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Metaxa

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01.03.2022
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Metaxa

Lustlos stocherte Max in der Grillplatte Metaxa, die der Kellner soeben serviert hatte. Britt hatte sich unverzüglich und mit unübersehbaren Appetit über die Fleischberge hergemachte. „Was ist los, kein Appetit?“ schmatzte sie vor sich hin.
Doch schien sie nicht auf eine Antwort zu warten. Schweigend betrachtete Max, wie sie sich genüsslich Gyros in den Mund schob. Etwas Tzaziki lief ihre Mundwinkel hinab.
Das Gericht für zwei Personen war die Standardspeise, die sie in dem Restaurant Poseidon bestellten. Seit mehr als sechs Jahren fanden sie regelmäßig zu diesem Griechen auf der Ostseite der Stadt. Heute hatten sie auf dem Weg Lutz getroffen. Er war ein alter Schulkamerad von Max und zehn Jahre waren seit ihrem letzten Treffen vergangen. Lutz‘ Erzählungen über eine Geschäftsreise in die USA erzählt waren so ausführlich ausgefallen, dass selbst Fakten wie die Beschaffenheit von Toilettenpapier nicht verschwiegen wurden. Doch Max folgte seinen Erzählungen ohnehin nicht ansatzweise. Vielmehr betrachtete er – obskurerweise angeekelt wie fasziniert zugleich - die groteske Erscheinung des ehemaligen Gefährten. Wie fleischig sein gesamtes körperliches Wesen wirkte. Pralle, rosige Lippen bildeten den Mittelpunkt seiner bizarren Erscheinung. Durch sie hindurch floss der geistige Dünnschiss, dem sie ausgeliefert waren. Aufgeplatzte Bratwürste auf dem Grill schienen Max ein passender Vergleich sein. Oberhalb der drallen Lippen thronte eine knubblige Nase, die in unregelmäßigen Abständen abstoßende Atemgeräusche produzierte. Max mutmaßte, dass Lutz‘ misreable körperliche Verfassung ihm eine enorme Form der Kurzatmigkeit beschert hatte. Seine tiefliegenden, kleinen Schweineaugen wurden von einer überdimensionierten Stirnwulst gekrönt. Ein direktes evolutionäres Überbleibsel des Neandertalers, so schlussfolgerte Max.
Inmitten des Gemurmels und des Geschirrklapperns der Gaststätte überkam Max dieses Bild des abartig fleischigen Lutz, das sich nun unweigerlich mit der Grillplatte Metaxa verband. Souvlaki, Schweinenackensteak, Lammkoteletts, Bifteki - sie alle erinnerten ihn an die unliebsame Begegnung mit dem ehemaligen Schulkameraden. Es war ihm zuwider, diese Anhäufung von Fleisch zu vertilgen, ja, mehr noch: Er konnte sich nicht vorstellen, es je wieder zu tun. Sein Entschluss stand fest. Fortan würde er das Dasein eines Vegetariers fristen, so fern ihm das auch bis dahin gewesen schien.
Unverzeihlich stellte sich für ihn die Tatsache dar, mit welcher Hingabe Britt sich die Mahlzeit einverleibte. Ihr Gesicht zeigte Züge, die sie selbst beim Beischlaf nicht mehr offenbarte. Empfand sie mehr Vergnügen beim Verdrücken dieser Fleischmassen als beim Bereiten seines Körpers?
War sie nicht ebenso erschüttert und ins Tiefste von der Groteske Lutz‘ Person betroffen? Sollte sie nicht aufschreien und ihre Hände über dem Kopf zusammenschlagen? Musste ihr dieser Zusammenhang nicht ebenso schlagartig bewusst geworden sein in dem Moment, als die unheilvolle Platte serviert worden war? Schließlich waren Frauen doch um ein Vielfaches feinfühliger und erschlossen die entferntesten Zusammenhänge.
Ein perfider Gedanke überkam Max: Könnte es gar sein, dass Britt nicht etwa abgestoßen war von Lutz, sondern gar ... erregt?
Ihm wurde unverzüglich übel und ein Kribbeln überzog seinen Rücken. Doch je länger er über ihre Zusammenkunft nachdachte, desto klarer wurde sein Verständnis vom Geschehenen.
Britt hatte sich nicht bemüht, das Treffen zu beenden. Im Gegenteil. Durch unnötige Fragen und Interesse hatte sie das Gespräch in die Länge gezogen.
„Tatsächlich, du bist nur mit Handgepäck verreist?“
„Eine Automatikschaltung ist ungewohnt, aber sehr komfortabel, oder?“
„Sind die Amerikaner so oberflächlich, wie man sagt?“
Eine dämliche Frage hatte sie an die andere gereiht und Lutz war überschwänglich auf jede einzelne eingegangen.
Wie ein einfältiger Hund nach Zuwendung lechzt, hatte er bereitwillig alle kleinen Leckerchen geschnappt, die Britt ihm leichtherzig zugeworfen hatte. Es musste eine Wohltat gewesen sein für den nach Aufmerksamkeit heischenden Fiesling.
Verletzender als die schlichten Worte, die Britt Lutz zugewandt hatte, waren die feinen nonverbalen Signale gewesen, die sie ausgesandt hatte. Ihre großen, braunen Augen hatten die seinen während der gesamten Zusammenkunft fixiert. Auffallend oft war ihr spitzes, hohes Lachen erklungen. Dieses Kichern, das sonst nur der besten Freundin und niedlichen Katzenvideos vorbehalten war. Mit der Leichtigkeit eines Schulmädchens hatte sie mit den Fingern eine Ponysträhne umspielt und ihren kargen Pagenschnitt mehrmals mit einer lässigen Bewegung über die Schulter geworfen. Zum Abschied hatte sie ihn gar umarmt. Als ob Lutz ein enger Freund sei, den sie verabschiedet hätte. Dabei war er lediglich ein alter Schulkamerad von Max, und keiner, den er sonderlich gemocht hatte.
Nun war die Angelegenheit klar. Britt verzehrte sich nach dem fleischigen Lutz und weil sie dies tat, verzehrte sie das Fleisch mit großer Lust. Es war ekelerregend. Wie konnte sie bloß Lutz begehren? Sein Körper, gäbe in sich nach, sobald sie ihn berührte, da er so weich und schwabbelig war. Sein Penis wäre versteckt in einer Masse von Speckfalten. Zum Geschlechtsverkehr würde sie erst mühselig die überragende Haut beiseiteschieben, um den armseligen, verkümmerten Schwanz zum Leben zu erwecken. Sollten sie trotz aller Hindernisse den Akt vollziehen, so würde er grunzen wie ein vergnügtes Schwein, das sich im Dreck suhlt.

„Max, was ist los, du bist so blass um die Nase herum?“
Britt hatte ihr Besteck abgelegt und musterte Max besorgt. Dieser, von seinen Überlegungen mitgenommen, konnte den Brechreiz kaum unterdrücken.
„Du widerliche Schlampe“, entfuhr es ihm leise.
Britt, verunsichert, ob sie ihren Ohren trauen konnte, streckte ihren Kopf leicht nach vorn und weitete ihre Augen.
„Bitte was?“
„Du verstehst mich schon sehr genau. In Gedanken bist du doch schon bei ihm.“
„Bei „ihm“? Von wem sprichst du?“
„Tu doch nicht so!“ zischte Max, worauf sich einige Gäste zu ihnen umdrehten. In gemäßigterem Ton fuhr er fort.
„Wie kannst du das hier essen?“
Britt starrte auf ihren Teller und zuckte dann mit den Schultern.
„Mit Messer und Gabel.“
Er verzog lediglich den rechten Mundwinkel, um zu zeigen, wie sarkastisch ihm zumute war.
„Mach dich ruhig weiter lustig über mich. Ich habe dich längst durchschaut. Bist du schon so richtig geil auf Lutz?“
Mit offenem Mund starrte sie Max an, bevor sie anfing zu lachen.
„Das ist ein Scherz, oder? Haben wir schon den 1. April?“
„Ein Scherz ist, wie hinterfotzig du mich belügst. Glaubst du im Ernst, ich hätte nicht bemerkt, wie du dein Haar zurückgeworfen hast?“
„Mein Haar? Ja, mag sein, das tue ich hin und wieder. Max, das ist normal!“
„Normal? Du findest es also normal, seinem Gegenüber den nackten Hals entgegenzustrecken und sich derart schamlos anzubiedern? Genauso gut hättest du ihm deine nackte Muschi ins Gesicht halten können!“
Ein paar Gäste warfen ihr Besteck auf den Tisch und murmelten Worte wie „unerhört“ und „Frechheit“.
Britt war offensichtlich peinlich berührt und verbarg ihren Kopf zwischen ihren Händen.
„Max, ich habe keine Ahnung, was in dich gefahren ist, aber glaub mir bitte, dass ich keinerlei Interesse an Lutz habe! Ich habe lediglich ein wenig Smalltalk geführt.“
Max begann aufgesetzt zu lachen. Abrupt brach er ab und deutete auf die Metaxaplatte.
„Wie kannst du das essen?“
Sie seufzte tief.
„Max, das hast du bereits gefragt. Ich verstehe nicht, was du meinst. Wir kommen seit sechs Jahren in dieses Restaurant und wir bestellen jedes Mal das Gleiche. Warum sollte ich das jetzt nicht essen können?“
„Weil alles daran aussieht wie ER!“
„Wie wer?“
„Na, wie LUTZ!“
Max piekte ein Souvlaki auf und hielt es theatralisch in die Höhe.
„Fleisch, oh Fleischeslust! Wie erbärmlich du doch bist!“
Beschwichtigend hob Britt die Hände.
„Pssst! Max, beruhig dich bitte!“
Stattdessen stand er auf.
„Wenn es Fleisch ist, wonach es dich giert: Bitte, hier: FRISS!“
Er warf das Souvlaki auf ihren Teller und lachte schallend.
Ein großer, kräftiger Mann trat von hinten an Max heran.
„Ich muss Sie bitten, zu gehen.“
„Das müssen Sie nicht. Ich wäre ohnehin gegangen.“
„Mein Gott, Max.“
Tränen rollten über Britts Gesicht. Aber ihre Scheinheiligkeit täuschte Max nicht. Er hatte sie durchschaut, in jeder Facette ihres abstoßenden, nach Fleisch gierenden Wesens.

 

Hallo Die_Chrissi,

und willkommen hier.

Ich steige mal ein:

die der hektische Kellner soeben serviert hatte.
Wofür ist das wichtig, dass der Kellner hektisch ist?
Das spielt doch gar keine Rolle in der Geschichte.


Das Gericht für zwei Personen war die Standardspeise, die sie in dem Restaurant Poseidon bestellten.
Jedes Mal teilten sie sich eine Grillplatte Metaxa.
Das hat beides die gleiche Aussage.

Viel mehr betrachtete er
Vielmehr


Viel mehr betrachtete er – obskurerweise angeekelt wie fasziniert zugleich - die groteske Erscheinung des ehemaligen Gefährten. Wie fleischig sein gesamtes körperliches Wesen wirkte. Pralle, rosige Lippen bildeten den Mittelpunkt seiner bizarren Erscheinung. Durch sie hindurch floss der geistige Dünnschiss, dem sie ausgeliefert waren. Aufgeplatzte Bratwürste auf dem Grill schienen Max ein passender Vergleich sein. Oberhalb der drallen Lippen thronte eine knubblige Nase, die in unregelmäßigen Abständen abstoßende Atemgeräusche produzierte. Max mutmaßte, dass Lutz‘ misreable körperliche Verfassung ihm eine enorme Form der Kurzatmigkeit beschert hatte. Seine tiefliegenden, kleinen Schweineaugen wurden von einer überdimensionierten Stirnwulst gekrönt. Ein direktes evolutionäres Überbleibsel des Neandertalers, so schlussfolgerte Max.
Durch diese Beschreibung wird mir Max unheimlich unsympathisch.
Das als Kernpunkt der Geschichte im Vergleich mit dem Essen finde ich relativ dünn.
Zumal die beide das Gericht ja immer essen. Bei Britt hat sich doch gar nichts geändert.

Britt verzehrte sich nach dem fleischigen Lutz und weil sie dies tat, verzehrte sie das Fleisch mit großer Lust.
Was für ein saudummer Gedanke.
Ne, gefällt mir nicht.

Leider konnte ich persönlich nichts mit deinem Text anfangen.
Vielleicht mögen das ja andere.

Wünsche dir viel Spaß hier beim Lesen, Kommentieren, Schreiben, Überarbeiten.

Gruß, GoMusic

 

Hallo @GoMusic, vielen Dank für deinen Kommentar! Die Textpassagen, die du angemerkt hast, habe ich geändert. Schade, dass du mit dem Text nichts anfangen konntest.
Du schreibst, bei Britt hat sich nichts geändert, das stimmt. Durch die Begegnung mit Lutz wurde ein Gedankensturm in Max freigesetzt, der zu Fehl-/Überinterpretation der Situation geführt hat.

 

Lieber @Rob F Vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar!
Ich werde den bald Punkt für Punkt durchgehen, gerade komme ich nicht dazu. Du hast mich nachdenklich gemacht; tatsächlich wollte ich niemanden vor den Kopf stoßen mit dem Text! Daher werde ich noch mal in mich gehen, wie ich die Szene besser formulieren kann.

 

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