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Kein Wort zu niemandem

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28.03.2017
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Kein Wort zu niemandem

Ein Indianer kennt keinen Schmerz. Jungen heulen doch nicht. Ein Mann hat noch alles geschafft und überstanden. Redet nicht über Bagatellen. Hat immer die Macht, Kontrolle, Oberhand. Reden eines Kerls. Des Kerls, der abschätzig über zusammengeschlagene Männer redet und sie Schwächlinge nennt. Der zum Gürtel oder einem abgebrannten Zigarettenstummel greift, um die Macht zu behalten und das dann Züchtigung nennt. Als Mann im Haus seine Frau und seinen Sohn auf diese Weise im Zaum hält. Der sich in der Kneipe nach dem x-ten Bier mit seinem „ganzen Kerl von Sohn“ brüstet. Vielleicht. Vielleicht hat er es selbst so anerzogen bekommen. Vielleicht kam er selbst nur mit aufgesetzter Härte durchs Leben und hat sie sich irgendwann vollständig zu Eigen gemacht. Vielleicht ist er in manchen Dingen einfach unsensibel, ohne es wirklich so zu wollen und man sollte einfach dankbar sein, dass er die Weitsicht besaß, keinen sozialen Beruf zu ergreifen. Vielleicht. Wäre alles viel leichter. Wenn er die Wahrheit kennen würde. Aber ein Vielleicht ist als Argument viel zu leicht. Um etwas in Standhaft zu setzen. Oder ihn, diesen Menschen. Den Mann meiner Mutter. Meinen Vater.
Werft den Leuten die Worte VERGEWALTIGUNG, MISSHANDLUNG, SEXUELLER ÜBERGRIFF vor die Nase und ihr Kopf beginnt, diesen einen Film abzuspielen. Vielleicht mit unterschiedlicher Besetzung und unterschiedlicher Länge, aber mit demselben Inhalt, dargestellt mit jeweils leicht variierendem Ablauf. Sie lehnen sich in den Kinosesseln zurück und schauen zu, wie der Vorhang den Bildschirm freigibt. Dann sehen sie ein junges Mädchen/eine hilflose Frau/eine alte Dame, die wimmernd/zitternd/zusammengekauert/angespannt/panisch in einer Zimmerecke/auf einem Bett/auf dem Boden sitzt/liegt/kauert. Und je nach der Vorstellungskraft der Zuschauer dieser Darbietung bleiben sie länger im abartigen Genuss dieser bewegten Bilderschau. Der (männliche) Täter schlägt sein (weibliches) Opfer/verletzt es körperlich/befriedigt seine Gelüste einmal/zweimal/unendliche Male. Nun stehen manche Zuschauer auf, verlassen den Saal. ZU harter Tobak für sie, alle kehren in ihr bürgerliches Leben zurück, in dem alles gut ist und so etwas nicht vorkommt. Aber einige bleiben sitzen. Der Film macht einen Zeitsprung: Nun interpretiert jeder die folgenden Filmsequenzen auf seine Weise. Das weibliche Opfer ist gestorben durch Suizid/durch den männlichen Täter, ist immer noch in seiner Gewalt/befindet sich in einer Zwangsjacke sicher verwahrt in der Psychiatrie/hat sich selbst in eine moralisch höchst verwerfliche Person verwandelt, die andere Menschen auch verletzt und sich selbst unabsichtlich in eine Täterin verwandelt hat. Weil all das Schreckliche, was ihr angetan wurde, sich ungefiltert seinen Weg nach draußen sucht. Ja. Und nach dem Abspann verlassen auch die letzten Zuschauer das Kino ihrer Gedanken, schütteln sich kurz und kehren in ihre Leben zurück. Der Hauptgedanke, den sie behalten ist nicht die Gewalt. Sondern wer wem etwas antut.
Männer missbrauchen Frauen.
Als ich in das Lichtspieltheater gezerrt wurde, war es ganz und gar unfreiwillig. Und eher gehen, während die Vorstellung noch lief, durfte ich auch nicht. Kein einziges Mal. Aber als ich dort in meinem roten Polstersessel saß, geschah etwas Seltsames. Die Leinwand kam näher und näher und auf einmal fand ich mich mitten im Filmplot wieder. Die gestellten Szenen wurden zur Realität. Es betraf mich. So schnell wird man zu einem Hauptdarsteller. Als ich zum ersten Mal diese große Rolle spielen durfte, war ich acht Jahre alt. Als Täter hatten sie bei der Castingshow den mittelalten Mann ausgewählt, der in der Wirklichkeit unser Nachbar ist. Der Schock war so groß gewesen, als er mich in die kleine Dreizimmer-Wohnung gezerrt hatte, dass ich ganz wehrlos geblieben war. Trotzdem schnauzte er mich an, gefälligst meine Klappe zu halten. Sagte, dass ich mich schämen sollte und nichts wert wäre. Dass ich ihm gehöre. Damals wusste ich nicht, wie man das Genre dieses Films beschreiben sollte, wo man ihn einordnete. Ich spürte nur, dass es wehtat. Seine Hände, die mich unsanft berührten. Packten. Stießen. Zogen. Krallten. Wenn er seine Hose öffnete, wusste ich immer. Was die Regie des Dramas für mich vorgesehen hatte. Augen zusammenkneifen und sich wegträumen. In den roten Polstersessel VOR die Leinwand und von außen unbeteiligt zusehen. Fünf, zehn, fünfzehn Minuten, das war unterschiedlich. Dann war ich wieder mittendrin. Spielte mit. Und trug die Verantwortung mit, dass es ein authentischer Film wurde. Stand auf. Nahm eine Hand wahr, die flüchtig durch mein Haar fuhr und meist ein Stück Schokolade entgegen. Und die vier Worte. KEIN WORT ZU NIEMANDEM. Fast schon brauchbar als Filmtitel. Dann trat ich zur Tür hinaus. Seiner Tür. Der Tür des Kinos. Zurück ins Leben. In die Wohnung meiner Familie. In die Schule. Zum Schwimmtraining. Jedes Mal. Sechs Jahre lang. Bis zu dem Tag, an dem die Polizei vor unserer Wohnungstür stand. Eine alte Frau, die über uns wohnte, hatte wohl einen seltsamen Geruch aus der Wohnung des Nachbarn wahrgenommen. Es war der Duft eines Herzinfarktes, die Note einer ruhelosen Seele, die aus dem Haus floh und dabei eine Spur hinterließ. Der Gestank des Todes. Den Mann, der jahrelang mit mir zusammen den Protagonisten gemimt hatte, gab es nicht mehr. Ich wusste nicht, was ich fühlen sollte. Manchmal, in der Vergangenheit, hatte ich gedacht, er sei der Regisseur des Werkes. Alles sei seinem Kopf entsprungen und danke solcher Leute wie ihm, entstanden diese Kopfkinos in den Gedanken der Menschen. Aber in diesem Moment verstand ich. Der Regisseur des Lebens macht seine Ansagen nicht nach den Wünschen einzelner Personen, die in seinem komplexen Werk, einer seltsamen Mischung aus Komödie und Drama, kleinere oder größere Rollen spielen. Und dieser Film, der uns gehört hatte, war ich Wirklichkeit nur ein kleiner Abschnitt aus einem viel größeren Werk gewesen. Und zwar einer der Abschnitte, während denen die Zuschauer mit niedergeschlagen Augen den Saal verlassen und auf keinen Fall was davon mitbekommen wollen, weil solche Situationen und Schicksale nicht zu ihren Vorstellungen des Dramas Leben passten. Nein. Während des Kurzfilms KEIN WORT ZU NIEMANDEM. Hatte ich aus der Leinwand heraus. Mit leeren Augen. In einen vollständig leeren Saal gestarrt.
Und jetzt. Nach der Fertigstellung dieses sechs Jahre andauernden Projektes, nachdem all diese Szenen im Kasten sind. Sitzt mein Vater vor mir. Meine Mutter steht, ein Geschirrtuch achtlos über die Schulter geworfen und hat die Arme vor dem Körper verschränkt. So verharren wir alle drei unbeweglich in unserer kleinen Neubauküche.
Und das ist unsere Szene. Jeder sagt die ihm zugedachten Worte.
Mutter: „Man hat sich doch irgendwie aneinander gewöhnt mit den Jahren. Wer weiß, was oder wer jetzt Unangenehmes auf uns zukommt.“
Vater, mit einer Zunge, vom Alkohol so schwer wie Blei: „Da sagst du was. Der war ein ganzer Kerl. Junge, so sollst du mal werden. Die Welt hat ihn verloren. Jetzt bist du dran.“
Ich:
Denke. wenn ihr wüsstet. Denke, ich war schon viel eher dran. Weiß in dem Moment. Meine Eltern werde ich nie überzeugen, den Film zu sehen, in dem ihr Sohn einer der beiden Hauptdarsteller war.

 
Zuletzt bearbeitet:

Willkommen bei den Wortkriegern, hanna97 !

Deine Geschichte hat mich berührt.

Die Missbrauchsthematik ist aktuell und wurde auch bei den Wortkriegern schon oft thematisiert.
Deine Geschichte beinhaltet aber einen in ähnlichen Geschichten eher weniger beleuchteten Aspekt: Sie rückt das Phänomen des sich Ausblendens in den Vordergrund.

Über die Angst und die Qual des Opfers während der Missbrauchsattacken wird dem Leser wenig im Einzelnen mitgeteilt, denn das wurde ja verdrängt.

Das real Unerträgliche wird ins Fiktive projiziert.

Dein Prota, das männliche Vergewaltigungsopfer, hat jahrelang und erfolgreich sein Erleiden einfach ausgeblendet, hat sich und den Täter in irreale Räume gebeamt.

Dieses Ausblenden der Realität und der eigenen Identität wird zur Überlebensstrategie, um den Missbrauch ertragen zu können.
Täter und Opfer bleiben (daher) namenlos.

Real angeklagt, im juristischen Sinne, wird hier niemand.
Dennoch wird die Gesellschaft angeprangert, weil sie männliche Vergewaltigungs- und Missbrauchsopfer weniger im Fokus hat, als die weiblichen.
Angeprangert werden auch die Eltern, die die Entwicklung ihres Sohnes nicht wahrgenommen haben, die ihren Sohn nicht wirklich kennen und die den Täter, der unspektakulär an Herzinfarkt verstirbt, total verkennen.

Tragisch ist, dass der elterliche Irrtum (oder das Wegsehen) den Protagonisten deiner Geschichte –wohl stellvertretend für all die namenlosen und von der Gesellschaft unerkannten männlichen Opfer - weiterhin dazu zwingt, sich hinter der Fassade von Normalität und männlichen Klischees zu verstecken.

Was mich an deinem Schreibstil zunächst irritiert und auch gestört hat, ist die Anhäufung von „Scheinsätzen“, mit einem Punkt versehene Aussagen, die grammatisch aber keineswegs ein Satz sind.
Mich stört das enorm im Lesefluss.
Dabei wäre der gleiche Effekt zu erzielen, wenn du diese Satz-Fragmente einfach durch Kommata oder hin und wieder durch Semikolon vom Hauptsatz abgrenzen würdest.

Dazu zwei Zitate:

Vielleicht. Wäre alles viel leichter. Wenn er die Wahrheit kennen würde.
Aber ein Vielleicht ist als Argument viel zu leicht. Um etwas in Standhaft zu setzen. Oder ihn, diesen Menschen. Den Mann meiner Mutter. Meinen Vater.

Oder:
Während des Kurzfilms KEIN WORT ZU NIEMANDEM. Hatte ich aus der Leinwand heraus. Mit leeren Augen. In einen vollständig leeren Saal gestarrt.
Und jetzt. Nach der Fertigstellung dieses sechs Jahre andauernden Projektes, nachdem all diese Szenen im Kasten sind. Sitzt mein Vater vor mir.

Ich vermute jedoch, du hast diese Abgehacktheit, diese fragmentarische Ausdrucksform gewählt, um dem Leser zu vermitteln, dass und wie die Gedanken im Protagonisten als Erinnerungsfetzen an die Leidenszeit aufpoppen.

Dennoch meine ich, die Rechtschreib-Norm lässt das nicht zu.

Die Darstellungsform als Kurzgeschichte wird m. E. ebenfalls gestört durch deine Aufzählungen, die du durch Slash, statt durch Komma abtrennst.

Dann sehen sie ein junges Mädchen/eine hilflose Frau/eine alte Dame, die wimmernd/zitternd/zusammengekauert/angespannt/panisch in einer Zimmerecke/auf einem Bett/auf dem Boden sitzt/liegt/kauert.
Ich vermute auch hier eine „stilistische Absicht“ dahinter. Vielleicht erreichst du die Leser aber auch mit unauffälligeren Beisstrichen.

Insgesamt ein beachtenswertes Debüt, obwohl der Text nicht so ganz einer Kurzgeschichte entspricht.
Mit ermunterndem Gruß
kathso

edit: Irgendwie klappt es heute nicht mit der Darstellung von Zitaten

 

Hej hanna97,

der Staccatostil gleich zu Beginn macht dem Leser sofort bewusst, wie unbehaglich dieser Text werden könnte. Inhaltlich zeigst du mit den Floskeln auf das Thema.

Mit der Anapher vielleicht betonst du dann eindrücklich die Hilflosigkeit.
Du nutzt viel Stilmittel, um dich mit dem Thema auseinanderzusetzen, dem Leser die Botschaft vor Augen zu führen, so dass der Inhalt weniger als Geschichte verstanden werden kann, als dass er als Aufruf wirkt, nicht länger Zuschauer zu sein.
Und so liest sich dein Text genauso hart, wie es das Thema vorgibt. Das kann man machen, aber möchte ich mich als Leser schuldig fühlen? Ich habe schließlich die Wahl - im Gegensatz zur Protagonistin.
Deine überzeichneten Metaphern

Es war der Duft eines Herzinfarktes, die Note einer ruhelosen Seele, die aus dem Haus floh und dabei eine Spur hinterließ.

machen es mir mitunter schwer. Ich bin ja eh schon "verärgert", dass du mir Leid vor Augen führst, von dem ich weiß und es nicht verhindern kann.

Und dieser Film, der uns gehört hatte, war ich Wirklichkeit nur ein kleiner Abschnitt aus einem viel größeren Werk gewesen.

in Wirklichkeit

Nein. Während des Kurzfilms KEIN WORT ZU NIEMANDEM. Hatte ich aus der Leinwand heraus. Mit leeren Augen. In einen vollständig leeren Saal gestarrt.

Dieses Stilmittel hat auf mich keine Wirkung. Es würde auch in regulären Sätzen funktionieren.

Der Schluss ist irritierend, denn der Text zielte doch die ganze Zeit darauf ab, dem Leser zu verdeutlichen, Missbrauch ist überall dort, wo Männer/Söhne sind, die sich wie im Kreis immer wieder gegenseitig beeinflussen. Die Protagonistin hat das durchschaut, mit dem finger und all ihrer Energie darauf gezeigt ... Und schweigt am Ende.

Du hast erreicht, dass ich betroffen bin, ob es verstärkt am Stil gelegen hat, wage ich zu bezweifeln. Zumindest hat er bewirkt, dass ich nicht gerührt oder rührselig geworden bin, sondern wütend.
Aber das war ich bei dieser Thematik eh schon immer. Gut, dass es immer mal wieder Autoren gibt, die sich mit diesem Thema befassen.
Sicher hilft dir der Leseeindruck in irgendeiner Form. Sensitiv bist du ja. ;)

Freundlicher Gruß, Kanji

 

Hi hanna97,

mir hat dein Text an sich ganz gut gefallen. Zwischendurch war es mir aber fast ein bisschen zu viel Essay oder gar Abhandlung, nämlich in dem Abschnitt, in dem du über "die Leute" sprichst. Vielleicht fällt mir dazu gleich noch etwas ein, warum mir das bei Lesen nicht ganz stimmig vorgekommen ist.
Schön fand ich aber, wie du mit der Leitphrase vom ganzen Kerl den Vater skizzierst, wie diese Phrase klar, aber nicht aufdringlich den Rahmen gibt.
Die Zeichensetzung war mir stellenweise zu gewollt abweichend.

Hat immer die Macht, Kontrolle, Oberhand. Reden eines Kerls.
Die lange Reihung von Ellipsen finde ich schon in Ordnung, aber an der zitierten Stelle erschient sie mir unglücklich. Da hätte ich doch gerne gelesen: "Das sind Reden eines Kerls", einfach weil bis dahin der Inhalt der Reden Thema war, jetzt sind es aber die Reden selbst.

und man sollte einfach dankbar sein, dass er die Weitsicht besaß, keinen sozialen Beruf zu ergreifen.
Das klingt ja nun - ohne Vorgeschichte, dass der Vater etwa wirklich einmal darüber nachgedacht haben sollte - ironisch. Im Vergleich mit der Härte des Textes bisher ist mir das vom Eindruck her eigentlich zu weich, zu distanziert.

Vielleicht. Wäre alles viel leichter. Wenn er die Wahrheit kennen würde.
Aus meiner Sicht nicht unbedingt gewinnbringend, den Satz aufzubrechen. Der Einwortsatz "Vielleicht" ist einerseits Wiederholung des Vorangegangenen, andrerseits denkt man ihn zum neuen Satz dazu, wenn man weiter liest. Das finde ich als Idee nicht verkehrt. Der Effekt geht für mich aber verloren, wenn dazwischen eine Satzkonstruktion vorkommt, die ohne dieses "Vielleicht" nicht aufgeht, nämlich "Wäre alles viel leichter" statt "Alles wäre viel leichter". Dann geht das mit dem "Vielleicht" natürlich nicht mehr zusammen. Denkbar wäre: "Könnte alles leichter sein." (Immer noch eine Ellipse, aber die Aussage ist eben durch das "Könnte" mit oder ohne vielleicht in etwa dieselbe, insofern wäre der Satz vom Sinn her nicht mehr abhängig vom Vielleicht)

Aber ein Vielleicht ist als Argument viel zu leicht.
Gewagtes Wortspiel, wirkt als Spiel selbst etwas leicht. Das sind so Sätze, die ich selbst streichen würde, wenn ich sichergehen will, keine Stolpersteine im Text zu haben. Aber man muss auch mal ausprobieren, und hier kann ich mir das als bewusste Irritation sogar ganz gut vorstellen.

Oder ihn, diesen Menschen. Den Mann meiner Mutter. Meinen Vater.
"Meine Vater" klingt mit diesem Anlauf nach einem Überraschungseffekt, den es aber ja nicht gibt, weil du schon klar durchblicken lassen hast, um wen es geht. Es sollte vielleicht gar ein Überraschungseffekt sein, aber es sieht so aus - und wirkt dann verpatzt.

und ihr Kopf beginnt, diesen einen Film abzuspielen.
Aus meiner Sicht nicht so richtig überzeugend, aber als Haltung des verletzten Sohnes wiederum stimmig.

Dann sehen sie ein junges Mädchen/eine hilflose Frau/eine alte Dame, die wimmernd/zitternd/zusammengekauert/angespannt/panisch in einer Zimmerecke/auf einem Bett/auf dem Boden sitzt/liegt/kauert.
Ich würde ja Kommas setzen statt Schrägstrichen. Weiter unten ebenso.

Der (männliche) Täter schlägt sein (weibliches) Opfer
Die Klammern würde ich streichen. Oder ist das wichtig, was drin steht?

Aber einige bleiben sitzen.
Schön konsequent das Bild fortgeführt, gefällt mir.

Der Film macht einen Zeitsprung:
Das würde ich vielleicht wieder weglassen. Es geht ja eigentlich nicht darum, dass der Film einen Zeitsprung macht, sondern darum, dass sich einige einen größeren Lebensausschnitt ausmalen, also insgesamt, wie es so weitergeht. Und das wird im folgenden von selbst deutlich. Einige bleiben sitzen und was tun sie dann würde mir vermutlich vermutlich besser gefallen als: einige bleiben sitzen und was tut dann der Film.

Der Hauptgedanke, den sie behalten ist nicht die Gewalt. Sondern wer wem etwas antut.
Versteh ich nicht ganz ... Kann man das zweite von der Gewalt trennen?

Männer missbrauchen Frauen.
Ja, gut, langsam dämmerte mir: Die harten Kerls halt. Ich finde aber immer noch, dass das Gewicht durch die Klammern oben (männlich/weiblich) noch nicht richtig zu liegen kommt. Männlicher Täter, weibliches Opfer ist wichtig, kommt an dieser Stelle hier aber vielleicht früh genug?

Es war der Duft eines Herzinfarktes,
Find ich als Bild nicht so gelungen. Nicht nur, dass ich mir den Duft schwer vorstellen kann, sondern auch das der Herzinfarkt ja passiert, wenn der Mann noch frisch ist. Insgesamt finde ich die dick aufgetragenen, fast schon schwülstigen Bilder an der Stelle aber gar nicht verkehrt.

Und dieser Film, der uns gehört hatte,
"uns gehört" - als ob das Opfer an dem gemeinsamen Besitz hängen würde. Zwiespältig vielleicht, aber ich find's gelungen.

Während des Kurzfilms KEIN WORT ZU NIEMANDEM. Hatte ich aus der Leinwand heraus. Mit leeren Augen. In einen vollständig leeren Saal gestarrt.
Aus meiner Sicht ginge nichts verloren, wenn du die Satzzeichen hier konventioneller setzen würdest.

Und jetzt. Nach der Fertigstellung dieses sechs Jahre andauernden Projektes, nachdem all diese Szenen im Kasten sind. Sitzt mein Vater vor mir.
Hier kann ich mehr mit der Eigenheit anfangen.

Ich:
Denke. wenn ihr wüsstet.
Hier finde ich das sogar gut und genau richtig.

Meine Eltern werde ich nie überzeugen, den Film zu sehen, in dem ihr Sohn einer der beiden Hauptdarsteller war.
Mir ist zwischendurch kurz der Gedanke gekommen, ob es einen zweiten Film gibt, in dem beide die Hauptdarsteller sind, nämlich der, in dem der Sohn den Nachbar umgebracht hat. Das wäre eine Möglichkeit, aber es geht auch gut und wirkt eventuell tiefer wenn der Holzhammer in der Tasche bleibt.

Besten Gruß
erdbeerchorsch

 

Hej Hanna,
Glückwunsch!

Deine Geschichte liest sich gut, hat einen eigenen Stil und einen eigenen Rhythmus. Ich mag es ja, wenn auch mal mit Satzzeichen rumgespielt wird.
Du hast das auch stimmig konstruiert. Und sie berührt tatsächlich durch die Perspektive.
Das Missbrauchsopfer verliert die Nähe zu sich selbst, als würde er sich selbst dabei zusehen, wie er missbraucht wird.
Da ich ja auch irgendwas kritisieren sollte: Rein sprachlich ist da noch Luft nach oben. So benutzt du oft etwas konventionelle Bilder, damit mein ich jetzt nicht die Kino-Metapher, (das ist zwar bekannt, funktioniert in dem Fall aber sehr gut!) sondern z.B. die " Zunge, vom Alkohol schwer wie Blei" oder "Gestank des Todes", "ruhelose Seele" usw...

So jetzt noch mal einen kleinen Applaus und tschüss!

 

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