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Koffer voller Erinnerungen

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23.11.2016
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Koffer voller Erinnerungen

Hagebuttenmarmelade tropft von meinem Brot. Sandra schaut kurz mit dieser hochgezogenen Braue herüber.
„Und das dir“, sagt sie mit Blick auf ihr Smartphone.
„Zweitausend weitere Stellen bauen die ab“, sage ich kopfschüttelnd.
„Kann dir doch jetzt egal sein.“
Als ob mir das egal wäre. Mein ganzes Leben Diesel im Blut und dann das. Elektrifizierung. Ich schalte das Tablet ab.
„Schau nicht so verkniffen. Du hast jetzt viel Zeit!“
„Und eine ordentliche Abfindung!“ Ein Lächeln huscht über meine Lippen. Die haben so blöd geschaut, als mein Anwalt den Aufhebungsvertrag vorgelegt hat.
Sandra schaut auf ihren Teller und dann an sich herunter: „Wann besorgen wir endlich das Laufband?“
Der Keller erscheint vor meinem inneren Auge. Das kann Jahre dauern, den aufzuräumen.
„Wozu? Kannst doch eh nur gehen. Machst dir sonst die Knie kaputt.“ Ich starre auf ihren Bauch, der aussieht wie damals, als sie mit Tim schwanger war.
„Iss doch was von dem Kuchen. Der wird sonst trocken.“
Ich beiße rein und nehme schnell einen Schluck Kaffee. Viel Kaffee. Damit ist es erträglich. Seitdem Sven aus dem Haus ist, ist ihr Kuchen noch schlechter geworden.
„Der ist schon trocken“, murmele ich.
„Liegt am Herd. Der geht nicht mehr richtig.“
„Sehe ich mir mal an.“
„Sagst jetzt schon seit einem Jahr.“
Das Stück muss ich wohl aufessen. Ich hole mir neuen Kaffee.
„Iss du doch auch was“, sage ich.
„Ich will abnehmen!“
„Hm“, murmle ich und stochere in dem Brocken auf meinem Teller herum.
„Könntest mich ruhig unterstützen.“
Ich packe den Kuchen und schlurfe in die Küche. Beim Öffnen der Schranktür fällt mir der Mülleimer entgegen.
„Was ist denn hier los?“
„Wolltest du dir auch ansehen.“
Ich hole meine Lesebrille und untersuche die Tür, die Bohrungen für die Scharniere.
„Rausgebrochen“, sage ich mit dem Kopf im Schrank.
„Dann müssen wir den Schreiner holen.“
„Das mache ich selbst. Hab jetzt ja Zeit.“
„Mach, was du meinst.“
Ich höre, wie sie mit dem Schreiner telefoniert.
„Was soll das?“, frage ich, als sie fertig ist.
Sie sieht mich mit funkelnden Augen an. „Glaubst du wirklich, ich warte jetzt wieder Jahre, bis du das mit deiner Pedanterie repariert hast? Ich will mit der Scheißküche nicht zum Mars fliegen!“
Ich schlage mit Wucht die Schranktür zu. Sie fällt mir auf die kleine Zehe. Vollholz.
„Gut, dass du ein halbes Jahr lang die Kanten so schön im Keller gefräst hast“, sagt Sandra, während sie den Eisbeutel aus dem Gefrierfach holt.
Sie sieht den Fuß an: „Wir müssen endlich den Keller aufräumen.“
„Ich habe mich verletzt und du denkst an den Keller?“
„Du bist nicht verletzt. Du lässt dich hängen.“
„Und du dich gehen.“

Der Keller ist der Vorhof zur Hölle. Halb Werkstatt, halb Schuttabladeplatz.
„Das muss alles raus“, sagt Sandra und schmeißt mir eine Tüte mit alten Lappen entgegen.
„Die brauche ich doch noch zum Beizen.“
„Mit deinem Rücken?“
Ich sehe mich um. Die Maschinen sind in einem jämmerlichen Zustand. Es riecht muffig, nach Holzstaub, Öl und Rost. In meinen Gedanken baue ich unsere Küche. Eiche. Alles selbst gemacht. Jede Nut, jede Kante.
„Das muss alles raus“, sagt Sandra und zerrt meinen Gitarrenkoffer aus der Ecke.
„Nicht meine Les Paul!“, rufe ich und mache einen Ausfallschritt auf Sandra zu.
„Wie willst du da drauf spielen?“ Sie öffnet den Koffer und hält mir die Gitarre vor die Nase. Der Hals ist gebrochen, baumelt an zwei Saiten. Der Sunburst sieht aus, als ob die Sonne in einem Tümpel untergegangen ist.
„Die kann ich doch reparieren!“. Das johlende Publikum vom letzten Auftritt tönt in meinen Ohren.
„Ja, so wie die Küche, die Badlampe, mein Fahrrad …“
„Ich hab doch jetzt Zeit!“
Sandra baut sich vor mir auf. Ihr Bauch streift leicht meinen Pullover. Ihr Atem riecht nach Kaffee.
„Wenn du jetzt nicht endlich aufräumst, kannst du deine viele Zeit allein verbringen!“
„Schatzi“, raune ich.
„Dein Schatzi kannst du dir bald sonst-wo-hin! Hör endlich auf, dich zu bemitleiden und tu was!“
„Du mit deinem Pseudo-Halbtagsjob weißt doch gar nicht, wie es ist, seinen Job, seine Lebensaufgabe zu verlieren!“
„Lebensaufgabe? Was ist mit mir? Um die Jungs habe ich mich gekümmert. Tagaus, tagein. Jetzt sind sie weg. Deine Pedanterie habe ich ertragen. Alles auf den Mikrometer genau.“
„Millimeter“, sage ich.
„Was?“
„Mikrometer ist …“
Sandra packt die Gitarre und wirft sie auf den Berg alter Sachen in der Mitte des Raums: „Das kommt weg!“, schreit sie.
Meine Hände greifen in die Luft, doch ich kann nur zusehen, wie die Gitarre aufschlägt. Die Arme sinken nach unten und ich starre auf den Schutt. Den Abfall unseres Lebens. All die Jahre, in denen immer wieder dieser tiefe Zorn in ihr aufflackerte, den ich nie verstanden habe, und doch hinnahm. Dieses Flackern, das seit die Kinder aus dem Haus sind, immer heller wurde. Diesmal aber nicht. Ich packe den kleinen Lederkoffer, den sie bei allen drei Umzügen mitgeschleppt hat, schmeiße ihn mit voller Kraft auf den Berg und brülle: „Dann kommt der aber auch weg!“
Der Koffer springt auf, ein rosa Schnuller kullert heraus und ein Briefumschlag rutscht zwischen den Müll.
Sandra stürzt bei dem Versuch, den Umschlag aufzufangen und fällt auf den gebrochenen Gitarrenhals. Sie schreit auf, zerrt den Umschlag zwischen den Sachen hervor, drückt ihn an sich und schluchzt. Blut rinnt an ihrem Knie herunter.
Sie sitzt einfach nur da, die Beine an sich gezogen. Ich spüre meine Fingernägel, die sich in die Handflächen bohren. Sie blickt starr auf einen Punkt im Keller, wippt langsam vor und zurück, wie ein kleines Kind, das von seinem Vater angeschrien wurde. Was hat sie mir nur verheimlicht. Dieser Koffer, der Schnuller neben der Gitarre, der Strampler. Alles rosa. Nie zuvor gesehen. Und doch sind sie da, liegen vor mir, schreien mich an, als ob ich taub bin. Ich war wohl blind, habe mich vom Flackern blenden lassen, konnte es nicht sehen, nicht verstehen, wollte es nicht wissen. Ich gehe in die Knie, hebe den Schnuller auf. Sie stiert vor sich hin. Nimmt mich gar nicht wahr. Ihr Unterkiffer zittert und das Zittern greift nach ihren Händen, schüttelt sie fast. Meine Finger entspannen sich, ich atme tief ein und aus und gehe einen Schritt auf sie zu, strecke meine Hand aus, die flattert wie eine Fahne im Wind. Ihr Blick huscht über mein Gesicht, trotzdem sehe ich, wie ihre Gesichtszüge ein wenig weicher werden.
Schließlich setze ich mich zu ihr, nehme sie in den Arm, spüre wie das Zittern nachlässt, atme den Duft ihrer Haare, wie damals, als wir nach unserm ersten großen Streit auf den Triumphbogen gegangen sind, mit Blick über die Champs-Élysées, Hand in Hand. Die Lichter der Autos spiegelten sich in ihren Augen. Sie hatte dieses bezaubernde Lächeln.
Mit flattrigen Händen nehme ich den Koffer, packe den rosa Strampler hinein und flüstere: „Komm, lass uns nach oben gehen.“

Ich durchwühle den Schrank im Flur auf der Suche nach dem Erste-Hilfe-Kasten, während meine Gedanken um die Babysachen in dem Koffer kreisen. Der Koffer, über den sie nie sprechen wollte. Abwesend halte ich eine Schuhcreme in der Hand. Gespürt habe ich es schon immer, dass es da diesen dunklen Punkt gibt, besonders als sie mit Tim schwanger war. Da war ihre ständige Angst, dass etwas schiefgehen könnte. Als Tim dann da war, hat sie ihn die ersten Tage keine Sekunde aus den Augen gelassen, hat nur geschlafen, wenn ich da war. Ich zucke bei der Erinnerung innerlich zusammen, wie sie mir die Leviten gelesen hatte, als ich einmal Tim alleine im Bettchen ließ, um auf die Toilette zu gehen. Die ganze Zeit war ich so damit beschäftigt Fotos zu schießen, dass ich ihre Sorgen gar nicht richtig wahrgenommen hatte. Den Erste-Hilfe-Kasten finde ich im hintersten Eck.
„Was sind das für Babysachen?“, frage ich, während ich ihr Knie verbinde.
Sandra schweigt. Ich sehe sie an, doch sie weicht meinem Blick aus, knetet ihre Hände, versucht dann den rosa Schnuller zu nehmen, den ich vor ihre Nase halte. Ich ziehe ihn weg, gehe einen Schritt zurück. Ihr Gesicht ist weiß, fast wie die Maske einer Toten. Der Sauger klappert in meinen Fingern, die unkontrolliert in der Luft rumfuchteln. Ich schlucke, atme tief ein, dann aus. Setze mich schließlich neben sie. „Diesmal gebe ich nicht auf“, seufze ich, schüttle den Kopf, raffe mich hoch und hole den alten Macallan aus der Vitrine. Aufgehoben für einen besonderen Anlass. Frage mich, welcher das sein soll. Ist nicht alles Besondere schon geschehen, ohne dass wir es bemerkt haben?
Whiskyduft strömt mir in die Nase. Hätte gedacht, der riecht besser. Ich halte Sandra ein Glas hin, das sie zögernd umgreift. Sie nimmt einen winzigen Schluck, ich einen großen.
„Schmeckt furchtbar“, sagt sie.
„Wie wohl alles, was man zu lange aufhebt“, antworte ich mit verzogenem Gesicht.
Ich nehme ihr das Glas ab, schütte das Zeug weg, starre in den Abfluss, gehe zum Weinkühlschrank und sehe den Champagner, den wir vor einem Jahr zum Hochzeitstag trinken wollten. Genau vor einem Jahr, wird mir bewusst. Meine Hände zittern, als ich Sandra das Getränk reiche: „Fröhlichen Hochzeitstag“, flüstere ich während des Anstoßens. Sie atmet tief aus, schluchzt, trinkt das Glas leer.
„Warum hast du nie etwas erzählt?“, frage ich und deute auf den Koffer. Ich setze mich neben sie, stiere die Küchenuhr an, nippe am Champagner, höre das Ticken, drücke sie an mich, spüre ihren Herzschlag.
„Rosa ist zwei Tage nach der Geburt gestorben. Herzfehler“, krächzt Sandra nach einer Ewigkeit.
Ich sehe sie an: „Rosa?“
„Ich war siebzehn. Naiv und dumm. Dachte, er liebt mich. Dann war ich schwanger mit Rosa und einen Tag, nachdem ich es ihm gestanden hatte, war er verschwunden.“
Ich nehme ihre Hand, die sie auf den Bauch gelegt hatte, und halte sie fest.
Schließlich öffnet Sandra den Koffer, ihre Finger fahren über den rosa Strampler. Eine Träne läuft über ihre feuchten Wangen.
„Meine Eltern waren dagegen. Sollte abtreiben. Das konnte ich nicht. Ich konnte einfach nicht.“
Sandra sieht in die Ferne und schweigt.
Ich stehe auf, schenke nach. Sie trinkt einen großen Schluck, nimmt den Schnuller und dreht ihn in der Hand.
„Und deine Mutter?“, frage ich.
„Die wollte auch, dass ich Rosa wegmache. Sie hat mir Vorwürfe gemacht. Du weißt, wie sie ist.“
„Ja, einfach nur eiskalt.“
„Mein Vater war schlimmer. Der brüllte nur rum, dass ihm der Bastard nicht ins Haus kommt.“
„Kann ich mir vorstellen. Aber sonst beruhigt er sich doch immer irgendwann.“
„Damals nicht. Ich weiß noch genau, wie ich abends im Bett lag, zum ersten Mal die kleinen Tritte gespürt habe.“
Ich rücke dichter an Sandra heran und schlucke. Vor meinen Augen sehe ich Tims kleine Fußabdrücke auf Sandras Bauch, wenn er sich gestreckt hatte.
„Am nächsten Morgen habe ich das beim Frühstück erzählt. Mein Vater meinte, dass sie beschlossen haben, Rosa zur Adoption freizugeben. Ich wollte einfach nur weg, zur Oma ziehen.“
„Von der du immer so viel erzählt hast?“
„Genau die. Meine Eltern wollten das aber nicht. Die Nachbarn hätten ja sonst was gemerkt. Also musste alles vertuscht werden. Der Bauch wurde anfangs mit weiten Sachen kaschiert. Später hatte ich die Grippe. Selbst meine Oma durfte es nicht wissen.“
„Und dann?“
„Ich schwieg. Keiner hat es gemerkt. Rosa kam zur Welt und starb in der ersten Nacht.“
Sandra schaut mich an, bläst Luft durch die Nase: „Meine Eltern waren ja so froh darüber.“
„Furchtbar“, flüstere ich und starre auf mein leeres Glas.
„Sie hatte so eine süße, kleine dunkle Locke über der Stirn.“
Sandra holt den kleinen Umschlag hervor und öffnet ihn behutsam. Rutscht ein wenig näher. Ihre Finger ziehen eine kleine Haarsträhne heraus. Ich halte die Luft an und streiche vorsichtig mit dem Zeigefinger darüber.
„Das ist alles, was von ihr geblieben ist.“
Ich fühle die feinen Härchen.
„Wo ist sie begraben?“, frage ich.
„Keine Ahnung.“
Ich schaue sie verwundert an.
„Meine Eltern haben sie anonym bestatten lassen. Du weißt schon, die Nachbarn. Und dann durfte ich nie mehr darüber sprechen.“

Wir stehen vor dem ewigen Licht, in der hinteren Ecke des Gartens. Der Mähroboter zieht seine Kreise. Geranienduft weht herüber. Der Nachbar häckselt.
Sandra legt Blumen vor das Licht.
„Jetzt kannst du sie jederzeit besuchen“, flüstere ich in ihr Ohr.
Ich spüre ihre Finger an meiner Hand.

 
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Danke für deinen Beitrag @Geschichtenwerker !
Ich schreibe nicht so gerne Dialoge, mag es aber welche zu lesen. Deine Dialoge lassen den Text lebendig erscheinen. Es gibt Autoren, die schreiben eher mit viel Dialog, und es gibt welche, die mit weniger schreiben (z.B. ich).

Hagebuttenmarmelade tropft von meinem Brot. Sandra schaut kurz mit dieser hochgezogenen Braue herüber.
Deinen ersten Satz finde ich eigentlich ganz schön, auch wenn er jetzt nicht atemberaubend spannend ist. Sollte die Betonung wirklich auf "dieser" liegen oder wäre ein unbestimmter Artikel besser?

„Und das dir“, sagt sie mit Blick auf ihr Smartphone.
Ich verstehe nicht, was sie damit sagen soll. Es bezieht sich auf nichts im Text und bringt auch keinen neuen Zusammenhang ins Spiel. Du könntest folgendes schreiben: "Sieh mal", sagt sie ...

„Ich will ein Laufband“, sagt Sandra.
„Wozu? Kannst doch eh nur gehen. Machst dir sonst die Knie kaputt.“ Ich starre auf ihren Bauch. Sieht aus wie damals, als sie mit Tim schwanger war.
Ist das ein normales Gespräch unter den Protagonisten? Ich fasse diesen Abschnitt sarkastisch erzählt auf.

Ich will mit der Scheißküche nicht zum Mars fliegen.
Diese Redewendung habe ich noch nie gehört. Meint sie, dass die Küche nicht explodiert? Dieses Bild mit dem Mars ist ins Groteske übersteigert und passt nicht zur restlichen Sprache, die du verwendest.

Dein Schatzi kannst du dir bald sonst-wo-hin!
"sonst wohin" bzw. "sonstwohin"

Der Koffer springt auf, ein Schnuller kullert heraus.
Sandra stürzt bei dem Versuch, ihn aufzufangen. Blut tropft von ihrem Knie. Sie liegt auf dem Berg, den Schnuller in der Hand, vergräbt den Kopf in den Händen und schluchzt. Ich setze mich zu ihr, nehme sie in den Arm, atme den Duft ihrer Haare, wie damals auf dem Eiffelturm. Blick über Paris, Hand in Hand. Sie hatte dieses bezaubernde Lächeln.
Hier wird es für mich sehr unrealistisch. Ausgerechnet der Koffer springt auf und wie in einer Heldenszene hechtet sie dem Schnuller entgegen, fängt ihn, verletzt sich aber, oder wie?! Danach geht es weiter, als sei es nicht schon klischeehaft: Er erinnert sich an Paris, damals auf dem Eiffelturm. Mit Verlaub, aber mehr Kitsch geht nicht mehr.

„Ich war 17. Naiv und dumm. Dachte, er liebt mich. War sofort verschwunden als ich schwanger war.“
Bei einem erzählenden Text bietet es sich an, alle Zahlen auszuschreiben. Du verwendest gleich noch eine Ellipse.

Wir stehen vor einem ewigen Licht, in der hinteren Ecke des Gartens.
Jetzt stellt sich die Frage vom Anfang, nur umgekehrt: Würde hier nicht besser der bestimmte Artikel passen?

Sie dreht sich zu mir und stupst mit ihrer Nase gegen meine, lächelt dieses Lächeln.
„Lass uns in den Keller gehen“, sage ich grinsend.
„Laufband oder Sofa?“, ruft Sandra und läuft los.
Hey, wir haben grad ne Kerze für mein verstorbenes Kind im Garten angezündet. Gehn wir erstmal rein und haben Spaß.
Ich denke die Stimmung ist hier unangemessen.

Außerdem befindet sich ein riesiges Fragezeichen über meinem Kopf: Warum weiß der Mann nicht, dass sie ein Kind verloren hat. Was ist denn das für eine Beziehung, in der man sich nichts sagt, oder weiß der Mann bereits davon? Falls das zweite der Fall sein sollte kam das leider nicht so rüber.
Insgesamt kommt mir der Text sehr zäh vor. Am Anfang stellt sich dem Leser keine Frage, die man am Ende beantwortet haben möchte, d.h. der Spannungsbogen fehlt. Es gibt nur einen Spannungspunkt in deinem Text.
Das mit dem "Heldensprung" und Paris ist meiner Meinung das Klischee eines Klischees. Ebenso finde ich, dass die Protagonisten nicht wie Menschen handeln, sie wirken nicht real, sondern von einem Autoren erschaffen, das sollten sie nicht.
Sprachlich triffst du die Situation. Dein eher umgangssprachlicher Stil passt zur Handlung, allerdings solltest du aufpassen nicht zu umgangssprachlich zu werden, es entstehen Ellipsen, die man nur schwer versteht. Deine Metaphern wanken ebenfalls.

Lieber Geschichtenwerker, gib die Geschichte nicht auf, schaue, ob du meiner Kritik etwas abgewinnen kannst. Denk dran, dass es meine persönliche Meinung ist und ich dich als Menschen toll finde. Bleib unbedingt dran, du hast Potential!

Grüße und einen schönen Abend

Achim :-)

 

Hallo @Geschichtenwerker,

eine schöne Geschichte hast du da geschrieben! Ich finde, du entwickelst sehr anschaulich die kleinen Abneigungen, die sich bei den beiden über die Jahre angestaut haben. Die Stimmung zwischen dem Paar ist sehr schön zu spüren.
Nach dem Wendepunkt ist hiervon aber dann eigentlich nichts mehr zu sehen. Plötzlich ist der Ich-Erzähler sehr einsichtig. Das geht mir ein bisschen zu schnell.
Trotzdem gefällt mir auch das Ende. Es ist so ein Fingerzeig, dass man in der Beziehung - egal wie lange man zusammen ist - immer sich gegenseitig neu entdecken kann, wenn man nur an der Beziehung arbeitet.
Hier noch ein paar Flusen:

In meinen Gedanken baue ich unsere Küchen.
Baut er wirklich mehrere Küchen?

Ich packe den kleinen Lederkoffer, den sie dreimal mit umgezogen hat
Es müsste wohl "den sie bei drei Umzügen mitgenommen hat" oder ähnlich heißen. Den wenn sie ihn umzieht, dann bezieht sich das m.E. auf Kleidung.

„Komm lass uns nach oben gehen.“
Nach einer kleinen Ewigkeit finde ich den erste Hilfe Kasten und verbinde das Knie.
Komma nach Komm
Erste-Hilfe-Kasten

War sofort verschwunden als ich schwanger war.“
Komma hinter verschwunden

Die haben das hinter meinem Rücken gefeiert wie ein Sechser im Lotto.
wie einen Sechser im Lotto

Gerne gelesen!

Gruß Daeron

 

Noch einmal etwas von mir:
Ich möchte etwas zu deiner Kritik sagen, @Achim02:
Meiner Ansicht hast du einige Stellen überhaupt nicht verstanden:

„Und das dir“, sagt sie mit Blick auf ihr Smartphone.
Hiermit bezieht sie sich auf die Stelle, die der Ich-Erzähler verloren hat.

Diese Redewendung habe ich noch nie gehört. Meint sie, dass die Küche nicht explodiert? Dieses Bild mit dem Mars ist ins Groteske übersteigert und passt nicht zur restlichen Sprache, die du verwendest.
Diese Redewendung ist ganz normal, passt meiner Meinung total. Es geht darum, dass der Ich-Erzähler die Küche pedantisch so weiter verbessern will, dass sie hinterher dann so perfekt wäre, dass man mit ihr - Achtung: Übertreibung - zum Mars fliegen könnte. Sie ist aber genervt von seiner Pedanterie und davon, dass er die Sachen ja eh nicht macht, sodass sie den Schreiner holt.

Grundsätzlich habe ich den Eindruck, dass du die Geschichte nicht vollkommen verstanden hast. Weißt du, was es auch nach Jahrzehnten noch mit Menschen macht, die ihr Kind verloren haben? Sie ist dreimal mit diesem Koffer und den Erinnerungen daran umgezogen. Vielleicht musste sie bis dahin auch all ihre Gedanken daran "wegschließen", um es zu ertragen?

Lieber Geschichtenwerker, gib nicht auf, schaue, ob du meine Kritik akzeptieren und evtl. sogar umsetzen kannst. Denk dran, dass es meine persönliche Meinung ist und ich dich als Menschen toll finde. Bleib unbedingt dran, du hast Potential!#
Lieber @Achim02, das klingt sehr überheblich für einen, der - wie ich auch - noch nicht lange dabei ist. @Geschichtenwerker ist drei Jahre bei den WK, ich denke, da braucht er keine Ermunterung, "dranzubleiben", weil er "Potential" hat...

Gruß Daeron

 

Guten Abend @Daeron ,
ich habe versucht Kritik zu äußern und habe mehrfach darauf hingewiesen, dass es meine Meinung ist. Meiner Meinung nach gibt es an der Geschichte einiges zu verbessern, jedoch ist der Autor deswegen nicht schlecht.
Wir haben eine Meinungsverschiedenheit, das ist in der Literatur völlig normal.
Ich denke jedem tut eine Ermunterung gut.

Hiermit bezieht sie sich auf die Stelle, die der Ich-Erzähler verloren hat.
Es ist mir durchaus bewusst, dass sich auf die Stelle bezieht, trotzdem stelle ich die semantische Richtigkeit in Frage. Man kann es tatsächlich so schreiben, ich hätte es aber nicht getan. Deshalb habe ich einen Verbesserungsvorschlag eingefügt, alles ist hier freiwillig.

Grundsätzlich habe ich den Eindruck, dass du die Geschichte nicht vollkommen verstanden hast. Weißt du, was es auch nach Jahrzehnten noch mit Menschen macht, die ihr Kind verloren haben? Sie ist dreimal mit diesem Koffer und den Erinnerungen daran umgezogen. Vielleicht musste sie bis dahin auch all ihre Gedanken daran "wegschließen", um es zu ertragen?
Den Eindruck habe ich nicht. Ich weiß, was es mit Menschen macht, schließlich habe ich Psychologie. Deshalb weiß ich auch, dass ein Heldensprung so in der Realität nicht vorkommt, es ist eher eine innere Starre, die die Protagonistin erleben würde. Ich sagte nur, dass es für mich persönlich zu klischeehaft ist. Das ist meine Meinung, ich sagte nie, dass etwas falsch sei, ich habe nur das angemerkt, was ich persönlich nicht so geschrieben hätte.

Lieber @Achim02, das klingt sehr überheblich für einen, der - wie ich auch - noch nicht lange dabei ist. @Geschichtenwerker ist drei Jahre bei den WK, ich denke, da braucht er keine Ermunterung, "dranzubleiben", weil er "Potential" hat...
Das mag falsch rübergekommen sein, das gebe ich zu. Allerdings wollte ich ihn nur motivieren, es spielt keine Rolle wie lange man hier Mitglied ist.

Ich finde es schade, dass du meine Kritik als einen Kristallisationspunkt für einen Konflikt verwendest, ich möchte mich nicht über meine Meinung streiten. Ich habe es tausendmal deutlich gemacht, dass das meine subjektive Meinung ist. Bei uns ist dieses Bild nicht so geläufig, mag an der Region liegen, vlt aber auch an meinem realtiv zarten Alter von sechzehn Jahren. Ich versuche meine Meinung zu Geschichten hier kundzutun und möchte nur helfen :-)

Grüße

Achim :-)

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi @Achim02,

der erste Kommentar unter der eigenen Geschichten ist immer ein besonderer. Besonders für mich. Ich kämpfe, hoffentlich nicht zu persönlich, mit 70-Stunden-Wochen, Kind-Kegel und Familie, nicht die persönliche Fitness vergessend, man will ja schließlich noch die Rente (weit jenseits der 70) erleben, und kleinen Zeitfenstern für die Challenge (nein, ich sage nicht wie viele Stunden).

Ach, was wäre ich für ein glücklicher Mensch, mit dem jetzigen geistigen Potenzial und der zeitlichen Kapazität eines Jugendlichen. Aber wäre ich das wirklich? Andere Geschichte.

Immerhin attestierst Du mir:

Bleib unbedingt dran, du hast Potential!#

Das finde ich geradezu liebenswürdig und irgendwie berührt es mit tief. Ja, das ist albern, wir kennen uns nicht. Aber ich war auch mal 16 und ich kann Deinen Gefühlsausbruch einordnen. Und - nein - ich nehme Deine Kritik nicht übel. Warum sollte ich? Ein junger Mensch nimmt sich Zeit und opfert genau diese für mich. Das ist der Vorteil des Alters (bin kein Greis!): Ich bin berührt und freue mich einfach über den Elan der Jugend.

Auch wenn ich @Daeron zustimme, wenn er äußert:

Grundsätzlich habe ich den Eindruck, dass du die Geschichte nicht vollkommen verstanden hast.

Ja, wie sollst Du auch? Du bist 16. Das Leben ist vor Dir. Der Kopf voller Ideen, das Herz voller Ideale. Das Privileg der Jugend. Doch die Realität ist, dass die Zeit daran nagt, der Fokus sich verschiebt, und was gestern noch wichtig war, heute schal ist und leer.

Nun etwas konkreter zu Deiner Kritik:

Hagebuttenmarmelade tropft von meinem Brot. Sandra schaut kurz mit dieser hochgezogenen Braue herüber.
Deinen ersten Satz finde ich eigentlich ganz schön, auch wenn er jetzt nicht atemberaubend spannend ist. Sollte die Betonung wirklich auf "dieser" liegen oder wäre ein unbestimmter Artikel besser?

Tja, der Punkt ist wichtig, charakterisiert er doch, dass es eben "diese Augenbraue ist", die Sandra immer in solchen Situationen wirft. Es ist ein Teil der Charakterisierung. Natürlich habe ich sie vorher nicht eingeführt, die Braue, aber jeder Mensch in einer längeren Beziehung weiß, was ich damit meine. Das klingt jetzt fürchterlich blöd und - glaube mir - ich will nicht die "erfahrener Mann Karte" spielen, aber das ist wirklich so und Daeron bestärkt mich darin. Ich glaube, dass es dir hilft, dir vorzustellen, jemand schreibt über Deine Mutter. Du kennst jede Regung, jede Geste, jede Mimik. So ist das hier gemeint, es rührt an etwas Tiefem.

Geschichtenwerker schrieb:


„Und das dir“, sagt sie mit Blick auf ihr Smartphone.
Ich verstehe nicht, was sie damit sagen soll. Es bezieht sich auf nichts im Text und bringt auch keinen neuen Zusammenhang ins Spiel. Du könntest folgendes schreiben: "Sieh mal", sagt sie ...

Naja, wie @Daeron richtig erkannt hat,

Hiermit bezieht sie sich auf die Stelle, die der Ich-Erzähler verloren hat.

Das is ein Teil der Charakterisierung des Protagonisten. Ihm, als Pedant, passiert so etwas normalerweise nicht. Die Mechanismen einer sehr langjährigen Beziehung, können sich einem jungen Kerl wie Dir wahrscheinlich nur sehr bedingt erschließen.

Das klingt jetzt doof, ist aber gar nicht so gemeint.

Geschichtenwerker schrieb:


„Ich will ein Laufband“, sagt Sandra.
„Wozu? Kannst doch eh nur gehen. Machst dir sonst die Knie kaputt.“ Ich starre auf ihren Bauch. Sieht aus wie damals, als sie mit Tim schwanger war.
Ist das ein normales Gespräch unter den Protagonisten? Ich fasse diesen Abschnitt sarkastisch erzählt auf.

Ja, scheint mir normal. Und - ja - Sarkasmus schleicht sich gerne mal ein, in einer längeren Beziehung.

Geschichtenwerker schrieb:


Ich will mit der Scheißküche nicht zum Mars fliegen.
Diese Redewendung habe ich noch nie gehört. Meint sie, dass die Küche nicht explodiert? Dieses Bild mit dem Mars ist ins Groteske übersteigert und passt nicht zur restlichen Sprache, die du verwendest.

Naja, was soll ich auch Bekanntes wiederkäuen. Aber abgesehen davon, hat Daeron es richtig erkannt und auf den Punkt gebracht:

Diese Redewendung ist ganz normal, passt meiner Meinung total. Es geht darum, dass der Ich-Erzähler die Küche pedantisch so weiter verbessern will, dass sie hinterher dann so perfekt wäre, dass man mit ihr - Achtung: Übertreibung - zum Mars fliegen könnte. Sie ist aber genervt von seiner Pedanterie und davon, dass er die Sachen ja eh nicht macht, sodass sie den Schreiner holt.

Hier bediene ich mich einer gewissen künstlerischen Freiheit:

Geschichtenwerker schrieb:


Dein Schatzi kannst du dir bald sonst-wo-hin!
"sonst wohin" bzw. "sonstwohin"

Ich habe den großen Vorteil, dass ich mich keiner Deutschlehrerin mehr stellen muss. Höchsten am Elternabend. Und mit den Bindestrichen wollte ich eine besondere Sprechweise verdeutlichen.

Geschichtenwerker schrieb:


Der Koffer springt auf, ein Schnuller kullert heraus.
Sandra stürzt bei dem Versuch, ihn aufzufangen. Blut tropft von ihrem Knie. Sie liegt auf dem Berg, den Schnuller in der Hand, vergräbt den Kopf in den Händen und schluchzt. Ich setze mich zu ihr, nehme sie in den Arm, atme den Duft ihrer Haare, wie damals auf dem Eiffelturm. Blick über Paris, Hand in Hand. Sie hatte dieses bezaubernde Lächeln.
Hier wird es für mich sehr unrealistisch. Ausgerechnet der Koffer springt auf und wie in einer Heldenszene hechtet sie dem Schnuller entgegen, fängt ihn, verletzt sich aber, oder wie?! Danach geht es weiter, als sei es nicht schon klischeehaft: Er erinnert sich an Paris, damals auf dem Eiffelturm. Mit Verlaub, aber mehr Kitsch geht nicht mehr.

Achja, was hadere ich mit mir selbst. Ist das Schund, was ich schreibe? Ist es Literatur? Naja, am Ende ist es egal, was es ist, es ist.

Oder anders ausgedrückt, das Leben ist manchmal kitschig. Man streitet sich mit seiner Partnerin, und man empfängt einen Duft, eine Geste, eine Berührung und man weiß: Deswegen habe ich geheiratet. Ist das kitschig? Vielleicht ist es das. Ist es deswegen verwerflich? Keine Literatur? Ist es deswegen Schund? Trivial? Keine Ahnung. Was weiß ich schon.

Kommt es darauf, an WIE sie sich verletzt? Ich glaube nicht. Das ist nicht der Kern der Szene. Es bricht etwas aus ihr heraus und aus ihm. Er erinnert sich: Deswegen liebe ich diese Frau. Diese Emotion damals, in Paris. Egal, welche Probleme es gibt. Ich bleibe bei ihr.

Vielleicht muss ich das deutlicher machen. Ach, ich weiß nicht. Vielleicht auch nicht. Ich möchte das nicht totschreiben. Entweder der Leser spürt es, oder nicht. Wenn nicht, ist er eben nicht die Zielgruppe. Mache ich es mir hier zu leicht als Autor?

Hey, wir haben grad ne Kerze für mein verstorbenes Kind im Garten angezündet. Gehn wir erstmal rein und haben Spaß.
Ich denke die Stimmung ist hier unangemessen.

Außerdem befindet sich ein riesiges Fragezeichen über meinem Kopf: Warum weiß der Mann nicht, dass sie ein Kind verloren hat. Was ist denn das für eine Beziehung, in der man sich nichts sagt, oder weiß der Mann bereits davon? Falls das zweite der Fall sein sollte kam das leider nicht so rüber.


Erst einmal gibt es da ja einen Zeitsprung. Und außerdem wirst Du in einer sich anbahnenden Beziehung nicht alle traumatischen Erlebnisse beim ersten Cocktail auf den Tisch legen.

@Daeron hat es auf den richtigen Punkt gebracht:

Weißt du, was es auch nach Jahrzehnten noch mit Menschen macht, die ihr Kind verloren haben? Sie ist dreimal mit diesem Koffer und den Erinnerungen daran umgezogen. Vielleicht musste sie bis dahin auch all ihre Gedanken daran "wegschließen", um es zu ertragen?

Es schmerzt einen jungen Erdenbürger zu verlieren. Das erzählt man nicht beim ersten Date. Auch nicht beim zweiten. Und beim Dritten? Da ist der Typ, der Dich berührt, bei dem Du das Gefühl hast, angekommen zu sein und dann erzählst Du davon? Nein, so ticken Frauen nicht (denke ich, was weiß ich schon über Frauen!). Und dann ist es nicht wichtig, für die neue Beziehung. Also, warum solltest Du es erzählen?

Warum weiß der Mann nicht, dass sie ein Kind verloren hat. Was ist denn das für eine Beziehung, in der man sich nichts sagt, oder weiß der Mann bereits davon? Falls das zweite der Fall sein sollte kam das leider nicht so rüber.
Insgesamt kommt mir der Text sehr zäh vor. Am Anfang stellt sich dem Leser keine Frage, die man am Ende beantwortet haben möchte, d.h. der Spannungsbogen fehlt. Es gibt nur einen Spannungspunkt in deinem Text.
Das mit dem "Heldensprung" und Paris ist meiner Meinung das Klischee eines Klischees. Ebenso finde ich, dass die Protagonisten nicht wie Menschen handeln, sie wirken nicht real, sondern von einem Autoren erschaffen, das sollten sie nicht.
Sprachlich triffst du die Situation. Dein eher umgangssprachlicher Stil passt zur Handlung, allerdings solltest du aufpassen nicht zu umgangssprachlich zu werden, es entstehen Ellipsen, die man nur schwer versteht. Deine Metaphern wanken ebenfalls.

Ja, was soll ich sagen. Ich haderte damit, diesen Beitrag hier reinzustellen. Zu kitschig? Schund? Trivial? Vielleicht ist es das. Vielleicht ist es aber auch wert, einen Menschen berührt zu haben. Wenn ich das geschafft habe, bin ich dann Autor mit Potenzial?

Ich danke Dir für Deine Zeit. Wir hatten ja noch nicht das Vergnügen und ich hoffe, dass ich nächste Woche Zeit für Deine Geschichte finde. Mein Tenor dürfte so etwas sein wie "der Weg vom Komplexen zum Einfachen". Wir werden sehen. Jedenfalls bist Du hier und bereicherst das Forum. Willkommen! Und Danke!

Gruß
Geschichtenwerker

 
Zuletzt bearbeitet:

Hola @Geschichtenwerker,
da hast Du eine schöne Geschichte zusammengewerkt, hat mir wirklich gefallen. Aus Alltäglichem Lesenswertes zu machen, ist Dir gelungen – und dann dringt durch den ganzen Chruscht die formidable Erkenntnis:

Ist nicht alles Besondere schon geschehen, ohne dass wir es bemerkt haben?

Ganz wunderbar und weise.

Auch das Krasse, heutzutage Unvorstellbare, war vor gar nicht langer Zeit gängiges Verhalten:

„Wo ist sie begraben?“, frage ich.
„Keine Ahnung.“
Ich schaue sie verwundert an.
„Meine Eltern haben sie anonym bestatten lassen.“

Die seinerzeit von ‚Schande’ sprachen, benahmen sich selber schändlich. Unser Mitglied barnhelm hat dazu eine tolle Geschichte gepostet: „Schande“.
Und in meiner Jugend drehten unverheiratete schwangere Mädchen den Gashahn auf.

Nur zum Schluss finde auch ich den jähen Sinneswandel nicht nachvollziehbar:
„Laufband oder Sofa?“
Wenn das der Ehemann in seiner etwas naiven Art fragen würde – okay, dann fehlt’s ihm nur an Feingespür. Dass aber Sandra unmittelbar nach dem Innehalten vor der Gedenkkerze dieses anregt, finde ich ... nicht so gut. Und weswegen man sich deswegen extra in den Keller bemühen will, verstehe ich auch nicht. Vielleicht kannst Du da noch etwas werke(l)n?

Beste Grüße!
José

PS:
Ach, der vertrackte Schluss – beim nochmaligen Lesen finde ich diese letzten drei Zeilen doch ziemlich kindisch:

Sie dreht sich zu mir und stupst mit ihrer Nase gegen meine, lächelt dieses Lächeln.
„Lass uns in den Keller gehen“, sage ich grinsend.
„Laufband oder Sofa?“, ruft Sandra und läuft los.

Nach meinem Dafürhalten reden Eltern – Erwachsene mittleren Alters - nicht wie Tennager*):
Lass uns ... ruft sie und läuft los. So unbeschwert passt es nicht; im Gegenteil: Hier könntest Du die beiden still und verständnisvoll auftreten lassen, eine suchende Hand, eine angedeutete Umarmung – ein gutes Gefühl statt Sofa.

*) Hab's erst heute beim Löschen gesehen. Entweder kommt's von der Gicht in den Fingern oder vom Kopf:susp:

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @Daeron,

vielen Dank für Deine Zeit und Deinen Kommentar. Auch wenn es klischeehaft klingt, aber er hat mir sehr geholfen. Der schlimmste Kritiker in diesem Forum bin ich selbst.

Deine ersten Zeilen

eine schöne Geschichte hast du da geschrieben! Ich finde, du entwickelst sehr anschaulich die kleinen Abneigungen, die sich bei den beiden über die Jahre angestaut haben. Die Stimmung zwischen dem Paar ist sehr schön zu spüren.

sind wie Balsam auf meine Seele. Naja, wollen wir mal nicht übertreiben, aber ich freue mich wirklich aufrichtig, denn ich fühle mich verstanden. Das ist als Autor schon ein schönes Gefühl. Ein Leser sieht die Geschichte so wie ich. Im obigen Beitrag habe ich Dich in dieser Hinsicht auch schon entsprechend zitiert. Damit habe ich für mich das Klassenziel schon (fast) erreicht, denn ich habe bei Dir das ausgelöst, was ich wollte.

Bis auf den kleinen Wermutstropfen (die Flusen habe ich beseitigt und danke dafür [man ist ja so betriebsblind]):

Nach dem Wendepunkt ist hiervon aber dann eigentlich nichts mehr zu sehen. Plötzlich ist der Ich-Erzähler sehr einsichtig. Das geht mir ein bisschen zu schnell.

Das ist für mich ein entscheidender Punkt in der Geschichte. Seine Reaktion erkläre ich damit, dass seine Gefühle für Sandra noch stark genug sind, um sich umzustellen, aber vielleicht kommt das nicht deutlich genug in der Geschichte heraus. Etwas, worüber ich nachdenken werde und auch die Reaktionen anderer abwarten werde, bevor ich ändere.

Ach, meine Reaktion viel so kurz aus, aber meine erste Antwort bezieht sich auch sehr auf Dich, von daher hoffe ich, dass Du Dich ausreichend gewürdigt fühlst.

Vielen Dank und ich freue mich, einen neuen Kommentator zu haben.

Gruß
Geschichtenwerker

 

Mein lieber @josefelipe,

nach unserem schwierigen Start vor (für mich) langer Zeit, so ein schöner Kommentar von Dir!

da hast Du eine schöne Geschichte zusammengewerkt, hat mir wirklich gefallen. Aus Alltäglichem Lesenswertes zu machen, ist Dir gelungen

Ich halte Dich für einen sensiblen Menschen und guten Autoren, weswegen mir diese Zeilen doppelt viel bedeuten.

Und dann noch der Finger in der Wunde:

Ach, der vertrackte Schluss – beim nochmaligen Lesen finde ich diese letzten drei Zeilen doch ziemlich kindisch:

Sie dreht sich zu mir und stupst mit ihrer Nase gegen meine, lächelt dieses Lächeln.
„Lass uns in den Keller gehen“, sage ich grinsend.
„Laufband oder Sofa?“, ruft Sandra und läuft los.
Nach meinem Dafürhalten reden Eltern – Erwachsene mittleren Alters - nicht wie Tennager:
Lass uns ... ruft sie und läuft los. So unbeschwert passt es nicht; im Gegenteil: Hier könntest Du die beiden still und verständnisvoll auftreten lassen, eine suchende Hand, eine angedeutete Umarmung – ein gutes Gefühl statt Sofa.

Was hast Du recht und was soll ich sagen? Ich denke darüber nach und hoffe, dass mir ein besserer einfällt. Den ganzen Tag über beschlich mich das Gefühl: "Der Schluss ist scheiße!" Aber weißt Du, wie soll man klare Gedanken fassen, wenn die Familie über einem wütet? Jeder Buchstabe ist errungen, zwischen Pflichten und Geschrei und dann kommt der Moment, wo man sich denkt, raus damit und nach mir die Sintflut. Was würde es mir helfen, in der Perfektion zu erstarren? Reichen nicht die Zweifel?

Jedenfalls danke ich Dir für den Fingerzeig! Daran werde ich knabbern (auf der Autobahn) und es hoffentlich verbessern.

Gruß
Geschichtenwerker

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @Geschichtenwerker

Ah! Eine Kellergeschichte. Da kenne ich mich aus. ;)

Eine schöne, interessante und erzählenswerte Episode aus dem normalen Leben.
Beim Lesen entfaltet sich ein hinreichender Sog, die meisten Formulierungen sitzen, kein unnötiges Geschwurbel. Ich lese den Text in einem Zug durch. Was mir sehr gefällt, ist wie die schreckliche Zankerei um Banalitäten von einer harten Erinnerung unterbrochen und relativiert wird. Die Konfrontation mit der traurigen Realität lässt die Beiden ihren streckenweise infantilen Streit vergessen und hilft Ihnen, sich der wichtigen Dinge im Leben bewusst zu werden: Zusammenhalt, das gegenseitige Stützen, die Freude am Anderen.
Eine Geschichte darf auch mal ein Happy End haben – aber um Gottes Willen, bitte nicht den Eiffelturm in Paris! Das ist wirklich so abgedroschen und hart am Kitsch.

Kleinigkeiten, die mir nicht so gefallen haben:

„Und das dir“, sagt sie mit Blick auf ihr Smartphone.
Der Satz ergibt ja erst einen Sinn als Antwort, also wenn Leser weiß, wie es gemeint ist
Ich denke, es wäre besser mit seinem Part zu beginnen.

Ich starre auf ihren Bauch. Sieht aus wie damals, als sie mit Tim schwanger war.
Der zweite Satz, scheint eine Elipse, ist aber keine korrekte, da das gemeinsame Subjekt das "Ich" wäre. Eigentlich müsste es so konstruiert werden: "Ihr Bauch ist riesig. Sieht aus wie damals ... " Dadurch wirkt es ungelenk. Ich würde die Sätze zusammenziehen. Vielleicht auch das "ich starre" weglassen, da die Perspektive keine starke Betonung braucht.
Ich untersuche die Schranktür. Sehe die Bohrungen für die Scharniere an.
Ah! Du magst Elipsen. Ich nicht. Vor allem, weil sie oft eine ungewollte Stimmung vermitteln. Es handelt sich ja nicht um eine emotional zutiefst lähmende Situation, in der dem Erzähler die Worte wegbleiben. Auch hier: Zusammenziehn, "Ich untersuche" ist unnötig.
Ich will mit der Scheißküche nicht zum Mars fliegen.
Klingt lustig, aber ich verstehe den Bezug nicht. Dass es so lange dauert, bis er sie repariert, wie ein Flug zum Mars? (ne, sicher nicht)
Ich sehe mich um. In meinen Gedanken baue ich unsere Küche.
Hier bin ich verwirrt. Er erinnert sich, wie er die Küche selbst gebaut hat. Er ist offensichtlich handwerklich gut unterwegs. Aber dann passt es nicht gut, dass sie einen Schreiner für die Reparatur anheuert.
ch war 17. Naiv und dumm. Dachte, er liebt mich. War sofort verschwunden, als ich schwanger war.
Elipsen-Overload! :)
Im Ernst: "War sofort verschwunden" bezieht sich auf ein neues ungenanntes Subjekt. Das ist nicht so gut gemacht.
„Schmeckt furchtbar“, sagt sie.
„Wie wohl alles, was man zu lange aufhebt“, antworte ich mit verzogenem Gesicht.
Da bin ich mir nicht sicher, aber nach meinem Empfinden wird mir die Moral ein bisschen zu deutlich aufs Brot geschmiert. Wenn Du seine Antwort weglässt, kann der Leser den Zusammenhang selbst erarbeiten. Weiter oben gibst Du ja schon die Interpretationshilfe:
Aufgehoben für besondere Anlässe.

Und zum Schluss, noch ein EllipsenDings:
Für meine Eltern nicht. Die haben das hinter meinem Rücken gefeiert wie einen Sechser im Lotto. Hatte mich so auf sie gefreut.“
Durch das wechslende Subjekt [Eltern --> Ich] wirkt der letzte Teil wieder etwas holprig. Mir ist klar, dass wörtliche Rede durchaus so ablaufen kann. Aber man muss sie nicht so aufschreiben. Hier würde ein "Ich hatte mich so auf sie gefreut" auch den Fokus auf ihre Emotionen konzentrieren.

Den Schluss fand ich, abgesehen vom Eiffelturm, berührend und wegen des Bezugs auf das überwundene Leid auch nicht kitschig. Allerdings war mir das "ewige Licht" kein Begriff, wodurch ich nicht gleich verstand, was dort passiert.

So. Da ist mehr zusammen gekommen, als ich vorher dachte. Na, ich habe mich mal richtig ausgetobt. Dass die Anmerkungen sehr subjektiv sind, muss ich unter uns ollen Wortkriegern nicht betonen, denke ich. Mach damit, was Du willst! Und wenn etwas Hilfreiches dabei war, würde ich mich freuen.

Schöne Grüße!
Kellerkind.

Spezifische Anmerkung: Ein Gitarrenhals ist keine Schranktür, den repariert nur der Fachmann. Und eine (echte, alte) LesPaul schmeißt man auch mit gebrochenem Hals nicht weg. Da investiert man in die Reparatur und verklingelt die für fettes Geld!

 

Guten Morgen @Geschichtenwerker ,
auf solch einen Kommentar war ich nicht vorbereitet, er war nicht so harsch wie ich dachte, schließlich könnte meine Kritik falsch ankommen. Ich bin ja auch nur ein Mensch, der das liest. Gestern Abend war ich auch schon müde, deshalb ergab sich die Geschichte für mich über Nacht. Grundsätzlich muss ich zu meiner Verteidigung sagen, dass ich völlig abgeneigt gegenüber Beziehungen bin. Ich bin durch Verkupplungsversuche meiner Freunde einmal in eine hineingeraten. Ich war sehr unglücklich und habe bald wieder Schluss gemacht, weil es mich genervt hat, so viel mit einer Person zu unternehmen. Ich bin unglaublich introvertiert und brauche sehr, sehr viel Zeit allein. Von Liebe zu dieser Person war nicht die Rede und überhaupt empfand ich noch nie mehr für eine Frau (auch nicht für Männer :-)), als körperliche Anziehung. Ich werde auch im Januar siebzehn und habe mich noch nie verliebt, ob das kommt? Ich weiß nicht, um ehrlich zu sein, hoffe ich das nicht. Deshalb bin ich "Kitsch" nach meiner Auffassung abgeneigt.
Ich verstehe im Grunde nichts von Literatur, ich lebe in meiner Literaturwelt, die mir von der Schule, Freunden und Verwandten zugeordnet wird. Ich selbst brauche keinen Spannungsbogen in der Geschichte, aber die Challenge sagt, dass es einen geben soll. Ich sehe da keinen Spannungsbogen, was nicht weiter schlimm ist, wenn es dich nicht stört.

der erste Kommentar unter der eigenen Geschichten ist immer ein besonderer. Besonders für mich
Das tut mir leid, denn die Kritik an dir, lieber Geschichtenwerker war ja nicht unbedingt positiv.

Tja, der Punkt ist wichtig, charakterisiert er doch, dass es eben "diese Augenbraue ist", die Sandra immer in solchen Situationen wirft.
Akzeptiert. Wäre ja auch die zweite Möglichkeit, die ich bedachte.

Die Mechanismen einer sehr langjährigen Beziehung, können sich einem jungen Kerl wie Dir wahrscheinlich nur sehr bedingt erschließen.
Siehe die Erklärung oben, also nein ganz und gar nicht. Wozu brauche ich eine Frau mein ganzes Leben um mich rum?

Ich habe den großen Vorteil, dass ich mich keiner Deutschlehrerin mehr stellen muss. Höchsten am Elternabend. Und mit den Bindestrichen wollte ich eine besondere Sprechweise verdeutlichen.
Das ist vielleicht mein Problem, dass ich mich einem strengen Deutschlehrer stellen muss.

Achja, was hadere ich mit mir selbst. Ist das Schund, was ich schreibe? Ist es Literatur? Naja, am Ende ist es egal, was es ist, es ist.
Bestimmt ist es Literatur, nein, selbstverständlich ist es Literatur!

Ist es deswegen verwerflich? Keine Literatur? Ist es deswegen Schund? Trivial? Keine Ahnung. Was weiß ich schon.
Eigentlich ist es nicht unbedingt Trivial, manche Szenen erscheinen mir unrealistisch bzw. kitschig. Ich verkenne eine Hyperbel beim "Heldensprung" der Frau, denn ich denke, dass es nicht als Hyperbel gedacht ist. Das mit Paris ist mir etwas zu kitschig, aber hey, das ist dann mein Problem.

Kommt es darauf, an WIE sie sich verletzt? Ich glaube nicht. Das ist nicht der Kern der Szene.
Da hast du recht, ich musste doch etwas finden, was ich anders machen würde, so wie im Deutschunterricht. Wenn ich so drüber nachdenke finde ich es nicht einmal so schlecht. Sie verletzt sich äußerlich und innerlich ebenso. Ist ein ganz nettes Bild.

Erst einmal gibt es da ja einen Zeitsprung. Und außerdem wirst Du in einer sich anbahnenden Beziehung nicht alle traumatischen Erlebnisse beim ersten Cocktail auf den Tisch legen.
Ich dachte um ehrlich zu sein, das Paar sei schon Jahre zusammen. Da hätte ich es angemessen gefunden, dass der Mann das weiß. Wie lange dachtest du denn, sind sie schon zusammen?

Vielleicht ist es aber auch wert, einen Menschen berührt zu haben. Wenn ich das geschafft habe, bin ich dann Autor mit Potenzial?
Du kannst mich mit deiner Geschichte nicht berühren, ich kann sie nur gefühlskalt analysieren und kommentieren. Trotzdem ist die Aussage der Geschichte eigentlich ganz schön, schreiben kannst du auch; deshalb hast du Potential.

Ich danke Dir für Deine Zeit. Wir hatten ja noch nicht das Vergnügen und ich hoffe, dass ich nächste Woche Zeit für Deine Geschichte finde.
Gerne, lass das lieber mit meiner Geschichte, die wurde schon genug kommentiert. Mach das lieber bei meiner Koffer-Geschichte, die in nächster Zeit erscheinen wird.
Als zweites Fazit kann ich sagen, dass ich inhaltlich einfach nicht angesprochen wurde. Ich bin kein Mensch großer Gefühle, obwohl ich mich meines Erachtens ganz gut in andere Menschen hineinversetzen kann. Es muss ein unbändiger Schmerz sein, sein Baby in diesem zarten Alter zu verlieren. Ich passe zwar nicht in deine Zielgruppe, trotzdem bist du eine tolle Person, die ich zwecks deines liebevollen Auftretens bewundere.
Sprachlich bist du gut aufgestellt, bedien dich ruhig deiner künstlerischen Freiheit, war nur ein Verbesserungsvorschlag. Ich mag deine Dialoge, sie erscheinen mir so lebendig. Ich persönlich kann nicht so gut Dialoge schreiben, ich beschreibe lieber. Deshalb ein großes Lob an dich!
Bleib so wie du bist und ich freue mich eine neue Geschichte von dir zu lesen.

Einen schönen Samstag

Achim :-)

 

„DIE FRAU
Ist es wahr, dass ihr alle Möbel selber gemacht habt, auch den Schrank?
DIE BRAUT
Alles. Mein Mann hat es entworfen, gezeichnet, die Bretter gekauft,
gehobelt, alles, und dann geleimt, also alles, und es sieht doch ganz gut aus.“
aus der „Kleinbürgerhochzeit“ von Brecht​

Warum das Zitat, wirstu Dich fragen,

lieber Geschichtenwerker,

ganz einfach, weil ich sofort an das Brecht‘sche Debut mit dem Einakter dachte und dann – leider, leider – bei Pilcher & son strandete … Was ja auch viel populärer ist als der olle Brecht, was nicht bedeutet, dass das eine wie das andere auszuschließen ist. Zusammenraufen ist niemals schlecht! Und ist die Welt nicht genug auf Krise eingestellt?

Alles andere schon gesagt?
Mitnichten und Neffen!

Hier ist der Punkt umzusiedeln

„Iss doch noch was von dem Kuchen. Der wird sonst trocken[.]“[...]

„Mhm.“
Wie spricht man das?, besonders das h. Hat für mich schon eine ähnliche Bedeutung wie „okay“ abzukürzen, die Abkürzung zu zwo Buchstaben, zwo Punkten und einem Leerzeichen zwischen dem ersten Punkt und dem zwoten Buchstaben, macht fünf Zeichen gegen vier im ausgeschrieben okay. Nur diesmal umgekehrt gegen „hm“ ...

„Dein Schatzi kannst du dir bald sonst-wo-hin! Hör endlich auf[,] dich zu bemitleiden!“
„Du mit deinem Pseudo-Halbtagsjob weißt doch gar nicht[,] wie es ist, seinen Job, seine Lebensaufgabe zu verlieren!“
(erstes Komma, da die Infitivgruppe von einem Substantiv bzw. (Pro)Nomen abhängig ist, beim zwoten leitet "wie" einen vollständigen Satz ein

Ich packe den kleinen Lederkoffer, den sie dreimal mit umgezogen hat[,] und schmeiß ihn mit voller Kraft auf den Berg: „Und das auch!“
Der Relativsatz wirkt – neben dem fehlenden Komma – unvollkommen. Seit wann zieht ein Koffer sich oder wird umgezogen? Müsste die Gattin ihn vorher nicht ausgezogen haben?
Er kann wohl an drei Umzügen teilhaben, gebraucht worden sein ...

Wie dem auch sei, schönes Wochenende und bis bald

Friedel

 

Hallo @Geschichtenwerker,

deinen Challengebeitrag habe ich gestern Abend vor dem Schlafengehen in einem Rutsch gelesen. Lass mich dir nun meine Gedanken dazu aufschreiben.

Da wird also ein siebzehnjähriges Mädchen schwanger und vom Kindsvater sitzengelassen. Dann stirbt auch noch der Säugling. Als wäre das nicht schlimm genug, mangelt es dem Mädel an einem Elternhaus, das ihr Trost, Geborgenheit und Schutz vermitteln kann. Dafür lernt sie Verachtung und unmenschliches Handeln kennen. Wen wunderts, dass aus der jungen Frau eine Erwachsene wird, die gelernt hat, ihr Herz zu verschließen und die die Erinnerung an ihr erstgeborenes Kind in einem Koffer durch ihr Leben trägt.

Den Konflikt in deiner Geschichte sehe ich in dem, was Sandra als Jugendliche passiert ist. Hier steckt die Möglichkeit für Emotionen und Dramatik, die ich aber in deiner Erzählperspektive nicht gefunden habe. Ich finde, das könnte man lösen, wenn die Story aus weiblicher Sicht erzählt werden würde. Dann wäre man dichter dran an Szenen wie diesen:

Sandra stürzt bei dem Versuch, ihn aufzufangen. Blut tropft von ihrem Knie. Sie liegt auf dem Berg, den Schnuller in der Hand, vergräbt den Kopf in den Händen und schluchzt.

Sandra öffnet den Koffer, streichelt über den rosa Strampler. Eine Träne kullert über ihre feuchten Wangen.

Das wird wohl nicht dein Anliegen gewesen sein, lieber Geschichtenwerker und ich will dir auch nicht in deine Perspektive reingrätschen, ist nur mein Leseempfinden. Auch wenn ich den Text gut geschrieben finde und das Dialoglastige sehr mag, komme ich mit den Figuren nicht klar. Finde sie unsympathisch. Ich muss mir das regelrecht zusammenreimen, warum Sandra eine neue Beziehung eingeht und nichts von ihrem toten Kind erzählt. Über Jahre oder Jahrzehnte sogar! Ist ein No-Go für mich. Und ich kapiere nicht wie ein Mann, wenn er es dann erfährt, sich so – ja fast desinteressiert verhalten kann. Also ich finde schon, dass er gut reagiert aber er reagiert emotionslos. Kein bisschen überrascht oder betroffen, als wäre das die Geschichte der Nachbarin und nicht die seiner Frau.

Das ewige Licht im Garten, finde ich aber unheimlich schön. Das gefällt mir total gut. Und ich denke wieder, was für ein Supertyp. Auch die Erinnerung an Paris, die sich durch die Story zieht, gefällt mir gut. Die ganze Dramatik, die ich in deinem Text sehe, geht aber in den Reibereien ums Alltägliche unter. Und das ist sehr, sehr schade.


Liebe Grüße und viel Erfolg bei der Challenge!
Tintenfass

 

Moin, moin @Geschichtenwerker ,

ich versuche gerade meine eigene Challenge (alle Challenge-Geschichten kommentieren) und habe jetzt mal "deinen Koffer augepackt". Sorry, ich hab nur einen Teil der anderen Kommentare überflogen ...

Hagebuttenmarmelade tropft von meinem Brot. Sandra schaut kurz mit dieser hochgezogenen Braue herüber.
Ich mag solch Einstiege total gerne, ganz was alltägliches, nun bin ich aber gespannt.

„Schau nicht so verkniffen. Du hast jetzt viel Zeit!“
Ah, er ist entlassen worden - schön eingebaut

ich starre auf ihren Bauch. Sieht aus wie damals, als sie mit Tim schwanger war.
ups. okay, die leben schon ein paar Jahre zusammen :D

ist der Kuchen noch schlechter geworden.
ich weiß, nicht so viele Personalpronomen verwenden , aber hier würde mir persönlich die Verstärkung, also "ihr Kuchen" noch besser gefallen

„Was ist denn hier los?“
„Wolltest dir auch ansehen.“
grins, nie auf sowas rumreiten, ganz schlecht! Außer man hat Lust auf ein reinigendes Gewitter ...

Sehe die Bohrungen für die Scharniere an.
Hm, jetzt habe ich den Satz davor nicht mit zitiert. Aber irgendwie fehlt mir etwas, das ist stark verkürzt, schon klar, aber das "sehe mir die Bohrungen an" hört sich ... doof? an. So, als ob er die Löcher nur anstarrt. Meinst Du das so?

Ich höre, wie sie mit dem Schreiner telefoniert.
Na, die hat ja echt Mut, ich schätze mal zwanzig Ehejahre ...

Vollholz. Echt schwer.
Streichkandidat? Ich habe es vor Augen, spüre es auf meinem Fuß.

„Du bist nicht verletzt. Du lässt dich hängen.“
„Und du dich gehen.“
Deine Dialoge gefallen mir richtig gut, da schwingt ganz viel mit, diese kleinen Watschen, die aber nie richtig böse gemeint sind, man kennt sich halt

Der Keller ist der Vorhof zur Hölle. Halb Werkstatt, halb Schuttabladeplatz.
Oh, ich habe den Schauplatz heute gerade gesehen ...

„Du mit deinem Pseudo-Halbtagsjob weißt doch gar nicht wie es ist, seinen Job, seine Lebensaufgabe zu verlieren!“
oh weia, jetzt wird es doch etwas Ernster, wenn das mal gut geht

Der Koffer springt auf, ein Schnuller kullert heraus.
tolle Wendung, ja, unsere vergangenen Leben im Keller/Koffer/Kopf

Sie hatte dieses bezaubernde Lächeln.
:herz: Der Typ ist super gelungen, ja, so plötzlich ist etwas ganz anderes wichtig, man ist füreinander da, der/die Partnerin ist wichtig, da gibt es so viele gemeinsame, glückliche Bilder

„Ich war 17. Naiv und dumm. Dachte, er liebt mich. War sofort verschwunden, als ich schwanger war.“
Kurz, kompakt - ein ganz anderes Leben. Ja, ich habe auch kurz überlegt, warum sie es nie erzählt hat, aber ich bin fest überzeugt, das es so geht, das Sie diesen Teil ihres Lebens in dem Koffer mit sich herum trägt, ihn aber auch in dem Koffer wegschließt, in den Keller packt, Und mit ihm hatte sie ja ein anderes Leben, mit den Kindern und ihren Aufgaben.

„Schmeckt furchtbar“, sagt sie.
„Wie wohl alles, was man zu lange aufhebt“, antworte ich mit verzogenem Gesicht.
Schöner Bezug, Aua

Der Korken knallt gegen die Küchenlampe, die den Schlag mit einem Abflug auf den Küchenboden quittiert. Ich sehe auf die Scherben, die abgesplitterte Ecke der Fliese.
„Wollte ich mir wohl auch ansehen“, seufze ich
kurzer Haker! Das "Unglück" passiert doch gerade erst, die Fliese platzt doch auch erst gerade, oder. Also wäre ein "Muss ich mir auch ansehen" vielleicht sinniger ...?

„Für meine Eltern nicht. Die haben das hinter meinem Rücken gefeiert wie einen Sechser im Lotto. Hatte mich so auf sie gefreut.“
Eigentlich ist alles drin, die Eltern sahen es als "verpfuschtes Leben" der Tochter und waren daher "froh". Ziemlich gruselige Vorstellung, aber durchaus bekannt. Aber das "Hatte mich so auf sie gefreut", ist mir irgendwie zu schwach, zu allgemein. Sorry, für einen kreativen Vorschlag müsste ich erst in die Badewanne, aber vielleicht verstehst Du ja auch so, was ich meine.

„Meine Eltern haben sie anonym bestatten lassen.“
Menschen gibst ...

„Lass uns in den Keller gehen“, sage ich grinsend.
„Laufband oder Sofa?“, ruft Sandra und läuft los.
Okay! Ich gestehe, mit den Schlussszenen habe ich es heute nicht so. Deine kapiere ich einfach nicht. Oder doch? Also er will freiwillig wieder mit in den Keller (um Ihr eine Freude zu machen)
Und sie schlägt dagegen Sport oder Sofa (faulenzen) vor?
Also die Stimmung kommt ja bei mir an, vielleicht klackert es ja , wenn ich mal in die anderen Kommentare reinschaue, ansonsten hat es heute wohl mein Gehirn zu stark verregnet.

Ich mochte die Geschichte sehr gerne, bisher ist es mein gefühlt bester Koffer-Bezug, aber das ist wohl auch viel Stimmungsabhängig.
Beste Wünsche und viel Erfolg bei der Challenge
witch

PS Wäre der Titel nicht mit einem "der" davor geschmeidiger, so hatte ich einen ganzen Raum voll Koffer vor meinen Augen

 

Hallo @Geschichtenwerker,

schön, dass ich durch die Challenge auch zu einer deiner Geschichten finde.

Koffer voller Erinnerungen
Die Überschrift gefällt mir nicht. Das klingt so abgedroschen, das ist so allgemein. Fällt dir da nicht etwas ein, dass genau zu deiner Geschichte passt, aber nicht auch zu hunderten anderen?

„Und das dir“, sagt sie mit Blick auf ihr Smartphone.
„Zweitausend weitere Stellen bauen die ab“, sage ich kopfschüttelnd.
Ich finde den Einstieg gelungen. Meiner Meinung nach braucht, wird durch den Satz des Ich-Erzählers Sandras Aussage sofort aufgelöst. Die Verwirrung ist also aushaltbar.
Und du zeigst dadurch sofort die Beziehung der beiden. Mir gefällts.

Ich könnte kotzen.
Kann weg.

„Iss du doch auch was“, sage ich.
„Ich will abnehmen.“
„Mhm.“
„Könntest mich ruhig unterstützen.“
Das Gespräch erscheint mir echt, auch wenn mir schleierhaft ist, wieso Paare so miteinander umgehen.

Ich will mit der Scheißküche nicht zum Mars fliegen.
Ich verstehe diesen Spruch. In der Küche soll man nur kochen können. Sie verlangt nicht, dass diese auch noch zum Mars fliegen kann.

Ich schlage mit Wucht die Schranktür zu. Sie fällt mir auf die kleine Zehe. Vollholz. Echt schwer.
Ich dachte, die Tür wäre ihm schon entgegengefallen. Trotzdem kann er sie noch zuschlagen?

Sie sieht den Fuß an: „Wir müssen den Keller aufräumen.“
„Ich habe mich verletzt und du denkst an den Keller?“
„Du bist nicht verletzt. Du lässt dich hängen.“
„Und du dich gehen.“
Anstrengend. Aber so ist es wohl.

Hör endlich auf dich zu bemitleiden!
Komma nach auf.

Du mit deinem Pseudo-Halbtagsjob weißt doch gar nicht wie es ist
Komma nach nicht.

Blut tropft von ihrem Knie.
Hatte sie nackte Knie? Und wirklich? Es tropft? Das erscheint mir etwas übertrieben.

Sie liegt auf dem Berg, den Schnuller in der Hand, vergräbt den Kopf in den Händen und schluchzt. Ich setze mich zu ihr, nehme sie in den Arm, atme den Duft ihrer Haare, wie damals auf dem Eiffelturm. Blick über Paris, Hand in Hand. Sie hatte dieses bezaubernde Lächeln.
Das ist mir zu viel. Okay, er kümmert sich um sie, weil sie weint und sich verletzt hat. Und vielleicht erinnert ihn die Szene an etwas. Aber nur wegen dem Geruch der Haare, verfällt er in so Träumereien? Find ich unpassend.

„Ich war 17. Naiv und dumm. Dachte, er liebt mich. War sofort verschwunden, als ich schwanger war.“
Ich halte ihre Hände, streiche übers Haar, über die Wange.
Vielleicht bin ich ja etwas empfindlich, aber ich wäre verletzt und enttäuscht, wenn ich nach so vielen Jahren erfahre, dass mein Partner schon mal ein Kind hatte.
Mir erscheint es auch unwahrscheinlich, dass das Thema vorher nie zur Sprache kam. Und jetzt platzt alles aus Sandra raus? Nur weil der Koffer aufgegangen ist? Und wieso verstaubt er eigentlich im Keller?

„War bestimmt furchtbar“, sage ich.
Deine Dialoge haben mir bisher gut gefallen, aber das wird er doch wohl nicht ernsthaft sagen? Das klingt wie von einem Unbeteiligten an der Bushaltestelle.

„Lass uns in den Keller gehen“, sage ich grinsend.
„Laufband oder Sofa?“, ruft Sandra und läuft los.
Weg damit.

Ich muss sagen, dass das keine Geschichte ist, die ich normalerweise lesen würde. Mich nervt einfach zu sehr wie die beiden miteinander umgehen. Aber ich finde, dass du das gut gemacht hast. Dieses Gezicke, schon seit Jahren einstudiert, wirkt echt.
Aber dem Moment, wo der Koffer mit Schnuller auftaucht., glaube ich dir allerdings nicht mehr. Ich glaube nicht, dass Sandra so ein Geheimnis so lange verheimlicht und dann einfach so rausplaudert. Und ich glaube auch nicht, dass der Erzähler das einfach so hinnimmt.
Ist natürlich schwierig daran noch etwas zu ändern, ohne die Geschichte über den Haufen zu werfen, und ich denke, das möchtest du auch gar nicht.
Aber vielleicht reichen ja schon ein paar kleiner Änderungen. Gab es nicht schon immer diese Hinweise? Und das Verhältnis zwischen Sandra und ihren Eltern ist zerrüttet. Der Erzähler könnte etwas weniger verständnisvoll reagieren. Vielleicht reicht das ja schon aus, damit ich dir dann auch den zweiten Teil der Geschichte glaube. :)

Viel Spaß noch bei de Challenge und liebe Grüße,

Nichtgeburtstagskind

 

Hallo Ihr Lieben, ich bin gerade am Studieren Eurer tollen Kommentare und am Überarbeiten der Geschichte. Leider habe ich nur einen sehr eingeschränkten Zugang zum Internet. Also habt noch ein wenig Geduld mit mir.

Gruß
Geschichtenwerker

 

Hallo @Kellerkind, @Tadita, @Friedrichard, @Tintenfass, @greenwitch und @Nichtgeburtstagskind,

vielen Dank für Euren hilfreichen Kommentare. Ich antworte Euch zu einem gewissen Teil gemeinsam, da sich einige Themen überschneiden. Ich hoffe, Ihr nehmt mir das nicht übel. Weiter unten antworte ich aber noch jedem kurz gesondert.

Vorab kann ich aber sagen, dass (fast) alle Kritikpunkte in gewisser Form in die Überarbeitung eingeflossen sind.

Die aufgefundenen Flusen (Friedrichard, Nichtgeburtstagskind) habe ich verbessert und wahrscheinlich bei der Überarbeitung neue erzeugt.

Die vielen Ellipsen (in erster Linie hat sich Kellerkind damit auseinandergesetzt), sind etwas entschärft.

Den Eiffelturm habe ich auch getilgt, bin aber in Paris geblieben.

Der größere Themenkomplex, der sich durch einige Kommentare zog, war der Bruch durch den Koffer, die Reaktion des Protagonisten darauf und die Frage, warum das Thema nie früher aufkam. Tintenfass hatte hier auch angeregt, gleich die Perspektive zu wechseln bzw. die Geschichte dazu aus Sandras Perspektive zu erzählen.

Den Mittelpunkt der Geschichte habe ich tatsächlich jetzt aufgebohrt und die Koffergeschichte im Dialog erzählt. Ich bin gespannt, wie das ankommt und vor allem, ob ich jetzt nicht zu viel zu diesem Punkt ausgeführt habe. Ich fand es vorher sehr reizvoll, dass man sich als Leser selbst denken musste, was vorgefallen war.

Ob das jetzt mehr Pilcher oder Brecht geworden ist, kann ich leider nicht sagen, lieber Friedrichard, dazu fehlt mir gerade die Distanz zum Text.

Schließlich habe ich noch den Schluss überarbeitet.

Tja und der Titel, liebe Greenwitch und liebes NGK, über den muss ich noch nachdenken, da fehlt mir gerade wirklich ein guter Einfall.

Und jetzt im Einzelnen:


Liebes @Kellerkind,

freudig überrascht stellte ich fest, dass Dir die Geschichte gefallen hat. Eigentlich liebe ich Ellipsen gar nicht so sehr, aber hier kam das durch den doch sehr barschen Umgangston zwischen meinen Protagonisten. In der jetzigen Fassung ist das entschärft und sollte etwas glatter sein.

Du bist nicht der einzige, der das Mars-Bild nicht verstanden hat, aber andere hat keine Schwierigkeiten damit. Ich zitiere hier Daeron:

„Es geht darum, dass der Ich-Erzähler die Küche pedantisch so weiter verbessern will, dass sie hinterher dann so perfekt wäre, dass man mit ihr - Achtung: Übertreibung - zum Mars fliegen könnte. Sie ist aber genervt von seiner Pedanterie und davon, dass er die Sachen ja eh nicht macht, sodass sie den Schreiner holt.“

Du hast natürlich recht, dass der Gitarrenhals keine Schranktür ist, aber er ist auch aus Holz und wenn man mit Holz umgehen kann, wird man auch den Gitarrenhals leimen können. In der aktuellen Fassung habe ich auch kleine Änderungen an dieser Stelle vorgenommen, dass der Berg kein Müllberg ist. Es bleibt also offen, was mit den Sachen passiert.

Nochmals vielen Dank und ich freue mich sehr über Deine positive Einschätzung.

Gruß

Geschichtenwerker


Liebe @Tadita,

auch bei Dir habe ich wahnsinnig darüber gefreut, dass Dir die Geschichten gefallen hat. Es ist ja schon ein Ritt auf der Rasierklinge, dass das nicht (völlig) ins Kitschige abgleitet.

Du schreibst:

„Hurra! Deshalb lasse ich reinen Gewissens alle Korrekturfälle beiseite und beschränke mich auf's Wesentliche.“

Ich wollte keine Deutschlehrer beleidigen und schon gar nicht war es so gemeint, dass ich keine Korrekturen vornehme. Aber ich glaube, so hast Du es auch nicht aufgefasst.

Nochmals vielen Dank und lieber Gruß

Geschichtenwerker


Lieber @Friedrichard,

auch Dir vielen Dank fürs Flusenlesen. Ich musste schmunzeln, weil Du Brecht erwartest und Pilcher bekamst. Was machen wir da? Wir sollten uns in der Mitte treffen. Du erwartest nicht Brecht (bei mir) und ich versuche nicht reine Pilcher zu liefern.

Vielen Dank und lieber Gruß

Geschichtenwerker


Liebes @Tintenfass,

auch Dir vielen Dank für die Blumen, ich schwelge darin, dass Dir viele Dinge gefallen, verzichte hier aber, dies im Einzelnen zu zitieren, um meine Antwort nicht zu sehr aufzublähen.

Ich habe Deinen Hauptpunkt aufgegriffen und die Geschichte um Details über die Schwangerschaft angereichert. Das birgt jetzt natürlich das Risiko, dass es zu viel wird, daher bin ich bespannt, wie die weiteren Reaktionen ausfallen. Viele Kommentatoren kamen ja mit der Geschichte gut zurecht, so wie sie war.

Wenn Du Lust und Zeit hast, kannst Du Dir die Stelle ja ansehen.

Eine andere Alternative wäre es, einen Spin-Off zu schreiben, der sich mit der schwangeren Sandra beschäftigt. Vielleicht mache ich das und wenn es nur als Schreibübung dient.

Vielen Dank für Deine Gedanken und lieber Gruß

Geschichtenwerker


Liebe @greenwitch,

Du bist eine derjenigen, der nicht nur die Geschichte gefallen hat, sondern auch im Wesentlichen alles so verstanden hat, wie es gemeint war. Außerdem hast Du mir eine große Freude mich Deinem positiven Feedback bereitet.

Aus meiner Sicht war Dein wichtigster Punkt, dass Du ihre Reaktion „Hatte mich so gefreut“ als zu platt empfunden hast. Ich habe in der aktuellen Fassung an der Stelle stark aufgebohrt. Vielleicht ist das jetzt alles nachvollziehbarer.

Die Schlussszene sollte jetzt auch verständlicher sein und vor allem emotional nachvollziehbarer.

Auch Dir nochmals herzlichen Dank für Deinen tollen Kommentar und liebe Grüße

Geschichtenwerker


Liebes @Nichtgeburtstagskind,

auch Dir großen Dank für Deinen Kommentar. Ich glaube, wir hatten noch gar nicht das Vergnügen, aber ich habe Dich immer als kritischen Kommentator wahrgenommen. Daher freue ich mich umso mehr, dass Du der Geschichte etwas abgewinnen konntest.

Du hast, wenn ich das richtig sehe, neben Tadita am meisten Schwierigkeiten mit der emotionalen Nachvollziehbarkeit des zweiten Teils. Wie oben schon angedeutet, habe ich versucht, diese Nachvollziehbarkeit durch einen ausgebauten Dialog zwischen den beiden zu adressieren, in dem die Geschichte über die Schwangerschaft von Sandra aufgearbeitet wird. Vielleicht sind damit jetzt Probleme mit dem zweiten Teil behoben. Vielleicht schaust Du Dir das ja bei Gelegenheit hat, das wäre großartig.

Ich bin gespannt, wie es hier weiter geht. Dir jedenfalls nochmals herzlichen Dank für Deinen hilfreichen Kommentar.

Lieber Gruß

Geschichtenwerker

 

Lieber @Geschichtenwerker,
du hast ja inzwischen einiges geändert. Und ich finde, es ist noch viel stimmiger geworden. Der Erzähler ist sehr einfühlsam, man nimmt es ihm wirklich ab.
Auch die Idee, dass er den Koffer auf den Haufen wirft, finde ich gut. Jetzt ist er ja in ihren Augen wirklich erst mal der Schuft. Vielleicht könnte man das an einem Ausruf von ihr noch verdeutlichen.

An der folgenden Stelle knickt sie dann aber m.E. etwas zu früh ein:

„Was ist das für ein Schnuller?“, frage ich, während ich ihr Knie verbinde.
„Ich war 17. Naiv und dumm. Dachte, er liebt mich. Dann war ich schwanger und einen Tag, nachdem ich es ihm gestanden hatte, war er verschwunden.“
Sie hat jetzt jahrelang geschwiegen und erzählt dann sofort los? Vielleicht könnte man das mit Tränen, rumdrucksen, etc. noch etwas hinauszögern?

Diesen Vergleich finde ich nicht so gelungen:

„Ja, so prüde wie ein in der Arktis eingefrorener Granitblock.“
Er steht für mich eher für Härte, Kälte, etc: Also eher abwertend für frigide. Prüde ist doch noch etwas mehr ins Peinliche, oder?

Den Schluss finde ich jetzt sehr schön. Kein Kitsch, trotzdem schließt er für die Figuren die Geschichte mit dem Baby ab und gibt einen positiven Ausblick in die Zukunft.

Am besten gefällt mir aber immer noch, wie du immer wieder in leisen Zwischentönen die Stimmung zwischen den beiden ausleuchtest. Hier spürt man das Ehepaar, das lange Jahre miteinander gelebt, gelitten, geliebt und sich genervt hat.

Viele Grüße
Daeron

 

Hallo @Geschichtenwerker,

mir gefällt, dass du deinem Stil treu geblieben bist und die Änderungen in einen Dialog eingebaut hast. Du hast Sandra sehr viel erzählen lassen. Für meinen Geschmack etwas zu viel, wenn ich bedenke, wie angespannt sie in dieser Situation sein muss. Da wäre weniger mehr. Vielleicht auch mal Sätze ins Leere laufen lassen? Andeuten ist die Devise.

Ich habe mir mal die Freiheit herausgenommen und ein wenig in deinem Text herumgestrichen.

Der Koffer springt auf, ein Schnuller kullert heraus.
Sandra stürzt bei dem Versuch, ihn aufzufangen …

wenn ich mir das vorstelle, finde ich, sie müsste aufschreien.

Gespürt habe ich es schon immer, dass es da diesen dunklen Punkt gibt, besonders als sie mit Tim schwanger war. Da war ihre ständige Angst, dass etwas schiefgehen könnte, schon fast paranoid. Als Tim dann da war, hat sie ihn keine Sekunde aus den Augen gelassen. Die ersten Tage hat sie nur geschlafen, wenn ich da war und Tim auf dem Arm hatte. Was hat sie mir die Leviten gelesen, als ich Tim doch mal ins Bettchen gelegt hatte, um auf die Toilette zu gehen. Ich war so damit beschäftig Fotos mit der neuen Kamera zu schießen, dass ich ihre Sorgen gar nicht richtig wahrgenommen hatte.

finde ich gut, dass die zweite Schwangerschaft angesprochen wird. Darüber habe ich heute Nacht auch nachdenken müssen, dass das die Hölle für Sandra gewesen sein musste.
Und super, hier vom Prot zu erfahren, dass er es hätte ahnen können, wäre er nicht so sehr mit der neuen Familiensituation beschäftigt gewesen. Ist für mich jetzt nachvollziebar. Und ich nehme die beiden Figuren jetzt auch als Paar wieder wahr.

„Ich war 17.

gestern vergessen: siebzehn, ist schöner :-)

„Für meine Eltern nicht. Die haben das hinter meinem Rücken gefeiert.“
Sandra öffnet den Koffer, streichelt über den rosa Strampler. Eine Träne kullert über ihre feuchten Wangen.
Sie haben dasGefeiert?“, frage ich und schenke nach.
„Nicht wirklich. gefeiert. Sie waren dagegen. Sollte abtreiben. Das konnte ich einfach nicht.“
„Und Deine Mutter?“
„Die wollte auch, dass ich Rosa wegmache. Sie hat mir Vorwürfe gemacht. Du weißt, wie sie ist.“
„Ja, so prüde wie ein in der Arktis eingefrorener Granitblock.“
„Mein Vater war schlimmer. Der brüllte nur rum, dass ihm der Bastard nicht ins Haus kommt.“

Sandra trinkt einen großen Schluck und dreht den Schnuller in der Hand.
„Kann ich mir vorstellen. Aber sonst beruhigt er sich doch immer irgendwann.“
„Damals nicht.
Ich weiß noch genau, wie ich abends im Bett lag, zum ersten Mal die kleinen Tritte gespürt habe.“
Ich rücke dichter an Sandra heran und schlucke. Vor meinen Augen sehe ich Tims kleine Fußabdrücke auf Sandras Bauch, wenn er sich gestreckt hatte.
„Am nächsten Morgen habe ich das beim Frühstück erzählt. Es war ein Sonntag. Mein Vater meinte, dass sie sich überlegt haben, Rosa zur Adoption freizugeben. Das wollte ich nicht. Dann hat er mich rausgeworfen. Ich bin zur Oma gezogen.“
„Von der du immer so viel erzählt hast?“
„Genau die. Sie hat mich aufgenommen. Meine Eltern waren froh, so konnten sie die ganze Geschichte vor den Nachbarn vertuschen.“

Ich starre auf den leeren Glasboden.
„Und dann?“
„Rosa kam zur Welt und starb in der ersten Nacht. Sie hatte so eine süße, kleine dunkle Locke über der Stirn.“

Sandra holt einen kleinen Umschlag aus dem Koffer und öffnet ihn behutsam. Rutscht ein wenig näher. Ihre Finger holen eine kleine Haarsträhne aus dem Umschlag. Ich halte die Luft an und streiche vorsichtig mit dem Zeigefinger drüber.
„Das ist alles, was von ihr geblieben ist.“
Ich fühle die feinen Härchen an der Fingerspitze.
„Wo ist sie begraben?“, frage ich.
„Keine Ahnung.“
Ich schaue sie verwundert an.

„Meine Eltern haben sie anonym bestatten lassen. Du weißt schon, die Nachbarn. Und dann durfte ich nie mehr darüber sprechen.“


Respekt Geschichtenwerker. Ich bewundere, wie schnell du den Text bearbeitet hast. Deine Geschichte ist jetzt unheimlich berührend und die kleine Locke bricht mir das Herz.

Gut gemacht!

Gruß, Tintenfass


btw:

Der Hals ist gebrochen, baumelt an zwei Seiten.
meintest du evtl. Saiten? Ich krieg sonst kein Bild in den Kopf

 

Hey @Geschichtenwerker,
ich hab gesehen, du hast überarbeitet, mal schauen.

„Und eine ordentliche Abfindung!“ Ich grinse. Die haben so blöd geschaut, als mein Anwalt den Aufhebungsvertrag vorgelegt hat.
„Ich will ein Laufband“, sagt Sandra.
Ist das eine neue Info? So liest es sich jedenfalls, und dann finde ich Sandras Reaktion zu reflexartig. Dieses "Oh, es ist Geld da, was kann ich dafür kaufen?" passt nicht so ganz zu einer gestandenen Frau und Mutter.

„Liegt am Herd. Der geht nicht mehr richtig.“
mag persönlich, regional, wie auch immer bedingt sein, aber ich backe den Kuchen im Backofen, nicht im Herd.

Das Stück muss ich wohl noch aufessen. Ich hole mir neuen Kaffee.
Oha, bloß keinen unnötigen Ärger heraufbeschwören. Oder kommt er aus der Generation, die kein Essen wegschmeißt?

„Wolltest dir auch ansehen.“
Dem Satz würde ich ein du gönnen.

Ich will mit der Scheißküche nicht zum Mars fliegen.
Ich verstehe das Bild, doch die Aussage ist mir für die Situation zu heftig. Schließlich fragt er nur, warum sie den Schreiner bestellt wo er doch jetzt Zeit hat, sich zu kümmern.

Gut, dass du ein halbes Jahr lang die Kanten so schön im Keller gefräst hast
Kann nur eine maßlose Übertreibung sein, denn für das Fräsen (=Profilieren) der Kanten von den Fronten einer Küche brauchst du - selbst mit Handmaschinen - max. ein paar Stunden. Warum widerspricht er nicht?

„Ich habe mich verletzt und du denkst an den Keller?“
„Du bist nicht verletzt. Du lässt dich hängen.“
„Und du dich gehen.“
Das ist schön wiedergegeben und so vorstellbar.

Sandra baut sich vor mir auf. Ihr Bauch streift leicht meinen Pullover. Ihr Atem riecht nach Kaffee.
„Wenn du nicht aufräumst, kannst du deine viele Zeit allein verbringen!“
Warum tickt sie jetzt aus, bis hin zur Drohung, ihn zu verlassen? Warum wartet sie nicht, ob er die neu gewonnene Zeit tatsächlich nutzt, die Reparaturen abzuarbeiten?

Dein Schatzi kannst du dir bald sonst-wo-hin!
Würde das stecken dazu schreiben. Find ich so nicht glücklich.

und fällt auf einen alten Farbeimer.
Finde ich als Lösung besser als den Boden vorher.

nehme sie in den Arm, atme den Duft ihrer Haare
Das finde ich sehr gelungen, dass der Duft die Erinnerung triggert. Das kenne ich von mir auch. Auch das:
Sie hatte dieses bezaubernde Lächeln.
finde ich stark. Die Erinnerung an kleine Dinge, die den Partner einst liebenswert erscheinen ließen.

während meine Gedanken um die Babysachen kreisen. So lange verheiratet und nichts davon gewusst.
Ich finde die Neufassung dieser Stelle viel stärker als die Beichte im Keller in der ersten Version. Das ist viel besser aufgelöst. Allerdings frage ich mich, woher er das sofort weiß? Es könnte auch ein alter Schnuller von Tim sein. Vielleicht lässt du außer dem Schnuller einen rosa Strampler herausschauen? Zumal du später schreibst: "Mit zitternden Händen nehme ich den Koffer, packe die Sachen hinein." Wenn er die Sachen hineinpackt, müssen sie vorher rausgefallen sein.

Ich war so damit beschäftig(t)(Komma) Fotos mit der neuen Kamera zu schießen, dass ich ihre Sorgen gar nicht richtig wahrgenommen hatte
Das PQP ist mMn unnötig ein schlichtes "wahrnahm" täte es auch.

Ich war 17. Naiv und dumm
Hat glaube ich schon jemand was dazu gesagt: siebzehn.

Dann war ich schwanger und einen Tag, nachdem ich es ihm gestanden hatte, war er verschwunden.“
Auch das ist neu und gut, weil es die Geschichte unterfüttert.

Ist nicht alles Besondere schon geschehen, ohne dass wir es bemerkt haben?
Schöner Satz. Wem geht das in langen Beziehungen nicht so?

Whiskyduft
bissl mager. ein Duft nach Torf und Eiche ...

„Wie wohl alles, was man zu lange aufhebt“, antworte ich mit verzogenem Gesicht.
nächster starker Satz.

Der Korken knallt gegen die Küchenlampe, die den Schlag mit einem Abflug auf den Küchenboden quittiert. Ich sehe auf die Scherben, die abgesplitterte Ecke der Fliese.
Ist mir persönlich too much, weil der groteske Moment von der intimen Situation ablenkt.

„Ja, so prüde wie ein in der Arktis eingefrorener Granitblock.“ „Mein Vater war schlimmer. Der brüllte nur rum, dass ihm der Bastard nicht ins Haus kommt.“
Auch das ist mir zu heftig, da es für mich die Trauer und die Tragik der Situation abschwächt, indem es die leisen Töne überspielt.
Dabei finde ich alles andere, was du an der Stelle dazugeschrieben hast, eine Bereicherung für deine Geschichte. Die Vorwürfe, die kleinen Tritte, der Rauswurf, die Oma.

„Rosa kam zur Welt und starb in der ersten Nacht. Sie hatte so eine süße, kleine dunkle Locke über der Stirn.“
Sandra holt einen kleinen Umschlag aus dem Koffer und öffnet ihn behutsam. Rutscht ein wenig näher. Ihre Finger holen eine kleine Haarsträhne aus dem Umschlag. Ich halte die Luft an und streiche vorsichtig mit dem Zeigefinger drüber. „Das ist alles, was von ihr geblieben ist.“
Eh, damit hast du mich richtig gepackt, das ist extrem stark und emotional.

Zum Glück sind das Laufband und das Sofa am Ende weg (und der Lottogewinn)! Durch die Eingriffe, die du vorgenommen hast, durch das neue Ende, hat deine Geschichte enorm gewonnen. Es wirkt seriöser, du nimmst die Tragik ernst. Auch schön: die sentimentale Klammer mit dem Triumphbogen. Du hast es geschafft, dass mir deine Figuren verständlich und sogar sympathisch wurden, was sie vorher absolut nicht waren. Chapeau für die Überarbeitung, Geschichtenwerker.

Peace, linktofink

 

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