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Noli me tangere

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Monster-WG
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04.03.2018
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Noli me tangere

Habt ihr das von diesem … Otchorak? Niemand hat das bisher gefragt, obwohl das Plakat seit Wochen im Fenster hängt. ›Ein Buch übers Abtauchen in eine Parallelwelt‹, damit kenn ich mich aus. Und ein Buch, das niemand lesen will. Ich sehe sie draußen vorbeigehen, kleiner Seitenblick und weiter.
Für die meisten, die zur Tür reinkommen, bin ich unsichtbar. Angestrengt schauen sie durch mich hindurch und gleich die Regale hoch. Vorbeifucker nenn ich die.
Zugegeben, ich bin nicht gerade ein Hingucker. Verdrehte Beine, zuckende Arme, das Gesicht eine Fratze. Ein Häufchen Elend, hineingeschissen in einen Hightech-Rollstuhl. Der Spasti, denken sie. Ich sehe es ihnen an, wie es hinter den Stirnen arbeitet, sehe die Abscheu in ihren Gesichtern, spüre die Blicke an mir vorbeiwandern. Und wie sie innerlich abdrehen, weil sie sich nicht aufhalten mögen mit etwas, das nicht repariert oder aufgehübscht werden kann.
Breaking News: ›Bildungsbürger im Vintagewahn.‹
Für manche von denen setze ich meinen VR-Helm auf und mach einen auf elektrischen Stuhl. So haben sie wenigstens einen verfickten Grund abzudrehen.
Ich kann sie laut denken hören. Totalschaden, der Junge – aber die Kutsche ... Möchte nicht wissen, was die kostet. Doch, möchtet ihr. Ihr möchtet von allem den Preis wissen. Immer. Damit ihr vergleichen könnt. Ich kann euch sagen, welchen Preis man bezahlt für einen Freedom-Chair XTR. Der Preis ist, zu wissen, wie beschissen das Leben sein kann.

Oben auf der Klippe. Der Wind nimmt mir den Atem, treibt eine Träne über die Wange. Die nächste Welle bringt das nächste Grollen. Salz auf der Zunge. Gischt steigt aus dem Kessel hoch, die gegenüberliegende Seite verschwimmt im Dunst. Noch einen Schritt und ich kann es sehen. Brodelndes Meerwasser, überschlagende Wellenkämme, die sich gegen die schroffen Wände werfen, an ihnen aufplatzen und zerfließen. Wenn ich blinzele, sehe ich weiße Gesteinsadern in dunkelblauem Marmor. Das Muster bewegt sich unruhig, formiert sich ständig neu. Nur die Felssäule in der Mitte des Kessels bleibt unverändert. La Isla azul.
Zwei Schritte Anlauf, tief Luft holen. Ich schließe die Augen, laufe los und springe kopfüber in den Schlund. Im Fall spreize ich die Glieder und spüre, wie der Wind in den Wingsuit greift. Schnell ist die Sonne weg, blaue Schattenkälte fällt auf den Anzug.

»Ist der Buchhändler da?« Wir haben kaum auf, da kommt die Brötchentüte rein. Sie hängt an der Hand, die durch den blauen Ärmel mit einem weißen Bart verbunden ist, über dem braune Augen an mir vorbeistarren.
Kurzen Moment, ich lauf mal eben die Treppe hoch und hol ihn Dir, liegt mir auf der Zunge. Früher hätte ich es rausgehauen, ohne Zögern. Stattdessen ziehe ich ein Spasti-Gesicht, just for you, bunbag, und tippe das übliche Geschwafel.
– »Wie kann ich behilflich sein?«, lasse ich Palina blechern. Sie hat nie einen Hamster im Hals, den sie hochwürgen muss. Immer clean mit diesem Timbre, Hast du schon was vor, schnurr! Dazu Lippenlecken – wenn sie könnte.
Die Brötchentüte knistert, dann werden die Füße musikalisch und fangen an, auf den Fliesen rumzuklackern.
»Äh, ich glaub, ich komm später noch mal.«
Türglocke. Boom! in den Rücken – Fingerspitze pusten.

Ich hasse dieses Gebaren, diese freaky Berührungsängste. Am liebsten würde ich der Welt den Mittelfinger geben und ein Fuck You! dazu. Fickt euch alle!
Aber mal ehrlich, selbst wenn ich es könnte, wen oder was würde das ändern? Ich hab es versucht, mit der Sprachausgabe geht das nicht, der Singsang kommt weird, immer wie ein scheiß Navi, ›Fickt euch! Zur Hölle … bitte wenden.‹
Besonders wenn Palina eingestellt ist, wobei alles, was sie sagt, gleich klingt, egal ob ›Sie haben Ihr Ziel erreicht‹ oder ›Blasen zwanzig Euro‹. Btw, schön wär's.
Gott ist ein erbärmlicher Wicht. Wenn ich ihn treffe, kotze ich ihm auf die Füße. Wahrscheinlich grinst er noch blöd und will mich umarmen, faselt was von anderer Wange oder so. Jesus!, was für ein creep!

Visor!‹ Der Sichtkranz und die Instrumente blenden sich ein. Mit einem Blinzeln nehme ich die Spitze der Felssäule in den Fokus, aktiviere den künstlichen Horizont und justiere den richtigen Winkel. Nicht zu steil, Seitenwind beachten. Ich weiß, oben an der Abrisskante stehen sie, die Lurker und glotzen. Ihre Eier haben sie wie immer zuhause gelassen. Über mir kreisen Drohnen wie ein Schwarm riesiger Mücken.
Breaking News: ›Allein im Land der Raketenmücken‹.
Am Rand des Blickfelds läuft der Countdown. Bei Zero beginnt der optische Alarm. Ich löse aus, der Schirm platzt aus dem Rucksack. Die Seile reißen mich empor, zugleich werden die Flügel abgeworfen, überschlagen sich flatternd. Tief unten werden sie von der brausenden Gischt geschluckt.

Eigentlich bin ich nicht unsichtbar, ich werde übersehen. Feiner Unterschied das. Und wie bei einem Scheißhaufen passiert es manchmal, dass eine, die es eigentlich besser wissen müsste, trotzdem reintritt.
»Habt ihr das von Otchorak?«
Es dauert eine Weile, bevor meine Klauen die Antwort in die Tastatur gestochen haben. Was auch daran liegt, dass meine Ohren erst mal verdauen müssen, was sie gehört haben.
Der Wollmantel steht da und wartet. Die Augen glänzen. Sie haben ein ganz bestimmtes Blau, goldene Sprenkel darin. Kann nur so sein, weil auch ihre heiligen Haare gülden vor dem Schattenblau der Regale leuchten. Lapislazuli. Ich taufe den Wollmantel Lapis.
Ich mache das, ich gebe Dingen Namen, manchmal trifft es auch lebende Dinge und ganz selten lebende Dinge, die meinen Puls beschleunigen.
– »We-Te-Eff! Woher kennst du Otchorak?«, blechert Palina vor sich hin.
Als ich es höre, tut es mir leid, das geschrieben zu haben. Vieles klingt im Kopf smart, mutiert aber schnell zu blöd oder peinlich, sobald Palina das rausblechert. Klar nervt das, aber die männliche Sprachausgabe geht gar nicht, da klingt alles nach ›Hasta la ... blabla!‹, und nach zwei Minuten fuckt das so ab.
Lapis lächelt. Kleine weiße Rheinkiesel zwischen weichen roten Lippen.
Life sucks.

»Mit so was solltest du sparsam sein, das kommt aus dem PC ein bissl … cringy.«
Ich lache, es brodelt aus dem Hals wie Hamster mit Durchfall. Cringy also. Von mir aus. Sabber läuft mir aus dem Mundwinkel. Da muss sie durch. Sie schaut immer noch nicht weg. Toughes Mädchen.
– »Okay, Lapis.«
»Lapis?«
– »Vertippt.«
Stirnrunzeln. Sie hält mir die Hand hin. »Luisa.«
Und jetzt?
– »Adam«, sagt Palina. Es ist falsch und so klingt es auch und auch ein wenig hungrig, wie ›Gib mir den Apfel‹. Ich gebe ihr die Hand und schaue sie an. Sie zückt keinen Apfel, sie wartet.
– »›Noli me tangere‹ steht …« Ich zeige Richtung O, wobei der Finger eher zum Boden zeigt, oder zu mir. Lapis Luisa Lazuli findet es trotzdem und kommt zurück.
»Hast du's gelesen?«, fragt sie. Ich nicke.
»Und?«
– »Grandios.«
»Warum?«
– »Glaubwürdig.«
Triple-L drückt mit dem Finger die warme rote Lippe gegen die Rheinkiesel.
Jesus!, wie gerne wäre ich auch mal Finger.
»Und das, obwohl der Protagonist mit dem Unfall keinen Frieden schließt?«, sagt sie. Ich merke schon, sie möchte was rauskitzeln.
Der Hamster wacht auf und kriecht meinen Hals hoch. Ich tippe fertig.
– »Er findet eine andere Lösung«, sagt Palina. Dann kommt der Hustenanfall.
Sie klopft mir wie selbstverständlich auf den Rücken. Nicht so fest, dass es weh tut, und nicht zu schlapp, gerade richtig. Und gerade so wie etwas, das getan werden muss, weil es unserem Gespräch im Weg steht. Als ich ins Tuch spucke, zuckt ihre Lippe. Dann fängt sie an, mit dem Buchrücken in die Hand zu klopfen, als müsse sie nun den Hamster, den ich rausgewürgt habe, totschlagen.
Triple-L schaut mich an und zögert. Sie klopft ein letztes Mal, dann hält sie es fest.
»Okay, ich nehm's mit.«

La Isla azul. Unter meinen Boots dreht sich die Felssäule, die Spitze ist flach abgeschnitten. Das Gebäude darauf ist schlicht, ein kleiner Rundbau mit weißer Kuppel.
Eine Böe schlägt in den Schirm, ich ziehe links, drohe wegzudriften, komme ins Pendeln, gleiche aus. Dennoch segele ich zu schnell über die Kante.
Diesmal nicht! Hart reiße ich an den Steuerleinen, schlage auf, bekomme die zerfurchte Steinflanke zu fassen und klammere mich fest. Unter mir bricht ein Stück aus der Wand, von hinten zerrt der Schirm, ich koppele ihn ab, bevor er mich in die Tiefe ziehen kann. Als ich mich hocharbeite, kommt der Schmerz.
Jesus!, er tut so gut. Ich hab's geschafft, ihr Fucker.
Blut tropft auf Höhe des Schienbeins aus dem Anzug, ich kann nicht aufstehen. Von oben ein Lurker-Raunen. Schon eine Weile gibt der Visor Warnzeichen, ich schalte ihn aus. Auf allen Vieren krieche ich vorwärts zu dem Rundbau, ziehe mich innen am Terminal hoch und klatsche auf den Buzzer. Im Display ein Goldregen. Eine Ahnung von Applaus dringt durch die Brandung.
›Isla azul completed!‹ Zweitausendfünfhundert Coinells. Ein Schwimmbecken voller Nullen und Einsen, Klingeling. Ein binäres Denkmal in Kryptowährung.

Vor der Tür wartet die Sonne auf mich und Kälte und Geräusch. Der Kaffeebecher, der vor dem Nachbarladen sitzt, rappelt mit den Münzen darin. Ich fahre die Rampe runter, wenigstens sieht er mich. Ich klopfe eine Kippe aus der Box. Bevor ich sie anhabe, ist die Sonne fast unten. Nikotin ist zuverlässig, es tut, was es soll. Ich werde mit Watte ausgestopft. Es bleibt nur Watte übrig und gespannte Haut, Ballonhaut, und einfach die sabbernde Fratze in die Sonne zu halten. Ebenso zuverlässig kommt der Husten und der Hamster in meinem Hals verreckt. Bis ich ihn hervorgewürgt und auf den Asphalt gerotzt habe, vergeht eine Minute voller Krämpfe und Atemnot.
Als es wieder still ist, rappelt der Kaffeebecher. Ich zieh ein letztes Mal an der Kippe und schnippe sie Richtung Becher. Natürlich fällt sie daneben, natürlich auf seinen Schlafsack.
»He, spinnst du?«, sagte er und wischt sie weg.
– »Oh, nicht getroffen«, blechert Palina.
»Arschloch!«, sagt der Kaffeebecher.
– »Na also, geht doch«, sagt Palina. Ich grinse. Er grollt genau drei Sekunden, dann grinst er zurück.
»Bist schon ne arme Sau, ne?«
– »Und du?«
»Kann wenigstens laufen.«
– »Torkeln, Alter, Torkeln.«
Kaffeebecher grinst und schüttelt den Kopf. Er kann nur grimmig oder grinsen. Dazwischen nix. »Haste ne Kippe?«
– »Was zahlst du?«
Jetzt wird er richtig sauer. Die steile Furche sagt mir, die Grimmig-Schranke ist wieder unten. Fürs Schnorren Geld bezahlen, das hängt quer in der Luft zwischen seinen Ohren.
– »Spaß!« Ich arbeite an der Box, schnippe eine Fluppe, sie landet in seinem Schoß. Natürlich freut er sich diesmal, sein Gesicht geht auf wie eine verfickte Kaktusblüte.
Breaking News: ›Krüppel hält grimmig grinsenden Penner aus.‹
Für den nächsten Satz lasse ich mir Zeit. Gerade raucht er und auch danach hat er wohl nichts Großes vor mit dem Tag. Ich warte, bis er zu mir rüberschaut und drücke den Knopf.
»Kannst dir Schachtel verdienen«, blechert Palina. »Sie, beiger Wollmantel, rote Lippen. Sag mir Bescheid.«
Ohne seine Antwort abzuwarten, fahre ich die Rampe hoch.

Es ist verlockend, die Coinells umzusetzen in Interiors, Vessels, Buildings. Anfangs habe ich gekauft wie blöd, bis ich kapiert habe, das bleibt alles bei mir. Es gibt keine Müllabfuhr in EternyCity. Was du nicht weiterverkaufen kannst, klebt an dir, du schleifst es immer mit, dein persönlicher Ballast. Leider hat es gedauert, so ein paar hundert Coinells, bis ich das kapiert habe. Vor allem, bis ich gerafft habe, das gilt auch für den virtuellen Klon.
Heißt: Wenn du dich einmal für blaue Augen entschieden hast, bleiben sie blau. Heißt: Wenn du einmal einen Rollstuhl gekauft hast, steht er ab da im Weg.
Auch wenn du dem Game weismachst, du wärst eine Kreuzung aus Hulk und Caligula, in irgendeinem toten Winkel stolperst du über das verfickte Teil. Natürlich will ihn niemand haben – wie im realen Leben.
Soll nicht heißen, Augmented Eternity wäre nicht real, sie wird es zunehmend. Adam lernt brutal schnell – auch wenn ich nicht on bin. Erstaunlicherweise gehe ich mit dem Meisten, was er in meiner Abwesenheit tut, d'accord. Braver, gut erzogener Bengel. Ein viriler Zeuge aus dem Land Davor. Ob er irgendwann ich wird, oder ich zu ihm? Wir zu uns? Jesus! Ein Mats-Adam, Konichiwa Matsadam!
Jetzt hat Adam einen Hamster gekauft, der stundenlang im Hamsterrad seine Runden dreht. Zwei Coinells. Lässt hoffen, er hat dadurch keine Zeit, auf dumme Gedanken zu kommen – der Hamster jetzt.
Es gibt nur eine Möglichkeit, Dinge endgültig loszuwerden. Ich kaufe für achtzig Coinells ein Grab, schiebe den Rollstuhl in das Loch und sehe zu, wie er feierlich von zwei Spaten ohne Herrchen dran zugeschaufelt wird.
In den Stein lasse ich M O meißeln, nur M O.

»Du willst mich sprechen?« Die Türglocke hat sich noch nicht beruhigt.
– »Sagt wer?«, fragt Palina mit dem letzten Gebimmel. Jetzt wird es eng.
»Der Typ da draußen vor der Tür.« Scheiße, okay, die Kippen sind gestrichen.
– »Hast du's gelesen?«
»Hab ich.«
– »Und?«
»Ich weiß nicht. Ich finde, der Typ, dieser Mats, der gibt zu früh auf.«
Sie schaut ernst und ganz gerade in mich hinein. Ich will, dass sie bleibt, dass sie Geduld hat, dass sie zuhört. Mir wird heiß. Ich will ihre Hand auf mir spüren, mehr als geübte Schläge auf den Rücken. Nein, verdammt, ich will, dass sie abhaut, dass sie nie hier gewesen ist!
Meine Hand zittert, als ich die Tasten drücke.
– »Er findet eine Form der Wiedergeburt.«
»Klar, in einer Welt, die nicht real ist, wie in Matrix.«
– »Der virtuelle Klon ersetzt ihn.«
»Das ist Flucht.«
– »Ja, das ist das Gute daran.«
Natürlich ist das Flucht, was sonst?
Moralisch verwerflich, pfui, wie kann er sich dem gottgewollten Schicksal entziehen? Leute, ihr müsst euch mal zuhören.
›Gott hat diesen Stein der Vorsehung am Trail platziert, Gott hat es an diesem Tag regnen lassen. Gott hat mir den Lenker verrissen. Amen.‹ Gott ist zwar ein verdammter creep, aber für nichts von alldem hat er persönlich gesorgt. Das war alles ich.
Meine Entscheidung, mich im Regen diesen verfickten Trail runterzustürzen. Und EternyCity ist auch meine. Alles menschengemacht. Euch Fuckern wünsche ich einen traumhaften Tag im Freedom-Chair XTR.

– »Rauchst du?«, säuselt Palina.
»Nee«, Triple-L schüttelt den Kopf, »aber wenn du mal ne Pause brauchst …«
Ich nicke und fahre los. Triple-L kommt tatsächlich hinterhergeschwebt. Ich weiß, niemand sieht ihre Flügel. Ich sehe sie auch nicht, ich höre sie nur.
Ich hab noch nie Kaffeebecher blöd gucken gesehen, nur grinsen oder grollen, heute ist es so weit. Im Vorbeifahren schnippe ich ihm eine Fluppe zu. Er ruft mir ein ›Hey, danke, Alter!‹ hinterher. Jesus! Allein das Gesicht war es wert.
Wir fahren und schweben Richtung Park. Oben auf der Brücke über den Weiher mach ich die Kippe an. Die Zeit ist nicht top five, aber respektabel.
Breaking News: ›Der Beginn einer ungleichen Freundschaft?‹
Verfickte Scheiße, ich will das nicht sagen, aber meine Finger gehorchen mir nicht und tippen. Gehirn an Brücke, Finger stoppen. Hand zeigt Gehirn Mittelfinger. Von der Kippe tränen meine Augen. Mittelfinger drückt Enter. Zu spät!
– »Schau es dir mal an …«, sagt Palina laut und deutlich, bevor der unvermeidbare Hamster kommt. Stoisch wartet Luisa und klopft genau dann, als ich es brauche. Mich wundert, wie selbstverständlich sie das hinnimmt, als wäre das gewöhnlich, was es nicht sein kann, weil es keine Gelegenheit zur Gewöhnung gab. Auch der halbe Hamster, den ich in den Weiher rotze, schreckt sie nicht ab.
She's a warrior, she truly is. Nur das Schnappen der Fische bringt sie etwas aus dem Konzept, ein kleines bisschen Etwas.
»Ich überleg's mir, Mats. Ich überleg's mir.«

 
Verwendete Wörter
Kopfüber • Lapislazuli • Flügel • Rollstuhl • Zeuge
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Für mich war das jetzt auch ein bisschen eine Challenge, ob ich den Text verstehe, nach den Kommentaren. Deshalb habe ich ungewöhnlich langsam und genau gelesen. Ganz habe ich die Geschichte leider trotzdem nicht verstanden
Hallo @AWM, ich finde das nach wie vor interessant zu sehen, wie unterschiedlich der Text gelesen werden kann und wer was aus dem Text mitnimmt. Beruhigend auch, dass du ihn trotz deines Teilverständnisses gerne gelesen hast, wie du schreibst.

Mein Problem war am Schluss, dass die reale Welt schon sehr anders ist als die unsere und sich deshalb an dieser Stelle zu wenig von der virtuellen abhebt. Sie hat Flügel etc. und ich dachte da verschwimmen irgendwie die reale Welt und die virtuelle und ich konnte mir keinen Reim darauf machen, warum das so ist. Das war mir einfach nicht klar genug abgegrenzt.
Die Flügel sind nicht real, sie sind angedichtet. Ich sehe da auch nicht wirklich verschwimmende Grenzen. Das Einzige, was die dargestellte reale Welt von unserer heutigen unterscheidet, ist die Tatsache, dass die Einbindung der Technik weiter fortgeschritten und noch selbstverständlicher geworden ist. Wenn ich die letzten dreißig Jahre zurückdenke, sehe ich das auch für diese Zeitspanne als größten auszumachenden Unterschied, während viele Konstanten unserer Lebensart weitgehend unverändert fortbestehen.

Zudem finde ich die Ebene, dass der Prota Autor und Protagonist eines Buches ist, zuviel und auch irgendwie unnötig. Ich frage mich auch, warum ausgerechnet Luisa sich für das Buch und diese Thematik interessiert. Ihre Motivation ist mir in der ganzen Geschichte nicht klar.
Kann man drüber weglesen. Das ist für die Geschichte nicht so essenziell, genauso wie ihre Motivation, die für mich eher in Offenheit und vllt sogar Neugier liegt als in persönlicher Vorerfahrung, wie vorgeschlagen wurde.

Die Geschichte wäre für mich einfacher (im Sinne von besser auch), wenn du das mit dem Buch weglassen würdest.
Sehe den möglichen Vorteil im Weglassen nicht gegeben, außer die Geschichte zu vereinfachen, was ich nicht möchte.

Ich finde es naheliegend, dass das niemand fragt, weil ich davon ausgehen würde, dass ein Laden, wo ein Plakat von diesem Buch im Schaufenster hängt, das Buch auch hat.
Ich würde das umformulieren: "Wo steht das Buch von Otchorak?" oder so.
Ganz praktisch beleuchtet hat eine kleine Buchhandlung ja keinen Vorrat im stillen Kämmerlein, sondern ein paar Exemplare eines Buches und bei erhöhter Nachfrage wird nachbestellt. Nur bei Büchern auf der Bestsellerliste mag das anders sein. Deswegen finde ich die Frage, ob das Buch da ist, nicht obsolet, auch wenn das Plakat im Fenster hängt.

Der Wollmantel steht da und wartet.
Mir wurde nicht klar, warum er die Menschen so verdinglicht. Zuerst ist es genau das, was er ankreidet bei ihnen - sie interessieren sich nur dafür, was etwas gekostet hat etc.. Da könnte man natürlich sagen, den Menschen ist nur das Materielle wichtig und sie definieren sich nur dadurch und deshalb macht dein Prota das aus Zynismus. Das passt dann aber nicht zu dem Bettler, den er Kaffeebecher nennt. Dein Prota kann ihm kaum unterstellen, dass der sich über seinen Kaffeebecher definiert.
Ja, den gibt es den Punkt mit dem Obdachlosen, dem Kaffeebecher. Scheinbar widersinnig, weil der nicht vorbeifuckt. Für mich ist diese Verdinglichung einerseits Selbstschutz als Teil eines erworbene Habitus´, eine zynische Rüstung aus Gewohnheit. Andererseits schaut der Prota auch ein wenig herab, wie im Dialog deutlich wird, weil er selbst aktiv gegen sein Schicksal kämpft und sich nicht fügt.

Vieles klingt im Kopf smart, mutiert aber schnell zu blöd oder peinlich, sobald Palina das rausblechert. Klar nervt das, aber die männliche Sprachausgabe geht gar nicht, da klingt alles nach ›Hasta la ... du weißt schon!‹, und nach zwei Minuten fuckt das so ab.
Ne, das klingt auch im Kopf nicht smart :)
Na ja, wenn ich mir anschaue, wie inflationär und gerne das benutzt wird, scheint es schon ein fester Bestandteil junger Kommunikation zu sein, oder?

»Okay, ich nehm's mit.«
Fand ich unpassend. Sie geht da zielstrebig rein, will genau dieses Buch, das sonst keiner will und dann hört es sich hier so an, als hätte er sie erst überzeugen müssen, das Buch zu kaufen.
Da fände ich eine andere Reaktion von ihr besser.
Das weiß sie alles vorher nicht, sie geht in den Buchladen, um sich das Buch anzuschauen, so mache ich das übrigens auch, und entscheidet nach dem Gespräch (oder zB. nach dem Studium der Klappentexte), ob sie es mitnimmt. Selten kaufe ich ein Buch blind.

Nikotin ist zuverlässig, es tut, was es soll.
Tut nichts zu Sache, musste nur dran denken und lasse es da :D Gibt einen fast identischen Satz in Serotonin von Houllebecq.
Habe ich letztes Jahr gelesen, muss da aber passen und kann dir nicht bestätigen, dass ich mir das gemerkt hätte, um es in eine Geschichte einzubauen. Werde nochmal reinschauen, vllt. finde ich, was du meinst.

Von den anderen Anmerkungen habe ich einiges genommen, danke auch dafür.
Peace und guten Start in die Woche, l2f

 

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