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Loch

Bas

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16.09.2018
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Loch

Die Arbeit war erledigt. Der Gaul stand im Stall und kaute sein Heu, Feige saß auf der Veranda und rauchte Pfeife, zu seinen Füßen lag schnurrend die Katze Minka. Kurz: Die Welt war in Ordnung. So glich ein Tag dem anderen, bis sich im Acker ein Loch auftat.
Feige ignorierte es. Beim Pflügen führte er den alten Gaul außen herum. Jetzt hatte er also ein kleines bisschen weniger Ackerfläche, wozu sich deshalb den Kopf zerbrechen? So, wie es gekommen war, würde es wohl auch wieder gehen.

Eines Tages, es war im Herbst, die Ernte war schon eingeholt, stand ein Fremder vor dem Loch und blickte hinein. Feige saß auf der Veranda.
»Du hast da ein Loch«, rief der Fremde. Feige erhob sich und schlurfte mit der Hand in der Hosentasche auf ihn zu. In der anderen hielt er seine Pfeife.
»Ach ja?«, fragte er da, und der Fremde blickte ihn an.
»Kann man das übersehen?«
»Viel zu tun«, entgegnete Feige und spuckte aus. In der trockenen Erde bildete sich ein Krater. Ringsum stieg feiner Dunst auf.
»Jedenfalls«, sagte da der andere, »will ich’s dir abkaufen. Wo du’s ja eh nicht brauchst.«
Feige kniff die Augen zusammen. Vielleicht, weil der Wind ihm den Rauch in die Augen wehte, vielleicht, weil die tiefstehende, rotglühende Abendsonne ihn blendete. Vielleicht aber auch, weil er das immer tat, wenn einer einen Scherz machte, den er nicht verstand.
»So«, sagte Feige bloß.
»Also?«
»Bring meiner Minka einen Fisch und dem Gaul eine Möhre und dann mach, was du willst«, sagte Feige, spuckte noch mal aus und ging über die Veranda in seine Hütte.

Am nächsten Morgen regnete es. Eine Krähe saß mit nassglänzendem Gefieder auf dem Geländer der Veranda und schrie gegen die Wolken an. Soll sie nur, dachte Feige, ich bleib heute drinnen.
Gerade, als das Teewasser kochte, klopfte es an der Tür. Feige nahm den Kessel vom Herd und übergoss in kreisenden Bewegungen die Teeblätter. Das Kräuteraroma breitete sich langsam in dem kleinen Raum aus. Erst dann machte er auf.
»Fisch und Möhre. Wie abgemacht.«
Feige kniff die Augen zusammen.
»Ikschwan heiß ich übrigens. Jetzt sind wir also Nachbarn.« Und Ikschwan machte kehrt und stieg über den durchweichten Acker auf das Loch zu, wo er sich am Rand auf seinen Hosenboden fallen ließ und dann in der Erde verschwand.
»Heiß doch, wie du willst«, murmelte Feige und schloss mit Fisch, Möhre und noch immer zusammengekniffenen Augen die Tür.

Jetzt hatte er also einen Nachbarn. Ikschwan hieß der und wohnte in einem Loch auf seinem Acker. Na, wenn’s weiter nix ist, dachte Feige und warf der Katze den Fisch hin.
Von Katzen verstand er was: Nicht gegen den Strich streicheln. Finger weg vom Bauch. Mit den Menschen war das anders.
Als seine Frau damals sagte: Mit dir lässt sich nicht reden, da antwortete er bloß: Hm, und das war dann auch nicht das Richtige. Das war dann der Grund für tagelanges Schweigen, und für ihn war das Schweigen in Ordnung, aber für seine Frau nicht.
Seitdem gab es nur noch den Gaul und Minka und manchmal vielleicht noch den Kuno vom Dorf, der auf seiner Kutsche vorbeifuhr und zum Gruß den Arm hob. Und jetzt hatte er also einen Nachbarn, der Ikschwan hieß.
Was der wohl machte, da draußen, dachte Feige, nachdem ein paar Stunden verstrichen waren. Es regnete ja, und er saß da in seinem Loch. Zumindest hatte Feige nicht gesehen, dass er wieder rausgestiegen wäre. Vielleicht sollte er mal nachschauen.

Mit der Kapuze auf dem Schädel stapfte er über den Acker. Die Stiefel blieben im Matsch stecken. Aus dem Loch stieg Rauch auf.
»Ah, Nachbar!«
Feige beugte sich über den Rand und sah den Fremden und vor allem sah er seinen Gaul. Glaubte zumindest, seinen Gaul zu sehen. Aufgespießt, sich im Kreis drehend, über dem Feuer brutzelnd. Vorsichtshalber kniff er die Augen zusammen.
»Was für ein Wetter, nicht wahr? Da dachte ich, dass ich uns was Warmes zu futtern mach.«
»Ist das mein Gaul?«
»Ja, die Ernte ist ja schon eingeholt, und da dachte ich, dass du ihn eh nicht mehr brauchst.«
Ja, da hatte er wohl recht. Jetzt hatte er also ein Maul weniger zu stopfen. Über den Winter hätte der Klepper ja auch satt werden müssen, das Heu konnte er jetzt stattdessen im Dorf verkaufen, Kuno würde ihm einen guten Preis dafür zahlen, und im Frühling könnte er sich dann einen neuen Gaul kaufen, einen besseren. Und doch war es eigenartig. Es war ja nicht bloß ein Gaul, sondern der Holger, der sich da jetzt drehte, derselbe Holger, der gestern noch im Stall gestanden und Heu gefressen und mit seinem Schwanz die Fliegen weggeschlagen hatte. Der Holger mit seinem eigenen Kopf, dem man fünf Mal zurufen konnte: Rechts lang!, und der dann doch nach links abbog und noch mit dem Ohr zuckte, als wäre ihm das Gerufe lästig.

Am nächsten Morgen stand Feige vor Kunos Hütte und klopfte an. Statt Kuno machte seine Frau auf.
»Ist der Kuno nicht da?«
»Nein, der ist nicht da. Er ist jetzt beim Ikschwan.«
»Beim Ikschwan, sagst du?«
»Ja. Was kümmert’s dich?«
Ja, was kümmerte es ihn? Und als Feige nichts sagte, schloss sie die Tür.

So ging Feige also zurück und dachte unterwegs über das Leben nach. Worüber genau? Das wusste er selbst nicht. Das Leben war ihm ja weitestgehend fremd, früher, als junger Mann, hatte er noch häufiger darüber nachgedacht, manchmal so sehr, dass ihm danach fast der Kopf gequalmt hatte: Warum er hier war, wozu er geboren worden war – wohl zum Ackerpflügen, hatte ihm sein Vater da geantwortet und gelacht. Die Männer pflügen die Äcker und die Frauen kriegen die Kinder, Punkt. Und was ihm anfangs noch wie ein Scherz vorgekommen war, wurde dann Wirklichkeit: Lina bekam das Mädchen und er pflügte weiter den Acker. Mehr war da nicht. Manchmal, selten, noch ein Kuss, vielleicht ein kurzes Gespräch darüber, wie der Tag gewesen war: Die Kleine hatte vielleicht ein neues Wort gelernt, konnte jetzt »Katze« sagen, aber da hörte Feige schon kaum noch zu, schlummerte schon halb, weil der Tag ihn matt gemacht hatte.

Jetzt war die Kleine also weg und Kuno war bei Ikschwan. Und als Feige am Loch vorbeiging, hörte er den Kuno deutlich »Katze« sagen. Da beugte er sich über den Rand und sah, aufgespießt und sich im Kreis drehend, seine Minka über der Flamme brutzeln.
»Ah, Nachbar!«, sagte Ikschwan da und auch Kuno hob zum Gruß den Arm, es roch nach Kräutern und nach Pfeifentabak, aber Feige winkte bloß ab, ging über die Veranda in seine Hütte und lag mit dem Geruch von Fisch in der Nase die halbe Nacht wach.

So vergingen die Tage. Draußen, im Loch, war jetzt immer was los, es wurde gesungen und getanzt und Feige saß zuhause und dachte nach. Dachte an Lina. »Kleine Zecke«, hatte sie immer gesagt, »saugst mir das Leben aus mit deiner zahnlosen Gosch«, und dabei hatte sie gelacht und die Kleine auf ihrem Schoß geschaukelt, sie in den Graben fallen und von den Raben fressen lassen, und Feige war froh, sie bei sich zu haben.
Nur wenn sie aus dem Dorf kam, mochte er sie nicht. Dann kam sie durch das Gatter auf ihn zugelaufen, vielleicht mit einer Kanne Milch unterm Arm und der Kleinen auf dem Rücken, und dann ging sie neben ihm und Holger her und erzählte. Erzählte mit leuchtenden Augen. Erzählte vom Laden und von den Kleidern der Leute, erzählte von Fremden und ihren Problemen, ihren Sorgen, ihren Wünschen, und dabei schnappte sie kaum Atem, sie erzählte und erzählte: Von Stoffen und Gläsern, von Strümpfen und Frisuren, sie wollte ihn anstecken mit ihrer Freude, aber Feige war beschäftigt.
Und wenn er abends in die Hütte trat, müde, abgekämpft, dann empfing sie ihn schon. Sperrte schon den Mund auf, um wieder anzufangen, doch da sagte Feige gleich »Hm« und sah weg. Wich dem Leuchten aus. Bis es dunkel wurde. Bis sie wieder die Kleine auf den Schoß nahm, bis sie wieder in den Sumpf fiel und Plumps machte. Und an alledem war Ikschwan schuld.

Der Gedanke kam ihm in der Nacht. Wolkenverhangen, windig war der Gedanke, aber er war da und ließ sich nicht mehr vertreiben: Ikschwan war schuld. Seit Ikschwan da war, waren auch die Gedanken wieder da, vorher hatte es nur die Arbeit gegeben, die Pfeife und den Tee, Minka und den Gaul und sonst nichts. Und jetzt war Lina wieder da. Jetzt war die Kleine wieder da, jetzt wurde wieder geschaukelt und gelacht und so ging Feige zum Schuppen, um den Spaten zu holen.

Die Erde war noch nicht gefroren. Die letzten Tage hatte es sogar wieder geregnet, die Erde war jetzt matschig und schwer, aber Feige hatte Kraft. Ein bisschen ins Schwitzen kam er wohl. Ein bisschen dampften wohl auch seine Unterarme, wenn der Mond zwischen den Wolken hervorbrach und die hervortretenden Sehnen weiß aufleuchteten, aber das war es wert, jetzt war Schluss, aus, Ende, das Loch wurde zugeschüttet und Ikschwan war Geschichte, Punkt.
Dann ging er ins Bett. Fiel in einen traumlosen Schlaf. Konnte endlich wieder ohne Gedanken sein.

Bis zum Morgen. Bis er aufwachte, aufgespießt, sich im Kreis drehend, und über dem Feuer brutzelte. Und neben ihm stand Ikschwan, tanzte viel mehr, immer schneller, immer wilder, Ikschwan drehte Schrauben, machte Überschläge und spuckte Feuer und hinter den Flammen sah er Lina tanzen und die Kleine, die immer wieder «Katze« rief und so den Takt vorgab.
Und hier blieb er jetzt. Hier verbrachte er jetzt seine Tage und Nächte, machte sich seine Gedanken und kam doch nicht dahinter.

 

Hallo Bas,

sehr kauzig, gedehnt spannend und flüssig zu lesen. Sogar ein Genuss. Als ließe sich die Zeit Zeit und habe es nicht eilig, eine Erklärung zu finden. Gut war, dass die Erklärung am Ende noch kam und mich ratlos zurück ließ. Muss ich etwas verstehen? Nein, kein Bedürfnis. Mir war allein das Lesen ein Genuss. Manchmal reicht es einfach, eine Geschichte um ein Loch zu drapieren um die Mundwinkel des Lesers schmunzeln zu lassen. Passend zum Regen draußen und den Krähen auf dem Geländer der Veranda.
dass ich uns was Warmes zu Futtern mach.« ... nach zu wird immer klein geschrieben ... also futtern ... hab ich mal wo gelesen ...
Grüße und meinen Daumen hoch
Detlev

 

Und jetzt hatte er also einen Nachbarn, der Ikschwan hieß.

Ihm oder eher mir schwant, ein jeder (ob singulär oder pluralistig) könnte „Ikschwan“ sein, incl. - oder glaubt jemand, ich machte da eine Ausnahme? - mir (also ich im Pott allemal nördlich der ik-ich-Linie – aber wer will schon „Feige“ heißen?, wiewohl einiges in der Bedeutung des Wortes mitschwingt – neben dem Feigenbaum und dem Feigling – letzteres, das sich mir auftut, als das Loch sich auftut … Und dann fällt mir Truthennes ein … Wie mutig sind gemeinhin Truthühner?

Eine Anmerkung,

Bas,

zu diesem feinen Text, den ich eher politisch verschlüsselt sehe und doch lieber poetisch läse und zwar hier

Vielleicht, weil der Wind ihm den Pfeifenrauch in die Augen geweht hatte, …

ist der erste Teil entbehrlich, wird doch zuvor das Instrument genannt, das da pfeift

»Du hast da ein Loch«, rief der Fremde. Feige erhob sich und schlurfte mit der Hand in der Hosentasche auf ihn zu. In der anderen Hand hielt er seine Pfeife.

Hier nun
Jetzt hatte er also einen Nachbarn. Ikschwan hieß der und wohnte in einem Loch auf seinem Acker. Na, wenn’s weiter nix ist, dachte sich Feige und warf der Katze den Fisch hin.

ist das Refelxivpronomen entbehrlich –
oder denkt da sonst noch wer?

Feige beugte sich über den Rand und sah den Fremden und vor allem sah er seinen Gaul. Glaubte zumindestKOMMA seinen Gaul zu sehen.

So, jetzt aber raus, frische Luft schnappen, solang's sie noch gibt ...

Bis Bald

Friedel

 

Lieber Bas, schön, dass du uns endlich mal wieder eine Geschichte geschenkt hast. Und dann noch so eine schöne, merkwürdige Dame ihrer Gattung. Ich bin fasziniert von der Art deines Schreibens, das merke ich immer wieder mal.
Ich merke, wenn ich solche Geschichten wie deine lese, die ja aus jedem zeitlichen und regionalen Kontext herausgelöst ist, dass man ihren Inhalt (das Wort Botschaft ist vielleicht zu weit hergeholt, weil die Botschaft, wenn da eine wäre, ja recht implizit daherkommt) sehr leicht auf politische Literatur ähnlich einer Parabel übertragen kann. Ich musste bei deiner Kurzgeschichte unweigerlich an Casa tomada von Julio Cortazar denken, die oft als Allegorie auf die argentinische Militärdiktatur gesehen wird.

Ich muss gestehen, ich bin fasziniert, wie du es schaffst, eine eher plaudernde leicht skurrile Situation immer mehr so zu verschärfen, dass einem zum Schluss der Lesebissen fast im Halse stecken bleibt. Da siehst du mal, wie unterschiedlich Leser Geschichten wahrnehmen. Die anderen Kommentare betonen ja mehr das Kauzige, Seltsame bis hin zum Unterhaltsamen deiner Geschichte, und das stimmt ja auch alles, nur mir geht es halt so, dass ich es gleichzeitig bei aller Unterhaltung auch irgendwie schrecklich finde, wie du diese Bedrohung durch Ikschwan so leise und heimlich und fast lustig wirkend einführst, bei dem Pferd wird einem schon banger und die arme Minka gibt einem dann den Rest. Fast jedenfalls. Zu krass ist die Vorstellung von diesem genügsamen Mann, der alles über sich ergehen lässt, der sich alles, was ihm wichtig ist, nehmen lässt, es fressen lässt vom Eindringling Ikschwan, stumm alles mitmacht und erträgt und sich so zurechtlegt, als hätte er es selbst so gewählt, ohne jeden Widerstand, ohne jede Gegenwehr alles mitmacht und erduldet und dann sozusagen als Höhepunkt sich selbst am Spieß braten sieht bis in alle Ewigkeit. Das ist heftig, und gleichzeitig eben auch mit einer so freundlichen, wunderlich anmutenden Erzählstimme geschrieben, dass man kaum merkt, welche krassen Ereignisse sich da eigentlich abspielen. Also Hut ab vor dieser mehr als sehr guten, bis auf Kleinigkeiten fast druckreif geschriebenen Geschichte.

Kopfkratzen musste ich allerdings auch. Jedenfalls an wenigen Stellen. Ich beschreib dir einfach meine Gedanken, ich bin nämlich ein wenig konfus, weil ich nicht mehr sehr oft Kommentare schreibe und es mir manchmal schwer fällt, mich auf die Schnelle so exakt auszudrücken, dass es wirklich verständlich ist. Vor allem aber bin ich mir selbst meiner Wahrnehmungen nicht ganz sicher und dann ist es immer noch mal schwerer, es dem anderen zu beschreiben. Wahrscheinlich hab ich selbst nicht verstanden, was mich da jetzt umtreibt.

Für heute war die Arbeit erledigt. Der Gaul stand im Stall und kaute sein Heu, Feige selbst saß auf der Veranda und (dann natürlich Komma nach Veranda) rauchte Pfeife und zu seinen Füßen lag schnurrend die Katze Minka. Kurz: Die Welt war in Ordnung. So glich ein Tag dem anderen, bis sich im Acker ein Loch auftat.
Mal von den "unds" ab gesehen, von denen du eines streichen könntest, hab ich Probleme mit diesem Beginn. Das springt mir zu sehr in der zeitlichen Bestimmung. Bis zu "Kurz: ..." suggerierst du einen bestimmten Tag. Das liegt an den "heute" des ersten Satzes. Dazu passt dann aber der Nachfolgesatz "So glich ein Tag dem anderen" nicht. Und der Nebensatz " ..., bis sich im Acker ein Loch auftat" springt dann wieder zu einem bestimmten Tag zurück, ist aber sozusagen nicht der, mit dem du begonnen hast, denn er fällt ja aus dem normalen Ablauf heraus. Ich hoffe, du verstehst überhaupt, was ich hier rumstochere. Normalerweise (verzeih jetzt meinen Illustrationsversuch) müsste das doch so heißen:
Die Arbeit war erledigt. Der Gaul stand im Stall und kaute sein Heu, Feige selbst saß auf der Veranda und rauchte Pfeife, zu seinen Füßen lag schnurrend die Katze Minka. Die Welt war in Ordnung. Wie jeden Tag. Bis sich im Acker ein Loch auftat.
Gleichzeitig weiß ich ja, dass du sehr mit Bedacht schreibst, also nicht ohne Grund das "heute" im ersten Satz eingesetzt hast. Der Vorteil erschließt sich mir aber nicht.

Feige ignorierte es.
Der Name des Mannes war mir schon bei der ersten Nennung aufgefallen. Hier hat er mich vollends aus dem Konzept gebracht. Erinnert mich einfach total an: Feige ignorierte er es. Ich weiß natürlich nicht, ob du den Nachnamen mit Bedacht gewählt hast, oder ob es ein Zufall ist. Natürlich passt der Name des Mannes zu dem, wie er sich verhält, aber man könnte auch argumentieren, man wird durch die Namensnennung sofort mit der Nase draufgestoßen, dass hier Nomen gleich Omen ist. Ich weiß es wirklich nicht, den anderen ist das ja nicht aufgefallen und vielleicht ist die Namensgebung ja gerade gut. Du siehst, ich bin sehr unentschlossen, weiß wirklich nicht, ob ich die Namensnennung großartig oder vorschnell finden soll.
Ansonsten gibts für mich außer möglicherweise ein paar Stellen, wo man eine Kleinigkeit streichen könnte, nichts mehr, was ich überhaupt anmerken könnte. Außer mich zu freuen, wie wunderbar du das alles gestaltest und wie du es schaffst, bei allem Wunderlichen Vorandeutungen einzubauen, das Unangenehme, Schreckliche immer unentrinnbarer zu machen.

»Ach ja?«, fragte er da, und der Fremde nickte.
»Wie kannst du das denn übersehen?«
»Viel zu tun«, entgegnete Feige und spuckte aus. In der trockenen Erde bildete sich ein Krater. Ringsum stieg feiner Dunst auf.
Er selbst ist es, der die Löcher, die Angriffsfläche, die Aufweichung "verursacht" hat.

»Bring meiner Minka einen Fisch und dem Gaul eine Möhre und dann mach, was du willst«, sagte Feige, spuckte noch mal aus und ging über die Veranda in seine Hütte.
Sehr lapidar und genauso gut gezeichnet.

Feige kniff die Augen zusammen. Vielleicht, weil der Wind ihm den Pfeifenrauch in die Augen geweht hatte, vielleicht, weil die tief stehende, rotglühende Abendsonne ihn blendete. Vielleicht aber auch, weil er das immer tat, wenn einer einen Scherz machte, den er nicht verstand.
»So«, sagte Feige bloß.
Die zusammengekniffenen Augen sind eine super Idee, er hat ja schon ein Gespür davon, dass was nicht stimmt, der Feige, er verschließt eben nur die Augen davor. Sehr symbolisch, wie du das eingesetzt hast.
»Ikschwan heiß ich übrigens. Jetzt sind wir also Nachbarn.« Und Ikschwan machte kehrt und stieg über den durchgeweichten Acker auf das Loch zu, wo er sich am Rand auf seinen Hosenboden fallen ließ und dann unter der Erde verschwand.
Toll. Das ist so selbstverständlich alles.

»Heiß doch, wie du willst«, murmelte Feige und schloss mit Fisch, Möhre und noch immer zusammengekniffenen Augen langsam die Tür.
Da sind sie wieder, die zusammengekniffenen Augen. Ein Wahrnehmen der zunehmen Bedrohung, mit der man zurechtkommen will.

Ich bin begeistert.
Viele Grüße von Novak

 

Hallo @Detlev,

Als ließe sich die Zeit Zeit und habe es nicht eilig, eine Erklärung zu finden.

Das ist mein Lieblingssatz des Tages, der Woche oder noch länger - toll, dass du so empfindest.

Gut war, dass die Erklärung am Ende noch kam und mich ratlos zurück ließ. Muss ich etwas verstehen? Nein, kein Bedürfnis.

Und auch hier freuts mich, dass du das der Geschichte so "gestattest", bin mir fast sicher, dass nicht jeder so empfindet.

dass ich uns was Warmes zu Futtern mach.« ... nach zu wird immer klein geschrieben ... also futtern ... hab ich mal wo gelesen ...

Ja, klar, hab ich übernommen, danke für den Hinweis. Und danke für deinen gesamten Kommentar!

Hey @Rob F,

ich weiß gar nicht genau, warum, hätte aber nicht direkt darauf gewettet dass du der Geschichte viel abgewinnen kannst. Vermutlich wegen des "Sinns der Handlung", wie dus genannt hast, das kenne ich aus deinen Geschichten anders, na und da dachte ich wohl ... Umso cooler, dass du sie offenbar gerne gelesen hast. :)

Also vielleicht ist die Moral der Geschichte, dass immer wieder irgendwo ein Loch entsteht und einem immer mehr genommen wird, wenn man nicht aufpasst und aktiv wird? Und am Ende ist man selbst am Spieß und wundert sich immer noch, wie das alles nun geschehen konnte.

Moral der Geschichte ... Hm, weiß nicht so recht, ob mir das gefällt, dass die Geschichte den Eindruck erweckt, eine Moral transportieren zu wollen. Werde ich noch ne Runde drüber nachdenken. Genau wie über den Begriff "Poltik", der bei @Friedrichard und @Novak gefallen ist. Aber ja, klar, da ist schon was parabelhaftes, und im Endeffekt passiert ja genau das, was du da sagst - das Nichtstun wird Feige zum Verhängnis. Klingt auf jeden Fall belehrend, wenn man es so isoliert da stehen sieht.

Auf deine Verbesserungsvorschläge gehe ich jetzt mal nicht im Einzelnen ein, ich habe aber den allergrößten Teil davon übernommen und danke dir fürs aufmerksame Lesen und fürs Vorbeischauen und Kommentieren!

Bas

 

Als seine Frau sagte: Du bist ein komischer Kauz, da antwortete er bloß: Hm, und das war dann auch nicht das Richtige. Das war dann der Grund für tagelanges Schweigen, und für ihn war das Schweigen in Ordnung, aber für seine Frau nicht.

Hallo Bas,

ich denke, du findest immer mehr zu deiner eigenen Sprache. Das liest sich für mich wie ein absurdes Märchen, unserer erfahrbaren Wirklichkeit ähnlich, aber eben nicht gleich, es könnte auch eine Traumwelt sein, ein wenig wie magischer Realismus. Dadurch erledigen sich viele Dinge von alleine, weil der Leser automatisch eine andere suspension of disbelief hat. In einer realistischen Geschichte will ich Antworten haben, da reicht ein: Du bist ein komischer Kauz einfach nicht aus, da würde ich es bemängeln und sagen, der Autor nimmt den kurzen Weg, eine Abkürzung, er behauptet nur etwas, der Text muss mir das beweisen, ein Charakter muss plastisch werden, tiefer. Hier, in einem solch surreal anmutenden Text, kaufe ich das. Mir ist das beim Schreiben von meinem letzten Text so gegangen, der ähnlich angelegt ist, da vermischt sich auch Wahres mit Mystischem, es ist eine Art Münchhausen-Welt, da fällt es mir auch als Autor einfacher, die Dinge so stehenzulassen, der Leser kauft es dann oder eben nicht, aber er muss den Text als solches nehmen, wie er eben ist, als eine Fiktion. Als Leser frage ich nicht nach, da bleibt das alles eine Grauzone, weil ich mich auf diese Welt eben einfach eingelassen habe, ich kaufe das mit. Quinn sagte mal, wenn man erst einmal eine in sich kohärente und glaubwürdige Erzählinstanz etabliert hat, glaubt man der fast alles. Für mich ist das ein schmaler Grat, denn diese Bestaunen am Text kann auch schnell umkippen ins zu Absurde, ins Alberne, ins Unglaubwürdige. Ein Leser darf in einer solchen Konstellation einfach nie zweifeln.

Du hast das hier sehr gut hinbekommen, wie ich finde. Ich folge dem Erzähler bis zum Ende, was ich sehr gut finde. In meiner Welt ist Ikschwan der Teufel, der Beelzebub. Das ist konsequent. Man sagt ja auch, dass man den Teufel immer über die eigene Türschwelle einlädt.

Und was ihm anfangs noch wie ein Scherz erschienen war, wurde dann Wirklichkeit: Lina bekam das Mädchen und er pflügte weiter den Acker.

Mir fehlt allerdings noch etwas. Die Charaktere im Text sind fast alles Figuren, die du über ein narratives Schachbrett schiebst: die Frau, das Kind, der Nachbar, Ikschwan. Die stehen alle in dieser dem Text eigenen Ordnung, und so bleiben die recht nebulös, die haben kaum Kanten, außer dass die Frau gerne in die Stadt geht und darüber redet. Das spielt auch nicht so die Rolle. Der Charakter des Feiges, der am Wichtigsten ist, der dagegen bleibt für mich ein wenig ein Schatten. Er ist wortkarg, aber er hat so viel Weitblick, dass er seine stumpfe Lebensrealität irgendwann einmal für einen Scherz gehalten hat, wie du oben schreibst.
Seit Ikschwan da war, waren auch die Gedanken wieder da, vorher hatte es nur die Arbeit gegeben, die Pfeife und den Tee, Minka und den Gaul und sonst nichts.
Welche Gedanken sind das genau? Einerseits sagst du, Ikschwan hat die Gedanken erst wieder gebracht, aber vorher waren diese oder der Gedanke windig, und dann; welche Gedanken waren das dann vorher? Da ist der Text in meinen Augen etwas unentschieden. Entweder Feige vertreibt die Gedanken (über das Leben an sich wahrscheinlich) durch harte Arbeit, dann ist es ein selbst erwähltes Schicksal, er hat die Wahl, oder aber er sieht nie über den Tellerrand und wird dadurch, durch seine Kurzsichtigkeit, von Ikschwan überrumpelt, der raffinierter und listiger vorgeht. Ihm wird etwas genommen, dessen Tragweite er nicht erfassen kann. Dann lässt du einen einfältigen, aber im Grunde unschuldigen Mann über die Klinge springen, der durch seine eigene Selbstgerechtigkeit blind geworden ist. Er kennt nichts anderes und will auch nichts anderes, und kann sich neben seiner eigenen Welt auch keine andere vorstellen.

Dachte an Lina. Wie sie das Kinderkriegen müde gemacht hatte.
Denkt er so an Lina? Sieht er so etwas überhaupt? Denkt er in so einem empathischen Maße? Weil er ja auch ein wenig Angst um sie hat; sie kommt aus der Stadt, und da in der Stadt scheint etwas zu sein, was sie begeistert, ihn aber kaltlässt oder ihn bestenfalls nur verständnislos zurücklässt. Auch mit seiner Tochter kann er nicht viel anfangen, aber er denkt über den Tag nach, wo seine eigene Tochter ihn komischen Kauz nennt. Und wenn alle Männer im Tal die gleiche Wirklichkeit haben, sind es dann noch komische Käuze? Sind nicht alle erschöpft von der Arbeit? Was macht Feige dann genau zu einem komischen Kauz? Worauf ich hinauswill; jemand, der so denkt, der in der Lage ist, solche Reflektionen anzustellen, der sieht einen Eindringling wie Ikschwan doch sicher etwas anders. Wenn dein Land alles ist, dann duldest du auch keinen, der ein Loch besetzt. Außer - und hier entsteht auch die Nähe zum Märchen - der Charakter wird blind durch eine Schwäche, wie Gier oder Neid. Das dient dann als Exempel. Feige nimmt immer mehr Geld von Ikschwan, merkt aber nicht, oder es ist ihm egal, wie sein vorher so festgefahrenes, sicher geglaubtes Leben immer mehr aus den Fugen gerät. Hier, in dem Text, ist das nie so sicher. Die Idylle ist von vorneherein nicht perfekt - er hat nur seine Arbeit und sich damit abgefunden, obwohl er darüber in seiner Jugend sehr gegrübelt hat, das Leben ist ihm fremd (warum genau eigentlich?), er hat kaum eine emotionale Beziehung zu seinem eigenen Kind, seine Frau nennt ihn einen komischen Kauz. Da ist der Spieß von Ikschwan fast schon eine Erlösung!, möchte man denken. Weil, warum passiert, was passiert? Weil Feige denkt? Sich in seinen Gedanken verliert? Oder etwas nicht beachtet? Er lässt sein Land sich nehmen, seine Frau verlässt ihn, sein Gaul, seine Katze werden gegrillt, Ikschwan breitet sich wie ein Geschwür aus - aber was hält ihn denn in seinen Bahnen? Warum agiert Feige so, wie er es tut. Und als Negativ davon; was will Ikschwan? Für was steht er? Für die haltlosen Eindringlinge, Invasoren? Weil einen Spiegel hält er ihm nicht vor, dem Feige, weil der ja im Text seltsam eigenschaftslos bleibt (außer, du hast das so gewollt.)

Sind so meine Gedanken.

Gruss, Jimmy

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber @Bas ,

hab mich sehr gefreut, mal wieder was von dir zu lesen. Ich bin sehr gut durch den Text gekommen. Er liest sich und macht Spaß. Ich hab zwar geglaubt, er würde eine ganz andere Richtung nehmen, aber das kann ich dir ja einfach nochmal hier im Kommentar darstellen. Abgefahrenes, cooles Teil auf jeden Fall :)

»will ich es dir abkaufen. Wo du’s ja eh nicht brauchst.«

Ich finde, Feige könnte hier, obwohl er das (blauäugig) gestattet, misstrauisch sein bzw. was dahinter vermuten und dann trotzdem so handeln, wie er das tut. Nur damit man als Leser nicht das Gefühl hat, der schneidet gar nichts mit. Also so was wie: Feige überlegte. Wahrscheinlich war das ein Handel, den er hinterher bereuen würde. Es war selten, dass jemand Fremdes vorbeikam, um einem anderen ein Loch abzukaufen. Wofür brauchte der das Loch überhaupt?

Und dann weiter mit

Feige kniff die Augen zusammen. Vielleicht, weil der Wind ihm den Rauch in die Augen wehte, vielleicht, weil die tiefstehende, rotglühende Abendsonne ihn blendete. Vielleicht aber auch, weil er das immer tat, wenn einer einen Scherz machte, den er nicht verstand.
»So«, sagte Feige bloß.
»Also?«
»Bring meiner Minka einen Fisch und dem Gaul eine Möhre und dann mach, was du willst«, sagte Feige, spuckte noch mal aus und ging über die Veranda in seine Hütte.

So eine Idee. Und wahrscheinlich habe ich den Sound auch nicht getroffen, aber so ähnlich hätt ichs gemacht.

Teeblätter. Das Kräuteraroma

Wenn ich ein Korinthenkacker wäre (und das ist der Fall), würde ich dich drauf hinweisen, dass Tee eine Pflanzenart ist und Kräuter fälschlicherweise als Tee bezeichnet werden (was du sicher eh weißt und einfach ignoriert hast). Wahrscheinlich nur eine Definitionsfrage im engeren Sinn und eine Alternative ist mir noch nicht wirklich eingefallen, weil ich es gleichzeitig mit allen Sinnen gelesen habe und daher sehr schön (emp-)fand.

Von Katzen verstand er was: Nicht gegen den Strich streicheln. Nicht am Schwanz ziehen. Ganz einfach. Mit den Menschen war das anders. Danke musste man sagen, aber nicht zu oft, und auch nur, wenn es gerade passte. Und wenn man etwas haben wollte, sagte man bitte, ganz egal, ob man es auch so meinte.

Ab hier überschlug sich der Text für mein Empfinden immer mal wieder ein bisschen (mehr). Was sich zuvor sehr geschickt und langsam aufbaut, nimmt hier ganz schön viele Wendungen und wird auch sprachlich sehr eigenwillig, wechselt zwischen starken, eigenen Beobachtungen und Formulierungen und dann fast schon etwas abgegrasten Gedanken und Sprachwendungen.

Die Beispiele, die hier angeführt werden, also zum Umgang mit Katzen und Menschen – ja, ich glaube, da könntest du einfach noch was rausholen. Irgendwie ist mir der Prot (im positiven Sinne) zu stark, um dann am meintetwegen vorgetäuschten "Bitte" und "Danke" zu scheitern. Und zu stark auch, um "das Streicheln" und "nicht am Schwanz ziehen" als guten Umgang gelten zu lassen. Er erinnert mich stark an deine Gustaf-Figur, verschroben wie er ist. Aber er ist ja eigentlich nicht nur überzeichnet, sondern hat ja auch sehr nachvollziehbare Saiten. Das würde ich hier mehr anklingen lassen.

Du bist ein komischer Kauz

Das ist so eine Formulierung, wo ich mir denke, ja, der Bas weiß, dass er sich das hier erlauben kann, weil der übrige Wahrnehmungsmodus des Textes so verschoben ist, dass jede noch so klassische Redewendung beim Lesen auf den Prüfstand gestellt wird und wahrscheinlich eine andere Lesart erhält. Aber hat er (der Text und der Bas) das nötig, frage ich mich zugleich. Der kann doch stattdessen einfach mit seiner tollen Sprache aus dem Vollen schöpfen, ist doch auf solche Spiele gar nicht angewiesen. Vielleicht interpretiere ich zu viel rein.

Als seine Frau sagte: Du bist ein komischer Kauz, da antwortete er bloß: Hm, und das war dann auch nicht das Richtige.
Das war dann der Grund für tagelanges Schweigen, und für ihn war das Schweigen in Ordnung, aber für seine Frau nicht.

Das zum Umgang mit Menschen und Katzen gilt für mich auch hierfür.

Deshalb packte sie dann auch ihre Sachen und die Kleine packte sie gleich mit ein

Und das ist sehr lapidar und klingt für mich mehr nach Erzähler als nach Feige. Sowieso mischt sich der Erzähler für mein Gefühl ab dem genannten Zeitpunkt zu sehr in die Handlung ein.

Jetzt hatte er also einen Nachbarn. Ikschwan hieß der und wohnte in einem Loch auf seinem Acker. Na, wenn’s weiter nix ist, dachte Feige und warf der Katze den Fisch hin.
Von Katzen verstand er was: Nicht gegen den Strich streicheln. Nicht am Schwanz ziehen. Ganz einfach. Mit den Menschen war das anders. Danke musste man sagen, aber nicht zu oft, und auch nur, wenn es gerade passte. Und wenn man etwas haben wollte, sagte man bitte, ganz egal, ob man es auch so meinte.
Als seine Frau sagte: Du bist ein komischer Kauz, da antwortete er bloß: Hm, und das war dann auch nicht das Richtige. Das war dann der Grund für tagelanges Schweigen, und für ihn war das Schweigen in Ordnung, aber für seine Frau nicht. Deshalb packte sie dann auch ihre Sachen und die Kleine packte sie gleich mit ein und seitdem hatte er sie beide nicht mehr gesehen und überhaupt niemanden außer den Gaul und Minka und manchmal vielleicht noch den Kuno vom Dorf, wenn er auf seiner Kutsche vorbeifuhr und zum Gruß den Arm hob. Und jetzt hatte er also einen Nachbarn, der Ikschwan hieß.

Was der wohl machte, da draußen, dachte Feige, als ein paar Stunden verstrichen waren. Es regnete ja, und er saß da in seinem Loch. Zumindest hatte Feige nicht gesehen, dass er wieder rausgestiegen wäre. Vielleicht sollte er mal nachschauen.

Für mich ist dieser Teil entbehrlich. Das wird dann nur leider ja noch tragender, dieser Strang mit der Frau. Aber eigentlich ist es mir zu viel. Den Konflikt braucht es für mich für das Märchenhafte und für den generellen Konflikt, der sich da aufbaut, gar nicht. Da reicht es, dass er die Katze und das Pferd grillt. Das ist Metapher genug.

Die Stiefel blieben fast im Matsch stecken, saugten sich fest wie Blutegel am Schweinebauch.

Den Schweinebauch-Vergleich check ich nicht. Das Bild mit dem Matsch ist gut. Aber warum 'fast'?

Kuno würde ihm einen guten Preis dafür machen

'zahlen' würde ich schreiben.

»Ist das mein Gaul?«
»Ja, die Ernte ist ja schon eingeholt, da dachte ich, dass du ihn eh nicht mehr brauchst.«
Ja, da hatte er wohl recht.

Das würde ich ähnlich gestalten wie in dem Beispiel weiter oben, wo ich eine Alternativ-Version geschrieben habe. Das geht mir zu schnell. Da steckt doch auch viel Schmerz drin. Und wieder könnte er trotzdem so reagieren wie er das tut. Das ist ja stark gemacht, weil es einen erstaunt und die Metapher im Hintergrund bedient.

Und was ihm anfangs noch wie ein Scherz erschienen war

ein Scherz erscheint nicht oder? 'vorgekommen' fänd ich hier passender

aber da hörte Feige schon kaum noch zu, schlummerte schon halb, weil der Tag ihn so geschlaucht hatte.

das geschlaucht ist für mich wie das mit dem Schweinebauch oder auch dem komischen Kauz.

jetzt war Schluss, aus, Ende, das Loch wurde zugeschüttet und Ikschwan war Geschichte, Punkt.
Dann ging er ins Bett. Fiel in einen traumlosen Schlaf. Konnte endlich wieder ohne Gedanken sein

Das finde ich auch saustark. Aber ich hätte es gerne länger gehabt. Da steckt auch wieder viel Grusel und Emotion drin. Man fragt sich: wird der hier gerade lebendig begraben? Was entgegnet der denn? Ich könnte mir vorstellen, dass er so ganz freundlich auf ihn einredet. "Ach, Feige. Das brauchst du wirklich nicht tun." "Hm", entgegnete Feige. "Ich meine ich versteh schon ... Moment"

und dann befreit der sich erstmal von so einem Erdbrocken oder dergleichen und quatscht weiter.

Auch nur eine Idee.

Und neben ihm stand Ikschwan, tanzte viel mehr, jetzt ohne seine klobigen Stiefel, dafür mit Hufen wie ein Ziegenbock, immer schneller, immer wilder, Ikschwan drehte Schrauben, machte Überschläge und spuckte Feuer und hinter den Flammen sah er Lina tanzen und die Kleine, die immer wieder «Katze« rief und so den Takt vorgab.
Und hier blieb er jetzt. Hier verbrachte er jetzt seine Tage und Nächte, machte sich seine Gedanken und kam doch nicht dahinter.

Das geht sehr schnell, muss sehr viel leisten und es überspringt auch die Konsequenzen aus der ganzen Begrabungsszene, finde ich. Es ist ein Traum/Wahn und ein sehr klassisches Motiv, was mit dem sehr klassischen Attribut des Pferdefuß (hier ja Ziegenfuß) gelöst wird. Ich bin mir mit dem Ende noch unsicher.

–––

Ich habe geglaubt, dass das so eine Art schwarzes Loch ist, wo der Fremde dann wahlweise seine Angel reinhält oder dergleichen. Ich dachte auch zu allererst, dass das Loch eine Metapher für einen Bruch in Feiges Leben wird. Eine Art Vergleich wird es, aber keine Metapher, sondern eher ein Märchen, mit multiplen und nie ganz aufgehenden Lesarten. Es sei denn, alles ist Wahn und Traum. Unterm Strich verstehe ich, dass die Kleine sowie die kaputte Beziehung hier Motivation darstellen sollen. Für mich machen sie aber vor allem eine Geschichte in der Geschichte auf, die der Kraft dieses Lochs und dieses eigenartigen Besuchers im Weg stehen.
Nimm dir von dem Gesagten, was du brauchen kannst. Ich weiß selbst, dass das Herausstreichen (sei es nur zum Versuch) ganzer Handlungsstränge eine mega Herausforderung ist, die ich selbst nicht selten geflissentlich unterlasse.
Ich hoffe, das Gekrittel klingt nicht zu laut. Das ist dennoch ein Text, den ich sehr gerne gelesen habe und sicher auch nochmal, weil er mir Spaß gemacht hat. Danke dafür!

Lieben Gruß
Carlo

 

Lieber @Bas

Ich mag deine Geschichte sehr. Macht gefühlt für mich total Sinn, ohne dass ich mir darüber Gedanken machen muss, oder gewisse Dinge erst zusammenreimen. Ich liebe dieses nüchterne Absurde, da ist mir persönlich der Ziegenhuf am Schluss bereits zu definiert. Ich hätt keine Aufklärung oder Benennung gebraucht, im Gegenteil, ich fand's schade. Aber das scheint auch nur mir so zu gehen. Ich mag auch, dass die Figuren nebulös bleiben, Feige (love the name!) nimmt sie ja auch nicht anders wahr.
Gestolpert bin ich einzig da, wo zum ersten Mal die Frau ins Spiel kam. Da dachte ich, ah der hat (jetzt plötzlich) ne Frau, das hat erstmal nicht gepasst, bis ich dann gemerkt habe, dass das es ein Rückblick ist. Das war dann stimmiger, aber trotzdem musste ich mein Bild etwas anpassen. Hatte erst so'n Findus+Petterson-Typ vor Augen, mit der Frau, bzw. vor allem mit dem Kind war er dafür zu alt. Plötzlich war es dann auch nicht mehr die Frau, sondern die Lina.
War das so beabsichtigt? Das es stückweise intimer wird?
Wär natürlich von der Idee her auch schön. Mich hat es im Lesefluss jedenfalls unterbrochen.
Für mich wäre es stimmiger gewesen, wenn die Abwesenheit von Frau und Kind gleich am Anfang schon erwähnt wird. Oder dann ...

Als seine Frau sagte: Du bist ein komischer Kauz, da antwortete er bloß: Hm, und das war dann auch nicht das Richtige. Das war dann der Grund für tagelanges Schweigen, und für ihn war das Schweigen in Ordnung, aber für seine Frau nicht. Deshalb packte sie dann auch ihre Sachen und die Kleine packte
... vielleicht mit einem "damals". "Als seine Frau damals sagte" oder "... seine Frau zu sagen pflegte"... gleich implizieren, dass es sich um ein davor handelt.

Beim Loch hingegen hab ich mich darüber amüsiert, dass ich es in der Grösse anpassen musste, weil ich erst ein kleineres Loch im Sinn hatte, wo das Pferd nicht reingepasst hätte, da hat's mich nicht gestört. ;-)

Auf jeden Fall ganz Herzlichen Dank für die Unterhaltung und das Nachklingen im Herzen.
Akelei

 

Hallo @Friedrichard,

schwuppdiwupp, die Flusen sind aufgelesen, vielen Dank dafür. :)

Hallo @Novak,

ach, was für ein toller Wohlfühlkommentar. Ich fühle mich eigentlich jedes Mal, wenn ich hier einen Text veröffentliche, wie ein Scharlatan, bereue es dann auch sofort, den Text eingestellt zu haben, suche den Knopf zum Löschen, finde keinen und ergebe mich meinem Schicksal.

Meistens stelle ich mir die Frage: Warum sollte das jemand lesen wollen? Denn die allermeisten Texte, die ich hier bewundere, sind aus dem "echten Leben" gerissen, beschreiben Schicksale, die genau so hätten passieren können, Schicksale von Menschen, die es wirklich geben könnte, die mit feinem Stift gezeichnet sind. Und dann spinne ich mir eine Geschichte von einem Loch zusammen und denke: Mach dich nicht zum Affen.

Die anderen Kommentare betonen ja mehr das Kauzige, Seltsame bis hin zum Unterhaltsamen deiner Geschichte, und das stimmt ja auch alles, nur mir geht es halt so, dass ich es gleichzeitig bei aller Unterhaltung auch irgendwie schrecklich finde, wie du diese Bedrohung durch Ikschwan so leise und heimlich und fast lustig wirkend einführst, bei dem Pferd wird einem schon banger und die arme Minka gibt einem dann den Rest. Fast jedenfalls. Zu krass ist die Vorstellung von diesem genügsamen Mann, der alles über sich ergehen lässt, der sich alles, was ihm wichtig ist, nehmen lässt, es fressen lässt vom Eindringling Ikschwan, stumm alles mitmacht und erträgt und sich so zurechtlegt, als hätte er es selbst so gewählt, ohne jeden Widerstand, ohne jede Gegenwehr alles mitmacht und erduldet und dann sozusagen als Höhepunkt sich selbst am Spieß braten sieht bis in alle Ewigkeit. Das ist heftig

Und deshalb ist das auch so ein Wohlfühlkommentar, weil du da ja beschreibst, wie du mitfühlst, als wäre das das "echte Leben". Das bedeutet mir 'ne Menge, und das ist nicht nur so dahergesagt.

Mal von den "unds" ab gesehen, von denen du eines streichen könntest, hab ich Probleme mit diesem Beginn. Das springt mir zu sehr in der zeitlichen Bestimmung. Bis zu "Kurz: ..." suggerierst du einen bestimmten Tag. Das liegt an den "heute" des ersten Satzes. Dazu passt dann aber der Nachfolgesatz "So glich ein Tag dem anderen" nicht. Und der Nebensatz " ..., bis sich im Acker ein Loch auftat" springt dann wieder zu einem bestimmten Tag zurück, ist aber sozusagen nicht der, mit dem du begonnen hast, denn er fällt ja aus dem normalen Ablauf heraus. Ich hoffe, du verstehst überhaupt, was ich hier rumstochere.

Ja, verstehe ich. Hm. Ich finde es ja nett, wie du mir unterstellst, das ganz bewusst so eingesetzt zu haben :shy:, aber nee, eigentlich ist das einfach ein Fehler. Ich nutze auch wahnsinnig gerne "Jetzt", auch wenn es erst mal gar nicht passt, sorgt es immer für Aktualität, und ich denke, nur deshalb steht da ein Heute im ersten Satz, weil es einen halt direkt ins Jetzt versetzt.
Gerade hänge ich aus dem Grund auch noch sehr an dem Heute, aber ich glaube nicht, dass das irgendwer sehr vermissen würde ... Also streiche ich es mal. Danke für den Hinweis. Hast du auch sehr exakt ausgedrückt und kam gar nicht konfus rüber. Ein klares Zeichen dafür, dass du noch viel mehr Kommentare schreiben solltest. Und Geschichten.

Der Name des Mannes war mir schon bei der ersten Nennung aufgefallen. Hier hat er mich vollends aus dem Konzept gebracht. Erinnert mich einfach total an: Feige ignorierte er es. Ich weiß natürlich nicht, ob du den Nachnamen mit Bedacht gewählt hast, oder ob es ein Zufall ist. Natürlich passt der Name des Mannes zu dem, wie er sich verhält, aber man könnte auch argumentieren, man wird durch die Namensnennung sofort mit der Nase draufgestoßen, dass hier Nomen gleich Omen ist. Ich weiß es wirklich nicht, den anderen ist das ja nicht aufgefallen und vielleicht ist die Namensgebung ja gerade gut. Du siehst, ich bin sehr unentschlossen, weiß wirklich nicht, ob ich die Namensnennung großartig oder vorschnell finden soll.

Ja, auch das ist sehr nachvollziehbar. Mal schauen, wie ich den "Feige ignorierte es"-Satz noch umgestellt bekomme, der gefällt mir eh nicht.
Zur Namensnennung selbst: Das hat sich eher zufällig so entwickelt, dass der Feige quasi feige ist, in erster Linie heißt der Feige, weil der Name zu dem Kerl passt, den ich da auf der Veranda vor mir gesehen hab ... Und auch, weil er sich klanglich gut einfügt, deshalb heißt der Ikschwan auch Ikschwan, das wirkt so ... zackig, aber gleichzeitig auch ... schwammig und weich, Ik!!! vs. Sch..., da weiß man schon beim Name nicht, was das für einer ist, bilde ich mir zumindest ein.
Beim Feige hingegen schon: So ein genügsamer wird das wohl sein. Ein Eigenbrötler, was sonst. Ein Feige ist nicht zackig, das sagt schon der Name.

Die nomen est omen Sache kam mir dann auch in den Sinn, und eigentlich fände ich das doof, weil es so ein simpler "Trick" ist, aber ich persönlich finde auch nicht, dass Feigheit Feiges bestimmende Charaktereigenschaft ist. Der ist ja weniger feige als ... planlos vielleicht, interessenlos, vielleicht abgestumpft. Überfragt. Irgendwie so. Und so - um dann wieder den Bogen zu deinem Kommentar zu schlagen:

Du siehst, ich bin sehr unentschlossen, weiß wirklich nicht, ob ich die Namensnennung großartig oder vorschnell finden soll.

- finde ich das eigentlich ganz gut, dass das so eine Uneindeutigkeit bei dir hervorruft, ich denke, der Text lebt auch ein wenig von diesen Fragezeichen.

Er selbst ist es, der die Löcher, die Angriffsfläche, die Aufweichung "verursacht" hat.

Das finde ich eine supercoole Deutung :schiel:

Danke für deine Auseinandersetzung mit dem Text und deine Rückmeldung. Noch eine Rückmeldung für dich: Wir sitzen da aktuell ja im gleichen Boot, was das Kommentieren angeht, haben uns beide rar gemacht, aber hey, wenn du dich ein paar mal mehr aus deiner Konfusion löst und Leuten einfach deine Eindrücke mitteilst, wie du es hier bei mir glücklicherweise mal wieder gemacht hast ... Das wäre schon ziemlich großartig. Mir hat das nämlich eine Menge Aufwind und Stoff zum Nachdenken gegeben und das würde einigen anderen sicher genauso gehen :)

Bas

 

Hallo @jimmysalaryman,

Für mich ist das ein schmaler Grat, denn diese Bestaunen am Text kann auch schnell umkippen ins zu Absurde, ins Alberne, ins Unglaubwürdige. Ein Leser darf in einer solchen Konstellation einfach nie zweifeln.

Erst mal freut es mich, was du über meine „eigene Sprache“ sagst, ja, ich glaube, mittlerweile fühle ich mich ganz wohl beim Schreiben, da hakelt es nur noch selten. Was nicht heißt, dass nicht noch Luft nach oben ist.

Zu dem, was du einen schmalen Grat nennst oder überhaupt zu deiner Ausführung bzgl. des Erzählers: Finde ich sehr interessant. Ich hatte in meiner Antwort an Novak schon erwähnt, wie unsicher ich mir beim Einstellen eines solchen Textes bin, vermutlich auch, weil es mir (noch?) schwer fällt, diesen schmalen Grat richtig einzuschätzen, mir die Frage nach der potenziellen Albernheit selbst zu beantworten. Aber auch das ist wohl einfach ein Prozess, so wie das mit der Sprache eben auch seine Zeit dauert.

Aber zurück zum Text.

Der Charakter des Feiges, der am Wichtigsten ist, der dagegen bleibt für mich ein wenig ein Schatten.

Kann ich gut nachvollziehen, was du da sagst. Und zu einem guten Teil ist das natürlich so gewollt, aber vielleicht ist der schmale Grat hier schon gekippt? Vielleicht ist er zu nebulös? Möglicherweise. Ich habe den Text dahingehend ein bisschen abgeklopft und ein, zwei Änderungen vorgenommen, da ist das von dir Erwähnte auch mit dem von @Carlo Zwei Gesagten zusammengeflossen.

Konkret: Anfangs, als Ikschwan ihm das Loch abkaufen will, da hat er ursprünglich einfach zugesagt. Jetzt kann man ihm zumindest ein wenig beim Denken zuhören:

Was sollte er mit dem Loch? Und was sollte der Fremde mit dem Loch, was sollte irgendwer, der noch alle Sinne beisammen hatte, überhaupt mit einem Loch anfangen? Feige traute der Sache nicht, doch weil das Denken zu nichts führte, sagte er bloß:

Das ist keine ultimativ feine Charakterzeichnung, meine Hoffnung ist aber, dass man jetzt sieht, ah, der ist also nicht komplett abgestumpft, bedient nicht nur seine Rolle.

Später hab ich das noch mal deutlicher versucht, nämlich dann, als Ikschwan den Gaul grillt:

a, da hatte er wohl recht. Jetzt hatte er also ein Maul weniger zu stopfen. Über den Winter hätte der Klepper ja auch satt werden müssen, das Heu konnte er jetzt stattdessen im Dorf verkaufen, Kuno würde ihm einen guten Preis dafür zahlen, und im Frühling könnte er sich dann einen neuen Gaul kaufen, einen besseren. Und doch war es eigenartig. Es war ja nicht bloß ein Gaul, sondern der Holger, der sich da jetzt drehte, derselbe Holger, der gestern noch im Stall gestanden und Heu gefressen und mit seinem Schwanz die Fliegen weggeschlagen hatte. Der Holger mit seinem eigenen Kopf, dem man fünf Mal zurufen konnte: Rechts lang!, und der dann doch nach links abbog und noch mit dem Ohr zuckte, als wäre ihm das Gerufe lästig.

Ich hoffe, dass er auch hier jetzt ein bisschen nahbarer wird, er nimmt die Sache nach wie vor hin, aber jetzt wird deutlich, dass er sich auch so seine Gedanken macht. Etwas unbeholfen wohl, kurzsichtig, wie du sagst, aber … nahbarer eben.

Welche Gedanken sind das genau? Einerseits sagst du, Ikschwan hat die Gedanken erst wieder gebracht, aber vorher waren diese oder der Gedanke windig, und dann; welche Gedanken waren das dann vorher?

Auch hier habe ich noch mal versucht anzusetzen, keine Ahnung, wie gut das funktioniert. Aber jetzt wird an ein, zwei Stellen (hoffentlich) deutlicher, dass er das Leben mit Lina wohl mehr vermisst, als er es sich eingesteht, jetzt heißt es auch:

Seit Ikschwan da war, waren auch die Gedanken wieder da, vorher hatte es nur die Arbeit gegeben, die Pfeife und den Tee, Minka und den Gaul und sonst nichts. Und jetzt war Lina wieder da. Jetzt war die Kleine wieder da, jetzt wurde wieder geschaukelt und gelacht und so ging Feige zum Schuppen, um den Spaten zu holen.

Wird der Leser da zu sehr in eine Richtung gestoßen? War die Geschichte vorher offener, vielfältiger interpretierbar und ist jetzt so ein wenig in einen Rahmen gepresst worden? Keine Ahnung. Vielleicht sind die Änderungen auch gar nicht so groß, wie sie mir erscheinen.

Wie du siehst, habe ich mir einige der von dir angesprochenen Punkte rausgezogen und versucht, sie in den Text einfließen zu lassen, andere habe ich mehr oder weniger ignoriert, teilweise, weil mir (noch) keine Lösung eingefallen ist, teilweise, weil ich auf die Lösung verzichten möchte, den Nebel nicht komplett lösen mag. Wichtig und hilfreich war dein Kommentar aber auf alle Fälle, deshalb vielen Dank dafür und bis zum nächsten Mal!

Bas

 

Und zu einem guten Teil ist das natürlich so gewollt, aber vielleicht ist der schmale Grat hier schon gekippt?

Nein, ich habe das gar nicht auf deinen Text bezogen, sondern insgesamt. Ich empfinde das bei meinen Texten ja genauso: wie groß ist die Schnittmenge der eigenen Fantasie mit der des Lesers? Und ist das wichtig? Ich habe da auch keine definitive Antwort drauf. Und natürlich ist das hier auch Meckern auf hohem Niveau, verstehe mich nicht falsch: dein Text ist schon sehr gut. Vielleicht ist es auch wirklich so, dass wir alle hier schon sehr stark das Lektorenauge geschult haben, direkt Konstruktionen und Narrativen hinterfragen und hinter allem den Autoren vermuten, überall Effekt und Abkürzung wittern, da liest sich ein Text schon auch wesentlich weniger spontan. Ich kann kaum ein Buch lesen, ohne mich bei einzelnen Sätzen oder Dialogen zu fragen: Wirklich? Das macht einen eben nicht zum besten Leser oder zu einem unvoreingenommenen. Comes with the territory. Alles mit einer Prise Salz nehmen. Ich empfinde diesen Text jedenfalls als deinen geschlossensten, der scheint dir bis jetzt am nähsten zu sein, du erschreibst dir gerade ein eigenes Universum. Das ist schon sehr viel, meiner Meinung nach.

 

Hey @Carlo Zwei,

freut mich, dass du vorbeischaust :)

Ich finde, Feige könnte hier, obwohl er das (blauäugig) gestattet, misstrauisch sein bzw. was dahinter vermuten und dann trotzdem so handeln, wie er das tut. Nur damit man als Leser nicht das Gefühl hat, der schneidet gar nichts mit.

An der Stelle bin ich mir noch unsicher ... Ob da durch ein Hinterfragen von Feige die "absurde Selbstverständlichkeit" ins Wanken gerät ... Aber ich sehe auch, was du meinst, deshalb heißt es jetzt:

Was sollte er mit dem Loch? Und was sollte der Fremde mit dem Loch, was sollte irgendwer, der noch alle Sinne beisammen hatte, überhaupt mit einem Loch anfangen? Feige traute der Sache nicht, doch weil das Denken zu nichts führte, sagte er bloß: »Bring meiner Minka einen Fisch und dem Gaul eine Möhre und dann mach, was du willst«, spuckte noch mal aus und ging über die Veranda in seine Hütte.

Zumindest eine Prise Misstrauen, aber dann auch wieder recht schnelles Einlenken, tieferes Nachdenken ist nicht. Hoffe, das passt so.

Wenn ich ein Korinthenkacker wäre (und das ist der Fall), würde ich dich drauf hinweisen, dass Tee eine Pflanzenart ist und Kräuter fälschlicherweise als Tee bezeichnet werden (was du sicher eh weißt und einfach ignoriert hast). Wahrscheinlich nur eine Definitionsfrage im engeren Sinn und eine Alternative ist mir noch nicht wirklich eingefallen, weil ich es gleichzeitig mit allen Sinnen gelesen habe und daher sehr schön (emp-)fand.

Ach ja, das höre ich nicht das erste Mal und doch habe ich es erfolgreich verdrängt :D Na, mich persönlich stört die Ungenauigkeit da nicht, deshalb lasse ich es mal noch, aber danke für den Hinweis.

Ab hier überschlug sich der Text für mein Empfinden immer mal wieder ein bisschen (mehr). Was sich zuvor sehr geschickt und langsam aufbaut, nimmt hier ganz schön viele Wendungen und wird auch sprachlich sehr eigenwillig, wechselt zwischen starken, eigenen Beobachtungen und Formulierungen und dann fast schon etwas abgegrasten Gedanken und Sprachwendungen.

Okay - grundsätzlich, vor allem sprachlich, werde ich da an deinem Gefühl wahrscheinlich nicht allzu viel ändern können. Versucht habe ich es trotzdem, indem ich noch ein wenig komprimiert habe, auch inhaltlich, z. B. die Lina-Sache, die findet jetzt nur noch in seiner Erinnerung statt, Lina steht jetzt nicht mehr an Kunos Tür und macht auf. Das war ein zusätzlicher, nicht nötiger Handlungsstrang, finde ich, eine Extrawendung, die es nicht brauchte.

Die Beispiele, die hier angeführt werden, also zum Umgang mit Katzen und Menschen – ja, ich glaube, da könntest du einfach noch was rausholen. Irgendwie ist mir der Prot (im positiven Sinne) zu stark, um dann am meintetwegen vorgetäuschten "Bitte" und "Danke" zu scheitern. Und zu stark auch, um "das Streicheln" und "nicht am Schwanz ziehen" als guten Umgang gelten zu lassen. Er erinnert mich stark an deine Gustaf-Figur, verschroben wie er ist. Aber er ist ja eigentlich nicht nur überzeichnet, sondern hat ja auch sehr nachvollziehbare Saiten. Das würde ich hier mehr anklingen lassen.

Auch das hab ich mir zu Herzen genommen, die Bitte/Danke-Sache war von Anfang an sehr ... billig. Geb ich zu. Die nachvollziehbare Saite hoffe ich jetzt zum Beispiel durch die kleine zusätzliche Passage zum Gaul anklingen lassen zu können, aber auch hier, was dann hoffentlich auch deine "Komische Kauz"-Kritik so ein bisschen auflöst:

Von Katzen verstand er was: Nicht gegen den Strich streicheln. Finger weg vom Bauch. Unterm Kinn war erlaubt, sogar gut, mit sanften Kopfstößen schien Minka zu sagen: Fang an, leg los. Mit den Menschen war das anders.
Als seine Frau damals sagte: Mit dir lässt sich nicht reden, da antwortete er bloß: Hm, und das war dann auch nicht das Richtige. Das war dann der Grund für tagelanges Schweigen, und für ihn war das Schweigen in Ordnung, aber für seine Frau nicht. Deshalb packte sie dann auch ihre Sachen.
Feige stand dabei. Sperrte wohl auch den Mund auf, sog schon die Luft ein, und sagte dann doch nichts. Schluckte die Luft und die Wörter dann doch wieder runter.
Seitdem gab es also nur noch den Gaul und die Minka und manchmal vielleicht noch den Kuno vom Dorf, der auf seiner Kutsche vorbeifuhr und zum Gruß den Arm hob. Und jetzt hatte er also einen Nachbarn, der Ikschwan hieß.

Das hab ich doch richtig verstanden, oder? Also dass der "komische Kauz" eine simple Abkürzung ist, dass da jeder selbst reininterpretieren kann, was ihn zum komischen Kauz macht?

Für mich ist dieser Teil entbehrlich. Das wird dann nur leider ja noch tragender, dieser Strang mit der Frau. Aber eigentlich ist es mir zu viel. Den Konflikt braucht es für mich für das Märchenhafte und für den generellen Konflikt, der sich da aufbaut, gar nicht. Da reicht es, dass er die Katze und das Pferd grillt. Das ist Metapher genug.

Ja, ich sehe, was du meinst, und ich denke auch, dass das ein toller, runder Text wäre ohne den Lina-Zusatz. Ein tolles Märchen. Aber ich hatte hier nicht direkt die Absicht, ein Märchen zu schreiben, für mich ist der Lina-Zusatz kein Zusatz, sondern ein wesentlicher Bestandteil der Geschichte - ob der Stand jetzt gut ausgearbeitet bzw. ins Gesamtbild eingearbeitet ist, sei mal dahingestellt, aber streichen könnte ich den nicht. Trotzdem (leider :shy:) ein gut nachvollziehbarer Einwand.

Den Schweinebauch-Vergleich check ich nicht. Das Bild mit dem Matsch ist gut. Aber warum 'fast'?

Ist raus, beides.

'zahlen' würde ich schreiben.

:thumbsup:

Das würde ich ähnlich gestalten wie in dem Beispiel weiter oben, wo ich eine Alternativ-Version geschrieben habe. Das geht mir zu schnell. Da steckt doch auch viel Schmerz drin. Und wieder könnte er trotzdem so reagieren wie er das tut. Das ist ja stark gemacht, weil es einen erstaunt und die Metapher im Hintergrund bedient.

Wie schon erwähnt: Habe ich überarbeitet. Guter Hinweis, wieder mal.

Das finde ich auch saustark. Aber ich hätte es gerne länger gehabt. Da steckt auch wieder viel Grusel und Emotion drin. Man fragt sich: wird der hier gerade lebendig begraben? Was entgegnet der denn? Ich könnte mir vorstellen, dass er so ganz freundlich auf ihn einredet. "Ach, Feige. Das brauchst du wirklich nicht tun." "Hm", entgegnete Feige. "Ich meine ich versteh schon ... Moment"

und dann befreit der sich erstmal von so einem Erdbrocken oder dergleichen und quatscht weiter.

Auch nur eine Idee.


Und mit Sicherheit eine gute Idee. Mal sehen, wie und ob ich die stimmig umgesetzt bekomme, behalte ich auf jeden Fall im Hinterkopf.

Das geht sehr schnell, muss sehr viel leisten und es überspringt auch die Konsequenzen aus der ganzen Begrabungsszene, finde ich. Es ist ein Traum/Wahn und ein sehr klassisches Motiv, was mit dem sehr klassischen Attribut des Pferdefuß (hier ja Ziegenfuß) gelöst wird. Ich bin mir mit dem Ende noch unsicher.

Den Ziegenfuß habe ich rausgenommen, der war - @Akelei hat mich noch mal drauf gestoßen - wohl ein bisschen too much.

Ich habe geglaubt, dass das so eine Art schwarzes Loch ist, wo der Fremde dann wahlweise seine Angel reinhält oder dergleichen. Ich dachte auch zu allererst, dass das Loch eine Metapher für einen Bruch in Feiges Leben wird. Eine Art Vergleich wird es, aber keine Metapher, sondern eher ein Märchen, mit multiplen und nie ganz aufgehenden Lesarten. Es sei denn, alles ist Wahn und Traum. Unterm Strich verstehe ich, dass die Kleine sowie die kaputte Beziehung hier Motivation darstellen sollen. Für mich machen sie aber vor allem eine Geschichte in der Geschichte auf, die der Kraft dieses Lochs und dieses eigenartigen Besuchers im Weg stehen.

Das mit der Angel gefällt mir :D Und ja, man könnte dem Loch sicher "vorwerfen", dass es die Metapher, die man wohl zwangsläufig von ihm erwartet, nicht gänzlich erfüllen kann. Und das ist okay, für mich zumindest. Wenn du da aber "multiple und nicht ganz aufgehende Lesarten" rausliest, dann bin ich glücklich. Ganz schön egoistisch, ich weiß :shy:

Ich hoffe, das Gekrittel klingt nicht zu laut.

Gar nicht. Ich weiß auch nicht, ob ich in meiner Antwort den richtigen Ton getroffen habe, deshalb hier noch mal in ausgeschrieben: Ich finde jeden deiner angebrachten Gedanken hier super interessant, die zwingen mich dazu, mich selbst tiefer in die Geschichte reinzudenken, ich werde den Kommentar deshalb auch noch einige Male lesen und zerdenken. Daher vielen Dank für deinen Besuch!

Hey @Akelei und vielen Dank fürs Vorbeischauen!

Toll zu lesen, dass die Geschichte bei dir ankommt, das fühlt sich gut an.

ch liebe dieses nüchterne Absurde, da ist mir persönlich der Ziegenhuf am Schluss bereits zu definiert.

Ja, danke für den Hinweis, habe ich gestrichen :thumbsup:

Gestolpert bin ich einzig da, wo zum ersten Mal die Frau ins Spiel kam.

Auch hier danke für den Hinweis - habe ich ganz dreist so übernommen, wie du es vorgeschlagen hast: Als seine Frau damals sagte ... Wäre mir gar nicht aufgefallen, dass man da ins Stolpern geraten könnte, aber macht total Sinn. Hoffe, jetzt ist es stimmiger.

Beim Loch hingegen hab ich mich darüber amüsiert, dass ich es in der Grösse anpassen musste, weil ich erst ein kleineres Loch im Sinn hatte, wo das Pferd nicht reingepasst hätte, da hat's mich nicht gestört. ;-)

Hehe, das hat mir auch beim Schreiben Spaß gemacht. Anfangs dachte ich, nuja, ein Loch eben, nicht sonderlich groß wohl, und habe mich dann mit dem Pferd quasi selbst überrascht. Das ist ein ganz gutes Beispiel dafür, warum es mir schwerfallen würde, die Handlung einer Geschichte vorauszudenken, ich denke, dann hätte ich recht schnell keinen Spaß mehr. Dann wäre das Loch ein Loch und ich müsste alles weitere daran anpassen.

Freut mich, dass du deinen Spaß hattest!

Hey @jimmysalaryman noch mal,

Nein, ich habe das gar nicht auf deinen Text bezogen, sondern insgesamt.

Habe ich auch so wahrgenommen.

Und ja, ich mag mir fast nicht vorstellen, wie das erst mal ist, wenn man tatsächlich mit einem Lektor zusammenarbeitet, wie du das ja schon getan hast (vermute ich mal ganz dreist). Ich meine - in gewisser Weise tun wir das hier ja auch, wir lassen unsere Texte lektorieren, wenn auch in einem anderen Ausmaß, und wenn man dann ganz logisch auseinandergesetzt bekommt, dass irgendetwas nicht funktioniert, dass es das womöglich schon hundert mal gegeben hat, dass das schon hundert mal "falsch" gemacht wurde - dann lässt sich das auch nur schwer wieder von der Festplatte löschen. Manchmal wünsche ich mir meine leere Festplatte zurück ... Manchmal. Viel häufige schätze ich mich glücklich, so viel (kostenloses :shy:) Wissen angesammelt zu haben.

Danke für die netten Worte - "ein eigenes Universum erschreiben" klingt super ...

Bas

 

An der Stelle bin ich mir noch unsicher ... Ob da durch ein Hinterfragen von Feige die "absurde Selbstverständlichkeit" ins Wanken gerät ...

kann ich komplett nachvollziehen. Vielleicht hast du auch recht. Ich würde da beide Teile nochmal gegeneinander halten und dann zu der gehen, die dir besser gefällt. Toller Tipp. Aber ich habe in letzter Zeit auch immer wieder die schmerzhafte Erfahrung gemacht, Texte, zumindest in meiner Wahrnehmung, zu verschlimmbessern, indem ich dem Rat anderer einfach so gefolgt bin – auch wenn das eigentliche Problem vielleicht gar nicht an der Wurzel getroffen wurde durch den Einwand. Wie bei einer kariösen Stelle am Zahn, wo jeder mal ansetzen darf und am Ende schneidet man mehr raus als muss. Weiß nicht, ob diese Metapher einen guten Vergleich zur Realität abgibt.

Zumindest eine Prise Misstrauen,

fasst zu viel, oder? Sorry für diesen ambivalenten Rat. Aber es ist ja so ein krasses Austarieren.

mich persönlich stört die Ungenauigkeit da nicht

(Tee/Kräuter) ja, war auch mehr Klugscheißerei :D hab die Stelle gerne gelesen.

für mich ist der Lina-Zusatz kein Zusatz, sondern ein wesentlicher Bestandteil der Geschichte

Auch das hier. Das ist dir eben wichtig. Es zeigt vielleicht aber auch, dass die Geschichte vielleicht nicht ganz rund ist, was ihr aber auch in keiner Weise einen Abbruch tut. Sie ist trotzdem sehr gut, finde ich.

Wenn du da aber "multiple und nicht ganz aufgehende Lesarten" rausliest, dann bin ich glücklich.

passt auch zum eben gesagten :-)
ich kann das halt mega verstehen und denke mir oft so: Leute, warum haltet ihr nicht einfach mal einen ambivalenten Text aus? Ist das so überfordernd?

Die nachvollziehbare Saite hoffe ich jetzt zum Beispiel durch die kleine zusätzliche Passage zum Gaul anklingen lassen zu können, aber auch hier, was dann hoffentlich auch deine "Komische Kauz"-Kritik so ein bisschen auflöst:

Vielleicht auch zu viel. Idk. :-/

Lieber Bas, hab nen schönen Tag noch.

 

Hallo @Bas

Hehe, das hat mir auch beim Schreiben Spaß gemacht. Anfangs dachte ich, nuja, ein Loch eben, nicht sonderlich groß wohl, und habe mich dann mit dem Pferd quasi selbst überrascht. Das ist ein ganz gutes Beispiel dafür, warum es mir schwerfallen würde, die Handlung einer Geschichte vorauszudenken, ich denke, dann hätte ich recht schnell keinen Spaß mehr. Dann wäre das Loch ein Loch und ich müsste alles weitere daran anpassen.
ah lustig, dann hat sich das übertragen. ;-)
Und geht mir meist genauso. Ich liebe dieses "Sichselberüberraschen" beim Schreiben (oder eigentlich bei allem). Alles andere wäre mir viel zu langweilig. ;-)

Schönes We, Akelei

 

Hey @Bas,

schöne Parabel. Absurd und surreal und sehr dicht. Ich habe bei deinen Geschichten ja oft das Gefühl gehabt, dass die Handlung irgendwann zerfasert, es wurde viel angerissen, aber nicht miteinander verknüpft. Das ist hier nicht so. Hier steigert sich das Ganze allmählich bis zu seinem Höhepunkt, und zum Schluss grillt Feige selbst am Spieß. Schöner Name übrigens. Und sehr passend zu dem, wie er sich mir hier präsentiert. Und die Moral von der Geschicht: Der Feige lebt das Leben nicht, oder so ähnlich. :p

Nee, das liest sich alles sehr professionell, und deshalb habe ich auch nichts zu meckern. Nur ein paar Lieblingsstellen:


Vielleicht, weil der Wind ihm den Rauch in die Augen wehte, vielleicht, weil die tiefstehende, rotglühende Abendsonne ihn blendete. Vielleicht aber auch, weil er das immer tat, wenn einer einen Scherz machte, den er nicht verstand.
:)
Nur eine Krähe saß mit nassglänzendem Gefieder auf dem Geländer der Veranda und schrie gegen die Wolken an.
:D
Gerade, als das Teewasser kochte, klopfte es an der Tür. Feige nahm den Kessel vom Herd und übergoss in kreisenden Bewegungen die Teeblätter. Das Kräuteraroma breitete sich langsam und wohlig in dem kleinen Raum aus. Erst dann machte er auf.
:shy:
Als seine Frau damals sagte: Mit dir lässt sich nicht reden, da antwortete er bloß: Hm, und das war dann auch nicht das Richtige
;)
Ist das mein Gaul?«
»Ja, die Ernte ist ja schon eingeholt, und da dachte ich, dass du ihn eh nicht mehr brauchst.«
Ja, da hatte er wohl recht. Jetzt hatte er also ein Maul weniger zu stopfen
:whocares:
aber Feige winkte bloß ab, ging über die Veranda in seine Hütte und lag mit dem Geruch von Fisch in der Nase die halbe Nacht wach.
:dozey:
Der Gedanke kam ihm in der Nacht. Wolkenverhangen, windig war der Gedanke, aber er war da und ließ sich nicht mehr vertreiben: Ikschwan war schuld.
:idee:
Und neben ihm stand Ikschwan, tanzte viel mehr, immer schneller, immer wilder, Ikschwan drehte Schrauben, machte Überschläge und spuckte Feuer und hinter den Flammen sah er Lina tanzen und die Kleine, die immer wieder «Katze« rief und so den Takt vorgab.
:baddevil:

Ich bin begeistert!

Einen schönen Sonntag wünscht Chai

 

Hey @Carlo Zwei,

Wie bei einer kariösen Stelle am Zahn, wo jeder mal ansetzen darf und am Ende schneidet man mehr raus als muss. Weiß nicht, ob diese Metapher einen guten Vergleich zur Realität abgibt.

Gefällt mir auf alle Fälle :D Abstand ist wohl das Zauberwort.

fasst zu viel, oder? Sorry für diesen ambivalenten Rat. Aber es ist ja so ein krasses Austarieren.

Ja, zu viel, habe ich auch wieder zurückgenommen. Und rückblickend fand ich dann die Sache mit der "absurden Selbstverständlichkeit" echt logisch, ja, ich glaube, davon lebt der Text, das hat ja auch der ein oder andere anklingen lassen: Dass man das halt einfach kauft, was da passiert. Find ich gut. Dann verzettel ich mich lieber nicht in Erklärungen, wo es vielleicht gar keine benötigt.

ich kann das halt mega verstehen und denke mir oft so: Leute, warum haltet ihr nicht einfach mal einen ambivalenten Text aus? Ist das so überfordernd?

Das kommt dann wohl auch auf die Art von Text an. Hier sind ja auch so Wörter wie Parabel, Metapher, etc. gefallen, und wenn man den Text als eben das wahrnimmt, dann sind so ... Ungenauigkeiten in der Gewichtung vermutlich auch nicht ganz so einfach hinnehmbar wie in einem Roman oder dergleichen. Nuja. Also ich kann die Kritik - die ja auch deine Kritik ist bzw. die ja eigentlich gar nicht sooo sehr kritische Kritik ist - gut nachvollziehen. Ich persönlich mag das aber sehr, wenn Geschichten, besonders Romane, nicht ganz fein austariert sind, wenn nicht jedes Rädchen ins andere greift ... Wenn ich ein wenig rauslesen kann - und vielleicht bilde ich mir das nur ein, vielleicht ist das pure Absicht -, dass da jemand einen eher groben Plan hatte und sich dann hat treiben lassen. Natürlich muss es am Ende stimmig sein und darf nicht komplett zerfasern, aber so ein bisschen krumm und schepp darf es schon sein. Vielleicht findest du das ganz schrecklich, dass ich das jetzt sage, aber: Das ist ein Eindruck, den ich auch bei vielen deiner Texte habe und unter anderem deshalb genieße ich die auch so. Ich bin fast überzeugt davon, dass du einen perfekt runden Text schreiben könntest, hoffe aber insgeheim, dass es dir nicht gelingt und du stattdessen noch zwanzig Abzweigungen mehr nimmst :shy: Weil diese Abzweigungen so eine besondere Lust am Schreiben versprühen. Dieser Text hier ist übrigens ein Stiefkind deiner aktuellen Geschichte, ich hab 'ne ganze Weile nichts geschrieben, dann deine Geschichte gelesen und ... zack, angefixt. Danke dafür noch mal. Aber zurück zu ... ach ja, deinem Kommentar.

Achso. Gar nicht mehr viel übrig. Auch gut. Bis bald :)

Hey @Akelei,

Ich liebe dieses "Sichselberüberraschen" beim Schreiben (oder eigentlich bei allem). Alles andere wäre mir viel zu langweilig. ;-)

Dann freue ich mich schon auf deine nächste (Selbst-)Überraschung :)

Hi @Chai,

Ich habe bei deinen Geschichten ja oft das Gefühl gehabt, dass die Handlung irgendwann zerfasert, es wurde viel angerissen, aber nicht miteinander verknüpft. Das ist hier nicht so. Hier steigert sich das Ganze allmählich bis zu seinem Höhepunkt, und zum Schluss grillt Feige selbst am Spieß.

Auch, wenn ich in meinem Kommentar an Carlo eben etwas mehr oder weniger Gegensätzliches dazu geschrieben habe, freut es mich sehr, dass du so empfindest. Ja, zu sehr darf es nicht zerfasern, und da die Waage zu halten und einen halbwegs runden Text zustande zu bekommen, ist mir bisher eher selten gelungen :D

Und die Moral von der Geschicht: Der Feige lebt das Leben nicht, oder so ähnlich. :p

Runder wirds nicht! :lol:

Danke für all die Lieblingsstellen und danke für die Begeisterung, das fühlt sich sehr gut an.

(Noch ein Hinweis: Deine letzte hier veröffentlichte Geschichte hat gestern zweijähriges Jubiläum gefeiert ... Ich hoffe, das bedeutet einfach nur, dass dein Roman sprießt und gedeiht :))

Bas

 

Zwei Jahre schon! Herrje, wie die Zeit vergeht ... Aber ja, der Roman sprießt und gedeiht. :)

 

Dann freue ich mich schon auf deine nächste (Selbst-)Überraschung :)
Ich mich auch. ;-)
Schön deine Geschichte nun geworden, etwas weniger kurlig-amüsant, dafür berührender, wärmer. Dein Schlusssatz ist mein Lieblingssatz.
Schönes Wochenende lieber @Bas !

 

Hallo Bas,

eine im positiven Sinn abgedrehte Geschichte.
Ich mag die Stimmung, die sie verbreitet. Die Atmosphäre, das Geheimnisvolle.

Die Welt war in Ordnung. So glich ein Tag dem anderen, bis sich im Acker ein Loch auftat.
Guter Anfang. Das normale Leben, bis etwas passiert.

Jetzt hatte er also ein kleines bisschen weniger Ackerfläche, wozu sich deshalb den Kopf zerbrechen?
Merkwürdig, das alles. Diese Gleichgültigkeit, woher mag sie wohl kommen? Bis zu welchem Grad lässt er das alles mit sich machen?

Eines Tages, es war im Herbst,
Ist denn schon viel Zeit seitdem vergangen? Die Jahreszeit zuvor wurde nicht genannt.


Am nächsten Morgen regnete es. Draußen war es still. Nur eine Krähe saß mit nassglänzendem Gefieder auf dem Geländer der Veranda und schrie gegen die Wolken an. Soll sie nur, dachte Feige, ich bleib heute drinnen.
Regen und still passt m.E. nicht so recht. Im Prinzip übertüncht der Regen ja alle/viele Geräusche, da weiß man doch nicht so recht, ob es tatsächlich still ist.

Als seine Frau damals sagte: Mit dir lässt sich nicht reden, da antwortete er bloß: Hm, und das war dann auch nicht das Richtige. Das war dann der Grund für tagelanges Schweigen, und für ihn war das Schweigen in Ordnung, aber für seine Frau nicht.
Vielleicht könnte man die wiedergegebene wörtliche Rede kursiv darstellen. Dann merkt man sofort, dass "und das war dann auch nicht das Richtige." nicht mehr dazugehört.


Es war ja nicht bloß ein Gaul, sondern der Holger, der sich da jetzt drehte, derselbe Holger, der gestern noch im Stall gestanden und Heu gefressen und mit seinem Schwanz die Fliegen weggeschlagen hatte.
Die Katze hat direkt am Anfang einen Namen, der Gaul nicht. Ich dache eingangs, bei Holger handelt es sich um einen Menschen :-)

Ja, hat mir gut gefallen. Ich konnte mir die Location, die Zeit und alles weitere herum gut vorstellen.

Tollen Wochenstart und
liebe Grüße, GoMusic

 

Hallo @Bas,
ich steig mal direkt ein und lass dich einfach mal ein bisschen an meinem Leseprozess teilhaben.

Die Arbeit war erledigt. Der Gaul stand im Stall und kaute sein Heu, Feige selbst saß auf der Veranda und rauchte Pfeife, zu seinen Füßen lag schnurrend die Katze Minka. Kurz: Die Welt war in Ordnung. So glich ein Tag dem anderen, bis sich im Acker ein Loch auftat.
Feige ignorierte es. Beim Pflügen führte er den alten Gaul außen herum. Jetzt hatte er also ein kleines bisschen weniger Ackerfläche, wozu sich deshalb den Kopf zerbrechen? So, wie es gekommen war, würde es wohl auch wieder gehen.
Schon im ersten Absatz mag ich deinen Erzähler und deine Erzählperspektive. Er erzählt aus Feiges Perspektive, ist aber nicht dicht dran, ist nicht in Feige eingetaucht. Das mag ich sehr.
"bis sich im Acker ein Loch auftat" - ok, da stocke ich dann beim Lesen, frage mich: Wie ein Loch tut sich auf? Eines, um das er herumpflügt ... na gut. Der Erzähler sagt es hier, ich kauf es hier, warum auch nicht.
Jetzt hatte er also ein kleines bisschen weniger Ackerfläche, wozu sich deshalb den Kopf zerbrechen? So, wie es gekommen war, würde es wohl auch wieder gehen.
Ja genau! Manche Probleme erledigen sich einfach von selbst. Da kann ich total mitgehen, klingt sympathisch und entspannt. Man muss ja nicht immer gleich alles überdramatisieren. Auf jeden Fall will ich wissen, was es mit diesem Loch auf sich hat und lese weiter.

Feige erhob sich und schlurfte mit der Hand in der Hosentasche auf ihn zu. In der anderen hielt er seine Pfeife.
»Ach ja?«, fragte er da, und der Fremde blickte ihn an.
»Kann man das übersehen?«
»Viel zu tun«, entgegnete Feige und spuckte aus. In der trockenen Erde bildete sich ein Krater. Ringsum stieg feiner Dunst auf.
Jo, der Feige scheint eher so der gemütlich-entspannte Typ zu sein, wie ich mir halt so einen mit sich zufriedenen und genügsamen Bauern vorstelle, bei dem ein Tag dem anderen gleicht und wo das auch genau so sein soll. Ist nem kleinen Plausch nicht abgeneigt, schlurft rüber mit der Pfeife. Das sind imA schon gute Bilder und passende Wörter :-) Der Name Feige gefällt mir.
Das Fette passt für mich nicht so richtig zur Perspektive. Wer genau nimmt denn das wahr? Feige ja eher nicht, denke ich zumindest ...
»Jedenfalls«, sagte da der andere, »will ich’s dir abkaufen. Wo du’s ja eh nicht brauchst.«
Hahaha ... ja, ok, hier wird dann schon klarer, was das für eine Geschichte wird, absurd, surreal, wie auch immer ... da bin ich dabei ...
Feige kniff die Augen zusammen. Vielleicht, weil der Wind ihm den Rauch in die Augen wehte, vielleicht, weil die tiefstehende, rotglühende Abendsonne ihn blendete. Vielleicht aber auch, weil er das immer tat, wenn einer einen Scherz machte, den er nicht verstand.
Ich bin unschlüssig mit diesen "vielleicht"s. Ich finde die nicht großartig störend, aber wenns mein Text wäre, würde ich die wohl eher weglassen. Ich finde, die haben irgendwie keinen Mehrwert ... ich fände auch besser, wenn der Erzähler einfach wüsste, dass es so ist ... aber klar, ohne die "vielleicht"s wäre die Aussage ein klein wenig eine andere ... dann wäre es eher ein "und" als ein "oder"

»Bring meiner Minka einen Fisch und dem Gaul eine Möhre und dann mach, was du willst«, sagte Feige, spuckte noch mal aus und ging über die Veranda in seine Hütte.
Hier hab ich gedacht, dass dein Text wohl ein Märchen ist, auch wenn "sonstige" getaggt ist. Ich kann gar nicht sagen wieso, aber "bring meiner minka einen Fisch und dem Gaul eine Möhre" klingt in meinen Ohren einfach wie ein Märchen oder eine Parabel oder so.

»Fisch und Möhre. Wie abgemacht.«
Feige kniff die Augen zusammen.
»Ikschwan heiß ich übrigens. Jetzt sind wir also Nachbarn.« Und Ikschwan machte kehrt und stieg über den durchweichten Acker auf das Loch zu, wo er sich am Rand auf seinen Hosenboden fallen ließ und dann unter der Erde verschwand.
»Heiß doch, wie du willst«, murmelte Feige und schloss mit Fisch, Möhre und noch immer zusammengekniffenen Augen die Tür.
Ikschwan ... auch super. Das klingt wie ein Dolch, so spitz. Das er dann unter der Erde verschwindet, ist schon etwas gruselig, aber das scheint Feige nicht so zu sehen. Es mag ja Verrückte geben, die ein Loch kaufen, aber kein Mensch verschwindet unter der Erde. So richtig amused ist Feige aber hier ja auch nicht mehr. Aber weil er es so hinnimmt und der Erzähler kein großes Aufhebens macht, gehe ich emotional mit, verdränge meinen ersten Grusel und nehme es auch so hin.

Jetzt hatte er also einen Nachbarn. Ikschwan hieß der und wohnte in einem Loch auf seinem Acker. Na, wenn’s weiter nix ist, dachte Feige und warf der Katze den Fisch hin.
Von Katzen verstand er was: Nicht gegen den Strich streicheln. Finger weg vom Bauch. Mit den Menschen war das anders.
Ja-nee, is klar ... da lässt der sich da einfach nieder, in dem Loch, auf seinem Acker, aber so ist das wohl ... Gesagt ist gesagt und verkauft verkauft. Da hat er also den Nachbarn. Sich mit Dingen und Situationen abzufinden ist scheint seine Kernkompetenz zu sein ?, auch weil er vielleicht mehr wie die Katze funktioniert oder der Gaul, mit Menschen, da haperts so ein bisschen ... MMn brauchts den letzten Satz nicht (außer für den Rhythmus) und auch nicht den Teil mit der Frau. Ich hab eher Probleme ihn mit ner Frau zu sehen ... Da frag ich mich, wie er wohl zu der gekommen ist ... Er ist doch so genügsam und so, aber ja, vielleicht kam sie genauso in sein Leben wie Ikschwan, hat gesagt: Du bist jetzt mein Mann und ich deine Frau und zack, so war's dann auch. Und dann wollte sie immer was und etwas zu wollen ist halt einfach nicht sein Ding, darum ist sie dann wieder weg. Naja, schön, wie er dann hingeht, weil er eben doch ein soziales Wesen ist und schaut, was der Ikschwan bei diesem Regen im Loch macht. Da schwingt dann auch so eine Besorgnis mit. Also ich mag ihn, deinen Feige. Der ist so in seiner eigenen Welt ...


Feige beugte sich über den Rand und sah den Fremden und vor allem sah er seinen Gaul. Glaubte zumindest, seinen Gaul zu sehen. Aufgespießt, sich im Kreis drehend, über dem Feuer brutzelnd. Vorsichtshalber kniff er die Augen zusammen.
»Was für ein Wetter, nicht wahr? Da dachte ich, dass ich uns was Warmes zu futtern mach.«
»Ist das mein Gaul?«
»Ja, die Ernte ist ja schon eingeholt, und da dachte ich, dass du ihn eh nicht mehr brauchst.«
Da grillt der seinen Gaul und weil er sagt: Ich mach _uns_ was Warmes zu futtern und "ich dachte, du brauchst den nicht mehr" klingt es gar nicht bösartig, sondern fast schon nett und fürsorglich. Ich seh Feige da stehen, irgendwie verdutzt, er versucht, die Situation zu verstehen, der hat für mich sowas autistisches, mit Katzen kann er und mit Gäulen, aber wenn jemand das eine sagt und das andere macht und vielleicht einen Plan verfolgt, vielleicht ja auch nicht, wer kann das schon wissen, ja, da wirds dann schwierig. Den Ikschwan, den kann er nicht greifen, den nimmt er so hin, wie er alles hinnimmt und dann bruzelt der sein Pferd, macht ja auch Sinn, irgendwie ... und so isses ja nun auch, ändern lässt sich das jetzt nicht mehr ... da bruzelt er halt ... ein Maul weniger über den Winter ...
Und doch war es eigenartig. Es war ja nicht bloß ein Gaul, sondern der Holger, der sich da jetzt drehte, derselbe Holger, der gestern noch im Stall gestanden und Heu gefressen und mit seinem Schwanz die Fliegen weggeschlagen hatte. Der Holger mit seinem eigenen Kopf, dem man fünf Mal zurufen konnte: Rechts lang!, und der dann doch nach links abbog und noch mit dem Ohr zuckte, als wäre ihm das Gerufe lästig.
Ja, sehr schön, wie du seinen Zwiespalt beschreibst, die Bindung, die er zu seinem Pferd hat ...

Jetzt war die Kleine also weg und Kuno war bei Ikschwan. Und als Feige am Loch vorbeiging, hörte er den Kuno deutlich »Katze« sagen. Da beugte er sich über den Rand und sah, aufgespießt und sich im Kreis drehend, seine Minka über der Flamme brutzeln.
»Ah, Nachbar!«, sagte Ikschwan da und auch Kuno hob zum Gruß den Arm, es roch nach Kräutern und nach Pfeifentabak, aber Feige winkte bloß ab, ging über die Veranda in seine Hütte und lag mit dem Geruch von Fisch in der Nase die halbe Nacht wach.
Hier ist es dann natürlich ganz schön, dass die Kleine weg ist, genau wie Holger. Und Kuno ist bei Ikschwan, genau wie Lina bei werweißwem - da passt das dann vielleicht gut mit der Frau. Und dass da Minka über den Flammen bruzelt, das ist so bitter und dass Feige sich nicht mehr zurechtfindet auch. Er sinniert ja den Weg über vom Kuno nach Hause über das Leben nach. Ich weiß nicht genau, wie ich das finde, aber gut finde ich daran, dass es sehr schön hierher führt, dass er nur abwinkt, weil er nichts mehr versteht. So les ich den Text zumindest. Ich lese nix von einem feigen Mann, der sich nicht wehrt, sondern von einem der nix will als friedlich den Acker pflügen und die Jahreszeiten vergehen sehen. Klar, einfältig auf seine Weise, darin aber auch irgendwie weise in seiner Akzeptanz. Die Sache mit Ikschwan, die bringt ihn zum nachdenken, aber so richtig weit kommt er nicht, eine Erkenntnis, irgendetwas Hilfreiches entsteht nicht. Das ist für mich das eigentlich Traurige. Das er sich so gar nicht zurecht findet.

Und an alledem war Ikschwan schuld.
Das habe ich nicht so richtig verstanden. Ikschwan ist schuld, dass Lina und das Kind weg sind? Oder dass er sich darüber Gedanken macht? Wenn ich dann weiterlese, verstehe ich es als Überleitung zum Ende hin. Feige denkt an die Vergangenheit, an seine Frau, seine Tochter, da scheint es Gedanken zu geben, die schwer für ihn sind. Der Text davor, liest sich jetzt als Flucht, das ruhige Leben, die Akzeptanz, gar nicht von innen heraus, sondern als Strategie, um das eigene Scheitern zu vergessen, zu verdrängen. Hmmm... ich weiß nicht, ob mir das so gefällt. Ich mochte ihn ja, deinen Feige, und der Schluss erscheint mir ein bisschen wie die Moral von der Geschichte. Verdrängen und vergessen ist nicht, das holt dich ein und am Ende grillst du am Spieß von ikschwan. Das Ende hat mich auf jeden Fall überrascht. Ich hatte irgendwie erwartet, es gehe um den schmalen Grat zwischen Veränderung und Akzeptanz, darum, das wir immer etwas wollen sollen - das hätte mir einfach von meinem persönlichen Interesse her besser gefallen. Aber nu, so isses halt. Trotzdem wirklich gerne gelesen, ich hoffe, das ist deutlich geworden.
Viele Grüße,
Katta

 

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