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Meine Todesliste

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26.02.2009
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Meine Todesliste

Gestern habe ich meinen achtunddreißigsten Mord begangen. Diesmal am Kriminaldirektor und Schutzpatron der Dealerbande. Die Zeitungen betiteln mich mit „Der Teufelsschütze“. Immerhin liegen sie mit dem Geschlecht richtig. Im Grunde wissen sie nichts über mich.
Nun gut, zuweilen bin ich des Teufels liebstes Reittier. Doch ich empfinde keine Freude beim Töten. Töten ist für mich kein Spaß, auch keine Mission, wie ich zu Anfang glaubte. Nein, es ist eine Notwendigkeit.
Achtunddreißig Morde.
Meist an Männern, allesamt Drogenhändler, aber auch an ihren Frauen und Fickflittchen, sofern diese Mitwisserinnen oder sogar Antreiberinnen waren.
Ich habe mit nützlichen Dingern aus Blei, Stahl und Pulver, die von der Form her einem Lippenstift ähneln, jedoch völlig andere Eigenschaften aufweisen, ihre Schädel platzen lassen.
Es hatte auf mich eine beruhigende Wirkung, wenn diese Tussen zum letzten Mal im wahrsten Sinne des Wortes alles gaben, mir ihr charakterloses Leben und ihren Herren und Gönnern einen Batzen Gehirnmasse mitten ins Gesicht.
Durch mein Zielfernrohr konnte ich beobachten, wie sich das Entsetzen auf den mit Blut und schleimigen Placken besudelten Fratzen wie ein Raubtier verbiss. Ich sah, wie die Typen ihre Reise ins Land der Blutsümpfe auf Armani Schuhen und in Maßanzügen antraten. Dort ließ ich sie dann wochenlang herumirren, indem ich jeden, der für sie und ihre dreckigen Geschäfte von Bedeutung war, per Bleiticket zur Hölle schickte.
Ja, ich ließ sie den erdigen Duft der Trauer auskosten. Erst dann gab ich ihnen den Gnadenschuss, der sie gründlicher und schneller als selbst Dr. Freud es vermocht hätte, von Raffgier, Machtbesessenheit und anderen narzisstischen Neurosen für immer befreite. Alles in einem Aufwasch, wie meine Mutter gern sagte.

Natürlich habe ich über diese Anhäufung unerfreulicher Taten oft nachgedacht, aber bis heute für all das keine Schuld bei mir gefunden. Nicht, dass ich mich nicht hin und wieder selbst darüber wundere. Manchmal denke ich sogar, ich bin ein Monster. Doch dann sage ich mir, dass ich mich nur nach einem Mord eine Zeit lang nicht mehr als Opfer fühle, nicht mehr meine eigene Trauer spüre. Und nur in dieser kurzen Zeit kann ich jenen Tag im Sommer vergessen, den Tag, an dem Vieles seinen Anfang und Anderes sein Ende nahm.

An jenem Tag glühte der Himmel heißer als die Hölle und der Teer auf den Straßen drohte in die Gullys abzufließen. Genaugenommen war es nicht irgendein Sommertag, sondern der 17. Juli 2001. Ich war vier Tage zuvor dreizehn Jahre alt geworden und ging neben Melanie, meiner ehemaligen Kindergärtnerin, Richtung Eisdiele.

Wir hatten uns in den Jahren nach meiner Kindergartenzeit des Öfteren zufällig getroffen. Sie hatte dann jedes Mal Zeit für mich. Sie wusste, dass mein Vater unauffindbar war und meine Mutter drei Jobs nachging.
Seit ein paar Monaten wohnte Melanie sogar in meiner Straße, nur zwei Häuser weiter. Die Zeit der zufälligen Treffen, ich konnte mein Glück kaum fassen, war somit vorbei. Wir verabredeten uns regelmäßig.
An Regentagen hockten wir in ihrem Zimmer und lasen uns abwechselnd aus einem Buch vor. In ihren IKEA Regalen gestapelt hatte sie einen gewaltigen Fundus interessanter Bücher von Jules Verne über Karl May bis hin zu Stephen King.
An warmen sonnigen Tagen lagen wir auf ihrem Balkon und grinsten mit zugekniffen Augen in die Sonne. Das Leben war plötzlich schön. Es gab nur eines, das es noch schöner machen könnte und darüber dachte ich nach, als sie an jenem Sommertag mit mir zur Eisdiele ging.

Wir hatten uns schnell geeinigt, Britney ist eine auf Karaokesingen dressierte Kuh und Janis Joplin die coolste Frau mit der aufregendsten Stimme, obwohl sie schon gut 30 Jahre mit ihrem Mercedes Benz über die Himmelsstraßen kurvt.
Dann schwiegen wir in Gedenken, jeder mit Janis Stimme im Kopf. Hin und wieder lächelte ich zu Melanie hoch. Bald war Janis in mir verstummt, meine Gedanken galten wieder ganz Melanie und ich begann, hinter meinem Lächeln Heiratspläne zu schmieden. Selbstverständlich ermahnte ich mich, mit dem Zeitpunkt zu warten, bis ich achtzehn bin und eine Arbeit habe, um Melanie versorgen zu können. Etwas Anderes wäre nicht meine Art gewesen. Doch ich fand auch, das sei vernünftig genug und träumte lieber von den angenehmen Dingen, die verheiratete Paare miteinander machten, jedenfalls soweit ich davon wusste.

Bald legte ich ohne nachzudenken meinen Arm um ihre Hüfte. Melanie trug einen schlichten, pinkfarbenen Bolero. Er war direkt unter ihrem Busen verknotet. Meine Finger berührten nackte Haut. Ihre Hüfte wiegte sanft im Takt unserer Schritte. Meine Hand begann sie zu streicheln. Ich überlegte, ob ich diese ungehorsame, mutige Hand daran hindern sollte, hatte Schulhofszenen in meinem Kopf, wo Mädchen allzu frechen Jungs schon mal eine Ohrfeige verpassten, und konnte doch nicht anders als sie gewähren lassen.
Gegen meine kühnsten Erwartungen legte Melanie ihren Arm um mich. Ihre Hand landete leicht wie ein Kolibri auf meiner Schulter. Es hätte mir heiß werden müssen, noch heißer als ohnehin schon unter dem kochenden Himmel. Aber mir war, als hätte Melanie mich in ihre Aura eingeschlossen, eine Aura nicht heiß nicht kalt, sondern angenehm temperiert und nach Flieder duftend.
„Du bist mein bester Freund, weißt du das?“ Ihre Stimme floss weich und geschmeidig wie süßer Sirup in mein Ohr.
„Und du meine allerbeste Freundin, für immer“, antwortete ich ihr, ohne die kleinste Unsicherheit. Für kindliche Ängste war kein Platz in mir, ich steckte voller Freude. Ich fühlte mich nicht nur glücklich, nein ich spürte eine neue Art von Glück in mir. Viel umfassender und unendlich größer als das vergängliche Glücksgefühl an einem Nachmittag in ihrem Zimmer.
Lebensglück, so hieß das Wort, das mir von irgendwo her in den Sinn kam. Ich staunte darüber, denn ich war dreizehn, das hatte ich trotz allem nicht vergessen, aber es war ein großartiges, angemessenes Wort und mit einem seligen Lächeln im Gesicht spann ich den Faden weiter.
Wenn das Lebensglück wie ein großes Seidentuch ist, überlegte ich, so groß wie eine Wiese, und es schwebt so hoch durch die Luft, das es nur mit der Kraft eines ganz besonderen Glücksgefühls zu erreichen ist, dann hielt ich in diesem Moment einen Zipfel davon in meiner Hand, so fest, dass ich sicher sein konnte, es würde mir nie mehr entwischen.

Frei von allen Sorgen zog ich Melanie fest an meine Seite. Sie jauchzte ausgelassen und zog meinen Kopf in ihre Achselhöhle. Noch war ich kleiner als sie, aber das würde sich ändern.

Eng umschlungen bogen wir in die kleine Seitenstraße zur Eisdiele ein. Sie schien gut besucht; kein Wunder bei diesen mörderischen Temperaturen. Einige Leute an den Tischen sahen uns und lächelten.
Ein dicker Mann schwitzte in seinem dunklen Anzug, löffelte dabei sein Erdbeerreis und nickte uns sogar freundlich zu. In seiner Nähe standen drei junge Männer, die kein Eis aßen und den wenigen Autos auf der Straße nachschauten. Trotz ihrer grimmigen Gesichter störten sie mich nicht. Was das anging, hätte mich nicht einmal eine Kolonne Leichenwagen aus der Hochstimmung gerissen.

Pedro der Wirt, wie immer in Jeanshose, blütenweißem Hemd und mit einem blauweiß karierten Tuch halb in der Hosentasche steckend, tänzelte zwischen den Tischen. Als er uns sah, verbeugte er sich knapp und deutete einladend auf den letzten freien Tisch. Ich nickte ihm freudestrahlend zu. Er nahm sogleich sein Tuch und begann mit eleganten Bewegungen den Tisch zu putzen, als es mehrmals schnell und laut hintereinander knallte.

Glas zerbarst, Tische splitterten, Melanie ruckte aus meinem Arm und warf sich auf den Boden. Ich dachte nicht, ich reagierte nur, drehte mich um und warf meinen Körper der Länge nach schützend auf ihren. Als ich auf ihr lag, wusste ich immer noch nicht, was überhaupt passiert war.
Jemand stöhnte, ein Motor heulte auf, Reifen quietschten. Ich drehte meinen Kopf zur Straße, sah einen silbernen BMW davonschießen und begriff endlich, was geschehen war. Jemand hatte aus dem Auto heraus geschossen. Ich bewunderte Melanie, wie schnell sie reagiert hatte und ich war stolz, sie ohne nachzudenken mit meinem Körper geschützt zu haben.
Mein Kopf lag zwischen ihren Brüsten. Ich hob ihn etwas an und sah, wie ihre Augen schreckensweit nach oben starrten. Einer der Kerle musste über uns stehen und mit einer Waffe auf uns zielen. Langsam stemmte ich meinen Oberkörper hoch und drehte mich um.

Niemand stand in unserer Nähe. Der dicke Mann hing schlaff im Stuhl, einer der grimmigen Männer wälzte sich stöhnend auf dem Boden, die anderen beiden liefen die Straße hinunter. Der freundliche Pedro lag zwischen zwei Tischen, sein weißes Hemd entstellte ein großer roter Fleck. Eine ältere Frau lehnte mit den Händen abgestützt neben der Tür und erbrach sich. Ihr Mann schaute zu, seine Knie zitterten. Ein junges Pärchen taumelte mit bleichen Gesichtern rückwärts zur Hauswand und hielten sich die Hände vor den Mund. Und Melanie unter mir bewegte sich immer noch nicht. Wahrscheinlich hatte sie noch zu viel Angst. Ich drehte mich wieder zu ihr.
„Es ist vorbei“, sprach ich zu ihren Schreckensaugen.
„Hey.“ Ich streichelte ihre Wange. „Ist ja gut, komm, ich helfe dir auf.“ Ich stellte mich breitbeinig über sie, rutschte dabei mit meinem rechten Fuß etwas weg, fand mein Gleichgewicht wieder und sah zu ihr runter.

Mein rechter Schuh stand in einem blutroten Klecks, nicht beunruhigend groß, die Schuhsohle verdeckte ihn fast ganz und Melanie bewegte sich immer noch nicht. Sie starrte mich nur mit einem Blick an, den ich von ihr nicht kannte. Er war so ernst oder irgendwie enttäuscht oder vielleicht eher abweisend, so als wollte sie plötzlich nichts mehr mit mir zu tun haben. Sie schaute mit diesen großen, runden, blauen, geliebten Augen durch mich hindurch als wäre ich Luft für sie. Mir wurde schwindelig.
„Melanie, bitte.“ Ich bückte mich zu ihr herab, hob ihren Arm auf, nahm ihre Hand und drückte sie. Sie war feucht, seltsam feucht und einwenig klebrig. Es kümmerte mich nicht, es war ihre Hand, die ich hielt und sie entzog sie mir nicht. Nur das zählte.
„Ich wollte dich nur beschützen. Bitte sag doch was.“ Aber sie sagte nichts, gestattete mir nur ihre Hand zu halten.
„Melanie bitte, ich tue alles ...“ Weiter kam ich nicht. Jemand faste mich an die Schultern und wollte mich wegschieben.
„Komm da um Himmels willen weg Junge!“, schrie eine Frau mir mit fürchterlich saurem Atem ins Ohr. Vor Schreck entglitt mir Melanies Hand. Wütend rammte ich meinen Ellbogen nach hinten und drehte mich um. Vor mir stand die ältere Frau, die gerade eben noch am Türrahmen gelehnt und ihrem Mann eine Eisportion vor die Füße gekotzt hatte.
„Ich muss ihr helfen, sehen Sie das nicht?“
Aber sie schüttelte nur stumm den Kopf, wandte sich ab und erbrach ihr Mittagessen auf den Gehweg.
„Muss ihr helfen.“ Diese drei Worte blieben als Echo in meinen Gedanken. Sie rüttelten mich wach. Ich entdeckte zwei fingerkuppengroße, dunkelrote Flecken auf Melanies Körper, dort wo zuvor ihre Hand gelegen hatte. Sie schienen mir nicht schlimm, längst nicht so schlimm wie dieser schreckliche Ausdruck in ihren Augen.

Links von mir hörte ich, wie Tische gerückt wurden.
Der ältere Mann, dessen Frau ich gerade geknufft hatte, kniete sich neben Pedro. Der dicke Mann hing immer noch in seinem Stuhl, der Anzug glänzte nass wie mit Öl besudelt und der grimmige Kerl lag nun ebenso ruhig wie Melanie auf dem Boden und außerdem in einer gewaltigen roten Pfütze.
„Nein, du gehörst nicht zu denen, die hat’s schlimm erwischt, die sind voller Blut, die sind tot, du gehörst zu mir.“ Ich kniete mich hin. Mit zitternden Fingern befühlte ich die zwei kleinen Wunden. Eine knapp unter dem Knoten ihres Bolero, die andere etwas tiefer und ein Stück links. „Siehst du, sie bluten nicht mal mehr!“, rief ich ihr aufmunternd zu.
„Ich fühle noch einen Puls!“, rief der alte Mann, der neben Pedro kniete wie ich neben Melanie. Dann beugte er sich, presste seinen Mund auf Pedros und blies Luft hinein. Ich wusste nicht, wie man Puls fühlte, aber es schien mir logisch, dass Maßnahmen, die dem armen Pedro halfen, Pedro mit der blutdurchtränkten Hemdbrust, auch für Melanie gut sein mussten.

Ich holte tief Luft, packte mit beiden Händen Melanies Kopf, presste meine Lippen auf ihren Mund und blies so kräftig und so lange ich konnte.
Es gab ein Geräusch, als wenn man mit einem Strohhalm den letzten Rest Cola aus dem Glas saugt, nur nicht ganz so laut. Ich versuchte es noch einmal. Diesmal schielte ich gleichzeitig auf ihren Körper. Ihre Brust hob sich. Aus einem der roten Löcher sprudelten ein paar Blutbläschen. Nicht viel, also nicht schlimm. Ich machte weiter, ihre Brust hob und senkte sich schlürfend, aber nur leise, sehr leise, also nicht so schlimm.
Ich machte weiter, es klappte, ich wurde zuversichtlich und nebenbei sah ich, wie der alte Mann bei Pedro mit beiden Händen rhythmisch auf dessen Brust drückte.
Ich machte es ihm nach. Etwas Blut quoll aus Melanies Mund, lief über ihre Wangen und tropfte auf ihr blondes Haar. Nicht sehr viel, nicht weiter schlimm.
Ich sah zu dem alten Mann, der nun wieder in Pedros Mund blies, hörte Sirenen näher kommen, senkte meine Lippen auf Melanies, schmeckte ihr Blut, es erinnerte mich an den Geruch meiner Hände, wenn ich die Kupfermünzen aus meinem Sammelglas sortierte und durchzählte, aber es schmeckte auch irgendwie frischer, ein klein wenig nach saurem Apfel. Auch wenn bald mein Mund und mein Gesicht ganz klebrig davon waren, es war ja Melanies Blut, also nichts, wovor ich mich ekeln könnte.

Pressen und beatmen. Ich behielt den Rhythmus bei, bis ein Schatten auf mich fiel.
„Warte Junge, ich muss ihren Puls fühlen“, sagte der Schatten, und als ich sah, dass er zu einem Sanitäter gehörte, sank ich erschöpft und mit Schmerzen in Armen und Rücken neben Melanie auf den Boden.

Der Sanitäter fühlte an ihrem Hals, sah aber mich dabei an. Ich dachte, ich müsste etwas sagen. Ich setzte mich auf.
„Sie heißt Melanie“, begann ich.
Er nickte, tastete und sah mich an.
Einen Moment dachte ich daran, ihm zu sagen, was hier geschehen war, die Schüsse und die kotzende alte Dame, aber heraus kam: „Wir wollen heiraten.“
Diesmal schüttelte er den Kopf, langsam und ernst.
„Wenn ich achtzehn bin“, fügte ich erklärend hinzu.
Er fuhr mit seiner flachen Hand, die eben noch Melanies Hals befühlt hatte, über ihr Gesicht und schloss ihr die Augen.
Ich bin ein Idiot, dachte ich. Die ganze Zeit musste Melanie in die pralle Sonne gucken. Ich hätte ihr gleich die Augen schließen sollen.
„Tut mir leid, Melanie, ich hab einfach nicht dran gedacht“, schluchzte ich und wischte ihr zärtlich etwas Blut von den Mundwinkeln.

Der Sanitäter stand auf. „Komm mit Junge. Wir können nichts mehr für sie tun.“ Er ging um ihren Kopf herum, packte mich unter den Armen und zog mich hoch. „Wie heißt du eigentlich“, fragte er.
Ich antwortete: „Melanie.“
Und er sagte Dinge wie: Ich wäre sehr tapfer gewesen, ich hätte alles richtig gemacht, aber sie war wohl sofort tot, sie hat bestimmt keine Schmerzen gespürt, tut mir leid für euch beide, war sie deine Schwester? Du musst noch mit dem Polizisten da drüben reden. Können wir deine Eltern irgendwie erreichen? Wir fahren dich dann nach Hause. Deine Eltern müssen entscheiden, ob wir dir zur Beruhigung eine Spritze geben dürfen. Komm, setzt dich erst mal in den Krankenwagen, du bist ja ganz blass, leg dich auf die Trage, vielleicht kannst du dich nach ein bisschen Ruhe an deine Adresse erinnern ...

Ich habe seine Fragen nie beantwortet und auch nicht die Frage der Polizei, ob Melanie etwas mit den Drogenbanden zu tun gehabt hätte. Die nächsten dreieinhalb Jahre kam kein Wort über meine Lippen.
Auch alles gut gemeinte Zureden erreichte meine Ohren, nicht aber meinen Geist. Der war längst auf Wanderschaft und er nahm einen anderen Weg als mein Körper. Er legte sich nicht auf die Trage, er ging die Straße hinunter, immer weiter, bis keine Häuser mehr seinen Weg säumten.
Ich trat meine Wanderschaft auf der von mir so genannten „Telegraphroad“ an. Ich wette, meine ehemaligen Klassenkameraden sagten „Klapsmühle“ dazu.

Dieses Ereignis bei der Eisdiele, so nenne ich es normalerweise, weil jede konkretere Bezeichnung für mich unaussprechlich ist, ist zu einem schwarzen Loch in meiner Existenz geworden. Eine Zusammenballung aus Schmerz und Trauer, deren Schwerkraft jeden Gedanken in eine Kreisbahn zwingt, von der es kein Entkommen gibt. Wenn ich nicht achtgebe, marschiere ich eines Tages für alle Ewigkeiten auf der Telegraphroad auf und ab.

Doch solange ich aufpasse und rechtzeitig meine Liste zur Hand nehme, wird das nicht passieren.

 
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Hallo Asterix,

Bin ich ein Monster?

Also ich finde das hast du schon ein bisschen dick aufgetragen. So wie die Geschichte aufgebaut ist, ist es im Grunde eine große Rechtfertigung.
Erinnert mich an die TV-Serie Dexter. Da gehts auch um einen Serienkiller, der nur Böse umbringt. Aber das funktioniert, weil man man ihn irgendwie mag, und er ein sympathscher Typ ist.
Das ist in einer Kurzgeschichte schwer zu schaffen, dass man den Killer mag. Außerdem versucht Dexter nie, sich rechtzufertugen. Er hält sich selbst für ein Monster.
Also ja, dein Prot ist ein Monster.

Britney ist eine auf Karaokesingen dressierte Kuh und Janis Joplin die coolste Frau mit der aufregendsten Stimme, obwohl sie schon gut 30 Jahre mit ihrem Mercedes Benz über die Himmelsstraßen kurvt.

Ich glaube nicht, dass so viele 13-Jährige gibt, die sich darauf einigen können, dass Janis die coolste Frau der Welt ist. Also die Kids würde ich gern kennenlernen. Man muss eigentlich mindestens 15 sein, um Janis zu schätzen. Mindestens.
13-Jährige sind Kinder mit Triebe. Da ist man völlig durcheinander und verunsichert, und cool ist das, was im Fernsehen kommt.

Also einerseits sind zu alt.. und dann wiederum sind sie zu jung.

Bald war Janis in mir verstummt, meine Gedanken galten wieder ganz Melanie und ich begann, hinter meinem Lächeln Heiratspläne zu schmieden

Das kann man vielleicht mit 9 machen, Heiratspläne schmieden und so. Mit 13 schaut man auf MTV Dismissed! und Next! und so Sachen.. ich hab mit 13 nach einem Monat mit meiner Freundin einfach so Schluss gemacht. Keine Ahnung warum. Sie war ein verdammt nettes Mädchen.

Selbstverständlich nicht ohne die Stimme der Vernunft, die mich ermahnte, mit dem Zeitpunkt zu warten, bis ich 18 bin und eine Arbeit habe, um Melanie versorgen zu können.

Du gibts einem 13-Jährigen eine Stimme der Vernunft? Die hat der mit 18 noch nicht. Und später bringt er 62 Leute um, also fraglich ob er die je bekommen hat.

und träumte lieber von den angenehmen Dingen, die verheiratete Paare miteinander machten, jedenfalls soweit ich davon wusste.

Also auch wenn die Welt vor 10 Jahren ein Tick heiler war als heute, (mittlerweile gehts da zu mit Vodka und Ficken und alles) mit 13 wusste man in der Regel alles, was Paare so miteinander trieben.

Sie wusste, dass mein Vater unauffindbar war und meine Mutter drei Jobs nachging.

Dann sind auch noch keine Eltern am Start.. also so behütet wächst der Junge nie im Leben auf.

Also die parallel verlaufende Reanimation fand ich gut, da kommt schon Spannung auf... auch der Einsteig ist nicht schlecht, da sind auch ein paar wuchtige Formulierungen drin, doch diese heile Weit Rechtfertigung, früher war alles so super mit 13, dann starb Melanie ... bin ich ein Monster? Vielleicht kommt das bei anderen besser an, bei mir hat es nicht so gezündet.

MfG,

JuJu

 

Hallo Ju Ju!

Ich glaube nicht, dass so viele 13-Jährige gibt, die sich darauf einigen können, dass Janis die coolste Frau der Welt ist. Also die Kids würde ich gern kennenlernen. Man muss eigentlich mindestens 15 sein, um Janis zu schätzen. Mindestens.
13-Jährige sind Kinder mit Triebe. Da ist man völlig durcheinander und verunsichert, und cool ist das, was im Fernsehen kommt.
Ich hatte mir vorgestellt, dass er in Sachen Musikgeschmack von Melanie geprägt ist. Aber deine anderen Kritikpunkte hinsichtlich Alter und Reife und Zeit (um 2001) bringen mich zum Grübeln.

Also da muss ich das Geschehen wohl 30 Jahre vorverlegen und Britney durch Katja E. oder Lena V. ersetzen, dann natürlich auch „Karaoke“ rausnehmen … oder ich machs irgendwie anders.

Da brauch ich etwas Zeit, ist aber in Arbeit.

Eine Rechtfertigung sollte es (aus Sicht des Prot.) schon sein. Er stellt sich selbst die Frage und leitet sie weiter, weil er keine Antwort findet.

Also ja, dein Prot ist ein Monster.
Deine Antwort ist vollkommen okay. Es lag nicht in meiner Absicht, eine bestimmte Antwort zu „erzwingen“, die darf jeder Leser für sich selbst finden.

Nebenbei hab ich noch gemerkt, dass mir ein paar Ziffern durchgerutscht sind. Da mach ich mich gleich dran.

Vielen Dank für deine hilfreiche Einschätzung.

Lieben Gruß

Asterix

 

Hallo Asterix,

mir hat der Rahmen nicht gefallen.
Die Szene mit Melanie und deinem Erzähler, die finde ich super. Gut, wie dieses Träumerische plötzlich und doch irgendwie Schritt für Schritt ins schwarze Loch gesaugt wirkt.
Das war schon dick aufgetragen, aber für mich in sich stimmig und dadurch gelungen. Fand das auch nicht mit Britney vs Joplin komisch oder die Frage, ob man mit 13 schon derart aufgeklärt sein muss. Für mich war das durchaus vorstellbar, wenn der junge vll auch eher eine Ausnahme sein wird.
Weniger vorstellbar war eben dieser Rahmen. Allein die Briefform finde ich immer etwas schwierig.
Dennoch passen für mich der Mittelteil nicht mit dem Serienkiller zusammen und auch die Frage, ob er denn ein Monster ist, wirkt für mich wie angeklebt. DIe Erfahrung ist krass, keine Frage, aber in dieser Kürze abgehandelt, finde ich es nicht befiriedigend, dass der Junge sich nun das Abmurksen von Schurken zur Aufgabe gemacht hat. Auch der Hass auf die "leichten Weiber" an deren Seiten erschließt sich für mich nicht so 100%ig. Da greifst du schlicht in die KLischee-Schublade und nimmst eben raus, was da so zu passt.
Alles in allem denke ich, dass die kg ohne den Rahmen besser dran wäre. Aber dafür ist sie natürlich noch nicht fertig. Es braucht wenigstens ein Schlaglicht, wie der Junge mit der Erfahrung zurecht kommt, was er für Schlüsse daraus zieht, worin er nun seine Aufgabe sieht. Nicht groß auserzählt (obwohl das auch spannend wäre), nur angedeutet.

grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo weltenläufer!

Sehr schön, jetzt weiß ich wenigstens, was ich die Pfingsttage über mache! :lol:

Also, der Rahmen ist Eiche rustikal und das Bild pastellfarben mit ein paar dunklen Schatten in einer Ecke. Tja, als Beinahefachmann in Sachen Bildkunst würd ich auch sagen, das passt nicht.
Aber gerade diese Disharmonie fand ich hier ganz reizvoll.

Auf die „wuchtigen Formulierungen, wie JuJu es ausdrückte, möchte ich ungern verzichten.

Auf die Frage: Bin ich ein Monster, dagegen schon eher.

Ich werde die Tage über den „Rahmen“ (Briefform und Monsterfrage) nachdenken.

Egal wie, es bleibt immer die Frage: Warum und wem erzählt er das? Eventuell muss ich in die Dritte Person „flüchten“.

Schöne Pfingsttage wünscht

Asterix

 

Hey Asterix,

eine Schnörkelgeschichte :).

Eigentlich kann ich mich weltenläufer anschließen, aber Du hast ja schon gesagt, dass Du drüber willst, also erspare ich mir jetzt, Dir ins Gewissen reden zu wollen und die lästigen Wiederholungen. Naja, vielleicht ergänze ich noch, dass ich so Selbstbeweihräucherungen am Anfang eines Textes immer für problematisch halte.
Die Melaniegeschichte finde ich hübsch - für sich allein stehend, fehlte ihr aber tatsächlich ein Rahmen oder Ende oder irgendwas, also Du brauchst da schon einen Freak, damit sie nicht haltlos ist. Ob er gleich wie irre alles niederballern muss - naja, denk mal drüber nach ;).

Ich habe mit niedlichen Dingern aus Blei, Stahl und Pulver, die von der Form her einem Lippenstift oder OB-Tampon ähneln, jedoch völlig andere Eigenschaften aufweisen, ihre Schädel platzen lassen.

Mochte ich persönlich gar nicht. Zielt so sehr auf die weibliche Welt ab, und einen Drogenhändler mit nem Tampon erlegen - sorry, das hab ich nicht auf den Schirm bekommen.

An Regentagen hockten wir in ihrem Zimmer und lasen uns abwechselnd aus einem Buch vor.

Hier wäre doch gut auch Janis unterzubringen. Bücher lesen, Platten hören. und ja, ich finde, wenn er in Melanie verschossen ist, dann ist ihre Welt auch seine Welt und Janis cool.

Bald war Janis in mir verstummt, meine Gedanken galten wieder ganz Melanie und ich begann, hinter meinem Lächeln Heiratspläne zu schmieden. Selbstverständlich nicht ohne die Stimme der Vernunft, die mich ermahnte, mit dem Zeitpunkt zu warten, bis ich achtzehn bin und eine Arbeit habe, um Melanie versorgen zu können.

Niedlich, aber - naja - mit 13, ich weiß nicht. Vielleicht sollte er mehr von ihrem Körper träumen und diesen anzufassen zu dürfen, als sie zu heiraten. Er weiß schon, dass man auch Sex ohne Ehe haben darf, oder?

„Du bist mein bester Freund, weißt du das?“ Ihre Stimme floss weich und geschmeidig wie süßer Sirup in mein Ohr.

Nein, nein, nein. ich frag mich schon die ganze Zeit, warum Melanie da so viel Zeit mit dem Jungen verbringt, mit ihm auf dem Balkon sonnenbadet und sich jetzt auch noch gegrabbeln lässt. Aber hier kommt es mir echt zu dick. Jetzt ist sie auch noch so sozial isoliert, dass sie sich an ihn halten muss? Kann sie in ihm nicht so eine Art kleinen Bruder sehen? So einen Schutzbefohlenen?

Lebensglück, so hieß das Wort, das mir von irgendwo her in den Sinn kam. Ich staunte darüber, denn ich war dreizehn, das hatte ich trotz allem nicht vergessen, aber es war ein großartiges, angemessenes Wort und mit einem seligen Lächeln im Gesicht spann ich den Faden weiter.
Wenn das Lebensglück wie ein großes Seidentuch ist, überlegte ich, so groß wie eine Wiese, und es schwebt so hoch durch die Luft, das es nur mit der Kraft eines ganz besonderen Glücksgefühls zu erreichen ist, dann hielt ich in diesem Moment einen Zipfel davon in meiner Hand, so fest, dass ich sicher sein konnte, es würde mir nie mehr entwischen.

Wäre für mich so ein Fall von streichen :sealed:.

Pedro der Wirt, wie immer in Jeanshose, blütenweißem Hemd und mit einem blauweiß karierten Tuch über den linken Arm gelegt, tänzelte zwischen den Tischen.

Das Tuch klemmt man sich heutzutage in den Hosenbund oder an die Schürze. Kein Mensch läuft damit über den Arm rum, dass stört auch ungemein. Und Pedro ist ja wohl cool, oder ;). Also, am Hintern in der Hose.

Sie war feucht, seltsam feucht und einwenig klebrig.

ein wenig

Diese Beatmungs und Massagegeschichte - die mochte ich gern. Dieses, bei den Erwachsenen abgucken und nachmachen, weil man selbst diese Situation alles andere als im Griff hat, fand ich richtig gut.

Nicht sehr viel, nicht weiter schlimm.

Diese Dinger sind gut! Dieses hindrehen der Gegebenheiten, weil man alles andere verdrängt und nicht wahrhaben will, hat mir gut gefallen.

Einen Moment dachte ich daran, ihm zu sagen, was hier geschehen war, die Schüsse und die kotzende alte Dame, aber heraus kam: „Wir wollen heiraten.“

:) - naja, leider ja unglaubwürdig für sein Alter, aber so niedlich ...

Ich bin ein Idiot, so ein dummer kleiner Idiot, dachte ich. Die ganze Zeit musste Melanie in die pralle Sonne gucken. Ich hätte ihr gleich die Augen schließen sollen.

Hier auch - schmunzel.

Deine Eltern müssen entscheiden, ob wir dir du zur Beruhigung eine Spritze geben dürfen.

zu viel

Komm, setzt dich erst mal in den Krankenwagen, du bist ja ganz blass, leg dich auf die Trage, vielleicht kannst du dich nach ein bisschen Ruhe an deine Adresse erinnern ...

Nachdem ich „Melanie“, diesen wunderschönen, melodischen Namen meiner Lebensliebe ausgesprochen hatte, kam die nächsten dreieinhalb Jahre kein weiteres Wort über meine Lippen.

Das finde ich auch gut. Und jetzt mach aus ihn einen Racheengel. Muss man ja nur andeuten, das Gefühl, wenn er den ersten umlegt und den zweiten auf der Liste aufsucht. Würde ja irgendwie reichen. Glaub ich, denk ich.

Das Titelgebende Monster gefällt mir gar nicht. Also beides, Titel und die inhaltlich Idee dahinter.

Ja, war jetzt doch irgendwie ne Wiederholung. Aber die Eisdielenszene ist schön. Und sie macht ja den größten Teil des Textes aus ;).

Dann viel Erfolg bei der Überarbeitung.
Beste Grüße Fliege

 

Hallo Asterix

Mein erster Gedanke nach einigen Zeilen: Völlig überzeichnet, es entwickelt sich satirisch.

Ich war vier Tage zuvor dreizehn Jahre alt geworden und ging neben Melanie, meiner ehemaligen Kindergärtnerin, Richtung Eisdiele.

Dies entzog meinem vorläufigen Bild den Boden. Ein neues hypothetisch-vages Konstrukt der Persönlichkeit des Prot. bildete sich in Sekundenbruchteilen in meiner Vorstellung. Ein Dreizehnjähriger, der seine Comicfantasien durchlebt und über Jahre bewahrt?

Doch was sich dann abzeichnet, ist wohl das Ergebnis einer Abrechnung in der Unterwelt. Dass auch Unbeteiligte zu Betroffenen werden, nun das ist in dieser Branche ein kalkulier- und tragbares Risiko. Soweit nicht alltäglich aber durchaus reales Geschehen, wie die Annalen der Kriminalgeschichte es begrenzt festhalten.

Die Gefühle des Jungen scheinen mir schön gezeichnet. Sein Verhalten im Moment des Ablebens von Melanie etwas zu abgehoben. Der Schock, in dem er die Wirklichkeit nicht akzeptieren will, aber kenntlich zum Ausdruck kommen müsste, wäre da angezeigt. Dass er an Heirat dachte, etwas ungewöhnlich aber nicht auszuschliessen. Eine erste Liebe ist immerhin von Romantik getragen.
Dass Melanie sich auf ein Spiel mit dem Jungen einlässt, den sie einst im Kindergarten betreute, ist eine ebenso ungewöhnliche Komponente, aber in ähnlichen Gestaltungsmustern nicht unbekannt.

Offen lässt du interessanterweise den Zeitrahmen, zwischen der Tat und dem Schreiben – es ist doch eins? – an die Redakteure. Sind es Monate oder Jahre? Dies scheint mir entscheidend, da der Schock des Erlebten für den Jungen mit therapeutischer Unterstützung verarbeitbar sein müsste. Zumindest in einer Form, die ihn später nicht mit solchen Rachefantasien quält. So wie ich es entschlüsselte, hatte er die dreiundsechzig Morde nur in seiner Fantasie begangen, als Teil seines Genesungsprozesses für seine verletzte Seele. Die Frage, die er sich selbst stellt, ob er deshalb ein Monster sei, ist die Stimme seines Gewissens. Insofern greift der Heilungsprozess, wenn dies so stimmt. Das Geständnis muss er dann auch nie absenden. :D – Aber es scheint mir gut, dass dies offenbleibt, es der Vorstellung des Lesers überlassen ist.

Für einen Krimi ein eigenwilliges Konstrukt, dass dem Genre aber eine besondere Komponente hinzufügt.

Sehr gern gelesen, auch vom flüssig lesbaren Stil und den humorigen sowie spannenden Sequenzen her.

Schönen Gruss

Anakreon

 

Hallo Fliege!

Ich bin erfreut und erstaunt zugleich, dass ich dich nun schon zum zweiten Mal in diese Rubrik locken konnte.
Nachdem du bei dem Ratekrimi auf die lockere und spaßige Seite gestoßen warst, bist du nun in den grausigen Niederungen dieses Genres angekommen. Herzlich willkommen.

Selbstbeweihräucherungen am Anfang eines Textes immer für problematisch halte.
Stimmt. Das ist nicht dazu geeignet, den Prot sympathisch aussehen zu lassen.

Es fehlt hier die glättende Hand eines außenstehenden Erzählers. Zudem hat der Ich-Erzähler von mir (Autor) an der Stelle zu 100% freie Hand bekommen, was ich im Ergebnis immer wieder faszinierend finde, weil es die „pure“, unverfälschte Figur ist, die dann zum Vorschein kommt.

Aber zu Anfang schrieb ich ja das Wörtchen „Stimmt“ und deshalb werd ich etwas ändern. Anakreon hat mich indirekt auf eine brauchbare Möglichkeit gebracht. Der Prot hat die Morde nicht begangen, sondern es sind Gewaltfantasien, die er seinem Psychiater erzählt usw. oder so ähnlich. Ich glaub, in dieser Richtung könnte es funktionieren.
Dann ist der „Rahmen“ passender und die Frage: „Warum und wem erzählt er das“ auch vertretbar beantwortet.

Die Melaniegeschichte finde ich hübsch - für sich allein stehend, fehlte ihr aber tatsächlich ein Rahmen oder Ende oder irgendwas,
Ursprünglich wollte ich die „Melanie-Geschichte“ in R/E posten, aber … siehe deine Anmerkung.

Mochte ich persönlich gar nicht. Zielt so sehr auf die weibliche Welt ab, und einen Drogenhändler mit nem Tampon erlegen - sorry, das hab ich nicht auf den Schirm bekommen.
Tampon und Lippenstift brauchen sie, eine Kugel haben sie verdient, sagt mir grad mein Prot, womit er subjektiv nicht unrecht hat.
Es ist ein Vergleich, der ohne Zweifel einem kranken Geist entsprungen ist, kann ich dazu nur sagen und die weibliche Welt wird zuvor immerhin eingeschränkt auf die „Frauen und pelzbehangenen Fickflittchen, allesamt Mitwisserrinnen, Nutznießerrinnen oder sogar Antreiberrinnen.“

Wobei ein „sofern sie […] waren“ wahrscheinlich deutlicher gewesen wäre, als das verwendete „allesamt“.

Hier wäre doch gut auch Janis unterzubringen. Bücher lesen, Platten hören. und ja, ich finde, wenn er in Melanie verschossen ist, dann ist ihre Welt auch seine Welt und Janis cool.
Gute Idee, vielen Dank. Damit steht es nun 2:1 für Janis.
Wenn ich es schaffe, Janis für mich glaubhaft einfließen zu lassen, dann bleibt sie, sonst fliegt sie, wie ich JuJu bereits angekündigt habe.

Niedlich, aber - naja - mit 13, ich weiß nicht. Vielleicht sollte er mehr von ihrem Körper träumen und diesen anzufassen zu dürfen, als sie zu heiraten. Er weiß schon, dass man auch Sex ohne Ehe haben darf, oder?
Nachdem ich dem jungen Prot erklärt habe, was „Sex“ und vorehelich bedeuten, zischelt er mir grad ins Ohr: Ich solle nie wieder solche Gedanken mit seiner Melanie verbinden, sonst …

Nein, nein, nein. ich frag mich schon die ganze Zeit, warum Melanie da so viel Zeit mit dem Jungen verbringt, mit ihm auf dem Balkon sonnenbadet und sich jetzt auch noch gegrabbeln lässt. Aber hier kommt es mir echt zu dick. Jetzt ist sie auch noch so sozial isoliert, dass sie sich an ihn halten muss? Kann sie in ihm nicht so eine Art kleinen Bruder sehen? So einen Schutzbefohlenen?
Wie wäre es mit einer Art Mrs.-Robinso-Syndrom? Überzogen freilich.

Wäre für mich so ein Fall von streichen
Das verstehe ich nicht. Es ist die kindliche und bildhafte Vorstellung von: Einen Zipfel vom Glück erhaschen.
Oder stört dich was anderes?

Das Tuch klemmt man sich heutzutage in den Hosenbund oder an die Schürze. Kein Mensch läuft damit über den Arm rum, dass stört auch ungemein. Und Pedro ist ja wohl cool, oder . Also, am Hintern in der Hose.
Jetzt wo du es sagst. Hab auch lange keinen mehr mit Tuch überm Arm gesehen. Die ziehen das immer irgendwo raus.

Diese Beatmungs und Massagegeschichte - die mochte ich gern.
Das freut mich besonders. Dieser Teil hat auch mich am meisten berührt.

Und jetzt mach aus ihn einen Racheengel. Muss man ja nur andeuten, das Gefühl, wenn er den ersten umlegt und den zweiten auf der Liste aufsucht. Würde ja irgendwie reichen. Glaub ich, denk ich.

Ähm, hüstel, also da bin ich nun in der Zwickmühle, von wegen Werbung und so … also man kann auch Namen ins KG-Suchformular eingeben, womit ich nicht „Asterix“ meine. Oder: Ein Blick in mein Profil und dort ein weiterer Klick sei dir auch gestattet.

Vielen Dank für Deine Hilfe, liebe Fliege.


Hallo Anakreon!

Du hast dich in die Geschichte verdammt tief reingehängt. Vielen Dank für deine Mühen.

Mein erster Gedanke nach einigen Zeilen: Völlig überzeichnet, es entwickelt sich satirisch.
Da liegst du mit deinen Vorrednern auf einer Linie. Der Anfang sei grotesk und überzeichnet, ja, das kommt mir auch so vor.
Mir kommen aber auch manchmal die Hintergründe und Details, die z.B. über Amokläufe nach und nach bekannt werden, irgendwie grotesk vor. Die Reaktionen und Aktionen dieser Täter sind für mein Empfinden völlig überzogen.
Um diesen Part etwas verdaulicher und als Rahmen passender zu gestalten, werde ich ihn zu (quälenden) Gewaltfantasien umschreiben.

Doch was sich dann abzeichnet, ist wohl das Ergebnis einer Abrechnung in der Unterwelt. Dass auch Unbeteiligte zu Betroffenen werden, nun das ist in dieser Branche ein kalkulier- und tragbares Risiko. Soweit nicht alltäglich aber durchaus reales Geschehen, wie die Annalen der Kriminalgeschichte es begrenzt festhalten.
So ist es. Es gibt leider hin und wieder, selbst hier im schicken Deutschland, selbst hier in meiner Heimatstadt, Kolateralschäden solcher Art.

Die Gefühle des Jungen scheinen mir schön gezeichnet. Sein Verhalten im Moment des Ablebens von Melanie etwas zu abgehoben. Der Schock, in dem er die Wirklichkeit nicht akzeptieren will, aber kenntlich zum Ausdruck kommen müsste, wäre da angezeigt. Dass er an Heirat dachte, etwas ungewöhnlich aber nicht auszuschliessen. Eine erste Liebe ist immerhin von Romantik getragen.
Ich vermute hier, nach der Verdrängung, eine vollkommene Ablösung des Protagonisten von der Realität.

Dass Melanie sich auf ein Spiel mit dem Jungen einlässt, den sie einst im Kindergarten betreute, ist eine ebenso ungewöhnliche Komponente, aber in ähnlichen Gestaltungsmustern nicht unbekannt.
Meist mit umgekehrten Geschlechtsmerkmalen.

Dies scheint mir entscheidend, da der Schock des Erlebten für den Jungen mit therapeutischer Unterstützung verarbeitbar sein müsste.

Diesen Gedanken übernehme ich gerne und mache aus dem, was bisher grausige Tatsachen waren, eine Gewaltfantasie, die der Prot seinem Psychiater erzählt.

Für einen Krimi ein eigenwilliges Konstrukt, dass dem Genre aber eine besondere Komponente hinzufügt.

Sehr gern gelesen, auch vom flüssig lesbaren Stil und den humorigen sowie spannenden Sequenzen her.

Das macht mir Mut. Vielen Dank.

Lieben Gruß

Asterix

 

Hallo Asterix

Eigentlich wollte ich auf die überarbeitete Version warten, aber jetzt geb ich zu dieser schonmal meine Meinung ab:

Die Geschichte besteht für mich aus zwei Komponenten, zum Einen haben wir da das traumatisierende Erlebnis eines Teenagers, zum Anderen die Konsequenzen, die sich aus diesem Erlebnis für ihn ergeben.

Anhand des Titels der Geschichte und auch ihres Endes ahne ich, dass dir - vielleicht vorab - die zweite Komponente wichtiger erschien. Du versuchst hier, eine ambivalente Figur zu zeichnen, die einerseits grauenvolle Verbrechen begeht, andererseits aber doch nicht als "Monster" gesehen werden will, weil es für diese Verbrechen eine moralische Berechtigung ergibt. Dass dieser Spagat hier nicht gelingt, hat für mich eine Hauptursache (und wenn du in der überarbeiteten Fassung bei dieser Thematik bleiben möchtest, kannst du da evtl. ansetzen):

Es fehlt eine kritische Reflexion des Täters mit seinen Taten. Du hast zwar Ansätze drin, wie bspw.

Doch glauben Sie mir, ich hatte keine Freude am Töten. Der Tod ist kein Spaß.

und

Manchmal denke ich sogar, nach allem was ich getan habe, ich bin ein Monster. Doch dann sage ich mir, das Motiv bewertet den Täter, und mit diesem Gedanken kann ich mich beruhigen.

doch das ist mE zu wenig, um es ihm abzunehmen. Der einzige Teil, in dem ein solches Verbrechen zumindest teilweise beschrieben wird, ist gleich der zweite Absatz, und da lese ich etwas von "Schädel platzen", "verderbte Gehirnmasse", "Land der Blutsümpfe" etc. etc. Das klingt für mich nicht nach einer Person, die aufgrund dieser Taten in schwere Gewissenskonflikte gestürzt wird, sondern nach jemandem, der mit diesen Taten prahlt. Also, um der Figur die Ambivalenz abzunehmen, muss sie sich kritischer mit ihren eigenen Taten befassen. Es reicht nicht, das Motiv zu beschreiben, das zu diesen Taten führt, es muss auch eine Auseinandersetzung mit den Taten selbst erfolgen. Dies wäre eine Basis für einen interessanten "Konflikt" (darüber wird ja an anderer Stelle diskutiert), und einen solchen braucht es unbedingt, um dem Täter seine Selbstzweifel abzunehmen. Und das fehlt hier.

Alternativ könntest du hier auch versuchen, die Frage nach der "Berechtigung" der Morde subtiler an den Leser zu richten. Ich denke sogar, das könnte wirkungsvoller sein. Der Prot. selbst stellt sich diese Frage gar nicht, doch aufgrund seiner Charakterisierung ergibt sie sich für den Leser. Dann brauchst du natürlich einen anderen Titel und einen anderen Schluss, da die Frage nicht so direkt an den Leser gerichtet sein darf. Aber auch hier ist es glaube ich notwendig, ein wenig mehr Augenmerk auf die Taten zu legen. Interessanter als eine "allgemeine" Beschreibung der Taten, wie sie im 2. Absatz erfolgt, fände ich bspw. die (ausführlichere) Beschreibung einer einzelnen Tat, und anhand dieser wird dann auch klar, wie die anderen abgelaufen sind.

Soviel nun zu dieser Komponente. Wesentlich besser ist dir der Teil mit dem Motiv gelungen, das fand ich sehr gelungen und hat viel Spaß gemacht beim Lesen. Das würde ich auch in einer überarbeiteten Fassung auf jeden Fall drin behalten, du hast ja angesprochen den Rahmen neu machen zu wollen. Die Beschreibung des Todes von Melanie und die Reaktion des Kindes ist dir sehr authentisch und spannend gelungen. Kompliment dafür!

Also du siehst, ich teile weitestgehend die Meinung meiner Vorredner, wollte das aber nicht unerwähnt lassen.

Jetzt noch ein wenig Textarbeit:

Gestern habe ich meinen letzten Mord begangen, an den Kriminaldirektor und Schutzpatron der Dealerbande.

dem

allesamt Mitwisserrinnen, Nutznießerrinnen oder sogar Antreiberrinnen.

warum immer doppelt-r?

Durch mein Zielfernrohr konnte ich genau beobachten, wie sich das Entsetzen auf den mit Blut und schleimigen, grauen Placken besudelten Fratzen langsam aber unerbittlich vortastete wie eine Raubkatze an ihr Opfer.

mit "Placken" konnte ich nichts anfangen, was ist das? Warum kommt das Entsetzen hier "langsam wie eine Raubkatze"? Ich könnte mir vorstellen, wenn vor den eigenen Augen jemand erschossen wird, ist das Entsetzen sehr schnell da.

Ja, ich ließ sie die Freuden der Panik, den süßen Geschmack der Todesangst und den blumigen Duft der Trauer reichlich auskosten, bevor ich sie mit einem Gnadenschuss in den Kopf, gründlicher und schneller als selbst Dr. Freud es vermocht hätte, von gewissenloser Raffgier, Machtbesessenheit und anderen narzisstischen Neurosen für immer befreite und zugleich den Rest der Welt von ihrer widerlichen Gegenwart erlöste.

Puh. Ein Monstersatz über fast fünf Zeilen. Allgemein finde ich die Sätze in diesem Absatz recht lang, die würde ich versuchen zu kürzen oder auf mehrere aufzuteilen, fand das beim Lesen teilweise recht mühsam.

Manchmal denke ich sogar, nach allem was ich getan habe, ich bin ein Monster.

Das Fettgedruckte würde ich streichen; finde, dann klingt der Satz besser.

Der Himmel kochte heißer als die Hölle

"Der Himmel kocht" finde ich etwas unglücklich formuliert. Vielleicht kann man irgendwas mit Flimmern oder so reinbringen.

als sie an jenem höllischen Sommertag mit mir zur Eisdiele ging.

"höllisch" ist interessant hier. Spielst du nur auf die Hitze an (dann würde ich das Adjektiv komplett streichen, da man es eher mit etwas Negativem in Verbindung bringt, und der Tag bis hierher sehr positiv verlief für den Prot.) oder auch auf die Geschehnisse in wenigen Minuten?

Bald war Janis in mir verstummt, meine Gedanken galten wieder ganz Melanie und ich begann, hinter meinem Lächeln Heiratspläne zu schmieden. Selbstverständlich nicht ohne die Stimme der Vernunft, die mich ermahnte, mit dem Zeitpunkt zu warten, bis ich achtzehn bin und eine Arbeit habe, um Melanie versorgen zu können. Das wäre nicht meine Art gewesen.

Der Bezug des letzten Satzes stimmt nicht ganz. Es liest sich so, als sei es nicht seine Art gewesen, zu warten, bis er eine Arbeit hat, um Melanie versorgen zu können.

Wenn das Lebensglück wie ein großes Seidentuch ist, überlegte ich, so groß wie eine Wiese, und es schwebt so hoch durch die Luft, das es nur mit der Kraft eines ganz besonderen Glücksgefühls zu erreichen ist, dann hielt ich in diesem Moment einen Zipfel davon in meiner Hand, so fest, dass ich sicher sein konnte, es würde mir nie mehr entwischen.

:thumbsup:

Links von mir hörte ich Tische rücken.

Ist so ein bisschen wie der kochende Himmel: Man weiß, was du sagen willst, aber es klingt ein wenig schräg. Die Tische rücken ja nicht, sie werden verrückt (sagt man das so? klingt auch seltsam ...)

Ich bin ein Idiot, so ein dummer kleiner Idiot, dachte ich. Die ganze Zeit musste Melanie in die pralle Sonne gucken.

Wie gesagt, generell ein starker Teil, aber hier wird er mir fast zu naiv, der 13jährige.

Er legte sich nicht auf die Trage, er ging die Straße herunter, immer weiter, bis keine Häuser mehr seinen Weg säumten.

Wenn von ihm weg, dann "hinunter" (soweit ich weiß). "Herunter", wenn zu ihm hin. Glaube ich zumindest, das Ganze in epischer Breite hier: http://www.spiegel.de/kultur/zwiebelfisch/0,1518,341697,00.html

Ja, soviel von mir. Sehr gern gelesen & bin auf die überarbeitete Fassung gespannt.

Viele Grüße und bis zum nächsten Mal!

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Asterix,

ich habe jetzt nicht alle Kommentare gelesen, kann sein, dass sich da was überschneiden wird. Dann einfach ignorieren. Was ich noch gesehen hab, ist Weltenläufers Kommentar in Bezug auf den Rahmen. Da muss ich ihm beipflichten, mir erschloss sich überhaupt nicht der Zusammenhang zwischen dem „Ereignis“ und seinen Morden. So, ansonsten hab ich mal hier und da rausgegriffen, was mir aufgefallen ist. Lass es Dir schmecken!

Durch mein Zielfernrohr konnte ich genau beobachten, wie sich das Entsetzen auf den mit Blut und schleimigen, grauen Placken besudelten Fratzen langsam aber unerbittlich vortastete wie eine Raubkatze an ihr Opfer.

Das halte ich für einen unglücklich gewählten Vergleich. Das Entsetzen, das sich vorantastet wie eine Raubkatze. Wie formuliere ich das ... Das ist wie – die Wut hoppelte auf ihn zu wie ein Schaf. Ausgerechnet eine Raubkatze zu nehmen, die normalerweise durch ihr Herantasten Entsetzen verbreitet, ist irgendwie verdreht.

Ja, ich ließ sie die Freuden der Panik, den süßen Geschmack der Todesangst und den blumigen Duft der Trauer reichlich auskosten, bevor ich sie mit einem Gnadenschuss in den Kopf, gründlicher und schneller als selbst Dr. Freud es vermocht hätte, von gewissenloser Raffgier, Machtbesessenheit und anderen narzisstischen Neurosen für immer befreite und zugleich den Rest der Welt von ihrer widerlichen Gegenwart erlöste.

Dieser Satz ist mir viel zu konstruiert. Da kann ich den Autor förmlich sehen, wie er ihn penibel zusammensetzt. Gut, Du könntest argumentieren, dass sowas die Eitelkeit des Protagonisten zeigt, aber diese Idee finde ich nicht im weiteren Verlauf.

Ja, ich bin des Teufels liebstes Reittier. Doch glauben Sie mir, ich hatte keine Freude am Töten. Der Tod ist kein Spaß. Aber es gab diese wahnsinnig lange Namensliste in meinem Kopf.

Das beißt sich arg mit dem Panik/Todesangst/Trauer-Satz.

Der Tag, an dem Vieles seinen Anfang und Anderes sein Ende nahm, fand mitten im Sommer statt.

Ein Tag findet statt? Stört mich ein bisschen.

Der Himmel kochte heißer als die Hölle und der Teer auf den Straßen drohte in die Gullys abzufließen.

Hölle hast Du öfter drin. Würde ich nicht so oft benutzen. Aber das mit dem Teer find ich gut!

Dann schwiegen wir in Gedenken, jeder mit Janis Stimme im Kopf.

Woher weiß er, was in Melanies Kopf vorgeht?

Aber mir war, als hätte Melanie mich in ihre Aura eingeschlossen, eine Aura nicht heiß nicht kalt, sondern angenehm temperiert und nach Flieder duftend.
„Du bist mein bester Freund, weißt du das?“ Ihre Stimme floss weich und geschmeidig wie süßer Sirup in mein Ohr.

Das ist arg „süßlich“. So was hört sich für mich immer so an, als würde der Autor versuchen, damit eine richtige Szene zu umgehen. Da müsste irgendwie mehr erzählt werden, damit ich wirklich diese Zuneigung spüren kann. So wird es irgendwie nur gesagt. Der Sirup als Schmiermittel hilft da auch nicht.

Und Melanie unter mir bewegte sich immer noch nicht. Wahrscheinlich hatte sie noch zu viel Angst. Ich drehte mich wieder zu ihr.
„Es ist vorbei“, sprach ich zu ihren Schreckensaugen.
„Hey.“ Ich streichelte ihre Wange. „Ist ja gut, komm, ich helfe dir auf.“ Ich stellte mich breitbeinig über sie, rutschte dabei mit meinem rechten Fuß etwas weg, fand mein Gleichgewicht wieder und sah zu ihr runter.

Mein rechter Schuh stand in einem blutroten Klecks, nicht beunruhigend groß, die Schuhsohle verdeckte ihn fast ganz und Melanie bewegte sich immer noch nicht. Sie starrte mich nur mit einem Blick an, den ich von ihr nicht kannte. Er war so ernst oder irgendwie enttäuscht oder vielleicht eher abweisend, so als wollte sie plötzlich nichts mehr mit mir zu tun haben. Sie schaute mit diesen großen, runden, blauen, geliebten Augen durch mich hindurch als wäre ich Luft für sie. Mir wurde schwindelig. Was hatte ich ihr getan?
„Melanie, bitte.“ Ich bückte mich zu ihr herab, hob ihren Arm auf, nahm ihre Hand und drückte sie. Sie war feucht, seltsam feucht und einwenig klebrig. Es kümmerte mich nicht, es war ihre Hand, die ich hielt und sie entzog sie mir nicht. Nur das zählte.
„Ich wollte dich nur beschützen. Bitte sag doch was.“ Aber sie sagte nichts, gestatte mir nur ihre Hand zu halten.
„Melanie bitte, ich tue alles ...“ Weiter kam ich nicht. Jemand faste mich an die Schultern und wollte mich wegschieben.


Ehrlich gesagt, ging mir das auf die Nerven. Dass sie tot ist, weiß der Leser ab „und Melanie unter mir bewegte sich immer noch nicht.“ Da habe ich mich schon gefragt, ob der Junge eigentlich plem plem ist. Da muss es doch mal Klick machen. Ich meine, ist schon klar, dass er verstört ist. Aber das lese ich nicht. Das liegt vielleicht auch an der Briefform. So was engt den Autor ein – insbesondere bei einer solchen Szene. Es ist eben alles reflektiert, der Protagonist erzählt sie distanziert.

Es gab ein Geräusch, als wenn man mit einem Strohhalm den letzten Rest Cola aus dem Glas saugt, nur nicht ganz so laut. Ich versuchte es noch einmal. Diesmal schielte ich gleichzeitig auf ihren Körper. Ihre Brust hob sich. Aus einem der roten Löcher sprudelten ein paar Blutbläschen. Nicht viel, also nicht schlimm. Ich machte weiter, ihre Brust hob und senkte sich schlürfend, aber nur leise, sehr leise, also nicht so schlimm.
Ich machte weiter, es klappte, ich wurde zuversichtlich und nebenbei sah ich, wie der alte Mann bei Pedro mit beiden Händen rhythmisch auf dessen Brust drückte.
Ich machte es ihm nach. Etwas Blut quoll aus Melanies Mund, lief über ihre Wangen und tropfte auf ihr blondes Haar. Nicht sehr viel, nicht weiter schlimm.

Und hier zeigt sich das Briefform-Problem umgekehrt. (eigentlich auch schon an Stellen zuvor durch die wörtliche Rede, aber egal) Eigentlich eine sehr eindringliche Szene, eine gute Idee. Aber hier ist es nicht mehr reflektiert, Du sprengst Deine Fesseln, die Du Dir selbst angelegt hast. Wirkt auf mich inkonsequent. So würde das kein Mensch in einem Brief erzählen. Immer wieder dieses – nicht schlimm. Da bist Du in der Szene drin – eigentlich finde ich das ja auch viel besser – aber streng genommen müsste der Protagonist hier viel distanzierter schreiben. Ich würde die Briefform weg lassen, dann hast Du mehr Freiheit. Oder den Brief in den Text irgendwie zusätzlich einbauen, aber nicht alles auf die Art.

Liebe Grüße

Hal

 
Zuletzt bearbeitet:

Änderungen und Nicht-Änderungen:

Die größte Änderung vorweg: Der Rahmen ist nun ein anderer, mehr auf den Prot zugeschnitten.
Der Titel ist geändert von "Bin ich ein Monsterß" zu "Meine Todesliste".
Die Gewalt bleibt real, wurde nicht zur „bloßen Phantasie“ degradiert. Ich habs versucht, aber es funktioniert nicht, die Geschichte wird lau.
Die „Telegraphroad“ ist eine einsame Straße. Er ließ sich also nicht therapieren. Das kommt vor.
Janis Joplin vs Britney ist geblieben, ebenso die etwas antiquierten Vorstellungen des Jungen.
Die sind in der Realität nicht die Regel, aber möglich. Der junge Prot ist von Gleichaltrigen sehr isoliert. Er liest lieber als das er fernsieht. Er hat keine Verabredungen usw. Er ist von seiner Mutter geprägt („Wie Mutter gern sagte“) und von Melanie.

Hallo Schwupps!

Es fehlt eine kritische Reflexion des Täters mit seinen Taten. Du hast zwar Ansätze drin, wie bspw. […]
Alternativ könntest du hier auch versuchen, die Frage nach der "Berechtigung" der Morde subtiler an den Leser zu richten. Ich denke sogar, das könnte wirkungsvoller sein. Der Prot. selbst stellt sich diese Frage gar nicht, doch aufgrund seiner Charakterisierung ergibt sie sich für den Leser. […]

Die Selbstkritik ist nun verschwunden und durch eine gewisse Notwendigkeit (der Taten) ersetzt. Was natürlich erst zum Ende richtig deutlich wird.

Aber auch hier ist es glaube ich notwendig, ein wenig mehr Augenmerk auf die Taten zu legen. Interessanter als eine "allgemeine" Beschreibung der Taten, wie sie im 2. Absatz erfolgt, fände ich bspw. die (ausführlichere) Beschreibung einer einzelnen Tat, und anhand dieser wird dann auch klar, wie die anderen abgelaufen sind.
Ich habs versucht, aber dann liegt zu viel Gewicht auf den oder die Tat(en). Die Morde dienen nur einem Zweck (siehe neues Ende).

Wesentlich besser ist dir der Teil mit dem Motiv gelungen, das fand ich sehr gelungen und hat viel Spaß gemacht beim Lesen. Das würde ich auch in einer überarbeiteten Fassung auf jeden Fall drin behalten, du hast ja angesprochen den Rahmen neu machen zu wollen. Die Beschreibung des Todes von Melanie und die Reaktion des Kindes ist dir sehr authentisch und spannend gelungen. Kompliment dafür!
Das freut mich. Schließlich dreht sich alles um dieses Erlebnis.

Den Textkram hab ich erledigt.

Lieben Gruß

Asterix


Hallo maria!

Irgendwie glaube ich ihm das nicht. Wenn jemand behauptet, er hätte dieses Gesindel weggekillt, dann zweifle ich daran, dass er nicht etwas spaß daran hatte. Er beseitigt Abschaum, was gibt es noch schöneres? =D
Der Spaß ist raus, wenn auch nicht wörtlich.

Boah, den Absatz finde ich echt schön
Vielen Dank. Tja, so romantisches Zeugs können nur Männer …

Ich finde das ziemlich geschmacklos und ich weiß nicht, ob das zu einem Gedankengang eines dreizehnjährigen passen würde.
Stimmt. Da hat sich der Autor eingeschlichen, dieser alte Zyniker!

In vielen Büchern, in denen ein Verzweifelter einen Mord begeht, da will man selbst während des Lesens selbst an die Gurgel des Hasserfüllten gehen und ihn mit den eigenen Händen umbringen, doch in deiner KG kommt dieses Gefühl nicht auf. Das liegt eher daran, dass der Feind gänzlich anonym bleibt und der Prot schließlich sich an irgendwelche Drogendealer ranmacht.
Das kann und will ich nicht vom Tisch wischen.
Dazu müsste der Text völlig anders sortiert werden. Erst der Sommertag und dann einen einzelnen Mord beschreiben usw. Vielleicht mache ich mich da versuchsweise noch dran, aber wie weiter oben erwähnt, sollen die Morde nicht soviel Text bekommen.

Vielleicht hat ja die Schießerei mit einem Bandekrieg zu tun,
Das ist demnach erkennbar. Zu Anfang steht in Bezug auf die Liste und Morde: Meist an Männern, allesamt Drogenhändler, aber auch an ihren Frauen …

Das Verliebtsein von dem Prot war echt schön. Da kriegst du mal zehn Punkte! =D Dass er schüchtern ist, dass er sich Gedanken macht, seine Fantasie, seine Gedanken, BOOOM!, das hat spaß gemacht. Aber nach der Schießerei verliert das Ganze den Schwung.
Danke für die Punkte!
Der Schwung geht flöten? Nun ja, die Situation ändert sich drastisch, die Liebe bleibt doch aber.

Vielleicht liegt es auch daran, dass so eine Schießerei in Bagdad alltäglich ist, aber in Österreich und vermutlich auch in Deutschland ein seltenes Phänomen. Naja, ehrlich gesagt, habe ich noch nie in den Zeitungen von so etwas gelesen.
Solche Schießereien gibt es auch hierzulande. Auch mit Unbeteiligten als Opfer. Vielleicht nicht in dieser Menge.

Ich kann jetzt nicht behaupten, dass ich die KG gern gelesen habe. An einigen Stellen ist sie interessant, einige Passagen schön,
Vielleicht gefällt sie dir mit dem neuen Rahmen etwas besser.

aber die Länge bringt einen um.
Ich eile gern zu Hilfe und reanimiere dich!

Lieben Gruß

Asterix


Hallo Hal!

Was ich noch gesehen hab, ist Weltenläufers Kommentar in Bezug auf den Rahmen. Da muss ich ihm beipflichten, mir erschloss sich überhaupt nicht der Zusammenhang zwischen dem „Ereignis“ und seinen Morden.
Der Rahmen ist jetzt neu und der Zusammenhang deutlicher, hoffe ich.

Das halte ich für einen unglücklich gewählten Vergleich. Das Entsetzen, das sich vorantastet wie eine Raubkatze. Wie formuliere ich das ... Das ist wie – die Wut hoppelte auf ihn zu wie ein Schaf. Ausgerechnet eine Raubkatze zu nehmen, die normalerweise durch ihr Herantasten Entsetzen verbreitet, ist irgendwie verdreht.
Da haste was entdeckt. Ein krasser Fehlgriff meinerseits.

Dieser Satz ist mir viel zu konstruiert. Da kann ich den Autor förmlich sehen, wie er ihn penibel zusammensetzt. Gut, Du könntest argumentieren, dass sowas die Eitelkeit des Protagonisten zeigt, aber diese Idee finde ich nicht im weiteren Verlauf.
Das soll die Genugtuung zum Ausdruck bringen, die der Prot während der Taten empfindet und den Hass, den er auf diese Leute verspürt.
Dass er die Welt vom Bösen befreit, ist wohl etwas irreführend. Das hab ich gestrichen.

Das beißt sich arg mit dem Panik/Todesangst/Trauer-Satz.
Ist nun an anderer Stelle.

Ein Tag findet statt? Stört mich ein bisschen.
Klingt seltsam, ist daher geändert.

Woher weiß er, was in Melanies Kopf vorgeht?
Für mich kein Ausrutscher in der Perspektive. Verliebte glauben so was zu wissen.

Das ist arg „süßlich“. So was hört sich für mich immer so an, als würde der Autor versuchen, damit eine richtige Szene zu umgehen. Da müsste irgendwie mehr erzählt werden, damit ich wirklich diese Zuneigung spüren kann. So wird es irgendwie nur gesagt. Der Sirup als Schmiermittel hilft da auch nicht.
Eigentlich steht es ja mitten in der Szene, die du verlangst. Aber ich probiere da noch was aus.

Ehrlich gesagt, ging mir das auf die Nerven. Dass sie tot ist, weiß der Leser ab „und Melanie unter mir bewegte sich immer noch nicht.“ Da habe ich mich schon gefragt, ob der Junge eigentlich plem plem ist. Da muss es doch mal Klick machen. Ich meine, ist schon klar, dass er verstört ist. Aber das lese ich nicht.
Er ist geschockt. Eben noch das gemeinsame Lachen usw. Nun liegt sie da, Chaos überall. Er ist überfordert und das äußert sich in einer gewissen Beschränktheit und Verdrängung von offensichtlichen Tatsachen. So stelle ich mir das vor.
Nebenbei: Es ist nie verkehrt jemanden zu reanimieren. Je nach Umständen bis zu 40 Minuten nach Herzstillstand.

Und hier zeigt sich das Briefform-Problem umgekehrt.
Stimmt. Das war nicht geschickt. Die Briefform ist hiermit endgültig vom Tisch.

Vielen Dank und lieben Gruß

Asterix

 

Hi Asterix!

Die wievielte Version habe ich jetzt gelesen? Die aktuellste, denke ich, diejenige, die am 26. aktuell war.
Finde ich schon bewundernswert, wenn man so dran arbeitet.

Hat mir auch recht gut gefallen, das Stück. Hat sich im Nachhinein zusammengesetzt, wie ein Puzzle, mit dem letzten Teil sah man klarer.

Ich fand den Einstieg ein wenig zu gekünstelt, etwas zu dick aufgetragen. Vielleicht wäre ein dokumentarischer Stil besser zur Geltung gekommen.

Das hier zum Beispiel:

Durch mein Zielfernrohr konnte ich genau beobachten, wie sich das Entsetzen auf den mit Blut und schleimigen, grauen Placken besudelten Fratzen wie ein Raubtier verbiss.

Eindeutig zuviel der Adverbien, wie mit dem abgespreizten Finger geschrieben.

die von der Form her einem Lippenstift oder OB-Tampon ähneln,

Warum muss es nun unbedingt ein OB-Tampon sein?


...und ging neben Melanie, meiner ehemaligen Kindergärtnerin, Richtung Eisdiele.

Ich war doch schon sehr verwirrt, über die ehemalige Kindergärtnerin, die sich ihres ehemaligen Zöglings annimmt. Viel zu groß der Altersunterschied. Doch im Laufe des Geschehens wurde es immer klarer, dass diese Konstellation super gewählt wurde.
Hat mir sehr gut gefallen, wie du damit das Verhältnis der beiden klargestellt hast.


Mein Kopf lag zwischen ihren festen, großen Brüsten.

Ach herrjeh, immer wenn ich von Brüsten lese, dann sind sie groß und fest. Es muss doch noch was anderes geben!

Eine ältere Frau lehnte mit den Händen abgestützt neben der Tür und erbrach sich geräuschvoll.

Ich finde, das Bild der sich erbrechenden Frau wprde wirklich, wirklich, wirklich sehr gut wirken, wenn sie es nicht geräuschvoll täte.


„Sie heißt Melanie“, begann ich.

Sehr schön, wie hiermit die Lage des Prot charakterisiert wird.

So, nun, der Schluss dann gefiel mir nicht so furchtbar. Du könntest ihn einfach weglassen, niemand würde es merken, es würde irgendwie nichts fehlen.

Ansonsten aber, auch wenn ich sonst nicht unbedingt für diese Art Geschichten zu haben bin, hat mir das Stück gut gefallen, vom Aufbau und von der Ausführung her.
Hast ja auch lange dran gearbeitet.

Schöne Grüße von meiner Seite!

 

Hallo Hanniball!

Nun gut, der OB-Tampon ist raus. Fliege hatte es ja auch benörgelt, nur wollte ich mich nicht recht von trennen.
Überhaupt hab ich den Einstieg etwas ausgemistet und ich hoffe, die Wut ist dennoch spürbar.
So ganz "profiautorenhaft" oder gar „dokumentarisch“ darf es nach meinem Empfinden nicht werden, denn der Ich-Erzähler kann das kaum ohne Aufregung schildern.

Ich war doch schon sehr verwirrt, über die ehemalige Kindergärtnerin, die sich ihres ehemaligen Zöglings annimmt. Viel zu groß der Altersunterschied. Doch im Laufe des Geschehens wurde es immer klarer, dass diese Konstellation super gewählt wurde.
Hat mir sehr gut gefallen, wie du damit das Verhältnis der beiden klargestellt hast.
Freut mich, dass es bei dir so glatt funktioniert hat.

Ach herrjeh, immer wenn ich von Brüsten lese, dann sind sie groß und fest. Es muss doch noch was anderes geben!
Vermutlich, aber wer will darüber schrieben? :D
Okay, solange du mir kein Bild deiner Wunschbrüste schickst, sind es nun einfach Brüste.
Und „geräuschvoll“ ist auch getilgt. :)

So, nun, der Schluss dann gefiel mir nicht so furchtbar. Du könntest ihn einfach weglassen, niemand würde es merken, es würde irgendwie nichts fehlen.
Habe den Schluss etwas gekürzt.
Ganz weg kann er nicht, denke ich.
Die Sache mit der Klappsmühle und seine Angst, dort wieder zu landen, ist insofern wichtig, da sie sein Antrieb ist (neben einer gewissen Gewohnheit, die man nach 38 Morden auch berücksichtigen kann), die Liste weiter abzuarbeiten. Ohne diesen letzten Absatz wäre der Kreis – siehe seine anfängliche Aussage: „Doch ich empfinde keine Freude beim Töten. Töten ist für mich kein Spaß, es ist eine Notwendigkeit.“ Nicht geschlossen.

Lieben Gruß

Asterix

 

Hi Asterix

Jetzt bin ich auch endlich dazu gekommen, die überarbeitete Fassung zu lesen - und muss sagen, sie ist kompakter, direkter und gefällt mir daher besser.

Der Mittelteil ist ja größtenteils identisch geblieben, dazu muss ich also nicht mehr viel sagen. Durch den knapperen Rahmen wird er jetzt auch mehr hervorgehoben, was der Geschichte gut tut. Ich denke sogar, sie würde komplett ohne den Rahmen funktionieren.

Die direkte Ich-Erzählweise passt besser als die Briefform, da muss ich Hal Recht geben. Jetzt kommt auch das Motiv der Morde besser zum Tragen: Es ist der letzte Halt für den Protagonisten, um irgendwie in der Realität zu bleiben und nicht in den Wahnsinn abzugleiten. Zunächst erschien mir das ein wenig übertrieben, aber der Junge scheint sehr sensibel zu sein, und wer von uns kann schon sagen, wie ein Mensch reagiert, wenn er ein solches Erlebnis in seiner Jugend - in einer Zeit, die ihn massgeblich für sein späteres Leben prägt - zu verarbeiten hat? Ich kann mir gut vorstellen, dass man so etwas nie mehr los wird, auch wenn es vermutlich in den meisten Fällen nicht so krass endet wie in der Geschichte.

Die Frage an den Leser "Bin ich ein Monster?" vermisse ich nicht, was ein gutes Indiz ist, dass es sie auch nicht braucht. So umgehst du jetzt auch den nicht ganz leichten Teil der kritischen Selbstreflexion - die Taten sind jetzt nicht mehr "gut" oder "böse", es sind einfach Taten, die der Prot. braucht, um nicht verrückt zu werden.

Woran ich mich nach wie vor ein wenig störe, ist die Wortwahl bei der Beschreibung der Tat - da sind mir noch zu viele Emotionen drin, die direkt oder indirekt "Spass" und "Genugtuung" suggerieren und somit konträr zu einer Notwendigkeit (die kühler, abgebrühter und nach 38 Morden auch routinierter rüberkommen sollte) stehen.

Aber wie gesagt, insgesamt passt das jetzt schon viel besser zusammen.

Jetzt noch ganz wenig Textarbeit:

Durch mein Zielfernrohr konnte ich genau beobachten, wie sich das Entsetzen auf den mit Blut und schleimigen Placken besudelten Fratzen wie ein Raubtier verbiss. Ich sah, wie die Typen ihre verdiente Reise ins Land der Blutsümpfe auf Armani Schuhen und in Maßanzügen antraten. Dort ließ ich sie dann einige Wochen lang herumirren, indem ich jeden, der für sie und ihre dreckigen Geschäfte von Bedeutung war, per Bleiticket zur Hölle schickte.

Ich hab den Absatz immer wieder gelesen, aber das mit "einigen Wochen" erschliesst sich mir einfach nicht. Was meinst du damit?

Als er uns sah, verbeugte er sich knapp und deutete lockend auf den letzten freien Tisch.

"lockend" würde ich streichen ... ein Kellner "lockt" einen Gast eigentlich nicht an einen Tisch, da schwingen irgendwie böse Absichten mit, die er ja sicher nicht hat.

Ja das wars auch schon. Finds cool dass du an der Geschichte dran geblieben bist :).

Viele Grüße und bis zum nächsten Mal.

 

Hallo Asterix!

Sie schaute mit diesen großen, runden, blauen, geliebten Augen durch mich hindurch als wäre ich Luft für sie. Mir wurde schwindelig. Was hatte ich ihr getan?

Ich würde das „was hatte ich ihr getan?“ weglassen oder reflektierter schreiben. Er erzählt es ja nach, er weiß, dass sie erschossen wurde. Wenn er so was wie „sie sah mich an, als hätte ich sie verletzt“, sagen würde, wäre das plausibler.
Also mir gefällt es jetzt viel besser! Diese Szene am Ende wirkt viel, viel stärker und kann sich voll entfalten. Denke, es war goldrichtig diese Briefform aufzugeben. Das einzige Problem ist mMn, dass nach wie vor dieser Zusammenhang zwischen dem Verlust seiner Liebe und dem Serienkiller-Ding noch nicht so richtig nachvollziehbar ist. Ich kann natürlich diesen Hass verstehen, aber mir reicht das nicht. Das liegt auch daran, dass mir nicht erklärt wird, an wem er sich eigentlich rächt. Sind es diejenigen, die explizit für den Mord an seiner Freundin verantwortlich sind, sind es beliebige Kriminelle? Bzw. überhaupt die Frage, ob er aus Prinzip oder aus Rache handelt ... Oder beides ... Würdest Du den Leser ein wenig mehr darin einweihen, welches Ziel die Figur verfolgt, würde das vielleicht nachvollziehbarer werden. Aber ich habe es gern gelesen, ist spannend erzählt!

Gruß

Hal

 

Hallo Schwupps!

Vielen Dank fürs nochmalige Durcharbeiten.
Textkram:

Der Kellner macht nun eine einladende Geste.

Es dauert einige Wochen, bis alle Personen, die für die dreckigen Geschäfte der eigentlichen Zielperson von Bedeutung sind, getötet sind. Was eine blutige Angelegenheit ist und deshalb stiefelt die Hauptzielperson wochenlang durch Blut(sumpf).

Nun, das war einfach. Echte Arbeit hast du mir hiermit verschafft:

Woran ich mich nach wie vor ein wenig störe, ist die Wortwahl bei der Beschreibung der Tat - da sind mir noch zu viele Emotionen drin, die direkt oder indirekt "Spass" und "Genugtuung" suggerieren und somit konträr zu einer Notwendigkeit (die kühler, abgebrühter und nach 38 Morden auch routinierter rüberkommen sollte) stehen.
Den Spaß hab ich weitgehend raus, denke ich.
Was jetzt etwas mehr zum Vorschein kommt, ist zunächst Hass, zudem während und nach der Tat Genugtuung, die wiederum zu einer zeitweiligen Beruhigung führt, sodass er wieder an die schönen Stunden mit Melanie denken kann (also ohne an das Ereignis bei der Eisdiele).

Irgendwann lässt die Beruhigung wieder nach und es drängt ihm, sich wieder Genugtuung/Beruhigung zu verschaffen.
Das ist ja der typische innere Kreislauf eines Serienmörders.

Zunächst erschien mir das ein wenig übertrieben, aber der Junge scheint sehr sensibel zu sein, und wer von uns kann schon sagen, wie ein Mensch reagiert, wenn er ein solches Erlebnis in seiner Jugend - in einer Zeit, die ihn massgeblich für sein späteres Leben prägt - zu verarbeiten hat? Ich kann mir gut vorstellen, dass man so etwas nie mehr los wird, auch wenn es vermutlich in den meisten Fällen nicht so krass endet wie in der Geschichte.
Ja, das ist alles recht krass, aber ich meine: Eine Geschichte sollte realistisch sein, was aber nicht gleichbedeutend damit ist, dass die geschilderten Abläufe usw. in der Realität auch genau so passieren können/müssen/müssten oder gar die Regel sind.

Eine Geschichte muss nur in sich glaubhaft sein, und das zumindest ist hier nach deiner Meinung der Fall. Damit bin ich zufrieden.

Es wäre wirklich schade, wenn ich dem Charakter und dem Plot alle Spitzen nehmen müsste.

Ja das wars auch schon. Finds cool dass du an der Geschichte dran geblieben bist
Na klar. Und es ist noch nicht zu Ende. Siehe Hals Beitrag.
:D

Lieben Gruß

Asterix

 

Hallo Asterix

Entschuldige bitte meine Einfalt, aber im zweiten Satz verheddere ich mich beim Lesen, auch nach mehrmaligen Versuchen.

Gestern habe ich meinen achtunddreißigsten Mord begangen. Diesmal an den Kriminaldirektor und Schutzpatron der Dealerbande.

Wäre nicht schöner: am?

Pedro der Wirt, wie immer in Jeanshose, blütenweißem Hemd und mit einem blauweiß karierten Tuch halb in der Hosentasche stecken, tänzelte zwischen den Tischen.

steckend?

Er nahm sogleich sein Tuch vom Arm und begann mit eleganten Bewegungen den Tisch zu putzen,

In der Neufassung: … aus der Hosentasche und …

Die wörtlichen Überzeichnungen zu Beginn schienen mir beim diesmaligen Lesen auffälliger. Doch wahrscheinlich ist es eine Täuschung meiner Erinnerung. Sie stören nicht, vielmehr verdeutlichen sie die Gedankenwelt des Jugendlichen.

Der Schluss hat gewonnen, er gibt diesem wunderbar poetischen Krimi einen behutsamen Ausgang und blendet dennoch die Tragik nicht aus.

Sehr gern erneut gelesen.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Hallo Hal!

„was hatte ich ihr getan?“ hab ich weggelassen. Das passte wirklich nicht.

Der Zusammenhang zwischen Melanies Tod und dem „Serienkillerding“ (Ziel/Zweck) dürfte jetzt etwas deutlicher geworden sein.
Der Einfachheit halber hier der abgeänderte ( das Wichtigste schwarz) Rahmentext:

Gestern habe ich meinen achtunddreißigsten Mord begangen. Diesmal am Kriminaldirektor und Schutzpatron der Dealerbande.
Ja, zuweilen bin ich des Teufels liebstes Reittier. Doch ich empfinde keine Freude beim Töten. Töten ist für mich kein Spaß, auch keine Mission, wie ich zu Anfang glaubte. Nein, es ist eine Notwendigkeit.
Achtunddreißig Morde.
Meist an Männern, allesamt Drogenhändler, aber auch an ihren Frauen und Fickflittchen, sofern diese Mitwisserinnen oder sogar Antreiberinnen waren.
Ich habe mit nützlichen Dingern aus Blei, Stahl und Pulver, die von der Form her einem Lippenstift ähneln, jedoch völlig andere Eigenschaften aufweisen, ihre Schädel platzen lassen.
Es hatte auf mich eine beruhigende Wirkung, wenn diese Tussen zum letzten Mal im wahrsten Sinne des Wortes alles gaben, mir ihr charakterloses Leben und ihren Herren und Gönnern einen Batzen Gehirnmasse mitten ins Gesicht.
Durch mein Zielfernrohr konnte ich beobachten, wie sich das Entsetzen auf den mit Blut und schleimigen Placken besudelten Fratzen wie ein Raubtier verbiss. Ich sah, wie die Typen ihre Reise ins Land der Blutsümpfe auf Armani Schuhen und in Maßanzügen antraten. Dort ließ ich sie dann wochenlang herumirren, indem ich jeden, der für sie und ihre dreckigen Geschäfte von Bedeutung war, per Bleiticket zur Hölle schickte.
Ja, ich ließ sie den erdigen Duft der Trauer auskosten. Erst dann gab ich ihnen den Gnadenschuss, der sie gründlicher und schneller als selbst Dr. Freud es vermocht hätte, von Raffgier, Machtbesessenheit und anderen narzisstischen Neurosen für immer befreite. Alles in einem Aufwasch, wie meine Mutter gern sagte.

Natürlich habe ich über diese Anhäufung unerfreulicher Taten oft nachgedacht, aber bis heute für all das keine Schuld bei mir gefunden. Nicht, dass ich mich nicht hin und wieder selbst darüber wundere. Manchmal denke ich sogar, ich bin ein Monster. Doch dann sage ich mir, dass ich mich nur nach einem Mord eine Zeit lang nicht mehr als Opfer fühle, nicht mehr meine eigene Trauer spüre. Und nur in dieser kurzen Zeit kann ich jenen Tag im Sommer vergessen, den Tag, an dem Vieles seinen Anfang und Anderes sein Ende nahm.

[…]

Ich habe seine Fragen nie beantwortet und auch nicht die Frage der Polizei, ob Melanie etwas mit den Drogenbanden zu tun gehabt hätte. Die nächsten dreieinhalb Jahre kam kein Wort über meine Lippen.
Auch alles gut gemeinte Zureden erreichte meine Ohren, nicht aber meinen Geist. Der war längst auf Wanderschaft und er nahm einen anderen Weg als mein Körper. Er legte sich nicht auf die Trage, er ging die Straße hinunter, immer weiter, bis keine Häuser mehr seinen Weg säumten.
Ich trat meine Wanderschaft auf der von mir so genannten „Telegraphroad“ an. Ich wette, meine ehemaligen Klassenkameraden sagten „Klapsmühle“ dazu.

Dieses Ereignis bei der Eisdiele, so nenne ich es normalerweise, weil jede konkretere Bezeichnung für mich unaussprechlich ist, ist zu einem schwarzen Loch in meiner Existenz geworden. Eine Zusammenballung aus Schmerz und Trauer, deren Schwerkraft jeden Gedanken in eine Kreisbahn zwingt, von der es kein Entkommen gibt. Wenn ich nicht achtgebe, marschiere ich eines Tages für alle Ewigkeiten auf der Telegraphroad auf und ab.

Doch solange ich aufpasse und rechtzeitig meine Liste zur Hand nehme, wird das nicht passieren.


Aber ich habe es gern gelesen, ist spannend erzählt!
Das freut mich!

Lieben Gruß

Asterix


Hallo Anakreon!

Erst hatte ich „an den“, dann „an dem“, dann wieder „an den“ und nun „am“. Ich glaub, das ises. Vielen Dank!
„Steckend“ klingt blöd, scheint mir aber richtig.
Das Tuch! Was für ein blöder Fehler!

Die wörtlichen Überzeichnungen zu Beginn schienen mir beim diesmaligen Lesen auffälliger. Doch wahrscheinlich ist es eine Täuschung meiner Erinnerung. Sie stören nicht, vielmehr verdeutlichen sie die Gedankenwelt des Jugendlichen.
Den Rahmentext hatte ich kräftig ausgemistet. Dass die Emotionen des Ich-Erzählers dabei nicht verloren gegangen sind, beruhigt mich.

Der Schluss hat gewonnen, er gibt diesem wunderbar poetischen Krimi einen behutsamen Ausgang und blendet dennoch die Tragik nicht aus.
Das trocknet mir die schweißnasse Stirn.

Lieben Gruß

Asterix

 

Hallo Asterix,

vielleicht habe ich heute meinen Verwirrtag, aber ich habe im Laufe deiner Geschichte bei dem untenstehenden Satz aufgehört zu lesen und hochgescrollt, um nachzulesen, wieso ich den Erzähler ursprünglich für weiblich hielt.


„Du bist mein bester Freund, weißt du das?“ Ihre Stimme floss weich und geschmeidig wie süßer Sirup in mein Ohr.

Dann steht da zwar ein weiteres Mal :
„Komm mit Junge. Wir können nichts mehr für sie tun.“

Aber dann wieder:
„Wie heißt du eigentlich“, fragte er.
Ich antwortete: „Melanie.“

Erst am Ende der Geschichte wird klar, dass hier jemand hochgradig verwirrt ist und deswegen die falsche Antwort gibt. Aber mich hat diese Verwirrung gestört, da sie zu meiner anfänglichen beitrug.

Vielleicht, ich versuche jetzt einfach mal einen dilettantischen Erklärungsversuch, dachte ich, dass nur zwei Mädels auf dem Balkon in der Sonne liegen könnten, das ist irgendwie die weibliche Art sich die Zeit in der Sonne zu vertreiben. Aber so richtig vorwerfen kann ich dir nicht, dass deine Figuren zu wenig individuell sind. Ich vermag es nicht richtig zu fassen, um es dir besser zu erklären.
Die Verwirrung, in der der Erzähler nach dem Mord steckt, ist begreiflich, aber seine Verwirrung könnte vielleicht auch ander demonstriert werden und nicht gerade dadurch, dass er "Melanie" sagt.

Ich habe die anderen Kritiken noch nicht gelesen, vielleicht hat es auch noch jemand anderes kritisiert.

Anfänglich dachte ich auch, dass es unglücklich ist, gleich schon so viele Morde zuzugeben, und ich fand, dass du damit alles an Spannung aus der Geschichte genommen hattest. Aber du baust diese Spannung ja wieder in der Erzählung auf.
Mein Problem ist, dass du anfänglich mich deswegen einfängst, weil hier jemand so furchtbar viele Morde begangen hat. Ich will darüber jetzt mehr wissen, deswegen lese ich weiter. Die Geschichte verläuft jedoch nun in anderen Bahnen, ich bekomme eine Liebesgeschichte präsentiert.

Eine schöne Liebesgeschichte, ohne Frage. Die ist dir gelungen!

Nur hättest du gerne jetzt weiter schreiben können. Entweder den Wahn des Erzählers, der in jeder Person ehemalige Feinde Melanies erblickt, oder aber einen gut orientierten Rächer, der unter den Dealern aufräumt.

Der Schluss hat mich nicht so ganz überzeugt.

der Teer auf den Straßen drohte in die Gullys abzufließen.
herrrlich :)

Aber sie sagte nichts, gestatte mir nur ihre Hand zu halten.
gestattete


ob wir dir du zur Beruhigung eine Spritze geben dürfen. Komm, setzt dich erst mal in den Krankenwagen,
ein "du" streichen

Lieben Gruß
lakita

 

Hallo lakita!

wieso ich den Erzähler ursprünglich für weiblich hielt.
Hmm, das ist neu. Aber stimmt, vor: „Bald war Janis in mir verstummt, meine Gedanken galten wieder ganz Melanie und ich begann, hinter meinem Lächeln Heiratspläne zu schmieden.“ ist kein direkter Hinweis auf das Geschlecht des Erzählers zu finden.
Ich setze nun gleich zu Anfang: Die Zeitungen betiteln mich mit „Der Teufelsschütze“. Immerhin liegen sie mit dem Geschlecht richtig. Im Grunde wissen sie nichts über mich.

dachte ich, dass nur zwei Mädels auf dem Balkon in der Sonne liegen könnten, das ist irgendwie die weibliche Art sich die Zeit in der Sonne zu vertreiben.
Weibliche Art? :D Interessant.
Daran hab ich nicht gedacht. Ich sehe im Freibad und in den Parks oft Pärchen liegen, alte wie auch junge Paare, die sich sonnen.
Wenn das auf Balkonen nicht die Regel ist, dann ist es in der Geschichte ein Zeichen von Melanies Einfluss auf ihn. Ich denke also, das kann so stehen bleiben.

Die Verwirrung, in der der Erzähler nach dem Mord steckt, ist begreiflich, aber seine Verwirrung könnte vielleicht auch ander demonstriert werden und nicht gerade dadurch, dass er "Melanie" sagt.
Ich vermute, das hat sich jetzt, mit dem Hinweis auf sein Geschlecht, erledigt.
Dieses „Melanie“ von ihm ist für mich die kürzeste und stärkste Form, seine Verwirrung oder besser Abgerücktheit von der Realität zu verdeutlichen.

Anfänglich dachte ich auch, dass es unglücklich ist, gleich schon so viele Morde zuzugeben, und ich fand, dass du damit alles an Spannung aus der Geschichte genommen hattest. Aber du baust diese Spannung ja wieder in der Erzählung auf.
Mein Problem ist, dass du anfänglich mich deswegen einfängst, weil hier jemand so furchtbar viele Morde begangen hat. Ich will darüber jetzt mehr wissen, deswegen lese ich weiter. Die Geschichte verläuft jedoch nun in anderen Bahnen, ich bekomme eine Liebesgeschichte präsentiert.
Ja, das kann ich nachvollziehen. Denn es gibt zwei interessante Fragen zu den 38 Morden:
Wie hat er das geschaft und warum hat er die Taten begangen.
Erstere hast du dir (nicht zu unrecht) gestellt aber nur letztere Frage beantwortet (hoffentlich) die Geschichte.

Auf die Frage nach dem „Warum“ soll diese Textstelle lenken:
Doch ich empfinde keine Freude beim Töten. Töten ist für mich kein Spaß, auch keine Mission, wie ich zu Anfang glaubte. Nein, es ist eine Notwendigkeit.

Warum das Töten für ihn eine Notwendigkeit ist, ist die Frage, die die Geschichte beantworten soll.

Die Antwort wird hier angedeutet:
nur nach einem Mord eine Zeit lang nicht mehr als Opfer fühle, nicht mehr meine eigene Trauer spüre. Und nur in dieser kurzen Zeit kann ich jenen Tag im Sommer vergessen,
Und am Textende noch einmal aufgegriffen:
Dieses Ereignis bei der Eisdiele, […]
Eine Zusammenballung aus Schmerz und Trauer, deren Schwerkraft jeden Gedanken in eine Kreisbahn zwingt, von der es kein Entkommen gibt. Wenn ich nicht achtgebe, marschiere ich eines Tages für alle Ewigkeiten auf der Telegraphroad auf und ab.

Doch solange ich aufpasse und rechtzeitig meine Liste zur Hand nehme, wird das nicht passieren.

Die Liebestragödie (ich benutze den Ausdruck, obwohl es keine Tragödie im literarischen Sinne ist) dazwischen ist weniger Motiv zu den Morden sondern mehr Ursache für seine seelischen Qualen. Seine Qual kann er nur lindern, indem er einen Dealer abknallt. Diese Linderung hält nicht ewig vor, es baut sich mit der Zeit wieder ein (Leidens-) Druck auf, der ein Ventil braucht: den nächsten Mord.
Das ist, so meine ich, der typische Kreislauf eines Serientäters.

Nur hättest du gerne jetzt weiter schreiben können. Entweder den Wahn des Erzählers, der in jeder Person ehemalige Feinde Melanies erblickt, oder aber einen gut orientierten Rächer, der unter den Dealern aufräumt.

Der Schluss hat mich nicht so ganz überzeugt.

Paranoia oder Rachegelüste, über beide Möglichkeiten hatte ich beim Schreiben nachgedacht. Beide erschienen mir zu geläufig. Bestimmt glaubte er zu Anfang sich rächen zu müssen, bestimmt sah er sich als reinigende Kraft in der Gesellschaft. Aber irgendwann wird er die Wahrheit erkannt haben.

Wenn dieses Druck und Ventil Prinzip (typischer Kreislauf eines Serientäters) nicht zu erkennen ist, muss ich daran unbedingt noch arbeiten.
Vielleicht kannst du dazu noch was sagen?

Eine schöne Liebesgeschichte, ohne Frage. Die ist dir gelungen!
Haben auch andere Kommentatoren geschrieben. :)
Das freut mich besonders! Denn wenn die „Liebesgeschichte" nicht funktioniert, ist die ganze Geschichte für die Katz.

Den Kleinkram hab ich erledigt. Wo sowas immer wieder herkommt? :hmm:

Vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren!

Lieben Gruß

Asterix

 

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