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Leben - Ein Abschiedsbrief

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17.08.2005
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Leben - Ein Abschiedsbrief

L E B E N
- Ein Abschiedsbrief -​

Ich gehe niemals mit Schuhen über meinen Teppich.
Das hat nichts mit übertriebener Reinlichkeit zu tun, nein, ich will nur nicht, dass er mich unnötig Geld kostet. Haben Sie schon einmal in einer Reinigung einen ganzen Teppich reinigen lassen? Warum also nicht einfach vor der Tür die Schuhe ausziehen und in Socken gehen?
Ich will nicht, dass Sie denken, ich sei geizig. Das bin ich nicht, weiß Gott nicht. Ich lebe in einem Apartment direkt in New York City. Ich habe direkten Ausblick auf die Skyline und habe meine Wohnung von einem professionellen Innenarchitekten einrichten lassen. Von dem besten der Stadt. Sie müssen wissen, dass ich es mir leisten kann, so zu leben. Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass ich es für pure Dummheit halte, sein Geld aus dem Fenster zu werfen, nur weil man zu faul ist, die Schuhe auszuziehen.
Ich bin ein erfolgreicher Börsenmakler und der heutige Tag war der beste des Monats für mich. Die Details interessieren Sie sicher nicht, aber ich habe ein brillantes Geschäft gemacht. Ein wirklich... brillantes Geschäft.
Ich war zufrieden mit meinem Leben.

Ich kam um 20.30 Uhr nach Hause. Das war vor ungefähr vier Stunden und es hätte mir nicht besser gehen können. Aber man glaubt ja nicht, was vier Stunden aus einem Menschen machen können.
Ich habe noch schnell einen kleinen Imbiss gegessen. Nur gesunde Sachen, ich achte auf meinen Körper.
Dann habe ich noch etwas ferngesehen und bin um ein Haar auf dem Sofa eingeschlafen. Ich habe es aber noch geschafft, mich ins Bett zu schleppen und während ich so da lag und an die Decke starrte, schien meine Müdigkeit aus dem Zimmer zu gleiten. An die Stelle drängten sich merkwürdige Gedanken... Gedanken, mit denen ich nicht fertig werde. Es begann damit, dass ich mich fragte, wie mein Leben so läuft. Tja, Sie werden denken, ich könne mich nicht beschweren, aber ich bin anderer Meinung. Kennen Sie das, wenn eine einzige Frage immer und immer wieder ihre Runden dreht und nicht aus dem Kopf verschwinden will? Bei mir war es die schlichte Frage “Warum?”.
Warum bin ich vor drei Jahren nach New York gezogen? Warum bin ich Börsenmakler geworden? Wozu der ganze Luxus und wozu der krankhafte Geiz? Ich kann darauf keine Antwort finden.
Ich habe noch schätzungsweise 55 Jahre vor mir…, wenn ich Glück habe. Und dann? Dann bin ich tot. Ich habe keine Angst vor dem Tod, es ist nur, dass die Tatsache, dass ich sterben werde, mir dieses “Warum?” mitgeliefert hat, wie diese Gratisgeschenke, die man bekommt, wenn man im Versandhauskatalog für mehr als 2000 Dollar einkauft.
Gut, ich werde also noch 55 Jahre leben und davon (wenn ich mich nicht allzu blöd anstelle) nur noch 20 als Börsenmakler arbeiten müssen. Ich träume davon, mich dann zur Ruhe zu setzen, irgendwo in Europa. Tja, und dann?
Dann bin ich in Europa, wunderbar. Es leben Millionen von Menschen in Europa, die genau so leben wie ich hier. Ist es denn da so viel anders? Warum sollte ich nach Europa gehen? Warum sollte ich morgen früh überhaupt aus diesem Bett aufstehen?
Ich werde ja doch irgendwann sterben.
Sie werden denken, dass es albern ist, aber haben Sie wirklich schon einmal darüber nachgedacht, was das Leben für einen Sinn hat? Es hat keinen, glauben Sie mir. Es ist, als würde man auf einem Drahtseil balancieren, von dem man wüsste, dass es irgendwann einfach aufhört. Warum also nicht gleich in die Tiefe springen?

Ich stecke so sehr in meinem Job, in meinem Alltag und in meinem Leben, dass ich zu vergessen drohe, wozu ich das alle mache. Ich verliere den Überblick. Auf einmal bin ich knapp 30 und beginne mich zu fragen, warum ich die letzten 30 Jahre gelebt habe. Für Erinnerungen? Um vor Kaminfeuern mit einem Weinglas in der Hand in alten Zeiten zu schwelgen? Warum erlebt man Dinge? Über all diese Fragen könnte man stundenlang philosophieren, aber wenn man alle Heuchlerei und Verdrängungswünsche abzieht, bleibt die kalte, glatte Wahrheit. Man lebt völlig umsonst. Nichts ist für ewig. Nichts hat Bestand. Ich habe krampfhaft versucht, erfolgreich zu sein, bis ich es wurde. Warum? Ich wollte etwas Besonderes sein, besser als die anderen, nicht in der Masse versinken. Doch es ist sinnlos. Im wahrsten Sinne des Wortes. Einfach sinnlos.
Sie werden denken, dass ich in zu großen Zeitspannen denke, aber es ist gewiss, dass eines Tages die Sonne, um die wir uns drehen, verlöschen wird. Das Ende allen Lebens. Und dann? Was hat es dann gebracht, dass ich hier und jetzt erfolgreich war?
Es sollte mich glücklich machen. Lebe für den Augenblick... wer tut das schon? Seien Sie ehrlich, Sie gehören auch nicht dazu. Was man auch tut, wohin man auch geht, man tut es auf lange Zeit gesehen umsonst. Vollkommen umsonst. Warum nimmt man Jobs an, bei denen man acht Stunden am Tag Dinge tut, die einem zuwider sind? Man tut die meisten Dinge im Leben doch nur, um andere Dinge zu bekommen. Aber warum? Warum halten wir an solch einem Leben fest? Sie sehen, dieses Warum führt in einen Teufelskreis, der spiralförmig auf die gleißend helle Mitte zusteuert. Die Wahrheit, die einzige Wahrheit, die bis zum Verlöschen der Sonne bestehen wird, ist die: es gibt kein Ziel.
Es gibt kein Ziel.
Es gibt kein Ziel.
Es gibt kein Ziel.
Am Ende ist man tot. Ich auch, Sie auch. Es hilft alles nichts und da ich mir dessen jetzt bewusst bin, gibt es für mich nur eine Möglichkeit mit dieser Situation, die alles und jeden betrifft, umzugehen. Ich werde das Drahtseil verlassen.

 

Der klassische Existenzialismus nach Heidegger, Camus, Sartre usf. ist heute ja nicht mehr so in Mode (ein Dozent an meiner Hochschule meinte dazu allerdings einmal recht überzeugt: "Das kommt schon wieder..."). Damals stellte sich die berühmt berüchtigte Frage nach dem Sinn des Lebens aufgrund einiger tiefgreifender Ereignisse, die hunderte Millionen Menschen betrafen: Zwei Weltkriege verwüsteten weite Teile Europas, der Holocaust, der kulturelle Niedergang Nazideutschlands, die Ausbreitung des Atheismus um nur einige zu nennen. Aber auch Subtileres wie eine tief moralisch verankerte Gesellschaft, die alles Unnormale tabuisierte und ächtete wie zB. Homosexualität oder Prostitution usw. lies viele Menschen zumindest an den Rand eines Selbstmordes treiben.

Heute ist es dagegen so, dass man eher zuviele, und nicht etwa zuwenige Möglichkeiten hat, sein Leben zur Entfaltung zu bringen, es sinnvoll zu erleben. "Sinn" bedeutet so viel wie "Weg". Einen Weg kann ich problemlos beschreiten, ohne an ein Ziel kommen zu wollen. Wenn ich mittags auf einem Feldweg an der Isar entlang spazieren gehe interessiert es mich gerade mal, am Ende wieder dahin zu kommen, woher ich kam. Ich habe nicht die Absicht, an irgendein Ziel zu kommen und diese Frage hat auch gar nichts mit meinem Vorhaben zu tun. Daher stellt sich die Frage nach einem Ziel auch gar nicht erst. Sie hat keine Relevanz.

Dieser Brief fällt für mich daher sehr, sehr unglaubwürdig aus. Ich habe jedenfalls noch nie von jemandem gelesen oder gehört, der sich aufgrund der angeblichen Sinnlosigkeit des Lebens (er bezieht es ja noch nicht einmal nur auf sich selbst, sondern verallgemeinert!) selbiges nahm. Als ob dieses damit sinnvoller würde!

Dagegen spricht für mich folgendes: Wenn die Absicht des Briefautoren aus dem Jahre 2004 (BTW: was sollen eigentlich die beiden Fragezeichen und das ENDE am Ende bedeuten? Briefe werden im Allgemeinen anders beendet, nämlich mit einem Gruß, und das Datum kommt i.A. oben rechts hin) auch nur einen Funken authentisch wirken soll, dann müssten wir in der Zeitung eigentlich ständig von Selbstmorden in einer massenhaften Anzahl zu lesen bekommen. Denn das, was der Briefautor hier beschreibt, betrifft ganz offensichtlich jeden einzelnen von uns und selbiges beginnt in uns zu dämmern, sobald wir ein wenig – am besten an einem verschneiten, kalten Winterabend – über das Leben nachgedacht haben (also, möglichst nicht über das eigene Leben, sondern am besten über das ganz allgemeine solche, diese Unterscheidung ist wirklich essentiell!).

Da wir wissen, dass Selbstmorde nun mal aus völlig anderen Motiven heraus begangen werden scheint mit dem Ansinnen dieses eigenartigen Individuums wohl etwas nicht in Ordnung zu sein. Vielleicht ist er ja ein Akademiker, der zwölf und mehr Stunden am Tag in einem Elfenbeinturm verbringt? Aber nein, er ist doch ein Börsenmakler! Noch dazu ein erfolgreicher.

Aber er scheint eben irgendwie mit dem Leben nicht ganz zurecht zu kommen. Besonders der Faktor Zeit macht ihm so einiges zu schaffen. Sonst wär ja alles ganz in Ordnung. Aber die Zeit, die Zeit! Dieser alte Vater Chronos am Anbeginn alles Existierenden. Hätte er sich nur nicht in die Belange des Universums eingemischt, alles könnte so schön und wunderbar sein (nämlich gar nicht). Aber nein! Alles, alles unterwarf er seinem verdammten Willen wie die Uhr ihrem Räderwerk unterworfen ist! Und jetzt stehen wir da und beklagen uns darüber. Schreiben Briefe, denken viel nach, verbrauchen damit noch mehr dieser verdammten Zeit, ohne die wir gar nicht erst diesen Brief hätten schreiben können, vom geradezu zeitraubenden Nachdenken und Sinnieren ganz zu schweigen!


Na gut, jetzt hör ich auf. Ist nun mal nicht gerade der erste auf intellektuell frisierte Text hier um ein eigentlich sehr ernstes Thema. Wirkliche Abschiedsbriefe zur Ankündigung des persönlichen Selbstmords sehen nun mal völlig anders aus. Wenn man das weiß, wirkt dieses Beispiel dagegen einfach völlig lächerlich.

 
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"Heute ist es dagegen so, dass man eher zuviele, und nicht etwa zuwenige Möglichkeiten hat, sein Leben zur Entfaltung zu bringen, es sinnvoll zu erleben. "Sinn" bedeutet so viel wie "Weg". Einen Weg kann ich problemlos beschreiten, ohne an ein Ziel kommen zu wollen."

Aha. Ich habe Sinn immer als Ziel oder Zweck aufgefasst, wenn der Weg das Ziel sein soll, erübrigt sich so manche Frage und der Brief muss unverständlich wirken.

Wenn nicht, dann sehe ich hier jemanden, der den Weg vom Ziel her betrachtet, an dem der Tod steht, während ihm das Beschreiten dieses Wegs zuwider läuft, und es so denkbar erscheint, daß sich jemand auch nach kalter Überlegung zum Selbstmord entschliesst und nicht "nur" (bitte nicht abwertend lesen) aus Angst heraus, wegen eines Traumas, wegen Drogeneinfluß etc, er also lebensmüde im wahrsten Sinne des Wortes geworden ist.
Und dann finde ich das Motiv durchaus plausibel.

 

Hallo, philosophische Ratte.
Erst mal riesigen Dank, dass du dich meiner in so umfangreichen Rahmen angenommen hast.
Ich habe deine Kritik mit Spannung und Freude gelesen und mich teilweise an meine Philosophiestunden im Gymmi zurückerinnert, die mir ziemlich viel gebracht haben in Sachen Weltanschauung.
Was nun folgt, soll (wahrscheinlich) keine Rechtfertigung, sondern viel mehr Erklärung dessen werden, was in "Leben - Ein Abschiedsbrief" vielleicht unklar oder missverstanden bleibt...

Fangen wir mal oben an...

Einen Weg kann ich problemlos beschreiten, ohne an ein Ziel kommen zu wollen. Wenn ich mittags auf einem Feldweg an der Isar entlang spazieren gehe interessiert es mich gerade mal, am Ende wieder dahin zu kommen, woher ich kam.

Genau, so sehe ich das auch. Meistens jedenfalls. Der Weg ist das Ziel... aber nur für mich. Oder für dich. Ganz offensichtlich ist der (fiktionale) Autor dieses Briefes jedoch anderer Meinung, und sieht den Weg (wie Heraklit einen Beitrag weiter oben schon richtig gesagt hat) eben nur als Weg... als Weg zu einem Ziel.
Diese Sichtweisen hängen wohl zu nicht unwesentlichen Teilen von der Erziehung ab. Es ist z.B. vorstellbar, dass der Autor von sehr zielstrebigen Eltern erzogen worden ist, die "nur das Beste für ihren Sohn" wollten. Geprägt von Sätzen wie "Geh' zur Schule, damit du etwas wirst...", "Lerne für später...", "Sei erfolgreich...", "Verzichte auf Alkohol und Zigaretten, sonst stirbst du früher..." (vielleicht treffen nicht alle Beispiele den Kern, ich hoffe jedoch, dass selbiger trotzdem deutlich wird), erhält dieser Mensch ein Weltbild, das auf ein zielgerichtetes Arbeiten und Vorgehen im Allgemeinen ausgerichtet ist. Er tut (oder lässt) Dinge, nur um zu den nächsten zu gelangen.
Das mag bei dir nicht der Fall sein (wie du durch deine Spaziergangsymbolik verdeutlicht hast), aber deshalb ist es dennoch nicht unrealistisch, dass es so einen Menschen gibt.

Ich habe jedenfalls noch nie von jemandem gelesen oder gehört, der sich aufgrund der angeblichen Sinnlosigkeit des Lebens (er bezieht es ja noch nicht einmal nur auf sich selbst, sondern verallgemeinert!) selbiges nahm.

Der Anstoß dafür, dass ich diese "Geschichte", vielmehr, diesen Brief schrieb, kommt zu großen Teilen von Erich Fromm.
Bei einer philosohischen Ratte wie dir gehe ich einfach mal davon aus, dass du von diesem Menschen schon mal etwas gehört hast. Jedenfalls macht er in seinem Werk "Haben oder Sein" die Untescheidung von der Lebensweise des "Habens" und des "Seins".
Da beschreibt er den "Habenmensch", der besitzen will, hamstert, Gefühle veräußert und entrückt ("Ich habe Schmerzen im Bein" statt "Mir schmerzt mein Bein" oder "Ich habe Hunger" statt "Ich bin hungrig"), um so sein Lebensglück in der Masse zu finden versucht. Er will mehr und mehr und findet doch keine Zufriedenheit. Er sucht sie, und meint sie in der Addition kurzfristiger Glücksmomente zu finden.
Im Gegenzug beschreibt er auch den "Seinmensch", den genügsamen, dem nicht daran gelegen ist, die Dinge zu besitzen, sondern dem es reicht, sie zu betrachten. In einem Gedichtvergleich verdeutlicht er diesen Unterschied. In einem Gedicht gerät ein Protagonist in Verzückung beim Anblick einer Blume, dass er sie unbedingt pflücken und mit nach hause nehmen muss (=kurzfristiges Glück, da die Blume nach kurzer Zeit verwelkt). In dem anderen Gedicht reicht es dem Protagonisten, die unglaublich schöne Blume nur zu betrachten (=langfristiges Glück, da die Blume weiterlebt und vielen Freude bereiten kann).

Um den Bogen mal wieder zu spannen: Der Autor von dieses Briefes ist bisher ein waschechter "Habenmensch" gewesen. Daher habe ich ihn auch einen Börsenmakler mit durchschlagendem Erfolg sein lassen, was du ja auch hinterfragt hattest:

Aber nein, er ist doch ein Börsenmakler! Noch dazu ein erfolgreicher.
Aber gerade das soll das kurzfristige Glück beschreiben. Er hat zwar Glück, ist aber nicht glücklich.
Und das erkennt er nun, nachdem er den wohl größten Coup seiner Laufbahn gelandet hat. Er hat ein Knallergeschäft gemacht, und verspürt trotzdem keine echte Zufriedenheit. Wie ein Habenmensch eben so ist, muss er gleich zum nächsten Erfolg. Er hastet sich ab und findet doch nichts als Leere.

Es gibt nun drei Möglichkeiten:
Erstens: Er schiebt die Gedanken weg, wie es wohl die meisten "Habenmenschen" tun und hastet dem nächsten Glücksplacebo (sei es ein neues Auto, oder die glitzernde Welt des Fernsehens) hinterher, verliert sich in Trends und Moden und hat vor Lauter Sammeln und Hamstern gar keine Zeit mehr zum distanzierten Nachdenken...

Zweitens: Er erkennt seine missliche Lage und sieht, dass es noch andere Wege zu leben gibt. Daraus folgt, dass der sein Leben völlig umkrempelt, vielleicht den Job aufgibt, in die Natur geht, sich an sich selbst und seiner Umgebung zu erfreuen und vielleicht auch nach Epikurs spartanischem Glücksprinzip zu leben beginnt.

Drittenst: Er erkennt zwar seine Lage, sieht aber nach 30 Jahren Trimmung auf Erfolg nicht, dass es auch noch andere Möglichkeiten gibt. Er erkennt sich als jemand, der auf der Hälfte einer Einbahnstraße erkannt hat, dass es die Straße in den Tod ist. Und ich glaube, es ist nicht ganz und gar unrealistisch, dass man nach 30 Jahren mit dieser Weltanschauung und mit dem Glauben, dass dies der einzig richtige Weg ist, nicht immer den Weitblick hat, zu erkennen, dass man auch auf andere Wege ausweichen kann.
Und nach Erkennen dieses Scheiterns bleibt also nur der Absprung vom "Drahtseil". So jedenfalls sieht es der Autor dieses Briefes, was ich (natürlich, sonst hätte ich es ja nicht so geschrieben) für eine durchaus plausible Möglichkeit halte. Jemand, der den Lebensweg als Mittel zum Zweck und nicht als Zweck an sich selbst kennengelernt hat und jemand, der erkennt, dass der Zweck am Ende ein nichtiger ist (der Tod nämlich), findet (wenn er nicht weitsichtig genug ist) den Ausweg nur darin, schon früher zu sterben, der Sinnlosigkeit der Mühen und Lasten (die hier überwiegen) ein Ende zu bereiten.
So, das also dazu... Weiter im Text:

(BTW: was sollen eigentlich die beiden Fragezeichen und das ENDE am Ende bedeuten? Briefe werden im Allgemeinen anders beendet, nämlich mit einem Gruß, und das Datum kommt i.A. oben rechts hin)

Das ist mein Fehler. Gewohnheitsmäßig schreibe ich unter jede "Kurzgeschichte" das Wort ENDE und das Datum, an dem ich sie verfasst habe. ??.10.2004 bedeutet lediglich, dass ich den Tag nicht mehr genau wusste, an dem ich die Geschichte beendet habe. Ich werde es gleich ändern, damit keine Verwirrung entsteht.

Wenn die Absicht des Briefautoren aus dem Jahre 2004 [...] auch nur einen Funken authentisch wirken soll, dann müssten wir in der Zeitung eigentlich ständig von Selbstmorden in einer massenhaften Anzahl zu lesen bekommen.

Müssten wir das? Könnte es nicht auch sein, dass wir solche Gedanken von uns wegschieben, sozusagen als Selbstschutz, der uns davor bewahrt, Selbstmord zu begehen? Ich kann mir vorstellen, dass ein großer Teil der Bevölkerung viel zu sehr mit "Arbeiten gehen", "Haushalt schmeißen", "Kinder erziehen", oder einfach "Leben organisieren" beschäftigt ist, dass er für solche Gedanken keine Zeit hat und sie, sollten sie sich doch melden, von sich wegschiebt, da sie nur am Tagewerk hindern.
Und ist es nicht auch so, dass jeden Tag eine Menge Leute auf der Welt den Freitod wählen, auch wenn die Zeiten (wie du oben beschrieben hast) nicht mehr so extrem sind?!

Da wir wissen, dass Selbstmorde nun mal aus völlig anderen Motiven heraus begangen werden [...]

Wer ist wir? Ich zum Beispiel weiß nicht, aus welchen Gründen Selbstmorde begangen werden und ich wage zu bezweifeln, dass man diese Gründe in eine schick gebündelte Liste packen kann.
Selbstmorde können aus allen möglichen Gründen begangen werden, warum nicht auch aus dem, dass man die Sinnlosigkeit des eigenen Lebens nicht mehr ertragen kann?

Wirkliche Abschiedsbriefe zur Ankündigung des persönlichen Selbstmords sehen nun mal völlig anders aus. Wenn man das weiß, wirkt dieses Beispiel dagegen einfach völlig lächerlich.

Das klingt für mich, als hätten Abschiedsbriefe bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen, womit ich nun beim besten Willen nicht leben kann.
Es mag zwar sein, dass viele Abschiedsbriefe von Selbstmördern Ähnlichkeiten aufweisen, aber es ist dennoch meiner Meinung nach vermessen, zu sagen, nein, so hat kein Abschiedsbrief auszusehen. Ein Selbstmörder wird sich wohl kaum ein Musterbeispiel aus dem Internet 'runterladen...
Was ich damit sagen will: Wenn ich mich umbringe und einen letzten Brief schreibe, schreibe ich ihn, wie ich ich will und nicht, wie "Selbstmörder" allgemein ihn schreiben.

Im Übrigen setzt der Autor dieses speziellen Briefes sich nicht an den Tisch und beginnt zu schreiben mit der Absicht, sich umzubringen. Vielmehr stößt er im Laufe seines Schreibens (auf das schriftliche Analysieren seiner Gedanken... schriftlich, um verzweifelt objektive Distanz zu eigenen Sichtweisen zu bekommen) auf die Erkenntnis, dass es kein Ziel gibt... erst gegen Ende fasst er den Entschluss, sich das Leben zu nehmen.

So, Erklärung zu Ende... Ist vielleicht doch ein Versuch zur Rechtfertigung geworden, aber dennoch... jetzt steht es dort. Also,
schöne Grüße,
Underground

 
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Okay, dann mal der Reihe nach, was mir zu deiner Antwort spontan so einfällt.

  • Seit Durckheim ist der Selbstmord kein philosophisches, sondern ein soziologisches Phänomen. Fromm, an dem du dich weitgehend zu orientieren scheinst, war in erster Linie Soziologe und Psychoanalytiker. Was mir an deinem Text nun nicht gefällt, ist der Versuch, ein im Grunde soziologisches und psychologisches Problem in ein philosophisches Kleid zu hüllen.
  • Du hast deinen Text in die Rubrik "Philosophisches" gesteckt. Die Rubrikzuteilung gehört zur Interpretation eines Textes. So kommt es, dass bereits S.H. oben auf den vermeintlich "philosophischen Aspekt" des Textes zu sprechen kommt. Würde der Text in "Gesellschaft" stehen, käme es nicht zu diesem Missverständnis.
  • Fromm hat Haben oder Sein (hab mal kurz nachgeschaut) 1976 geschrieben, also vor inzwischen knapp dreißig Jahren bzw. etwa einer Generation. Es war eines seiner letzten Abhandlungen. Fromm wurde 1900 geboren, erlebte als Deutscher beide Weltkriege und musste zu Beginn der nationalsozialistischen Machtergreifung vor den Nazis in die USA emigrieren – soweit ich mich erinnere aufgrund seiner jüdischen Abstammung.
  • Der Grund, weshalb ich darauf hinweise ist folgender: Es stellt sich gerne als Fehler heraus, wissenschaftliche oder philosophische Abhandlungen mal eben aus ihrem Kontext zu reißen und in einen neuen einzupassen. Das klappt einfach nicht. Fromms Intention zu seinen Arbeiten lag in weiten Teilen darin, zu ergründen, worin die Ursachen für die Bildung totalitärer Staaten, für den Ausbruch der beiden Weltkriege, für die Ausbreitung von Gewalt, Verbrechen und Fremdenhass zu suchen sind. Auch Haben und Sein schwimmt in diesem Fährwasser. Nur gerade mal drei Jahre zuvor beendete Fromm seine Arbeit Anatomie der menschlichen Destruktivität mit u.a. eingehenden Studien zu Stalin, Himmler und Hitler. Nirgendwo hingegen war bei ihm von gewissen Börsenmaklern oder auch nur wohlhabenden Leuten die Rede und auch nicht von irgendeinem Sinn des Lebens. Dafür sollte man besser bei Heidegger & Co. nachschlagen.

Diese Sichtweisen hängen wohl zu nicht unwesentlichen Teilen von der Erziehung ab.
Gut, aber dein Protagonist ist offensichtlich kein Jugendlicher mehr. Er scheint vielmehr voll im Leben zu stehen. So, wie es sich anhört, müsste er auch einen Haufen Bekannter und Kollegen um sich herum haben, mit denen er zB. nach einem erfolgreichen (Börsen-)Tag mal einen Trinken geht oder sich zum Essen in einem teuren Restaurant trifft. Aber anstelle zu diesem Zweck einfach zum Telefon zu greifen und sich mit jemanden über seine existenziellen Problemchen zu unterhalten schreibt dieser nach vier Stunden Bedenkzeit einen Brief und bringt sich anschließend um?!? Das ist nun mal ganz einfach unglaubwürdig!

Drittenst: Er erkennt zwar seine Lage, sieht aber nach 30 Jahren Trimmung auf Erfolg nicht, dass es auch noch andere Möglichkeiten gibt.
Moment mal: Laut Abschiedsbrief ist der Prota "knapp 30". Ist er denn schon im Säuglingsalter "auf Erfolg getrimmt" worden? Und wie kann man sich nur fragen, weshalb oder wofür man im Kindheits- und Jugendalter gelebt hat?

Und ist es nicht auch so, dass jeden Tag eine Menge Leute auf der Welt den Freitod wählen, auch wenn die Zeiten (wie du oben beschrieben hast) nicht mehr so extrem sind?!
Mal kurz auf Wikipedia geschaut: Laut der WHO etwa eine Million erfolgreiche Suizide weltweit. Innerhalb der EU sollen es jährlich 58.000 sein.
Wer ist wir? Ich zum Beispiel weiß nicht, aus welchen Gründen Selbstmorde begangen werden und ich wage zu bezweifeln, dass man diese Gründe in eine schick gebündelte Liste packen kann.
Uff. Was glaubst du, welche Massen Literatur in den letzten Jahrzehnten (bis Durckheims "Der Selbstmord" möchte ich gar nicht erst zurückgehen) zu diesem Thema geschrieben wurden? Geh nur mal in eine beliebige Buchhandlung und du wirst mindestens ein Dutzend Abhandlungen unterschiedlicher Autoren dazu finden. Und übrigens nicht in der Ecke "Philosophie", sondern vor allem dort, wo die Psychologie einsortiert wird.

Dort könntest du nachlesen, dass Selbstmord in erster Linie mit sozialer Desintegration zu tun hat. Die Ursache dafür wiederum kann zB. in einer schweren Depression liegen oder in einer unheilbaren, nur schwer gesellschaftsfähigen Krankheit, zB. AIDS. Von all diesen Ursachen ist dein Prota ganz offenbar Lichtjahre entfernt. Sein Selbstmord erscheint daher als der so ziemlich größte Luxus, den man sich leisten kann (wer kommt später eigentlich für die Beerdigungskosten auf?)

Was ich damit sagen will: Wenn ich mich umbringe und einen letzten Brief schreibe, schreibe ich ihn, wie ich ich will und nicht, wie "Selbstmörder" allgemein ihn schreiben.
Das doppelte "ich" vor dem "will" deute ich jetzt mal einfach als Freudschen Versprecher. :D

Gut, schreib einen solchen Brief, wie du es willst. Aber du bist kein potenzieller Selbstmörder. Und ich nehme jetzt auch einfach einmal an, dass du dich bisher auch noch nie mit einem solchen unterhalten hast. Wenn das nicht wahr sein sollte, dann korrigiere mich bitte. Wenn es dagegen wahr sein sollte, dann bitte ich dich, deine Erfahrungen im Rahmen dieser Unterhaltung mit einem Menschen, der später einen Selbstmord(-versuch) unternahm, in deinen Text einzubauen. Danke.

Es mag zwar sein, dass viele Abschiedsbriefe von Selbstmördern Ähnlichkeiten aufweisen, aber es ist dennoch meiner Meinung nach vermessen, zu sagen, nein, so hat kein Abschiedsbrief auszusehen.
Briefe haben es so an sich, an ganz bestimmte Adressaten gerichtet zu sein. Sie sind nicht dazu gedacht, öffentlich ausgehängt zu werden wie ein Steckbrief oder so was. Dieser Brief jedoch ist an irgendein hypothetisches "Sie" gerichtet. Was geht dieses geheimnisvolle "Sie" den Autoren dieses Briefes an? Warum richtet er ihn stattdessen nicht besser an seine Frau? Er ist ledig? Gut, dann eben an seinen besten Freund. Er hat keine Freunde? Naja, dann eben wenigstens an seinen Kumpel, mit dem er immer einen Trinken geht? Hat er auch nicht? Na, so etwas. Und das in New York City. Existiert dieser eigenartige Börsenmakler denn überhaupt irgendwie?

 
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Sorry, mit diesem Durkheim kenne ich mich absolut nicht aus... Es wird ja wohl stimmen, wenn du sagst, dieser Mensch hält Selbstmord für ein soziologisches Problem, aber dennoch: der Grundgedanke dieser Geschichte ist viel eher der Gedankengang, der zum Selbstmord führt (mag dieser Gedankengang auch noch so unrealistisch sein). Und dieser Gedankengang, der sich mit den Sinnfragen des Lebens beschäftigt, ist meiner Meinung nach schon recht philosophisch.
Ich sehe aber ein, dass der Ausgang der Geschichte ein bisschen zweifelhaft sein könnte... andererseits könnte ich mir vorstellen, dass sich so eine Situation wirklich abspielen könnte, will heißen, dass sie nicht völlig aus der Luft gegriffen ist.

Zu Erich Fromm.
Ich reiße Fromms Thesen nicht völlig aus dem Zusammenhang. Ebenso könnte ich sagen, dass du die Komplexität der Arbeit Fromms unterschätzt.

Fromms Intention zu seinen Arbeiten lag in weiten Teilen darin, zu ergründen, worin die Ursachen für die Bildung totalitärer Staaten, für den Ausbruch der beiden Weltkriege, für die Ausbreitung von Gewalt, Verbrechen und Fremdenhass zu suchen sind. Auch Haben und Sein schwimmt in diesem Fährwasser.

Vielleicht schwimmt es dort, aber nicht nur.
Es mag zwar kein Börsenmakler darin vorkommen, aber anhand von sehr alltäglichen Dingen wird die unterschiedliche Lebensweise des Habens und des Sein erklärt, und zwar (glaube ich) um ihrer selbst willen. Ein ganzes Kapitel widmet sich dem "Haben und Sein in der alltäglichen Erfahrung", von lernen über lesen bis zum lieben. Da finde ich keinen Grund von einem "aus dem Zusammenhang reißen" zu sprechen, nur weil Fromms Hauptintention in vielen Werken eine andere war (was ich übrigens auch nicht selbst weiß, sondern dir da einfach mal vertraue).

Aber anstelle zu diesem Zweck einfach zum Telefon zu greifen und sich mit jemanden über seine existenziellen Problemchen zu unterhalten schreibt dieser nach vier Stunden Bedenkzeit einen Brief und bringt sich anschließend um?!?

Angenommen, er hat durch seinen Beruf einen Haufen Bekannte. Was für Bekannte wären das? Würde ich an seiner Stelle wirklich mit meinen bohrenden, tiefen Fragen über den Sinn des Lebens zu ihnen gehen? Würde ich meine berufliche Kompetenz aufs Spiel setzen, indem ich derartige Schwäche zeige und zugebe, dass ich das ganze "Börsenmaker-Sein" im Grunde für Schwachsinn halte? Würde ich wirklich dieses Risiko eingehen, mir wirklich diese Blöße (oder Blöse?) geben?!?

Zitat Underground
Er erkennt zwar seine Lage, sieht aber nach 30 Jahren Trimmung auf Erfolg nicht, dass es auch noch andere Möglichkeiten gibt.
Zitat Die philosophische Ratte
Ist er denn schon im Säuglingsalter "auf Erfolg getrimmt" worden?

Okay, okay. Wenn man es denn ganz genau nehmen möchte, dann eben "nach 20-25 Jahren Trimmung auf Erfolg". Wer kann denn genau sagen, wann diese Erziehung einsetzt. Ein "Tu dies nicht, sonst passiert dir das" hört ein Kind von Beginn an. Gut, das ist auch richtig so, schließlich braucht es Schutz, aber mit so keinen Dingen fängt es vielleicht an...

Dort könntest du nachlesen, dass Selbstmord in erster Linie mit sozialer Desintegration zu tun hat. Die Ursache dafür wiederum kann zB. in einer schweren Depression liegen oder in einer unheilbaren, nur schwer gesellschaftsfähigen Krankheit, zB. AIDS

Aber nicht nur die großen Katastrophen wie AIDS oder Kriege oder was auch immer geben mir das Recht, mich umzubringen.
Wenn du das schreibst, klingt das für mich so, als ob ich in einem Regelwerk nachschlagen könnte, ob meine momentane Situation einen Selbstmord rechtfertigt oder nicht.
Und das will ich nicht recht einsehen. Ich glaube, auch wenn ich keine Fachliteratur zu diesem Thema kenne, dass die Gründe für einen Selbstmord so komplex und verschieden sein können, wie jeder einzelne Mensch "verschieden" ist.

Laut der WHO etwa eine Million erfolgreiche Suizide weltweit
Genau, sag ich ja. Sollte diese Angabe sich auf ein Jahr beziehen, sind das täglich... moment... ca. 2739 erfolgreiche Suizide! Wenn man über jeden Suizid tatsächlich berichten würde, würden wir tatsächlich jeden Tag in den Zeitungen damit überschwämmt werden... was du weiter oben zu bezweifeln wagtest.

Aber du bist kein potenzieller Selbstmörder. Und ich nehme jetzt auch einfach einmal an, dass du dich bisher auch noch nie mit einem solchen unterhalten hast.
Eine Freundin meiner Mutter hat bereits mal einen Selbstmordversuch unternommen (sie lebt aber noch), die Gründe dafür sind mir allerdings nicht so recht bekannt. Ich denke, es war Überforderung vom Alltag, wenn ich mich recht erinnere. Aber, wie gesagt, auch wenn ich einen erfolgreichen Selbstmörder gekannt hätte, würde ich da kein Musterbeispiel draus machen, wo ich dann sagen kann "Siehst du, das war ein Grund... So und nicht anders verhalten sich Selbstmörder".
Aber ich gebe zu, dass ich mich mit diesem Thema nicht so ausführlich beschäftigt zu haben scheine wie du. Ich studiere ja auch nicht Philosophie, deshalb kann ich nur mit meinem kleinen, logischen Verstand argumentieren und finde, dass sozusagen "Vorurteile" gegenüber Selbstmördern unangebracht sind.

Briefe haben es so an sich, an ganz bestimmte Adressaten gerichtet zu sein. Sie sind nicht dazu gedacht, öffentlich ausgehängt zu werden wie ein Steckbrief oder so was. Dieser Brief jedoch ist an irgendein hypothetisches "Sie" gerichtet. Was geht dieses geheimnisvolle "Sie" den Autoren dieses Briefes an?

Wie gesagt, der Autor setzt sich nicht hin und schreibt auf, warum er sich umbringt. Er kommt erst selbst am Ende zu diesem Schluss. Zunächst hat er einmal das Ziel, seine innersten Gedanken zu veräußern, um objektiver an die Sache ranzugehen. Und da richtet er sich halt an irdengwen... wer auch immer es liest, da es ja jeden betrifft.

 

Aber nicht nur die großen Katastrophen wie AIDS oder Kriege oder was auch immer geben mir das Recht, mich umzubringen.
Es geht doch gar nicht um Recht oder Unrecht.

Es geht um Glück oder Unglück.

Du versuchst mit deiner Argumentation ein stets psychisch-pathologisches Problem einfach in ein rein rationales Problem umzuwandeln. Selbstmord aufgrund kühler Kalkulation. Selbstmord als heldenhafte Tat. Selbstmord aufgrund logischer Konsequenz. Das geht nunmal ganz gründlich an der Realität vorbei. Jeder Selbstmord ist grausam und geschieht aus (emotionaler) Verzweiflung.

Meiner Erfahrung nach machst du hier genau denselben Fehler wie viele andere Autoren diverser Selbstmordgeschichten hier (und das ist mit der Grund, dass ich gerade an deinem Beispiel so hängenbleibe). Du versuchst, mit deinem Beispiel den Tatbestand des Selbstmordes zu verklären, indem du zu suggerieren versuchst, dass ein solcher auch aus rein vernünftigen Erwägungen ausgeführt werden kann. Zugleich gibst du jedoch zu, persönlich von dieser Thematik gar keine Ahnung zu haben.

Als Ausweg aus den Folgen dieses Zugeständnisses — nämlich, dass du gar nicht weißt, worüber du hier eigentlich schreibst — relativierst du alle eingebrachten Einwände so weit es nötig ist. Und da niemand das Gegenteil deiner Behauptungen nachweisen kann fühlst du dich bestätigt.

Dann würde ich aber zB. gerne wissen, was diese Freundin deiner Mutter von deinem Text halten würde.

Ich studiere ja auch nicht Philosophie, deshalb kann ich nur mit meinem kleinen, logischen Verstand argumentieren und finde, dass sozusagen "Vorurteile" gegenüber Selbstmördern unangebracht sind.
Das hat nichts mit Philosophie-Studieren zu tun. Und ein Selbstmord ist nun mal kein Rechenbeispiel, für den man einen "logischen Verstand" bräuchte.

Und diese Vorurteile (was sollen die Anführungszeichen?) gegenüber Selbstmördern gibst du hier doch selbst vor! Die Aussage deines Beitrages oben ist doch ganz klar diese: Manche Selbstmörder verüben ihre Tat aufgrund rein rationaler Überlegungen. Infolgedessen tragen diese Art von Tätern die volle Verantwortung für ihre Handlung.


Mein Argument mit den Zeitungsberichten über verübte Suizide nehme ich im Übrigen wieder zurück. Da passen offenbar zwei Teile eines Puzzles einfach nicht zusammen. Dieses Thema scheint für die Medien nicht gerade zu den beliebtesten zu gehören.

 

Es geht doch gar nicht um Recht oder Unrecht.

Es geht um Glück oder Unglück.

Natürlich geht es beim Selbstmord generell um Glück oder Unglück.
Was ich allerdings meinte, war etwas anderes:
Als du folgendes schriebst:

Dort könntest du nachlesen, dass Selbstmord in erster Linie mit sozialer Desintegration zu tun hat. Die Ursache dafür wiederum kann zB. in einer schweren Depression liegen oder in einer unheilbaren, nur schwer gesellschaftsfähigen Krankheit, zB. AIDS.

klang das in meinen Ohren ein bisschen danach, dass es eine bestimmte Anzahl von Gründen gibt, die einen Selbstmord sozusagen rechtfertigen. Wobei ich allerdings beim ersten Lesen "schwere Depression" überlesen oder zu wenig beachtet habe... denn in dem weiten Feld der Depression sind ja doch eine ganze Reihe von Gründen beinhaltet.

Jedenfalls kam ich deswegen auf die "Rechts"-Schiene.

Du versuchst, mit deinem Beispiel den Tatbestand des Selbstmordes zu verklären, indem du zu suggerieren versuchst, dass ein solcher auch aus rein vernünftigen Erwägungen ausgeführt werden kann.

Kann er das wirklich nicht? Kann nicht am Ende eines logischen, vernünftigen Gedankengangs der Freitod stehen?
Ich will damit nicht sagen, dass regelmäßig Menschen vergnügt mit den Fingern schnipsen und sagen "Mensch, das ist es: Ich bring' mich um!".
Und ich will auch nicht die emotionale Verzweiflung in Frage stellen, unter der ein Selbstmordkandidat leidet. Was ich sagen will, ist, dass auch jemand, der emotional verzweifelt und depressiv ist, noch logisch denken kann.
Du scheinst mir nämlich unterstellen zu wollen, dass ich Selbstmördern jedliches Mitleid ab- / und jede Eigenverantwortung zuspreche.
Ich habe nie die Absicht gehabt, Selbstmord als ein "Selber schuld"-Ding abzutun!

Alles, was ich mit meinem Brief (dem Abschiedsbrief) beim Leser wecken wollte, ist die Frage nach dem Sinn... diese bohrende Frage, warum wir diese ganzen Dinge tun. Arbeiten, Putzen, leben überhaupt. Im Alltag bleibt oft zu wenig Zeit, sich über diese Dinge Gedanken zu machen... und daher habe ich, auch um meine eigenen Zweifel am Sinn des Lebens zu veräußern, diesen Brief verfasst. Mit einem radikalen Ende, zugegeben, und vielleicht auch einem, das an der Realität vorbei geht.
Aber ich sage noch einmal, dass der Selbstmord in dieser Geschichte nicht im Mittelpunkt steht und ich sage auch, dass er für einige (fachkundige) Leser unrealistisch erscheinen mag.
Als ich diesen Gedankengang selbst durchgegangen bin, dachte ich dies:
"Eigentlich ist doch wirklich alles sinnlos. Wozu sollte man überhaupt noch weiterleben...? Am Ende ist man doch tot. Warum sollte man sich die Qualen des Lebens noch weiter antun? Eigentlich könnte man sich sofort umbringen..."
Das war die logische Kosequenz meines Gedankengangs. Und so ist es auch die logische Konsequenz des fiktionalen Ichs der Geschichte.
Die Frage, ob er sich tatsächlich umbringt, bleibt im Übrigen offen.
Schließlich hätte die Geschichte auch so beginnen können.

Man fand den 30-Jährigen Mann tot auf dem Boden. Daneben dieser Brief:
...

Aber letztlich ist es wirklich nur ein Gedankenexperiment, das sich mit den Sinnfragen des Lebens beschäftigen will und dessen radikaler Ausgang vielleicht im richtigen Leben nicht so stattfindet, aber dessen logische Relevanz (ein folgerichtiges: "Eigentlich hieße das..." ) nicht unrealistisch ist.

 

Gut, jetzt verstehe ich dich besser.

Da ich mich mit diesen Themen, die du hier behandelst, selbst schon einige Male auf verschiedene Weise auseinandergesetzt habe, neige ich dazu, alles diesbezügliche unter einer Art Lupe zu betrachten. Da fallen mir Unstimmigkeiten natürlich eher als anderen ins Auge.

Für mich steht der zumindest geplante Selbstmord übrigens durchaus im Vordergrund des Briefes. Denn: Gedanken wie diejenigen deines Briefeschreibers über den Sinn des Lebens usf. hat, wie auch S.H. oben schon anmerkte, wohl so ziemlich jeder mal früher oder später. Das ist einfach nichts ungewöhnliches. Ich habe sie selbst schon häufig gehabt und du selbst, wie du schreibst, ebenfalls. Zweifel am Leben gehören wohl zum Leben selbst und jeder hat neben dem sog. Alltag auch hier und da mal einige ruhige Stunden um über diese Sache ein wenig nachzudenken.

Aber wer nimmt sich schon deshalb das Leben oder denkt auch nur ernsthaft darüber nach? Du selbst hast es ja auch nicht getan, obwohl du genau dieselben Gedanken auch schon hattest, nicht wahr? Ich kann mir diese Konsequenz eben beim besten Willen nicht vorstellen (was nicht heißen soll, dass es das nicht doch mal irgendwie und irgendwo geben könnte). Daher kommt mir das Ende des Briefes so vor, als ob du dem Ganzen einfach noch einen möglichst spektakulären Schluss, eine notwendige Pointe, eine Krönung oben aufsetzen wolltest, um damit letztendlich die Belanglosigkeit des Übrigen zu kaschieren (denn mit dem angekündigten Tod des Briefautoren wird das von ihm zuvor geschriebene natürlich zumindest vordergründig ganz erheblich bedeutend!).

Ohne die Sache mit dem Drahtseil könntest du diese ganze Unglaubwürdigkeitsdebatte vermeiden und auch der Eindruck, dass dein Prota offensichtlich psychisch sehr labil ist (siehe S.H. oben) käme nicht mehr so leicht auf (das wäre gut, denn es beißt sich mit dem Umstand, dass dieser voll im Leben zu stehen scheint und erfolgreich ist). Für mich lenkt diese Selbstmordkonsequenz des Prota nur vom philosophischen Inhalt ab, den du eigentlich in den Vordergrund stellen wolltest. Damit besteht die Gefahr, dass sich die Aufmerksamkeit so mancher Leser zu sehr dem psychologischen Aspekt des Ganzen zuwendet. Das jedoch war, wie du sagst, gar nicht deine Absicht (daher kommen die Emotionen des Prota auch kaum zur Sprache...).

Was bleibt ist nun mal ein nicht allzu tiefsinniges philosophisches Gedankenexperiment, vermischt mit etwas Haben-oder-Sein-Mentalität sowie ein eher unglaubwürdiger, wenn auch theoretisch sicherlich möglicher Ausgang. Das ist verhältnismäßig wenig.
Aber sei's drum, vielleicht wird deine nächste Geschichte ja schon vergleichsweise weitaus besser. :)

 
Zuletzt bearbeitet:

Auch auf die Gefahr hin, daß ich mich unbeliebter mache, als ich es hier eh schon bin:

Ich will niemanden persönlich angreifen, mir geht es nur um die Sache:
Aber ist es wirklich so schwer, nachvollziehen zu können, daß jemand aufgrund einer gewißen, von mir aus auch überholten Gerechtigkeitsvorstellung, die er nicht erfuellt sieht, verzweifelt? Daß er nicht damit leben kann, daß Gott oder sonstwas sein Leben und dessen Zweck vorgibt und authorisiert? Oder er auf andere Weise, eine Sinnlosigkeit des Lebens rationalisiert?
Dass Unglück aus einer empfundenen Ungerechtigkeit oder einer wenn auch nur vermeintlichen Sinnlosigkeit der Existenz heraus entstehen kann? Daß Gewißheitsberdarf real existiert und in eine Ablehnung von "an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" resultiert? Daß binäres Denken, 0 1, TRUE, FALSE tatsächlich auch ausserhalb der Informatik praktiziert wird?
Ich bin mir im klaren darüber, daß das ein Reizthema ist, und das viele, nicht zu Unrecht, der Aussage der "Sinnlosigkeit der Welt" überdrüssig sind.
Aber muß das heißen, daß es heute keinen Menschen mehr geben kann, der nicht damit zu Recht kommt, daß er weder weiß woher noch wohin, sondern nur, daß? Das als psychologisches oder soziologisches Problem abzutun, naja, da hadere ich damit!

Aus wissenschaftlicher Sicht ist es sinnvoll, Themengebiete immer weiter einzukreisen, ins Detail zu gehen, und ggfs aufzuspalten, z.B. aus der Philosophie die Psycholgie entsehen zu lassen, die sich auf gewisse Probleme beschränkt, dafür umso tiefer.

Aber: Muß das auch für die Literatur gelten ? Auch wenn die Kategorie "Philosophisches" heißt, letzten Endes geht es doch um Kurzgeschichten, die Kunst des Erzählens, das Verpacken von Weltanschauungen in Prosa, in der eine gar so wissenschaftliche Strenge m.E unangebracht ist.
Ich schätze deine Kompetenz und Bemühung um Objektivität sehr philo, ich finde du machst das sehr gut und wir haben hier alle was Wertvolles an dir, an dieser Stelle mal Applaus und Dankeschön! ;)
Aber glaubst du nicht, daß du mit einer Äußerung wie:
" Seit Durckheim ist der Selbstmord kein philosophisches, sondern ein soziologisches Phänomen." zu harsch bist und zu weit gehst? zumindest ausserhalb der Universität und der reinen Wissenschaften ?

Nur meine bescheidene Meinung.

Cheers

 

Das sehe ich ganz ähnlich.
Auch ich weiß es zu schätzen, dass du dich so ausführlich mit einem deiner Meinung nach belanglosen, nicht allzu tiefsinnigen Gedankenexperiment beschäftigst.
Was mich allerdings an deinem letzten Beitrag etwas stört, ist dies:

Daher kommt mir das Ende des Briefes so vor, als ob du dem Ganzen einfach noch einen möglichst spektakulären Schluss, eine notwendige Pointe, eine Krönung oben aufsetzen wolltest, um damit letztendlich die Belanglosigkeit des Übrigen zu kaschieren [...].

Nicht, dass du glaubst, ich hätte in alter "BILD"-Manier noch schnell einen skandalträchtigen Schluss gedichtet, stört mich, sondern, dass du den Rest für belanglos erklärst.
Auch wenn du und ich diese Gedanken öfter haben und das Leben und dessen Sinn in Zweifel ziehen, macht das diese Gedanken noch nicht belanglos.
Nur weil es keine neuen, revulutionären Gedanken sind, können sie trotzdem wichtig und Denkanstoß sein.
Auch wenn ich in einem Politikforum eine erneute Debatte über die Inkompetenz vom George W. Bush starten würde, wäre das zwar schon oft diskutiert und totgequatscht worden, aber trotzdem wichtig und nötig... ein etwas seltsamer Vergleich vielleicht, aber auf die Schnelle ist mir nichts besseres, politisch neutraleres eingefallen.

So, das wars für heute,
gruß,
Underground

 
Zuletzt bearbeitet:

@Heraklit

Aber ist es wirklich so schwer, nachvollziehen zu können, daß jemand aufgrund einer gewißen, von mir aus auch überholten Gerechtigkeitsvorstellung, die er nicht erfuellt sieht, verzweifelt? Daß er nicht damit leben kann, daß Gott oder sonstwas sein Leben und dessen Zweck vorgibt und authorisiert? Oder er auf andere Weise, eine Sinnlosigkeit des Lebens rationalisiert?
Hier weichst du in meinen Augen ein wenig vom Thema ab.

In Undergrounds Brieftext ist weder von Gott, von einem vorgegebenen Leben oder vorgegebenen Zweck, noch von einer Autorität die Rede. Das einzige Problem, dass der Briefautor zu haben scheint, ist, dass er eines schönen Tages tot sein wird. Das ist alles.

Wie sähe nun eine "Gerechtigkeitsvorstellung" aus, an der der Prot nicht verzweifelt? Unsterblichkeit? Weshalb wäre das Leben auch nur einen Deut sinnvoller, wäre der Mensch unsterblich?

Dass Unglück aus einer empfundenen Ungerechtigkeit oder einer wenn auch nur vermeintlichen Sinnlosigkeit der Existenz heraus entstehen kann? Daß Gewißheitsberdarf real existiert und in eine Ablehnung von "an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" resultiert? Daß binäres Denken, 0 1, TRUE, FALSE tatsächlich auch ausserhalb der Informatik praktiziert wird?
Die letzten zwei Sätze habe ich leider nicht verstanden...

Aber muß das heißen, daß es heute keinen Menschen mehr geben kann, der nicht damit zu Recht kommt, daß er weder weiß woher noch wohin, sondern nur, daß? Das als psychologisches oder soziologisches Problem abzutun, naja, da hadere ich damit!
Vergiss bitte nicht, dass es sich bei Undergrounds Prota nicht um einen ganz allgemeinen Menschen, sondern um einen ganz bestimmten Typ von Mensch handelt: denjenigen, der sein Dasein weitgehenst über Besitz definiert (also: "Ich bin, was ich habe").

Ich behaupte nun, dass diese bestimmte Existenzweise, die sich selbst über Besitz definiert, ein psychologisches und soziologisches Problem darstellt, kein philosophisches. Es geht nämlich nicht um das Leben an sich, das jeder von uns lebt, bezogen auf eine äußerst abstrakte Ebene. Sondern um diese eine besondere Art von Leben bzw. Lebensgestaltung. Und daraus, und nicht etwa aus dem Problem des Lebens überhaupt, resultiert der angekündigte Selbstmord.


@Underground: Mir ist gerade noch folgendes aufgefallen. Nehmen wir an, dein Prota ist ein sog. reiner "Haben-Mensch" und definiert sich daher über seinen Besitz, nicht in seinem Sein-An-Sich. Warum vererbt er sein Vermögen dann nicht? Damit würde sein Existenzverständnis auch nach seinem Tod noch weiter "leben". Nur die Verknüpfung von Besitz und Besitzendem wird neu definiert.

 
Zuletzt bearbeitet:

@ Die philosophische Ratte

Er vererbt sein Vermögen aus einem einfachen Grund nicht:
Am Ende seines Lebens ist er kein "Haben-Mensch" mehr.
Der "Prota" kommt am Ende seines Lebens dem fatalen Missgeschick seines Lebens auf die Schliche, er erkennt, dass er immer nur auf Erfolg und Besitz aus war. Und noch wesentlicher ist: er erkennt auch, dass ihm diese Lebensweise nicht das gebracht hat, was jeder Mensch im Lebens erreichen möchte: Glück und Zufriedenheit. (und by the way, er erkennt, dass so ein Leben ihm das auch in Zukunft nicht bringen wird). Daher bringt er sich ja um.
Würde er nicht aus den Fängen seines Lebensmodells aussteigen um sich (durch das Niederschreiben seiner innersten Zweifel und Gedanken) "objektiv(er)" sein Leben zu veranschaulichen, hätte er den Missstand in seinem Dasein womöglich nie erkannt.
Nun, da er ihn aber doch erkennt und sich nicht in der Lage sieht, etwas dagegen zu tun (schließlich kennt er nur diese Form des Daseins und weiß nicht, dass man auch anders leben und glücklich sein kann. Das ist vielleicht die plausibelste Erklärung für den Selbstmord), bringt er sich schließlich um.

Da wäre es doch der blanke Hohn, wenn er am Schluss noch eben sein Vermögen vererbt, um durch dieses irgendwie existent zu bleiben.
Er hat ja erkannt, dass eine solche Existenz keine Zufriedenheit entstehen lässt.

 
Zuletzt bearbeitet:

Die philosophische Ratte schrieb:
@HeraklitHier weichst du in meinen Augen ein wenig vom Thema ab.

In Undergrounds Brieftext ist weder von Gott, von einem vorgegebenen Leben oder vorgegebenen Zweck, noch von einer Autorität die Rede. Das einzige Problem, dass der Briefautor zu haben scheint, ist, dass er eines schönen Tages tot sein wird. Das ist alles.

Wie sähe nun eine "Gerechtigkeitsvorstellung" aus, an der der Prot nicht verzweifelt? Unsterblichkeit? Weshalb wäre das Leben auch nur einen Deut sinnvoller, wäre der Mensch unsterblich?


Da hast du Recht, ich habe da auf deine Äusserung, " Seit Durckheim ist der Selbstmord kein philosophisches, sondern ein soziologisches Phänomen", reagiert.
Ich bin kein Sinnstifter, ich kann nur nachvolziehen, daß das Leben im allgemeinen als Selbstweck manchen nicht ausreicht und daß dies im konkreten Fall zum psycholgischen und soziologischen Problem werden kann, die Wurzel dessen aber philosophisch ist. Es ist die klassische Sinnfrage, die niemand bisher allgemeingültig beantwortet hat und m.E. auch nie allgmeingültig beantwortbar sein wird.
Impertinente Frage, von mir aus, das ändert nichts daran, daß manche sie stellen und Probleme kriegen.

Und wenn der Mensch unsterblich wäre, dann hätte er zumindest jederzeit in gleichem Masse die Hoffnung, diese Frage irgendwann beantwortet zu bekommen. So wird er den Gedanken haben, ohne Antwort sterben zu müssen.
Ersteres macht es immernoch nicht sinnvoller. Es erhält nur die Hoffnung darauf. Letzteres mach es irgendwan sinnlos. Und zwar im Angesicht des Todes.

Die philosophische Ratte schrieb:
Die letzten zwei Sätze habe ich leider nicht verstanden...

Es geht schlicht darum, daß mangelnde Gewissheit über den Zweck der Existenz ein Existenzproblem werden kann. Aus eigener Erfahrung mit meinem Umfeld kann ich sagen, daß solche Leute sich eher Stueck fuer Stueck zu Grunde richten und dann eines vermeintlich natürlichen Todes sterben, ausschließen, daß sich deswegen jemand für den Freitod entscheidet, würde ich aber nicht.

Gruß

 

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