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Ja-Nein-Vielleicht?

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16.05.2005
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Ja-Nein-Vielleicht?

Ja/Nein - Vielleicht?

Edin starrte mit rotgeränderten Augen auf den Monitor. Seine schwarzen Haare klebten ihm wirr und schweißnass am Kopf.
Er hatte die letzte Nacht an seinem Programm gearbeitet und fühlte sich ausgelaugt.
Bald würde ihn eine merkwürdige Euphorie packen, die typisch für ein Stadium vollkommener Übermüdung ist und leicht in Halluzinationen übergehen kann.
Mit schweren Fingern tippte er die letzte Befehlszeile in die Tastatur und wandelte den Quellcode in ein ausführbares Computerprogramm um.
Edin war kein professioneller Programmierer, was ihn nicht daran hinderte, mit wahrer Leidenschaft auf diesem Gebiet zu dilettieren. Sein aktuelles Projekt befasste sich mit der Komprimierung von Daten.
Unbelesen in der Fachliteratur hatte er sich die Voraussetzungen dafür selbst geschaffen.
Seinem Programm lagen dementsprechend einfache Prinzipien zugrunde.
Ohne jede Finessen tat sein Programm nichts anderes, als nach codalen Ähnlichkeiten im zu komprimierenden Objekt zu suchen.
So wie sich die Aussage Apfel, Apfel, Apfel verkürzt mit drei Äpfel ausdrücken lässt, suchte sein Programm nach identischen Zeichenfolgen und setzte für jede von ihnen einen Platzhalter.
Während durch das kleine Fenster in seinem Zimmer erste morgenrote Sonnenstrahlen auf den Monitor fielen, komprimierte sein Programm fehlerlos eine erste Datei.
Das Verhältnis von der Ursprungs- zur komprimierten Datei zeigte den erbärmlichen Faktor 0,9 an, aber das störte ihn nicht sonderlich.
Edin erhob sich, um sich ein Frühstück zu gönnen. Dann würde er zur Universität schlendern, um langweiligen Vorlesungen in Sachen- und Baurecht über sich ergehen zu lassen.
Wie es ihm im Zustand vollkommener Übermüdung häufig passierte, durchzuckte ganz unvermutet ein überraschender Gedanke sein trunkenes Bewusstsein.
Er setzte sich nochmals an den Computer und zwang sein Programm in seiner Abwesenheit sämtliche Dateien der Festplatte zu komprimieren.
Dann machte er sich endgültig auf, um das ersehnte Frühstück einzunehmen.

Nach mehreren Vorlesungen, die er im Halbschlaf durchgestanden hatte, einem Mittagessen zweifelhafter Qualität und einem Repetitorium am Nachmittag schwor er sich, die kommende Nacht durchzuschlafen.
Auf den fünf Minuten die er für den Heimweg brauchte glich sein Gang dem eines Betrunkenen und etliche Passanten wichen ihm misstrauisch aus.
Er erreichte das Mietshaus in dem er die billigste Wohnung gemietet hatte und wankte durch den Hausflur, nicht ohne sich am Treppengeländer einen blauen Fleck an der Hüfte zuzuziehen.
Fast eine Ewigkeit, so schien es ihm, dauerte es, um den Schlüssel in die vorgesehene Öffnung einfahren zu lassen und seine Wohnung aufzuschließen.
Er taumelte in die holzvertäfelte Diele, hängte seine Jacke an die Garderobe und erstarrte.
Alte Instinkte stiegen aus vergessenen Tiefen seines Unterbewusstseins und animalische Panik überfiel ihn.
Etwas hatte sich verändert.
Langsam bekam er sich unter Kontrolle, sein explodierter Adrenalinspiegel fiel langsam ab.
Extrovertierter Gefühlsbezeugungen eher abgeneigt, lächelte er flüchtig und öffnete die Tür zu seinem winzigen Schlaf- und Arbeitszimmer.
Der Computermonitor war im Energiesparmodus, fuhr aber bei der ersten Mausbewegung wie ein aufgeschrecktes Hasenjunges hoch und präsentierte eine Erfolgsmeldung seines Programms.
Er wandte sich ab und erstarrte. Im Augenwinkel hatte er etwas gesehen, was absolut unmöglich war.
Er sprang fast vor das Gerät und las immer wieder das Ergebnis seines kleinen Lapsus vom Vormittag.

Wird ein komprimiertes Objekt nochmals komprimiert und nochmals und so weiter ex infinitum, verkleinern sich die zweite, dritte, vielleicht gar die vierte Ableitung jeweils um einen stetig abnehmenden Faktor. Schließlich dreht sich das Verhältnis um und die Ableitungen beginnen zu wachsen. Das ist logisch, das jede Ableitung zum komprimierten Ursprungsformat auch die algorithmischen Informationen über jede Komprimierung enthält.
Das war ihm bekannt.
Deshalb konnte, ja durfte es nach allen was nur recht und billig in diesem Universum war, dieses Ergebnis nicht geben:
Aber die Komprimierungsstatistik scherte sich nicht darum und behauptete stur, das jede verdammte Datei auf seinem Computer auf ein einzelnes Bit - auf ein einzelnes Ja/Nein reduziert worden war.
Spaßeshalber dekomprimierte er eine Datei, von der er die genaue Ursprungsgröße kannte. Zu seinem Erstaunen funktionierte das einwandfrei.
Folglich musste sich ein Fehler in den Teil seines Programms eingeschlichen haben, dass die Statistiken zur Komprimierung erstellte.
Er suchte den Quelltext, fand aber nur eine komprimierte Version. Ein mulmiges Gefühl beschlich ihn abermals.
Weshalb war der authentische Quelltext verschwunden? Sein Komprimierungsprogramm ließ die Originale der komprimierten Dateien doch unangetastet.
Mit ein, zwei Mausbewegungen leitete er die Dekomprimierung des Quellcodes ein.
Fröhlich formten sich Fortschrittsbalken auf Fortschrittsbalken auf dem Monitor, bis das System verkündete, das der Speicherplatz auf der Festplatte für den Abschluss des Prozesse ungenügend sei.
Er war baff. Vor wenigen Wochen hatte er seinen Computer mit einer zusätzliche Festplatte aufgerüstet, Platz genug um sich ganze Bibliotheken an Daten einzuverleiben.
Eine Gänsehaut tastete sich lüstern über seinen Rücken.
Das hier war verrückt.
Kurzerhand speicherte er sein Programm und die ein Bit große Komprimierung seines Quellcodes auf einen Datenstift, fuhr den Computer herunter und legte sich ins Bett.
Doch festen, gesunden Schlaf fand er in der anbrechenden Nacht keinen.

Zerschlagen stieg er am frühen Morgen aus dem Bett. Er hatte beschlossen, die Vorlesungen zu schwänzen und sich ins Computerkabinett seiner Universität zu stehlen.
Es gelang ihm einem Kommilitonen aus dem Studiengang Digitale Medien den Schlüssel abzuschwatzen und schon weit vor Vorlesungsbeginn hatte er sich mit seinen Skripten an einem Computerarbeitsplatz in der letzten Reihe verbarrikadiert.
Die Skripte dienten ihm als Tarnung, da das Computerkabinett am Vormittag den Vorlesungen der Informatiker vorbehalten war. Seines Wissens blieben jedoch stets einige Plätze unbesetzt und er vertraute darauf, dass er mit seinem studentischen Papierpacken unbesehen würde bleiben können.
Schließlich war er ja in weitester Auslegung des Begriffes selbst Informatiker.
Edin kopierte, nachdem er sich mit einem abgegaunerten Passwort in das lokale Netzwerk eingeloggt hatte, das Quellcodebit und sein Komprimierungsprogramm auf eine virtuelle Festplatte.
Er wusste, dass die Kapazität des Hochschulnetzwerkes im Vergleich mit seinem häuslichen Computer geradezu gigantisch zu nennen war.
Er stand eben im Begriff, das Quellcodebit zu dekomprimieren, als er innehielt.
Er dachte nach.
Sollte er nich erst einmal das Komprimierungsprogramm gegentesten?
Schließlich wurde von ihm, als künftigem Diplomjuristen erwartet, strukturell an einen Sachverhalt heranzugehen. Auch wenn ihn hier niemand über die Schulter schaute so widerstrebte es ihm leichtfertig das im Studium erworbene algorithmische Rüstzeug über Bord zu werfen und nach dem Prinzip des ´Versuch und Irrtum´ herumzuwursteln.
In einem Anflug von Übermut verfügte er, dass sein Programm sämtliche Informationen des Hochschulnetzwerkes in drei Durchgängen komprimieren sollte.
Der erste Durchlauf dauerte lediglich eine Stunde, während dessen sich der Raum mit den Informatikstudenten füllte.
Die komprimierte Datei, war, wie zu erwarten, um zehn Prozentpunkte kleiner, als die Summe aller in der Datei zusammengefassten Ursprungsdaten.
Die dreißig Minuten des zweiten Durchlaufes reichem dem Dozenten einzutreffen, den Kurs zu begrüßen und ein erstes Schema an die Tafel zu kritzeln. Edin tat sehr interessiert, wobei er gleichzeitig auf seinen Monitor schielte.
Mit Mühe unterdrückte er kurz darauf einen Aufschrei, als er das Ergebnis aufblinken sah. Das nochmalige Zusammenquetschten der Daten hatte den Speicherbedarf auf unvorstellbare zwanzig Prozent reduziert.
Zögernd, als täte er etwas streng Verbotenes, schob seine Hand den Mauszeiger zum Abbruchbutton, doch obgleich dabei nur wenigen Sekunden verstrichen, war es zu spät.
Hämisch grüßte ihn ein einzelnes Bit vom Monitor.
Edin atmete tief durch.
Er war jetzt sicher, zumindest versuchte er sich das einzureden, das sein Programm falsche Werte ausgab. Ein informatorisches Perpetuum Mobile war ebenso ausgeschlossen, wie ein Energetisches.
Weshalb hatte er dann aber dieses unheimliche Gefühl?
Um weiterem Grübeln zu entgehen, startete er die Extraktion seines EinBitQuellcodes.
Sofort türmten sich die Fortschrittsbalken auf dem Monitor.
Edin wartete.
Eine Stunde verstrich und noch immer arbeitet das Programm. Edin wurde misstrauisch, womöglich hing das Programm in einer Schleife fest und ratterte endlos darin herum, wie in einem Hamsterlaufrad.
Er überprüfte den freien Speicherplatz des Netzwerkes und verfolgte ungläubig, wie in jeder Sekunde Speicherplatz in Größenordnungen belegt wurde, die auch sein unspezialisierter Intellekt sofort als vollkommen irrsinnig erfasste.
Unfähig jeder vernünftigen Reaktion, gebannt dieses horrende Wunder anstarrend, sah er den verfügbaren Speicherplatz zusammenschmelzen, als wäre es Schnee im Hochsommer.
Instinktiv hämmerte er irre auf die Abbruchtaste, was ihm missbilligende Blicke seiner Sitznachbarn einbrachte.
Das nahm er schon nicht mehr wahr.
Er war vollkommen durchgeschwitzt, als die erlösende Botschaft sich mit einem Pington ankündigte. Das Programm hatte seine wahnwitzige Aktivität beendet.
Hastig kopierte er die EinBitNetzwerkKopie auf seinen Datenstift und verließ fluchtartig und ohne sich um die dadurch verursachte Störung der Vorlesung zu bekümmern, das Computerkabinett.
Nach mehreren Getränken deren Alkoholgehalt manchen trinkfesten Briten beeindruckt hätte, fand Edin den Mut seinen Computer einzuschalten.
Der Alkohol hatte ihn aufgelockert und mit gewisser Belustigung verfolgte er, wie das Hochschulnetz sich auf seinem Computer extrahierte.
Die ganze Welt spaßig findet, gab er seinen Namen als Suchbegriff ein und war nicht einmal mehr erstaunt, als er in den abgeschotteten Seiten der Studentenverwaltung landete.
Er entsann sich seiner nicht bestandenen Vordiplomsprüfung in Staats- und Verfassungsrecht, änderte die Note und den Vornamen der Ziege aus seinem Kursus über Europarecht von Martina in Martin.
Dann sackte er völlig betrunken auf die Tastatur.
Ehe sein Kopf im Bereich von DFGHJ aufschlug, war er schon eingeschlafen.

Martina fehlte.
Es war der nächste Tag und Edins Zustand war ausgesprochen verkatert.
Martina fehlte.
Jetzt wurde es ihm der Sinn dieser in seinen Gedanken rotierenden Feststellung bewusst und er erinnerte sich augenblicklich der Ereignisse der vorigen Nacht.
Prüfend sah er sich um. Ihm war bis zu diesem Augenblick nie bewusst gewesen, wie wenige Kommilitonen er aus seinen Kursen mehr als nur flüchtig kannte. Da er sich traditionell in eine der ersten Reihen setzte, waren die Hinterbänkler für ihn nicht mehr als Stimmen.
Jetzt versuchte er sich krampfhaft zu erinnern: gab es in diesem Kurs einen Martin?
Nach einer Weile gab er es resigniert auf. Zäh wie Kaugummi zog sich die Vorlesung in die Länge und er wünschte, er läge noch im Bett, eine Schachtel Aspirin in Griffweite.
Als der Professor sich endlich verabschiedete stürmte er geradezu aus dem Vorlesungssaal.
Sein erster Weg führte ihn zur Toilette. Dann sah er sich unvermittelt vor der Tür des Studentensekretariates stehen und fast wäre er eingetreten, um sich nach einer ganz bestimmten Studentin zu erkundigen, da verließ ihn der Mut. Die Damen im Büro kannten ihn und wären womöglich misstrauisch geworden, wenn er nach einer Kommilitonin gefragt hätte, die einen Kurs mit ihm zusammen belegt hatte.
Wenn es denn eine Martina gab, flüsterte hämisch sein Unterbewusstsein.
„Martina, Martin, Martina, Martin“, er summte es vor sich hin bis er sich erschrocken dabei erwischte.

Wieder in seinem häuslichem Reich angelangt, zögerte Edin, weitere Experimente des Unmöglichen anzugehen. Statt dessen setzte er sich auf sein Bett und schaltete den gegenüber auf einem Holzpodest aufgestellten Fernseher an.
Die Nachrichten und einige Unterhaltungssendungen lang, konnte er sich einreden, dass er den Computer an diesem Abend nicht anschalten würde. Auch wenn sich seine Konzentration nicht einen Augenblick in Richtung der flimmernden Fernsehscheibe lenkten ließ, glaubte er sich entspannt.
In einer Werbepause holte er sich ein Bier aus dem Kühlschrank der in der Küche vor sich hin brummte, kam in sein Zimmer zurück und fand sich unversehens vor dem Computermonitor sitzen. Mit einem resignierten Seufzer fuhr er den Rechner hoch.
Wieder rief er die Seiten des Studentensekretariates auf und korrigierte seine Änderungen vom Vorabend. Aus Martin wurde eine Martina und obwohl er sich versicherte, dass es lächerlich war, an diesen Deux ex machina zu glauben, fühlte er sich erleichtert.
Mehr zufällig, als beabsichtigt, geriet er in die Prüfungslisten für die nächsten Wochen und erlitt einen Schock.
Der Atem blieb ihm weg, sein Magen zog sich krampfartig zusammen und kalter Schweiß floss aus allen Poren, durchtränkten Hemd und Hose.
Die Prüfungsbögen, lindgrüne Tabellen, trugen in der Kopfzeile die Information zu Prüfungstag, -fach und ort. In den fortlaufenden Zeilen waren die Matrikelnummern der Studenten vermerkt, die sich für die Prüfung angemeldet hatten.
Und obwohl die Klausur, deren Bogen er ansah, erst am folgenden Tag stattfinden sollte, waren die Noten hinter jede einzelne Matrikelnummer schon eingetragen.
Ebenso überraschend war der Umstand, dass völlig untypischer Weise zwei unterschiedliche Noten jeder Matrikelnummer zugeordnet waren.
Ihm wurde bewusst, das er selbst an dieser Prüfung teilnehmen würde.
Unstet wanderte sein Blick Zeile für Zeile entlang und suchte nach seiner eigenen Matrikel.
Da geschah Merkwürdiges. Die Zahlen und Zeichen schienen zu verschwimmen. Die Farbe des Formulars wechselte, unter einem unheimlichen Sirren aus den Lautsprechern, in rostiges Magenta.
Ein Flimmern legte sich über das Bild, so dass es fast lebendig wirkte.
Mit einem Schrei des Entsetzens auf den Lippen, riss er den Stecker aus der Steckdose. Schlagartig wurde der Monitor dunkel.
Aber der Ton aus den Lautsprechern schien im Zimmer nachzuhallen, sich an den Bücherborden zu brechen und von allen Seiten auf ihn einzustürzen.
Edin zitterte so stark, dass er nur mit aller Anstrengung vom Stuhl hieven und in die Küche laufen konnte. Er trank ein weiteres Bier und ein Wasserglas voller Wodka.
Der Alkohol, dem der verstörte Geist und der zitternde Körper kaum Widerstand entgegen setzen konnten, tat sein Werk und Minuten später rutschte Edin an der Kühlschranktür entlang auf den kalten Küchenboden.
Er schlief sofort ein und träumte die Nacht in wiederholten Alptraumsequenzen von lebendigen Computern.

Mensakaffee, geht das Gerücht, hat schon Tote zum Leben wiedererweckt. Da Edin sich am Morgen nach seinem Trinkgelage nach dem zweiten Becher leidlich fit fühlte neigte er dazu, dam Gerücht zuzustimmen.
Im freundlichen Licht der Vormittagssonne relativierten sich die Ereignisse vom Vortag; ja waren ihm fast peinlich.
In Betrachtungen über seine aufgereizten Nerven versunken, stieß er mit einem Mädchen zusammen, das eben seinen Kaffe aus dem Mensaautomaten entnommen hatte. Die dunkle Brühe schwappte aus dem Pappbecher und besudelte ihre weiße Bluse.
Sie fauchte ihn an, nannte ihn einen Depp, Idioten, Trampel.
Edin, im Begriff eine verlegene Entschuldigung zu stammeln, hob den Kopf und brach in haltloses Gelächter aus.
Er lachte noch, als Martina, bedeutungsvoll die flache Hand vor dem Kopf auf- und abschwenkend, sich zur ihrer Studiengruppe an einem der langen Tische gesellt hatte.
In dieser ausgelassenen Stimmung, trabte er über den Campus dem Saal entgegen, in dem er eine Klausur abzuleisten hatte.

Dank der Prüfung hatte Edin sein Pensum bereits am frühen Nachmittag absolviert und trotz einer leichten Erschöpfung hielt seine gute Laune unvermittelt an.
Seine Stimmung sank erst, als er sein Zimmer betrat.
Der Stecker des Stromkabels steckte, wie er mit einem kurzen, prüfendem Blick feststellte, in der Dose und das blaue Meer des Bildschirmschoners spiegelte sich mit ungewohnter Intensität im Fenster des Zimmers wieder.
Ein feines Summen, nur zu erahnen und deshalb um so nervenzerfetzender, kratzte der Wahrnehmungsschwelle herum, bereit, sich jeden Moment zum kakophonischen Orkan aufzublasen.
Edin zermarterte sich den Kopf. Das schwarze Loch der Erinnerungen an einen Teil des Vorabend war ein guter Vorwand um sich glaubwürdig einzureden, dass er im Rausch selbst das Stromkabel wieder eingesteckt hatte.
Das Problem war nur, er glaubte nicht daran.
Immerhin schaffte er es, dieses Mysterium für den Moment ad acta zu legen und sich auf seinen Stuhl fallen zu lassen.
Bei der ersten Mausbeführung verflüchtigte sich der Bildschirmschoner und gab den Platz für ein Datenverwaltungsprogramm frei. Edin hatte seine EinBitKomprimierungen in einem separaten Ordner abgelegt, den er öffnete.
Ohne mit dem Sinn für schwarzen Humor begabt, versteinerte er; nur seine Augen flogen in ungläubiger Hast Zeile für Zeile auf und ab.
Der Ordnername lautete: ein_bit_riesen und entsprach damit nicht mehr seinem Inhalt.
Denn sämtliche Dateien, die am Vorabend jeweils ein Bit, eine Ja-Nein-Information zu enthalten vorgegeben hatten, wurden mit einer Dateigröße von exakt null-komma-acht-drei Bit angezeigt.
Plötzlich überwand das Summen die Schwelle zum Wahrnehmbaren und Edin war, als könne er Gesang erkennen. Ekel kam ihn an und er öffnete das Fenster. Die klare, kalte Luft, die ins Zimmer strömte, schien das Summen wegzuspülen; jedenfalls erstarb es.
Weit beugte er sich aus dem Fenster, um einen Blick auf die nachmittägliche Stadt zu werfen. Das Gewimmel der Passanten, die Silhouette der Universität beruhigte ihn und die Übelkeit schrumpfte zu einem Gefühl des Schwindels.
Ein LKW bog um eine Ecke, ganz mit Werbung für eine Wäscherei bedruckt. Nur für diese Woche, so stand es auf der Plane, kostete die Reinigung eines Hemdes dreiundachtzig Cent.
Dreiundachtzig Cent?, durchfuhr es Edin eiskalt.
War es Zufall, das sich dreiundachtzig Cent auch als null-komma-acht-drei Euros ausdrücken ließ?
Ihn drehte sich alles.
Er musste hier raus.
Raus aus einem Zimmer in dem so verrückte Dinge geschahen.
Weit weg von einem Computer, der elementare Axiome der Informationstheorie brach. Und ihn summend verhöhnte.
Edin verließ seine Wohnung, nahm die Treppenstufen im Dreiertakt und holte sein Fahrrad aus dem Keller.
Es gab, nicht weit von der Universität entfernt, einen urtümlichen Stadtwald nebst kleinem Tümpel. Dorthin hatte er sich früher oft verzogen, wenn wichtige Prüfungen anstanden und er einen klaren Kopf zum Lernen brauchte.
Das Wasser spiegelte bereits den Mond, als er sein Fahrrad zwischen krummgewachsenen Fichten auf die Lichtung schob. Edin ließ das Rad auf den vernadelten Waldboden kippen, setzte sich auf einen verrottenden Baumstumpf und starrte eine Weile lang in die kalte Nacht.
So unbeweglich, statuenhaft er dort hockte, so ungleich bewegter sah sein Inneres aus.
Er versuchte, seinen Gedankenchaos in geordnete Überlegungen zu überführen, dazu holte er so tief Luft, das schmerzende Kälte seine Lungen füllte.
Langsam klärte sich der verschwommene Wulst aus Ängsten und Verwirrung und er konnte daran gehen, systematisch die Ereignisse der vergangenen Tage zu analysieren.
Im Sinne eines strengen Rationalismus erzogen, fasste er all seine ungeheuerlichen Beobachtungen zusammen und stellte zu seiner Überraschung fest, dass einzig das Problem des merkwürdig effektiven Komprimierens überblieb.
Das unheimliche Summen des Computers, die Übereinstimmung der Werbung auf dem Lastkraftwagen mit dem Schrumpfen der Daten, die Sache mit Martina, nichts davon konnte er als gesicherte, und nicht der Müdigkeit, der Überreizung, dem Alkohol oder dem Zufall zuzuschreibende, Tatsachen ansehen.
Leider war das ein schwacher Trost. Denn dass sein Programm eine beliebige Menge an Informationen in einer einzigen Ja-Nein-Information zusammenquetschte und diese auch korrekt wiederherstellte, dafür gab es eine korrekte Bezeichnung: unmöglich.
Sprachlich inkorrekt, wie er sich selbst eingestand, aber sachlich nicht von der Hand zu weisen, war es unmöglicher, dass diese Ein-Bit-Komprimierungen einen Wert unter eins annahmen.
Edin bezweifelte, ohne sich dessen gewiss zu sein, dass das Betriebssystem seines Computers auch nur in der Lage war, den Bruchteil eines Bits korrekt auszuweisen. Wie auch?
Ein Bit war das Elementarteilchen der dualen Mathematik. Eine 1 stand, ontologisch betrachtet für: ´ES ist´, eine 0 für ´ES ist nicht´. In der dualen Logik machte eine Aussage wie: ´ES ist größtenteils´ keinen Sinn.
Sein Computer war da allerdings anderer Meinung und das konnte mehrere Ursachen haben.
Naheliegend war immer noch die Annahme, dass im Statistikteil seines Programms ein Bug, ein Fehler steckte. Doch bereits nach den Erfahrungen in der Universität hatte er das verworfen. Welcher Fehler auch immer in seinem Programm stecken mochte, das hier hatte eine andere, als nur rein statistische Qualität.
Edin zögerte, in seinen Überlegungen fortzufahren.
Akzeptierte er, dass er tatsächlich einen Weg gefunden hatte, eine gegen unendlich tendierende Datenmenge auf fast unendlich kleinem Raum zu speichern, hatte das fatale Konsequenzen für alles, was er bisher zu wissen glaubte.
Erschrocken zuckte er zusammen, als ein Specht ratternd einen Baumstamm bearbeitete.
Mitten in der Nacht?
Wieder ein Zufall?
Edin fröstelte. Er presste seine Arme an den Körper und zog den Kopf tief zwischen die Schultern. Aus seiner frosttaube Nase löste sich ein Tropfen Flüssigkeit und rollte über seine blassen Lippen. Er formte lautlos mehrere Worte.
´Künstliche Intelligenz? Außerirdische Intelligenz? Virtuelle Realität? Gott?´
Im kurzen, innerlichen Wechselspiel ging er die vier möglichen Verursacher seines Dilemmas durch.
Künstliche Intelligenz? - Eher unrealistisch, denn wie sollte die sich in seinem Computer gebildet haben?
Einen Internetzugang besaß er nicht und die Theorien über künstliche Intelligenz teilten den Standpunkt, dass eine solche sich nur im Rahmen von Komplexitätszunahme der informationsverarbeitenden Systeme bilden könnte. Mit anderen Worten: eine quantitative Zunahme der Speicher- und Rechenkapazitäten schlägt ab einer unbestimmten Schwelle in eine neue Qualität, eben das Bewusstsein, um. Letztendlich ausschließen ließ es sich aber nicht.
Außerirdische Intelligenz? - höchst unwahrscheinlich, es sei denn diese wären technologisch, wie humorsensitiv auf einem, dem Menschen unvorstellbar hohem Niveau. Und für ein Opfer kosmischen Witzes mochte Edin sich nicht halten.
Virtuelle Realität? - es war nicht auszuschließen, dass das ganze Dasein eine einzige Computersimulation war und er zufällig einen Stein aus der Mauer geschlagen hatte, die simulierte und simulierende Welt trennte.
Da gab es allerdings das Problem, welches schon Stanislaw Lem in seinem Werk „summa technologiae“ formuliert hatte: wer in einer perfekten Simulation lebt, hat keine Möglichkeit, dies zu beweisen, geschweige denn, zur wirklichen Welt vorzudringen.
Gott? - nun, dazu musste es einen solchen geben und ob er sich dann solcherart Wunder wirkend jemanden wie Edin offenbaren würde - darüber konnten bestenfalls versierte Theologen befinden.
Mit diesen erfolglosen Spekulationen hatte er es sich eingestanden. Er war ratlos.

Auf dem Heimweg kamen ihm als Quintessenz zwei Dinge zum Bewusstsein.
Wenn er nicht im Irrenhaus landen wollte, sollte er mit niemandem darüber sprechen. Denn die Chance, dass ein vernünftiger und fachkundiger Mensch sich auch nur die Daten ansah, ging gegen null. Seriöse Wissenschaftler würden sich nie an seinem informatorischem Perpetuum Mobile die Finger schmutzig machen wollen und dafür hatte sogar Verständnis.
Was ihm blieb, war weitere Beobachtungen anzustellen und zu warten, welche Entwicklungen sich ergaben. Vielleicht, so Edins schwache Hoffnung, gewöhnte er sich an ein Leben mit dem Zauberbit.

In den nächsten Tagen, gleich nach dem Weckerschrillen, warf er einen Blick auf die Daten. Das war lohnend, denn jeden Morgen hatte sich die Größe der Dateien verringert. Von null-komma-ach-drei sank der Wert in weniger als einer Woche auf null-komma-drei-eins-vier und verharrte dort für zwei Tage. Nachdem dem zehnten Teil des Wertes von Pi auf diese Weise gehuldigt worden war, setzte sich die Datenschmelze fort, nicht jedoch ohne hin und wieder für zwei, drei Tage an den Zehnteln anderer wichtiger Konstanten der Mathematik und Physik zu verharren.
Jeden Morgen übertrug Edin gewissenhaft den nominalen Wert auf Millimeterpapier, wo sich eine gegen Null konvergierende Kurve des negativen Logarithmus zur zwei ergab.

Nach einem Monat war die Dateien so klein geworden, dass der Monitor Nullen über den Bildschirm schob, ehe die erste Ziffer aufleuchtete.
War es bisher durchschnittlich alle vierundzwanzig Stunden zu einer Abnahme der Dateieingröße gekommen, so verkürzte sich dieses Intervall nun zunehmend.
Schneller und schneller jagten sich die Nullen über dem Bildschirm, länger und länger brauchte es, bis die Folge der Nullen einer Ziffer wich.
Und eines Tages erwachte Edin in dem Bewusstsein, dass er unbedingt diesen Tag am Computer verbringen musste.
Zitternd starrte Edin auf den Monitor und die Nullen flogen an seinem Blick vorbei.
Die Kanne mit Kaffee hatte er längst ausgetrunken, es ging auf drei Uhr nachmittags zu.
Wieder startete eine der unheimlichen Durchläufe zur Ermittlung der Dateieingröße.
Null auf Null in einem flimmernden, monotonen Band hetzte Zeile um Zeile auf dem Monitor entlang, zu schnell um gezählt oder auch nur einzeln wahrgenommen zu werden.
Nach einer schier unendlichen Zeitspanne stoppte der rasende Lauf und eine verlorene Vier und eine Zwei setzte sich ans Ende der Nullen-Schlange.
Er wartete.
Etwas sagte ihm, dass er vor dem finalen Durchgang stand, ehe die Größe der Datei auf Null schrumpfen sollte.
Aber was würde dann geschehen, fragte er sich und die Angst presste seine Zähne zusammen, bis sie knirschten.
Es war eine unheimliche Gewissheit in ihm, dass etwas geschehen würde.
Aber, was würde geschehen?
Was, um Gottes Willen?
WAS?
Er startete die Abfrage.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Proxi!

Jaja, viel zu lang, aber wo bitte, konnte ich denn noch kuerzen?

Haha, der ist wirklich gut! :rotfl:

Ja, echt spannende Unterhaltung, der Text. Nur das Telefonbuch ist noch spannender. :D

Jetzt mal im Ernst. Was hast du mit dem Text beabsichtigt? Wolltest du den Stil eines klassischen SF-Autors kopieren, der einen Roman nur in "tell" geschrieben hat?
Ich meine, dir wurde hier oft bescheinigt, nicht sehr "lebendig" zu schreiben, aber noch nie war das so auffällig schlimm wie in dieser Geschichte! *shocked*
Was passiert in diesem Text, der sich über nahezu acht DIN-A 4-Seiten erstreckt?
Ein Student hat zum Spaß ein Komprimierprogramm entwickelt, und das macht sich aus unbekannten Gründen selbständig und komprimiert die Dateien immer weiter ( dachte zwischendurch schon, du wolltest den Prot vom Unicomputer über einen Konzerncomputer und dann zum NSA-Computer schicken, bis er den Quellcode endlich hat. Dann wäre die Geschichte ein echter Klopfer geworden :dozey: ) Nebenbei darf der Prot noch ein paar unheimliche Sachen erleben, das war so gruselig, dass ich davon fast aus meinem Nickerchen hochgeschreckt wäre.
Natürlich ist der arme Student total ratlos und droht an den unheimlichen Begebenheiten zu verzweifeln, aber schließlich kommt er auf die grandiose Idee, doch erst mal abzuwarten. :idee:
Und siehe da, er wird belohnt. Taucht doch tatsächlich die finale 42 auf dem Bildschirm auf ( Ja, das ist für den Leser ein echtes Aha-Erlebnis :D ).
Und gerade als der Leser sich ausmalt, wie der Prot seine Allmacht mit dem ultimativen Schöpfungscode wohl auskosten wird, da endet die Geschichte plötzlich. Schade. :sleep:

Fazit: Ich sage es nicht gerne, aber dein Tell-Experiment ist in meinen Augen ziemlich in die Hose gegangen. Sorry.

Ciao, Megabjörnie

 

Hi Proxi!

Ich würde sagen, der Text weiß nicht so recht, wo er hin will. Das "Tell" hat mich noch nicht mal gestört, der erzählende Stil passt zu der eher wissenschaftlichen Atmosphäre. Aber teilweise übertreibst du es mit den Fakten, wie ich finde, z.B. kann man mit einem Bit halt nur zwei verschiedene Dateien durchnummerieren, das reicht als Grund, warum man nicht beliebig viele Dateien auf diese Größe schrumpfen kann - da braucht es keine dritten und vierten Ableitungen. Hier und anderen Stellen der Informationsübermittlung fragte ich mich, ob man das jetzt für das Verständnis der Story unbedingt wissen muss.

Gegen Ende wird es ziemlich wirr, da fliegen einem die seltsamen Ereignisse um nur so um die Ohren. Das kann auch unterhaltsam sein, aber dazu passt der wissenschaftliche Anstrich mE nicht so recht. Dass sogar die Software dann die Hardware verändert und Bits in kleinere Einheiten unterteilt lässt die Story grazil über die Grenze des Unsinns schreiten.

Post'sches Fazit: Nüchterner, gegen Ende nicht mehr so recht passender Stil, teilweise wissenschaftlich überladen, teilweise Unsinn, wirrer Plot.

Seaman

 

Hallo Proxi,

den ersten Teil kannte ich ja schon, hab ihn also nur noch mal überflogen. Den zweiten Teil habe ich dann nochmal langsamer gelesen.

Zunächst Kleinkram: Es sind noch einige Rechtschreibfehler vor allem aber Zeichensetzungsfehler drin. Solltest Du noch mal gründlich durchgehen.

Zur Story: Gefällt mir grundsätzlich (muss ja, ich habe ja mit "Gottes Homepage" sehr ähnliches verzapft ;) ). Die Schwäche des Textes ist, dass sie nur jemanden schockt (wenn überhaupt), der genau der Typ ist, den Du beschreibst. Würde ich den Text meiner Frau geben, würde sie fragen, warum sich der Kerl so aufregt, die ganze Zeit schwitzt usw. Da helfen die Erklärungen nichts, die emotionalen Reaktionen sind so noch nicht nachvollziehbar.
Du bemühst Dich, die Innenwelt Deines Protagonisten zu beschreiben, fällst aber immer wieder in eine omnisciente Position zurück. Dieses Hin- und Herwechseln macht einen Teil der Irritation aus.

Weiterhin finde ich Deinen Erzählstil hier wieder schlechter als in "Der dritte Schatten", eben aus dem Perspektivwechselgrund, vor allem aber, weil der Text keine nennenswerten Dialoge aufweist. Wie wäre es, wenn Du ein paar Absätze inneren Monolog streichst und den Protagonisten stattdessen einen Prof aufsuchen lässt, den er unauffällig über die gemachten Beobachtungen aushorchen möchte. Das wäre interessant, weil er ja nicht sagen darf: "Ich habe den 1-Bit-Kompressor erfunden."
Den Erzählfaden musst Du auch noch straffen, es ist eher unklar, was die beobachteten Phänomene miteinander zu tun haben: Hyper-Kompression, Präkognition, Realitätsmanipulation, Synchronizität

Letzter Punkt: Die Geschichte ist zwar SF nach meiner persönlichen Definition, aber nach KG.de-Schublade ist sie eher "Seltsam", obwohl der dortige Leserkreis vermutlich Ausschlag von Deinen belehrenden Interludien bekäme.

Insgesamt eine Geschichte, die mir von der Idee sehr gut gefällt, deren Umsetzung aber ziemlich verbesserungsbedürftig ist.

Grüße,
Naut

 

Hi Leute,
ehe ich auf Eure Kritiken eingehe, warte ich noch ein paar Tage, ob weitere Kritiken kommen.
Nur soviel: scheinbar ist die Story tatsaechlich so schlecht, dass die Intention nicht zu verstehen ist. Naut war bisher am dichtesten Dran (wie nicht anders zu erwarten).
LG
Proxi

 

Hmmm, ziemlich abgedreht. Und vermutlich auch ein bißchen zu lang. Ob es für den Text eine Interpretation gibt, frage ich mich. Vielleicht, daß alles, was ist, bereits Folge einer einzigen, nichtigen Information ist. Also nix Chaos. Und auch nichts mit dem freien Willen. Alles actio-reactio. Und im Anfang war die 42. Jene Zahl, die die Frage nach dem Sinn des Lebens und des Universums beantwortet. So ungefähr jedenfalls, habe "A hitchhiker's guide to the galaxy" nie gelesen. War mir zu langweilig. Und zu doof. Aber das gehört nicht hierher.

Was hierhergehört: stellenweise sehr unterhaltsam, schön, daß der Text die Unmöglichkeit bereits selbst reflektiert. Aber überzeugen konnte mich das alles nicht.

Möglich wäre natürlich auch der Matrix-Gedanke, daß der Protagonist das kleine Löchlein in der Simulation gefunden hat. Oder, daß er definitv zu viel Kaffee mit zu wenig Schlaf kombiniert hat.

Nachtrag:
Vielleicht bin ich auch einfach genau der Typ, den Naut anspricht. Die Stelle mit "ES ist größtenteils" fand ich nämlich klasse; der ganze Absatz fing ja auch schon so vielversprechend mathematisch an...

 

Hi,

zugegeben, mir fehlen offensichtlich die Mittel so einen Stoff umzusetzen:
Ein Prot schreibt ein Programm zur Dateikomprimierung und dann geschehen Dinge, die nicht passieren duerften. Ein Teil dieser Dinge kann Zufall oder Einbildung sein, aber die Tatsache bleibt: er hat ein informationstechnisches perpetuum mobile erschaffen. Es ist also ein WUNDER geschehen und der Prot versucht es zu deuten.

@cbrucher

Vielleicht, daß alles, was ist, bereits Folge einer einzigen, nichtigen Information ist. Also nix Chaos. Und auch nichts mit dem freien Willen. Alles actio-reactio.
Alos GOTT !!!!
Und im Anfang war die 42. Jene Zahl, die die Frage nach dem Sinn des Lebens und des Universums beantwortet.
Das war nur ein weiteres Element, dass eben alles oder nichts bedeuten kann.
Was hierhergehört: stellenweise sehr unterhaltsam, schön, daß der Text die Unmöglichkeit bereits selbst reflektiert. Aber überzeugen konnte mich das alles nicht.
Stilistisch? Logisch?
Möglich wäre natürlich auch der Matrix-Gedanke, daß der Protagonist das kleine Löchlein in der Simulation gefunden hat. Oder, daß er definitv zu viel Kaffee mit zu wenig Schlaf kombiniert hat.
Oder beides?
Vielleicht bin ich auch einfach genau der Typ, den Naut anspricht. Die Stelle mit "ES ist größtenteils" fand ich nämlich klasse; der ganze Absatz fing ja auch schon so vielversprechend mathematisch an...
Fuer solche "Typen" ist der Text ja gedacht.

@Naut

Würde ich den Text meiner Frau geben, würde sie fragen, warum sich der Kerl so aufregt, die ganze Zeit schwitzt usw. Da helfen die Erklärungen nichts, die emotionalen Reaktionen sind so noch nicht nachvollziehbar.
Wenn ich Liebesromane oder Fantasy lese geht es mir genau so. Frauen interessieren sich eben grossteils nicht fuer ontologische Fragen.
Du bemühst Dich, die Innenwelt Deines Protagonisten zu beschreiben, fällst aber immer wieder in eine omnisciente Position zurück. Dieses Hin- und Herwechseln macht einen Teil der Irritation aus.
Hast recht. Aber siehe ganz oben...
Wie wäre es, wenn Du ein paar Absätze inneren Monolog streichst und den Protagonisten stattdessen einen Prof aufsuchen lässt, den er unauffällig über die gemachten Beobachtungen aushorchen möchte. Das wäre interessant, weil er ja nicht sagen darf: "Ich habe den 1-Bit-Kompressor erfunden."
Dann waere ich locker auf 30,40 Seiten gekommen...
Den Erzählfaden musst Du auch noch straffen, es ist eher unklar, was die beobachteten Phänomene miteinander zu tun haben: Hyper-Kompression, Präkognition, Realitätsmanipulation, Synchronizität
Das ist ja gewollt! Der Leser soll ja zweifeln, was real, Zufall, etc. ist!

@Seaman

z.B. kann man mit einem Bit halt nur zwei verschiedene Dateien durchnummerieren, das reicht als Grund, warum man nicht beliebig viele Dateien auf diese Größe schrumpfen kann - da braucht es keine dritten und vierten Ableitungen. Hier und anderen Stellen der Informationsübermittlung fragte ich mich, ob man das jetzt für das Verständnis der Story unbedingt wissen muss.
Naja, einem Kind kannst Du doch erzaehlen, dass die Welt eine Scheibe ist und es ein perpetuum mobile gibt (habe ich als Kind auch versucht zu bauen, kein Witz!)
Gegen Ende wird es ziemlich wirr, da fliegen einem die seltsamen Ereignisse um nur so um die Ohren. Das kann auch unterhaltsam sein, aber dazu passt der wissenschaftliche Anstrich mE nicht so recht. Dass sogar die Software dann die Hardware verändert und Bits in kleinere Einheiten unterteilt lässt die Story grazil über die Grenze des Unsinns schreiten.
Ja eben, dass ist doch die Eskalation der Ereignisse! Wenn nur ein einziges Mal etwas geschieht, was eindeutig als WUNDER anzusehen ist, kann jeder Zufall auch ein Nicht-Zufall sein!
teilweise Unsinn
Da wuerde ich drueber streiten...

@megabjoernie

Ja, echt spannende Unterhaltung, der Text. Nur das Telefonbuch ist noch spannender.
Das habe ich aber nicht geschrieben (*g*).
Jetzt mal im Ernst. Was hast du mit dem Text beabsichtigt? Wolltest du den Stil eines klassischen SF-Autors kopieren, der einen Roman nur in "tell" geschrieben hat?
Jup.
Ich meine, dir wurde hier oft bescheinigt, nicht sehr "lebendig" zu schreiben, aber noch nie war das so auffällig schlimm wie in dieser Geschichte! *shocked*
Nimm das Thema - schreib die Story besser.
, und das macht sich aus unbekannten Gründen selbständig und komprimiert die Dateien immer weiter
Sorry, falsch.
( dachte zwischendurch schon, du wolltest den Prot vom Unicomputer über einen Konzerncomputer und dann zum NSA-Computer schicken, bis er den Quellcode endlich hat. Dann wäre die Geschichte ein echter Klopfer geworden )
Ne, klassischer SF-Standart-Mist.
Nebenbei darf der Prot noch ein paar unheimliche Sachen erleben, das war so gruselig, dass ich davon fast aus meinem Nickerchen hochgeschreckt wäre.
Hey, dieses Schlafmittel ist sogar rezeptfrei (*g*).
Natürlich ist der arme Student total ratlos und droht an den unheimlichen Begebenheiten zu verzweifeln, aber schließlich kommt er auf die grandiose Idee, doch erst mal abzuwarten.
Ja was sool er denn machen?
Und siehe da, er wird belohnt. Taucht doch tatsächlich die finale 42 auf dem Bildschirm auf ( Ja, das ist für den Leser ein echtes Aha-Erlebnis ).
Und? Hat die was zu bedeuten? (siehe oben)
Und gerade als der Leser sich ausmalt, wie der Prot seine Allmacht mit dem ultimativen Schöpfungscode wohl auskosten wird, da endet die Geschichte plötzlich.
Schon wieder falsch.
Fazit: Ich sage es nicht gerne, aber dein Tell-Experiment ist in meinen Augen ziemlich in die Hose gegangen.
Ich weiss, die Idee ist fantastisch, aber der Autor nicht in der Lage, sie umzusetzen (bin halt nicht Lem, seufz...)

 

Haha, ich hab's ja geahnt: Proxi ist unter die Surrealisten gegangen *g* Nun verzweifel mal nicht gleich! Lies Dir die Kritiken nochmal nüchtern durch und setz Dich in einer ruhigen Stunde an die Geschichte. Ich bin mir sicher, dass Du sie noch verbessern kannst! Du schaffst es! :)

 

Wir machen auch fleißig Verbesserungsvorschläge *tröstendproxishinterkopftätschel*. :D
Aber dazu wäre es gut, wenn du kein Geheimnis mehr aus deiner Intention machen würdest. Was war an meiner Deutung falsch, was hattest du wirklich im Sinn?

 

Hallo Proproxilator,

über weite Strecken ist deine Geschichte sehr lustig und witzig.
Ich wollte beim Lesen die ganze Zeit wissen, wie es weitergeht.
Bis zum bitteren Ende - hm, ja.

Jedenfalls finde ich, dass sie ein paar Unebenheiten enthält, die man ausbügeln könnte.

Da ist erstmal ein Haufen syntaktischer Flüchtigkeitsfehler quer durch den ganzen Text.
Darauf gehe ich jetzt nicht näher ein.
Es sei denn, das interessiert dich wirklich. :)

Dann gehe ich die Geschichte mal von vorne nach hinten durch.

„erste morgenrote Sonnenstrahlen ... eine erste Datei“
Wiederholung erste

Ansonsten finde ich den ersten Abschnitt gelungen.
Mir gefällt die Beschreibung von Edins Hackerleben und die Erklärung der Datenkomprimierung.

Der zweite Absatz ist locker-flockig.
Kann ich nicht meckern.

Der dritte Absatz ist auch ok.
Besonders gefällt mir
„Eine Gänsehaut tastete sich lüstern über seinen Rücken.“
Gut finde ich hier auch die Erklärungen zur mehrfachen Komprimierung.
Aber das Verschwinden ausgerechnet der unkomprimierten Quelltextdatei wird in der ganzen Geschichte nicht aufgeklärt, und von Edin auch mit zu wenig Widerspruch hingenommen.
Könnte er sich nicht ausdrücklich wundern?
Ich finde, so ist das etwas zu offensichtlich auf den Plot ausgelegt.

Im vierten Absatz stört mich, dass Edin als Diplomjurist im Studium algorithmisches Rüstzeug erwirbt. Tun die das wirklich?

Das Komprimieren *aller* Daten des Hochschulnetzwerkes finde ich auch etwas übertrieben.
Könnte man das nicht etwas einschränken?

„Fortschrittsbalken türmen sich“
:)

„Programm rattert in einer Schleife wie in einem Hamsterlaufrad“
:)

„Das nahm er schon nicht mehr wahr.“
Gut.

„Das Programm hatte seine wahnwitzige Aktivität beendet.“
Das „beendet“ verwirrt mich.
Ich denke, Edin hat abgebrochen?

„Nach mehreren Getränken, deren Alkoholgehalt ...“
Entweder fehlt davor eine Leerzeile oder Edins Heimkehr ist mir zu blitzartig.

Der fünfte Absatz beschreibt auf witzige Weise Martinas Fehlen.
Kann man so lassen.

Der sechste Absatz ist mir etwas zu viel Horrorschau.
Ich finde das nicht unbedingt passend zur leichten, lockeren Art der restlichen Geschichte.
Außerdem verstehe ich die zwei Noten hinter einer Matrikelnummer nicht ganz.
Sind das mögliche Alternativen, die vielleicht eintreten?
Dazu hätte ich gerne den einen oder anderen Hinweis im Verlauf der Geschichte.
Den konnte ich aber nicht finden.
Außerdem wiederholt sich Stecker bei „riss er den Stecker aus der Steckdose“.
Könnte man vielleicht ersetzen durch „riss er das Stromkabel aus der Steckdose“.
Was mich auch noch stört, ist dass erst hier rauskommt, dass Edin am nächsten Tag eine Klausur schreiben muss.
Vorher wird das mit keiner Silbe erwähnt.
Muss Edin nicht zwischendrin mal lernen oder so?
Man könte das vielleicht ganz am Anfang erwähnen: Edin sollte sich eigentlich auf die Klausur vorbereiten, aber er kann die Finger einfach nicht vom Computer lassen.

Der siebte Absatz ist wieder in Ordnung und sehr witzig.
Bei „bedeutungsvoll die flache Hand vor dem Kopf auf- und abschwenkend“ wiederholt sich Kopf. Könnte man durch Gesicht ersetzen.
Außerdem glaube ich, dass man bei dieser Geste die Hand eher hin und her als auf und ab schwenkt.

Den achten Absatz finde ich etwas durcheinander.
Zum einen Teil soll er witzig sein, zum andern Teil soll ein unbehagliches Gefühl bei Edin und beim Leser erzeugt werden.
Ich finde, das passt nicht zusammen.
Vor allem wenn die Gegensätze immer abwechselnd hintereinander kommen.
Hier kommen auch wieder ziemlich viele unerklärte Sachen und Zusammenhänge (Summen und Gesang, Aufschrift 83 Cent auf dem Lastwagen).
Manchmal ist es ungelenk formuliert (ohne mit dem Sinn für schwarzen Humor begabt).
Manchmal wird der Leser mit der Nase darauf gestoßen (War es Zufall, dass sich dreiundachtzig Cent ...).
Als Edin im Wald sitzt und nachdenkt, wiederholt sich dreimal hintereinander „korrekt“.
Die ausführliche Erklärung für Bits finde ich wieder gut.
Die Bezeichnung „Statistikteil des Programms“ finde ich etwas hochtrabend im Vergleich zur am Anfang beschriebenen einfachen Funktionsweise. Aber das ist jetzt vielleicht doch Haarspalterei. :)
Edins Theorien bezüglich künstlicher Intelligenz, ..., Gott finde ich wieder gut.

Den neunten Absatz kann man so lassen.
Zauberbit. :)

Der zehnte Absatz mit den Konstanten ist auch witzig.
Das mit der Kurve finde ich einerseits ziemlich genau, andererseits nicht genau genug.
Mir ist nicht so klar, wie der Logarithmus gegen Null gehen soll.
Meinst du vielleicht eine Kurve wie y = (1/2)^x ?
Wenn man das mit etwas weniger Einzelheiten beschreibt (zB Kurve schmiegt sich immer dichter an die Tagesachse), denkt der Leser auch nicht so viel darüber nach. :)
Ist aber nicht so wichtig.

Im elften (und letzten) Absatz wird plötzlich ein Zeitraffer eingeschaltet. Gefällt mir nicht (gefällt mir allgemein nicht in Kurzgeschichten).
42 - die Antwort auf die Frage nach dem Leben, dem Universum und allem? Oder wie war das? :)
Dramatisch ist der Schluss schon inszeniert.
In dieser Richtung kann man nicht meckern.

So jetzt bin ich durch.

Nochmal insgesamt:
Den lustigen Teil der Geschichte finde ich gelungen.
Die Horrorschau-Teile (unheimlich singender Computer) finde ich nicht so passend - kann aber auch an meinem Geschmack liegen.
Ziemlich unzufrieden bin ich aber damit, dass in der ganzen Geschichte keine Geheimnisse gelüftet werden. Es passieren zwar alle möglichen seltsamen Dinge, aber nichts davon wird erklärt. Ich habe nichts gegen ein offenes Ende und *einige* unerklärte Sachen. Aber bei einer Geschichte dieser Länge erwarte ich erklärungsmäßig schon etwas mehr.

viele Grüße
jflipp

 

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