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Nur Erde und Gras

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16.04.2022
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Anmerkungen zum Text

Hey community, ich habe eine Kurzgeschichte geschrieben und wäre ziemlich dankbar über euer Feedback :) Bitte lest und sagt mir, was eure Gedanken dazu sind!

Nur Erde und Gras

»Lass endlich die Feuerleiter hochsteigen!«, rufst du und schüttelst mich, dass ich zu dir hochschauen muss. Du machst übertrieben große Augen. Wir liegen faul im Gras herum, zwei Halbstarke. Gerade war ich noch damit beschäftigt einzelne Halme aus dem Boden zu rupfen, nach Leben zu suchen. Gefunden habe ich nichts weiter, nur Erde und Gras; nicht mal eine Ameise weit und breit. Und jetzt deine großen aufgeregten Augen. Was soll’s, denke ich und hebe mich träge aus dem Gras, Widerstand ist zwecklos. Wenn du einmal eine Idee hast, kann man nicht anders, als dir zu folgen.

Die Feuerleiter führt hinauf auf das Dach einer leerstehenden Fabrik. Wir haben sie einmal zufällig entdeckt, hinten am alten Bahnhofsgelände. Immer wenn wir schon unter der Leiter standen, haben wir die Sache wieder abgeblasen, zu windig, zu rutschig oder weil wir ein Geräusch gehört haben und sicher waren, Zeugen wären in der Nähe. Oder schlimmer noch, Polizei. Die Fabrik steht schon etliche Jahre da und zerfällt langsam, die Scheiben der meisten Fenster eingeschlagen, die Fassade verwittert, schmutzig, bewachsen. An einigen Stellen um die Fabrik herum sieht man, dass Gelage stattgefunden haben; Lagerfeuerreste, leere Bierflaschen, Kippenstummel. Einmal lag eine Matratze direkt unter einem der großen ausgeschlagenen Fenster und wir haben uns Geschichten ausgemalt, was wohl damit passiert war. Jedenfalls, immer wenn wir da sind, ist der Platz wie ausgestorben. Wir schauen hoch auf die Feuerleiter und die glühende Mittagssonne brennt uns dabei in den Augen. Die Leiter hängt gar nicht weit oben, ich könnte sie wahrscheinlich auch alleine herunterziehen, wenn ich mich danach ausstrecken würde. »Nach Plan?«, fragst du dann aber schlicht und ich nicke bloß, während du dich direkt in Position begibst. Wir haben das alles schon lange geplant, schon unzählige Male durchgesprochen. Zur Stabilität lehnst du deinen Fuß an der Fassade ab, gehst leicht in die Knie und verschränkst die Hände vor dir, sodass ich meinen Fuß darin abstoßen kann. Du zählst von drei runter - 3, 2, 1 - und dann stemme ich mich hoch. Im selben Moment greife ich nach oben, packe das Ende der Feuerleiter und ziehe sie mit einem lauten Knattern nach unten. Und dann stehen wir erst mal nur ziemlich dumm da, schauen uns an, schauen die Leiter an. »Na los!«, sagst du, der ewige Antreiber und zeigst mit dem Kopf nach oben, und dann steigen wir die Leiter hinauf, trotzdem irgendwie träge, irgendwie unaufgeregt, als hätten wir unsere Kindheit schon vor Jahren verloren. Wahrscheinlich haben wir das auch. Ich muss daran denken, dass ich dich in den letzten Monaten immer seltener gesehen habe, du immer seltener da warst und da kommt der Groll in mir hoch und irgendwie auch dumpfe Trauer, weil ich einfach nicht mehr weiß, wie ich dich noch dazu bringen soll, mit mir zu sprechen. Wir waren mal beste Freunde, zwei verknotete Gehirne, quasi eins.

Am Dach angekommen, sehe ich dich bereits an der Kante sitzen. Du lässt die Beine baumeln und schaust hinab, gefährlich weit nach vorne gebeugt. Du suchst den Nervenkitzel, findest ihn im Abgrund, starrst mit einer Faszination hinab, die mir Angst macht, das war schon immer so.

»Ich muss dir was gestehen«, sagst du. Doch ich weiß bereits, was du mir sagen willst. Du warst schon einmal hier auf dem Dach, ohne mich, hast unseren Pakt gebrochen, bist alleine hier hoch, saßt wahrscheinlich genau an der Kante und hast werweißworan gedacht. Aber ich weiß genau, woran du gedacht hast, dass wusste ich früher immer.

»Du hättest es nicht aufhalten können!«, sagst du dann. Ich zucke zusammen; wahrscheinlich nicht. Wieder kommt Groll in mir hoch, vermischt sich mit Trauer, wird zu Verzweiflung. Tränen steigen mir in die Augen und durch diesen nebligen Schleier schaue ich in die Ferne, sehe verschwommen die Häuserdächer unserer Stadt, sehe unseren Park, den Friedhof, den Wald; sehe uns beide zusammen, überall. Die erste Zigarette, der erste Suff; die erste Prügelei, unsere gleichzeitig gebrochenen Nasen, doch wir haben uns gegenseitig verteidigt, immer. Das war mal unsere Stadt; das ist längst nicht mehr so. Während ich mir über die Augen wische, um wieder klar zu sehen, muss ich erkennen, dass ich alleine auf dem Dach stehe. Du bist gar nicht da. Früher hätte ich dich blind am Klang deiner Schritte erkannt und ein bisschen wünsche ich mir, deine schlurfenden Schritte jetzt zu hören, dich noch ein bisschen länger für mich zu haben. Doch es passiert nichts weiter und ich steige schließlich ohne dich die Leiter des alten Fabrikgebäudes wieder hinab. Jetzt war ich also auch mal hier.

Ich liege im Gras und zupfe einzelne Halme aus dem Boden, suche nach Leben, finde nur Erde und Gras. Da spüre ich ein leichtes Kribbeln auf dem Handrücken und sehe eine Ameise, die über meine Haut krabbelt, dann sehe ich eine zweite und noch eine. Der ganze Boden voller Leben.

 

Hallo Marys_Bücherwald,
auch ich bin neu hier, und ich bin bei weitem kein Experte, ich werde dir einfach mal sagen, was mir alles so in mein Laien-Auge gesprungen ist...
Die Geschichte finde ich gut. Das Ende kommt (für mich) angenehm unerwartet, wirkt trotzdem aber nicht an den Haaren herbeigezogen. Vielleicht könnte man noch ein kleines Bisschen mehr Hintergrundinformationen geben (wobei ich - wie du wahrscheinlich gemerkt hast - auch ein Fan von fehlenden bzw. offenen Hintergründen bin) - warum haben sie sich immer seltener gesehen, warum war die angesprochene Person nicht so oft da? Vielleicht einfach nur ein, zwei Stichworte mehr...

Etwas Verrücktes müsse man machen, etwas Bleibendes, denken wir beide unabhängig voneinander
Das passt für mich nicht ganz mit der Erzählperspektive zusammen. Das klingt für mich als würde der Ich-Erzähler die Gedanken des Gegenüber uneingeschränkt kennen. Ich glaube ich weiß, was du sagen möchtest, aber ich würde es etwas anders formulieren. Damit klar wird, dass der Erzähler weiß was der Andere denkt, anstatt es als bloßen Fakt hinzustellen.

Zeugen wäre in der Nähe
*wären

Aber ich wusste genau woran du gedacht hast.
Er wusste es? Weiß er es nicht in dieser Situation? Vielleicht verstehe ich auch irgendetwas nicht, aber Präsens wäre für mich irgendwie schlüssiger...

Im sechsten Absatz hast du drei mal relativ kurz hintereinander "und dann", das könnte man vielleicht noch umformulieren...

Andere könnten dir vermutlich noch mehr sagen, aber das wäre so, was mir aufgefallen ist. Auf jeden Fall danke für die Geschichte...

 

Danke für dein Feedback! An der einen Stelle hatte ich die ganze Zeit das Gefühl, dass irgendwas nicht stimmt, wusste aber nicht was... liegt an der Erzählperspektive :idee: ! Danke! Dann feil ich mal nochmal ein bisschen:rotfl:

 
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Hey @Rob F ,

vielen Dank für dein Feedback! Einiges habe ich direkt übernommen, über den Punkt mit dem "mehr Hintergrundinfo" muss ich noch ein wenig nachdenken... ich wollte es eigentlich genauso offen lassen, weil es viele verschiedenen Interpretationen zulässt (ist es ein Selbstmord der in dem Moment passiert / der bereits passiert ist und rekonstruiert wird / ist es vielleicht nur das Ende einer Freundschaft). Tatsächlich finde ich, dass das Ende von sehr langen Freundschaften aus vollkommen unspektakulären Gründen (z.B. weil man sich jahrelang langsam auseinander entwickelt) als schleichender Prozess, sehr schmerzhaft und gravierend für den verlassenen Part sein können. Ich weiß nicht ob das für irgendwen nachvollziehbar ist - aber das habe ich versucht einzufangen.

Jedenfalls danke für dein Feedback.
Ich werde bestimmt noch Geschichten hier reinstellen. Ich bin sehr dankbar für die Rückmeldungen und außerdem ist es ein tolles Gefühl, gelesen zu werden :D

Viele Grüße zurück

Mary

 

Hallo @Marys_Bücherwald,

und herzlich Willkommen bei den Wortkriegern. Ich finde deinen Einstieg ziemlich stark. Musste mich erst auf die Perspektive einlassen, bin dann allerdings in einen guten Lesefluss gekommen und ich wollte wissen, wie es weitergeht, was als nächstes passiert. Für meinen Geschmack hätte Das Ende noch etwas weniger tragisch sein können und mit mehr Leerstellen bzw. Andeutungen arbeiten können. Finde nämlich, dass diese Verzweiflung schon gut aus dem Text hervorkommt, zwischen den Zeilen schwingt da in meinen Augen etwas mit, das finde ich sehr gelungen. Da gehe ich gleich noch einmal im Detail drauf ein.

Besonders hervorheben möchte ich auch die Ameisen, die die Entwicklung aufzeigen: Erst sind sie im Bau, dann krabbeln eine Ameise am Ende über die Haut. Das ist ein schönes kleines Detail, was unauffällig platziert ist und ich als Leser geschätzt habe. Für mich war es eine Beispiel für "show don't tell".

Ich gehe im Detail auf meinen Leseeindruck ein:

"Kann es noch langweiliger sein?", höre ich dich ausrufen. Das ist typisch für dich, du bist immer unzufrieden, mit allem.
Ich habe ein bisschen gebraucht, um die Perspektive zu akzeptieren. Das liegt aber an mir, weil ich mich oft mit der zweiten Person nicht so gut zurechtfinde als Leser. Wirkt für mich schnell so, als würde ich selbst angesprochen werden und wirft mich häufig aus der Geschichte raus. Das war bei dir aber nicht der Fall. Nachdem ich den Satz noch einmal gelesen habe und mich darauf eingelassen habe, bin ich immer weiter in der Geschichte versunken. Das sehe ich als einen Pluspunkt deiner Geschichte an.

Immer wenn wir schon unter der Leiter standen, haben wir aus irgendwelchen fadenscheinigen Gründen abgebrochen, zu windig, zu rutschig oder weil wir ein Geräusch gehört haben und sicher waren, Zeugen wären in der Nähe. Oder schlimmer noch, Polizei.
Sehr schön. Erstens klingt das gut in meinen Leserohren und zweitens zieht es mich in die Geschichte rein, hat sie für mich erlebbar gemacht: Ich stelle mir einen windigen Tag vor, habe rutschiges Gras im Kopf und höre ein verdächtiges Knarzen. Für mich hat das gut funktioniert, weil du meine Sinne aktiviert hast.

Sie steht schon etliche Jahre da und rottet langsam vor sich hin, die Scheiben der meisten Fenster eingeschlagen, die Fassade verwittert, schmutzig, bewachsen.
"verwittert, schmutzig, bewachsen" hat bei mir auch ein klares Bild erzeugt und ich bin gut im Setting verortet gewesen.

Du zählst von drei runter - 3, 2, 1 - und dann stemme ich dich hoch. Im selben Moment greifst du nach oben, packst das Ende der Feuerleiter und ziehst sie mit einem lauten Knattern nach unten.
Ich wollte wissen, wie es weitergeht, was wohl passiert, wenn sie die Leiter ersteigen und auf das Dach kommen. Meine Rückmeldung: Ich war im inneren Erleben und du hast mein Interesse geweckt.

Am Dach angekommen, sehe ich dich bereits an der Kante sitzen, gefährlich weit nach vorne gebeugt.
starrst mit einer Faszination in den Abgrund, die mir Angst macht, das war schon immer so.
Ich frage mich, ob das hier etwas zu direkt ist? Einerseits steckt für mich in dem oberen Zitat schon diese Sorge und Angst drin, die dann im zweiten Zitat noch einmal verdeutlicht wird. In meinen Augen wäre das so explizit gar nicht nötig gewesen.

Ich mache einen Satz nach vorn - ein sinnloser Reflex - gehe in die Knie, will dich aufhalten, will dich auffangen, doch greife nur ins Leere, sehe nichts als Abgrund und da begreife ich, dass ich dich gehen lassen muss, weil du längst nicht mehr da bist.
Das ist mir etwas zu viel. Ich meine zu verstehen, dass du symbolisch die verlorene Freundschaft darstellen willst, aber ich konnte das nicht so richtig nehmen. Ich frage mich woran das bei mir lag? Ich glaube, dass es die Gefahr des "Selbstmord-Klischees" ist. Und ich finde, dass hier weniger mehr sein könnte. Du machst das davor so schön mit den leisen Anspielungen und hier verändert sich dann der Ton, wird direkter in meinen Augen. Das ist zumindest mein Eindruck gewesen.

Da spüre ich ein leichtes Kribbeln auf dem Handrücken und sehe eine Ameise, die über meine Haut krabbelt.
Das hat mir gut gefallen, hier muss ich als Leser mitdenken und erinnere mich an den Anfang mit dem Ameisenbau. Das ist subtil und hat mir gut gefallen.

Insgesamt ein guter Einstieg, bin gespannt auf mehr.

Beste Grüße
MRG

 

Hallo @MRG

vielen Lieben Dank für dein ausführliches Feedback und die Zeit, die du dir für meinen Text genommen hast.

Ich gehe mal auf ein paar Punkte ein.

Ich habe ein bisschen gebraucht, um die Perspektive zu akzeptieren.
Jup, kann ich nachvollziehen. Ich finde diese Perspektive auch nicht ganz unproblematisch, aber verwende sie tatsächlich öfter. Irgendwie rutsche ich da immer so rein :hmm:
Sehr schön. Erstens klingt das gut in meinen Leserohren und zweitens zieht es mich in die Geschichte rein
Ach, das geht runter wie Öl :herz:
Das ist mir etwas zu viel. Ich meine zu verstehen, dass du symbolisch die verlorene Freundschaft darstellen willst, aber ich konnte das nicht so richtig nehmen. Ich frage mich woran das bei mir lag? Ich glaube, dass es die Gefahr des "Selbstmord-Klischees" ist. Und ich finde, dass hier weniger mehr sein könnte. Du machst das davor so schön mit den leisen Anspielungen und hier verändert sich dann der Ton, wird direkter in meinen Augen. Das ist zumindest mein Eindruck gewesen.
Ok, ich muss sagen, du hast mich wahrscheinlich ein wenig durchschaut... Fakt ist, ich habe diese Geschichte für einen Wettbewerb geschrieben mit Vorgabe einer sehr begrenzten Zeichenanzahl. Ich musste also irgendwie schnell zum Ende kommen und ich schätze auf die Art, kam dieser Bruch zustande und die Änderung von Ton und Tempo. Ich denke, ich werde nochmal ein wenig an der Geschichte werkeln.

Ich danke dir für all deine Punkt. Du hast sehr schön beschrieben wie der Text auf dich gewirkt hat. Da hab ich direkt Lust etwas von dir zu lesen!

Bis bald, viele Grüße

Mary

 

Hi @Marys_Bücherwald,

ein ganz kleiner Kommentar so zwischendurch, weil ich das so deutlich finde:
Dieser Satz:

Wir liegen im Gras, ich zupfe einzelne Halme aus dem Boden und suchen nach Leben.
wäre ganz bestimmt der bessere Anfang.
Wenn ich eine Begründung versuchen soll, die über das Gefühl hinausgeht, dann würde ich sagen, dass ein Einstieg mit der direkten Rede riskant ist, weil man nicht weiß, wer in welcher Situation spricht und welchen Ton man der Rede geben soll. Der zweite Satz dagegen schafft eine Atmosphäre und damit auch die Orientierung, die mir zum Einstieg gefallen würde.

Die Atmosphäre finde ich auch sonst schön gezeichnet, Ton und Thema gefallen mir auch. Die Grenzen zwischen Vorstellung und Realität sind mir nicht überall ganz deutlich (ist das Du wirklich gesprungen oder nur symbolisch? Ich tippe auf wirklich; ist der Satz "Du hättest es nicht aufhalten können!" wirklich gesprochen oder nur vorgestellt? Ich tippe auf vorgestellt), das kann reizvoll sein und ich würde das an sich gar nicht unbedingt kritisieren wollen, zusammen mit dem Selbstmord-Motiv finde ich es aber doch nicht ganz so schmackhaft. @MRG spricht das Selbstmord-Klischee an und ich denke, das ist es, was mich daran stört. Wenn ich mir was aussuchen dürfte würd ich sagen, lieber den Selbstmord rauswerfen und das Unscharfe drin lassen (oder sogar verstärken?).

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 

Hallo @erdbeerschorsch ,

vielen Dank für dein kurzes Feedback.
Ich habe es mal versucht, die beiden Anfangsabsätze zu tauschen, aber für mich funktioniert dann die Geschichte nicht so wie ich es beabsichtige. Ich möchte den Leser etwas ungeschmeidig reinschmeißen, dass ist gewollt und dann im Nachgang die Atmosphäre aufbauen :)
Deinen zweiten Punkt habe ich mir dafür umso mehr zu Herzen genommen. Ich werde den "Selbstmord" rausnehmen und das Ende ein wenig umschreiben. Ich weiß nur noch nicht genau wie. Aber danke für diesen letzten Anstoß.

Beste Grüße zurück!

Mary

 
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Hallo @Marys_Bücherwald ,

herzlich willkommen im Forum. Ich lasse dir mal ein paar Vorschläge da, kannst ja schauen, ob du damit etwas anfangen kannst.

Ich hab vor X Jahren mal hier gelesen, man solle besser keine Titel oder Sätze verwenden, die gegen die Geschichte verwendet werden können. Das hat mir sofort eingeleuchtet. Und dabei denke ich hier:

"Kann es noch langweiliger sein?", höre ich dich ausrufen. Das ist typisch für dich, du bist immer unzufrieden, mit allem.
Das halte ich wirklich für einen maximal ungünstigen Einstieg. Kann etwas langweiliger sein, als das, was ich grad lese und was dann ggfs. noch als Plot kommt? Wenn schon die Autorin sowas sagt?
Klar, das ist nicht die Autorin, sondern der / die Icherzähler*in. Nichtsdestotrotz werde ich als Leser angesprochen, und das bleibt nicht ohne Wirkung. Siehst du, und schon bin ich tatsächlich unzufrieden. Mit allem. *gn*

Da würde ich an deiner Stelle dringend dran schrauben, dass etwas bei rauskommt, was einen in die Geschichte zieht, einen beginnt, neugierig zu machen - im positiven Sinne. Vielleicht kann auch schon etwas vom Thema / den Motiven / den Figuren / dem Setting angedeutet werden. Ein Intro ist u.a. gut, um Lesern eine Verortung zu geben. Vielleicht sogar ist es eine Art Versprechen, das es dann einzulösen gilt.

Wir liegen im Gras, ich zupfe einzelne Halme aus dem Boden und suchen nach Leben. Doch da ist nichts weiter, nur Erde und Gras.
Das ist doch - sorry - kompletter Quark. Erde und Gras sind lebendig - Pflanzen, Insekten und Mikroorganismen zuhauf. Jetzt bekomme ich den Eindruck, die Erzählerin wäre ein bissl beschränkt - allerdings nicht im Sinne von 'seltsam' oder 'interessant'. Das ist auch keine unzuverlässige Erzählerin, sondern einfach nur eine maßlos verpeilte. Es bestätigt jetzt auch noch den Negativeinstieg, und - das wäre bei einem Roman in einer Buchhandlung nicht anders - ich denke daran, abzubrechen.
Wahrscheinlich ist es zu heiß und alle Ameisen sind im Bau.
Was hat die Hitze mit den Ameisen zu tun? Wenn ich Ameisen sehe, war es bislang immer bei sehr heißem Wetter - ich sehe sie eher nicht, wenn es stark regnet. Dann frage ich mich, wenn der Satz schon inhaltlich nicht recht stimmen kann, was er denn zur Geschichte beiträgt: Verortung? Nein. Charakterisierung? Nein. Atmosphäre? Naja, nein, weil es unsinnig ist und daher nix vermitteln kann. Plot? Fehlanzeige.
Was also macht das da?
Etwas Verrücktes müsste man machen, denke ich, etwas Bleibendes.
Das ist keine gute Kombi, weil es Gegenteiliges ausdrückt. Etwas Bleibendes ist etwas, das mit Schaffen und vllt. Tradition o.ä. zusammenhängt, etwas Verrücktes klingt mehr spontan und gleichzeitig unsinnig. Die beiden Worte sind so weit voneinander entfernt, dass die Reihung sogar eine falsche Semantik ergibt.
Langsam denke ich, du hast 'Seltsam' nicht gewählt, um spekulativen Realismus (als Genre) zu taggen, sondern um einen Grund zu haben, querbeet irgendwas Unzusammenhängendes schreiben zu können. Das ist mit 'Seltsam' aber nicht gemeint - auch spekulative Geschichten sollten irgendwie eine innere Logik haben.
"Lass endlich die Feuerleiter hochsteigen!", sagst du und deine Augen kriegen diesen wahnsinnigen Ausdruck.
Das finde ich stark übertrieben.
Du kannst manchmal richtig irre aussehen, aber was soll´s, denke ich und hebe mich träge aus dem Gras, dasselbe wollte ich auch vorschlagen.
was soll's oder besser was solls. Duden sagt: Kein Apostroph, wenn man noch am zusammengezogenen Wort erkennt, was abgekürzt wurde. Auf jeden Fall aber ohne Leerzeichen nach dem '. Und du brauchst das Zeichen mittig/außen auf dem Keyboard, da über dem #.
Kein Fortschritt für mich als Leser im Text, auch hier kommt mir das 'irre' stark übertrieben vor, ich bekomme so keinen Griff an die Figur. Außerdem wird sie mir hier extrem unsympathisch - ebenfalls nicht im Sinne 'interessant'.
Immer wenn wir schon unter der Leiter standen, haben wir aus irgendwelchen fadenscheinigen Gründen abgebrochen, zu windig, zu rutschig oder weil wir ein Geräusch gehört haben und sicher waren, Zeugen wären in der Nähe.
Hier gibt es zum erste Mal einen zusammenhängenden Gedanken, auch mit einer Art Ursache und Wirkung. Allerdings bin ich an einem Punkt, an dem mich das nicht mehr groß interessiert.
Die Feuerleiter führt hinauf zum oder auf das Dach einer leerstehenden Fabrik. [Sonst hast du die Doppelung hinauf -> auf.]
Dudenempfehlung ist leer stehend (obwohl ich getrennt auch blöd finde, zumal das manchmal einen Sinnunterschied ergibt - wenn auch nicht hier).
Okay, das ist mal ein konkreter Satz. Da sind zwei Leute, eine/r davon verrückt, es ist heiß, es gibt eine verlassene Fabrik und eine Feuerleiter. Aber guck mal, wie weit du schon im Text bist.
Sie steht schon etliche Jahre da und rottet langsam vor sich hin, die Scheiben der meisten Fenster eingeschlagen, die Fassade verwittert, schmutzig, bewachsen.
Das ist wohl immer so, wenn eine Fabrik verlassen ist - wenns noch was zu holen gäbe, wäre sonst sicher auch Wachschutz da. Gerade hier würde ich nicht so viel beschreiben, weil wir grad endlich bei einer Andeutung von Handlung angekommen waren und du schon wieder in allgemeine Statements rauszoomst.
An einigen Stellen um die Fabrik herum sieht man, dass Gelage stattgefunden haben; Lagerfeuerreste, leere Bierflaschen, Kippenstummel. Einmal lag eine Matratze direkt unter einem der großen ausgeschlagenen Fenster und wir dachten, dass irgendwelche Kriminellen eingezogen waren, vielleicht sogar ein Drogenring.
Puh, das finde ich auch überzogen. Ist die Prota psychisch gestört oder zugedröhnt?
Jedenfalls, immer wenn wir da sind, ist der Platz wie ausgestorben.
Komma nach hinter immer verschieben.
Wir betrachten die Feuerleiter, wobei es bei der glühenden Mittagssonne und dem wolkenlosen Himmel überhaupt schwer ist, irgendetwas zu betrachten.
Was hat die Sehfähigkeit mit der Temperatur / Sonne zu tun? Das kommt doch drauf an, wo man steht, bzw. wo dann die Sonne steht. Außerdem: Was tut der Satz zur Sache?
auch alleine herunterziehen
Ich glaub, das macht hier jeder Vierte falsch: Das Wort existiert nicht mit -e. Kann man nur in Dialogen nehmen, weil manche - ich auch - das so aussprechen.
Ich habe es mal versucht, die beiden Anfangsabsätze zu tauschen, aber für mich funktioniert dann die Geschichte nicht so wie ich es beabsichtige. Ich möchte den Leser etwas ungeschmeidig reinschmeißen, dass ist gewollt und dann im Nachgang die Atmosphäre aufbauen
Was soll das bewirken? Ich schreib mal den Anfang besonders sperrig und unzusammenhängend / unsinnig, damit der Leser --- was? Schnell wieder rausklickt? Genervt die Augen verdreht? Atmosphäre ergibt doch eher im Intro Sinn, danach wäre etwas Handlung, Charakterisierung oder Plot wünschenswert. Nicht im Sinne von Schema F, sondern im Sinne von: Es ist eine Erzählung.

Dann bin ich ausgestiegen. Beim Überfliegen sehe ich, dass dann etwas Dramatisches passiert, das imA keine anständige Hinleitung erfährt und zudem noch eher widersprüchlich als vage gehalten wird, und damit jede Aussage flöten geht. Am Ende wird dann - sorry - der Quark vom Beginn wiederholt und dadurch, dass keine Aussage gemacht wird, ob der Suizid real, erinnert oder auch nur - unter Drogen oder aus anderen Gründen - halluziniert wird, ist das Ganze für mich ziemlich sinnlos. Gab es die ganzen Szenen vorher überhaupt, oder ist das eh nur ein 'imaginary friend'?
So ist das kein offenes Ende, sondern eine arbiträre Ansammlung von teils widersprüchlichen und teils irrelevanten Bildern. Alles wirkt auf mich wie ein Moodboard in Textform, so ein Vorfühlen, wo man eigentlich hinwill - mit der Geschichte, die dann nie kommt.

Die Sätze im Intro sind auch seltsam formatiert, vllt. noch mal draufschauen - die brauchen keinesfalls ganze Absätze für sich, nicht mal eine Zeilenschaltung. Das wirkt immer teenagehaft auf "wichtig" gemacht.

"Du hättest es nicht aufhalten können!", sagst du dann. [Zeilenschaltung] Ich zucke zusammen [Punkt], Wahrscheinlich nicht.
Den Umbruch benötigst du dafür hier (ggfs. noch an anderen Stellen), weil die eine Person etwas sagt und die andere etwas tut.
Und da würde ich einen Punkt setzen, sonst klingt es, als ob du die Aussage gleich wieder negierst. Und: Gedanken kursiv abgesetzt.

Sorry, dass ich hier mit viel Kritik ankomme, aber es sieht für mich so aus, als hättest du den Text sehr spontan, sehr flott runtergehauen, erst nicht überlegt, was du sagen willst, wo du damit hinwillst, und dann weder ausgearbeitet noch editiert. Selbstverständlich ist das kein Vorwurf (es kann natürlich ganz anders sein), sondern eben mein Leseeindruck.

Ich wünsche dir trotzdem noch ganz viel Spaß beim Schreiben und hier im Forum, herzlichst,
Katla

 

Hallo @Katla

Phu, es ist offensichtlich deine Art sehr direkt zu sein. Trotzdem hätte ich mir an der einen oder anderen Stelle einen sachlicheren Ton gewünscht. Einfach weil es für mich ziemlich verletzend war, wie du meine Geschichte zerpflückt hast.

Das nur mal vorne weg.

"Kann es noch langweiliger sein?", höre ich dich ausrufen. Das ist typisch für dich, du bist immer unzufrieden, mit allem. Das halte ich wirklich für einen maximal ungünstigen Einstieg.

Werde ich mir nochmal anschauen.

Das ist doch - sorry - kompletter Quark. Erde und Gras sind lebendig - Pflanzen, Insekten und Mikroorganismen zuhauf. Jetzt bekomme ich den Eindruck, die Erzählerin wäre ein bissl beschränkt - allerdings nicht im Sinne von 'seltsam' oder 'interessant'.

Vielen Dank für diese Lehrstunde. Ich bin Biologin, du musst mir also nicht erzählen was Leben ist. Hier ging es mir darum seine Perspektive zu zeigen. Er ist tatsächlich kein Biologe, er ist ein Junge der im Gras liegt und seine verlorene Freundschaft bedauert, er ist ein Junge der einsam ist, für ihn ist da kein Leben am Boden wo er liegt. Wenn er denkt, dass die Ameisen im Bau sind, weil es heiß ist, dann ist das für ihn nur eine (offensichtlich vorgeschobene) Erklärung dafür, dass er alleine ist. Mir ging es hier nicht um die biologische Definition von Leben.

Etwas Verrücktes müsste man machen, denke ich, etwas Bleibendes.
Das ist keine gute Kombi, weil es Gegenteiliges ausdrückt.

Das ist deine Ansicht. Ich sehe das anders, vor allem unter dem Gesichtspunkt der Perspektive. An der Stelle will ich noch einmal betonen, dass die Geschichte aus der Sicht eines Jungen geschrieben ist. Da muss man sich auch einfach darauf einlassen können.

auch spekulative Geschichten sollten irgendwie eine innere Logik haben.

Das ist ein guter Punkt und da arbeite ich gerade auch noch daran, dass diese innere Logik nicht nur für mich sichtbar ist, sondern sich auch meinen Lesern erschließt. Ich glaube aber, dass es schwierig ist, eine innere Logik zu erkennen, wenn man einen Text nur überfliegt bzw. sich nicht auf die Geschichte einlassen will/kann.

was soll's oder besser was solls.

Danke für den Duden-Hinweis.

Drogenring.
Puh, das finde ich auch überzogen. Ist die Prota psychisch gestört oder zugedröhnt?

Da kann ich ehrlich nur mit den Augen rollen. Hier nochmal der Hinweis darauf: Junge. Es handelt sich um einen Jungen in der Geschichte.

Was hat die Sehfähigkeit mit der Temperatur / Sonne zu tun? Das kommt doch drauf an, wo man steht, bzw. wo dann die Sonne steht. Außerdem: Was tut der Satz zur Sache?

Mittagssonne steht oben am Horizont. Die blendet einfach wenn man hochschaut. Das hat nichts mit Temperatur zu tun.

auch alleine herunterziehen
Ich glaub, das macht hier jeder Vierte falsch: Das Wort existiert nicht mit -e. Kann man nur in Dialogen nehmen, weil manche - ich auch - das so aussprechen.

Werde ich mir merken.

Am Ende wird dann - sorry - der Quark vom Beginn wiederholt

Das »sorry« vorneweg macht die abfälligen Bemerkungen kein bisschen besser. Ja, an einem anderen Ende arbeite ich gerade.

Die Sätze im Intro sind auch seltsam formatiert, vllt. noch mal draufschauen - die brauchen keinesfalls ganze Absätze für sich, nicht mal eine Zeilenschaltung. Das wirkt immer teenagehaft auf "wichtig" gemacht.

War mir nicht bewusst, dass das so teenagerhaft rüber kommt.

Den Umbruch benötigst du dafür hier (ggfs. noch an anderen Stellen), weil die eine Person etwas sagt und die andere etwas tut.
Und da würde ich einen Punkt setzen, sonst klingt es, als ob du die Aussage gleich wieder negierst. Und: Gedanken kursiv abgesetzt.

Danke für diese Hinweise.

Was soll das bewirken? Ich schreib mal den Anfang besonders sperrig und unzusammenhängend / unsinnig, damit der Leser --- was? Schnell wieder rausklickt? Genervt die Augen verdreht?... Dann bin ich ausgestiegen.
Sorry, dass ich hier mit viel Kritik ankomme, aber es sieht für mich so aus, als hättest du den Text sehr spontan, sehr flott runtergehauen, erst nicht überlegt, was du sagen willst, wo du damit hinwillst, und dann weder ausgearbeitet noch editiert. Selbstverständlich ist das kein Vorwurf (es kann natürlich ganz anders sein), sondern eben mein Leseeindruck.

Ich habe kein Problem mit sachlicher Kritik am Text, deswegen habe ich mich schließlich auch hier angemeldet, aber dein Beitrag war leider nicht wirklich sachlich. Jedenfalls, danke für deine Zeit.

Gruß

Mary

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @Marys_Bücherwald,

Ich habe kein Problem mit sachlicher Kritik am Text, deswegen habe ich mich schließlich auch hier angemeldet, aber dein Beitrag war leider nicht wirklich sachlich.
verletzen wollte ich dich nicht. Die Kritik ist sachlich, sie ist nur flapsig formuliert. Manchmal lasse ich mich vom Ton des Textes anstecken.
Wenn dir jemand sagt "finde ich schön" wäre das doch auch unsachlich, nur etwas, das dir besser gefällt. Also, vllt. nicht gleich abbügeln, nur, weil es nicht das ist, was du dir als Eindruck erhofft hast.
;)

Wenn er denkt, dass die Ameisen im Bau sind, weil es heiß ist, dann ist das für ihn nur eine (offensichtlich vorgeschobene) Erklärung dafür, dass er alleine ist. Mir ging es hier nicht um die biologische Definition von Leben.
Das ist vielleicht für die Autorin offensichtlich, denn du kennst den Hintergrund deiner Protas.
Und mir geht es um sprachliche Präzision dessen, was du symbolisch und/oder konkret ausdrücken willst und es eben imA nicht tust. Die mangelnde Präzision bewirkt, dass ich ständig stolpere und eben bei Sachen hängenbleibe, die eigentlich gar nicht kompliziert wären. Das wieder entfernt mich von den Figuren, geht mir auf den Senkel und dann kann ich den Text nicht mehr richtig ernst nehmen.
Da kann ich ehrlich nur mit den Augen rollen. Hier nochmal der Hinweis darauf: Junge. Es handelt sich um einen Jungen in der Geschichte.
Ehrlich, da kann ich ebenfalls nur die Augen verdrehen - wo steht das denn bitte im Text selbst? Da ist ich und du, und sonst alles Dinge, die Mädels wie auch Jungs machen könnten. Die Sprache kam mir eher wie die eines Mädchens vor (okay, fuzzy logic, Erinnerung). Das einzige halbwegs Gegenderte, das ich sehe, ist hier:
Wir waren mal beste Freunde, zwei verknotete Gehirne, quasi eins.
Das hab ich aber nicht als Geschlechtsmarker gelesen, sowas sagen doch auch Frauen untereinander (grad aus der Ex-DDR, wo sie auch sagen: "Ich bin Ingenieur"; ich als Wessie mache das auch manchmal). Und gerade mit dieser weiblichen Symbiose, die sogar sprichwörtlich ist.

Ich will dir aber auch nix aufquatschen, du machst schon wie du denkst, da bin ich sicher. :-)

Herzlichst, Katla

 

Hallo @Marys_Bücherwald,

ein schöner Titel, der mich aufmerksam gemacht hat.

Gleich zu Anfang mache ich mir so meine Gedanken, die ich mal versuche, in Worte zu fassen ...

"Kann es noch langweiliger sein?", höre ich dich ausrufen. Das ist typisch für dich, du bist immer unzufrieden, mit allem.


Wir liegen im Gras, ich zupfe einzelne Halme aus dem Boden und suchen nach Leben. Doch da ist nichts weiter, nur Erde und Gras. Wahrscheinlich ist es zu heiß und alle Ameisen sind im Bau.


Etwas Verrücktes müsste man machen, denke ich, etwas Bleibendes.
"Lass endlich die Feuerleiter hochsteigen!", sagst du und deine Augen kriegen diesen wahnsinnigen Ausdruck.


Nur ein Vorschlag:

Wir liegen im Gras. Ich zupfe einzelne Halme aus dem Boden und suche nach Leben, doch da ist nichts. Nur Erde und Gras. Wahrscheinlich ist es zu heiß und alle Ameisen sind im Bau.
"Kann es noch langweiliger sein?", höre ich dich ausrufen. Das ist typisch für dich, du bist immer unzufrieden, mit allem.
Etwas Verrücktes müsste man machen, sagst du, etwas Bleibendes.
"Lass uns endlich die Feuerleiter hochsteigen!", sagst du ...

So fände ich den Anfang stärker. Zum einen würdest du nicht mit der Langeweile beginnen - das hat Katla ja schon bemängelt -, sondern erst Mal ein Bild im Kopf des Lesers erzeugen. Ihn selbst beurteilen lassen können, ob das langweilig ist. Das wäre dann nämlich für mein Empfinden auch ein cooler Bruch: Dieses harmonische Bild, wie da jemand auf der Wiese liegt, ganz idyllisch ... Und dann der Störenfried, der das ganz anders sieht als wahrscheinlich der Großteil der Leser. Direkt ein Konflikt, direkt etwas, das Interesse weckt: He, wer ist da anderer Meinung als ich, was treibt den an?
Und dazu würde es dann auch passen, wenn der Störenfried den Anstoß mit dem Verrückten gibt, nicht die Person, die da so gemütlich liegt. So, wie es bei dir steht, sind die beiden sich ja irgendwie einig: Person A denkt, dass man etwas Verrücktes machen müsste, der Störenfried spricht es aus. Das verkleinert den eigentlich spannenden Bruch, wenn du verstehst. Na, nur so ein Gedanke. Weiter im Text.

soll´s

Kleinigkeit, aber: soll's

Immer wenn wir schon unter der Leiter standen, haben wir aus irgendwelchen fadenscheinigen Gründen abgebrochen, zu windig, zu rutschig oder weil wir ein Geräusch gehört haben und sicher waren, Zeugen wären in der Nähe.

Hier könntest du sprachlich vielleicht noch ein wenig feiner werden: haben wir abgebrochen ... weil wir ein Geräusch gehört haben. Zum Beispiel: Immer, wenn wir schon unter der Leiter standen, haben wir die Sache wieder abgeblasen, zu windig, zu rutschig, irgendwo ein Geräusch, irgendwo Zeugen ... Oder so. Da fällt dir sicher was besseres ein, wenn du denn möchtest.

Sie steht schon etliche Jahre da und rottet langsam vor sich hin

Verrotten verbinde ich mit organischen Dingen, ein Apfel kann verrotten, aber eine Fabrik? Die zerfällt doch eher oder so.

vielleicht sogar ein Drogenring.

Ein Drogenring ist für mich ein ... Na, also nichts, was in eine leerstehende Fabrik passt. Ein Ring erstreckt sich über mehrere Stationen, da sitzt ein Teil in Berlin, der andere in Hamburg, und erst das macht es zu einem Ring. Vielleicht eher eine Handvoll Dealer statt dem gesamten Ring?

Und dann kommt ein supertoller Absatz, wie ich finde.

Jedenfalls, immer wenn wir da sind, ist der Platz wie ausgestorben. Wir betrachten die Feuerleiter, wobei es bei der glühenden Mittagssonne und dem wolkenlosen Himmel überhaupt schwer ist, irgendetwas zu betrachten. Die Leiter hängt gar nicht weit oben, ich könnte sie wahrscheinlich auch alleine herunterziehen, wenn ich mich danach ausstrecken würde. "Nach Plan?", fragst du dann aber schlicht und ich nicke bloß und begebe mich in Position. Wir haben das alles schon lange geplant, schon unzählige Male durchgesprochen. Ich also zur Stabilität einen Fuß an der Fassade angelehnt, leicht in die Knie gehend, die Hände vor mir verschränkt, sodass du deinen Fuß in meine Hände stecken und dich an meinen Schultern abstützen kannst. Du zählst von drei runter - 3, 2, 1 - und dann stemme ich dich hoch. Im selben Moment greifst du nach oben, packst das Ende der Feuerleiter und ziehst sie mit einem lauten Knattern nach unten. Und dann stehen wir erst mal nur ziemlich dumm da, schauen uns an, schauen die Leiter an. "Na los!", sagst du und zeigst mit dem Kopf nach oben, und dann steigen wir die Leiter hinauf, irgendwie träge, irgendwie unaufgeregt, als hätten wir unsere Kindheit schon vor Jahren verloren. Wahrscheinlich haben wir das auch. Ich muss daran denken, dass ich dich in den letzten Monaten immer seltener gesehen habe, du immer seltener da warst und da kommt der Groll in mir hoch und irgendwie auch dumpfe Trauer, weil ich einfach nicht mehr weiß, wie ich dich noch dazu bringen soll, mit mir zu sprechen. Wir waren mal beste Freunde, zwei verknotete Gehirne, quasi eins.

Von Anfang an gefiel mir die Sprache trotz kleinerer Ruckler hier und da echt gut, die wirkt so ... sehnsüchtig, träumerisch, wie so ein hitzeflimmernder Sommertag eben. Und hier flowts dann so richtig, da wechselt sich kurz mit lang ab, da wird mal unterbrochen mit einem 3,2,1, da sind so coole, knappe Dinger wie: zwei verknotete Gehirne, quasi eins, die ganz natürlich wirken und eben frisch, besonders, wie man das gerne lesen möchte. Sehr cool.

Du lässt die Beine baumeln und schaust hinab, während ich auf dich zugehe, starrst mit einer Faszination in den Abgrund, die mir Angst macht, das war schon immer so.

Hier funktioniert der Wechsel für mich nicht gut: DU schaust hinab, ICH gehe auf dich zu - starrst hinab. Da war ich gedanklich schon beim ICH und dann springst du wieder zum DU, das klappt nicht ganz gut, finde ich.

Am Ende denke ich mir dann: Ach, wie schade. Leider gar nicht inhaltlich, also nicht schade im Sinne von, ach wie schade, dass er (oder sie? hab ich das überlesen? na, ist ja auch nicht so wichtig) springt, sondern ach, wie schade, ein Selbstmord, mal wieder. Weil (besonders hier im Forum) so melancholisch angehauchte Geschichten viel zu oft im Selbstmord enden, und dafür kannst du ja nichts als Autorin, trotzdem hätte ich mir da etwas Innovativeres, Nachhallenderes gewünscht, vielleicht einfach ... Na, den Moment, auf den für meine Begriffe davor schon alles zuläuft, der Moment, in dem der Protagonist erkennt, dass es nicht mehr ist wie früher, dass jetzt etwas anders ist zwischen den beiden, sich etwas verändert hat. Dafür hätte aber ein Satz gereicht, ein Blick vielleicht, da hätte es keine so extreme Handlung wie einen Selbstmord gebraucht. Und trotzdem wäre mir das dann viel näher gegangen. Aber: Das ist meine Meinung. Und wenn die Geschichte so für dich enden muss, dann bleibt mir nichts anderes übrig, als das zu akzeptieren und mich auf deine nächste Geschichte zu freuen :) Bis dann und danke!

Bas

 

Liebe @Marys_Bücherwald

Ich muss eigentlich ins Bett darum nur kurz, bevor du nach allen Vorschlägen zu schnell zu viel änderst.
Mir hat deine Geschichte sehr gut gefallen. ?
Der Anfang hat mich gleich gepackt und ich mochte den inem Bogen gespannten Schluss. Da hätte ich mir lediglich ein anderes Tier gewünscht irgendwie. Nicht nochmal die Ameise, n‘Käfer vielleicht. ;-)
Ich fand meine Reise beim Lesen auch sehr schön, die tiefe Freundschaft, die dann aber zur auseinandergelebten wird und dann zum Selbstmord erst in Echtzeit und dann vorgestellt(erinnert) und in Symbolsprache und das alles wandelbar in einer Szene, ich fand das wundervoll, diese kleinen Wendungen und sie haben mich alle berührt.

Danke dafür.
Herzlich, Akelei

 

Servus, war seit Jahren nicht mehr hier unterwegs und las mal diesen oder jenen Anfang. Geblieben bin ich bei deinem Text. Mir gefallen deine Bilder, deine Emotionen, gerade das nicht erklären wollen, diese offenen Stellen mochte ich gerne. Hätte gerne in dieser Melodie weiter gelesen. Und das Wahrnehmen krabbelnder Ameisen ist manchmal ganz schön viel Lebendigkeit, nicht wahr? Alles Gute ✌️schnee.eule

 

Hallo @Bas

danke für dein Feedback, du hast mir den Glauben an mich selbst wieder gegeben :rolleyes::gelb:

Vielen Dank vor allem für deine Anmerkungen zum Anfang der Geschichte. Dadurch, dass sich in dem Punkt bisher alle Kommentatoren einig waren, muss ich da definitiv noch was dran machen.

...Und dazu würde es dann auch passen, wenn der Störenfried den Anstoß mit dem Verrückten gibt, nicht die Person, die da so gemütlich liegt. So, wie es bei dir steht, sind die beiden sich ja irgendwie einig: Person A denkt, dass man etwas Verrücktes machen müsste, der Störenfried spricht es aus. Das verkleinert den eigentlich spannenden Bruch, wenn du verstehst. Na, nur so ein Gedanke.

Gute Gedanken, die du hier angemerkt hast. Allgemein sind alle deine Punkte für mich sehr nachvollziehbar. Ich werde Sie mir beim Überarbeiten definitiv zu Herzen nehmen.

Am Ende denke ich mir dann: Ach, wie schade. Leider gar nicht inhaltlich, also nicht schade im Sinne von, ach wie schade, dass er (oder sie? hab ich das überlesen? na, ist ja auch nicht so wichtig) springt, sondern ach, wie schade, ein Selbstmord, mal wieder. Weil (besonders hier im Forum) so melancholisch angehauchte Geschichten viel zu oft im Selbstmord enden, und dafür kannst du ja nichts als Autorin, trotzdem hätte ich mir da etwas Innovativeres, Nachhallenderes gewünscht, vielleicht einfach ... Na, den Moment, auf den für meine Begriffe davor schon alles zuläuft, der Moment, in dem der Protagonist erkennt, dass es nicht mehr ist wie früher, dass jetzt etwas anders ist zwischen den beiden, sich etwas verändert hat. Dafür hätte aber ein Satz gereicht, ein Blick vielleicht, da hätte es keine so extreme Handlung wie einen Selbstmord gebraucht. Und trotzdem wäre mir das dann viel näher gegangen.

Ich wusste gar nicht, dass der Selbstmord so oft als Motiv verwendet wird (aber so im Nachhinein... ich hätte es wissen müssen). Ich bin, merke ich aktuell, noch ein wenig naiv in der Schreiberszene unterwegs, aber ich lerne schnell, von daher bin ich guter Dinge :bib:

Generell habe ich bei meinen Geschichten immer ein Problem mit dem Finden des passenden Endes. Ich schreibe (bei Kurzgeschichten) intuitiv, konstruiere mir also keine Rahmenhandlung, sondern schreibe einfach drauf los und schaue wo es hingeht. Aber zum Ende hin komme ich immer ins straucheln und bin oft selbst nicht zufrieden mit dem Ausgang :bonk: Das frustriert mich total, aber ich besuche jetzt eine Schreibwerkstatt und schau mal, dass ich mir das Handwerkszeug aneigne.

Jedenfalls vielen Dank fürs Lesen, deine Zeit und dein Feedback.
Ich werde definitiv auch mal bei dir vorbeischauen.

Gruß

Mary

 

Liebe @Akelei

vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, meinen Text zu lesen und mir Rückmeldung zu geben.

Ich fand meine Reise beim Lesen auch sehr schön, die tiefe Freundschaft, die dann aber zur auseinandergelebten wird und dann zum Selbstmord erst in Echtzeit und dann vorgestellt(erinnert) und in Symbolsprache und das alles wandelbar in einer Szene, ich fand das wundervoll, diese kleinen Wendungen und sie haben mich alle berührt.

Ach toll! Das ist, hübsch zusammengefasst, genau das, was ich mit dem Text erreichen wollte :herz:

Ich werde mich schon nochmal intensiv mit dem Text beschäftigen, muss aber erst ein wenig Distanz dazu kriegen... dann wird nochmal ein wenig gewerkelt und dann ist gut :)

Ich wünsch dir ein schönes Wochenende und freu mich schon, einen Text bei dir zu lesen!

Gruß

Mary

 

Servus @schnee.eule

Geblieben bin ich bei deinem Text.
kann es ein schöneres Kompliment geben?

Ich danke dir fürs vorbeischauen und bleiben :gelb: und für die Rückmeldung zu deinem Leseempfinden von "Nur Erde und Gras".

Schade, dass du schon so viele Jahre keinen Text mehr reingestellt hast. Schreibst du noch?

Hab ein schönes Wochenende!

Gruß

Mary

 

Hallo, ich habe mich ganz auf meine Malerei eingelassen (unter Hana Magelis) aber auch Beiträge veröffentlicht, das Schreiben war nicht ganz weg, jetzt drängt es wieder bissl in den Vordergrund .. dir auch, happy weekend

 

@Astraios @Rob F @MRG @erdbeerschorsch @Bas @Akelei @schnee.eule @Katla
Vielen Dank nochmal fürs Lesen und eure Gedanken, Anregungen und Kritik. Ich habe mir eure Punkte zu Herzen genommen und die Geschichte überarbeitet. Jetzt bin ich auch viel zufriedener damit :thumbsup:
Ich habe die Geschichte nur leider vorher schon zu einem Kurzgeschichtenwettbewerb geschickt und bin jetzt unter den Finalisten d.h. ich lese dann am Wochenende noch die alte Fassung... und für die Zukunft merke ich mir, erst die Geschichte hier reinstellen, ordentlich überarbeiten und dann abschicken :drool:

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Marys_Bücherwald

Jugendlich frisch und die Gefühle sind absolut nachvollziehbar - auch dieses langsame Absterben gemeinsamer Erfahrungen, wie sie so typisch sind in dem Alter, hast Du gekonnt beschrieben. Nur dass sie mit ihm die Leiter zusammen hochsteigt und dann doch alleine oben sitzt ... hatte ich kurz gestutzt ... wie kömmts?
Danke für´s Lesen dürfen.
Noch ein bisschen Textkram:
Wir schauen hoch auf die Feuerleiter und die glühenden Mittagssonne brennt uns dabei in den Augen.
Grüße - Detlev

 

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