Was ist neu

Lollipops und Kippen

Mitglied
Beitritt
10.09.2016
Beiträge
901
Zuletzt bearbeitet:
Anmerkungen zum Text

Wieder ein bisschen warm geschrieben.

Lollipops und Kippen

Ungefähr 2009, also zwei Jahre vor dem Abi, sprach ich den Direktor an, um die Schule zu wechseln. Ein Kumpel, der in Zehlendorf zur Schule ging, hatte mich auf die Idee gebracht. Der war auf einer Waldorfschule. Nachdem er mich ein paar Mal zu Schultheateraufführungen und kleinen Homepartys mit seinen ‚Waldis’ mitnahm, war mir völlig klar, was mir im Leben fehlte. Menschen, die nicht so sehr im Square dachten, wie die Pimmel auf meiner Schule. Ich fühlte mich wie ein auserlesenes Astralgeschöpf, eine Reinkarnation Hermann Hesses, mit gewissen Anteilen Techno im Blut. Die Waldorfschule erschien mir der richtige Ort für mich zu sein. Steiner nie gelesen. Ein Problem mit den gängigen Vorurteilen gegen ‚Waldis‘ hatte ich auch nicht – im Gegenteil: lieber zu einem Club gehören, der dich potenziell nicht als Mitglied haben will.

Wie ein King fühlte ich mich, einfach so für einen Hospitationstag vom Unterricht freigestellt (Shoutouts an meinen damaligen Schulleiter). U-Bahnhof Oskar-Helene-Heim, mitten im Grünen, die Spaten von meiner Schule konnten mich gern haben. Vor dem Unterricht noch eine Kippe und die Blicke der anderen genießen, sich als der Neue fühlen. Dieser kleine, ziemlich zentrale Unterschied zu meiner alltäglichen Wahrnehmung begleitete mich durch den Tag. Egal ob Lehrer*innen, Schüler*innen oder die Ziegen und Hühner in den Gehegen auf dem Schulhof – ich fühlte mich gesehen.
„Hast du Feuer?“, fragte ein Mädchen mit strähnigem Pony und schwarzem Kajal.
„Klar.“
„Was machst du hier?“, fragte sie. Ihre Freundinnen hielten einen Meter interessierten Sicherheitsabstand.
„Ich will vielleicht auf diese Schule.“
Wir rauchten unsere Kippen zusammen. Dann kam mein Kumpel dazu. Stellte sich raus, dass die beiden sich kannten. Wir verabredeten uns, am Nachmittag zum Schlachtensee zu fahren. Dreiundzwanzig Grad. Ein Tag im Mai. Sonnenflecken im Muster der Lücken im Blätterwerk von Platanen, Eichen und Ahorn. Zehlendorf im Vorsommer eben.

Charlotte war ihr Name. Wir fanden raus, dass wir uns beide ein bisschen depressiv fühlten und gut darüber quatschen konnten. Außerdem stand ich hauptsächlich auf Frauen und sie auf Typen. Und mehr aus Langeweile hatten wir ein Mal was miteinander, sahen aber genauso schnell ein, dass das nichts war. Aus dieser Gemengelage entstand: eine beste Freundschaft.

Partys gab es eigentlich immer genug. Ich hatte indes eingesehen, dass das mit dem Wechsel an die Waldorfschule nichts werden konnte. So kurz vor dem Abi. Nee, passte nicht. Mit meinem damaligen Kumpel machte ich noch gelegentlich was, aber mittlerweile hing ich eher mit Charlotte rum. Wir schauten Filme, besoffen uns unter der Woche, rauchten Kippchen, tranken Capri-Sonne und verzierten uns mit Wassertattoos. Kurz: wir fühlten uns krass. Meine Eltern waren alles andere als angepasst, trotzdem ging es schwer in ihre Köpfe, dass wir nur Freund*innen waren. Tatsächlich hatte ich mich ziemlich in Charlottes beste Freundin, Ronja, verknallt. Sowieso war ich ziemlich schnell verknallt, wenn ich fand, dass jemand hot aussah – und Letzteres war in ihrem Fall der Fall. Ich hatte ‚Schmetterlinge im Bauch‘. Ein geiles Gefühl, dass ungefähr die Spitze meiner sonst recht wackligen Gefühlsamplitude bildete.

Es war ein Herbstabend. Ronja und ich hatten was, aber im Gegensatz zu mir, sammelten sich die Schmetterlinge bei ihr nicht so sehr bei nur einer Person. Gelegentlich war was mit Charlotte und außerdem gab es so einen Typen von der Bundeswehr. Ich schaute, ob ich meine Fühler auch woanders ausstrecken konnte, um besser klarzukommen, aber die waren in meiner Eifersucht gegenüber Ronjas Begehrtheit eingeklemmt. Regelmäßiges Selbstmitleid bescherte mir geile Höhenflüge und in den Tiefphasen pushten Charlotte und ich uns mit allen möglichen Mitteln weg. An besagtem Herbstabend war es warm und die Blätter aller Bäume grün. Ich hatte einen Sack Lollipops gekauft und Charlotte vier Packungen Billig-Kippen. Mit Ronja, U-Bahn und Bus fuhren wir nach Dahlem. Die Tochter des HIT-Ulrich-Supermarktinhabers machte eine Party bei sich in einer Villa. Was geil klang, war unterm Strich eine ziemlich lahme Veranstaltung. Also löteten wir uns weg, zumindest ich, schmissen Lollipops und Kippen wie Konfetti durch die Räume und rasteten ein bisschen aus.

Nach etwa einer Dreiviertelstunde war ich so scheiße dicht, dass ich weder sprechen noch gehen konnte. Ich peilte ein Sofa an und landete mit Rücken und Kopf auf dem Teppichboden. Ein paar Leute lachten. Mein Hirn konnte ihre Gesichter nicht verarbeiten. Irgendwelche Pimmel, dachte ich. Die Pimmel wuschelten mir durch die Haare, zogen mir einen Schuh aus und schmissen ihn aus dem offenen Fenster. Ich wollte ihnen eine klatschen, aber konnte nicht mal mehr meinen Mund aufmachen.

Als ich endlich wieder klarkam, suchte ich zuerst meinen Schuh (Gebüsch) und dann Charlotte und Ronja. Ich fragte rum. Viele Leute waren bereits gegangen. Wie bei jeder lahmen Party. Ich hatte Lust, zu kotzen, aber war noch nicht ganz bereit. Schließlich erfuhr ich, dass die beiden sich in einem Raum eingeschlossen hatten. Ich war damn eifersüchtig und rastete ein bisschen auf mich selbst und meine Gefühle aus. Aber auf die schlechte Art und Weise. Ich war innerlich so wütend, weil alles in meinem Leben so ungewiss und scheiße verlief. Und irgendwie ja auch ziemlich gut. Aber halt gleichzeitig auch nicht. Und das waren Momentaufnahmen. Jeder Tag hatte das Potenzial, alles neu oder kaputtzumachen. Wie ein Glücks- oder Pechrad.

Ich hämmerte gegen die Tür und irgendwann kam Charlotte raus.
„Komm mal bitte klar, Carlo“, sagte sie.
„Fick dich.“
„Fick dich selbst. Und verhalt dich bitte nicht wie ein Arschloch, okay?“
„Ihr seid die wahren Arschlöcher“, sagte ich.
„Wie du meinst.“
„Ihr könnt mich am Arsch lecken. Ich gehe.“
„Jetzt chill bitte“, sagte Charlotte.
„Nein. Ihr seid scheiße“, sagte ich und ging wirklich.

Ich kampierte auf den Treppenstufen des U-Bahnhofes. Vorgeblich, um ein Kippchen und einen Lolli zu konsumieren. Nach zwanzig Minuten kam Charlotte, Ronja war nicht dabei.
„Ihr seid Arschlöcher“, sagte ich.
Charlotte setzte sich zu mir, nahm sich eine Kippe und einen Lolli.
„Kannst du irgendwie mein Hirn austauschen?“, fragte ich.
„Wenn du mir sagst, wie.“
„Klatsch mir eine.“
Charlotte klatschte mir eine.
„Nochmal bitte und doller.“
Charlotte klatschte mir eine zweite. Aber es war nur derselbe Schmerz.
„Was willst du damit erreichen?“, fragte Charlotte.
Ich wusste es nicht. Vielleicht wollte ich mich für etwas bestrafen. Vielleicht aufwachen. Vielleicht einen Anlass schaffen, um mich an diesen Abend zu erinnern. Endlich ließ ich den Kopf nach vorne fallen, kotzte auf die Treppenstufen, meine Schuhe, einen Lollistiel und einige Kippenstummel. Charlotte brachte mich irgendwohin nach Hause.

 

Hallo nochmal @Carlo Zwei

Hoffe, es ist ok, wenn ich gleich deinen nächsten Text in Angriff nehme :shy: Bisschen Kritik:

Also, ich verstehe ja, das Wortwiederholungen Stilmittel sein können, aber gleich 7x Schule innerhalb des ersten Absatzes ist dann schon ein Overkill, finde ich. Vielleicht könntest Du das bisschen umstellen und die ein oder andere Wiederholung ausmerzen.

Dann finde ich den Stil an sich nicht immer ganz konsequent, teilweise verkürzt Du extrem und dann wird wieder breit ausgeschrieben. Hier ein Vergleich in zwei aufeinanderfolgenden Sätzen:

Die Waldorfschule erschien mir der richtige Ort für mich zu sein. Steiner nie gelesen.
Das Durchgestrichene könnte weg, ohne das was verloren geht, oder? Ja, dann zu der Waldorfschule, die Du ja am Anfang so schön einführst und bei mir auch das Interesse am Text geweckt hat, die bügelst Du dann später einfach mit den Worten ab:
Ich hatte indes eingesehen, dass das mit dem Wechsel an die Waldorfschule nichts werden konnte. So kurz vor dem Abi. Nee, passte nicht.
That's it. Ich habe da einfach direkt mehr erwartet, dass der Text jetzt was mit dieser Waldorfschule zu tun hat, was geht dort ab, was sind dort für Leute etc., aber diese Erwartung wird dann hier einfach so zerstört, nichtmal mit irgendeiner Begründung. Du brauchst die Schule ja nur als Aufhänger, damit Du diese Charlotte einführen kannst. Das ist einfach so ein Plotpoint, der mir zu wenig überlegt zu sein scheint, der führt ja nirgends hin. Wieso die Charlotte nicht sonstwie einführen? Vielleicht treffen sie sich in 'nem Cafe, im Supermarkt, auf 'ner Party, wasweissich?

Egal ob Lehrer*innen, Schüler*innen
Gendern in einem literarischen Text, ist das dein ernst? :schiel:

Ihre Freundinnen hielten einen Meter interessierten Sicherheitsabstand.
Schön!

Sonnenflecken im Muster der Lücken im Blätterwerk von Platanen
Umständlich, sehr spezifisch, bisschen Overkill. Das ist also Zehlendorf im Vorsommer?

Wir fanden raus, dass wir uns beide ein bisschen depressiv fühlten und gut darüber quatschen konnten.
Ja, klingt sehr jugendlich, das hast Du hier gut eingefangen.

und Letzteres war in ihrem Fall der Fall
Kann man sicher so sagen im Alltag, aber in einem geschriebenen Text finde ich es unschön.

Die Tochter des HIT-Ulrich-Supermarktinhabers machte eine Party bei sich in einer Villa.
Ja, bei sich, wo sonst?

Also löteten wir uns weg, zumindest ich, schmissen Lollipops und Kippen wie Konfetti durch die Räume und rasteten ein bisschen aus.
Der Titel deiner Geschichte lautet 'Lollipops und Kippen', aber wenn es genau um diese titelgebenden Dinge geht, weichst Du dermassen aus? Wieso? Was bedeutet 'ein bisschen ausrasten' für Ronja, Charlotte und ihn? Da müsste was Konkreteres her, es diente auch der Charakterisierung, so kann ich mir leider darunter nicht so viel vorstellen, weil ich das Trio noch zu wenig gut kenne an der Stelle.

Charlotte klatschte mir eine zweite. Aber es war nur derselbe Schmerz.
Auch schön.

Ja, was nehme ich aus dem Text mit? Leider nicht allzu viel. Er hat so eine jugendliche Leichtigkeit, gleichzeitig aber auch bisschen Depression, Gefühlschaos. Und da bin ich auch bei einem nächsten Punkt, der mir aufgefallen ist: Wieso sind sie denn ein bisschen depressiv? Dafür gibt es doch gar keinen Grund, das kommt so aus dem heiteren Himmel auch irgendwie, also will sagen, mir fehlt es da an Substanz. Dein anderer Text hat mir besser gefallen. Nix für ungut.

Viele Grüsse,
d-m

p.s.: Nur falls es so rüberkommen sollte, ich will hier nicht deine Texte bashen oder sowas (warum auch?), ich schreib einfach meine ehrliche Meinung dazu auf, das ist alles. Ich hoffe, Du kannst was daraus für dich mitnehmen, ansonsten spüls einfach das digitale Klo runter.

 

Moin Carlo!

Sehr nice, wieder etwas von dir zu lesen.

Prinzipiell gefallen mir Story, Prot(s), Konflikt.

Das Problem, das ich mit dem Text habe, ist seine Ausformulierung. Ich habe nichts dagegen, dass die Story auf eine autobiografische Art echt und authentisch wirkt, das ist seine Stärke, es ist vielmehr, dass du sie sehr anekdotenhaft erzählst. Ich sehe da viel Potential verloren, bei mir als Leser Gefühle zu wecken. Show don't tell für mich zu wenig eingelöst, wenn man so will.

Beispiel:

Charlotte war ihr Name. Wir fanden raus, dass wir uns beide ein bisschen depressiv fühlten und gut darüber quatschen konnten. Außerdem stand ich hauptsächlich auf Frauen und sie auf Typen. Und mehr aus Langeweile hatten wir ein Mal was miteinander, sahen aber genauso schnell ein, dass das nichts war. Aus dieser Gemengelage entstand: eine beste Freundschaft.
Allein aus diesem Absatz könntest du, würdest du ihn showen und nicht tellen, locker 25 Seiten machen, die es wert wären, gelesen zu werden. Das wird alles unglaublich schnell verhandelt im Text, vom Erzähler, der eben nicht prosaisch erzählt, sondern anekdotenhaft, sehr vertellt. Finde ich schade und bin ich kein Fan von, weil ich denke, würdest du diese Story ausschreiben, szenisch zeigen, wie sie sich kennenlernen, wie ihre Gestik, Mimik dabei ist, würde die ganze Story viel intensiver wirken. Nimm es mir nicht übel, ehrlich Kritik: Mir kommt das ein wenig "lazy" vor, im Sinne davon, dass du die Story erzählen wolltest, aber jetzt nicht 12 Wochen dran schreiben wolltest, sondern sie an zwei Nachmittagen fertig haben wolltest. :D

Ich denke, du tust der Story - ich möchte nicht zu hart werden, aber: vllt auch dir als Autor? - damit einen Bärendienst. Würdest du die Story szenisch ausgearbeitet haben, und die Fähigkeit traue ich dir selbstverständlich zu 100% zu, hättest du eine dichtere, intensivere und auch eigenere Story. In der vertellten Form wirken ihre Komponenten (Jugendliebe, Abi, Alkkonsum), leider, auf eine Art austauschbar, die nicht hätte sein müssen, finde ich. Diese Austauschbarkeit oder diese Platzhalter, die du frei lässt, muss ich als Leser natürlich mit meinen eigenen Gefühlen und Erlebnissen füllen. Deswegen löst dein Text Nostalgie bei mir aus - aber es sind nicht die Figuren und Dinge, die im Text passieren, die mich das fühlen lassen, sondern, weil ich meine eigene Erinnerung gezwungenermaßen hineingeben muss. Es ist also - für mich - ein Text, der wegen des anekdotenhaften Erzählens zu wenig aus sich selbst wirkt und somit an Wirkungskraft einbüßt. Meiner Erfahrung nach wirken solche Art Text besonders gut bei Leuten, die viel Eigenkapazität an eigenen Erinnerungen und Erfahrungen an diese Zeit noch in sich haben, und leicht darauf zugreifen können. Das, was sie dann beim Text spüren, ist aber nicht die Wirkkraft des Erzählten des Textes - sondern die ihrer eigenen Erinnerung.

Gerne gelesen, weil du mit Sprache einfach umgehen kannst, weil sich das liest und man etwas bekommt für das Lesen, und zwar Nostalgie, Jugendromantik, das Gefühl des Jungseins - aber in geringer, ich will nicht sagen homöopathischer :D Dosis, denn würdest du richtig reinsteigen hier, und szenisch zeigen, wie sie sich kennenlernen, wie er die Schule das erste Mal besucht, wie er sich in sie verknallt und dann hängen gelassen wird, wäre das eine starke Leseerfahrung. Sieh das als Arschtritt und gleichzeitig persönliche Meinung von mir, du weißt, ich bin Fan. Und du solltest endlich mal Irving lesen (Garp und wie er die Welt sah), ihr seid Brüder im Geiste :D

Beste Grüße
zigga

 

Regelmäßiges Selbstmitleid bescherte mir geile Höhenflüge und in den Tiefphasen pushten Charlotte und ich uns mit allen möglichen Mitteln weg.
Achja, herrlich. Ist es schlimm, wenn ich gestehe, mich weggelacht zu haben?

Ich mag den Text. Auch so, wie er ist. ZIggas Idee ist auch sehr gut, und das ist sicherlich auch Stoff für einen Roman, aber so wie er da steht, so knackig wie ein jungfräulicher Apfel (oder ein Weiberpopo) finde ich den imposant, weil er so durchrast und voller guter Bauteile ist, die Sätze wirken in ihrer verpeilten Grelligkeit einfach gut. Manchmal biste etwas drüber, da würde ich vielleicht das eine oder andere Wort zurückschrauben, weil es sich sonst verdächtig nah an der Karikatur bewegt, und das wäre zuviel des Guten, wie ich finde. Ist ein Pop-Text, denke ich, erinnert mich etwas an Faldbakken und Stucki auch, für Faldbakken könnte es noch krasser sein dann, aber so vom Sound her, da pflügt man sich so durch. Ist auch ein wenig ein nihilistischer Text, der sich um Stimmungen dreht, um das Jungsein, das finde ich gut gemacht, es muss nicht zwingend um irgendetwas gehen, ein Text, der sich so treiben lässt wie sich die Prots treiben lassen.

Sehr gerne gelesen.

Gruss, JImmy

 

Ich fühlte mich wie ein auserlesenes Astralgeschöpf, eine Reinkarnation Hermann Hesses, mit gewissen Anteilen Techno im Blut.

Hm, jede Generation Schüler/Auszubildende ist anders und somit auch deren Auszüge aus der Selberlebensbeschreibung. War meine noch die Fortführung der Studentenbewegung und keineswegs mit anderen Mitteln - Straßenblockaden (nicht nur wegen Fahrpreiserhöhungen) und Rathausbesetzungen (wenn ich’s richtig in Erinnerung hab, gab es in Bremen sogar ein Todesopfer) und nach dem „Dutschkeattentat“ gings erst richtig zur Sache (dass mein Ausbildungsleiter die historischen Worte aussprach, dass ich sie mitkriegen konnte, hätte er gewusst, was ich für einer sei, ich hätte keinen Ausbildungsvertrag bekommen.
Aber Du wirst staunen, auch da gabs „warme“ Gefühle für die eine oder den anderen … Nun gut, hat beides – Deine wie meine Geschichte – nix mit der Feuerzangenbowlen-Romantik zu tun, die ja auch eher eine Rückblende aus dem gehobeneren Alter ist in sehr akademischen Kreisen.

Aber die Passage

dass wir nur Freund*innen waren
spricht doch für einen wohlangepassten Schüler. Da kann der Name der Räuberstochter nix verhindern.

Oder? &
dann doch noch die eine oder andere Fluse Flüchtigkeit

Ein geiles Gefühl, dass ungefähr die Spitze meiner sonst recht wackligen Gefühlsamplitude bildete.
Du weisst es besser!
Ich war damn eifersüchtig und rastete ein bisschen auf mich selbst und meine Gefühle aus.

Nicht falsch - aber notwendig?
Charlotte setzte sich zu mir, nahm sich eine Kippe und einen Lolli.
...
Noch...mal bitte und doller.“
(ein verkürztes "noch einmal.
Wenn ich Dear jetzt verrat, dass die Dudenredaktion inzwischen einknickt, wiewohl sie immer noch darlegt - und zwar korrekt -, dass es "eigentlich" ein verkürztes "noch einmal" ist ... da braucht es nur noch des massenhaften Regelverstoßes und schon gilt der als die Regel.

Wie immer

gern gelesen vom

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey @deserted-monkey ,

danke für deinen Kommentar und deine Zeit :gelb: Wertvoll, Textarbeit. Entschuldige die kleine Verspätung.

7x Schule innerhalb des ersten Absatzes ist dann schon ein Overkill

Habe eines rausgestrichen, damit aber ansonsten kein großes Problem am Anfang. Der Text ist ja nicht ungeschickt gemacht und insofern ist ein 'Overkill' immer auch ein Stilmittel.

teilweise verkürzt Du extrem und dann wird wieder breit ausgeschrieben.

weiß nicht, ob wir vom selben sprechen, aber für mich ist das Rhythmus.

Gendern in einem literarischen Text, ist das dein ernst? :schiel:

Klar, wieso nicht? :-) Ist ja schon auch ein Pop-Text. Da verrät die Sprache etwas über den Erzähler und bettet den Text ein. Kann verstehen, dass das aneckt. Für mich ist das kein Problem.

Umständlich, sehr spezifisch, bisschen Overkill
(bezog sich auf "Sonnenflecken im Muster der Lücken im Blätterwerk von Platanen")

Ich finde das 'Overkill' sehr interessant, glaube fast, dass dich da was am Stil des Textes stört. Vielleicht bist du auch einfach ein sehr guter Lektor und hast einen sehr guten Riecher. Für mich nämlich fühlt sich dieser Satz auch nach deiner Kritik sehr natürlich und passig an. Das könnte natürlich im Zweifelsfall auch bedeuten, dass ich da einen blinden Fleck habe und einfach nicht merke, dass das too much ist.

Die Tochter des HIT-Ulrich-Supermarktinhabers machte eine Party bei sich in einer Villa.
Ja, bei sich, wo sonst?

hier ebenso. Ich finde, wenn da steht 'in einer' Villa, dann könnte es auch eine angemietete sein, und das ist eben nicht 'Party in Papas Villa'. Und wenn ich 'ihrer Villa' schreibe, ist es formal nicht korrekt.

Dein anderer Text hat mir besser gefallen. Nix für ungut.

Sehe ich nicht für ungut :-) Im Gegenteil. Reibung ist was Gutes.

p.s.: Nur falls es so rüberkommen sollte, ich will hier nicht deine Texte bashen oder sowas (warum auch?), ich schreib einfach meine ehrliche Meinung dazu auf, das ist alles. Ich hoffe, Du kannst was daraus für dich mitnehmen, ansonsten spüls einfach das digitale Klo runter.

Das hier ist der Sparring-Bereich, guter DM ... alles bestens hier drüben :-)

Ich denke, dass der Anfang etwas schief ist, aber der Text an sich schon gut. Spätestens ab dem dritten Absatz. Aber auch die ersten zwei Absätze gehen. Sie sind halt etwas schräg. Vielleicht kann ich da noch was machen, um die Sogwirkung zu erhöhen.
Der Text hat für mich mit der Waldorfschule schon eine logische Zugrichtung. Das ist das auslösende Ereignis. Hier verändert sich was, er lernt Charlotte kennen und sie wachsen ein bisschen nebeneinanderher. Mehr erzählt die Story auch nicht. Aber so lang ist sie wiederum auch nicht, dass sie mehr erzählen müsste als das. Finde ich.

Vielen Dank noch mal für Zeit, Kommentar und Anregungen und viele Grüße!
Carlo

------


Lieber @zigga ,

danke dir! Mega Kommentar. Ich habe mich ertappt gefühlt. Du hast mich im Übrigen gut aufgefangen mit deinen netten Worten zum Schluss (nicht ganz uneitel).

Ich gebe dir mit vielem recht. Ich denke, man könnte da durch Show ganz viel rausholen. Und auch, dass das etwas lazy war (aber nicht so sehr wie du vielleicht denkst. Vielleicht hast du auch den lockeren 'Pinselstrich' dafür gehalten. Ich habe versucht, diesen Text locker aus der Hüfte zu schütteln. Ich wollte nicht in dem Sinne lazy sein.)

Ich denke, du tust der Story - ich möchte nicht zu hart werden, aber: vllt auch dir als Autor? - damit einen Bärendienst. Würdest du die Story szenisch ausgearbeitet haben, und die Fähigkeit traue ich dir selbstverständlich zu 100% zu, hättest du eine dichtere, intensivere und auch eigenere Story.

Auf jeden Fall ein für mich gruseliges Szenario, da als Autor drunter zu leiden. Ich neige nämlich auf der anderen Seite auch zu etwas krampfig konzentriertem Storytelling. Damit fahre ich allerdings halbwegs sicher. Wenngleich auf lange Sicht betrachtet, die lockeren Texte oft die solideren waren. In Abgrenzung von Texten, die so locker waren, dass sie irgendwie zugleich auch schlecht waren. Ob der Text einer von diesen ist, die Frage stelle ich mir aktuell noch. Ich denke allerdings nicht. Obwohl der Anfang zugegebenermaßen sperrig ist. Der Rest hat für mich in der Kürze Substanz. Nichtsdestotrotz kribbelt es mir in den Fingern, wieder so etwas mehr gestisch und länger auszuschreiben. Aber ich muss gestehen, ich habe da nicht dieselben Fähigkeiten wie du. Ich kann gut auch längere Texte schreiben, aber ich bin in Wahrheit nicht so ein guter on-point-Schreiber. Viel Schreib-Power nehme ich (absichtlich) aus der Musik, die ich höre, und lasse mich gerne treiben. Die Skizze für diesen Text war tatsächlich maximal schmal, aber auch bei ausführlichen Skizzen schreibe ich je nach Stimmung sehr minutiös oder sehr locker, eher selten dazwischen.

Das, was sie dann beim Text spüren, ist aber nicht die Wirkkraft des Erzählten des Textes - sondern die ihrer eigenen Erinnerung.

Das ist eine alte Diskussion. Du hast schon recht damit. Und du bist auch jemand der Ahnung davon hat. Nicht umsonst bist du auch im DreckSack gelandet. Nichtsdestotrotz gibt es ja einfach viele mehr oder weniger poppige oder ätherische Texte, die mehr oder weniger auf Stimmungen setzen. Und wie die dann nun entstehen, danach fragt man am Ende kaum, denke ich.

Sieh das als Arschtritt und gleichzeitig persönliche Meinung von mir, du weißt, ich bin Fan. Und du solltest endlich mal Irving lesen (Garp und wie er die Welt sah), ihr seid Brüder im Geiste :D

Ja, ja. Beim nächsten Text skizziere ich wieder ausführlich. Aber wir werden sehen, was wir davon haben :D

Ganz liebe Grüße und vielen Dank dir!
Carlo

 

Hey @jimmysalaryman

vielen Dank für deine Zeit und den Kommentar :-)

Achja, herrlich. Ist es schlimm, wenn ich gestehe, mich weggelacht zu haben?

Natürlich nicht :-) freut mich, dass du den Text mochtest.

ZIggas Idee ist auch sehr gut, und das ist sicherlich auch Stoff für einen Roman, aber so wie er da steht, so knackig wie ein jungfräulicher Apfel (oder ein Weiberpopo) finde ich den imposant, weil er so durchrast und voller guter Bauteile ist, die Sätze wirken in ihrer verpeilten Grelligkeit einfach gut

Danke für diese herrlichen Worte.

Manchmal biste etwas drüber, da würde ich vielleicht das eine oder andere Wort zurückschrauben, weil es sich sonst verdächtig nah an der Karikatur bewegt, und das wäre zuviel des Guten, wie ich finde

Ich denke, ich weiß, was du meinst. Werde ich umsetzen (hoffentlich meinen wir dieselben Stellen).

Faldbakken kannte ich übrigens noch nicht. Werde ich mir mal ein Buch bestellen.

Auch wenn ich nicht so viel mehr zu schreiben habe: gefreut habe mich über deinen Kommentar sehr. Und natürlich, dass dir der Text gefallen hat.

Beste Grüße und bis zur nächsten Sache
Carlo

----


Lieber @Friedrichard (Freatle),

danke für deinen Kommentar treuer Schildbrudi. Immer eine Freude, dich in, unter oder über einer Story zu lesen :)

War meine noch die Fortführung der Studentenbewegung und keineswegs mit anderen Mitteln - Straßenblockaden (nicht nur wegen Fahrpreiserhöhungen) und Rathausbesetzungen (wenn ich’s richtig in Erinnerung hab, gab es in Bremen sogar ein Todesopfer) und nach dem „Dutschkeattentat“ gings erst richtig zur Sache

Ja, bei mir waren es (analog zum Text) tatsächlich Hesse und etwas später Thoreau. Das Zeug, das die spätere 68er Bewegung (meine Eltern) mir angetragen hat.

Feuerzangenbowlen-Romantik zu tun, die ja auch eher eine Rückblende aus dem gehobeneren Alter ist in sehr akademischen Kreise

erst im Studium mal mit in Berührung gekommen. Kann ich nichts mit anfangen. Sehe da immer nur das Erscheinungsdatum vor Augen.

dass wir nur Freund*innen waren
spricht doch für einen wohlangepassten Schüler. Da kann der Name der Räuberstochter nix verhindern.

warum ausgerechnet diese Stelle?

Ein geiles Gefühl, dass ungefähr die Spitze meiner sonst recht wackligen Gefühlsamplitude bildete.
Du weisst es besser!

Ja ... :sick:

Ich war damn eifersüchtig und rastete ein bisschen auf mich selbst und meine Gefühle aus.
Nicht falsch - aber notwendig?

ich denke, das altert ganz okay. Glaube, das passt.

Charlotte setzte sich zu mir, nahm sich eine Kippe und einen Lolli.
...
Noch...mal bitte und doller.“
(ein verkürztes "noch einmal.
Wenn ich Dear jetzt verrat, dass die Dudenredaktion inzwischen einknickt, wiewohl sie immer noch darlegt - und zwar korrekt -, dass es "eigentlich" ein verkürztes "noch einmal" ist

so habe ich es mal von dir gelernt (und inzwischen auch einigen erstaunten Leuten beigebracht) und mache es trotzdem manchmal 'falsch'. Ist verbessert.

gern gelesen vom

Das freut mich!

Viele Grüße nach Timbuktu
Carlo

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom