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Metamorphose

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07.09.2018
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Metamorphose

In den Zweigen eines Rosenbusches hing ein Kokon. Neben den weißen Blüten stach er auf obszöne Weise hervor. Er war von einer fleischig roten Farbe und was in ihm heran wuchs, hatte ihn unförmig anschwellen lassen.
Jetzt begann er sich zu winden – pulsierte wie ein frisch aus der Brust gerissenes Herz. Und als sich an seiner Seite ein Spalt auftat, aus dem sich starre Glieder hervor reckten, wandte die Rose angeekelt ihren Blick ab.

Die Kreatur verharrte einen Moment. Als sie genug Kraft gesammelt hatte, schob sie sich weiter, Stück für Stück, bis endlich ihr ganzer Leib aus dem Kokon hervor sprang. Wie ein ausgerenkter Arm an seine naturgemäße Stelle springt und seinem Träger Form und Erlösung schenkt, so entfaltete das Wesen seine wahre Gestalt: Es war ein Schmetterling – schöner noch als die Blüten der Rose, schöner noch als der Schein der Abendsonne.
Mit letzter Kraft klammerten sich seine Beine an die Überreste des Kokons. Dort spreizte er vorsichtig die Flügel - genoss das Zittern, das ihm dabei bis in die Spitzen seiner Schwingen drang, bevor er sich in die Luft erhob und auf ein Blatt herabsenkte.
Das Spürte die Rose und das Licht ihrer Farben erstrahlte in freudiger Überraschung, als sie den Schmetterling erblickte, dessen Membran im Spiel der Sonnenstrahlen zwischen dem zarten Blau der Vergissmeinnicht und dem tiefen Blau des Meeres changierte.

Doch der Schmetterling teilte ihre Entzückung über seine eigene Schönheit nicht. Er sah hinauf zu den Überresten seines Gefängnisses und dachte zurück an all die Tage, die er darin zugebracht oder an denen er sich als scheußlicher Wurm durch den Dreck geschoben hatte. Wie hatte er das nur akzeptieren können, wo doch die Welt so schön und seine Zeit darin so kurz bemessen war ...
Scham über sein früheres Dasein stieg in ihm auf. Und jeder Atemzug, mit dem er die köstlichen Düfte und Geschmäcker der Welt einsog, ließ das Gefühl stärker in ihm schwelen. Dann schlug seine Scham in Wut um – blinde Wut, wie sie nur der Frust über die eigene Unzulänglichkeit zu wecken vermag. Er wollte dieses Ding nicht mehr sehen! Mit zwei mächtigen Flügelschlägen hatte er sich wieder an den Kokon geklammert. Wie von Sinnen zerrte er an den Fasern. Auch als er zerquetscht darunter lag, hielt er ihn noch in seiner hasserfüllten Umklammerung.

Die Rose wandte wieder ihren Blick ab. Das Weiß ihrer Blütenblätter schimmerte matt im Schein der Abendsonne und das stumme Seufzen des Windes strich über ihre Blätter.

 

Hi, @Bosie

Und willkommen bei den Wortkriegern! Ich bin gerade etwas arbeitsscheu, und nachdem mein Kuschellöwe Rameh und ich schon "Arbeit nervt" gehört haben, kommt mir Deine kurze Geschichte gerade recht.

Ich muss aber sagen, so kurz sie auch ist, ich kann das Verhalten Deines Prots (des Schmetterlings) nicht nachvollziehen. Aber dazu komme ich am Schluss. Ich sage schon mal, dass die Geschichte sich im Allgemeinen, bis zu der Stelle, wo es ... verrückt/vertrackt wurde, gut zu lesen ist. Und das das meiste (nicht alles), was ich gleich sage, natürlich Geschmackssache ist, sollte wohl klar sein.

Es gibt noch eine weitere Sache, die ich nicht nachvollziehen kann, und das ist der Tag. Vielleicht verwechselst Du „Märchen“ und „Fabeln“. Denn in Fabeln handeln ja Tiere, um Menschen eine Moral darzulegen, während ein Märchen eine Erzählung von fantastischer Begebenheit ist. Die sich noch durch einige weitere Sachen auszeichnet, aber da ich keine Literaturwissenschaftlerin bin, hier erstmal ein Link: https://www.planet-schule.de/wissen...nition-abgrenzung-zur-sage-legende-fabel.html. Und danach Beispiele: Die Geschichte vom Hase und vom Igel ist eine Fabel. Die Geschichte von Schneewittchen und den sieben Zwergen ist ein Märchen. Ich erkenne zumindest aus meiner Laienperspektive nichts Märchenhaftes an Deiner Geschichte.

Wie auch immer, um vielleicht etwas besser durchzusteigen, lege ich erstmal die Lupe drauf. Eine Sache solltest Du Dir nämlich schon mal hinter die Ohren schreiben, und da bin ich mir auch mal recht sicher: Wenn Du zwei Prädikate (das sind konjugierte Verben) direkt hintereinander siehst, nicht abgetrennt von einem Komma, sollten alle Alarmglocken losgehen! Das ist nämlich nicht möglich. Mehrere Prädikate können nur im Rahmen von Aufzählungen (z.B. „Er kam, sah und siegte“), oder wenn ein Nebensatz einem Hauptsatz vorangestellt ist (z.B. „Bevor er sah, kam er“), direkt hintereinander stehen. Und in beiden Fällen werden sie natürlich durch Kommata voneinander getrennt.

Diesen Fehler machst Du im kurzen Text recht häufig, wie wir gleich sehen werden. Umso schöner, dass ich jetzt schon abgehandelt habe, wie man ihn vermeidet. Ich empfehle generell, „einfach“ rasch ein Auge dafür zu entwickeln, wo in einem Satz Prädikate auftreten. Sie sind der Schlüssel zu jeder fehlerbefreiten Zeichensetzung. Habe Dir in diesem Absatz die Prädikate markiert, vielleicht hilft Dir eine solche Vorgehensweise bei Deinem eigenen Text. Bei so einem kurzen kann man das ja mal machen. Ansonsten gilt bei Zeichensetzung wie allgemein beim Schreiben: Üben übt.

Nu aber wirklich.

Neben den weißen Blüten stach er auf obszöne Weise hervor, denn er war von einer fleischig roten Farbe und was in ihm heran wuchs hatte ihn unförmig anschwellen lassen.

Komma zwischen … Na? „wuchs, hatte“. Ich würde auch noch ein Komma vor dem „und“ machen, habe aber gelernt, dass das optional ist.

Erklärende Konstruktionen wie „denn“ empfinde ich (inzwischen, das habe ich hier gelernt) als eher störend. Man lernt zwar in der Schule, dass in eher literarischen Texten Wertungen nicht unerlaubt sind, tatsächlich aber bemühen sich die meisten Leute hier (und nach meiner Beobachtung auch in verlegten Büchern) darum, die Wertungen und Erklärungen den Leser/inne/n zu überlassen. Das heißt: Der Kokon hat eine fleischig rote Farbe und ist angeschwollen. Nicht schön. Mehr Erklärungen braucht es nicht, vor allem keine „denn“s. Lies mal den Satz ohne das „denn“ – wäre echt hübscher.

Jetzt begann er sich zu winden - pulsierte, wie ein frisch aus der Brust gerissenes Herz.

Komma vor „sich“, dafür kein Komma vor „wie“. Du verwendest hier einen Bindestrich statt eines Gedankenstrichs. Bindestrich: - Gedankenstrich: – In Word erzeugt man einen Gedankenstrich, indem man vor dem Bindestrich ein Leerzeichen macht, danach ein Leerzeichen, dann ein Wort und dann wieder ein Leerzeichen. Klingt komplex, aber wenn man um den Bindestrich Leerzeichen macht und danach (ohne Pause!) normal weiterschreibt, entsteht automatisch ein Gedankenstrich. Ansonsten für andere Programme: Alt+0150 (auf dem Num-Block).

Und als sich an seiner Seite ein Spalt auftat, aus dem sich starre Glieder hervor reckten wandte die Rose angeekelt ihren Blick ab.

Na, findest Du das fehlende Komma? Richtig: „hervorreckten, wandte“.

Als sie genug Kraft gesammelt hatte schob sie sich weiter, Stück für Stück, bis endlich ihr ganzer Leib aus dem Kokon hervor sprang.

„hatte, schob“.

es war ein Schmetterling! - schöner noch als die Blüten der Rose, schöner noch als der Schein der Abendsonne.

Wenn nach einem Doppelpunkt ein ganzer Satz folgt, wird groß begonnen. Außerdem wieder Gedankenstrich. Im Übrigen finde ich diesen Ausruf ein bisschen … na ja … witzig. Scheint Überraschung suggerieren zu wollen, aber mich überrascht nur, dass ich überrascht davon sein soll, dass aus dem Kokon ein Schmetterling schlüpft. Echte Verwunderung stellt sich da nicht ein.

Mit letzter Kraft klammerten sich seine Beine an die Überreste des Kokons. Dort spreizte er vorsichtig die Flügel - genoss das Zittern, das ihm dabei bis in die Spitzen seiner Schwingen drang, bevor er sich in die Luft erhob und auf ein Blatt herabsenkte.

In der Gesamtheit ergibt dieser Absatz für mich wenig Sinn. Erst ist der Schmetterling erschöpft (mit letzter Kraft), dann aber genießt er die Aussicht und fliegt ohne weitere Erklärung der Erschöpfung weg. Und er erhebt er sich in die Lüfte, was ja irgendwie voll episch ist, um im gleichen Satz total unepisch zu landen. Ich habe das Gefühl, Du hast die Sätze irgendwo begonnen und irgendwo aufgehört, ohne vorherig Gesagtes noch im Blick zu haben.

Das Spürte die Rose und das Licht ihrer Farben erstrahlte in freudiger Überraschung, als sie den Schmetterling erblickte, dessen Membran im Spiel der Sonnenstrahlen zwischen dem zarten blau der Vergissmeinnicht und dem tiefen blau des Meeres changierte.

Was hältst Du eigentlich von Punkten? Nicht viel, oder? Außerdem: „spürte“ klein, „Blau“ groß in beiden Fällen (erkennbar am Artikel).

Er sah hinauf zu den Überresten seines Gefängnisses und dachte zurück an all die Tage, die er darin zugebracht, oder sich als scheußlicher Wurm durch den Dreck geschoben hatte.

Kein Komma vor dem „oder“, weil das „oder“ gleichrangige Sätze verbindet, was aber kaum auffällt, weil es danach einen Bezugsfehler gibt. Nach dem „oder“ fehlt ein „an denen“. Denn „die Tage, die er darin zugebracht oder an denen er sich …“, das wäre richtig. „Die Tage, sich als scheußlicher Wurm …“ ergibt keinen Sinn.

Wie hatte er das nur akzeptieren können, wo doch die Welt so schön und seine Zeit darin so kurz bemessen war ...

Okay, der Prot ist böse, weil er Lebenszeit in seinem hässlichen Kokon verschwendet hat, anstatt die Welt da draußen zu genießen. Noch finde ich den Gedanken echt absurd (müsste ich mich auch schämen für meine neun verschwendeten Monate im Mutterbauch?), und Du hast bis dahin nichts getan, um ihn für mich irgendwie nachvollziehbar zu machen. Aber gut. Schauen wir mal, was als nächstes passiert.

Er wollte dieses Ding nicht mehr sehen! Mit zwei mächtigen Flügelschlägen hatte er sich wieder an den Kokon geklammert. Wie von Sinnen zerrte er an den Fasern. Auch als er zerquetscht darunter lag, hielt er ihn noch in seiner hasserfüllten Umklammerung.

Ja, also, der Schmetterling meint, er hat Lebenszeit in dem Kokon vergeudet und hätte besser die Schönheit der Welt genießen müssen. Also, was tut er? Den Kokon zerstören und dabei sterben. Wäre nicht der logischste Schluss gewesen, den Kokon hängen zu lassen und die Welt zu genießen?

Offensichtlich möchtest Du eine emotional aufgeladene Situation erzeugen, in denen der Prot nicht zu logischen Schlüssen kommt. Eine solche Emotion spüre ich aber gar nicht. Warum?

Scham über sein früheres Dasein stieg in ihm auf. Und jeder Atemzug, mit dem er die köstlichen Düfte und Geschmäcker der Welt einsog, ließ das Gefühl stärker in ihm schwelen. Dann schlug seine Scham in Wut um - blinde Wut, wie sie nur der Frust über die eigene Unzulänglichkeit zu wecken vermag.

Ich habe mal alles markiert, womit Du zu versuchen scheinst, die aufgewühlte Stimmung des Prots zu zeigen (und unterstrichen einen Ansatz, mit dem es gelingen könnte). Das Problem ist, dass Du die Gefühle nicht zeigst. Du benennst sie. Hier im Forum wird Dir immer wieder der Spruch „Show, don’t tell“ begegnen. Wenn Du willst, dass Deine Leser/innen mit dem Prot mitfühlen, musst Du nicht nüchtern erklären, was das für Gefühle sind, die er durchlebt. Das machen Psychotherapeut/inn/en, wenn sie einen Bericht schreiben. Sie benennen die Gefühle und beispielhafte Situationen, in denen der/die Patient/in sich befand, aber ihr Ziel ist nicht, die Versicherungen emotional mitzureißen, sondern ihnen die Situation begreiflich zu machen. Als Autor/Autorin (?) ist es Dein Ziel aber in erster Linie, mitzureißen.

Wenn ich mich beschämt fühle, wie äußert sich das? Nicht, indem ich denke: „Ich empfinde gerade Scham.“ Ich denke vielleicht: „Mann, scheiße, das ist aber peinlich!“ Aber davor werde ich rot, befürchte, dass mich jemand gesehen hat, mache mir selbst Vorwürfe und fluche innerlich: „Wie konnte ich nur so doof sein? Mist!“

Anstatt dass Du sagst, was Dein Prot fühlt, kannst Du Deine Leser/innen viel besser mitreißen, wenn Du zeigst, was in ihm vorgeht. Denn Du willst ja, dass Deine Leser/innen mitfühlen. Vielleicht hätte ich dann auch nicht solche Schwierigkeiten mit der „Logik“ der Geschichte. Ich nehme auch eher an, da soll irgendeine Moral hinterstecken. Aber … das überlasse ich lieber anderen.

Das weiß ihrer Blütenblätter schimmerte matt im Schein der Abendsonne und das stumme Seufzen des Windes strich über ihre Blätter.

„Weiß“ groß. Wieder erkennbar am Artikel.

So, Fehlersuche und Detailanmerkungen abgeschlossen. Nun bleibt mir nur noch das Fazit: Ich glaube, ich wäre beim ersten Lesen nicht so verwirrt gewesen, wenn ich mit dem Prot hätte mitfühlen können. So muss ich seine Beweggründe auf einer logischen Ebene erfassen (da Du sie auf dieser Ebene präsentierst), und auf dieser Ebene ergeben sie einfach keinen Sinn (soweit ich das begriffen habe). Um beim Bild zu bleiben: Wäre ich von der Versicherung, ich würde keine Therapiestunden bezahlen. Ich nehme aber an, das ist keine Absicht.

Du hast eine sehr bildhafte Sprache, das ist schön, und das lässt mich zuversichtlich sein, dass Du es auch schaffst, Emotionen mit Bildern zu füllen. Eine Freundin von mir sagt immer, man solle der Bilder und nicht der Worte wegen schreiben. Das gilt auch und vor allem für innere Handlung. Also, wenn Du die Bildhaftigkeit Deiner äußeren Handlung auf die innere Handlung übertragen kannst, dann wird das was. Make it work!

Ach, und viel Spaß im Forum! Es gibt viel zu entdecken. :herz:

Logische Grüße,
Maria

 

Neben und nach den mythologischen der Götterwelten und den literarischen zwischen Ovids Metamorphosen und Christoph Ransmayrs letzter Welt nun Deine, nahe dem Schicksal des Märchens vom hässlichen Entlein,

liebe/r/s Bosie,

zu ortende sprunghafte Wandlung von der hässlichen Raupe zum Schmetterling, wobei das Raupendasein ja eher das reine Fressstadium des Schmetterlings ist. Aber Deine Fabel behandelt nur vordergründig die biologische Metarmophose, tatsächlich zeigstu am Schmetterling den sprunghaften Wandel einer Gefühlswelt, wenn man so will, die Metarmophose der Emotion auf. Und das gelingt Dir m. E. ganz gut, denn wir dürfen davon ausgehen, dass die Gefühlswelt der Lepidoptera (= Schuppe/n mit Flügeln) sehr viel weniger komplex ist als unsere, das aufgezeigte.

Und weil Maria schon so fleißig war, reduziert sich das Trivialere bei mir auf eine Anmerkung, obwohl ich mich ungern in die Aussage einmisch, und zwar wenn es heißt

Bosie schrieb:
Jetzt begann er sich zu winden - pulsierte, wie ein frisch aus der Brust gerissenes Herz.
@TeddyMaria darauf
Komma vor „sich“, dafür kein Komma vor „wie“.
Das Komma vorm "wie" ist okay, beim ersten aber hab ich Bedenken, selbst wenn das Pronomen "sich" definitionsgemäß stellvertretend für ein Nomen/Substantiv steht. Aber - ich weiß nicht, wann der Rechtschreiberat die Regel einführte - neuerdings heißt es
"1. Der Infinitiv bildet, gegebenenfalls zusammen mit weiteren Wörtern oder Satzteilen, eine Wortgruppe, die einem Nebensatz nahekommt. Man spricht dann von satzwertigen Infinitivgruppen. Infinitivgruppen dieser Art werden tendenziell mit Komma abgetrennt.
2. Der Infinitiv mit zu bildet mit einem übergeordneten Verb ein komplexes Prädikat. In diesem Fall wird kein Komma gesetzt." https://www.duden.de/sprachwissen/rechtschreibregeln/komma#K117, und ich halte "sich zu winden beginnen" für ein solches "komplexes" Prädikat, wobei "beginnen" das übergeordnete Verb ist.

Ist mir schwergefallen, musste aber sein, liebe Maria,

und herzlich willkommen hierorts, Bosie!

Friedel

 

Hi, @Friedrichard

(Sorry, @Bosie, bloß Missverständnisse aufräumen.)

Wenn ich das richtig sehe, empfiehlst Du das Komma an der Infinitivgruppe ebenso wie ich. Bin voll Deiner Meinung. Habe ich mich zu knapp ausgedrückt? Oder Dich falsch verstanden?

Was das Komma vorm "wie" angeht, Bosie ... Von der Betonung her kann man das machen, ich persönlich empfinde es hier als störend. Fairerweise hätte ich darauf hinweisen müssen, dass es Geschmackssache ist. Sorry. :D

Und bitte, Friedel, korrigiere mich jederzeit. Das bin ich gewöhnt und muss niemandem unangenehm sein.

Grüße,
Maria

 

Jetzt begann er sich zu winden - pulsierte wie ein frisch aus der Brust gerissenes Herz.

Man, ich sollte Ironie in so ernsten Dingen wie Kommasetzung lassen. Wird mir aber nicht gelingen, ist ja die Sprache des alten Ironiens,

liebe Bosie & Maria,

gleichwohl halt ich eingedenk des komplexen Prädikates die obige Form für korrekt. Nicht, dass es noch so weit kommt, dass ich mich noch an Molly Bloom reibe und wärme ... und die totale kommafreie Zone ersehne. Aber nochmalige Korrektur (... - pulsierte wie ..." rinst mich gerade unverschämt frech an, als ein paar Möbel gerückt werden ...) Schnell weg hier ...

Tschüss, ihr zwo und bis bald,

Friedel

 

Hola @Bosie,

Du benutzt den tag ‚Märchen’. Aber habe ich wirklich ein Märchen gelesen?
Eindeutig: Nein. Hättest auch ‚Philosophisches’ taggen können, da könnte man vielleicht noch etwas hineininterpretieren, wenn es denn unbedingt sein muss:shy:. Ehrlich gesagt wüsste ich nicht, ob es überhaupt ein Genre gibt, in das dieser sehr kurze Text passen würde.

Der Grund meines Schreibens ist vielmehr, Dich willkommen zu heißen und Dir zu sagen, dass Du sehr schön formulierst. Mit dieser Erzählstimme findest Du sicher Deine Leser. Nur – gib denen auch was zu lesen, nicht nur einen netten Gedanken.

Doch möglicherweise magst Du sehr kurze Texte? Das ist sicherlich ganz reizvoll, nur nicht ganz einfach: Da zählt die Bedeutung eines jeden Wortes doppelt, und Leser dieser Texte können schwierig sein, denn unterm Strich wollen auch die eine Story gelesen haben mit allem, was dazugehört.

Beim Lesen Deiner wenigen Zeilen fielen mir diese Kleinigkeiten auf:

... ein Kokon. Neben den weißen Blüten stach er auf obszöne Weise hervor. Er war von einer fleischig roten Farbe und was in ihm heran wuchs, hatte ihn unförmig anschwellen lassen.

Obszön? Honi soit qui mal y pense!

aus dem sich starre Glieder hervor reckten

hervorreckten

ihr ganzer Leib aus dem Kokon hervor sprang

hervorsprang


Das Spürte die Rose und das Licht ihrer Farben erstrahlte ...*)

Die Rose wandte wieder ihren Blick ab. Das Weiß ihrer Blütenblätter ...

Preisfrage: Ist die Rose nun farbig oder weiß?

Und Preisfrage No. 2:

Er sah hinauf zu den Überresten seines Gefängnisses ...

Da ist nicht mehr viel übrig, logisch. Aber ist das genug Masse, dass der Schmetterling – nennen wir ihn Bertram – davon erschlagen werden kann, wie ich hier lese:

... als er zerquetscht darunter lag

Von den löchrigen Überresten eines Kokons?


*) Fände ich griffiger: Das spürte die Rose und ihre Farben erstrahlten.

Liebe Bosie, ich bin durch. Schimpfe mich Kleinigkeitskrämer, macht nix, aber vielleicht siehst Du, wie lange man einen Text abklopfen muss, bevor man ihn veröffentlichen kann. Ich hoffe, das motiviert Dich.

Viele Grüße!
José

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey @Bosie,

ich wollte dir einen Gegenbesuch abstatten und sehe gerade, dass du die letzten vier Kommentare nicht beantwortet hast., ergo wohl auch nicht am Text gearbeitet/ geändert hast. Ich probiere es dennoch, da der Text mich anspricht. Es mag also zu Doppelungen kommen, da es mir zu mühsam ist, querzuchecken, wer schon was angemerkt hat.

fleischig roten Farbe und was in ihm heran wuchs
heranwuchs, ebenso hervorreckten, hervorsprang

Wie ein ausgerenkter Arm an seine naturgemäße Stelle springt und seinem Träger Form und Erlösung schenkt
Kann ein Arm an seine Stelle springen? Gibt es Armträger?
Wie wäre es mit: Wie ein ausgerenkter Arm zurück in Position springt und dem Körper Erlösung verschafft, so entfaltete das Wesen seine wahre Gestalt.

Dort spreizte er vorsichtig die Flügel - genoss das Zittern, das ihm dabei bis in die Spitzen seiner Schwingen drang, bevor er sich in die Luft erhob und auf ein Blatt herabsenkte.
Vorher kommt das Trocknen und somit Aushärten der Flügel.

Das Spürte die Rose und das Licht ihrer Farben erstrahlte in freudiger Überraschung, als sie den Schmetterling erblickte, dessen Membran im Spiel der Sonnenstrahlen zwischen dem zarten Blau der Vergissmeinnicht und dem tiefen Blau des Meeres changierte.
Das "Licht ihrer Farben" klingt für mich schief. Wie wäre es mit: … und ließ überrascht ihre Blüten in strahlendem Weiß aufleuchten.
Statt "Membran" würde ich einfach Flügel schreiben, geht aber beides. Schöner Satz übrigens.

Doch der Schmetterling teilte ihre Entzückung über seine eigene Schönheit nicht.
Das "eigene" kann weg, ist deutlicher ohne.

Er sah hinauf zu den Überresten seines Gefängnisses
"Gefängnis" würde ich ersetzen (da zu wertend) durch "Behausung", ev. "obszöne Behausung", dann hättest du den Bogen zum Motiv, siehe unten.

die er darin zugebracht oder an denen er sich als scheußlicher Wurm durch den Dreck geschoben hatte.
… durch den Dreck gefressen?

Und jeder Atemzug, mit dem er die köstlichen Düfte und Geschmäcker der Welt einsog, ließ das Gefühl stärker in ihm schwelen
Meinst du schwellen?

Dann schlug seine Scham in Wut um – blinde Wut, wie sie nur der Frust über die eigene Unzulänglichkeit zu wecken vermag.
Das Wort "Frust" fällt aus dem ansonsten poetischen Duktus deiner Geschichte. Hier könntest du das Motiv verstärken, siehe unten.

Mit zwei mächtigen Flügelschlägen hatte er sich wieder an den Kokon geklammert.
Mit Flügelschlägen … klammern. Das Bild ist schief. Wie wäre es so: Mit zwei mächtigen Flügelschlägen schraubte er sich in die Höhe und klammerte sich an den Kokon?

Die Rose wandte wieder ihren Blick ab.
Den vermenschlichenden "Blick" würde ich umgehen. Wie wäre es mit: Die Rose ließ die Knospen sinken, die Zweige bogen sich unter einer unsichtbaren Last ...

Mir fehlt ein bisschen die Motivation für den Hass. Ich würde die Motivlage Neid/ Eifersucht/ Eitelkeit hineinnehmen, damit die Wandlung nachvollziehbar wird. Scham ist an dieser Stelle für mich nicht plausibel genug.
Er ist auf den obszön leuchtenden Kokon neidisch, der ihm die Schau stiehlt, weil er bunter, leuchtender strahlt und vermeintlich mehr Aufmerksamkeit auf sich zieht. Dabei hätte er nur einen Tag warten müssen und die Schönheit wäre vergangen ...

Wie üblich: Nimm, was du brauchst.

Peace, linktofink

ps. den Märchen-Tag würde ich rausnehmen und Seltsam taggen.

 

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