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Ich glaub, ich hab Angst.

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03.09.2019
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Ich glaub, ich hab Angst.

''Ich glaub, ich hab Angst.''

Manchmal sag' ich das.

''Ich glaub, ich hab Angst.''

Ich weiß gar nicht, warum. Warum hab ich Angst? Oder, warum glaube ich, Angst zu haben. Wovor hab ich Angst? Was gibt es denn, wovor ich Angst haben könnte?

''Vielleicht vorm Leben.''

Das ist dann immer seine Antwort. Vorm Leben. Vor dem, was kommt, vor dem, was war, vor dem, was ist.

Ich bin heute raus gegangen. Nur zum Lidl, um einzukaufen. Toast, Tomaten, Kekse, Kaugummis. Milch. Einmal Laktosefrei und einmal Sojamilch mit Vanillegeschmack. Man gönnt sich ja sonst nichts. Für nur Neunundneunzig Cent.

Ich hab manchmal Angst davor, raus zu gehen. Die Sicherheit der Wohnung zu verlassen und mich auf die Straßen Berlins zu trauen. Und dann sag ich mir, ey, Mann, komm runter, sag ich mir, das ist Prenz'lberg, no big deal. Und er lacht und sagt: ''Alter, du willst studieren. Du willst leben. Wie soll das gehen, wenn du dich nicht mal traust, nach draußen zu gehen. Wenn du dich nicht traust, die Leute vom BAföG einfach mal anzurufen, ob der Antrag schon durch ist. Wenn du erst wartest, bis die Stimmen im Treppenhaus verklungen sind, bevor du die Wohnung verlässt. Du könntest ja dem Vermieter begegnen. Wenn du dich nicht traust, einfach das Fahrrad zu nehmen um nach Gesundbrunnen zu fahren, weil du immer wieder daran denken musst, wie du als Achtjähriger auf die Nase gefallen bist.'' Es war ein Tag bevor meinem neunten Geburtstag. Wir wollten ins Schwimmbad gehen, ging aber nicht, weil ich mir den Zahn ausgeschlagen habe. Samt Wurzel. Ich glaub, es hat ziemlich wehgetan.

''Und wie soll das funktionieren, mit dem Leben,'' sagt er, ''wenn du anstatt dich nach Jobs um zu gucken ewig irgendwelchen Mist auf Netflix anschaust, dann zwischendurch auf den Balkon gehst, um eine zu rauchen und dann darüber nachdenkst, die Zigarette auf deinem Arm auszudrücken. Aber du tust es nicht, denn selbst das traust du dich nicht.''

Ich denke, ich hab Angst. Und wahrscheinlich ja, wirklich vor dem Leben. Das ist bis jetzt furchtbar anstrengend.

Meine Therapeutin hat mich letztens gefragt, ob ich überhaupt eine richtige Pubertät hatte. So mit Eltern anschreien, Türen knallen, das ganze Paket. Und ich sage, na klar, ich mein, ich hab meine Eltern nie angeschrien, das hätt' ich mich gar nicht getraut, und Türen hab ich auch nicht geknallt, aber ich hab ganz schön rumgezickt. Und ich hab nicht mit meinen Eltern gesprochen. Das zählt doch.

Wahrscheinlich ging meine Pubertät einfach den dunkleren Pfad entlang. Sie wissen schon. Immer die Klinge eines Cuttermessers im Rucksack, in ein Taschentuch gewickelt. Nur schwarze Klamotten, nachts solche Dinge googlen, wie die Blue whale challenge oder Suicide Room. Ich find' das ziemlich pubertär. Oder auch nicht.

Ich frag mich manchmal, wo ich jetzt wäre, wenn alles anders gelaufen wäre. Wenn ich zum Beispiel im richtigen Körper geboren wäre. Wenn ich als Kind angefangen hätte, Judo oder Karate oder so etwas zu machen. Wenn ich meine Mathehausaufgaben in der sechsten Klasse gemacht hätte.

Es hätte mir hunderte von Therapiestunden und Gängen zu Ämtern und anstrengenden Emails erspart. Es hätte mich vielleicht vor einer ziemlich ungesunden Einstellung vor Essen bewahrt. Ich hätte vielleicht eine Empfehlung für das Gymnasium bekommen und wäre vielleicht nicht davon überzeugt gewesen, dass ich das Abi niemals schaffe. Vielleicht wäre es mir möglich, einfach in die Bar, die zwei Straßen weiter von meiner Wohnung liegt, zu spazieren und zu fragen, ob sie einen Job frei haben.

Und ich mein, ich hab mein Abi geschafft. Sogar in Mathe. Ich war ein Jahr im Ausland. Ich hab eine Handvoll an Freunden, die mir unheimlich lieb sind. Ich fang bald mein Studium an und hoffentlich auch die Hormontherapie.

Und wovor hab ich Angst?

''Vielleicht doch nicht vorm Leben,'' sagt er. ''Vielleicht hast du doch einfach Angst vor dir selbst.

Du hast Angst, mit fremden Menschen zu sprechen, weil du nicht weißt, was sie von dir halten. Weil du denkst, sie finden dich anstrengend oder nervtötend oder naiv oder zu anhänglich. Weil es dir schwerfällt, Freundschaften zu schließen, weil du irgendwann, wenn du jemanden sehr schätzt, ihm zu viel erzählst. Du erzählst ihm zu viel, aber eigentlich nie das, was du erzählen solltest. Und wenn du es tust, bereust du es im nächsten Moment und am nächsten Morgen sagst du, ey, Mann, sorry, das war nur, weißt' schon, mein üblicher Blödsinn.

Du hast Angst, dass du die Zigarette irgendwann doch auf deinem Arm ausdrückst. Und du musst an die Klinge denken, die immer noch in ein Taschentuch gewickelt in deinem Zimmer liegt, die du bis nach Berlin mitgenommen hast und du hast Angst davor, dass es irgendwann doch wie eine wirkliche Möglichkeit erscheint. Angst davor, was ist, wenn du nicht schlafen kannst.''

Und er hat Recht.

Wäre dies ein Text, den ich für meine Mutter schreibe, würde jetzt irgendetwas hoffnungsvolles kommen. Etwas in die Richtung von, ich weiß, dass ich das schaffen kann oder so etwas.

Aber ich schreibe nicht für meine Mutter. Und Fakt ist, dass ich einfach nur müde bin.

Er lacht und deutet auf die Packung Tabak, die vor mir auf dem Küchentisch liegt.

''Und? Noch ein Versuch?''

 

Hey @maxcandance,
like your nickname :)

Ich schreibe beim Lesen mit. Nimm, was dir sinnvoll erscheint. :)

Man gönnt sich ja sonst nichts.
Die abgedroschene Phrase liegt mir quer. Ist für mich nen Streichkandidat.

Und dann sag ich mir, ey, Mann, komm runter, sag ich mir, das ist Prenz'lberg, no big deal. Und er lacht und sagt: ''Alter, du willst studieren. Du willst leben. Wie soll das gehen, wenn du dich nicht mal traust, nach draußen zu gehen.
Hier überlege ich das erste Mal, ob es sich tatsächlich um ZWEI Personen handelt.

die Leute vom Bafög
BAföG

Wenn du dich nicht traust, einfach das Fahrrad zu nehmen um nach Gesundbrunnen zu fahren,
Ich schwöre, ich saß gerade in der Ringbahn, die genau an der Station Gesundbrunnen hielt, als ich diese Zeile las. Spooky.

wie du als acht jähriger auf die Nase gefallen bist
Achtjähriger

weil du immer wieder daran denken musst, wie du als acht jähriger auf die Nase gefallen bist.'' Es war ein Tag bevor meinem neunten Geburtstag. Wir wollten ins Schwimmbad gehen, ging aber nicht, weil ich mir den Zahn ausgeschlagen habe. Samt Wurzel. Ich glaub, es hat ziemlich wehgetan.
Deswegen traut er sich nicht mehr aus dem Haus? Da kommt bestimmt gleich noch mehr ans Licht. Denn der letzte Satz wirkt seltsam distanziert. Er würde sich sonst doch an diesen Schmerz erinnern.
Edit: am Ende deiner Geschichte angekommen, ist mir diese Erklärung nicht genug, nicht richtig. Hintergrund seiner Angststörung ist doch sein Gefühl, im falschen Körper geboren zu sein und die Unsicherheit über seinen Platz in der Gesellschaft, oder? Willst du den Leser auf die falsche Fährte führen?


Meine Therapeutin hat mich letztens gefragt, ob ich überhaupt eine richtige Pubertät hatte. So mit Eltern anschreien, Türen knallen, das ganze Paket. Und ich sage, na klar, ich mein, ich hab meine Eltern nie angeschrien, das hätt' ich mich gar nicht getraut, und Türen hab ich auch nicht geknallt, aber ich hab ganz schön rumgezickt. Und ich hab nicht mit meinen Eltern gesprochen. Das zählt doch.
Den Absatz finde ich stark; diesen Wandel von Überzeugung und Widersprechen, über die Reflexion zur aufkommenden Verunsicherung.

Sie wissen schon.
Hm. Diese persönliche Ansprache, dann noch in der Höflichkeitsform, gefällt mir nicht. Den gesamten Absatz bräuchte es für mich eigentlich nicht.

Ich frag mich manchmal, wo ich jetzt wäre, wenn alles anders gelaufen wäre. Wenn ich zum Beispiel im richtigen Körper geboren wäre. Wenn ich als Kind angefangen hätte, Judo oder Karate oder so etwas zu machen. Wenn ich meine Mathehausaufgaben in der sechsten Klasse gemacht hätte.
Der ist wieder gut. Gibt dem Text eine Richtung zur Hintergrundsdeutung.

Und wovor hab ich Angst.
Fragezeichen am Ende fehlt.

Und er hat Recht.

>>>>>Wäre dies ein Text, den ich für meine Mutter schreibe, würde jetzt irgendetwas hoffnungsvolles kommen. Etwas in die Richtung von, ich weiß, dass ich das schaffen kann oder so etwas.

Aber ich schreibe nicht für meine Mutter. Und <<<<<Fakt ist, dass ich einfach nur müde bin.

Er lacht und deutet auf die Packung Tabak, die vor mir auf dem Küchentisch liegt.

''Und? Noch ein Versuch?''

Oha, schön fieser Schluss.
Ich weiß nicht, ob der Teil mit der Mutter dir persönlich etwas bedeutet. Der Geschichte bringt es mMn nichts.
Deine Erzählweise ist leise und melancholisch, trotzdem kraftvoll, ohne zu übertreiben. Was für mich gut zum Thema der Geschichte passt, das du weiter auserzählen hättest können. Aber ich finde es eigentlich ganz gut, dass du Raum zur Interpretation lässt.


Gern gelesen.
Viele Grüße
wegen

PS: den Text sehe ich eher in der Rubrik "Kurzgeschichten", als in "Experimente"

 

Hallo @wegen, danke für deine auführliche Kritik. Ich werd' mal durch die einzelnen Punkte gehen und sehen, was ich dazu sagen kann (Außer Grammatik-und Rechtschreibfehler - die hab ich schon korrigiert, danke dafür :'))

Die abgedroschene Phrase liegt mir quer. Ist für mich nen Streichkandidat.
Das kann ich total verstehen - ich finde nämlich auch, dass das ein furchtbarer Spruch ist- Sache ist, hier hat das eine Art persönliche Hintergrundgeschichte (nichts dramatisches), man kann es wohl als Ironie verstehen, ich versteh aber auch, dass es blöd rüberkommt. Ich werd mir das noch einmal anschauen und sehen, wie ich das ändern kann.
Hier überlege ich das erste Mal, ob es sich tatsächlich um ZWEI Personen handelt.
Haha, na, zu welchem Schluss bist du denn gekommen?
Ich schwöre, ich saß gerade in der Ringbahn, die genau an der Station Gesundbrunnen hielt, als ich diese Zeile las. Spooky.
Zufälle gibt's, die gibt's gar nicht.
Deswegen traut er sich nicht mehr aus dem Haus? Da kommt bestimmt gleich noch mehr ans Licht. Denn der letzte Satz wirkt seltsam distanziert. Er würde sich sonst doch an diesen Schmerz erinnern.
Edit: am Ende deiner Geschichte angekommen, ist mir diese Erklärung nicht genug, nicht richtig. Hintergrund seiner Angststörung ist doch sein Gefühl, im falschen Körper geboren zu sein und die Unsicherheit über seinen Platz in der Gesellschaft, oder? Willst du den Leser auf die falsche Fährte führen?
Das hätte ich auf jeden Fall besser formulieren können - die Geschichte mit dem Fahrradunfall bezieht sich tatsächlich nur darauf, dass er sich nicht traut, in der Stadt Rad zu fahren.
Und ich hatte tatsächlich nicht vor, irgendwen auf eine falsche Fährte zu führen, ich hatte es eher so gedacht, dass die Angststörung aus der Summe, der Dinge, die in Pubertät etc. abgelaufen sind, entspringt. Dazu gehört natürlich das Gefühl, im falschen Körper geboren zu sein, aber eben auch die 'stille' Pubertät, bzw. was da eben abging - zu dem Absatz kommen wir ja gleich.
Hm. Diese persönliche Ansprache, dann noch in der Höflichkeitsform, gefällt mir nicht. Den gesamten Absatz bräuchte es für mich eigentlich nicht.
Wo wir schon dabei wären - ich nehme an, ich hab den Absatz als eine Art Kontrapunkt eingeführt? Von wegen, so geht's, so geht's aber auch. Ich sehe aber, dass er im Grunde nicht gebraucht ist... Ich glaub, ich muss mir das alles noch einmal in Ruhe durchlesen. Und bei der Ansprache, ich bin ehrlich, ich wusste einfach nichts besseres. Im Grunde, ja, nur ein Füller. Aber danke, dass du das mal gesagt hast, das hat mich nämlich ziemlich zum Nachdenken gebracht.
Ich weiß nicht, ob der Teil mit der Mutter dir persönlich etwas bedeutet. Der Geschichte bringt es mMn nichts.
Du hast ganz Recht, das hat eine persönliche Bedeutung. Mir war es einfach wichtig, das mit einzubringen.

Vielen Dank für deine Kritik. Du hast mich ordentlich zum Nachdenken gebracht, und was ich auf jeden Fall tun werde, ist mir den Text noch einmal durchzulesen und zu schauen, wo und wie ich etwas ändern kann und möchte.

Liebe Grüße,
maxcandance

PS: den Text sehe ich eher in der Rubrik "Kurzgeschichten", als in "Experimente"
Ich war mir schlicht und einfach nicht sicher, wo ich es einsortieren sollte, weil ich nicht sicher war, ob es wirklich als Kurzgeschichte gilt.

 

Hallo, @maxcandance,

hat mich wahnsinnig berührt, dein Text.
Man kann die Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit wirklich spüren.
Allein schon der Titel beziehungsweise der erste Satz.

''Ich glaub, ich hab Angst.''
Das hat mich an einen eher lustig gemeinten Satz meines Vaters erinnert. "Ich hab Angst, ich fürchte mich." Im Sinne von "Ich habe Angst davor, mich zu fürchten." Die unausgesprochenen und unaussprechbaren Ängste, die man manchmal hat, die einen mehr, die anderen weniger, und gegen die man einfach nicht ankommt.
Auch andere Sätze fand ich sehr subtil und sehr sprechend:
Ich bin heute raus gegangen.
Allein schon, dass das überhaupt erwähnt wird, weil es etwas Besonderes ist, hat mich betroffen gemacht, dieser ständige Kampf gegen Ängste, die das alltägliche Leben fast unmöglich machen.
Wenn du erst wartest, bis die Stimmen im Treppenhaus verklungen sind, bevor du die Wohnung verlässt.
Ich hab das auch schon gemacht, wenn ich ehrlich bin, um unausweichlichen Konfrontationen aus dem Weg zu gehen.
um eine zu rauchen und dann darüber nachdenkst, die Zigarette auf deinem Arm auszudrücken.
Da wird es dann richtig schrecklich.
Ich frag mich manchmal, wo ich jetzt wäre, wenn alles anders gelaufen wäre.
Und da fängt man an, sich zu fragen, ob es für diese Ängste einen Grund gibt.
und hoffentlich auch die Hormontherapie.
Jetzt wird klar, worum es geht.
Du erzählst ihm zu viel, aber eigentlich nie das, was du erzählen solltest.
Und man versteht auch die Ursache der Ängste und kann es nachvollziehen.
Insgesamt wirklich sehr berührend, zumindest, was mich betrifft.

Und jetzt noch ein paar Kleinigkeiten:

raus zu gehen
zusammen schreiben
um zu gucken
auch das
vor einer ziemlich ungesunden Einstellung vor Essen bewahrt.
Einstellung zum Essen
würde jetzt irgendetwas hoffnungsvolles kommen
irgendetwas Hoffnungsvolles

Gerne gelesen. Ich würde mich über mehr Geschichten freuen.
Gruß
S.

 

Moin @maxcandance ,
ja, der Titel zieht einen in die Geschichte, daher kriegst Du noch ein paar subjektive Gedanken von mir dazu.

Ich weiß gar nicht, warum. Warum hab ich Angst?
Nur eine Idee, weil ich es in Gedanken immer wieder gedreht habe. Mich "stört" irgendwie das zweimal "warum hintereinander, auch wenn die Wiederholung an sich wirkungsvoll in dem Absatz ist. Ginge vielleicht etwas aufzulösen ...

Einmal Laktosefrei und einmal Sojamilch mit Vanillegeschmack. Man gönnt sich ja sonst nichts. Für nur Neunundneunzig Cent.
Die konkreten Milchsorten finde ich eine tolle Vertiefung, aber dann, die schon genannte Phrase und der Sinn des Preises irritiert mich. Vor allem ist der Bezug des Preises nicht eindeutig - ganzer Einkauf eine Sorte Milch, beide und waas hat das mit gönnen zu tun?

Und er lacht und sagt: ''Alter, du willst studieren. Du willst leben.
Mh, ein oder zwei Personen? Ganz eindeutig machst Du es nicht, weil ja auch der Therapeut immer mal dazwischen funkt, aber ich gehe von einem Selbstgespräch aus.

weil du immer wieder daran denken musst, wie du als Achtjähriger auf die Nase gefallen bist.''
wie bereits erwähnt, der Bezug zu den Ängsten war mir auch erst aus Deiner Antwort klar.

die Zigarette auf deinem Arm auszudrücken.
da ist wirklich viel Verzweiflung zu spüren, harter Bruch, denn vorher ging es ja eher um Bewältigung des täglichen Lebens

Und ich sage, na klar, ich mein, ich hab meine Eltern nie angeschrien, das hätt' ich mich gar nicht getraut, und Türen hab ich auch nicht geknallt, aber ich hab ganz schön rumgezickt. Und ich hab nicht mit meinen Eltern gesprochen. Das zählt doch.
Gefällt mir wirklich gut, wie Du hier die Unsicherheit zeigst. Das "rumgezickt" hat mich allerdings an ein Mädchen denken lassen, macht aber im Nachhinein nichts, passt ja gut zu dem falschen Körper

Ich hätte vielleicht eine Empfehlung für das Gymnasium bekommen
ich hab mein Abi geschafft.
Da hab ich gestutzt, ich verstehe den ersten Satz nicht, wenn er aber doch Abi gemacht hat, vielleicht einen Erklärsatz mehr?

''Vielleicht hast du doch einfach Angst vor dir selbst.
weil du nicht weißt, was sie von dir halten. Weil du denkst, sie finden dich anstrengend oder nervtötend oder naiv oder zu anhänglich.
Ich glaube zu verstehen, was er sagen möchte, aber wäre es dann nicht eher in der ersten Frage nicht Angst vor sich, sondern Unsicherheit, mangelndes Selbstbewusstsein oder fehlende Liebe zu sich. Angst vor sich sehe ich eher in einer Reihe mit unlogischem Verhalten, Selbstzerstörung, Gewaltbereitschaft, also eine andere Richtung, als Du im zweiten Teil nennst.
Das ist vielleicht etwas, was mir an Deinem ansonsten wirklich sehr interessanten Text fehlt, das zeigen. Ich muss es ihm alles glauben, höre nur ihn und kann mir nichts selbst denken/einschätzen. Ist aber natürlich der Form geschuldet, also nur bedingt als Kritik gemeint.

Er lacht und deutet auf die Packung Tabak, die vor mir auf dem Küchentisch liegt.

''Und? Noch ein Versuch?''

Das Ende ist "super", also ich denke automatisch weiter, bleibe in der Situation. Echt hart.

Also für mich eine sehr interessante Kurzgeschichte, "gerne gelesen" ist bei dem Inhalt schwierig, aber es macht auf alle Fälle neugierig auf mehr von Dir.
Beste Wünsch
witch

PS sollen wirklich alle Freizeilen sein oder sind einige der Formatierung hier im Forum zu verdanken, ich finde den Text zum Teil unnötig zerrissen

 

Hi
ein winzig klein bisserl widersprüchlich - wer sich nicht aufs Fahrrad traut, schafft ein Studium? Irgendwo fehlt da der Teil, an dem doch Mut auftaucht, an dem der Stier bei den Hörnern gepackt wird, so ganz hilflos ist Prota doch nicht. Es kommt nur nicht rüber.

Achtjähriger auf die Nase gefallen bist.'' Es war ein Tag bevor meinem neunten Geburtstag. Wir wollten ins Schwimmbad gehen, ging aber nicht, weil ich mir den Zahn ausgeschlagen habe. Samt Wurzel.
Zahnwurzeln beim Achtjährigen?

wenn du anstatt dich nach Jobs um zu gucken ewig
Kommata

Und ich mein, ich hab mein Abi geschafft.
Ein Absatz obendrüber: Es gab keine Empfehlung fürs Gymnasium. Auf welchem Weg wurde das Abi geschafft?

mitgenommen hast und du hast Angst davor
Und noch ein kleines Komma. Nach dem Und folgt ein vollständiger Satz.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @maxcandance
"Das größte Problem unserer Generation ist, dass wir keine Probleme haben." Das ist der Schlüsselsatz in einem ziemlich heftigen Film über die Millenials in Russland. Der Film beginnt damit, dass ein junger Typ während einer Party anscheinend unmotiviert vom Balkon in den Tod springt.
Dein Text ist eine Zustandsbeschreibung. Es gibt keinen erkennbaren Konflikt, keine Figurenentwicklung, kein Motiv.
In meinen Augen handelt es sich um einen Tagebucheintrag und keine Geschichte. Der Protagonist hat sicher schwer mit sich zu kämpfen, aber der Text scheitert, wenn es darum geht, mich als Leser an diesem Kampf teilhaben zu lassen. Die Depression im Verbund mit fehlendem Selbstvertrauen und grundsätzlicher Lebensunfähigkeit wird ziemlich gut dargestellt. Aber das genügt nicht für eine Geschichte. Es ist sicher authentisch, wenn der Ich-Erzähler die Ursache für seine seelische Störung nicht erklären kann, aber es gibt mir auch nichts in die Hand, womit ich etwas anfangen kann. Durch die fehlende Selbstreflexion wirkt das auf mich wie eine Vorstellungsrede in der Therapiegruppe. Die hört man sich höflich an, nickt verständnisvoll und signalisiert Solidarität. Aber danach geht es üblicherweise ans Eingemachte. Es wird über Ursachen geredet, gestritten und Klartext geredet, wenn der Protagonist ins Selbstmitleid abdriftet. Es wird nach Wegen zur Heilung gesucht.
Bei dieser Geschichte bleibt es bei der Vorstellungsrede und sonst geschieht nichts.
Da ich ein Leser bin und nicht der Protagonist, langweilt mich das.

Schönen Gruß!
Kellerkind

 

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