rauchgeschwängerte Luft durcheinanderwirbelte, die Gerüche nach Marihuana, Alkohol und Schweiß verteilte.
Ich mochte, wie du hier meinen Geruchssinn angesprochen hast. Das lese ich nicht so oft und hat sich irgendwie frisch angefühlt.

Paradies, was für ein Name für ein Bordell. Gemeinsam mit seinem Geschäftspartner César machte er ihr das Leben zur Hölle. Wie sie seine Partys hasste. Nur noch eine Weile mitspielen, sein Vertrauen gewinnen, dann ergibt sich vielleicht die Chance auf Flucht.
Hier ist mir das mit dem Reflektieren aufgefallen: Sie ist ja doch sehr analytisch und scheint auch noch eine gewisse Ironie wahrnehmen zu können. Aber sie ist ja in einer furchtbaren Hölle und ich kann mir gut vorstellen, dass ihre Emotionen und auch sie selbst an der absoluten Grenze sind.

Ihr Blick verlor sich in der Weite des Grundstücks.
Hier hätte ich mir ein Bild gewünscht, eine weitere Beschreibung, vielleicht ein aussagekräftiges Detail, so wie du es an der folgenden Stelle gemacht hast:

Hoch über den Pinien kreiste ein Vogel. Sie bewunderte die ausgebreiteten Schwingen, die Eleganz des Flugs, die klaren Konturen, die sich im Licht des Mondes abzeichneten. Der Vogel stieß einen langgezogenen Laut aus, als würde er sich mit ihr unterhalten wollen. Wie gerne würde sie fliegen können. Wie gerne wäre sie frei.
Mochte die Verbindung zwischen dem Vogel und ihrem eigenen Bedürfnis. Was würdest du davon halten, wenn du eine konkrete Vogelart nennst, die möglicherweise symbolträchtig ist? Ich glaube, das hätte mir gefallen.

Es musste eine Verwechslung sein. Doch in dem Moment, als er die Ärmel hochkrempelte und sie das Tattoo auf seinem Handgelenk sah, war sie sich sicher. Emilio, ihre Jugendliebe. Er war es. Er war hier. Im El Paraíso. Was hatte das zu bedeuten?
Das fand ich auch etwas zu vorhersehbar. Der Retter taucht auf und natürlich ist es seine Jugendliebe, das kam mir etwas abgenutzt vor. Ähnlich ging es mir auch hier:

Wie ein Jäger, der seine Beute langsam umkreist und nicht aufschrecken will, kam er näher.
Der Jäger auf der Pirsch, das kam mir nicht neu vor und hat mich etwas rausgeworfen, was ich schade fand, weil du eine Geschichte hast, die erzählt werden muss. Ich habe vor einiger Zeit eine Dokumentation gesehen und diese Gewalt, die jungen, oft zunächst noch hoffnungsvollen Frauen angetan wird, ist beängstigend; hat mich richtig wütend gemacht. Meistens werden sie mit Drogen vollgepumpt und dann so lange vergewaltigt, bis ihr Wille gebrochen ist. Furchtbar. Allerdings fand ich diese folgenden Stellen daher nicht so glaubwürdig:

Wie schön wäre es, wenn er sie halten würde, wenn er sie streicheln würde, sie trösten würde, sie aus diesem Elend befreien würde. Doch da war eine Mauer zwischen ihnen. Eine Mauer voller Fragen.
In dem Moment trat Escobar nach draußen, gesellte sich zu ihnen, legte Inés den Arm um die Schulter. Mr. Besitzergreifend, schoss es ihr durch den Kopf. Er muss sein Territorium markieren. Schlagartig befand sich ihr gesamter Körper in Alarmbereitschaft.
„Beruhig dich. Wieso arbeitest du für ihn? Du wolltest studieren. Bist du vom Weg abgekommen?“
Es liest sich für mich so, dass sie noch selbst entscheiden kann, ihre Lage reflektiert (Mr. Besitzergreifend) und ihr Wille nicht vollständig gebrochen ist. Hier würde ich an deiner Stelle möglicherweise noch einmal nachschärfen?

Alles nur wegen dem Streit.“
„Welchem Streit?“
„Wie hast du mich gefunden?“
„Ich hatte von Anfang an César in Verdacht, also habe ich mich mit ihm angefreundet, habe ihm etwas vorgespielt. Wann immer ich Freizeit hatte, habe ich Botengänge für ihn erledigt, ab und an eine Line mit ihm gezogen, ein paar Drinks gekippt. Ich wusste, dass er mich irgendwann zu dir führen würde. Wie du siehst, hat es funktioniert.“
Das fand ich zu sehr an mich, an den Leser, gerichtet: Du erklärst mir so zusagen, weshalb es zu dieser Situation gekommen ist und wie er sie dann gefunden hat. Ich hätte mir gewünscht, dass das etwas subtiler erfolgt wäre.

Er zuckte mit den Schultern, ein Lächeln umspielte seine Lippen. „Komm mit mir.“
Sie reckte ihr Kinn, sah ihm tief in die Augen. „Und wenn ich das nicht will.“
Er schluckte, griff sich an die Brust. „Du möchtest freiwillig bleiben? Das nehme ich dir nicht ab. Bist du etwa gerne deren Hure?“
Ihr Gesicht verhärtete sich zu einer Maske. „Hier fragt keiner nach meinen Wünschen. Schau mich an. Ich bin seine Ware, sein Besitz.“
Hier ist mir wieder besonders ihr eigener Wille aufgefallen und ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass sie noch so klar sein kann in einer so grässlichen Situation. Bin gespannt, wie du dir das vorgestellt hattest?

„Verlier die Hoffnung nicht, hörst du? Jetzt bin ich hier. Zwar noch auf der untersten Gehaltsstufe, aber ich werde meinen Job gut machen, werde die Strukturen dieser Organisation kennenlernen. Und dann wird der Tag kommen, an dem wir die Falle zuschnappen lassen werden.“
Das fand ich zu klischeehaft und war mir etwas zu simpel.

Ich muss ihn von mir fernhalten. Ein Kuss, und es ist um mich geschehen. Ich kann es mir nicht leisten, mich zu verlieben. Wie soll ich meine Arbeit verrichten, wenn ich nur an ihn denke, nur ihn berühren will?
Will sie ihn wirklich berühren? Könnte mir vorstellen, das sie andere Sorgen und Bedürfnisse hat?

Sie lauschte auf seine Schritte, die Terrassentür wurde geöffnet, eine Sekunde lang hörte sie die Elektro Beats, die Tür fiel wieder zu.
Ich mochte, dass du hier wieder den Bogen zum Anfang geschlagen hast; das gibt mir ein gutes Gefühl und macht deine Geschichte rund.

Ein Moment der Schwäche, dann zog sie ein Taschentuch aus ihrer Tasche, trocknete sich die Tränen, schnäuzte sich die Nase, bevor sie ihm nach drinnen folgte. Ihr Pokerface war perfekt, ein strahlendes Lächeln, wiegende Hüften, kokettes Wimpernklimpern. Keiner würde erkennen, dass in ihrem Inneren gerade ein weiteres Stück zerbrochen war.
Ihr Pokerface war perfekt und sie kann strahlend lächeln, das konnte ich ihr nicht abkaufen, müsste sie nicht vielmehr resigniert sein?

Liebe @Silvita ich hoffe, dass meine Anmerkungen dir weiterhelfen. Ich finde, dass du hier ein sehr relevantes Thema ansprichst, das Aufmerksamkeit verdient. Allerdings finde ich es an der ein oder anderen Stelle noch nicht ganz glaubwürdig. Bin gespannt, ob die Story für dich noch relevant ist?


Beste Grüße
MRG

 

Guten Morgen @MRG

zuerst einmal möchte ich mich ganz ganz herzlich bei Dir für den Kommentar zu dieser Geschichte bedanken. Ich hab mich mega darüber gefreut! Sorry, dass es so ewig gedauert hat, bis ich antworten konnte.

Ansonsten mochte ich den Anfang, ich bin gut in die Geschichte gekommen, du sprichst meine Sinne an und ich bin gespannt, was mich da wohl erwarten wird. Allerdings finde ich, dass die Geschichte dann nach und nach unglaubwürdiger wird: Mein größtes Problem hatte ich mit deiner Protagonistin; sie ist mir zu cool, zu abgeklärt und auch zu rational. Ich meine, sie ist da ja in einer furchtbaren Situation und ich kann mir nicht vorstellen, dass sie das einfach so wegsteckt, über Liebe reflektieren kann und dann ihr Pokerface bewahrt? Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, wie das sein kann? Nimmt sie möglicherweise Drogen oder Beruhigungsmittel? Aber dafür ist sie mir zu klar, dafür ist sie zu analytisch und sachlich, finde ich.

Ich danke Dir für Deine Gedanken. Schön, dass Du gut in die Geschichte reingekommen bist und ich Deine Sinne ansprechen konnte.
Das mit der Glaubwürdigkeit kann ich verstehen. Ist ewig her, seit ich die Geschichte geschrieben hab und ich musste teilweise selbst den Kopf schütteln. Hab sie dank Deinen Impulsen komplett überarbeitet. Da ist jetzt eine Romantik mehr, die Liebesgeschichte hab ich weggelassen und ich hoffe, nun bin ich näher an der Realität.

Herren in Anzug und Krawatte, die die Sau rausließen, nach Aufmerksamkeit lechzten, nach Macht dürsteten.
Hier bin ich dann kurz gestolpert: Ich finde, dass das zu klischeehaft ist. Hätte mir hier gewünscht, dass du das über Dialoge zeigst oder durch eine Szene.

Hab versucht, das umzusetzen.

Angewidert schaute Inés um sich. Die zuckenden Leiber, die zu den Elektro Beats des DJs ihren Rhythmus fanden. Die Mädchen in ihren Minikleidchen, die ihre Hintern an den Schößen der Gäste rieben. Gierige Finger, begehrliche Blicke, schmutzige Berührungen, Worte voller Vulgarität.
Ich mochte diese kurzen Sätze, die mir als Leser die Szenerie näherbringen und ich hatte auch direkt ein Bild im Kopf; hat für mich gut funktioniert.

Super. Das ist schön und da freu ich mich!

Sie betrachtete die chromfarbene Bar, den Ventilator an der Decke, der die rauchgeschwängerte Luft durcheinanderwirbelte, die Gerüche nach Marihuana, Alkohol und Schweiß verteilte.
Ich mochte, wie du hier meinen Geruchssinn angesprochen hast. Das lese ich nicht so oft und hat sich irgendwie frisch angefühlt.

Auch hierfür dankeschön.

Paradies, was für ein Name für ein Bordell. Gemeinsam mit seinem Geschäftspartner César machte er ihr das Leben zur Hölle. Wie sie seine Partys hasste. Nur noch eine Weile mitspielen, sein Vertrauen gewinnen, dann ergibt sich vielleicht die Chance auf Flucht.
Hier ist mir das mit dem Reflektieren aufgefallen: Sie ist ja doch sehr analytisch und scheint auch noch eine gewisse Ironie wahrnehmen zu können. Aber sie ist ja in einer furchtbaren Hölle und ich kann mir gut vorstellen, dass ihre Emotionen und auch sie selbst an der absoluten Grenze sind.

Ich hab das alles überarbeitet. Teilweise reflektiert sie zwar noch, denn nur weil sie eine Zwangsprostituierte ist, heißt das nicht, dass sie völlig aufhört zu denken. Ich hoffe, jetzt ist es glaubwürdiger.

Ihr Blick verlor sich in der Weite des Grundstücks.
Hier hätte ich mir ein Bild gewünscht, eine weitere Beschreibung, vielleicht ein aussagekräftiges Detail, so wie du es an der folgenden Stelle gemacht hast:

Hab versucht das detaillierter zu gestalten.

Hoch über den Pinien kreiste ein Vogel. Sie bewunderte die ausgebreiteten Schwingen, die Eleganz des Flugs, die klaren Konturen, die sich im Licht des Mondes abzeichneten. Der Vogel stieß einen langgezogenen Laut aus, als würde er sich mit ihr unterhalten wollen. Wie gerne würde sie fliegen können. Wie gerne wäre sie frei.
Mochte die Verbindung zwischen dem Vogel und ihrem eigenen Bedürfnis. Was würdest du davon halten, wenn du eine konkrete Vogelart nennst, die möglicherweise symbolträchtig ist? Ich glaube, das hätte mir gefallen.

Das ist schön. Vielen Dank!
Ich hab es konkretisiert.

Es musste eine Verwechslung sein. Doch in dem Moment, als er die Ärmel hochkrempelte und sie das Tattoo auf seinem Handgelenk sah, war sie sich sicher. Emilio, ihre Jugendliebe. Er war es. Er war hier. Im El Paraíso. Was hatte das zu bedeuten?
Das fand ich auch etwas zu vorhersehbar. Der Retter taucht auf und natürlich ist es seine Jugendliebe, das kam mir etwas abgenutzt vor. Ähnlich ging es mir auch hier:

Die Jugendliebe bzw. den Retter hab ich komplett verworfen.

Wie ein Jäger, der seine Beute langsam umkreist und nicht aufschrecken will, kam er näher.
Der Jäger auf der Pirsch, das kam mir nicht neu vor und hat mich etwas rausgeworfen, was ich schade fand, weil du eine Geschichte hast, die erzählt werden muss. Ich habe vor einiger Zeit eine Dokumentation gesehen und diese Gewalt, die jungen, oft zunächst noch hoffnungsvollen Frauen angetan wird, ist beängstigend; hat mich richtig wütend gemacht. Meistens werden sie mit Drogen vollgepumpt und dann so lange vergewaltigt, bis ihr Wille gebrochen ist. Furchtbar. Allerdings fand ich diese folgenden Stellen daher nicht so glaubwürdig:

Auch diese Stelle ist rausgeflogen. So wie alle Szenen mit Emilio.

Ein Moment der Schwäche, dann zog sie ein Taschentuch aus ihrer Tasche, trocknete sich die Tränen, schnäuzte sich die Nase, bevor sie ihm nach drinnen folgte. Ihr Pokerface war perfekt, ein strahlendes Lächeln, wiegende Hüften, kokettes Wimpernklimpern. Keiner würde erkennen, dass in ihrem Inneren gerade ein weiteres Stück zerbrochen war.
Ihr Pokerface war perfekt und sie kann strahlend lächeln, das konnte ich ihr nicht abkaufen, müsste sie nicht vielmehr resigniert sein?

Ich denke, das Pokerface ist mit das Wichtigste in dem Gewerbe. Sie darf sich vor dem Chef nicht anmerken lassen, dass sie resigniert ist oder den Job nicht machen will. Dann hat es Konsequenzen und die will sie unbedingt vermeiden. Ich habe versucht, alles glaubwürdiger zu gestalten.

Liebe @Silvita ich hoffe, dass meine Anmerkungen dir weiterhelfen. Ich finde, dass du hier ein sehr relevantes Thema ansprichst, das Aufmerksamkeit verdient. Allerdings finde ich es an der ein oder anderen Stelle noch nicht ganz glaubwürdig. Bin gespannt, ob die Story für dich noch relevant is

Du hast mir total weitergeholfen! Dank Dir und Deinem Kommentar habe ich mich noch mal rangesetzt und alles überarbeitet.

Vielen herzlichen Dank! Und einen wundervollen Tag und an dieser Stelle auch noch ein gesundes, glückliches Neues Jahr!

Liebe Grüße,
Silvi

 

Hallo @Silvita ,

das hier ist ein spannender Faden (alias thread).

Ich habe eine spannende und bittere Geschichte über Zwangsprostitution gelesen, die mich echt mitgenommen hat (im guten Sinne = mit in die Geschichte genommen / im emotionalen Sinne = sie ging mir an die Nieren).

Wirklich gut geschrieben. Charakter-Bogen, Hoffnung, Verzweiflung, brutale Rückblenden, alles drin. Großes Lob.

Und dann ?, lese ich die Kommentare. "Rosamunde Pilcher, Klischee, nicht überzeugende Dialoge.." ?

Bis zur Auflösung: Du hast die Geschichte noch einmal völlig überarbeitet. Dafür gibt es einen ??

Mir sind nur noch ein paar störende Kleinigkeiten aufgefallen:

Angewidert schaut Inés um sich.
Ist der Satz nicht verdreht? Angewidert schaut sich Inés um. (?)

Er schweigt, runzelt die Stirn() sie driftet ab, hängt am Andreaskreuz wie ein Stück Fleisch, gefesselt,
Da fehlt ein Satzzeichen. M.M. nach ein Punkt.
Gehen muss. Er und sie. Gänsehaut überzieht ihren Körper, wenn sie daran denkt.
Wie wäre es mit einem Fragezeichen nach "Er und sie"?

Ansonsten wirklich gerne gelesen und kommentiert,
viele Grüße, Gerald

PS: Ich hätte mir ja ein happy End gewünscht, aber ich sehe, dass das nicht realistisch gewesen wäre und es hätte der Geschichte an Wucht genommen.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @Silvita
und danke für den Text, der mich in eine ganz andere Welt gebracht hat, durch die Augen deiner Protagonistin sehr überzeugend.

Nach der spannenden Arbeit am Text, die ich in den Kommentaren verfolge (beim Lesen der früheren Kommentare ging es mir wie gomusic - wie jetzt, das soll sentimental sein?!) habe ich fast nix hinzuzufügen, ausser ein doppeltes Anführungszeichen:
""Als César mit die Modellkartei..."
(Entschuldige, mein Internet ist langsam und ich hab das mit dem Zitieren hier noch nicht wirklich raus)
Und eine ungewöhliche Schreibweise: Closchüssel
Letzteres gefällt mir, im Duden haben wir Klo allerdings nur mit K.
Und am Ende eine reine Geschmacksache: der Vogel, der mit der Protagonistin kommunizieren will. "Kommunzieren" ist für mein Gefühl ein eher modern-praktisches Wort, fast ein bisschen ausgenudelt. Vielleicht ruft sie der Vogel?

Was mich an der Geschichte, so wie sie jetzt ist, am meisten beeindruckt , ist der Blick der Protagonistin auf die Männer/auf Paolo. Um ihre physische Integrität zu schützen, hat sie gelernt, die Reaktionen der Männer genau zu lesen. In der Begegnung von Ines und Paolo habe wir eine Frau, die den Mann ganz genau beobachtet, und einen Mann, der sich nur mit seiner eigenen Reaktion auf die Frau beschäftigt. Dieses Machtverhältnis und die damit zusammenhängende Beobachtungsschieflage ist sehr genau wiedergegeben und auch für viele weniger drastische Situationen als Zwangsprostitution in Kolumbien(?) relevant.
Es hat mich an eine Geschichte erinnert, die du vor fast einem Jahr geschrieben hat, "Ich hab's nicht kommen sehen". Ich werde sie noch einmal in Ruhe lesen, ich glaube, dass du da versucht hast, mehr in eine Geschichte hineinzupacken, und vielleicht auch mehr erklären wolltest, weswegen ich mich Inés am Ende näher fühle als der westeuropäischen Protagonistin aus der ersten Geschichte.
Aber erst einmal Danke hierfür und viele Grüße
Placidus

 

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