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Opus Magnum

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20.01.2018
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Opus Magnum

In Papas Werkstatt stehen zwei Menschen. Ich spähe durch den Türspalt; eine Frau und ein Mann. Sie trägt eine lange Cordhose und ein himmelblaues Hemd, das ihr mehrere Nummern zu groß ist; die rostroten Haare sind zu einem Dutt gebunden. Sie hat mindestens ein Dutzend Ketten um den Hals und in den Haaren eine Sonnenbrille, so versteckt wie ein Vogelnest. Der Mann ist schlaksig; Lederjacke, die Nase leicht schief, die Haare kurz und stachelig. Wie ein Igel.
„Herr Muriell?“, fragt der Mann und streckt Papa die Hand entgegen.
„Ganz recht." Papa schüttelt die Hand; er muss den Arm über den Kopf heben, um einschlagen zu können. „Und Sie sind?“
„Ruben Lang.“
„Freut mich. Woran sind Sie interessiert? Und bevor Sie fragen, ich verrate nichts über meine anderen Kunden. Das ist unprofessionell.“
„Schon gut, um ehrlich zu sein“, sagt Herr Lang und blickt seine Begleitung an, „wollen wir nichts kaufen.“
Papa sieht aus, als hätte man ihm in die Magengrube geschlagen. „Hmm“, sagt er mit verschränkten Armen. „Dann glaube ich, kann ich Ihnen noch weniger helfen.“
„Wir haben gehört, hier würde ein Junge leben.“
Papa hält inne. „Was hat er jetzt wieder ausgefressen?“
„Es …“
„Ich sag es Ihnen direkt, ich zahle nix. Dafür wird er selbst auskommen müssen. Ich hab kein Geld für so einen Unfug.“
„Nein nein“, mischt sich nun die Frau ins Gespräch ein, „es ist nichts passiert. Wir würden ihn nur gerne … kennenlernen“, sagt sie und schaut erst ihren Mann, dann Papa an; sein Gesicht ist steinern wie eine Statue. „Wir glauben, er könnte unser Sohn sein.“
Ich beiße mir auf die Lippen; ich schiebe mich ein Stück weiter durch den Rahmen, um einen besseren Blick auf das Ehepaar zu erhaschen. Eine gewisse Ähnlichkeit ist schon da, denke ich; die roten Haare, das spitze Kinn. Ich weiß nicht, was ich in Papas Gesicht erwartet habe; Überraschung am ehesten, aber das ist es nicht; es ist ein Gesichtsausdruck, als hätte er voller Freude in einen Apfel beißen wollen und dann festgestellt, dass es eine faule Zitrone sei.
„Wollt ihr mich verscheißern?“ Papas Stimme dröhnt. „Für wen haltet ihr euch?"
„Herr Muriell …“
„Denkt, nem’ Zwerg könnt' ihr den Sohn abschwatzen, was?“
„Aber er ist doch nicht wirklich Ihr Sohn. Er ist ein Mensch und Sie …“
„Ich hab ihn gemacht, mit meinem eigenen Schwanz! Soll ich ihn dir zeigen? Glaubst mir nicht?“
„Ich wollte nicht …“
„Raus aus meiner Werkstatt, raus!“ Papa greift einen Hammer. Instinktiv macht der Mann mit der schönen Nase einen Schritt zurück. „Verpisst euch von meinem Grundstück! Wenn ich dich nochmal hier sehe, schlag ich dir die Kniescheiben aus!“
Eine Sekunde lang starren sie Papa an; dann dreht sich das Ehepaar um und geht.

Die Küche ist eng, zumindest für mich; wir haben Platz für einen Tisch, zwei Barhocker und einen Schrank mit Spüle, alles in Zwergengröße. In Einmachgläsern auf der Fensterbank wachsen Zitronenmelisse und Bogenhanf. An der Wand hängen dutzende Bilder; Papa und ich am Rhein, Papa und ich wandern auf der Halde, Papa und ich am Kemnader See; immer zu zweit. Nie mit Mama. Vielleicht hat Papa die Bilder entsorgt, vielleicht gibt es auch gar keine. Er erzählt nicht viel über die Zeit, als sie noch zusammen waren.
Manchmal kommt es mir vor, als wäre Mama ein Mythos; eine schöne Geschichte, aber wahr ist sie nicht. Alles, was vom Gegenteil zeugt, bin ich.
Manchmal hätte ich schon gerne eine Mutter.

„Du musst dich rasieren“, sagt Papa. Er ist ein prächtiger Zwerg. Muskeln wie ein Ochse, schwielige Hände und einen Schnauzer; sein glatter Schädel glänzt, als hätte man ihn mit Scheuermilch poliert. „Du siehst mies aus.“
„Das ist mein Bart.“
„Nein. Eines Tages, Junge“, sagt Papa, „hast du genug, um es Bart nennen zu können. Aber das, das sind Teppichhaare. Wie von einer Katze.“
Papa mag keine Katzen.
„Da waren vorhin Leute da“, sage ich, um das Thema zu wechseln. „Bei dir in der Werkstatt.“
„Ay.“
„Kunden?“
Er schnaubt. „Blöde Affen. Glauben, Geld kauft alles.“
Eine Weile schweigen wir. „Meinst du nicht“, frage ich langsam, „sie könnten Recht haben?“
„Du hast gelauscht.“
„Es war nicht zu überhören.“
„Nein. Haben sie nicht.“ Er jagt mit dem Löffel nach einem verkochten Stück Zwiebel. „Oder wünschst du dir das?“
„Natürlich nicht.“ Ich schaue ihn an; er ist nicht überzeugt. „Es ist nur so“, sage ich schnell, „dass du … ein Zwerg bist.“
„Hmm.“
„Und ich nicht.“
Ich beiße mir auf die Lippen; zu stark. Es schmeckt nach Eisen; mit der Zunge ertaste ich einen Fetzen Haut. Bevor ich etwas sagen kann, packt Papa den Teller und kippt sich den Rest Suppe in den Rachen; dann legt er den Ton beiseite und wischt sich mit dem Handrücken über den Mund.
„Hältst du mich für einen Lügner?“, fragt er.
„Nein.“
„Dann pass auf; ich hab dich selbst gemacht, hiermit“, sagt er und streckt mir die Innenseite der Hände entgegen. „Siehst du?“
„Ja.“
„Ich hab dich gemacht und aufgezogen. Ich hab wirklich wenig Ahnung von Biologie, mein Junge. Ich weiß, dass Bäume wachsen, wenn man sie gießt, und Vögel fliegen, weil sie Flügel haben, und wenn ein Pferd und ein Esel fick … sich lieben, dann kommt dabei auch was raus. Egal, was man dir sagt; du bist mein Sohn.“ Er schaut mich an; er scheint auf eine Bestätigung zu warten.
„Maultier“, sage ich. „Das kommt dabei raus. Oder Maulesel, je nachdem …“
„Hast du mir zugehört?“
Ich nicke vorsichtig.
„Gut", sagt er und steht auf. „So einfach ist das.“

Altenbochum eine miese Kombination aus der Erkenntnis, man hätte es besser machen können, aber dem Unwissen, wie konkret. Nackter Beton, alle paar Blocks aufgeweicht durch einen Park. Deswegen wohnen hier die Zwerge. Jeder möchte sie als Bergarbeiter oder Türsteher, aber niemand als Nachbar. Ich glaube, Altenbochum und die Zwerge passen gut zueinander; man bedauert sich gegenseitig, von den Menschen verhunzt worden zu sein.
Hinter der Zeche Konrad gibt es einen Kiosk, der die ganze Nacht auf hat. Das Bier ist teuer und der Boden spackig, aber mir gefällt es. Der Geruch nach Pisse ist unumkehrbar in die Ritzen gesickert; neben der Tür steht ein frisierter Zigarettenautomat. Drückt man dreimal die Sechs, verkauft er Kondome. Zwergengröße, versteht sich.
Ich halte vor der Tür, betrachte mich in der verschmierten Scheibe. In der Dunkelheit sehen die Barthaare voller aus, länger, gröber. Ich sehe aus wie Papa.

„Yarre. Glück auf“, sagt Harpen, als ich die Tür aufstoße. Er spricht mit dünner Stimme, das Gesicht blass. Sein rostbrauner Bart hat an Farbe verloren. „Wie geht es dir?“
„Gut.“ Die Kasse reicht mir gerade bis zur Hüfte. Zwischen zwei Kühlschränken ziehe ich einen Kasten Cola hervor und setze mich drauf.
Harpen hustet. „Wunderbar.“
„Alles in Ordnung?“
„Die Lunge. Macht Zicken.“ Er schlägt sich mit der Faust auf die Brust. „Nichts, was nicht wieder verschwindet. Zwei oder drei Tage im Monat ist es übel.“ Er räuspert sich. „Dein Vater war letzte Woche nicht beim Schocken. Sag ihm, er soll kommen. Er hat sich ewig nicht sehen lassen.“
„Ich erinnere ihn.“
„Guter Junge.“ Er greift nach einem Glas Wasser, löst eine Tablette darin auf; weißer Schaum schwimmt an der Oberfläche. Harpen zieht das Glas in einem Zug weg und wischt sich mit dem Handrücken über den Mund. „Heute waren Milchgesichter da. Haben nach dir gefragt. Eine Frau und ein Mann.“
„Bin ihnen schon begegnet.“
Harpen stemmt sich mit den Händen auf die Theke. „Was wollen die von dir?“
„Denken, ich wäre ihr Sohn.“ Ich sehe ihn an; er weicht aus. „Haben versucht, Papa davon überzeugen.“
„Kann mir vorstellen, wie das lief. Also, was kann ich dir Gutes tun?“
„Papa will dreimal Fiege.“
Harpen nickt. „Sonst?“
„Was hast du denn da?“
„Von mir kriegst du nichts.“
„Harpen, bitte …“
„Nein. Wenn dein Vater das spitzkriegt, reißt er mir den Kopf ab und scheißt rein, und das kriegt er spitz, glaub mir. Wenn du dir woanders was besorgst, ist das nicht mein Problem. Aber hier nicht.“
„Also hast du was da“, sage ich lächelnd.
„Hast du Karotten in den Ohren, Junge? Ich hab doch gerade gesagt …“
Es piept; die Tür geht auf. Ich drehe mich um. Es ist das Ehepaar aus der Werkstatt. Harpen wirft ihnen einen kurzen Blick zu, dann senkt er den Kopf.
„Fiege macht drei fünfzig. Wenn du willst, kannst den Rest auch haben, ich krieg nächste Woche mehr. Außer deinem Vater trinkt das eh niemand. Ich bedien’ Sie gleich, einen Moment.“
Die Frau sieht mich an. „Yarre …“
„Wir wollen hier keine Milchgesichter“, sage ich. Harpens Gesichtszüge verhärten sich. Bevor er etwas sagen kann, räuspert sich der Mann.
„Wir warten am besten draußen“, sagt er und hält seiner Frau die Tür auf.
Harpen starrt ihnen nach; die Tür fällt ins Schloss.
„Kann ich durch den Hinterausgang?“, frage ich.
„Lass das Pöbeln, Junge.“ Harpen sieht aus, als wollte er mir ins Gesicht spucken.
„Ich wollte nur …“
„Und red’ du nicht von Milchgesichtern. Ich sage, wen ich in meinem Laden möchte und wen nicht, klar?“ Er verschränkt die Arme. „Ich lass dich schließlich auch rein.“
Ich starre ihn an; Harpen starrt zurück. Ich stehe auf; die Deckenlampe schlägt mir beinahe gegen den Kopf. Ich lege ihm drei fünfzig auf den Tresen, greife die Flaschen; ohne ein Wort zum Abschied stoße ich die Tür auf.

Die Nacht ist schwül. 22 Grad steht auf einer Neontafel; eine tropische Nacht, hab ich im Fernsehen gelernt. Das Shirt klebt mir an Nacken und Armen.
Zwischen einer Bushaltestelle und einer flackernden Straßenlaterne steht eine Silhouette. „Yarre!“, ruft eine Frauenstimme.
Ich ändere die Richtung, laufe im Schatten der Schilder und Überdachungen. Vielleicht stoppt sie, wenn …
„Yarre!"
Ich werde schneller.
„Bleib stehen. Bitte.“
„Was?“, rufe ich und stoppe. „Was wollt ihr von mir?“
„Reden“, sagt die Frau; sie stolpert näher. „Nur reden.“
„Ich will nicht.“
„Bitte. Nur kurz.“
Ich schaue mich um. „Wo ist dein Kerl?“
„Er holt das Auto.“
Ihr habt wirklich keine Ahnung von Altenbochum, denke ich. „Du solltest hier nachts nicht alleine herumstehen.“
„Warum?“, sagt die Frau. „Weil ich eine Frau bin?“
„Weil du keine Zwergin bist.“ Ich werfe einen Blick zum Kiosk. Harpen lehnt in der Tür, raucht Pfeife und tut so, als interessierte er sich brennend für den nackten Pfahl, an dem vor einer Woche noch ein Stoppschild hing.
„Du bist doch auch keiner“, sagt die Frau.
„Was?“
„Na, kein Zwerg.“
Ich schnaube, aber bevor ich eine Antwort von mir geben kann, hält ein alter Opel Astra am Straßenrand. Aus der Fahrertür steigt der Mann. Er schließt die Tür und hakt sich bei seiner Frau unter.
Ich werfe einen Blick über die Schulter. Harpen pafft weiter.
„Hallo, Yarre“, sagt der Mann.
„Wollt ihr mir nicht mal eure Namen sagen?“, frage ich.
„Ich heiße Ruben. Das ist Sophia.“
„Cool. Kann ich jetzt gehen? Mir ist kalt.“
„Wir würden uns gerne mit dir unterhalten.“
„Ich will aber nicht. Die Leute gucken.“
„Welche Leute?“ Ruben dreht den Kopf; er entdeckt Harpen.
„Schau mal“, sagt Sophia. „Wir haben … allen Grund zur Annahme, dass du unser Sohn sein könntest. Ich möchte dir einen Vorschlag machen. Lass uns kennenlernen. Ein Abendessen, irgendwo in der Stadt, wo du möchtest. Wir reden ein bisschen, und wenn wir am Ende des Abends das Gefühl haben, dass du … vielleicht doch unser Sohn sein könntest, dann sehen wir weiter.“
Ich starre auf den Dreck.
Ruben räuspert sich. „Sei doch mal ehrlich, Yarre. Glaubst du, dein Vater sagt die Wahrheit? Ich will ihn nicht schlecht reden, aber Fakt ist: Menschen und Zwerge können keine gemeinsamen Kinder zeugen. Es geht einfach nicht. Es ist biologisch unmöglich.“
„Sind Sie so was wie ein Arzt?“
„Komponist.“
Also hat er keine Ahnung, denke ich. „Wenn ich mitkomme“, sage ich, „und mir anhöre, was ihr zu sagen habt, lasst ihr mich dann in Ruhe?“
Sophia nickt.
„Gut.“ Wir tauschen Nummern. Ruben verspricht, sich zu melden. Das Angebot, mich heimzufahren, schlage ich aus. Das Letzte, was ich brauche, ist, von ganz Altenbochum mit zwei Milchgesichtern gesehen zu werden. Die beiden steigen in den Opel und fahren davon; Sophia winkt mir zum Abschied. Ich hebe kurz die Hand, steckte sie dann schnell wieder in die Tasche und schaue mich um.
Harpen ist verschwunden.

Ich könnte eine Mutter haben.
Der Gedanke schießt mir auf dem Heimweg durch den Kopf wie ein Tennisball, immer und immer wieder. Ich könnte eine Mutter haben; eine richtige. Eine, die mich nach der Schule fragt, wie es mir geht; eine, die ich anrufen kann, wenn es mir nicht gut geht.
Was zum Glück nicht sehr oft passiert, aber es passiert.
Ich könnte eine Mutter haben.
Was mache ich denn hier, denke ich, und bleibe stehen. Ich habe zugesagt, damit die Fragerei ein Ende hat; jetzt ist es keine fünf Minuten her, seit ich Sophia und Ruben das letzte Mal gesehen habe, und mein Kopf versucht bereits, sie in mein Leben einzufügen. Sie sind Fremde.
Aber das müsste nicht so bleiben.
Und zum ersten Mal in meinem ganzen Leben keimt in mir ein Gefühl auf, für das ich noch gar keinen Namen hab; es fühlt sich an, als hätte sich der Boden zu meinen Füßen in Luft aufgelöst, alle Gewissheiten zerstreut. Wer sagt denn, das Harlan wirklich mein Vater ist?
Hör auf, so was zu denken, sage ich mir.
Aber wer verbietet es mir? Wäre ich wirklich überzeugt, warum nehme ich den Gedanken dann so gerne an? Der Zweifel kommt nicht von außen; er war schon immer da.
Mir wird schwindelig. Ich will nicht mehr denken.

Sophia schreibt mir noch am selben Abend; wir machen einen Termin für den nächsten Tag aus. Gegen 6, irgendwo am Rand vom Bermuda-Dreieck, in einer Eckkneipe. Nicht zu förmlich, aber ruhig genug, dass man miteinander plaudern kann.
Am nächsten Tag fahre ich nach der Schule in die Innenstadt; mit der U35 kommt man bis zum Rathaus. Eine Gruppe Zwerge in orangen Jacken steht am Straßenrand und fegt das Laub zusammen. Zwei andere in Blaumännern stehen auf Klappleiter und montieren eine Lichtfassade, während Menschen um sie herumstreifen wie Ameisen in einem Bau.
Ich kaufe einen Nassrasierer, eine Packung Rasierschaum, zwei Waschlappen und eine Flasche Desinfektionsmittel; billiger als Aftershave.

„Du hast dich rasiert“, stellt Papa fest. „Sieht besser aus.“
„Musste mal sein.“
Sein Blick streift meinen halbleeren Teller. „Du isst gar nix.“
„Ich treffe mich gleich noch mit Freunden zum Essen.“
Papa nickt und schweigt; er sagt nichts, als ich mir die Jacke anziehe. Steht nur da, die Arme verschlossen, und sieht mich an. Er weiß es, denke ich. Harpen hat es ihm erzählt.
Ich will gerade nach der Klinke greifen, als sich eine Hand auf meinen Arm legt.
„Yarre“, sagt er und stoppt. Ich sehe ihm in die Augen; in seinem Kopf arbeitet es wie in einem Uhrwerk. Er öffnet den Mund, schließt ihn wieder. Langsam zieht er die Hand zurück.
„Du bist mein Sohn.“ Seine Stimme ist anders; beinahe brüchig. „Versprich mir, dass du das nicht vergisst.“
„Du …“
„Yarre …“
„Ich muss jetzt los“, sage ich und reiße die Tür auf. „Wir sehen uns morgen.“

Die U35 hat Verspätung. Komme bissl später, schreibe ich Sophia, lösche das zweite Wort und tippe stattdessen bisschen ganz aus. Ich will nicht, dass sie mich für ungebildet hält.
Wir treffen uns vor der Kneipe; es ist voll im Bermuda-Dreieck. Der Himmel ist knallig blau, Menschen treiben in alle Richtungen, Schulter an Schulter, ausgelassen. Lachen und Rufe verschlucken jedes andere Geräusch. Hin und wieder sieht man eine Gruppe Zwergenknirpse mit rosigen Backen und beschwipstem Grinsen, aber sie sind so klein, dass sie in der Masse untergehen. Es riecht nach Frittenfett und Currywurst; Menschen mit blau-weißen Schals ziehen durch die Straße. Ich glaube, Bochum spielt heute.
Sophia und Ruben warten vor der Kneipe. Sie sieht gut aus; sie hat die langen Haare gekämmt und zum Zopf gebunden; Zipfel von einem gelben Sommerkleid wehen ihr um die Knie.
„Hey“, sage ich, erstarre, weil ich nicht weiß, wie ich sie begrüßen soll. Ich strecke Sophia die Hand aus, aber anstatt sie zu nehmen, umarmt sie mich; sie riecht nach Lavendel und Süßholz.

Drinnen ist es ruhig; der Straßenlärm perlt an den Glasscheiben ab wie Regentropfen. Es ist eine echte Bochumer Eckkneipe; dunkle Holzmöbel, Biergeruch klebt an der Oberfläche. Im Fernseher läuft das Spiel, Bochum gegen Bayern München.
Wir setzen uns an einen kleinen Tisch am Fenster; Ruben und Sophia auf die eine Seite, ich gegenüber, den Rücken zur Tür. Außer uns ist niemand zu Gast; als die Bedienung kommt, um die Getränke aufzunehmen, bestellen wir das Essen gleich mit. Sophia entscheidet sich für eine Gemüsepfanne, Ruben nimmt ein Schnitzel mit Champignonrahm. Als er mich über der Karte grübeln sieht, lacht er.
„Schwierig zu entscheiden?“, fragt er.
„Es ist nur … etwas teurer, als ich dachte.“ Ich bin nicht oft auswärts essen; ich weiß, dass es nicht viel Geld ist, dass man an anderen Orten ganz andere Summen zahlt, aber bei den Preisen bekomme ich trotzdem Bauchschmerzen.“
„Nimm nur“, sagt Ruben. „Geht auf uns.“
„Wirklich?“
„Natürlich.“ Er lächelt. „Keine Sorge. Wir haben dich schließlich eingeladen.“
Ich werfe einen Blick in die Karte; wenn man sich die Preise wegdenkt, sieht sie auf einmal so viel ansprechender aus. Ich ignoriere, dass der Sesamburger mit Süßkartoffel-Pommes zwölf Euro kostet, bestelle und reiche dem Kellner die Karte.
„Danke, dass du gekommen bist“, sagt Sophia, nachdem der Kellner verschwunden ist. „Tut uns leid wegen gestern Abend. Wir wollten dich nicht bedrängen.“
„Ist schon gut“, sage ich. In meinem Kopf taucht Papa auf, wie er mir die Hand auf den Arm legt; wie er bittet, ihn nicht zu vergessen.
Ich nehme einen Schluck von der Cola. Mein Kopf läuft heiß; mir ist schlecht.
Es piept; Sophia zieht ihr Handy raus. Eine Nachricht. Sie zeigt sie Ruben; er nickt. Auf dem Bildschirmhintergrund ist ein Segelboot abgebildet.
„Schick”, sage ich.
Sophia lächelt. „Danke. Wir haben es selbst gebaut, letztes Jahr. Wenn Ruben mal Urlaub findet, wollen wir nach Dänemark segeln.”
„Du willst nach Dänemark”, sagt Ruben. „Ich will immer noch nach Holland.”
„Wie ist das so?”, frage ich.
„Segeln?”
„Rauszukommen.” Sie sehen mich an. „Ich hab Bochum noch nie verlassen”, sage ich. „Wie ist das so, auf Meer zu sein?”
Ruben und Sophia werfen sich einen Blick zu.
„Es ist windig”, sagt Sophia. „Und kalt. Eine Stunde auf dem Meer ist anstrengender als ein Tag auf Station, aber … wenn man am Ende des Tages schlafen geht, ist man auf eine Art erschöpft, die schön ist.” Und dann legt Sophia los; ich glaube, ich habe einen Nerv getroffen. Sie erzählt lange vom Segeln; die Hände zusammengelegt, den Blick eindringlich. Sie hat eine angenehme Stimme, denke ich. Sie erzählt von Häfen und Schiffen, von guten und schlechten Wetterlagen, wo sie schon mal war und wo sie noch hin möchte, und ich denke mir, dass es vollkommen egal ist, was sie mir da erzählt, solange sie nur nicht stoppt.
„Wenn es sich ergibt”, sagt Ruben, „könnten wir dich mal mitnehmen. Wenn du möchtest.”
„Sehr gerne”, sage ich schnell, stolpere über meine eigene Zunge. Das Meer klingt gut; ich sehe Sophia an. Sie lächelt.
„Darf ich euch was fragen?“, sage ich.
Die beiden nicken.
„Warum glaubt ihr, ich könnte euer Sohn sein?“
Sophia räuspert sich. „Meine Schwangerschaft, damals“, sagt sie, „kam ein wenig … überraschend. Wir waren noch jung; naja, zumindest jünger. Es ist schließlich achtzehn Jahre her. Ruben war auf Tournee und ich im Praktischen Jahr. Das ist eine Art Ganzjahrespraktikum für Mediziner“, sagte sie schnell, als sie meinen Blick sieht.
„Und?“
„Der Zeitpunkt für ein Kind war nicht richtig“, sagt Ruben und legt seine Hand auf Sophias Arm.
„Also was?“
„Wir haben es weggegeben. Es ging nicht anders“, sagt Sophia. „Wir wären einem Kind niemals gerecht geworden. Nicht damals.“
Ein Teil von mir denkt, dass das eine lausige Antwort ist. „Verständlich“, sage ich und nehme einen Schluck. „Und wie kommt ihr darauf, dass ausgerechnet ich euer Sohn sein könnte?“
„Weil ich das Kind hier in Bochum bekommen habe“, sagt Sophia. „Es gibt Programme, dass Kinder nach Geburt an Einrichtungen und Pflegefamilien gegeben werden, wenn die Mutter es möchte. Das nachzuverfolgen ist nur leider recht schwierig, weil darüber nicht Buch geführt wird. Also suchen wir nach einem Jungen, der am 12.9.2002 in Bochum geboren und in einem Heim oder einer Pflegefamilie aufgewachsen ist.
Das ist mein Geburtstag, denke ich. Mein Herz schlägt schneller.
„Die wichtigste Frage ist,“, sagt Ruben, „ob du es überhaupt wissen möchtest. Du musst das nicht heute entscheiden. Heute wollen wir uns nur kennenlernen. Wenn du aber möchtest, können wir einen Vaterschaftstest machen. Wir haben bisher mehrere machen lassen, aber keiner war positiv.“
„Aber wieso ich?“, frage ich. „Wie kommt ihr ausgerechnet auf mich?“
Sophia und Ruben sehen sich an. „Weil …“, sagt Ruben schließlich, „Yarre, du musst dich doch auch schon mal gefragt haben, ob das alles, naja … wahr ist.“
Ich denke an die Zwergeknirpse, die früher Rumpelstilzchen an unsere Hauswand gesprayt haben.
„Yarre“, sagt Sophia mit leiser Stimme, „er ist nicht dein leiblicher Vater. Er kann nicht. Glaub mir, wenn ich es sage. Zwerge und Menschen können keine gemeinsamen Kinder haben.“
Ich senke den Blick.
„So oder so“, sagt Ruben, „bleibt er ja dein Vater. Er hat dich aufgezogen.“
Ich nicke, schaue zum Fernseher; Bochum liegt zurück.
„Außerdem geht es darum heute nicht“, sagt Sophia und streicht sich über das Kleid. „Also, erzähl von dir.“
Das mache ich; achtzehn, fast Abi. Die meisten meiner Freunde sind Zwerge. Was wir machen? Chillen, meistens. Keine Freundin, nein, hat sich bisher nicht ergeben. Papa? Der ist Erfinder. Was er erfindet? Tiere. In seiner Werkstatt baut er kleine Maschinen, die aussehen wie Hunde oder Vögel, und dann verkauft er sie als Alarmanlagen an reiche Menschen, die in ihrem Garten einen falschen Labrador haben wollen. Viel Geld gibt das nicht, ne aber es reicht für Nudeln, und wer sich Nudeln und Fiege leisten kann, ist reich genug. Sagt Papa.
Ich bin so sehr ins Reden gekommen, dass ich gar nicht merke, dass noch jemand eintritt. Rubens Blick schweift ab; Sophia folgt mir noch einen Moment länger, dann löst auch sie sich. Ich drehe mich um.
Ein Junge hat den Laden betreten. Er ist groß; rote Haare, Sportlerstatur, eine Narbe am linken Nasenflügel.
Er ist Sophia wie aus dem Gesicht geschnitten.
Einen Augenblick lang steht er verloren herum; dann sieht er Ruben und Sophia, hebt schwach lächelnd die Hand und kommt näher.
„Hey“, sagt er. „Sorry, ich wollte nicht groß stören, ich, uhm …“, er zieht einen Brief aus der Jackentasche. „Ich hab Post bekommen. Der Test ist da.“

Wir treten zusammen hinaus; es regnet. Ruben bietet an, mich nach Hause zu fahren, aber ich lehne ab. Ich will einfach nur weg. Ich hebe die Hand zum Abschied. Sophia und der Junge umarmen sich; sie sieht nicht einmal auf, als ich gehe.
Der Regen ist stärker geworden; Tropfen bersten gnadenlos auf dem Asphalt. Die Straßen sind leer; aus den vollen Kneipen hört man jubelnde Rufe und Gesänge. Bochum hat gewonnen. Durch die Fenster sehe ich Menschen mit blauen Trikots, die sich in den Armen liegen. Heute ist eine Nacht zum Feiern, scheint mir. Eine Weile lang bleibe ich vor dem Fenster stehen und schaue ihnen zu, während mir der Regen das Gesicht hinabfließt. Meine Jacke ist aufgeweicht, die Jeans kleben an der Haut.
Ich sollte heimgehen.
Eine Straßenkreuzung später bleibe ich stehen; ich trete eine Papiertonne um. Zettel fallen in den Regen, weichen auf, schwimmen davon wie beschissene Segelboote. Ich weiß nicht, wohin ich will. Nur, wohin ich nicht will. Ich weiß nicht, ob ich Harlan jemals wieder unter die Augen treten kann. Ich wünschte, ich könnte einfach darauf warten, dass mich der Regen Schicht für Schicht abträgt; erst die Gedanken, dann den Rest.
Ich bin gekommen, um eine Mutter zu gewinnen, und habe einen Vater verloren.
Ich hätte eine Mutter haben können. Bei dem Gedanken schnürt es mir die Kehle zu; meine Augenlider brennen. Ich war so nah dran, denke ich, so nah.

Harpens Kiosk hat noch auf; der Regen spült den Geruch nach Pisse den Gully hinunter. Unter dem Abdach stehen drei Knirpse und rauchen Pfeife. Sie grüßen nicht, gaffen nur, als wäre ich eine Attraktion.
Drinnen sitzt ein gähnender Harpen, mit Ringen um den Augen, und hat den Kopf auf dem Arm gestützt. „Yarre!“, sagt er, als er mich sieht, und steht auf. „Gott sei Dank. Dein Vater hat überall nach dir gesucht.“
Ich nicke.
„Du siehst scheiße aus.“
Ich werfe einen Blick in die Scheibe vom Getränkeschrank; ein Leichnam starrt zurück. „Kommt hin“, sage ich. „Hast du Bier?“
Wortlos zieht Harpen eine Flasche aus dem Schrank und reicht sie mir. Ich suche in der Hose nach Kleingeld, aber er winkt ab.
„Passt“, sagt er; ich nehme die Flasche und sage leise: „Danke.“
„Dein alter Herr hat was dagelassen“, sagt Harpen. „Meinte, ich sollte es dir geben, falls du aufkreuzt.“ Er bückt sich, holt ein kleines Ding hinter dem Tresen hervor; es ist eine getigerte Katze. Sie ist stocksteif, als hätte man sie ausgestopft. „Was auch immer du damit anfangen sollst.“

Ich setze mich raus in die Bushaltestelle, wo mich Sophia gestern angesprochen hat, die Katze unter der Jacke, damit sie nicht nass wird; die drei Knirpse starren mir hinterher.
Der Metallsitz ist kalt, aber das ist mir egal; über mir schlagen Tropfen auf der Glasplatte auf. Meine Klamotten beginnen zu trocknen; ich merke es daran, dass sie noch stärker kleben als vorher. Vorsichtig ziehe ich die Katze hervor. Eine Zeit lang kraule ich sie im Nacken; dann drücke ich einen kleinen Knopf hinter dem linken Ohr.
Leben kommt in das Tier. Es springt vom Schoss und setzt sich vor mir hin; das Maul öffnet sich.
„Mein Junge“, kommt es aus der Katze; es ist Harlans Stimme. Sie spricht leise und schwer; unter dem Prasseln der Regentropfen kann man sie kaum verstehen. „Ich bin es. Ich wollte dich wissen lassen … naja, eigentlich nicht sehr viel. Also, … eigentlich habe ich mir einen kleinen Zettel geschrieben, einen Brief quasi, damit ich weiß, was ich dir sagen soll, also … ich versuche es mal. Ich bin nicht so gut mit Worten. Ich mache mir Sorgen. Komm nach Hause. Ich weiß nicht, wo du bist oder wie es dir geht, aber ich … ich weiß, dass du Fragen hast. Vielleicht wäre es klug, wenn ich dir alles früher erzählt hätte. Über … deine Mutter. Ich verstehe, dass du sie vermisst. Komm heim, bitte, dann reden wir über alles. Oder auch nicht, also, wie du willst. Das ist auch in Ordnung. Wir setzen uns einfach in die Werkstatt und ich stelle keine Fragen. Versprochen. Wenn du möchtest, bin ich noch dein Papa.“
Die Stimme erlischt; die Katze schließt das Maul. Einen Augenblick lang starrt sie zum Himmel; dann schleicht sie in die Nacht.
Fast hätte ich ihr hinterhergerufen, dass sie nicht gehen soll; ich will nicht alleine sein. Ich ziehe die Knie an, umschlinge sie.
Ich bin so dumm. Auf einmal bricht alles aus mir heraus.
Eine Zeit lang bleibe ich in der Bushaltestelle sitzen und weine still.
Harlan hat einen besseren Sohn verdient, denke ich mir. Wie kann ich noch mit guten Gewissen heimgehen? Wie kann ich Harlan nur unter die Augen treten und sagen, dass ich ihn liebe, wenn ich eine Stunde zuvor bereit war, all das einzutauschen? Für ein Segelboot und eine Mutter.
Eine Weile lang sitze ich da und denke nicht. Meine Beine fühlen sich wie aus Beton gegossen. Ich glaube nicht, dass ich sie heben kann.
Noch nie in meinem ganzen Leben ist mir etwas so schwer gefallen wie in diesem Moment. Einen Augenblick lang starre ich auf die Pfützen; dann kämpfe ich mich auf die Beine. Die Hose ist trocken; das Bier lasse ich an der Haltestelle stehen.
Mein Handy sagt, dass es kurz vor eins ist. Ich stecke die Hände in die Jackentasche und laufe los; bis nach Hause ist es nicht sehr weit.
Die drei Knirpse stehen noch immer unter dem Abdach. Einer zeigt auf einen Punkt in der Dunkelheit, den ich nicht erkennen kann. Sein Kumpel lacht und greift etwas vom Boden auf; einen Stein. Er holt aus und wirft.
Ich kneife die Augen zusammen und versuche zu erkennen, worauf er zielt.
Es ist die Katze; regungslos sitzt sie auf einer Mülltonne. Der Stein trifft sie an der Nase; lautlos fällt sie zu Boden. Einen Augenblick lang dreht sie den Kopf, schüttelt sich, springt dann wieder auf die Mülltonne. Ihr Gesicht ist zerquetscht; das Fell gerissen; etwas silbriges schaut hervor.
Die Knirpse reichen einander die Pfeife; ein anderer bückt sich, sucht nach einem Stein.
Mit schnellen Schritten gehe ich auf den Kiosk zu; Regen peitscht mir entgegen, als wollte er mich zurückhalten. Der Knirps, der den Stein geworfen hat, entdeckt mich, stupst seine Kumpel an; ich spanne den Arm an.
Papa hat immer gesagt, alles, was es braucht, ist einen guten Schlag. Ich treffe den Knirps seitlich am Bauch, zwischen Bauchmuskeln, Rippen und Hüfte. Da, wo die Leber sitzt.
Stumm fällt er hinten über; Überraschung steht in seinem Gesicht. Bevor seine Freunde sich wehren können, trete ich dem vorderen in die Brust. Er stolpert, sucht nach Halt, reißt seinen Freund mit. Ich packe den Steinwerfer am Kragen und schlage aufs Nasenbein, zweimal; Blut spritzt.
„Das ist Papas Katze“, sage ich.
Mein Gesicht explodiert; ich schreie auf, taumle zurück, die Hände verschränkt vor dem Kopf. Meine Nase fühlt sich an, als habe man sie in den Kopf gerammt. Ich beuge mich vorneüber; etwas tropft auf den Boden. Ich will schlucken, aber es geht nicht.
„Blöder Wichser!“ Einer der Zwerge hat ein Holzbrett in der Hand; sein Kumpel packt ein Fassadenrohr und reißt es von der Wand. Der dritte, der den Stein geworfen hat, dreht sich auf dem Boden, schlägt mit der Faust auf den Asphalt und stöhnt.
„Das ist das Milchgesicht“, sagt der Knirps mit dem Rohr. „Harlans Hurensohn.“
Ich bäume mich auf, werfe einen Blick über die Schulter. Die Katze sitzt noch immer auf der Mülltonne und schaut zu.
Die Kiosktür wird aufgerissen; Harpen tritt hinaus. „Was soll der Scheiß?“, ruft er. „Habt ihr den Verstand verloren?“
„Das Milchgesicht hat angefangen“, sagt der Zwerg mit dem Brett. „Hat Mikkel einfach umgeboxt.“
Harpen starrt erst den Zwerg, dann den sich krümmenden Mikkel und schließlich mich an. „Ist das wahr, Yarre?“, fragt er.
„Halt dich da raus.“
„Bist du übergeschnappt?“
„Er hat Recht, Harpen“, sagt der Zwerg mit dem Rohr. „Halt dich da raus.“
Die beiden teilen sich auf, versuchen, mich einzukreisen. Ich hebe die Fäuste; ich kann mich nur auf einen konzentrieren.
Harpen drängt sich dazwischen. „Es reicht!“
„Weg da, alter Mann.“
Der Zwerg mit dem Rohr packt Harpen an der Schulter und versucht, ihn aus dem Kreis zu ziehen; das ist meine Chance. Ich stürze mich auf den mit dem Brett; der hat damit gerechnet und holt aus. Ich ducke mich unter dem Brett hinweg und ramme ihm die Faust in den Kiefer.
Etwas trifft meinen linken Arm; ich schreie, springe einen Schritt zurück. Der Zwerg mit dem Rohr bückt sich, hilft seinem Freund auf. Wieder teilen sie sich auf. Ich winkle den getroffenen Arm an, hebe den rechten. Etwas tropft von meinem Kinn.
Ich wische mir mit dem gesunden Arm übers Gesicht; in der Dunkelheit wirkt das Blut schwarz. Der rechte Zwerg macht einen Schritt auf mich zu, das Brett im Anschlag, zögert, zuckt zurück.
Ein Schlag trifft mich an der linken Schläfe; der Schwung wirft mich um, ich stolpere, stürze mit dem Gesicht voran auf den Asphalt. Der raue Stein reißt die Haut auf; es fühlt sich an, als hätte man mein Gesicht durch eine Käsereibe gedrückt.
„Es reicht! Es reicht, verdammte Scheiße!“ Das ist Harpens Stimme. „Stopp!“
„Harpen, er hat …“
„Ich weiß!“
Irgendetwas klimpert. Ich schmecke Metall; mein Kopf fühlt sich an, als wäre er geplatzt. Mit der Hand greife ich zitternd zur Schläfe; meine Finger berühren eine scharfe Kante. Es ist warm.
„Wo ist das Bein?“
„Keine Ahnung, Harpen. Ich hab nicht drauf geachtet, ich …“
Es klatscht; Harpen hat dem Knirps eine Ohrfeige gegeben. „Du dummer Hurensohn!“
„Du …“
„Zu zweit gegen einen und das mit Waffen! Ihr blöden Wichser! Wenn der Junge stirbt, reiß ich euch den Arsch auf, darauf könnt ihr euch verlassen.“
Es wird still. Tropfen fallen auf meine Haut.
„Perloff, nimm Mikkel und bring ihn zu Magda. Sag ihr, ich schicke euch, dann lässt sie euch rein. Und du suchst gefälligst Yarres Bein!“
Jemand flüstert etwas; Harpen zischt eine Antwort. Schritte entfernen sich.
„Yarre?“ Es ist Harpens Stimme, direkt neben meinem Ohr.
„Hm.“
„Kannst du mich verstehen.“
Ich spucke aus.
„Bleib wach, ok? Ich rufe deinen Vater an.“
„Hm.“
„Nicht nötig, Harpen.“
Ich versuche, mein Gesicht zu drehen; die Stimme kenne ich.
„Harlan! Es tut mir leid, Mann, ich …“
„Alles gut.“
„Gut? Dein Junge stirbt!“
„Ich kümmere mich darum. Hast du eine Sackkarre?“ Seine Stimme klingt angenehm ruhig.
„Sackkarre? Harlan, verscheißerst du mich? Der Junge braucht einen Krankenwagen! Ihm fehlt ein Bein! Und Truhle hat ihm den Schädel eingeschlagen.“
„Wie gesagt, ich kümmere mich darum. Such das Bein, ich brauche es noch.“
Einen Augenblick Stille. Jemand räuspert sich. „Also gut. Truhle, geh hinten rum ins Lager und hol die Karre! Woher weißt du überhaupt, was …“
„Ich habe es durch die Katze gesehen.“
Schritte kommen näher. Eine Hand berührt meinen Nacken. „Oh, Yarre.“

Der Rest der Nacht vergeht wie ein Fiebertraum. Ich bin abwechselnd wach und weg; Harpen sagt, ich soll nicht schlafen, aber es fällt mir immer schwerer, die Augen offen zu halten. Nur einen Augenblick, denke ich. Nur kurz die Augen schließen. Zehn Sekunden auf, fünf geschlossen. Papa redet auf mich ein; ich glaube, er sagt so viel wie noch nie in seinem Leben, aber leider verstehe ich es nicht. Vielleicht verstehe ich es auch, aber vergesse es wieder. Ich kann keinen klaren Gedanken fassen; als würden sie mir aus dem Kopf fließen, da, wo mich das Rohr getroffen hat.

„Wir sind da.“
Licht geht an; wir sind in Papas Werkstatt. Ich blinzle; das Sehen fällt mir schwer, aber es reicht, um zu erkennen, wie Papa etwas auf die Werkbank legt. Er fasst unter den Tisch; plötzlich surrt es. Ein Gestell fährt von der Decke. Es sieht aus wie ein übergroßer Kleiderbügel, nur aus Stahl und mit zwei langen Drahtseilen. Als das Gestell tief genug hängt, nimmt Papa die beiden Seile in die Hand und kommt auf mich zu.
„Das kriegen wir wieder hin.“ Ein Kribbeln breitet sich im Rücken aus. Wieder surrt das Gestell; ich werde hochgehoben.
„Ach, Junge”, sagt Papa leise. „Es tut mir leid.“ Hinter der Werkbank zieht er eine Trittleiter hervor; er baut sie vor mir auf und stellt sich auf die oberste Stufe, sodass wir auf Augenhöhe sind. Er sieht mich einen Augenblick lang an. „Ich schalte dich jetzt ab.“
Ich schüttle den Kopf. „Ich will nicht.“
„Sicher?“
Ich nicke.
„Ok. Ich hab nicht alles in deiner Größe da. Ein paar Teile habe ich nicht mehr ausbessern müssen, seit du noch ein Kind warst. Kann sein, dass die Gelenke ein wenig eng sitzen werden. Sag Bescheid, falls. Und der Beutel mit Tränenflüssigkeit ist geplatzt. Ich setze dir einen neuen ein.“
Als erstes löst er den Kiefer; mit einem winzigen Schraubschlüssel arbeitet er im Gesicht, löst Stellen, die ich nicht sehen kann, und wirft, was er nicht braucht, in einen kleinen Eimer neben der Trittleiter. Dann verschwindet er im Lager; mit drei kleinen Kisten kommt er zurück. Aus dem alten Kiefer löst er Zähne, Zunge und Gelenke, ersetzt sie durch neue und fixiert den Kiefer. Als er fertig ist, wischt er sich die verschmierten Hände mit einem Lappen ab.
„Sag was.“
„Ich möchte mich sehen.“

Aus dem Schlafzimmer holt Papa einen großen Spiegel und lehnt ihn so an die Trittleiter, dass ich einen guten Blick bekomme.
An zwei Seilen hängt ein junger Mann; die Schultern sind hochgezogen, der Kopf baumelt hinab, wie ein Raubvogel mit ausgebreiteten Schwingen. Die Lederjacke ist dreckig, die Hose aufgerissen. Blut klebt an Gesicht und Knöcheln. Es dauert einen Moment, bis mir auffällt, was mich stört; das linke Bein fehlt.
Vorsichtig neige ich den Kopf; wo mich das Rohr getroffen hat, prangt ein Loch in der Schläfe. Dahinter bewegen sich Zahnräder; milchig-blaue Flüssigkeit schwappt durch Glasröhren.
Mit verschränkten Armen steht Papa neben dem Spiegel. „Als ich sagte", murmelt er, „dass ich dich mit diesen Händen gemacht habe, meinte ich es ernst.“
Ich möchte lachen und weinen gleichermaßen. Auf einmal erscheint mir die Vorstellung, ich könnte der Sohn von Sophia und Ruben Lang sein, so unendlich lächerlich.
„Wie fühlst du dich?“
„Es ist so schön.“ Ich kann nicht aufhören, mich zu betrachten. All das ist nur eine Hülle, denke ich. Was ich jeden Tag im Spiegel sehe, ist nicht mehr als eine Verkleidung; ein Korsett aus Haut.
„Gib mir ein Messer.“

Papa löst die Drähte und setzt mich auf einen Stuhl, direkt vor dem Spiegel. Aus der Küche holt er Obstmesser. Vorsichtig schneide ich den linken Arm an; Papa verzieht das Gesicht.
Ich ziehe das Polymer in Streifen vom Arm, wie die Schale einer Banane; darunter liegt ein Drahtskelett. Kleine Schläuche mit milchblauer Flüssigkeit führen entlang des Arms, parallel zu etwas, dass mich an eine Hydraulikstange erinnert. Winzige Zahnräder greifen ineinander; dazwischen mattschwarze Kolben.
Ich balle die Faust; die Kolben pressen zusammen.
Eine Weile lang sagt niemand ein Wort; es gibt nur mich und meinen Körper. Ich entferne mehr Haut, erst die Arme, dann den Oberkörper, bewundere jedes Ventil, jede Schraube, jeden Bolzen und jedes Gelenk. Ich drehe die Schultern, hebe die Arme an und sehe im Spiegel, wie jeder Teil meines Körpers mitfließt. Ich bin eine Welle, denke ich; ein Meisterwerk. Ich habe Papa oft bei der Arbeit beobachtet, aber keines seiner Werke ist annähernd so genial entworfen wie ich es bin.
In meinem Kopf hat sich eine angenehme Ruhe ausgebreitet. Wenn mich nur Sophia und Ruben jetzt sehen könnten, denke ich. Wie konnte ich das hier nur eintauschen wollen.
Ich halte inne. Papa lehnt an der Werkbank, die Arme verschlossen, die Augen gesenkt.
„Papa?“
„Hm.“
„Warum bin ich kein … Zwerg?“
Er zupft sich am Schnurrbart; dann stützt er sich an der Bank ab und sagt mit leiser Stimme: „Ich wollte, dass du mehr aus dir machst als nur Altenbochum.“
„Aber …“
„In mir hat niemals jemand etwas anderes gesehen als einen Zwerg. Ich wollte, dass du es gut hast.“
„Selbst, wenn dich dafür niemand für meinen Vater hält?“
„Das war der Preis.“
„Aber warum hast du es mir nie gesagt?“
„Du musstest es selbst glauben.“
Ich starre auf meine entblößten Hände.
„Also“, sagt Papa. „Sollen wir dich wieder eintüten?“
„Nein“, sage ich. Die Vorstellung, Haut zu tragen, fühlt sich falsch an. Als würde ich mich unter einer Kapuze verstecken.
„Irgendetwas muss aber drauf. Sonst kommt Dreck ins Getriebe.“
Jemand hämmert gegen die Holztür. Papa hebt den Blick. „Verdammt.“
„Was …“
„Harlan!“, ruft eine Stimme von draußen. „Mach auf!“
„Wir müssen dich verstecken“, sagt Papa und packt den Stuhl. „Schnell. Die wollen Blut …“
Es kracht; ein Fuß bricht durch die Tür, verschwindet. Ein Arm schiebt sich durch das Loch, tastet nach der Klinke und zieht.
Licht fällt in die Werkstatt, blendet mich; ich halte die Hand vor mein Gesicht, aber die Strahlen scheinen hindurch. Vor unserem Haus stehen Zwerge; halb Altenbochum hat sich versammelt. Perloff und Thrule sind da; ich sehe Harpen in der Menge, die Arme verschlossen, die Miene versteinert. Ein dicker, breitschultriger Zwerg quetscht sich durch die Tür. Er trägt eine senfgelbe Hose, dazu ein Knopfweste. Sein Bart ist lang und aschweiß; in seiner Hand hält er einen Stab aus Kohle und Kupfer.
„Harlan!“, brüllt der Große Emiel. „Dein Sohn! Wo …“
Sein Blick fällt auf mich; er verstummt. Es wird still in der Werkstatt; kein Ton dringt von draußen.
Langsam kommt der Große Emiel auf mich zu; Ungläubigkeit liegt in seinem Gesicht. „Bei allen guten Göttern“, flüstert er und betrachtet die Hautstreifen zu meinen Füßen. Sein Blick wandert meine Beine hoch.
„Yarre?”, fragt er.
„Großer Emiel.”
Tuschelnde Zwerge drängen sich in die Werkstatt; als sie mich sehen, verstummen sie. Ich richte mich auf, wanke, greife nach der Stuhllehne. Ich habe das fehlende Bein vergessen.
Jemand schreit; eine Hand zeigt auf mein Bein. Ich erkenne Thrule in der Menge; er ist blass wie Schnee.
Harlan stellt sich vor den Großen Emiel und verschränkt die Arme. „Emiel.”
„Harlan.”
„Ich kann mich nicht erinnern, hereingebeten zu haben.”
„Was … ist das?”
„Mein Sohn. Und jetzt schlage ich vor, du verpisst dich.”
„Nach Zwergenrecht …”
„Nach Zwergenrecht ist das hier mein Grund und Boden.”
Emiel starrt Harlan an. „Du du hast einen Menschen gebaut,”, zischt er, „einen Menschen! Bedeutet es dir gar nichts, Zwerg zu sein?”
Jemand tuschelt; der Große Emiel dreht sich um. „Raus”, schreit er und klopft mit den Stab auf den Boden, „raus mit euch! Wer hat euch denn reingelassen?”
Schweigend verschwinden die Zwerge, werfen letzte Blicke hinein. Als wir alleine sind, drückt Emiel die Tür ins Schloss.
„Oh Harlan, wie konntest du …”
„Halt den Mund. Ich muss nachdenken.”
„Der Junge muss gehen. Sie wollen Blut, Harlan, und deins auch, wenn du dich gegen sie stellst. Einige der Jüngeren wollen deine Werkstatt niederbrennen. Ich hab sie beim Zündeln erwischt.”
„Also Exil?”
Emiel schweigt eine Weile. „Ich werde dich nicht nötigen. Um der alten Zeiten willen. Aber dieses Ding, Harlan, muss weg. Ein Mensch war schon viel. Das da geht nicht.”
Er sieht mich an. Ich erwidere den Blick.
„Na gut”, sagt Papa. Er sieht müde aus; Ringe umschließen seine Augen. „Gib mir Zeit. Ich muss packen und den Jungen reparieren.”
„Du hast bis zum Morgengrauen. Danach kann ich für nichts garantieren. Glück auf, Harlan.” Emiel geht.
Es wird still in der Werkstatt. Von draußen dringen Stimmen, aber sie sind dumpf und weit entfernt. Die Menge zerstreut sich.
„Es tut mir leid”, sage ich. Ich möchte weinen, aber der Beutel mit Tränenflüssigkeit fehlt noch immer. „Ich hab’s verkackt.”
Papa starrt auf den Boden; irgendwann zuckt er mit den Schultern. „Ja, hast du. Hat keinen Sinn, sich zu grämen. Setz dich auf den Stuhl, ich hol das Polymer.”
Schweigend sitze ich da. Papa verlegt Haut, ersetzt das kaputte Bein. Irgendwann steht er auf und dehnt den Oberkörper.
„Pack deine Sachen”, sagt er. „Und hol auch meine. In den Blumentöpfen hab ich Geld vergraben; sechs Beutel. Die brauchen wir auch.”
„Aber deine Werkstatt …”
„Scheiß auf die Werkstatt.”

„Also, wohin geht’s?”, fragt Papa.
„Nach Norden”, sage ich. Ich will das Meer sehen. Papa nickt; am Meer war er auch noch nie. Wir ziehen zwei Bustickets nach Hamm; als wir einsteigen, werfen die Menschen uns Blicke zu. Ein Zwergenvater und ein Menschensohn.
Sollen sie gaffen, denke ich. Sollen sie sich die Augen am Polymer wundstarren. Unter meiner Haut fließt Öl, Kolben schlagen in meiner Brust. Wenn ich die Augen schließe und mich konzentriere, kann ich sie arbeiten spüren. Das kann mir niemand nehmen.

 

Es ist eine Weile her, seitdem ich das letzte Mal wirklich aktiv war. Ich versuche in dieselbe Richtung zu gehen, in die ich mich auch schon mit Jill aus Eis bewegt hab. Ich mag den geerdeten Urban Fantasy-Ansatz. Sie ist ein wenig lang geworden, aber mir fällt wirklich nicht ein, wo ich kürzen könnte. Ideen dazu nehme ich natürlich gerne :D.

 

Moin @Meuvind,

und vielen Dank für Deine Geschichte. Sie gefällt mir richtig, richtig gut. Habe sie sehr gerne gelesen und werde das heute Abend, nach der Arbeit, ein zweites Mal tun.

Du schaffst es darin, ein mMn unverbrauchtes - wie nennst Du es: Urban Fantasy-Setting - aufzufalten: Zwerge, die in Bochum unter Menschen leben und ihrem Tagwerk nachgehen. Du kreierst tolle Bilder, charakterisierst den Zwergenpapa mit wenigen Worten als hart aber herzlich, sodass mein Kopfkino in Farbe und auf der großen Leinwand läuft.
Und dann flechtest Du dazu noch diese, ich nenne es mal Steampunk-Note mit ein, das macht das ganze noch interessanter, plus eine anrührende Geschichte über die eigene Identität. Wow. Du merkst, ich bin hin und weg von deiner KG.

In der Mitte, wenn sich die vermeintlichen Eltern mit dem Prota zum Essen treffen, da gerätst Du mir ein wenig ins schleudern, manche Bilder verlieren an Schwung und ich bin auch über ein, zwei Rechtschreibfehler gestrauchelt. Auch am Kampf vor der Bar könntest Du vielleicht noch schrauben.
Dafür holt das Ende dann aber die Kohlen aus dem Feuer, die Auflösung finde ich fantastisch.
Allerdings würde ich überlegen, vor dem letzten Satz den Papa noch einmal einzubinden, vielleicht so etwas wie: "Mein Papa hat mich gemacht. Das kann mir keiner mehr nehmen."

Ich melde mich später erneut, wenn ich mehr Zeit zum kommentieren habe, musste aber diesen Ersteindruck jetzt schon mal loswerden. :)
Wie gesagt, sehr gerne gelesen.

Beste Grüße
Seth

 

Lieber @Meuvind,

das ist eine der besten Geschichten, die ich in letzter Zeit auf dieser Seite gelesen habe. Sie hat mich fasziniert, konnte nicht aufhören zu lesen und ich bin wirklich begeistert. Du hast da wirklich etwas Originelles erschaffen, was auf mich einen Effekt hatte und meine Laune gesteigert hat. Respekt! Dabei kommt dein Text mit einer Leichtigkeit daher, die mir gut gefallen hat, ich konnte mich mit dem Prota identifizieren, seine Schwierigkeiten nachvollziehen, dass er mit seinem Schicksal hadert und sich eine Mutter wünscht und mir hat seine Veränderung sehr gut gefallen. Am Ende ist er stolz darauf, dass er anders ist. Schreib unbedingt weiter, ich würde so ein Format auch in einem Buchformat gerne lesen, so sehr hat es mir gefallen. Danke für diese schöne Geschichte!

Was mich ein wenig gestört hat, ist dass du das Semikolon teilweise inflationär einsetzt und das hat mich manchmal im Lesefluss minimal rausgeworfen. Das ist aber nur eine Kleinigkeit, der Inhalt ist absolut faszinierend und ich bin von deinem Worldbuilding angetan. Durch diese vollkommene Selbstverständlichkeit, dass es Zwerge in Altbochum gibt, gehe ich mit und folge deinen Beschreibungen, wie sich die Zwerge in der Gesellschaft integriert haben (bzw. was für Herausforderungen sie überwinden müssen). Das ist wirklich gut gemacht.

Ich finde auch schön, dass alle Charaktere von einem Ziel angetrieben sind. Besonders hervorstechend ist dabei dein Prota, dem ich durch seine Verhaltensweisen und Gedanken Stück für Stück näherkomme. Sehr schön. Interessant finde ich auch, dass du den Faktor Zeit einsetzt, um die Geschichte nach und nach zu entfalten. Das wirkt sehr natürlich und ich bin nicht einmal über die Geschichte gestolpert oder habe eine Konstruktion wahrgenommen. Wirklich beeindruckend, hat mir großen Spaß gemacht, eben weil das auch ziemlich genau meinen Lesegeschmack getroffen hat.

Ich spähe durch den Türspalt; eine Frau und ein Mann. Sie trägt eine lange Cordhose und ein himmelblaues Hemd, das ihr mehrere Nummern zu groß ist; die rostroten Haare sind zu einem Dutt gebunden. Sie hat mindestens ein Dutzend Ketten um den Hals und in den Haaren eine Sonnenbrille, so versteckt wie ein Vogelnest. Der Mann ist schlaksig; Lederjacke, die Nase leicht schief, die Haare kurz und stachelig. Wie ein Igel.
Mir gefällt, dass du das Aussehen beschreibst, so entstehen sofort Bilder. Gefällt mir. Allerdings empfinde ich schon am Anfang die Verwendung des Semikolons als too much. Durch diese häufige Nutzung, nutzt sich der Effekt schnell ab und ich bin da auch später immer mal wieder drüber gestolpert.

Die Küche ist eng, zumindest für mich; wir haben Platz für einen Tisch, zwei Barhocker und einen Schrank mit Spüle, alles in Zwergengröße. In Einmachgläsern auf der Fensterbank wachsen Zitronenmelisse und Bogenhanf. An der Wand hängen dutzende Bilder; Papa und ich am Rhein, Papa und ich wandern auf der Halde, Papa und ich am Kemnader See; immer zu zweit.
Ein schönes Worldbuilding, hier auch wieder wie selbstverständlich die Zwergengröße und du baust die Beziehung zwischen den beiden durch die Beschreibung der Details aus.

Er ist ein prächtiger Zwerg. Muskeln wie ein Ochse, schwielige Hände und einen Schnauzer; sein glatter Schädel glänzt, als habe man ihn mit Scheuermilch poliert.
Mir gefällt, dass du das Aussehen beschreibst, denn es ist für mich noch nicht ganz klar, wie den Zwerge in dieser Welt aussehen und so wirkt es auf mich wie ein origineller Ansatz, weil deine Zwerge eben ein bisschen anders sind als die in Herr der Ringe (und schließlich leben sie in Altenbochum).

„Es ist nur so“, sage ich schnell, „dass du … ein Zwerg bist.“
Musste ich grinsen, die Idee ist hervorragend.

Altenbochum eine miese Kombination aus der Erkenntnis, man hätte es besser machen können, aber dem Unwissen, wie konkret. Nackter Beton, alle paar Blocks aufgeweicht durch einen Park. Deswegen wohnen hier die Zwerge. Jeder möchte sie als Bergarbeiter oder Türsteher, aber niemand als Nachbar.
Großartig! Ich kaufe dir das von vorne bis hinten ab, was auch an diesem Worldbuilding liegt. Finde gut, dass du dir dafür die Zeit nimmst.

Ich glaube, Altenbochum und die Zwerge passen gut zueinander; man bedauert sich gegenseitig, von den Menschen verhunzt worden zu sein.
Das ist exzellent, muss ich wirklich sagen.

Zwischen einer Bushaltestelle und einer flackernden Straßenlaterne steht eine Silhouette. „Yarre!“, ruft eine Frauenstimme.
Ich ändere die Richtung, laufe im Schatten der Schilder und Überdachungen. Vielleicht stoppt sie, wenn …
Sie haben ein klares Ziel und lassen auch nicht davon ab, als sie auf Widerstand stoßen, sondern versuchen weiter ihren Sohn zu finden. Das finde ich plausibel.

Eine Gruppe Zwerge in orangen Jacken steht am Straßenrand und fegt das Laub zusammen. Zwei andere in Blaumännern stehen auf Klappleiter und montieren eine Lichtfassade, während Menschen um sie herum streifen wie Ameisen in einem Bau.
Das macht mir einfach Spaß zu lesen und mir das dann vorzustellen. Herrlich! xD

Komme bissl später, schreibe ich Sophia, lösche das zweite Wort und tippe stattdessen bisschen ganz aus. Ich will nicht, dass sie mich für ungebildet hält.
Schöne Charakterzeichnung, dein Prota wird mir nahbarer und ich mag ihn.

Wir treffen uns vor der Kneipe; es ist ein voll im Bermuda-Dreieck
Bin über das "ein" gestolpert.

Hin und wieder sieht man eine Gruppe Zwergenknirpse mit rosigen Backen und beschwipstem Grinsen, aber sie sind so klein, dass sie in der Masse untergehen. Es riecht nach Frittenfett und Currywurst; Menschen mit blau-weißen Schälen ziehen durch die Straße. Ich glaube, Bochum spielt heute.
Sehr schön und hier baust du Bochum auf, während des Gesprächs, als seine Hoffnungen steigen, vielleicht doch eine Mutter zu haben, liegt Bochum dann zurück und als sein Traum platzt folgt diese Feststellung:

Bochum hat gewonnen.
Finde ich sehr raffiniert gemacht.

Harlan hat einen besseren Sohn verdient, denke ich mir. Wie kann ich noch mit guten Gewissen heimgehen? Wie kann ich Harlan nur unter die Augen treten und sagen, dass ich ihn liebe, wenn ich eine Stunde zuvor bereit war, all das einzutauschen? Für ein Segelboot und eine Mutter.
Die Zweifel kommen gut raus und auch das macht ihn einfach sympathisch.

Ihr Gesicht ist zerquetscht; das Fell gerissen; etwas silbriges schaut hervor.
Die Knirpse reichen einander die Pfeife; ein anderer bückt sich, sucht nach einem Stein.
Mit schnellen Schritten gehe ich auf den Kiosk zu; Regen peitscht mir entgegen, als wollte er mich zurückhalten. Der Knirps, der den Stein geworfen hat, entdeckt mich, stupst seine Kumpel an; ich spanne den Arm an.
Hier sind mir zu viele Semikolons, das hat für mich den Lesefluss eingeschränkt.

Irgendetwas klimpert. Ich schmecke Metall; mein Kopf fühlt sich an, als wäre er geplatzt. Mit der Hand greife ich zitternd zur Schläfe; meine Finger berühren eine scharfe Kante. Es ist warm.
„Wo ist das Bein?“
Hier verstehe ich es so, dass er Schmerzen fühlt bzw. Gefühle hat.

Und du suchst gefälligst Yarres Bein!“
Hier habe ich den Verdacht, dass er eine Maschine ist.

Als erstes löst er den Kiefer; mit einem winzigen Schraubschlüssel arbeitet er im Gesicht, löst Stellen, die ich nicht sehen kann, und wirft, was er nicht braucht, in einen kleinen Eimer neben der Trittleiter. Dann verschwindet er im Lager; mit drei kleinen Kisten kommt er zurück. Aus dem alten Kiefer löst er Zähne, Zunge und Gelenke, ersetzt sie durch neue und fixiert den Kiefer. Als er fertig ist, wischt er sich die verschmierten Hände mit einem Lappen ab.
Faszinierend!

Ich ziehe das Polymer in Streifen vom Arm, wie die Schale einer Banane; darunter liegt ein Drahtskelett.
Ich habe mich hier gefragt, wieso er vorher Schmerzen und Gefühle hat und sich das dann auf einmal einfach so abziehen kann? Habe ich da etwas übersehen?

Ich entferne mehr Haut, erst die Arme, dann den Oberkörper, bewundere jedes Ventil, jede Schraube, jeden Bolzen und jedes Gelenk. Ich drehe die Schultern, hebe die Arme an und sehe im Spiegel, wie jeder Teil meines Körpers mitfließt. Ich bin eine Welle, denke ich; ein Meisterwerk
Wow! Ich will mehr davon, das ist so interessant.

„Ich wollte, dass du mehr aus dich machst als nur Altenbochum.“
Sehr starker Dialog, kommt genau raus, was ihn angetrieben hat und es kommt auch Selbstzweifel raus.

Ich möchte weinen, aber der Beutel mit Tränenflüssigkeit fehlt noch immer.
Ein tolles Detail, Mensch, das ist ein toller Text.

Sollen sie gaffen, denke ich. Sollen sie sich die Augen am Polymer wundstarren. Unter meiner Haut fließt Öl, Kolben schlagen in meiner Brust. Wenn ich die Augen schließe und mich konzentriere, kann ich sie arbeiten spüren. Das kann mir niemand nehmen.
Und hier das Ergebnis, die Veränderung bzw. Entwicklung. Was soll ich sagen? Ein brillanter Text, der mich total abgeholt hat und ich war traurig, als es schon vorbei war. Gerne mehr davon, habe es sehr genossen.

Beste Grüße
MRG

 

Hallo Meuvind

Deine Geschichte hat mich beeindruckt, sehr schön geschrieben. Bis auf ein kleines Detail finde ich die Geschichte stimmig. Die Urban Fantasy Welt, die Du beschreibst, kann ich mir sehr gut vorstellen. Betonbauten, alles etwas heruntergekommen, die Zwerge geduldet, um schwere Arbeit zu tun, aber nicht als Nachbarn... Auch die Sehnsucht des Protagonisten nach einer Mutter und die Angst des Vaters, den Sohn zu verlieren ist gut beschrieben. Die Auflösung am Ende und dann der Schlussabsatz fand ich sehr originell und dass sie sich zusammen aufmachen als Zwerg und Polymer-Sohn, gab mir das Gefühl von Freiheit und Zuversicht.

Wo ich etwa darüber gestolpert bin war Folgendes:

Ich bin gekommen, um eine Mutter zu gewinnen, und habe einen Vater verloren.
Wieso so absolut? Yarre kann doch davon ausgehen, dass sein Vater auf ihn wartet. Nichts deutet darauf hin, dass der Vater sich unversöhnlich vom Sohn abwendet Und da der Vater weiss, dass die Menschen nicht die Eltern von Yarre sind, weiss er, dass dieser wieder zurückkommt.
fragt der Mann und streckt Papa die Hand aus.
wäre nicht richtig "die Hand hinstrecken"?
Er ist ein prächtiger Zwerg. Muskeln wie ein Ochse, schwielige Hände und einen Schnauzer; sein glatter Schädel glänzt, als habe man ihn mit Scheuermilch
Sehr schöne Beschreibung, gefällt mir gut
Wenn dein Vater das spitzkriegt, reißt er mir den Kopf an
reisst er mir den Kopf ab, oder?
steigen in den Mercedes
war es vorher nicht ein alter Opel Astra?
aber ruhig genug, dass man in Ruhe miteinander plaudern kann.
ruhig......in Ruhe, ich würde "in Ruhe" weglassen
es ist ein voll im Bermuda-Dreieck
gehört das "ein" dorthin? Oder fehlt vielleicht etwas?
Ich beuge mich vorneüber
ich glaube es heisst vornüber
„Papa?“
„Hm.“
„Warum bin ich kein … Zwerg?“
Er zupft sich am Schnurrbart; dann stützt er sich an der Bank ab und sagt mit leiser Stimme: „Ich wollte, dass du mehr aus dich machst als nur Altenbochum.“
„Aber …“
„In mir hat niemals jemand etwas anderes gesehen als einen Zwerg. Ich wollte, dass du es gut hast.“
„Selbst, wenn dich dafür niemand für meinen Vater hält?“
„Das war der Preis.“
starker Dialog, berührend... (Anmerkung: mehr aus dir machst, oder ist das Zwergenslang?)

Ich finde die Dialoge in der Geschichte allgemein sehr stark, nichts wirkt hölzern oder konstruiert. Die Figuren wirken unter anderem auch deshalb authentisch.

Deine Geschichte hat mir sehr gut gefallen und ich werde jetzt gehen und Deine alten Geschichten lesen...

Danke und viele Grüsse
Aida Selina

 

Moin @Seth Gecko ,

freut mich! Ich glaube, wir kennen uns noch nicht. War in letzter Zeit wenig aktiv. Immer schön, auf neue, ah, Avatare zu treffen.

Sie gefällt mir richtig, richtig gut.

Danke für den erlösenden ersten Kommentar. Es tut immer gut, wenn jemand das Gefühl aus der Schwebe nimmt und einen Eindruck gibt. Und dass es dir gefallen hat, freut mich umso mehr.

Du schaffst es darin, ein mMn unverbrauchtes - wie nennst Du es: Urban Fantasy-Setting - aufzufalten: Zwerge, die in Bochum unter Menschen leben und ihrem Tagwerk nachgehen.

Yes. Das erste Mal, das ich etwas in diese Richtung geschrieben habe, war letztes Jahr bei der Challenge. Das hat mir so gut gefallen, dass ich mich gerne mehr im Setting austoben möchte. Ich sehe darin eine Menge Potential.

Und dann flechtest Du dazu noch diese, ich nenne es mal Steampunk-Note mit ein, das macht das ganze noch interessanter, plus eine anrührende Geschichte über die eigene Identität.

Das mit dem Aspekt der eigenen Identität kam witzigerweise im Laufe des Schreibens. Eine erste Version habe ich vor einer Weile einem Kumpel von mir gezeigt, der schwul ist, und er meinte, er konnte sich in Yarre durchaus wiedererkennen. Das war ein Punkt, über den ich überhaupt nicht nachgedacht habe. Aber ja, das Entdecken der eigenen Identität ist zum Knackpunkt geworden. Danach war mir auch klar, dass ich den Text darauf ausrichten will. Das geht mit dem Grundkonflikt, wer die Eltern jetzt sind, gut Hand in Hand.

In der Mitte, wenn sich die vermeintlichen Eltern mit dem Prota zum Essen treffen, da gerätst Du mir ein wenig ins schleudern, manche Bilder verlieren an Schwung und ich bin auch über ein, zwei Rechtschreibfehler gestrauchelt. Auch am Kampf vor der Bar könntest Du vielleicht noch schrauben.

Sehe ich auch so, dass sind die zwei schwächsten Szenen. Ich denke, dass Ruben und Sophia noch ein deutliches Update vertragen können. Auch die gesamte Interaktion mit Yarre kann noch verbessert werden. Bisher wirken sie eher, naja, verklemmt und irgendwie lala. Gut wäre es, wenn die beiden wirklich sympathisch werden; dann ist da eine größere Fallhöhe für Yarre, wenn sich sogar der Leser denkt: "Ach, eigentlich sind die beiden schon cool." Werde da das Feedback zu abwarten.

Die Kampfszene ist so, hm, naja. Ich wollte die Offenbarung dadurch, dass Yarre verletzt wird. Es war mir aber zu viel, sollte er sich selbst verletzen etc. . In die Richtung will ich nicht gehen, das kann ich auch gar nicht schreiben. Auch da möchte ich ein generelles Feedback abwarten.

Allerdings würde ich überlegen, vor dem letzten Satz den Papa noch einmal einzubinden, vielleicht so etwas wie: "Mein Papa hat mich gemacht. Das kann mir keiner mehr nehmen."

Guter Punkt, ich schaue mal drüber. Lässt sich sicher einbauen.

Ich melde mich später erneut, wenn ich mehr Zeit zum kommentieren habe, musste aber diesen Ersteindruck jetzt schon mal loswerden. :)

Perfekt, ich freue mich! Vielen Dank für deinen Ersteindruck, hat mir einen Stein vom Herzen genommen :lol:.

Liebe Grüße
Meuvind


Hey @MRG ,

freue mich sehr, dich hier zu sehen. Hab ein wenig auf dich gehofft hehe. Bist nämlich ein sehr fleißiger Kommentator.

das ist eine der besten Geschichten, die ich in letzter Zeit auf dieser Seite gelesen habe.

Mensch :kuss: da musste ich dann doch ein bisschen dolle grinsen. Danke dir! Motiviert ungemein, wenn der Text direkt so gut ankommt. Hab jetzt auch wirklich lange daran geschraubt, ungefähr seit einem Jahr. Immer wieder nur sporadisch, aber Schritt für Schritt.

Du hast da wirklich etwas Originelles erschaffen, was auf mich einen Effekt hatte und meine Laune gesteigert hat.

Ja perfekt, was will ich mehr!

Schreib unbedingt weiter, ich würde so ein Format auch in einem Buchformat gerne lesen, so sehr hat es mir gefallen.

Hm. Ich hab knapp 30k Wörter von meinem Romanprojekt, auch Urban Fantasy, aber mittlerweile bin ich so verstrickt in Widersprüche etc, dass ich einfach den Überblick verloren hab. Also hart erkämpfter Tipp von mir, ganz heiß: Alles, was länger ist als 30 Seiten, planen :D.


Was mich ein wenig gestört hat, ist dass du das Semikolon teilweise inflationär einsetzt und das hat mich manchmal im Lesefluss minimal rausgeworfen.

Ja, hast Recht. Für mich ist das ein wenig ein Werkzeug, das Betonung lenkt. Ich versuche damit ungefähr auszudrücken, wo und wie ich mir Akzente wünsche. Hast aber Recht, stellenweise ist es zu viel. Ich hab schon ein, zwei Szenen im Auge, die zu viel sind. Werde auch noch in zukünftigen Kommentaren sammeln.

Durch diese vollkommene Selbstverständlichkeit, dass es Zwerge in Altbochum gibt, gehe ich mit und folge deinen Beschreibungen, wie sich die Zwerge in der Gesellschaft integriert haben (bzw. was für Herausforderungen sie überwinden müssen).

Ich sehe die Zwerge als eine eigene soziale Gruppe. Das ist ja unter Menschen nicht anders. Abstammung ist auch heute noch ein entscheidender Faktor. Deswegen halte ich es für gar nicht so sehr Fantasy. Klar, der biologische Faktor spielt wegen der Unmöglichkeit, dass Harlan Yarres biologischer Vater ist, eine Rolle. Aber davon einmal abgesehen, hält sich die Fantastik in Grenzen. Das macht es für mich gerade so faszinierend.

Interessant finde ich auch, dass du den Faktor Zeit einsetzt, um die Geschichte nach und nach zu entfalten. Das wirkt sehr natürlich und ich bin nicht einmal über die Geschichte gestolpert oder habe eine Konstruktion wahrgenommen.

Wie genau meinst du das? Weil in die Richtung hab ich nichts aktiv gesteuert :lol: zumindest bewusst.

Ein schönes Worldbuilding, hier auch wieder wie selbstverständlich die Zwergengröße und du baust die Beziehung zwischen den beiden durch die Beschreibung der Details aus.

Yes. Ich dachte mir, am unauffälligsten merkt man es im Alltag. Und Zwerge haben im Endeffekt dieselben alltäglichen Bedürfnisse wie Menschen, für die es wiederum einen Markt geben muss, weil das Kapitel fließt. Hab ich gehört. So wollte ich den Unterschied darstellen: Der Haushalt ist für Harlan genormt, nicht für Yarre.

Großartig! Ich kaufe dir das von vorne bis hinten ab, was auch an diesem Worldbuilding liegt. Finde gut, dass du dir dafür die Zeit nimmst.

Ich bin für das Studium nach Bochum gezogen :lol: mittlerweile mag ich es hier sehr gerne. Aber am Anfang war das schon ein Schock. Komme gebürtig aus dem Münsterland, da gibt es mehr grün und weniger grau. Wobei das Ruhrgebiet durchaus wirklich schöne Ecken hat. Man muss sie nur kennen.

Bin über das "ein" gestolpert.

Kommt raus.

Sehr schön und hier baust du Bochum auf, während des Gesprächs, als seine Hoffnungen steigen, vielleicht doch eine Mutter zu haben, liegt Bochum dann zurück und als sein Traum platzt folgt diese Feststellung:

Ja, wollte das mit dem Spiel verbinden. Die Bochumer sind sehr sehr verbunden mit dem VFL. Und es ist ein schöner Gegensatz; hier die Bochumer und die frisch gefundene Familie, die sich jeweils in den Armen liegen, da Yarre im Regen. Den Kontrast mochte ich.

Hier sind mir zu viele Semikolons, das hat für mich den Lesefluss eingeschränkt.

Nehme ich mal unter die Lupe, Chef.

Hier verstehe ich es so, dass er Schmerzen fühlt bzw. Gefühle hat.
Ich habe mich hier gefragt, wieso er vorher Schmerzen und Gefühle hat und sich das dann auf einmal einfach so abziehen kann? Habe ich da etwas übersehen?

Guter Aspekt, habe ich tatsächlich nicht wirklich drüber nachgedacht. Eigentlich dürfte er durch das Polymer an sich kein Hautgefühlt haben. Da muss ich nochmal drüber nachdenken. Es wird sich sicher eine gescheite Erklärung finden, aber auf die Sprünge fällt mir keiner ein. Ansonsten etwas unter der Haut. Ich schlafe mal eine Nacht drüber.

Wow! Ich will mehr davon, das ist so interessant.

Das ist gut, hatte schon Angst, die Szene ist too much. Weil da zieht sich jemand mit einem Messer die Haut ab. Ich meine, es ist plausibel und durch die Identität irgendwo weniger schlimm, aber in meiner Vorstellung war das schon kritisch. Gut, dass sich bisher niemand dran gestört hat.

Lieber MRG, vielen vielen Dank für deinen Kommentar! Das war wirklich erlösend. Freue mich, dass er auf positives Feedback trifft, und habe jetzt auch Stellen, an denen ich die Tage schrauben kann. Es war schön, von dir zu lesen!

Liebe Grüße
Meuvind

 

Moin @Meuvind,

da bin ich wieder. :)

freut mich! Ich glaube, wir kennen uns noch nicht. War in letzter Zeit wenig aktiv. Immer schön, auf neue, ah, Avatare zu treffen.
Gleichfalls! Freut mich auch.


Sehe ich auch so, dass sind die zwei schwächsten Szenen. Ich denke, dass Ruben und Sophia noch ein deutliches Update vertragen können. Auch die gesamte Interaktion mit Yarre kann noch verbessert werden. Bisher wirken sie eher, naja, verklemmt und irgendwie lala. Gut wäre es, wenn die beiden wirklich sympathisch werden; dann ist da eine größere Fallhöhe für Yarre, wenn sich sogar der Leser denkt: "Ach, eigentlich sind die beiden schon cool." Werde da das Feedback zu abwarten.
Nach erneutem Lesen hat sich mein Eindruck da ein wenig gemildert, ich finde, diese „Verklemmtheit“ ehrlich gesagt ganz passend zur Situation. Antipathie liegt da auf keinen Fall vor. Vielleicht lässt man den Part mit dem Essen weg? Der zieht die Szene ein wenig in die Länge und trägt mMn nicht viel zur Geschichte bei (Dass Yarre und Harlan nicht wohlhabend oder reich sind, erschließt sich für mich aus dem bisherigen Verlauf).

Die Kampfszene ist so, hm, naja. Ich wollte die Offenbarung dadurch, dass Yarre verletzt wird. Es war mir aber zu viel, sollte er sich selbst verletzen etc. . In die Richtung will ich nicht gehen, das kann ich auch gar nicht schreiben. Auch da möchte ich ein generelles Feedback abwarten.
Ich habe mich gefragt: Wie genau verliert er das Bein? Habe ich da einen Schlag übersehen? Müsste das nicht der am stärksten wahrgenommene Schmerz innerhalb des Kampfes sein? Oder ist ihm das abgefallen? Vielleicht habe ich diese eine Stelle auch übersehen.

Ich sehe darin eine Menge Potential.
Wenn es so geschrieben ist wie diese KG, dann auf jeden Fall!

Dann möchte ich Dir noch kurz schreiben, warum mich die Geschichte u.a. so sehr gepackt hat:
Dir gelingt es, diese Welt durch die tollen Beschreibungen, die Dialoge und Handlungen der Charaktere logisch und organisch erscheinen zu lassen. Dass Du als Beispiel die Größenverhältnisse immer mal wieder einstreust oder den Zwergen ihre eigene Art zu sprechen gibst, sie Dinge wie "Glück auf" oder "Ay" sagen lässt, oder sie auch gerne mal einen Buchstaben oder ein ganzes Wort verschlucken (ich hoffe zumindest, dass das Absicht war :lol:):

„Ich hab ihn gemacht, mit meinem eigenen Schwanz! Soll ich ihn dir zeigen? Glaubst mir nicht?“
„Verpisst euch von meinem Grundstück! Wenn ich dich nochmal hier sehe, schlag ich dir die Kniescheiben aus!“

Dann hast Du tolle Bilder kreiert, die man gleich vor Augen hat. Zwei Beispiele:
Ich weiß nicht, was ich in Papas Gesicht erwartet habe; Überraschung am ehesten, aber das ist es nicht; es ist ein Gesichtsausdruck, als habe er voller Freude in einen Apfel beißen wollen und dann festgestellt, dass es eine faule Zitrone sei.
Er jagt mit dem Löffel nach einem verkochten Stück Zwiebel.

An ein, zwei Stellen sehr schönes Foreshadowing:
„Dann pass auf; ich hab dich selbst gemacht, hiermit“, sagt er und streckt mir die Innenseite der Hände entgegen. „Siehst du?“

Dem Papa, diesem steinharten Zwerg, dem hast Du so gute Dialoge & Szenen verpasst, dass der zarte Kern darunter sichtbar wurde:
Ich will gerade nach der Klinke greifen, als sich eine Hand auf meinen Arm legt.
„Yarre“, sagt er und stoppt. Ich sehe ihm in die Augen; in seinem Kopf arbeitet es wie in einem Uhrwerk. Er öffnet den Mund, schließt ihn wieder. Langsam zieht er die Hand zurück.
„Du bist mein Sohn.“ Seine Stimme ist anders; beinahe brüchig. „Versprich mir, dass du das nicht vergisst.“
„Du …“
„Yarre …“
„Ich muss jetzt los“, sage ich und reiße die Tür auf. „Wir sehen uns morgen.“
Wir setzen uns einfach in die Werkstatt und ich stelle keine Fragen. Versprochen. Wenn du möchtest, bin ich noch dein Papa.“
Er zupft sich am Schnurrbart; dann stützt er sich an der Bank ab und sagt mit leiser Stimme: „Ich wollte, dass du mehr aus dich machst als nur Altenbochum.“

Dann hast Du die Stadt mit Leben gefüllt, ich sehe das Zwergenviertel vor mir, durch Dinge wie diese:

Altenbochum eine miese Kombination aus der Erkenntnis, man hätte es besser machen können, aber dem Unwissen, wie konkret. Nackter Beton, alle paar Blocks aufgeweicht durch einen Park.
neben der Tür steht ein frisierter Zigarettenautomat. Drückt man dreimal die Sechs, verkauft er Kondome. Zwergengröße, versteht sich.
Ich werfe einen Blick zum Kiosk. Harpen lehnt in der Tür, raucht Pfeife und tut so, als interessiere er sich brennend für den nackten Pfahl, an dem vor einer Woche noch ein Stoppschild hing.

Infodumps bindest Du mMn gekonnt in die Handlung ein, sodass ich sie nicht als solches (negativ) wahrgenommen habe.

Das mache ich; achtzehn, fast Abi. Die meisten meiner Freunde sind Zwerge. Was wir machen? Chillen, meistens. Keine Freundin, ne, hat sich bisher nicht ergeben. Papa? Der ist Erfinder. Was er erfindet? Tiere. In seiner Werkstatt baut er kleine Maschinen, die aussehen wie Hunde oder Vögel, und dann verkauft er sie als Alarmanlagen an reiche Menschen, die in ihrem Garten einen falschen Labrador haben wollen. Viel Geld gibt das nicht, ne aber es reicht für Nudeln, und wer sich Nudeln und Fiege leisten kann, ist reich genug. Sagt Papa.

Zugegeben, das war jetzt eine ziemliche Lobhudelei und ich hör auch schon auf, aber wie Du Dir denken kannst, würde es mich sehr freuen, mehr davon, dieser Welt, auf diese Art, zu lesen. Chapeau.

Kleinigkeiten:

Ruben bietet an, mich nach Hause zu fahren, aber ich lehne ab. Ich will einfach nur weg. Ich hebe die Hand zum Abschied.. Sophia und Paul umarmen sich; sie sieht nicht einmal auf, als ich gehe.
Der Name Paul (der tatsächlich der Sohn der beiden ist, wenn ich es richtig verstanden habe) kam ein wenig überraschend und hat mich straucheln lassen. Würde überlegen, den vorher einmal einzubinden, wenn er die Kneipe betritt).

An wenigen Stellen fehlen die Anführungszeichen:

„Für wen haltet ihr euch?
„Gut, sagt er und steht auf. „So einfach ist das.“
„Yarre!

Hier müsste zwischen den Namen und die drei Punkte eine Leerstelle, oder wird die wörtliche Rede unterbrochen?
Die Frau sieht mich an. „Yarre…“

Er erzählt nicht viel über die Zeit, als sie noch zusammen waren.
Und hier habe ich gedacht: Er erzählt nicht viel, aber doch schon ein bisschen? Und lügt ihn damit an? Das würde ich vielleicht ändern, in: Er erzählt nichts über die Zeit, als sie noch zusammen waren. Nie. Wobei das dann auch schon wieder Foreshadowing wäre und ich nicht weiß, ob Du das dort haben willst ...

Soweit meine fünf Cent,
Beste Grüße
Seth

 

Hallo Meuvind,
eigentlich wollte ich nur mal schnell die neuen Texte überfliegen, besonders die Fantasysachen, die mich gar nicht so interessieren, doch dann bin ich von deiner Geschichte auf seltsame Art fasziniert worden. Wieso bloß? Habe jetzt die Geschichte und die Kommentare zweimal gelesen und überlegt.
Für mich liegt der Reiz in der Schnittstelle zwischen Fantasy und Realität. Und das Bochum sowas wie Glitzer bekommt durch diese story, wunderbar!
Deine Dialoge gefallen mir sehr gut, alle Figuren haben 'Fleisch an den Knochen', sind echte Charaktere und erzeugen sofort Bilder im Kopf.
Mir ist die Tatsache, dass es um Zwerge, Menschen und Yarre geht, immer eingängiger und selbstverständlicher geworden, obwohl ich mich schon gegen so einen 'Quatsch' wehren wollte!! Ging aber nicht.
Eine Frage blieb, vielleicht habe ich auch was überlesen; weiss Yarre von Anfang an, dass er Kein Mensch ist? Weil er ja nach der Mutter fragt. Ansonsten hat er sich erstaunlich schnell mit seiner Entstehung abgefunden.
Vielen Dank für diese tolle Geschichte, hoffentlich empfiehlt sie jemand, der/die mehr Ahnung vom Genre hat als ich.
Gruß,
Jutta

 

Hallo @Meuvind!

Ich mag deine Geschichte. Du hast mich zwischendurch fast zum Weinen gebracht. Ich denke auch nicht, dass es notwendig ist, etwas zu kürzen, auch wenn die Geschichte von der Wortanzahl lang sein mag, beim Lesen hatte ich das Gefühl nicht, dass sie zu lange ist. Vielleicht kann man an der Kampfszene etwas kürzen- aber das ist meiner Meinung nach nicht notwendig.


„Nein nein“, mischt sich nun die Frau ins Gespräch ein, „es ist nichts passiert. Wir würden ihn nur gerne … kennenlernen“, sagt sie und schaut erst ihren Mann, dann Papa an; sein Gesicht ist steinern wie eine Statue. „Wir glauben, er könnte unser Sohn sein.“
Das ist nur eine Kleinigkeit. Aber er bezeichnet sie in ihren Gedanken als die Frau des Mannes, bevor er es weiß.

als habe er voller Freude in einen Apfel beißen wollen und dann festgestellt, dass es eine faule Zitrone sei.
Hier würde ich schreiben „eine faule Zitrone ist.“

Denkt, nem’ Zwerg könnte ihr den Sohn abschwatzen, was?“
„Könntet“

Nein. Eines Tages, Junge“, sagte Papa.
Hier wechselst du in die Vergangenheit

enn ein Pferd und ein Esel fick … sich lieben, dann kommt dabei auch was raus.
Da musst ich schmunzeln, wie er sich zusammenreißen muss xD

Der Geruch nach Urin ist unumkehrbar in den Asphalt gesickert;
Dass der Geruch in den Asphalt sickert kam mir komisch vor, mir fällt aber auch kein anderes Wort ein.
Wenn dein Vater das spitzkriegt, reißt er mir den Kopf an
„Ab“

Ich wollte, dass du mehr aus dich machst als nur Altenbochum.
„aus dir“

Die Geschichte, die Wendungen, alles drum und dran fand ich klasse. Nur als er anfängt sich die Haut abzuziehen, stellte sich mir die Frage, ob er Schmerz fühlt und wenn ja, wie? Wobei ich glaube, dass du auch in der Kampfszene, wenn er getroffen wird, nicht beschreibst, dass er Schmerzen hätte.
Also die Geschichte hat wird mich auf jeden Fall noch ein wenig länger begleiten. Die Andeutungen, die du auch anfangs schon einstreust mit der fehlenden Mutter, dass er seinem Vater ähnlich sieht, dass sein Vater ihn mit seinen Händen gemacht hat, … wirklich gut!

LG Luzifermortus

 

Ich könnte eine Mutter haben.

Deswegen wohnen hier die Zwerge. Jeder möchte sie als Bergarbeiter oder Türsteher, aber niemand als Nachbar.

Ich will nicht, dass sie mich für ungebildet hält.

Ich habe das fehlende Bein vergessen.

Ja, da riech ich – satte 40 km weiter westlich vom Ort des Geschehens weg, doch immerhin noch an der Grenze von Rheinland und Westfalen – die Currywurst,

lieber @Meuvind,

und im Grunde gelingt Dear die Verknüpfung von Märchen und Wirklichkeit, denn in alten Zeiten – lange, bevor im Pott Kohle abgebaut wurde – waren vor allem wegen des einfachen Schachtbaus kleine Menschen (wahrscheinlich damit die Vorlage für die Märchenwelt) Bergleute (auch im Harz kann man solche primitiven, eigentlich „natürliche“ Schächte finden). Da gibt nun der Zwerg zugleich ein Modell für den sogenannten „kleinen Mann“ der unteren Bevölkerungsschichten ab und dass derzeit ein rauer Ton und Umgang gepflegt wird als noch in den 1990er Jahren, ist auch kein Geheimnis.

Was mich aber erschreckt, ist die Zahl der Flusen, die z. T. sichtlich auf Flüchtigkeit zurückzuführen ist (bei einem Text dieser Länge sicherlich nicht ungewöhnlich …) und es fängt harmlos an mit der Frage, warum hier

Ich spähe durch den Türspalt; eine Frau und ein Mann.
ein Semikolon?

„Herr Muriell?“, fragt der Mann und streckt Papa die Hand aus.
Der Arm wird wohl ausgestreckt, sein Ende, die Hand halt „entgegengestreckt“

„Ganz recht“. Papa schüttelt die Hand; …
Punkt bitte einfangen, also … recht.“ Papa ...

Papa sieht aus, als habe man ihm in die Magengrube geschlagen.
Ich weiß nicht, was ich in Papas Gesicht erwartet habe; Überraschung am ehesten, aber das ist es nicht; es ist ein Gesichtsausdruck, als habe er voller Freude in einen Apfel beißen wollen und dann festgestellt, dass es eine faule Zitrone sei.

Muskeln wie ein Ochse, schwielige Hände und einen Schnauzer; sein glatter Schädel glänzt, als habe man ihn mit Scheuermilch poliert.

„Lass das Pöbeln, Junge.“ Harpen sieht aus, als wolle er mir ins Gesicht spucken.

Harpen lehnt in der Tür, raucht Pfeife und tut so, als interessiere er sich brennend für den nackten Pfahl, an dem vor einer Woche noch ein Stoppschild hing.

Konj. I ist indirekte Rede, aber hier sehe ich Vermutungen, die wahr sein können, aber nicht müssen. Typische als-ob-Situationen, darum besser Konj. II, „als hätte/wollte“, „als interessierte“

HIer

„Wir haben … allen Grund zur Annahme, dass du unser Sohn sein könntest. Ich möchte dir einen Vorschlag machen.
gelingts doch -
und das ist kein Privileg gehobener Klassen. Meine Eltern wurden früh des Geldes wegen arbeiten geschickt und haben sozusagen „mit den Augen“ gestohlen und sind erst in den 60er Jahren aus dem Hilfsarbeiter-Status herausgekommen ...

Ich will jetzt nicht jedes Teil aufführen. Einfach die Suchfunktion nutzen, zB „habe“ eingeben und schauen, ob nicht doch Konj. II angesagt ist

HIer fehlen zunächst Gänsefüßchen

„Wollt ihr mich verscheißern?“ Papas Stimme dröhnt. „Für wen haltet ihr euch?

Eine Sekunde lang starrt das Ehepaar Papa an; dann drehen sie sich um und gehen.

und dann "dreht sich das Ehepaar um“

Altenbochum* eine miese Kombination aus der Erkenntnis, man hätte …
* Komma oder Gedankenstrich

„Kann mir vorstellen, wie das lief. Also, was kann ich dir gutes tun?“
Gutes

Die Frau sieht mich an. „Yarre[...]…“
...
Das Shirt klebt mir am Nacken und den Armen.
Nix falsch, aber warum so aufwendig, wenn’s doch ohne Artikel einfacher ist „Das Shirt klebt mir an Nacken und Armen“

„Bleib stehen. Bitte.“
Ich bin derzeit auf einem Kreuzzug zur Rettung des Ausrufezeichens, der doch eigentlich zum Imperativ gehört wie auch zur Bitte ...

„Reden“, sagt die Frau; sie stolpert näher. „Nur Reden.“
reden

Lass uns uns gegenseitig kennenlernen.
Ohne Komm ...

„Sind Sie so[...]was wie ein Arzt?“
(eigentlich ein verkürztes so etwas)

„ Das letzte, was ich brauche, …
Letzte

Hör auf, so[...]was zu denken, sage ich mir.
Ein verkürztes „so etwas -

hier aber

Wir treffen uns vor der Kneipe; es ist ein voll im Bermuda-Dreieck.
Ist ein ein zu viel

„Ist schon ok“, sage ich.
Was hat „Oklahoma“ (abgekürzt OK, ok) im Pott verloren? Zudem nach deutschen Rechtschreibregeln ergibt sich ein „O. K.“
Aber was soll das für eine Abkürzung aus fünf Zeichen – zwei Buchstaben, zwei Punkte und ein Leerzeichen – beim vierbuchstabigen „okay“ sein? Mal nicht übernehmen, was Leute, die wahrscheinlich nicht bis drei zählen können, so von sich geben …

Solltestu nochmals alles durchsehen (Suchfunktion nutzen!)

Ein Teil von mir denkt sich, dass das eine lausige Antwort ist.
Weiter unten ähnlich
Harlan hat einen besseren Sohn verdient, denke ich mir.
Wem könnte wer auch immer sich sonst denken?

Also suchen wir nach einem Jungen, der am 12.9.2002 in Bochum geboren wurde und in einem Heim oder einer Pflegefamilie aufgewachsen ist.
Zeitenfolge beachten. Du kannst sogar „geboren“ ohne Hilfsverb niederschreiben, also etwa „geboren und in einem Heim oder … aufgewachsen ist.

„Die wichtigste Frage ist erst[...]mal“, sagt Ruben, „ob du es überhaupt wissen möchtest.
...
Keine Freundin, ne, hat sich bisher nicht ergeben. Papa? …Viel Geld gibt das nicht, ne aber es reicht für Nudeln, und wer sich Nudeln und Fiege leisten kann, ist reich genug. Sagt Papa.
In der gesprochenen Sprache wirkt ein „ne“ wie ein verkürztes „eine“, die Verneinung besser betont darstellen mit doppel e „nee“, ne?

Wir treten zusammen hinaus; es regnet. Ruben bietet an, mich nach Hause zu fahren, aber ich lehne ab. Ich will einfach nur weg. Ich hebe die Hand zum Abschied.. Sophia und Paul umarmen sich; sie sieht nicht einmal auf, als ich gehe.

Meine Jacke ist aufgeweicht, die Jeans klebt an der Haut.
„die Jeans“ = Plural, sie kleben also an der haut. Oder hält jemand da s für eine Genitivendung?

„Dein alter Herr hat was dargelassen“, sagt Harpen.
Hat Harpen einen Sprachfehler, lass es so stehen. Wenn nicht, „dalassen“, folglich als Partizip „dagelassen“

Die beiden teilen sich auf, versuchen, mich einzukreisen. Ich hebe die Fäuste; ich kann mich nur auf einen gleichzeitig konzentrieren.
...
„Als ich sagte*, murmelt er, „dass ich dich mit diesen Händen gemacht habe, meinte ich es ernst.“
* “

Jern jelesen vonnet Dante Friedchen,
dat getz Mittach macht

 

Nur ganz kurz, mehr als einen Kommentar schaffe ich gerade auf die Schnelle nicht.

Moin @Aida Selina ,

freut mich. Wir kennen uns glaube ich auch noch nicht.

Die Urban Fantasy Welt, die Du beschreibst, kann ich mir sehr gut vorstellen. Betonbauten, alles etwas heruntergekommen, die Zwerge geduldet, um schwere Arbeit zu tun, aber nicht als Nachbarn...

Yes. Eigentlich gar nicht so sehr Fantasy. Wobei Bochum schöne Ecken hat, wenn man sie kennt.

Wieso so absolut? Yarre kann doch davon ausgehen, dass sein Vater auf ihn wartet. Nichts deutet darauf hin, dass der Vater sich unversöhnlich vom Sohn abwendet Und da der Vater weiss, dass die Menschen nicht die Eltern von Yarre sind, weiss er, dass dieser wieder zurückkommt.

Der Gedanke war eher, dass Yarre sich schämt. Der Vater sagt ja offen, dass er ihn noch als Sohn möchte. Yarre ist bereit, seinen Vater aufzugeben für eine andere Familie. Das war damit gemeint. Vielleicht formuliere ich es besser um.

wäre nicht richtig "die Hand hinstrecken"?
reisst er mir den Kopf ab, oder?
war es vorher nicht ein alter Opel Astra?
gehört das "ein" dorthin? Oder fehlt vielleicht etwas?
starker Dialog, berührend... (Anmerkung: mehr aus dir machst, oder ist das Zwergenslang?)

Alles übernommen, vielen Dank! Da sind noch eine Menge Flusen im Text.

Ich finde die Dialoge in der Geschichte allgemein sehr stark, nichts wirkt hölzern oder konstruiert. Die Figuren wirken unter anderem auch deshalb authentisch.

Danke! An den Dialogen hab ich mich auch sehr abgearbeitet. Mir war wichtig, dass Zwerge, Yarre und Menschen unterschiedlich sprechen. Spiegelt ja den gesellschaftlichen Stand. Ruben und Sophia sollen nicht snobby, aber zumindest einen gebildet-kreativen Eindruck machen, die Zwerge sind allesamt Ruhrpott-Arbeiter. Das spiegelt sich auch im Dialog wieder.

Deine Geschichte hat mir sehr gut gefallen und ich werde jetzt gehen und Deine alten Geschichten lesen...

Oh Gott, bitte nicht.

Vielen Dank dir für deinen Kommentar und die lieben Worte!

Liebe Grüße
Meuvind

 

Hallo @Meuvind,
wieder so ein toller Text von dir. Wie bei Jill konfrontierst du den Leser, Zwerge in Altenbochum, klar und völlig normal, und der zu große Sohn, der beginnt, über seiner Herkunft zu grübeln, bevor der Identitätskonflikt eine ganz andere Wendung erhält. Mit dem Wissen um den geschickten Twist liest der Text sich nochmal anders, besonders der Mutterwunsch.
Tolles Ende auch, nicht weinerlich über die Verluste an Gewissheiten und mat. Dingen, sondern erhobenen Hauptes Richtung Zukunft zu schauen. Und Stolz zu sein, was und wer man ist.
Der Plot ist toll, das Ehepaar, das in die Normalität platzt und alles ins Wanken bringt, die erwachenden Fragen verbunden mit der Hoffnung, Antworten zu finden, das Essen, der Gentest, die Katze, der Fight am Kiosk, der alles offenlegt. Das baut aufeinander auf, echt stark, auch von der Leserführung her. Für mich eine Geschichte, die auf einer Stufe mit Jill steht. Auch wenn ich später zum Duktus was anmerke, finde ich sie stilistisch sehr souverän verfasst.

Es gibt ein paar Punkte, Kleinigkeiten, wo es lohnen könnte, nochmal draufzuschauen.
Das eine ist die Frage nach der Vergangenheit, die ich mir sofort gestellt habe. Hat er sich wirklich nie verletzt und sich dabei über seine besondere Anatomie gewundert? Vor allem, wenn sich die Polymerdeckschicht einfach und schmerzlos wegschneiden lässt? Und wenn er das Schlagen der Kolben in seiner Brust jetzt spürt, warum nicht vorher? Du belässt sämtliche Impulse der Außenwelt, statt Yarre innerlich spüren zu lassen, dass etwas an ihm anders ist. Er hat nicht den geringsten Zweifel an seiner Existenz, auch daran nicht, dass der Vater ein Zwerg ist. Klar, dadurch kommt die Destabilisierung durch das Infragestellen umso härter ums Eck, als Knalleffekt, den es so laut ev. nicht braucht.
Schön in dem Zusammenhang finde ich übrigens den wiederholt auftauchenden Bartwuchs und wie der eine "normale" Spätpubertät suggeriert. Auch hier wäre das Sähen eines leisen Zweifels möglich, indem iwas nicht ganz perfekt läuft.

Der nächste Punkt ist, dass Harlan sagt, er hätte keine Ahnung von Biologie, was nicht sein kann, da er ein biomechanisches Wunderwerk vollbracht hat, einen Menschen, der so perfekt gemacht ist, dass niemand merkt, dass es eine Zwergenschöpfung ist. Kann natürlich Tarnung sein, doch dass Yarre ihm erklären muss, wie das mit Maultier und Maulesel läuft, ist schon sehr dick.

Der stimmige Gentest kommt ein wenig Deus-ex-Machina-mäßig. Klar fügt der sich gut in den Plot und löst die weitere Handlung aus und doch würde ich da weiter ausholen als die sieben Zeilen. Woher weiß der andere Junge von der Verabredung zum Essen? Und zieht lapidar einen Brief aus der Jackentasche: ach übrigens ...
Etwas behutsamer den Moment vorbereiten, denn da passiert der entscheidende Twist, eine große Hoffnung wird zerstört. Und da sollten keine Fragen der Glaubwürdigkeit im Weg stehen.

Mitgeschreibsel:

dann legt er das Porzellan - oder ist es Ton? - beiseite und wischt sich mit dem Handrücken über den Mund.
bitte statt der Minusse richtige Gedankenstriche. Please. Auch hier:
Wie konnte ich nur - einen winzigen Augenblick lang - das eintauschen wollen.

Altenbochum eine miese Kombination aus der Erkenntnis, man hätte es besser machen können, aber dem Unwissen, wie konkret. Nackter Beton, alle paar Blocks aufgeweicht durch einen Park. Deswegen wohnen hier die Zwerge. Jeder möchte sie als Bergarbeiter oder Türsteher, aber niemand als Nachbar. Ich glaube, Altenbochum und die Zwerge passen gut zueinander; man bedauert sich gegenseitig, von den Menschen verhunzt worden zu sein.
gefällt mir sehr gut.
Hinter der Zeche Konrad gibt es einen Kiosk, der die ganze Nacht auf hat. Das Bier ist teuer und der Boden spackig, aber mir gefällt es. Der Geruch nach Urin ist unumkehrbar in den Asphalt gesickert;
Für mich geht der Duktus bissl auseinander. Wenn ich flapsig schreibe, dass der Kiosk "auf hat" statt geöffnet, kann ich nicht zwei Sätze später "Der Geruch nach Urin ist unumkehrbar in den Asphalt gesickert" schreiben. Das ist mir persönlich zu posh. Da gehört dann was hin wie bspw.: "Es stinkt, die Pisse hat sich in den Asphalt gefressen".
Auch hier:
und mein Kopf versucht bereits, sie in mein Leben zu integrieren
warum nehme ich den Gedanken dann so bereitwillig an
Für die Figur, die du uns vorstellst, ist das zu wohlformuliert.

Lass uns uns gegenseitig kennenlernen.
anders? Können wir uns nicht gegenseitig kennenlernen?
Das letzte, was ich brauche
Das Letzte.
18 Uhr
Abends um sechs?
um sie herum streifen wie Ameisen in einem Bau.
herumstreifen.
es ist ein voll im Bermuda-Dreieck.

Menschen mit blau-weißen Schälen
Schals ist der Plural von den Dingern, schälen ist mehr Abteilung Gemüse und Obst ^^.
Auf einem Fernseher läuft das Spiel,
Im Fernseher oder auf einem Kanal.
„Ist schon ok“, sage ich
okay.
Ich hebe die Hand zum Abschied..
Einen Punkt weg.
Heute ist eine Nacht zum feiern
Feiern.
Unter dem Abdach stehen drei Knirpse
Abdach, zum ersten Mal gelesen, neue Vokabel gelernt :)
Ich blinzle; sehen fällt mir schwer
(das) Sehen.

Sehr gerne gelesen, peace, l2f.

 

Hallo Meuvind,
auch für mich die beste Geschichte, die ich seit langem hier gelesen habe, obwohl ich keine Fantasy mag. Die erste Hälfte fand ich sehr stark, dann wird es mir mit der Katze und dem Bein zu phantastisch. Aber gerade das gefällt bestimmt vielen. Da träumt doch einer davon, seine Herkunft zu verleugnen. Übrigens Frieder, von den Zwergen, die früher im Bergbau eingesetzt waren, habe ich auch schon gehört. Leider waren es wohl auch oft Kinder.
Gruß Frieda

 

Moin @Aida Selina ,

freut mich! Die Flusen und Anmerkungen hab ich so weit übernommen und direkt im Text ausgebügelt. Wundere dich daher nicht, dass ich darauf nicht groß eingehe.

Wieso so absolut? Yarre kann doch davon ausgehen, dass sein Vater auf ihn wartet. Nichts deutet darauf hin, dass der Vater sich unversöhnlich vom Sohn abwendet Und da der Vater weiss, dass die Menschen nicht die Eltern von Yarre sind, weiss er, dass dieser wieder zurückkommt.

Ja, an sich schon. Der Vater wendet sich nicht ab. Verloren ist er auch eher für Yarre, so wollte ich das darstellen. Um überhaupt sich an den Gedanken zu gewöhnen, "neue" Eltern zu haben, für diese Bereitschaft gibt er seinen Vater ja in Gedanken bereits auf. Das wollte ich damit sagen. Yarre kann natürlich jederzeit zu ihm zurück, aber er hätte das Gefühl, sich selbst und ihm etwas vorzumachen. Hoffe, es kam so rüber, wie ich das ausdrücken wollte. Ansonsten ändere ich das nochmal.

Ich finde die Dialoge in der Geschichte allgemein sehr stark, nichts wirkt hölzern oder konstruiert. Die Figuren wirken unter anderem auch deshalb authentisch.

Danke. Dialog war für mich auch einer der wichtigeren Aspekte. Hier treffen sich ganz verschiedene Figuren, Zwerge aus der Arbeiterschicht, die etwas darüber stehenden Ruben und Sophia, Yarre, der zwischen allen Stühlen steht usw. Da war mir das schon ziemlich wichtig.

Deine Geschichte hat mir sehr gut gefallen und ich werde jetzt gehen und Deine alten Geschichten lesen...

Oh Gott, bitte nicht.

Vielen Dank für deinen Besuch!

Liebe Grüße
Meuvind

Moin @Seth Gecko ,

tut mir leid, dass eine Antwort so lange gebraucht hat. War die Tage unterwegs und gut beschäftigt und gestern hatte ich, äh, ehrlich gesagt keine Lust.
Die Flusen hab ich größtenteils direkt übernommen, danke dafür. Wenn was doch unklar war, gehe ich nochmal direkt darauf ein.

Vielleicht lässt man den Part mit dem Essen weg? Der zieht die Szene ein wenig in die Länge und trägt mMn nicht viel zur Geschichte bei (Dass Yarre und Harlan nicht wohlhabend oder reich sind, erschließt sich für mich aus dem bisherigen Verlauf).

Hm ja. Am ehesten ein Streichkandidat. Wichtig ist da aber mMn, dass die Dynamik zwischen Yarre und Harlan anschaulich wird. So viele Szenen haben die beiden nämlich nicht zu zweit. Eine Kürzung wäre vielleicht drin, aber mit mehr fühle ich mich nicht gut.

Ich habe mich gefragt: Wie genau verliert er das Bein? Habe ich da einen Schlag übersehen? Müsste das nicht der am stärksten wahrgenommene Schmerz innerhalb des Kampfes sein? Oder ist ihm das abgefallen? Vielleicht habe ich diese eine Stelle auch übersehen.

Hab gerade nochmal drübergelesen und ne, tatsächlich nicht. Die Stelle gibt es so explizit nicht. Du sprichst da aber ohnehin einen wunden Punkt an, denn jetzt, wo ich drüber nachdenke (und bereits mehrere Kommentare davon gesprochen haben, linktofink hatte es auch erwähnt), macht der Aspekt Schmerz und Haufgefühl irgendwie keinen Sinn. Irgendwie hat Yarre Schmerzen, aber irgendwie auch nicht. Da fehlt bisher die Klarheit. In meinem Kopf war es so, dass er Schmerzen spürt, weil er sie für normal hält und in dem Moment, wo er sein eigentliches Wesen entdeckt, dieser Aspekt verschwindet. Aber das macht natürlicht keinen Sinn, wenn er sie nie kennenlernen konnte, weil er sie nicht hatte. Da lasse ich mir was besseres einfallen.

sie Dinge wie "Glück auf" oder "Ay" sagen lässt, oder sie auch gerne mal einen Buchstaben oder ein ganzes Wort verschlucken (ich hoffe zumindest, dass das Absicht war :lol:):

Yes, das war gewollt. Auch wenn ich glaube, der ein oder andere Apostropht hätte gut getan :lol: .

Der Name Paul (der tatsächlich der Sohn der beiden ist, wenn ich es richtig verstanden habe) kam ein wenig überraschend und hat mich straucheln lassen. Würde überlegen, den vorher einmal einzubinden, wenn er die Kneipe betritt).

Hm. Wenn der Kontext sich ergibt, warum nicht. Ruben und Sophia dürfte er sich nicht nochmal vorstellen, die kennen ihn ja schon. Vielleicht in der Textnachricht.

Hier müsste zwischen den Namen und die drei Punkte eine Leerstelle, oder wird die wörtliche Rede unterbrochen?

Äh ja, Chef.

Und hier habe ich gedacht: Er erzählt nicht viel, aber doch schon ein bisschen? Und lügt ihn damit an? Das würde ich vielleicht ändern, in: Er erzählt nichts über die Zeit, als sie noch zusammen waren. Nie. Wobei das dann auch schon wieder Foreshadowing wäre und ich nicht weiß, ob Du das dort haben willst ...

Hm. Jein. Yarre bohrt natürlich nach. Ich möchte eigentlich nicht, dass Harlan gar keine Infos dazu gibt, denn ansonsten könnte der Verdacht über Yarres Existenz zu früh kommen. Ich hatte mir das ganze ein wenig zweischneidig vorgestellt: er sagt ein wenig darüber, wie es früher war, aber die Bilder sprechen anders. Das war soweit mein Gedanke. Kann aber sehen, warum es dich stört.

Vielen Dank dir für deinen zweiten Besuch! Das hat den Text nochmal ein wenig abgerundet.

Liebe Grüße
Meuvind


Hey @Jutta Ouwens ,
freut mich! Wir kennen uns noch nicht, glaube ich.

eigentlich wollte ich nur mal schnell die neuen Texte überfliegen, besonders die Fantasysachen, die mich gar nicht so interessieren, doch dann bin ich von deiner Geschichte auf seltsame Art fasziniert worden.
Für mich liegt der Reiz in der Schnittstelle zwischen Fantasy und Realität. Und das Bochum sowas wie Glitzer bekommt durch diese story, wunderbar!
Mir ist die Tatsache, dass es um Zwerge, Menschen und Yarre geht, immer eingängiger und selbstverständlicher geworden, obwohl ich mich schon gegen so einen 'Quatsch' wehren wollte!!

Danke dir! Mir geht es witzigerweise ähnlich. Ich meine, ich lese auch gerne Fantasy, aber es muss irgendwo einen Punkt haben. Die besten Geschichten auf WK fand ich immer die, die sich um menschliche Gefühle drehen. Unabhängig vom Genre. Ich hab mit Jill aus Eis letztes Jahr das erste Mal sowas probiert und die Richtung gefällt mir. Denn du hast Recht, Zwerge sind in einer Zwergenwelt normal und damit vollkommen anders als in einer Menschenwelt. Erst durch den Kontrast werden sie wirklich besonders. Yarre als Kind beider Welten steht damit natürlich besonders zwischen den Stühlen. Zwerge, die in einer Fantasywelt Zwergensachen machen, ist sicher auch spannend, bedienen aber eher die klassische Fantasy-Sparte. Das kann man mögen oder nicht, ist Geschmack. Genauso steht es natürlich um das Alltags-Setting. Literatur ist ja zu einem nicht unerheblichen Teil Eskapismus aus genau dieser Welt.

Eine Frage blieb, vielleicht habe ich auch was überlesen; weiss Yarre von Anfang an, dass er Kein Mensch ist? Weil er ja nach der Mutter fragt. Ansonsten hat er sich erstaunlich schnell mit seiner Entstehung abgefunden.

Er hält sich für einen Menschen. Er sieht ja offensichtlich nach einem aus. Die Frage nach der Mutter ist zweigeteilt: es ist sowohl dem fehlenden Elternteil geschuldet als auch der Frage nach der Existenz. Schließlich sind für ein Kind zwei nötig, also muss es da ja noch jemanden geben. In dem Moment, indem Yarre erfährt, dass er eine Konstruktion ist, fällt dieser Aspekt heraus: er weiß jetzt, wo er herkommt. Der andere Aspekt, der von Ich-hätte-gerne-eine-Muttter, bleibt, da hast du Recht. Darauf habe ich mich nicht mehr wirklich konzentriert, weil ich das Gefühl hatte, es würde den Rahmen sprengen und noch weiter ausführen. Davon abgesehen hat Yarre am Ende wieder eine feste Vaterfigur.

Vielen Dank dir für deinen Besuch! Und es freut mich, dass ich dich für etwas gewinnen konnte, das sonst nicht 100% deins ist.

Liebe Grüße
Meuvind


Moin @Luzifermortus ,

schön, dich hier zu finden. Alle Kleinigkeiten, auf die ich nicht weiter eingehe, hab ich direkt im Text übernommen, danke dir dafür!

Das ist nur eine Kleinigkeit. Aber er bezeichnet sie in ihren Gedanken als die Frau des Mannes, bevor er es weiß.

Äh ja, guter Punkt. Ist mir tatsächlich überhaupt nicht aufgefallen.

Hier würde ich schreiben „eine faule Zitrone ist.“

Glaube, hier muss der Konjunktiv bleiben, weil es ja ein Gedankenspiel ist. Bin mir aber auch nicht zu 100% sicher.

Da musst ich schmunzeln, wie er sich zusammenreißen muss xD

Ich glaube, als Elternteil muss man sich irgendwann sehr stark darauf besinnen, wie man sich in der Gegenwart seiner Kinder ausdrückt. Ich studiere Lehramt und weiß jetzt schon, wenn ich mal unterrichte, wird das eine der schwierigsten Umstellungen sein :lol:.

Dass der Geruch in den Asphalt sickert kam mir komisch vor, mir fällt aber auch kein anderes Wort ein.

Ne, hast Recht. Der Asphalt ist ja massiv, eigentlich, und solange keine Risse drin sind, sickert da auch nix rein. Ich werde den Asphalt einfach spröde machen, das passt. Vielen Dank!

Nur als er anfängt sich die Haut abzuziehen, stellte sich mir die Frage, ob er Schmerz fühlt und wenn ja, wie? Wobei ich glaube, dass du auch in der Kampfszene, wenn er getroffen wird, nicht beschreibst, dass er Schmerzen hätte.

Yes. Das ist auch der generelle Punkt, den bisher die meisten angemerkt haben, das mit dem Schmerzgefühl und der Haut. Schmerzen beschreibt er in der Kampfszene durchaus, doch. Aber darüber muss ich nochmal mit Abstand grübeln.

Vielen Dank dir für deinen Besuch und die Anmerkungen!

Liebe Grüße
Meuvind


Moin @Friedrichard ,

schön, wieder von dir zu lesen. Das letzte Mal ist schon eine Weile her, glaube ich. Hab jetzt lange nur mit einem Auge ins Forum geschaut. Ich hab beinahe alles von dir einfach übernommen, vielen Dank dafür. Das war wirklich viel :Pfeif: aber jetzt ist es weg, das ist doch gut.

und im Grunde gelingt Dear die Verknüpfung von Märchen und Wirklichkeit, denn in alten Zeiten – lange, bevor im Pott Kohle abgebaut wurde – waren vor allem wegen des einfachen Schachtbaus kleine Menschen (wahrscheinlich damit die Vorlage für die Märchenwelt) Bergleute (auch im Harz kann man solche primitiven, eigentlich „natürliche“ Schächte finden). Da gibt nun der Zwerg zugleich ein Modell für den sogenannten „kleinen Mann“ der unteren Bevölkerungsschichten ab und dass derzeit ein rauer Ton und Umgang gepflegt wird als noch in den 1990er Jahren, ist auch kein Geheimnis.

Meine Mutter bestitzt ein kleines Buch, darin sind viele Märchen aus dem Münsterland mitsamt ihrem vermutlichen Ursprung drin festgehalten. Zwerge gab es damals auch schon, vor der Kohle. Hab gerade das Münsterländer Wort vergessen, aber er klingt ziemlich gut.

ein Semikolon?

Uhm, ja. Ich hab das einfach mal ausprobiert. Ich hatte das Gefühlt, damit ein wenig besser Betonungen setzen zu können. Bisher scheint es nicht alzu übel aufzustoßen.

* Komma oder Gedankenstrich

Was genau meinst du hier? Das habe ich nicht verstanden.

Vielen Dank dir für die Mühe! Jetzt ist der Text nochmal deutlich glatter.

Liebe Grüße
Meuvind

 

Hallo @Meuvind!

Nur ganz kurz - bezüglich dem Schmerz - ich bin mir nicht sicher, ob dir das hilft, aber es gibt ja tatsächlich eine Krankheit durch die man keine Schmerzen fühlt (bin mir jetzt nicht sicher ob das Analgesie ist, kenne es nur aus ner folge von House). Damit könntest du eventuell arbeiten, um „zu erklären“ wieso er im Kampf keine Schmerzen spürt oder ihm das nie komisch vorgekommen ist.


LG Lucifermortus

 
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Hey @Meuvind

„Und Sie sind?“
„Ruben Lang.“
Später fragt der Prota nach den Namen der beiden. Wir als Leser erfahren ihn also doppelt. Nur ein kleines Detail.
„Freut mich. Woran sind Sie interessiert? Und bevor Sie fragen, ich verrate nichts über meine anderen Kunden. Das ist unprofessionell.“
Das habe ich nicht verstanden, das erscheint mir unmotiviert. Weshalb sollten Leute in einen Laden kommen und nach anderen Kunden fragen?
Papa hält inne. „Was hat er jetzt wieder ausgefressen?“
Da habe ich den ganzen Text auf eine Legitimation für diesen Satz gewartet, aber nichts Entsprechendes gelesen.
Dafür wird er selbst auskommen müssen.
aufkommen
Eine gewisse Ähnlichkeit ist schon da, denke ich; die roten Haare, das spitze Kinn.
Ab hier hat mich der infaltionäre Gebrauch des Semikolons gestört. Dessen Funktion wird in deinem Text völlig entwertet, finde ich. Irgendwann habe ich das dann einfach als Komma oder Punkt gelesen, je nachdem, was besser gepasst hätte. Und fast immer hätte es besser gepasst als das Semikolon.
es ist ein Gesichtsausdruck, als habe er voller Freude in einen Apfel beißen wollen und dann festgestellt, dass es eine faule Zitrone sei.
Das "voller Freude" finde ich ein wenig unglücklich, weil der Papa ja schon zuvor schlechte Laune bekommen hat.
Instinktiv macht der Mann mit der schönen Nase einen Schritt zurück.
Würde ich streichen.
Eine Sekunde lang starrt das Ehepaar Papa an; dann drehen sie sich um und gehen.
Solche Sätze können häufig einfach weggelassen werden, finde ich. Sie machen einen Text nicht prickelnder, sage ich mal, und da ich insgesamt finde, dass der Text seine Längen hat, wäre das aus meiner Sicht ein Streichkandidat.
Manchmal kommt es mir vor, als wäre Mama ein Mythos; eine schöne Geschichte, aber wahr ist sie nicht.
Mama ist nicht wahr? (Sorry, professionelle Deformation, aber Gegenstände können nicht wahr oder falsch sein)
Manchmal hätte ich schon gerne eine Mutter.
Hier habe ich zum ersten Mal gestutzt. Ich finde das einen schrägen Gedanken. Man würde ja erwarten: Ich wünsche, dass Mutter noch bei uns ist, dass sie uns nicht verlassen hat, etc.
Im Nachgang habe ich mich dann gefragt, ob der Prota hier schon weiss, dass er tatsächlich und im wörtlichen Sinn keine Mutter hat. Aber das ist ja nicht der Fall. Ich fand diesen Satz auf alle Fälle irre seltsam und im Verlauf der Geschichte hat sich das nicht mehr gelegt, ich finde den Konflikt, den der Prota hat, wenig überzeugend.
„Nein. Eines Tages, Junge“, sagte Papa. „hast du genug, um es Bart nennen zu können. Aber das, das sind Teppichhaare. Wie von einer Katze.“
Komma nach Papa. Die eingeschobenen Redebegleitungen haben mich häufig irritiert, ich fand die oftmals unnatürlich, sodass sie den Redefluss der Protas und damit meinen Lesefluss unterbrochen haben.
„Nein. Haben sie nicht.“ Er jagt mit dem Löffel nach einem verkochten Stück Zwiebel. „Oder wünschst du dir das?“
Könnte weg. Das gäbe dem Dialog mehr Zug, meiner Meinung nach.
dann legt er das Porzellan - oder ist es Ton? - beiseite
Das hat mich irritiert. Sowas kommt im Text auch nicht mehr vor und ich verstehe die Funktion dieses Einschubs nicht.
weil sie Flügel haben, und wenn ein Pferd und ein Esel fick … sich lieben, dann kommt dabei auch was raus.
Eh ja, das fand ich eher meh.
Altenbochum eine miese Kombination aus der Erkenntnis, man hätte es besser machen können, aber dem Unwissen, wie konkret.
Dieser Satz ist komplett kaputt. Zunächst fehlt ein Verb und "Kombination aus x, aber y" kann man doch einfach nicht sagen, oder?
Jeder möchte sie als Bergarbeiter oder Türsteher, aber niemand als Nachbar.
Wirkllch jeder? Ich stelle mir vor, dass vor jedem Einfamilienhaus ein Zwerg steht.
Drückt man dreimal die Sechs, verkauft er Kondome.
Das fand ich sehr hübsch!
„Yarre. Glück auf“, sagt Harpen, als ich die Tür aufstoße. Er spricht mit dünner Stimme, das Gesicht blass. Sein rostbrauner Bart hat an Farbe verloren. „Wie geht es dir?“
„Gut.“
Die Kasse reicht mir gerade bis zur Hüfte. Zwischen zwei Kühlschränken ziehe ich einen Kasten Cola hervor und setze mich drauf.
Harpen hustet. „Wunderbar.“
„Alles in Ordnung?“
Ein Beispiel dafür, dass ich den Text an einigen Stellen zu langatmig fand.
„Warum?“, sagt die Frau. „Weil ich eine Frau bin?“
sagt sie
allen Grund zur Annahme, dass du unser Sohn sein könntest. Ich möchte dir einen Vorschlag machen. Lass uns kennenlernen. Ein Abendessen, irgendwo in der Stadt, wo du möchtest. Wir reden ein bisschen, und wenn wir am Ende des Abends das Gefühl haben, dass du … vielleicht doch unser Sohn sein könntest, dann sehen wir weiter.“
Das passt nicht zusammen.
Ich will ihn nicht schlecht reden, aber Fakt ist: Menschen und Zwerge können keine gemeinsamen Kinder zeugen. Es geht einfach nicht. Es ist biologisch unmöglich.“
„Sind Sie so was wie ein Arzt?“
Hier bin ich innerlich ein zweites Mal einen Schritt vom Text zurückgetreten. Wenn das wirklich so ist, dann weiss das doch jedes Kind. Die Frage verstehe ich daher nicht. Nur schon, dass man das jemandem erklären muss, kann ich nicht nachvollziehen. Ich fand das sehr unplausibel. Also, dass es da Menschen und Zwerge gibt, damit habe ich kein Problem, aber damit, dass die Menschen und Zwerge offenbar über ihre eigene Welt nicht Bescheid wissen.
Also hat er keine Ahnung, denke ich. „Wenn ich mitkomme“, sage ich, „und mir anhöre, was ihr zu sagen habt, lasst ihr mich dann in Ruhe?“
Einige Redebegleitungen könntest du streichen.
Ich könnte eine Mutter haben.
Wieder dieser seltsame Gedanke. Es wäre ja so, dass er dann nicht nur eine Mutter "besässe", sondern auch einen anderen Vater hätte.
In Anbetracht des Endes des Textes reime ich mir das so zusammen, dass der Prota sehr wenig Ahnung hat, sehr wenig Gespür. So würde ein Roboter über sich reden und nachdenken, könnte man sich vielleicht bereits hier sagen. Der Punkt ist nur der, dass der Prota ansonsten vollständig über seine Welt Bescheid weiß, sogar über Maultiere und Maulesel. Der Text konstruiert also eine exklusive Wissenslücke, die nur dafür geschaffen wurde, damit der Plot funktioniert. Das ist so, wie wenn der Prota eines Films die ganze Zeit mit einer völlig normalen Stimme spricht, aber genau dann, wenn er danach gefragt wird, ob er Gefühle hat oder ob er wisse, woher er komme, auf einmal mit einer Computerstimme antwortet.
Schälen
Schals
als die Bedienung kommt, um die Getränke aufzunehmen, bestellen wir das Essen gleich mit. Sophia entscheidet sich für eine Gemüsepfanne, Ruben nimmt ein Schnitzel mit Champignonrahm.
Auch das hat den Text für mich in die Länge gezogen.
Ein Junge hat den Laden betreten. Er ist groß; rote Haare, Sportlerstatur, eine Narbe am linken Nasenflügel.
Er ist Sophia wie aus dem Gesicht geschnitten.
Einen Augenblick lang steht er verloren herum; dann sieht er Ruben und Sophia, hebt schwach lächelnd die Hand und kommt näher.
„Hey“, sagt er. „Sorry, ich wollte nicht groß stören, ich, uhm …“, er zieht einen Brief aus der Jackentasche. „Ich hab Post bekommen. Der Test ist da.“
Ich fand es schade, dass der Konflikt durch diesen Deus ex machina aufgelöst wird. Der Prota muss gar keine Entscheidung fällen, sie wird ihm abgenommen. Dadurch macht er sich auch nicht schuldig. Ich finde, das schwächt den Text ...
Ich weiß nicht, wohin ich will. Nur, wohin ich nicht will. Ich weiß nicht, ob ich Harlan jemals wieder unter die Augen treten kann.
... und macht auch seine heftige Reaktion für mich unplausibel. Er hat ja bloss mit dem Gedanken gespielt, er hat sich die beiden angehört und ja, es hätte sein können, dass er sich gegen Harlan entscheidet. Aber er hat es nicht getan.
Ich fände es auch viel plausibler, dass er sich denkt, wir hätten eine Lösung gefunden, Harlan wäre mein Vater geblieben und die beiden meine neue Eltern (das wird ja sogar von den beiden als Lösung angeboten). Also, ich kann das radikale "Alles oder nichts" hier nicht nachvollziehen. Dafür müsste die Fallhöhe vergrössert werden: Die beiden sind tatsächlich seine Eltern und sie sagen, wenn du bei uns bleiben willst, musst du mit uns in ein fernes Land ziehen.
Ich bin gekommen, um eine Mutter zu gewinnen, und habe einen Vater verloren.
Das konnte ich daher ebenfalls nicht nachvollziehen.
ch hätte eine Mutter haben können. Bei dem Gedanken schnürt es mir die Kehle zu; meine Augenlider brennen. Ich war so nah dran, denke ich, so nah.
Dieses "Ich war so nah dran", das passt dann irgendwie in die psychologische Unstimmigkeit, die ich beim Lesen empfand. Als wäre eine Mutter so etwas wie ein Higscore oder ein Pokal, den es zu gewinnen gibt. Ich spüre da einfach zu wenig an Suche nach Herkunft und Identität. Beinahe roboterhaft. Wenn das so gewollt ist, dann siehe Anmerkung oben.
„Dein alter Herr hat was dagelassen“, sagt Harpen. „Meinte, ich sollte es dir geben, falls du aufkreuzt.“ Er bückt sich, holt ein kleines Ding hinter dem Tresen hervor; es ist eine getigerte Katze.
Ich dachte, der Papa hasst Katzen? Wieso konstruiert er ausgerechnet ein solches Tier?
„Wo ist das Bein?“
Da hast du mich dann verloren. Ich bin da vielleicht einfach zu heikel oder zu wenig fantasievoll. Aber ich versuche mal, meinen Punkt zu formulieren. Ich bin durchaus bereit, den Prota als Maschine zu akzeptieren. Aber dann müsste (für mich) das ganze Setting fantastischer sein, weniger an normalen Details enthalten. Nehmen wir das Beispiel Bier trinken. Weil du das explizit schreibst und thematisierst, denke ich dann halt bei der Lektüre sofort, meine Güte, wie soll das funktionieren? Hat der auch eine Blase und einen Darm? Merkt er niemals, dass das bei ihm anders geht als bei anderen? Das ist so, wie wenn Pinocchio ständig auf Toilette müsste oder sich die Nase putzte. All diese Details gefährden die suspension of disbelief, auf die ich mich grundsätzlich gerne einlasse. Wenn du all das realistische Setting nicht hättest, wenn die Welt schon grundsätzlich eine verzauberte wäre, würde ich auch das Ende gerne akzeptieren. Aber hier hat das für mich nicht funktioniert.
Ich will dir das Konzept, das du hier und mit Jill aus Eis verfolgst, nicht madig machen, im Gegenteil. Ganz offensichtlich sprichst du damit viele Leser:innen an und ich denke, das könnte wirklich was sein, eine Besonderheit, die dich als sehr speziellen Autor wiedererkennbar macht. Ich gebe dir nur mit auf den Weg, dass du eventuell noch an der Austarierung arbeiten könntest. Momentan ist das Prinzip folgendes: Beginne mir einer realistischen Welt, das sich in einer relevanten Hinsicht von der wirklichen Welt unterscheidet. Lote diesen Unterschied in der Folge aus, und bleibe dabei komplett einem Realismus verhaftet, d.h. nur dieser Unterschied zählt, allles andere bleibt gleich. Wenn du aber einen Twist brauchst, oder deine Leser überraschen willst, füge nach Belieben neue Abweichungen hinzu. Das ist jetzt etwas überspitzt formuliert. Aber so kann ich den Gedanken formulieren, dass es meiner Meinung nach gut wäre, die Welt schon früher mit kleinen fantastischen Elementen anzureichern, sodass man nicht das Gefühl hat, dass diese Elemente ad hoc eingeführt werden, wenn der Autor sie unbedingt braucht. Im Gegenzug würde ich den Realismus zurückschrauben, das heisst bestimmte Elemente, die sich ganz offensichtlich nicht mit den fantastischen Elementen vereinbaren lassen, weglassen, also so eine Art Verschweigungsstrategie (Dass Pinocchio auf Toilette muss, kommt als Element der Geschichte einfach nicht vor). Ich glaube, das Ergebnis wäre harmonischer. Ist natürlich ein Balanceakt, weil du ja die Grundidee nicht gefährden willst, keine "normale" Fantasy schreiben zu wollen.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Hey @linktofink ,

freut mich, dass du vorbeigeschaut hast. Schön zu sehen, dass du immer noch so aktiv bist wie früher :lol:.

Den meisten Kleinkram habe ich von dir direkt übernommen, danke. Da waren einige Flusen drin. Schnell zusammengeschustert war der Text eigentlich nicht, ich denke, ich bin ein wenig aus der Übung.

Tolles Ende auch, nicht weinerlich über die Verluste an Gewissheiten und mat. Dingen, sondern erhobenen Hauptes Richtung Zukunft zu schauen. Und Stolz zu sein, was und wer man ist.

Yes, das war mir wichtig. Bringt ja nichts um das Entdecken einer neuen Identiät, wenn man dann der alten hinterhertrauert. Ich halte einen gewissen Stolz an sich für gesund, auch, wenn das vielleicht seltsam klingt. Aber mit sich, seinem Leben und seiner Arbeit im Reinen zu sein und stolz, aber nicht überheblich auf das zu sein, was man geschafft hat, ist für mich ein essenzieller Knackpunkt davon, glücklich zu sein. Man muss auch mal sagen können: "Was ich mache, ist eigentlich schon ganz in Ordnung". Yarre ist die gesamte Handlung über in einem ganz anderen Mindset; das Ende bietet zumindest den Anhaltspunkt dazu, dass er eines Tages so weit ist.

Das eine ist die Frage nach der Vergangenheit, die ich mir sofort gestellt habe. Hat er sich wirklich nie verletzt und sich dabei über seine besondere Anatomie gewundert? Vor allem, wenn sich die Polymerdeckschicht einfach und schmerzlos wegschneiden lässt? Und wenn er das Schlagen der Kolben in seiner Brust jetzt spürt, warum nicht vorher? Du belässt sämtliche Impulse der Außenwelt, statt Yarre innerlich spüren zu lassen, dass etwas an ihm anders ist.

Der letzte Satz fasst es eigentlich sehr gut zusammen. Aus Yarre heraus kommt der Drang, (s)eine Mutter zu finden. Dass er dabei schlussendlich sein Wesen entdeckt, kommt von außen, nicht von innen. Ich glaube, du hast damit den für mich noch größten Knackpunkt der Geschichte in Worte gefasst. Das war, was mich gestört hatte, aber ich konnte selbst nicht den Finger drauflegen. Ich werde auf jeden Fall noch Peeperkorns Kommentar mitnehmen, dann schaue ich, was man machen kann.

Der nächste Punkt ist, dass Harlan sagt, er hätte keine Ahnung von Biologie, was nicht sein kann, da er ein biomechanisches Wunderwerk vollbracht hat, einen Menschen, der so perfekt gemacht ist, dass niemand merkt, dass es eine Zwergenschöpfung ist. Kann natürlich Tarnung sein, doch dass Yarre ihm erklären muss, wie das mit Maultier und Maulesel läuft, ist schon sehr dick.

Naja, Yarre muss es ihm nicht erklären. Mein Gedanke war, dass Harlan das durchaus gut weiß, aber auch nicht seinem Sohn groß und breit erklären will. Ich sehe Harlan als eine in vielen Dingen begabte Figur, die aber im zwischenmenschlichen ein wenig zögerlich ist und sich nicht mit seinem Sohn über Sex unterhalten möchte. Ich habe die Stelle umgeändert in "nur wenig Ahnung von Biologie". Passt das so für dich?

Der stimmige Gentest kommt ein wenig Deus-ex-Machina-mäßig. Klar fügt der sich gut in den Plot und löst die weitere Handlung aus und doch würde ich da weiter ausholen als die sieben Zeilen. Woher weiß der andere Junge von der Verabredung zum Essen? Und zieht lapidar einen Brief aus der Jackentasche: ach übrigens ...

Hm ja. Ich hatte Angst, dass diese Szene vollkommen ausufert, deswegen habe ich sie bewusst kürzer gehalten. Verstehe aber, dass dieses Level Exposition zwischen Tür und Angel vielleicht falsch untergebracht ist. Mir fällt gerade auf die Schnelle nicht etwas sehr viel besseres ein. Ich möchte schon, dass der Twist am Ende dieses ersten Treffens stattfindet: genau dann, wenn Yarre zum ersten Mal bereit ist, sich auf die beiden einzulassen.

Für mich geht der Duktus bissl auseinander. Wenn ich flapsig schreibe, dass der Kiosk "auf hat" statt geöffnet, kann ich nicht zwei Sätze später "Der Geruch nach Urin ist unumkehrbar in den Asphalt gesickert" schreiben. Das ist mir persönlich zu posh. Da gehört dann was hin wie bspw.: "Es stinkt, die Pisse hat sich in den Asphalt gefressen".
Für die Figur, die du uns vorstellst, ist das zu wohlformuliert.

Gute Punktr, hab ich angepasst.

Schals ist der Plural von den Dingern, schälen ist mehr Abteilung Gemüse und Obst ^^.

Das mit Obst als Kleidung ist so eine Bochumer Tradition ;).

Vielen Dank für den Kommentar! Denke, jetzt habe ich die Richtung klar. Das hat mir inhaltlich auf jeden Fall nochmal den Weg gezeigt.

Liebe Grüße
Meuvind


Hey @Frieda Kreuz ,

Die erste Hälfte fand ich sehr stark, dann wird es mir mit der Katze und dem Bein zu phantastisch. Aber gerade das gefällt bestimmt vielen.

Es ist sicherlich nicht jedermanns, das stimmt. Gerade, da diese beiden Welten zusammenprallen. Das mit der Katze sehe ich allmählich sogar ein wenig ähnlich. Andererseits fand ich einen "kleinen" Yarre als Vorbereitung auf den großen ganz gut. Das etabliert den Twist, verrät aber nicht zu viel. Zumindest so die Idee. Schön, dass du aber trotzdem vorbeigeschaut hast.

Liebe Grüße
Meuvind

 

Hallo @Meuvind

Deine Geschichte hat mir richtig gut gefallen und Urban Fantasy trifft es perfekt. High-Fantasy Rassen aus ihrer "natürlichen" Umgebung zu holen und schön in ein anderes Setting einzubauen, stell ich mir reichlich schwierig vor. Darum ziehe ich erst recht meinen Hut. Ich muss allerdings gestehen, dass ich hin und wieder aus der Urban Fantasy zu einem Cyberpunk-Szenario (ähnlich Shadowrun) gerutscht bin.
Die Dialoge haben für mich auch durch Wegs den richtigen Ton, von ruppig bis zivilisiert. Bei der Schwärmerei über das Segeln hab ich mir ein kleines Arbeiterklassegrinsen nicht verkneifen können.
Ich hab lange gezweifelt, auf was es rausgehen würde. Ich hatte bis zum fehlenden Bein auch immer noch das biologische Wunder im Hinterkopf. Ein cooles Ende, trotzdem würde ich gern mehr aus der Welt lesen.

Zwei Sachen sind mir besonders positiv aufgefallen. Zum einen, dass du nicht den typischen Weg einer solchen Geschichte gehst, in dem der Deus, der Machina irgendeinen seltsamen Grund für ihre Ex-istenz auftischt. Der Grund ist simpel, ausreichend und verständlich.
Zum anderen finde ich es gut, dass du trotz der Thematik, Rassen/Klassen-Differenz, den Verlauf der Geschichte nicht so nah am moralischen Zeigefinger aufbaust.

Aber eines muss ich ernsthaft kritisieren, du drückst dich um die wichtigste Frage herum: Haben jetzt weibliche Zwerge Bärte oder nicht?;)

die rostroten Haare sind zu einem Dutt gebunden. Sie hat mindestens ein Dutzend Ketten um den Hals und in den Haaren eine Sonnenbrille, so versteckt wie ein Vogelnest.

Die Metapher funktioniert in der Anordnung für mich irgendwie nicht. Der Vergleich mit einem Vogelnest ist für mich eher mit dem Dutt logisch, dann wäre die Sonnenbrille vielleicht ein Küken?
Mit der eingeschobenen Erwähnung der Ketten zerstückelst du das Ganze noch zusätzlich.

Dafür wird er selbst auskommen müssen. Ich hab kein Geld für so einen Unfug.“

Aufkommen statt auskommen oder?

die Nase leicht schief
Mann mit der schönen Nase

Mann mit der schiefen Nase oder?

Verpisst euch von meinem Grundstück! Wenn ich dich nochmal hier sehe, schlag ich dir die Kniescheiben aus!“

Ich glaube, der Anatomie der Kniescheibe folgend, dass man sie eher raus schlägt. Oder zerschlägt.

am Rhein,
Kemnader See

Coole Idee, das Ganze in Deutschland spielen zu lassen.

„Ay.“

Aber wieso redet er Englisch/Schottischen Dialekt. Ich find das Klischee braucht die Geschichte gar nicht.

dann legt er den Ton beiseite

Das ist eine seltsame Formulierung, was legt er genau beiseite? Den Suppenteller oder schlägt er einen anderen Ton an?

Altenbochum eine miese Kombination aus der Erkenntnis, man hätte es besser machen können, aber dem Unwissen, wie konkret.

Den Satz hab ich einige Male lesen müssen. Ich glaube mit einem "und" statt einem "aber" ginge er leichter runter.

Dein Vater war letzte Woche nicht beim Schocken.

Das musste ich googeln, macht Sinn, das zu schreiben. Musst du wissen, ob du zugunsten der Verständlichkeit auf das Lokalkolorit verzichten möchtest.

„Papa will dreimal Fiege.

Ähnlich hier, da könnte man auch "drei Flaschen Fiege", oder "drei Fiege Helles" schreiben, dann schnallt auch der Bayer (ich), dass es um Bier geht.


Lass uns kennenlernen.

Komme bissl später

Ist "bissl" nicht fränkisch/bayrisch?

Aber dieses "Lass" im Sinne eines Vorschlags ist wieder aus dem Ruhrgebiet, zumindest kenn ich es daher.

sie riecht nach Lavendel und Süßholz

Ich weiß, was du meinst. Nur in Anbetracht des Bildes, das du von Altenbochum zeichnest und wie ich die bisherige Herkunft des Protagonisten empfinde, find ich es befremdlich, dass er Lavendel und Süßholz aus einem Parfum heraus riecht.

Ich ignoriere, dass der Sesamburger mit Süßkartoffel-Pommes

Als du angefangen hast mit den Preisen in der Speisekarte, war ich sofort bei Steaks in allen möglichen Formen ... oder Braten,... aber Sesamburger mit Süßkartoffel-Pommes in einer "typischen Altenbochumer Eckkneipe" bestellt von einem Pseudo-Zwerg, das bekomm ich nicht zusammen. Zumal auch die Atmosphäre auf mich mehr kietzig wirkt.

„Hey“, sagt er. „Sorry, ich wollte nicht groß stören, ich, uhm …“, er zieht einen Brief aus der Jackentasche. „Ich hab Post bekommen. Der Test ist da.“

Wir treten zusammen hinaus; es regnet. Ruben bietet an, mich nach Hause zu fahren, aber ich lehne ab. Ich will einfach nur weg. Ich hebe die Hand zum Abschied. Sophia und der Junge umarmen sich; sie sieht nicht einmal auf, als ich gehe.

Was ist da gerade passiert? Bei dem Ende finde ich es nicht nötig, hier so wage zu sein. Und ich finde es komisch, dass der echte Sohn mit dem Testergebnis auf einmal aufkreuzt. Wieso sollte das Paar ihm sagen, wo sie sind?

"Hey potenzieller Sohn, wir gehen heute mit einem anderen Kandidaten da und da essen."

Da die Frau ja erwähnt, dass sie schon länger suchen und schon einige Tests gemacht hat, wäre evtl. eine Whatsapp/SMS die harmonischere Lösung dieser Situation.

Liebe Grüße
The Dead Frog

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Meuvind

Ein klassisches Thema, Identitätsfindung in jungen Jahren, eingewoben in einer fantastischen Welt, wo Zwergen und Menschen in geschäftsmässigem Nebenenander, und ein Miteinander eher die Ausnahme bildet. Die Geschichte kommt leichtfüssig daher, das Setting entfaltet sich automatisch, die Protagonisten mit stilsicherer Feder gezeichnet, die Dialoge stimmig und die Stimmlagen passend.
Meuvind, eine wahrlich schöne Geschichte ist dir hier gelungen, die mich mit deinem Protagonisten mitfiebern lässt. Du zeigst Sehnsüchte und Erwartungen bei Jung und Alt, sowie einen prägenden Fakt zum Ende hin, was der Geschichte eine halb erahnte, aber folgerichtige Wendung beschehrt. All das hat mich tief hineingezogen und ich würde gerne noch länger in dieser Welt verweilen und die Abenteuer von Geppetto und Pinocchio ... verzeih, von Harlan und Yarre erleben. Das Nachleuchten der im Kopf entstandenen Bilder zeugt von Eindringlichkeit deiner Erzählung. Du siehts, ich bin absolut begeistert und finde die Empfehlung mehr als verdient.


Vielleicht stoppt sie, wenn …
„Yarre!"
Ich werde schneller.
„Bleib stehen. Bitte.“
„Was?“, rufe ich und stoppe. „Was wollt ihr von mir?“
„Reden“, sagt die Frau; sie stolpert näher. „Nur reden.“
Stoppen und Stolpern tauchen im Text gefühlt an jeder Ecke auf.

Sind Sie so was wie ein Arzt?“
„Komponist.“
:D

Wenn ich mitkomme“, sage ich, „und mir anhöre, was ihr zu sagen habt, lasst ihr mich dann in Ruhe?“
Das warf mich kurz raus. Er geht ja nicht sofort mit, sie haben sich für später verabredet.

Was mache ich denn hier, denke ich, und bleibe stehen. Ich habe zugesagt, damit die Fragerei ein Ende hat; jetzt ist es keine fünf Minuten her, seit ich Sophia und Ruben das letzte Mal gesehen habe, und mein Kopf versucht bereits, sie in mein Leben einzufügen. Sie sind Fremde.
Aber das müsste nicht so bleiben.
Und zum ersten Mal in meinem ganzen Leben keimt in mir ein Gefühl auf, für das ich noch gar keinen Namen hab; es fühlt sich an, als hätte sich der Boden zu meinen Füßen in Luft aufgelöst, alle Gewissheiten zerstreut. Wer sagt denn, das Harlan wirklich mein Vater ist?
Hör auf, so was zu denken, sage ich mir.
Aber wer verbietet es mir? Wäre ich wirklich überzeugt, warum nehme ich den Gedanken dann so gerne an? Der Zweifel kommt nicht von außen; er war schon immer da.
Mir wird schwindelig. Ich will nicht mehr denken
Mag ich. Ein absolut stimmiger Absatz, in dem soviel Erkenntnis, wie auch neue Fragen stecken, die einem jungen heranwachsenden Burschen halt so zu schaffen machen.

Zwei andere in Blaumännern stehen auf Klappleiter und
Klappleitern

Yarre“, sagt er und stoppt.
Auch hier wieder ein Stoppschild. ;) Ich finde, weglassen würde das Stoppen automatisch auslösen; kommt ja nichts mehr nach "Yarre".

Komme bissl später, schreibe ich Sophia, lösche das zweite Wort und tippe stattdessen bisschen ganz aus. Ich will nicht, dass sie mich für ungebildet hält.
Sehr fein gezeichnet.

Biergeruch klebt an der Oberfläche
Ich finde hier Kleben ein zu starkes Verb für Geruch. Vielleicht verströhmt das Möbel diesen Bierdunst.

In meinem Kopf taucht Papa auf, wie er mir die Hand auf den Arm legt; wie er bittet, ihn nicht zu vergessen.
Das Geschwärzte weglassen, das lief bereits in meinem Kopf ab.

was sie mir da erzählt, solange sie nur nicht stoppt.
Evtl: ... nur nicht aufhört, ... nur weiterredet, o.ä.

Frage ist,“, sagt Ruben,
ein Komma zuviel

„Aber wieso ich?“, frage ich. „Wie kommt ihr ausgerechnet auf mich?“

Ich denke an die Zwergeknirpse, die früher Rumpelstilzchen an unsere Hauswand gesprayt haben.
Herrlich.

Außerdem geht es darum heute nicht“, sagt Sophia und streicht sich über das Kleid. „Also, erzähl von dir.“
Holpert mMn, vielleicht: „Darum geht es heute ja auch garnicht“, ...

Es springt vom Schoss und setzt sich vor mir hin; das Maul öffnet sich.
Bin ich unsicher, aber Gefühl sagt 'vor mich hin'.

Die Stimme erlischt; die Katze schließt das Maul.
Das hört sich an wie wenn da ein Grundton dabei wäre, wie ein "Tonbandrauschen", das nun aufhört.
-> Die Katze verstummt und schließt das Maul.
Und wenn es mit dem Strichpunkt sein soll: Die Katze verstummt; das Maul schließt sich.

Die Hose ist trocken
So schnell? Das warf mich raus. Und ist das ein Grund, dass er sich erhebt?

Ich ducke mich unter dem Brett hinweg und ramme ihm die Faust in den Kiefer.
Das stelle ich mir schwierig vor, sich als Mensch noch unter den Schlagbereich eines Zwerges zu ducken.
'Ich weiche dem Brett aus und ramme ...'

An zwei Seilen hängt ein junger Mann; die Schultern sind hochgezogen, der Kopf baumelt hinab, wie ein Raubvogel mit ausgebreiteten Schwingen.
Wie kann er sich bei diesem Winkel im Spiegel betrachten?

Du du hast einen Menschen gebaut,”, zischt er, „einen Menschen! Bedeutet es dir gar nichts, Zwerg zu sein?
Ein Komma zuviel und, ich wünschte mir zwischen den beiden "Menschen" eine Kunstpause:
'Du du hast einen Menschen gebaut”, zischt er. „Einen Menschen! Bedeutet es dir gar nichts, Zwerg zu sein?'

Ich möchte weinen, aber der Beutel mit Tränenflüssigkeit fehlt noch immer.
Herrlich, das sind so die subtilen Einsprengsel, die ich am Text so mag.

Also, wohin geht’s?”, fragt Papa.
„Nach Norden”, sage ich. Ich will das Meer sehen.
Und Ende, den Rest brauchts gar nicht mehr, aber das ist definitiv Geschmacksache. Und eigentlich möchte ich ja, dass es noch lange so weitergeht ... :)

Vielen Dank für die tolle Geschichte.
Liebe Grüsse, dotslash

 

Hallo Meuvind,

absolut verdient - ich habe in den 70ern viele SF und Fantasy gelesen - hier allerdings weniger, weil bei (fast) allen die Klischees bedient wurden, oft Kopien von Netflix und Co. - Ich weiß, harte Kritik, aber das ist nun mal meine Empfindung.
Auch Du hast ein bisschen Frankenstein mit den sieben Zwergen gemixt - nix Neues, aber WIE du es gemacht hast ist großes Kino. Genüsslich zu lesen, eingängig, kein Wort zu viel und doch mit einer Spannung, die pures Lesevergnügen bereiten. Jede Figur bleibt glaubwürdig, auch als plötzlich das Bein fehlte war da kein: Nee, jetzt ist es zu dick aufgetragen ... Du bleibst dicht dran, immer im Geschehen und nachvollziehbar. Gesellschaftliche Zusammenhänge, familiäre Situationen, Gefühle - alles wohl dosiert und vorhanden. Selbst dem Roboter nimmt man die Gefühle für eine Sehnsucht nach der Mutter ab - das muss Dir erst mal einer nachmachen. Du bist ein Beweis dafür, wie wundervoll (Kunst!) Schrift sein kann.
Liebe Grüße
Detlev

 

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