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Persianas

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10.09.2014
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Persianas

Ich höre das Schließen der Haustür, Schritte auf dem Flur. Auch Rosita, meine Frau, sieht erwartungsvoll vom Rechner auf, doch Yago kommt nicht herein. Nach einer Weile gehe ich zu seinem Zimmer und klopfe. Er öffnet, umwabert von blauen Schwaden, und raucht wie der Teufel.
„Uh, dicke Luft“, sage ich. Keine Antwort. „Na, raus damit“, bohre ich, „was ist los?“
Er druckst herum, will etwas sagen, bricht wieder ab. Ich versuch’s noch mal: „Ich dachte, wir kennen uns?“
„Ach, papá, ich komm mir vor wie ...“ Er weiß nicht weiter, greift wieder zu den Zigaretten.
Ich halte seine Hand fest, lasse nicht locker: „Wie was?“
„Wie ein Arsch. Entschuldige, aber ich werde verarscht. Das ist doch alles fake, was da läuft!“
Dann kommt er in Fahrt: „Die finden meine Zeugnisse, die Diplome, alle ganz toll. Erzählen von Möglichkeiten, Perspektiven, großartigen Plänen mit den neuen Techniken, alles Mögliche – aber dann kommt: ‚Ja, im Moment ...’, im Moment sei es nicht ganz einfach, ich müsse verstehen und diese ganze Sülze. Ich kann’s nicht mehr hören, und ich will’s auch nicht. Basta!“
Noch mehr blaue Wolken, ich huste, vielleicht ein bisschen übertrieben. Sollte besser nicht den Zeigefinger heben, war selbst ein schlechtes Vorbild. Hab erst aufhören können, als der Stress in der Firma nachließ.
Ich könnte ihm raten, nach Australien zu gehen, aber das möchte ich mir nicht antun.

„Darf ich mal, Señorita?“, frage ich. Sie dreht sich zu mir und macht eine einladende Bewegung: „Aber natürlich, bitte sehr!“ Was für eine hübsche Frau! Und das Tollste: „Mein Herr“, fügt sie lächelnd hinzu. Wieso denke ich jetzt an Tango?
Ich steige über eine Folienrolle und passiere Malerin und Farbeimer. Mein Anzug bleibt ohne weiße Spritzer und ich charmiere: „Danke, sehr freundlich.“ Das scheint mir zu knapp. „Dass so eine hübsche Frau wie Sie in diesem Beruf arbeitet ...“ Sie hebt die Schultern bis auf Ohrenhöhe, zieht die Mundwinkel nach unten, hat plötzlich viele Falten auf der Stirn. „Das Leben ...“, sagt sie, eher heiter als verbittert wie jemand, der jedes Wetter verträgt.
Ich winke ihr noch mal zu wie ein alter Freund, muss beiseite treten, weil ein gewaltiger Tisch hereintransportiert wird.
Der Lärm der Straße trifft mich fast körperlich. Nimmt der Verkehr weiter zu oder bin ich empfindlicher geworden?
Aber da kommt auch schon der Bus.

Meine Firma, also die, in der ich arbeite, wird ‚abgewickelt’. Mit vorbildlichem Sozialplan, das haben sie dick unterstrichen.
Die oberen Chargen bekommen großzügige Abfindungen – die gängige Regel. Den anderen vermittelt man Umschulungsprogramme oder schickt sie in Frührente. Adiós, weg mit euch!

Wir werden den Gürtel enger schnallen müssen. Plötzlich ist das keine Phrase mehr.
Gott sei Dank haben wir unsere Wohnung, die kann uns niemand nehmen. Seit Generationen wohnt meine Familie hier. Das sind Räume, keine Zimmer. Großzügig und hoch, Stuck an den Decken, zweiflügelige Türen, Balkon – eine Bastion im Tumult der Millionenstadt, unser Palast im Kleinen. Mit diesen Persianas, altmodische Fensterläden in Eisenschienen, die man von der Mauer abgespreizt ‚halbhoch’ stellen kann für diese einmalige Mischung aus Licht und Schatten. Zur Siesta ein fabelhafter Ort; um nichts in der Welt würde ich das hergeben. Ein Lichtspiel entsteht, keiner Welt zugehörig, melancholisch. Zwischen Schemen und Zwielicht entstehen großen Dramen, es überkommt einen das Gefühl, man könne die Schatten manipulieren, hell gegen dunkel ausspielen, Unangenehmes verschieben, gar in Luft auflösen – als Herr der Welt oder ihr Opfer, in der Angst, abzugleiten, den Verstand zu verlieren, auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein.

Rositas Kraniche in zarten Farben schwingen vorm Fenster auf und ab. Sie lässt mich samstags ausschlafen, ist schon früh zur Post gefahren, um die Bestellungen der Woche aufzugeben. Es sind viele Päckchen, doch die sind federleicht. Sie hat aus ihrem Hobby ein Geschäft gemacht und verschickt ihre Origami-Mobiles in alle Welt. Millionärin wird sie damit nicht werden, doch ihr Zuschuss in die Familienkasse findet immer Verwendung.
Wir reden von Familienkasse, auch wenn Yago nur herausnimmt, ohne etwas beizusteuern. Vierzig Prozent Arbeitslosigkeit bei den jungen Leuten! Ein Wahnsinn. Wie sollen die einen Hausstand gründen, wovon Kinder großziehen? Was passiert mit Spanien? Dazu kommt, dass die Besten abhauen, in Länder, wo es eine Chance gibt. Aber Yago will bleiben, obwohl er mit Englisch keine Schwierigkeiten hat. Sein Herz sei hier, in Barcelona, mit der sich keine andere Stadt messen könne; in Katalonien, dem besten Land der Welt, das Rest-Spanien mit durchfüttern müsse – er redet wie ein Alter.
Ich verstehe seine Verzweiflung, sehe mit Sorge, dass die separatistische Idee anfängt, ihm zu gefallen. Im Katalonien von heute, sagt er, könne er höchstens in der Gastronomie jobben.
Touristen gäbe es jedes Jahr mehr, und die könnten dann tolle Selfies machen mit dem katalanischen Kellner Yago, oder dem Pizzabäcker Yago, oder dem Barkeeper Yago. Aber er habe Elektrotechnik studiert.

Konfetti wie bunter Schnee und Girlanden. Kerzen und Teelichte brennen schon, nur der Wein will nicht gefallen, der ist grausam. Vale – sagen wir bäurisch. Bin auf Bier umgestiegen. Zwischendurch diesen Medronho, saugefährlich. Tiago, Portugiese unter uns Katalanen, schenkt großzügig den Schnaps seiner Heimat aus, von Baumerdbeeren, wie er erklärt. Schmeckt hervorragend zu Lauchzwiebeln a la plancha, mit Meersalz. Auch zu Tortilla, zu Pulpo.
Dieses Nachbarschaftsfest feiern wir seit 1988. Einer der alten Herren, ein Lehrer, glaube ich, hatte die Idee dazu, weil man sich vom Ansehen her kannte, sonst aber nicht. Und seitdem geht das so. Ich hab einen sitzen, meine Frau hat rote Bäckchen und ergibt sich dem Redefluss der Frau Díaz. Und staunt, dass mich Rosanna Martín bei der Damenwahl holt. Dabei wäre das Staunen bei mir. Oder betreibt die auch heute Parteiarbeit, bekommt ein Kopfgeld von 5o.ooo Peseten für jedes neu geworbene Mitglied. Peseten! Ich bin wirklich besoffen.
Mit Juanita Rodriguez würde ich ein Tänzchen wagen, aber die ist in durchtrainierten Armen.
Erdbeeren vom Baum! Ich winke meiner Gattin.
Die winkt zurück, mit Grimassen, wie in Taubstummensprache: Ich will noch bleiben! Ich neige den Kopf, senke Lider und Hände, sie versteht.
Plötzlich stehen junge Leute am Geländer, einige müssen sich festhalten. Yago ist auch dabei, als Dolmetscher, vermute ich. Ein bunter Haufen, er hat viel zu tun.

Es geht mir nicht gut. Yago öffnet die Tür. „Kaffee gefällig, vielleicht mit Schuss?“ Ich finde nichts Passendes, was ich nach ihm werfen könnte und sage mit pelzigem Mund: "Mein lieber Sohn, dein alter Vater ist sehr krank." Und was sagt der aufmüpfige Knabe? „Könnte die Medronho-Krankheit sein.“
Jedenfalls ist die Ruhe dahin, es kommt sogar Neugierde auf: „Wer waren denn die gestern?“
„Na Touristen, wer sonst?“
„In unserem Viertel. Um diese Zeit?“
„Wieso? Die wohnen hier.“
„Ach nee. Und wo genau?“
„Na‚ ’n paar bei Rull, die anderen, wo früher Señora Vici wohnte.“

Im Innenhof toben Bagger und Baumaschinen, die Sonnenstrahlen werden geknickt wie im Sandsturm, vom Lärm gar nicht zu reden. Wir müssen die Fenster geschlossen halten.
In kurzer Zeit wurden sieben Wohnungen geräumt und neu eingerichtet. Die Männer unten im Hof sind Spezialisten – in wenigen Stunden fügen sie die Puzzles des Swimming Pools aneinander. Schon am Abend ist das Becken gefüllt, mittelmeerblau, mit silbernem Delfin.

Fröhliches Gekreische wird von den Wänden als Dreifachecho zurückgeworfen, ein Fettwanst erklimmt das Geländer und klatscht wie ein Wal aufs Wasser. Eine Detonation! Begeistertes Gebrüll und Applaus. Señor Alvarez, in dessen Parterre-Wohnung jetzt Globetrotter logieren, hat den Flur abgetrennt und zur Minibar umfunktioniert. Gejohle und das Scheppern leerer Bierdosen bestätigen seine Geschäftsidee.
Wir halten die Fenster geschlossen. Nach zwei wird es dann stiller.

Rosita stellt Biskuits neben meinen Kaffee. „Ach, wie aufmerksam, liebes Weib“, sage ich und berühre sie unsittlich. Ich finde es großartig, wie sie auf ihre Figur achtet.
„Ich kann nicht anders, es sind die Gene“, flunkert sie und zwinkert wie verrückt.
„Die personifizierte Fürsorglichkeit, stimmt. Bei mir ist es die Ritterlichkeit - ich würde mich jederzeit schützend vor dich stellen! Drachen, Dinosaurier – die hätten alle keine Chance.“
Sie setzt sich neben mich und legt ihre Hand auf meinen Arm, dann sagt sie: „Da hättest du jetzt viel zu tun. Am dringendsten wäre Schutz vor diesem Dauerkrach – Frau Díaz hat mit denen schon gesprochen, aber ohne Erfolg. Die sagen, für ihr Geld wollen sie Spaß, den Rest des Jahres müssten sie härter arbeiten als die Spanier.“
„Ja“, sage ich als Patriot, „das müssen Katalanen auch.“ Ich muss mir auf die Zunge beißen, um nicht zu sagen: ‚Sofern sie Arbeit haben.’

Es macht mächtig Bum-Bum. Immer so. Monoton. Bum-Bum. Das hört nicht auf, ist ein persönlicher Angriff. Ich höre das seit Mittag. Ich will es verdrängen, doch ist es, als ob ich extra hinhören müsste, um meinem Zorn neues Futter zu geben.
Ich geh rüber, klopfe. Nichts rührt sich, nur Bum-Bum.
Irgendwelche Substanzen scheinen in mein Hirn zu schießen, während ich aufgebracht und bebend vor Wut so lange klingle, bis die Tür aufgerissen wird. Ich muss den Kopf heben, um diesem Koloss in die Augen sehen zu können.
„What the fuck do you want?” Es riecht ein bisschen süßlich und ein bisschen nach Bier.
„Habla español?“, frage ich.
„No.“
“Not good. Your music is horrible. Switch it out. Now!“
Er meint, ich mache Witze. Zu Spanien gehöre Musik.
„Yes”, sage ich, “but only if party. Here we live and sleep.”
Ja, sagt er, das würden sie auch – hier leben, schlafen und Party feiern. Und ich solle mich zurückziehen; einen fürchterlichen Ausdruck hat er dazu gebraucht.

Rosita und Yago räumen die Leseecke auf, ich stoße zufällig zu ihnen. „Keine Sorge“, sage ich, „will nicht mithelfen, will nur Kriegsrat halten.“ Langsam drehen die beiden ihre Köpfe in meine Richtung und erheben sich. „Kriegsrat?“, vergewissert sich meine Frau.
„Je nun, kleine Lagebesprechung. Um es kurz und bündig zu sagen: Wir sind knapp bei Kasse. Ich krieg jetzt ein Drittel weniger.“
Yagos Finger riffeln über den Lederrücken eines dicken Wälzers, er schweigt.
„Diese Wohnung ist attraktiv, unser Viertel ist attraktiv. Der Tourismus boomt. Wir müssten verrückt sein, eine Luxuswohnung zu bewohnen und dabei jeden Cent dreimal umzudrehen.“
Rosita vergleicht unsere Stadt mit Venedig: immer mehr Fremde und die Preise steigen.
Ich komme zum Thema zurück: „Unsere Wohnung ist unser Eigentum, doch auch, wenn wir nicht den Ärger mit den neuen Umständen hätten, können wir nicht feudal wohnen und trocken Brot essen. Wir brauchen mehr Geld, und das geht nur, wenn wir an Reisende vermieten.“ So amtlich-steif rede ich nur bei ernsten Angelegenheiten.
„Also?“
„Tante Laias Haus steht leer. Das hätte die richtige Größe und ist ruhig gelegen. Und im Bach gibt's Forellen.“
„Forellen?“, wirft Yago ein, „Willst du das schönreden? Wir waren doch schon mal dort, als uns diese blöden Schnaken tyrannisierten; da ging ich noch zur Uni. Und die ganze Gegend ist furchtbar – Schafe und Ziegen, weiter nix.“
„Es ist Natur“, versuche ich die Idee zu retten. „Während ich hier in den Straßen an Abgasen fast krepiere, hab ich dort allerbeste Luft. Und Ruhe. Kein Lärm, kein Stress – das sind große Werte heutzutage. Siehst es ja selbst.“
Rosita bleibt still, also muss ich das mit Yago weiterdiskutieren. Leider finden wir keinen gemeinsamen Nenner.
Aber Irrtum! Wir haben einen gemeinsamen Nenner: das verdammte Geld.

Ich beneide meine Frau um ihre Kreativität. Die neue Koi-Serie wird garantiert ein Hit.
Bei mir klappt es mit der Umstellung noch nicht so gut. Rosita patscht mir einen nassen Kuss auf die Wange und sagt, das werde sich schon ergeben, nur Geduld.

Mit fürchterlichem Gesicht kommt Yago in die Küche. Ich will ihm Kaffee einschenken und sage: „Mal sehen, ob der dich versöhnt mit der Welt.“
„Ich scheiß auf die Welt“, höre ich. „Will keinen Kaffee.“
Ich halte es für unangebracht, darauf etwas zu sagen. Aber er kommt von selbst: „Hätte ich statt auf die Uni zu gehen, gleich nach der Schule gekellnert, dann brauchte ich euch nicht zur Last fallen. Endimar baut jetzt kräftig Stellen ab, UTTP haben die Chinesen kassiert. Vom Terminal hab ich auch eine Absage. Von Juan weiß ich, dass noch nicht mal die Taxizentrale Leute sucht.“
Ich nehme mir schweigend Kaffee.
„Die stellen lieber Schwarze ein, die sind nicht in der Gewerkschaft“, sagt er resigniert. Er presst die Fingerspitzen aneinander und sagt: „Bin pleite“.
Ich klopf ihm derb auf die Schulter: „Na, na – einen Notgroschen haben wir ja noch.“
„Aber das ist doch kein Zustand!“, fährt er hoch, „Und Ricardo, dieses dumme Schwein, macht noch Witze ... mit Hotel Mama und so.“

* * *

Wir kombinieren das Beste ausTante Laias Einrichtung, die etwas aus der Zeit gefallen ist, mit unseren Stücken; Rosita hat ein Händchen für diese Dinge.
Ich will den Garten verändern, vorm Haus eine Akazienallee pflanzen, den Bach anstauen, mit Findlingen vielleicht – jedenfalls haben wir Beschäftigung und vermissen die Stadt überhaupt nicht.
Die ist oft nur Illusion – Schaufenster zum Gaffen, tausend Cafés und Restaurants, die auf Gäste warten, Hast und Werbung. Ein Streifzug durch die Tapa-Bars kostet mittlerweile ein Vermögen.

Ich sitze unter der Pergola und blättere in einem Gartenkatalog. Rosita und Yago treten vors Haus und ich mache, ohne aufzuschauen, eine einladende Handbewegung: „Bitte Platz zu nehmen.“
Yago hüstelt gekünstelt und sagt: „Das hatte ich eigentlich nicht vor.“
Jetzt erst sehe ich, dass er Anzug trägt, in den Händen einen kleinen Koffer und den Laptop. Ich bin perplex, doch er kommt mir mit der Erklärung zuvor: „Ich konnt’s dir gestern Abend nicht sagen. Weiß auch nicht warum. Auf der Werft in Girona hab ich’n Job in Probezeit, ich fahr mal hin. Vielleicht wird’s was.“
„Ja, Mensch, Junge!“, freue ich mich, „das ist doch ’ne gute Nachricht! Ich drück dir ganz fest die Daumen.“ Wir umarmen uns ohne Sentimentalitäten, vielleicht einen Augenblick zu lange, das mag schon sein, aber doch sehr männlich.
Er schließt seinen wackeligen Seat auf und ruft: „Ich sag euch Bescheid. Bleibt gesund!“
Der Anlasser leiert, dann springt der Motor an.
„Der Junge macht’s richtig“, sage ich zu Rosita.
Die streicht mir über den Rücken: „Ja, natürlich.“
„Warum so kurz angebunden?“
„Ach, iwo!“, erwidert sie, „Bin nicht kurz angebunden. Ist doch prima, dass er dort eine Chance hat. Ich dachte nur für einen Moment, ob er sich so intensiv um eine Stelle bemüht hätte, wenn wir in der Stadt geblieben wären.“
Meine Frau! „Oh, mi Querida!“, raune ich ihr bewundernd ins Ohr, “Du hast wirklich den totalen Durchblick.”

Die Hortensien lassen die Köpfe hängen, ich sollte mich um sie kümmern, doch die Schnaken nerven mich so gewaltig, dass ich zum Haus zurückgehe. Ich schlüpfe fix durch die Tür, damit sie mich nicht verfolgen und schließe vorsichtshalber die Fenster. Dann suche ich mir einen bequemen Sessel.
’Mit Persianas wäre das Haus hübscher’, denke ich beim Einnicken, da ruft Rosita aus dem Flur: „Rate mal, wer uns geschrieben hat!“
„Der Weihnachtsmann“, antworte ich etwas dröge.
„Ach Quatsch, Frau Diaz hat geschrieben.“
„Neue Rechnungen? Sag schon, um wie viel geht es?“
„Ganz falsch – wir sind zum Nachbarschaftsfest eingeladen!“

Natürlich fahren wir hin. Rosita, die ich gern mit offenem Haar und Pulli sehe, hat sich als Dame geschminkt, ich erscheine ohne Krawatte. Frau Díaz breitet die Arme aus und gibt sich erfreut. Ihr Enkel Javier mit seiner amerikanischen Freundin managt den Abend. Die Musik ist sehr, sehr fremd, aber auch sehr, sehr schön. Doch jetzt weiß ich, was mich irritiert: Ich höre wenig Katalanisch, nicht einmal Spanisch.
Französisch filtere ich heraus, und Italienisch, Englisch sowieso. Die Stimmung ist toll, Javier bringt uns zwei Kupferbecher Moscow Mule, dazu Pulled Pork und Cheeseburger.
Katalanen machen den Mund nur beim Palavern ganz weit auf, doch mit dieser Fähigkeit schaffe ich auch dieses Ungetüm. Mein erster!
Rosita nippt misstrauisch an ihrem Drink, ich kenne dieses Zeug auch nicht. Doch schon beim zweiten Schluck sind wir überzeugt – ja, einen vertragen wir noch. Auch das Essen macht Freude, sie haben viel Frisches mit hineingepackt, dass es knackt und ‚crasht’, wie Jaime sagt. Vergessen sind viele lieblos servierte Tapas vergangener Tage.

Ein Bild von einem Mann spricht meine Frau mit ‚Mäem’ an, zeigt auf die Tanzfläche. Sie schaut fragend zu mir, ich sage ‚Àndale!’ und angle mir die ehrwürdige Frau Diaz. Möchte mich für die Einladung bedanken. Halb im Scherz bitte ich zum Tanz, doch sie führt mich lieber zu den wenigen verbliebenen Nachbarn.
Clarke Gable hat meine Frau wieder freigegeben; Jaime legt ‚Guantanamera’ auf. Rosita schaut mich anders an als sonst, ich halte ihrem Blick stand, dann legt sie den Arm um mich, ich umfasse ihre Taille, sie macht den ersten Schritt, ich folge, Drehung, wir gleiten übers Mar Catalan, vorbei an Felsen, Palmen, weißen Häusern mit Persianas und einem kleinen rostigen Seat. ‚Yo soy un hombre sincero!’, schreie ich, und ‚Yo te amo, Rosita!’ Um uns herum sind fast alle aufgestanden, klatschen und singen mit. Wir feiern die beste Party unseres Lebens.

 

Hola @josefelipe,

deine Frequenz ist ja beachtlich … :D

Die finden meine Zeugnisse, die Diplome, alle ganz toll
Komma Nr. 2 weg.

Ich könnte ihm raten, nach Australien zu gehen, aber das möchte ich mir nicht antun.
Mittlerweile ist es eher etwas Besonderes, nicht durch Australien oder Neuseeland zu travelen.

„Ich scheiß auf die Welt“, höre ich, „Will keinen Kaffee.“
will klein.

Hätte ich statt auf die Uni zu gehen, gleich nach der Schule gekellnert, dann brauchte ich euch nicht zur Last fallen
bräuchte

Ich sag mal: Challenge-Thema im Sinne von "die Koffer packen" erfüllt. Schön zeigst du die Problematik des Airbnb-Tourismus im krisengeschüttelten Spanien. Die Städter weichen, können sich das Leben in ihrer Stadt nicht mehr leisten. Hinzu kommen Entlassungen und Jugendarbeitslosigkeit, Familien und Strukturen zerfallen, da hilft auch kein Origamifalten.
Und dennoch: Es gibt sie noch, die Feste, für einen Moment sind die Sorgen vergessen und manche crashigen Burger schmecken sogar besser als die lieblosen Tapas. Mit den neuen Bewohnern des Viertels lässt es sich gut feiern, und doch reichen sie nicht heran an die Originale, die im Zweifel so richtig auftrumpfen.
So verhält es sich auch mit den Persianas, der überaus geschätzten, endemischen Form des Sonnenschutzes, die ein charakteristisches Zwischenwelt-Licht bedingen und an die speziellen Lebensbedingungen bestens angepasst sind. Altmodisch und schwer verzichtbar, wie die Bewohner der Viertel.
Wie immer, wenn es um Essens und Feiern geht (sieht man von den Tentaklern einmal ab :D) lieferst du eine atmosphärisch dichte Geschichte, die ich gerne gelesen habe.

Peace, linktofink

 

Hallo @josefelipe,

eine Reise durch die Probleme in einer (spanischen) Großstadt, die sich steigenden Preisen ausgesetzt sieht. Ein hochaktuelles Thema, erzählt anhand einer Familie, die sich dann aufs Land flüchtet und dort versucht, glücklich zu werden, was aber eher für die Alten möglich scheint und nicht für den Jungen, der dann ja auch flüchtet.

Mir hat der Text gefallen, auch wenn Du aus meiner Sicht noch ein wenig kürzen könntest, denn zwischendurch habe ich mich beim Überfliegen erwischt. Andererseits mag ich den Schreibstil, es muss ja nicht immer alles schnell und kurz daherkommen, was natürlich leichter ist, wenn man gerade die Muße hat, sich darauf einzulassen.

Einen kleinen Wermutstropfen habe ich dann doch noch. Die Lösung in der Form aufs Land zu ziehen, ist natürlich nur für die möglich, die über ein Landhaus verfügen und damit eher zur vermögenden Schicht gehören und deren Schäfchen trotzdem irgendwie im Trockenen steht, auch wenn der Stall vielleicht alt und klapprig ist.

Was machen aber die, die diesen Luxus nicht haben? Andererseits, wenn Du die Antwort auf diese Frage hättest, wärest Du vielleicht Politiker und nicht Autor.

Gruß
Geschichtenwerker

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber José,

deine Akteure wirken auf mich authentisch und sympathisch. Du greifst mehrere aktuelle Probleme der Barcelonès auf, verwebst sie im Alltag einer Familie, die versucht ihren Weg im Wandel zu gehen. Dass die einzelnen Absätze immer neue Szenenbilder zeigen, hat mich erstaunlicherweise überhaupt nicht gestört. Im Gegenteil, ich genoss die verschiedenen Einblicke in ihr Leben.

Ein paar Gedanken zu Textstellen:

Er macht die Tür auf, umwabert von blauen Schwaden, und raucht wie der Teufel.
Gestrichenes empfinde ich als redundant.

„Ach, papá, ich komm mir vor wie ...“
Papá wirklich klein geschrieben?

„Ehm – wie ein Zirkuspferd,
Mir ist „Ähm“ geläufiger.

dass es nicht einmal einen Wagen ziehen kann.“ Dann kommt er in Fahrt:
Das sind zwei so ähnliche Bilder, direkt hintereinander, die aber gar keinen Zusammenhang haben sollten, oder?


Die finden meine Zeugnisse, die Diplome, alle ganz toll
Komma Nr. 2 weg.
Echt? „die Diplome“ ist doch der erklärende Nebensatz, dass es sich bei den Zeugnissen um Diplome handelt, führt also keine Auflistung weiter.


„Darf ich mal, Señorita?“, frage ich. Sie dreht sich zu mir und macht eine einladende Bewegung: „Aber natürlich, bitte sehr!“ Was für eine hübsche Frau! Und das Tollste: „Mein Herr“ fügt sie lächelnd hinzu. Wieso denke ich jetzt an Tango?
Ich steige über eine Folienrolle und passiere Malerin und Farbeimer. Mein Anzug bleibt ohne weiße Spritzer und ich charmiere: „Danke, sehr freundlich“. Das scheint mir zu knapp. „Dass so eine hübsche Frau wie Sie in diesem Beruf arbeitet ...“ Sie hebt die Schultern bis auf Ohrenhöhe, zieht die Mundwinkel nach unten, hat plötzlich viele Falten auf der Stirn. „Das Leben ...“, sagt sie, eher heiter als verbittert wie jemand, der jedes Wetter verträgt.
Die sind so reizend zu- und miteinander. Ich liebe die beiden. :herz:

Aber da kommt auch schon der Bus.
Aber Irrtum!
„Aber das ist doch kein Zustand!“
(ziemlich wertfreier) Fun fact: „aber“ hast du 14x im Text. Das Ausrufezeichen benutzt du 19x, den Gedankenstrich 20x.


Zur Siesta ein fabelhafter Ort; um nichts in der Welt würde ich das preisgeben.
„preisgeben“ hat sowas von ein Geheimnis verraten. Vllt. „hergeben“?


Sein Herz sei hier, in Barcelona,
:shy: Versteh ihn gut.

mit der sich keine andere Stadt messen könne;
Gut, er war anscheinend noch nicht in Berlin. :D


in Katalonien, dem besten Land der Welt, das Rest-Spanien mit durchfüttern müsse – er redet wie ein Alter.
Hast du schön alles untergebracht. Und durch den Nachsatz nimmst du das Oberlehrerhafte. Ich hätte ganz gern früher ein, zwei Hinweise gehabt, in welcher Millionenstadt die Geschichte spielt.

Im Katalonien von heute, sagt er, könne er höchstens in der Gastronomie jobben.
Touristen gäbe es jedes Jahr mehr, und die könnten dann tolle Selfies machen mit dem katalanischen Kellner Yago, oder dem Pizzabäcker Yago, oder dem Barkeeper Yago.
Les Rambles (Die katalanische Schreibweise ist beabsichtigt), bäh.


Zwischendurch diesen medronho, saugefährlich. Tiago, Portugiese unter uns Katalanen, schenkt großzügig den Schnaps seiner Heimat aus, von Baumerdbeeren, wie er erklärt.
Da bin ich etwas ins Strudeln gekommen. Vllt. „Medronho“ groß und kursiv?

Ich nehme mir schweigend Kaffee.
Ich leih dir meine Tasse mit den Meisterwerken von Gaudí. Frisch gespült, ohne Teeringe, selbstverständlich. ;)


Aber( ;) ) er kommt von selbst: „Hätte ich statt auf die Uni zu gehen, gleich nach der Schule gekellnert, dann brauchte ich euch nicht zur Last fallen. Endimar baut jetzt kräftig Stellen ab, UTTP haben die Chinesen kassiert. Vom Terminal hab ich auch eine Absage. Von Juan weiß ich, dass noch nicht mal die Taxizentrale Leute sucht.“
Bräuchte ich jetzt nicht im Detail.


„Und Ricardo, dieses dumme Schwein, macht noch Witze ... mit Hotel Mama und so.“
Hätte ich nicht gedacht, weil es doch so vielen dieser Generation genauso geht. Eher, dass sie sich in ihrem Frust verbrüdern.


Die meisten Möbel lassen wir in der Wohnung zurück. Wir kombinieren Tante Laias Einrichtung, die etwas aus der Zeit gefallen ist, mit unseren Stücken; Rosita hat ein Händchen für diese Dinge.
Da sah ich sie die Möbelstücke in der Stadtwohnung kombinieren, um sie für die Vermietung herzurichten. Mir war nicht klar, dass der zweite Satz sich auf das Landhaus bezieht. Bei der Akazie und den Findlingen fiel mir der Irrtum erst auf.


Ihr Enkel Javier mit seiner amerikanischen Freundin managt den Abend.
Awesome. ;)


Rosita schaut mich anders an als sonst, ich halte ihrem Blick stand, dann legt sie den Arm um mich, ich umfasse ihre Taille, sie macht den ersten Schritt, ich folge, Drehung, wir gleiten übers Mar Catalan, vorbei an Felsen, Palmen, weißen Häusern mit Persianas und einem kleinen rostigen Seat.
Jetzt denke ich an Tango.
Edit:
Yo te amo, Rosita!’
Als stolzer Katalane: t'estimo?

Sehr gern gelesen. Danke für die Geschichte.
Viele Grüße
wegen

 

Hola @linktofink,

hast Dir wieder Zeit abgezwackt, um meinen Text zu beackern! Meinen besten Dank dafür. Unter anderem haben Kommentare ja den Zweck, den Autor vor Irrwegen zu bewahren bzw. ihn von dort zurückzuholen, aber das scheint, Deinem Komm zufolge, dieses Mal nicht nötig zu sein. Mich freut's.

Ich könnte ihm raten, nach Australien zu gehen, aber das möchte ich mir nicht antun.
Mittlerweile ist es eher etwas Besonderes, nicht durch Australien oder Neuseeland zu travelen.
Gib’s zu – Du warst auch schon da. Doch der Yago soll nicht travellen, sondern einen Job finden. Dann aber würde papá seinen Sohnemann bitterlich vermissen.
„Ich scheiß auf die Welt“, höre ich, „Will keinen Kaffee.“
will klein.
Ei, das sollte ein eigener Satz sein: "Ich will keinen Kaffee." Nicht gut?
... dann brauchte ich euch nicht zur Last fallen
bräuchte
Hehe, meine diesbezüglichen Eruierungen :cool: ergaben, dass ‚brauchte’ richtig ist. Kann mich gut erinnern, wie ‚bräuchte’ aufkam (in den Siebzigern, glaube ich), und wie ich innerlich aufschrie, wenn das schon wieder jemand sagte – es klang einfach furchtbar.
Oh! Sind wir schon durch? Da bin ich ja noch mal mit einem blauen Auge davongekommen. Deine Gedanken zum Thema treffen den Punkt, die Welt verändert sich am laufenden Band, manchmal schneller, als wir – abhängig von unserem Alter – bereit sind, uns anzupassen. Mittlerweile haben wir mit Hilfe von Wissenschaft und Forschung ein Tempo erreicht, dass uns schwindlig wird und der Gedanke an den Zauberlehrling uns ziemliches Unbehagen verursacht. Wir sind mitten drin in dieser Tragödie.
Aber bleiben wir im Maßstab der Kurzgeschichte: Verrückt, dass auch Bastionen durch die Macht des Geldes eingenommen werden, ganz friedlich.
Lieber linktofink – es hat mich wieder mal sehr gefreut, Deine Meinung zu erfahren, danke nochmals und viele Grüße!
José

 

Lieber José,

das Thema kenne ich sicher nur oberflächlich, aber schon das reicht, um nicht Anderen mit meinem Rollkoffer durch ihren Lebensentwurf zu poltern. An meine Nase kann ich mich auch im heimischen Garten fassen. Nicht auszudenken, was das für ein Wind wäre, wenn die Welt mal durchatmen könnte. Den Irrsinn hast du schön in Sätze gegossen.

Zum Text.

Ich höre das Schließen der Tür, meine Frau Rosita sieht erwartungsvoll vom Rechner auf, doch Yago kommt nicht herein.
Da war vielleicht (vermutlich) der rote Spanier des gestrigen Abends dran schuld, aber das habe ich erst beim zweiten Lesen kapiert, was da läuft, also wer wohin. Wenn du aus der Tür eine Haustür machen tätest, wäre mir das gleich klar. Und es ersparte dir die unschöne Wiederholung durch
Nach einer Weile gehe ich zu seinem Zimmer und klopfe. Er macht die Tür auf
Aber das nur am Rande.

„Ehm – wie ein Zirkuspferd, von dem alle denken, dass es nicht einmal einen Wagen ziehen kann.“
Ein Zirkuspferd, das einen Wagen zieht? Gilt das bei den Katalanen als Unterhaltung? :baddevil: Ich weiß, dass du das Gegenteil im Sinn hast, aber woran denke ich? Zirkuspferd vor Wagen. Genau.
Warum nicht ein Esel? Dein Namensvetter Ortega y Gasset hat darauf sein Volk ganz passabel beobachtet und trefflich beschrieben.

Aus

Ich kann’s nicht mehr hören, und ich will’s auch nicht. Fertig, Ende, aus.“
würde ich "Fertig! Ende! Aus!" machen. Herrscht ja dicke Luft. ist aber Geschmackssache.

Gott sei Dank haben wir unsere Wohnung, die kann uns niemand nehmen. Seit Generationen wohnt meine Familie hier. Das sind Räume, keine Zimmer. Großzügig und hoch, Stuck an den Decken, zweiflügelige Türen, Balkon – unser Palast im Kleinen, eine Bastion im Tumult der Millionenstadt. Und es gibt diese Persianas, altmodische Fensterläden in Eisenschienen, die man von der Mauer abgespreizt ‚halbhoch’ stellen kann für diese einmalige Mischung aus Licht und Schatten. Zur Siesta ein fabelhafter Ort; um nichts in der Welt würde ich das preisgeben. Ein Lichtspiel entsteht, keiner Welt zugehörig, melancholisch. Zwischen Schemen und Zwielicht entstehen großen Dramen, es überkommt einen das Gefühl, man könne die Schatten manipulieren, hell gegen dunkel ausspielen, Unangenehmes verschieben, gar in Luft auflösen – als Herr der Welt oder ihr Opfer, in der Angst, abzugleiten, den Verstand zu verlieren, auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein.
Das ist so eine schöne Stelle, dass ich dir spontan unterstellen wollte, sie über Jahre in der Schublade gehortet zu haben, um einmal eine Geschichte drumherum zu schreiben. Und nun war es endlich so weit. Aber vermutlich fallen dir ständig solche Sachen ein. Um ehrlich zu sein, bin ich hierdurch auf den Ortega y Gasset gekommen.

Ach ja:

„Ich scheiß auf die Welt“, höre ich, „Will keinen Kaffee.“
Da wird das "Will" nur groß geschrieben, wenn du aus dem Komma davor einen Punkt machst. Frag den Friedel, der hat mir diesbezüglich den Kopf gewaschen.

Ich fand auch die eine oder andere Länge in deinem Text, es fehlt aber auch die angemessene Muße, weil ich sehe, wie viele Texte in der Challenge noch vor mir liegen. Und es waren einfach so viele Stellen dabei, die wieder versöhnten, dass ich gerne bis zum Ende gelesen habe.

Danke für solche Momente, die mir zeigen, weshalb es sich lohnt, an sich zu arbeiten und drauf zu pfeifen, ob etwas "zeitgemäß", "cool" oder "straight" ist.

Liebe Grüße
Joyce

 
Zuletzt bearbeitet:

Hola @wegen,

danke bestens für deine Leserinnenmeinung (ich hoffe, das ist korrekt). Kommt mir vor, als ob Du mit Barcelona per du bist – das wäre die ideale Basis für eine positive Bewertung :shy: .

Papá wirklich klein geschrieben?

Schlimm? ‚Papa’ oder ‚papá’ – mehr weiß ich auch nicht.

„Ehm – wie ein Zirkuspferd, ...
Mir ist „Ähm“ geläufiger.

Hier herrscht bei mir Klarheit: ‚Ehm’ sagen die Netten, ‚Ähm’ die Unsympathischen.

... dass es nicht einmal einen Wagen ziehen kann.“ Dann kommt er in Fahrt:
Das sind zwei so ähnliche Bilder, direkt hintereinander, die aber gar keinen Zusammenhang haben sollten, oder?

Ehm, lustig! Vielleicht sogar: ... dass es nicht einmal einen Wagen ziehen kann.“ Dann kommt er (der Wagen) in Fahrt:lol:.

Die finden meine Zeugnisse, die Diplome, alle ganz toll
Komma Nr. 2 weg.
Echt? „die Diplome“ ist doch der erklärende Nebensatz, ...

Ich hol mal eine Münze. Das werden wir schon rauskriegen!

(ziemlich wertfreier) Fun fact: „aber“ hast du 14x im Text. Das Ausrufezeichen benutzt du 19x, den Gedankenstrich 20x.

Bitte um Aufmerksamkeit: Ich möchte an dieser Stelle das Gelübde ablegen, schon ab der nächsten Geschichte mit technischer Hilfe solche Sachen selbst und frühzeitig zu erkennen und nicht Leser und Kommentatoren sowie Leserinnen und Kommentatorinnen damit zu drangsalieren.

„preisgeben“ hat sowas von ein Geheimnis verraten. Vllt. „hergeben“?
Ist in Deinem Sinne geändert, danke.

... mit der sich keine andere Stadt messen könne;
wegen: schrieb:
Gut, er war anscheinend noch nicht in Berlin.
Berlin?

Ich hätte ganz gern früher ein, zwei Hinweise gehabt, in welcher Millionenstadt die Geschichte spielt.
Das ist gewollt ein bisschen spät, vielleicht doch keine gute Idee.

Im Katalonien von heute, sagt er, könne er höchstens in der Gastronomie jobben.
Touristen gäbe es jedes Jahr mehr, und die könnten dann tolle Selfies machen mit dem katalanischen Kellner Yago, oder dem Pizzabäcker Yago, oder dem Barkeeper Yago.
Les Rambles (Die katalanische Schreibweise ist beabsichtigt), bäh.

Bäh? Kann nicht folgen. Nee, ehrlich – ich versteh’s nicht.

Da bin ich etwas ins Strudeln gekommen. Vllt. „Medronho“ groß und kursiv?

Hab’s groß gemacht, die Aufklärung erfolgt ja prompt.

Ich leih dir meine Tasse mit den Meisterwerken von Gaudí. Frisch gespült, ohne Teeringe, selbstverständlich.
Da könntste mir noch ’n Zertifikat über antibakterielle Unbedenklichkeit ranheften – durch Deine präzise Schilderung hat sich dieses abscheulich-abstoßende Bild für immer in mein Hirn gebrannt.

Endimar, UTTP, Terminal, Taxi ...

Bräuchte ich jetzt nicht im Detail.
Hast recht. Sollte seine ernsthaften Bemühungen verdeutlichen.

„Und Ricardo, dieses dumme Schwein, macht noch Witze ... mit Hotel Mama und so.“

Hätte ich nicht gedacht, weil es doch so vielen dieser Generation genauso geht. Eher, dass sie sich in ihrem Frust verbrüdern.
Ja, liegt auf der Hand. Wir kennen Ricardo nicht. Ist vielleicht noch sehr jung und hat’s aufgeschnappt, doch ich dachte an einen Gleichaltrigen aus (zwangsläufig) wohlhabenderem Haus.

Da sah ich sie die Möbelstücke in der Stadtwohnung kombinieren, um sie für die Vermietung herzurichten. Mir war nicht klar, dass der zweite Satz sich auf das Landhaus bezieht. Bei der Akazie und den Findlingen fiel mir der Irrtum erst auf.

Das hab ich nicht gut gemacht! Wird gleich noch erledigt.

wegen: schrieb:
Jetzt denke ich an Tango.
Gerne:).

José: schrieb:
Yo te amo, Rosita!’
wegen: schrieb:
Als stolzer Katalane: t'estimo?
Hehe! Fand schon den ganzen Satz gewagt (... hombre sincero ...), dachte aber, so ’n Evergreen kennt jeder. Bei ‚Yo te amo’ erwarte ich schlimmstenfalls auch einen Rüffel, doch ‚t’estimo’ kennt fast niemand (außer wegen:cool:). Trotzdem hast Du recht – warum sollte er das auf spanisch sagen?

Geschafft! Besten Dank nochmals, liebe wegen; es ist wieder mal bewiesen: Durch den Aufenthalt im Forum wird man nicht dümmer:teach:.

Die besten Grüße!
José

 

Hola(praktischer Weise passt's auch auf Katalanisch) José,

Kommt mir vor, als ob Du mit Barcelona per du bist – das wäre die ideale Basis für eine positive Bewertung .
Nicht per du, nur per Touristenvisum. Und nicht mit airbnb. ;)
Als ich Anfang August in Barcelona war, lief gerade der Prozess um die seit zwei Jahren inhaftierten Separatistenführer, u.a. der frühere Vizepräsident Kataloniens, Oriol Junqueras. An vielen Balkonen hing die Estelada, die Flagge des autonomen Kataloniens, auf großen Plakaten waren in Schwarzweiß die Konterfeie der Separatistenführer gedruckt, die für die Unabhängigkeit und Meinungsfreiheit kämpfen und fast jeden Abend fanden Demonstrationen statt. (Später, nach der Verurteilung, kam es zu heftigen Ausschreitungen.) Ich habe mich mit einem Deutschen, der vor über 10 Jahren nach Barcelona ausgewandert ist, über die Bedeutung des Konflikts und der Bewegung für die Barcelonès unterhalten. Das war alles sehr spürbar in der Stadt. All diese Eindrücke ...ja, war wohl die ideale Basis für meine Leserinnenmeinung. Wäre deine Geschichte schlecht geschrieben, hätte es aber auch ein größeres Donnerwetter gegeben, denke ich.


(ziemlich wertfreier) Fun fact: „aber“ hast du 14x im Text. Das Ausrufezeichen benutzt du 19x, den Gedankenstrich 20x.
Bitte um Aufmerksamkeit: Ich möchte an dieser Stelle das Gelübde ablegen, schon ab der nächsten Geschichte mit technischer Hilfe solche Sachen selbst und frühzeitig zu erkennen und nicht Leser und Kommentatoren sowie Leserinnen und Kommentatorinnen damit zu drangsalieren.
Haha. José, du weißt doch, wie ich das meine. Manchmal fallen einen selbst solche Häufungen nicht auf.

Berlin?
Du traust dir wat! ;)

Im Katalonien von heute, sagt er, könne er höchstens in der Gastronomie jobben.
Touristen gäbe es jedes Jahr mehr, und die könnten dann tolle Selfies machen mit dem katalanischen Kellner Yago, oder dem Pizzabäcker Yago, oder dem Barkeeper Yago. Erweitern ... Les Rambles (Die katalanische Schreibweise ist beabsichtigt), bäh.
Bäh? Kann nicht folgen. Nee, ehrlich – ich versteh’s nicht.
Bei Gastro und Touristen dachte ich sofort an Les Rambles. Entschuldigung, meine Abneigung gegenüber dieser Partymeile hat nichts mit deiner Geschichte zu tun.


Schöne Woche für dich.
Viele Grüße
wegen

 

Hola @Geschichtenwerker,

peinlich, peinlich - ich sag’s gleich, wie es ist: Ich habe total den Überblick verloren: Du warst so nett, mir als Zweiter zu schreiben, doch was mache ich? Ich antworte wegen, die nach Dir schrieb. Da muss ich mit meinem Alter nicht kokettieren, wenn so etwas passiert. Ich bitte um Nachsicht.

Mir hat der Text gefallen, auch wenn Du aus meiner Sicht noch ein wenig kürzen könntest, ...

Das ist wohl wahr – der Rohtext war ziemlich lang, beim Kürzen hatte ich das Gefühl, dass ich ganz schön ruppig mit meinen Darlings umgehe und mir dann Einhalt geboten. Offensichtlich war’s noch nicht genug, denn Du schreibst:
... denn zwischendurch habe ich mich beim Überfliegen erwischt.
Das ist natürlich nicht im Sinne des Autors.

Andererseits mag ich den Schreibstil, es muss ja nicht immer alles schnell und kurz daherkommen, was natürlich leichter ist, wenn man gerade die Muße hat, sich darauf einzulassen.

Seh ich auch so, im Forum gab’s mal eine Testphase im Stakkato-Stil, hat sich glücklicherweise verwachsen.
Und die Muße, die liebe Muße! Ein echtes Luxusding. Ich hab Dich noch im Ohr, als Du über Turbulenzen, Krach und Kinder klagtest, weil die Konzentration zerbröselt.

Einen kleinen Wermutstropfen habe ich dann doch noch.
Auch an süßen Teig gehört eine Prise Salz.

Die Lösung in der Form aufs Land zu ziehen, ist natürlich nur für die möglich, die über ein Landhaus verfügen und damit eher zur vermögenden Schicht gehören ...

Ei, so klassenmäßig hab ich das nicht gesehen. Mittlerweile gelöscht, doch ich hatte von einem ererbten Häuschen geschrieben – das wäre die ideale Lösung. Doch auch, wenn zwei arbeitslose, doch arbeitswillige Männer ein billig erstandenes Landhaus renovieren / wenigstens bewohnbar machen, können sie mit ihrer freigewordenen Altbauwohnung gutes Geld verdienen.

Wie auch immer, ich hoffe, derlei Komplikationen bleiben Dir und den Deinen erspart und Ihr könnt bald anfangen mit der Weihnachtsbäckerei:).

Schöne Grüße!
José

 

Hola @Kahasimir,

danke für Deinen kurzen, jedoch mit den richtigen Worten ausgestatteten Kommentar:

... gerne gelesen.

und

Mir gefällt die Einteilung der Erzählabschnitte und Zeitsprünge. Das liest sich sehr angenehm.
Was würden wir an Papier sparen, wenn sich alle so kurz fassen würden!

Ein Flüchtigkeitsfehler ist mir dabei noch aufgefallen:
josefelipe schrieb:
Konfetti wie bunter Schnee und Girlanden. Kerzen und Teelichte brennen schon, nur der Wein will nicht gefallen, der ist grausam.

*Teelichter


Hab (ganz :) ) früher auch Teelichter gesagt. Bin jedoch vor Jahrzehnten mal belehrt worden.
Guckst Du Google.

Schöne Grüße !
José

 

Hallo josefelipe,
ich habe mir deine Geschichte gerade zur Beruhigung meiner Erkältung gegönnt. Und was soll ich sagen? Ich glaube, der Schnupfen wird besser. Ich finde das erstaunlich, wie gekonnt und charmant du es schaffst, gesellschaftliche Problem mit diesem kleinen Ausschnitt einer Familiengeschichte zu verweben. Ich sehe das Ehepaar vor mir, so vertraut, so lange einander gekannt und immer noch so liebevoll. Den wunderbar ritterlichen Protagonisten. Das ist so zauberhaft zu lesen. Ein bisschen altertümlich, ein bisschen mit der Zeit und ihren Problemen im Widerstreit und dafür umso liebenswerter.
Besonders schön das Bild der Persianas.

Ein Lichtspiel entsteht, keiner Welt zugehörig, melancholisch. Zwischen Schemen und Zwielicht entstehen großen Dramen, es überkommt einen das Gefühl, man könne die Schatten manipulieren, hell gegen dunkel ausspielen, Unangenehmes verschieben, gar in Luft auflösen – als Herr der Welt oder ihr Opfer, in der Angst, abzugleiten, den Verstand zu verlieren, auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein.
Wie ein Leitmotiv setzt es mit seinem Licht- und Schattenspiel eine Parallele zu dem Auf und Ab des Leben dieser Familie im Spanien unserer Zeit.

Ich habe das wirklich sehr genossen.
Viele Grüße von Novak

 
Zuletzt bearbeitet:

Rosita stellt Biskuits neben meinen Kaffee. „Ach, wie aufmerksam, liebes Weib“, sage ich und „[j]a“, sage ich als Patriot, „das müssen Katalanen auch.“ Ich muss mir auf die Zunge beißen, um nicht zu sagen: ‚Sofern sie Arbeit haben.’

Moin, josefelipe,

@Novak hat es schön auf den Punkt gebracht,

und nicht grundlos stehen Ehe und Familie als Keimzelle der Gesellschaft (und damit des Staates) in Philosophie und Verfassungen, gar unter besonderem verfassungsmäßigem Schutz und doch treffen die gesellschaftlichen Probleme eher den „kleinen“ Mann denn “die da oben“. Oder hättestu je erfahren, dass ein Arbeiter oder Angestellter mit einem „einvernehmlichen“ Auflösungvertrag 6,36 Mio. € zum vereinbarten Termin ausgezahlt bekommt und zudem künftig ein Ruhegeld bezieht …?
Gerade eben ist dieser schwere Schicksalsschlag dem ehem. Thyssen-Krupp-Chef Kerkhoff widerfahren.
Da werden sich demnächst „freigesetzte“ Arbeiter und Angestellte mit ihren Ansprüchen auf Abfindung und Arbeitslosengeld freuen, dass die Hierarchien zwischen Fußvolk und Dienst- und Geldadel auch gewahrt bleiben.

Bissken Flusennachlese

„Mein Herr“[,] fügt sie lächelnd hinzu.
Und hier
„Danke, sehr freundlich“.
bitte Abschlusspunkt einfangen undvor die auslaufenden Gänsefüßchen setzen

Ich finde nichts Passendes, was ich nach ihm werfen könnte[,] und sage mit pelzigem Mund
(Relativsatz zu Ende und der Hauptsatz wird mit dem „und“ weitergeführt

„Na‚ ’n paar bei Rull, die anderen, wo früher Senora Vici wohnte.“
gönn der „Senora“ ein „~“
Wir halten die Fenster geschlossen. Nach [z]wei wird es dann stiller.
(eigentlich ein „zwei Uhr“)

„Habla español?“, frage ich.
„No[./alternativ „!“]“

„Ich scheiß auf die Welt“, höre ich, „[w]ill keinen Kaffee.“

„Bin pleite“.
Punkt einfangen!

„Aber das ist doch kein Zustand!“, fährt er hoch, „und Ricardo, dieses dumme Schwein, macht ...
Wir kombinieren das Beste aus[...]Tante Laias Einrichtung, die etwas aus der Zeit gefallen ist, mit unseren Stücken; …
Die Musik ist sehr[,] sehr fremd, aber auch sehr sehr schön.

Gern gelesen vom

Friedel

23.11. Nachtrag:
Moin,

Warum das System das ursprünglich fehlende kleine "u" des "und" zum Anlass nimmt, zuuntestreichen, wissen allein die Götter.

 

Hola @joycec,

freut mich sehr, dass Du Dir meinen Text vornimmst. Bin gespannt.

Wenn du aus der Tür eine Haustür machen tätest, wäre mir das gleich klar. Und es ersparte dir die unschöne Wiederholung durch ...
Ein guter Tipp. Hab ihn befolgt.

Ein Zirkuspferd, das einen Wagen zieht? Gilt das bei den Katalanen als Unterhaltung? Ich weiß, dass du das Gegenteil im Sinn hast, aber woran denke ich? Zirkuspferd vor Wagen. Genau.
Warum nicht ein Esel?

Deine leichte Verwirrung ist meine Schuld. Könnte zwar behaupten, ich gebe nur wieder, was Yago sagt, doch ich bin neben Autor auch Lektor:teach: – also hab ich das nicht deutlich genug rübergebracht: Yago meint, dass man ihn eventuell für überqualifiziert hält und dass ein vermuteter Eierkopf keinen Nagel in die Wand schlagen kann, soll heißen, dass man so einen nicht braucht.

... würde ich "Fertig! Ende! Aus!" ... machen.

Ganz Deiner Meinung! Wir sind schließlich im Süden! Hab’s jetzt gekürzt: ‚Basta!’

Das ist so eine schöne Stelle, dass ich dir spontan unterstellen wollte, sie über Jahre in der Schublade gehortet zu haben, um einmal eine Geschichte drumherum zu schreiben.

Hehe, möglich wär’s. Das kam mir jedoch beim Schreiben so in den Sinn, schade, dass es von diesen Tagen zu wenige gibt.

„Ich scheiß auf die Welt“, höre ich, „Will keinen Kaffee.“ Da wird das "Will" nur groß geschrieben, wenn du aus dem Komma davor einen Punkt machst.

‚Klick’ macht der Groschen, aber ja! Das wurde schon angemerkt, doch mit anderen Begründungen – der Punkt isses! Ich eile.

Ich fand auch die eine oder andere Länge in deinem Text, es fehlt aber auch die angemessene Muße, ...

Sagt auch @Geschichtenschreiber. Und ich, bedeutungsvoll: Ja, ja, die Muße (mein Gesicht hättest Du sehen müssen!) – weil alte Männerältere Herren oft Muße mit Langeweile verwechseln.

... solche Momente, die mir zeigen, weshalb es sich lohnt, an sich zu arbeiten und drauf zu pfeifen, ob etwas "zeitgemäß", "cool" oder "straight" ist.

Auch das Draufpfeifen(können) ist mMn ein echtes Luxusprodukt, Erklärung ist sicherlich unnötig:cool:.

Ja, sehr verehrtes Fräulein Joyce, ich danke Dir für Deinen Leseeindruck, besonders für die sehr brauchbaren Tipps.

Wir hören voneinander, wenn wir uns sehenlesen. Bin ganz durcheinander.
José

 

Hola @Novak,

ei, da freu ich mich aber, dass Du bei mir reinschaust. Und gleich eine Geschäftsidee mitbringst: literarische Fernheilung! Zuerst gälte es herauszufinden, welcher tag heilt bei welcher Krankheit?

... ich habe mir deine Geschichte gerade zur Beruhigung meiner Erkältung gegönnt. Und was soll ich sagen? Ich glaube, der Schnupfen wird besser.

Na bitte!
Gewiss, viel Eruieren, doch auch gute Verdienstmöglichkeiten, und andere WKs könnten als Heillektürelieferanten beteiligt werden. Wir werden alle stinkreich!

Aber diesen Deinen Satz finde ich noch schöner:

Besonders schön das Bild der Persianas.

Wie ein Leitmotiv setzt es mit seinem Licht- und Schattenspiel eine Parallele zu dem Auf und Ab des Lebens ...


Du triffst den Nagel ins Herzauf den Kopf.

Ich habe das wirklich sehr genossen

So wie ich Deinen Kommentar! Für den danke ich Dir
und grüße Dich herzlich.
José

Morgen muss ich als Erstes zur Bank, Konto eröffnen:).

 

Hallo josefelipe,

mir hat diese sehr realistische Geschichte gut gefallen. Sie läd dazu ein, sich mit der Thematik näher zu beschäftigen, gerade weil sie nicht sentimental ist, sondern das Leben mit Höhen und Tiefen zeigt.

Sprachlich ist das sehr gut, ich habe nur sehr wenige Anmerkungen:

Mir sind es zu viele Abschnitte. Ein neuer Abschnitt erfordert immer eine Neuorientierung des Lesers: Findet ein Szenenwechsel statt? Wechselt die Zeit, die Stimmung oder gar der Erzähler? Stellenweise kam es mir so vor, als hätte ich keine Geschichte vorliegen, sondern Bruchstücke davon, die ich zusammensetzen muss. Ich würde an Deiner Stelle versuchen, die Geschichte etwas fließender zu gestalten.

Ich höre das Schließen der Haustür, meine Frau Rosita sieht erwartungsvoll vom Rechner auf, doch Yago kommt nicht herein. Nach einer Weile gehe ich zu seinem Zimmer und klopfe. Er macht die Tür auf,

Ich habe hier die Info vermisst, wie Yago auf sein Zimmer geht und die Tür schließt.

Wir werden den Gürtel enger schnallen müssen. Plötzlich ist das keine Phrase mehr.

Gott sei Dank haben wir unsere Wohnung, die kann uns niemand nehmen.


Zumindest hier ist der Absatz überflüssig und daher irritierend. Es wird ja derselbe Gedanke weitergeführt.

Übrigens: Kann so ein Satz innerhalb einer Firma eine Phrase sein? Vorgesetzte sind gut beraten, solche Aussagen zurückzuhalten, wenn sie keine unmittelbaren Konsequenzen haben.

Gerne gelesen!

Ephraim

 
Zuletzt bearbeitet:

Hola @Friedrichard,

danke für die neuesten Nachrichten! Ich weiß allerdings nicht, was Dich hieran stört:

Oder hättestu je erfahren, dass ein Arbeiter oder Angestellter mit einem „einvernehmlichen“ Auflösungvertrag 6,36 Mio. € zum vereinbarten Termin ausgezahlt bekommt und zudem künftig ein Ruhegeld bezieht …? Gerade eben ist dieser schwere Schicksalsschlag dem ehem. Thyssen-Krupp-Chef Kerkhoff widerfahren.

Warum diese Ironie? Schließlich braucht der Mann sein Ruhegeld wie jeder andere auch. Er kommt ja an die Millionen nicht ran, die werden fest angelegt – und von irgendwas muss er ja leben, gell?

Und dann wollte ich noch den erfolgreichen Abschluss der Flusenaktion melden!

Bitte wegtreten zu dürfen.
José

 

Hola @Ephraim Escher,
meinen Dank für den Kommentar!

Die wechselnden Szenen wurden auch von anderen angesprochen, allerdings positiv.
Trotzdem kann Dir niemand widersprechen, wenn Du sagst:

Mir sind es zu viele Abschnitte.
Das stimmt. Doch vielleicht wurde das als nicht störend empfunden, weil sich das alles im überschaubaren Rahmen abspielt – gleiches Personal, Zeit, Region, und alles ist durch die Problematik eng miteinander verbunden.

José: schrieb:
Ich höre das Schließen der Haustür, meine Frau Rosita sieht erwartungsvoll vom Rechner auf, doch Yago kommt nicht herein. Nach einer Weile gehe ich zu seinem Zimmer und klopfe. Er macht die Tür auf,

Ephraim: schrieb:
Ich habe hier die Info vermisst, wie Yago auf sein Zimmer geht und die Tür schließt.

Entschuldige, aber was hättest Du mit dieser (fehlenden) Info gemacht? Ist es nicht egal, ob Yago so oder so auf sein Zimmer geht / die Tür schließt?
So, wie es sich jetzt liest, hat das Yago ohne Auffälligkeiten getan. Wollte ich etwas zum Ausdruck bringen, dann könnte er die Tür ins Schloss pfeffern, die Tür zuknallen ... Als Ich-Erzähler kann ich nicht sagen, er war bedrückt o. ä., wenn ich ihn nicht sehen kann. Ist aber gut, dass Du auf diese Stelle zeigst: Zweimal Tür lässt sich vermeiden

... gehe ich zu seinem Zimmer und klopfe. Er öffnet, umwabert von blauen Schwaden, und raucht wie der Teufel.

José: schrieb:
Wir werden den Gürtel enger schnallen müssen. Plötzlich ist das keine Phrase mehr.

Gott sei Dank haben wir unsere Wohnung, die kann uns niemand nehmen.


Ephraim: schrieb:
Zumindest hier ist der Absatz überflüssig und daher irritierend. Es wird ja derselbe Gedanke weitergeführt.

Das stimmt. Die Leerzeile war falsch gesetzt. Fehler behoben:

Den anderen vermittelt man Umschulungsprogramme oder schickt sie in Frührente. Adiós, weg mit euch!

Wir werden den Gürtel enger schnallen müssen. Plötzlich ist das keine Phrase mehr. Gott sei Dank haben wir unsere Wohnung, ...


Damit wäre auch dieses Missverständnis ausgeräumt:

Übrigens: Kann so ein Satz innerhalb einer Firma eine Phrase sein? Vorgesetzte sind gut beraten, solche Aussagen zurückzuhalten, wenn sie keine unmittelbaren Konsequenzen haben.

Der Satz betrifft nicht die Firma, sondern die Familie. Ist doch ein ziemlicher Unterschied:)!

Vielen Dank fürs Aufpassen. Und schöne Grüße!

José

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @josefelipe,

"Ich höre das Schließen der Haustür, meine Frau Rosita sieht erwartungsvoll vom Rechner auf, doch Yago kommt nicht herein. Nach einer Weile gehe ich zu seinem Zimmer und klopfe."

Der Leser muss schon ein bischen kombinieren:
- Jemand kommt herein (und nicht heraus, was das Schließen suggeriert)
- Es ist aber nicht die Frau Rosita, zu der als erstes ein Bezug im selben Satz hergestellt wird. Ich erwartete intuitiv einen Satz wie: Ich höre das Schließen der Haustür, meine Frau Rosita ist nun draußen.
- Es ist Yago, der auf sein Zimmer geht und die Tür schließt.
Vielleicht empfinden manche dieses komprimierte Schreiben als elegant, ich empfinde es als anstrengend, gerade Einstieg. Der Leser liest, was die Charaktere tun, und reimt sich dann zusammen, was zuvor passiert ist.

Der Satz betrifft nicht die Firma, sondern die Familie.

Darauf kam ich wirklich nicht, denn zuvor war ja nur von der Firma die Rede. Ob der neue Abschnitt das behebt ... in jedem Fall hilft er.

Viele Grüße

Ephraim

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @josefelipe!

Im Grunde eines Geschichte über ein Lebensgefühl, das mehr Weiß- als Schwarzmalerei kennt. Ein Text, den ich mir gut auf einem Kulturabend zu Spanien einschließlich Katalonien vorstellen kann. Fiese wirtschaftliche Probleme, kulturmissverstehende Touristen und doch die gute, alte mediterrane Freude am Leben, anders als in germanischen Gefilden, ein gewisser Sinn wird über ein Nachbarschaftfest wird gestiftet. Du gleitest nicht in den Kitsch des Kontrasts von Lebensgefühl und wirtschaftlicher Realität ab.

Und es gibt diese Persianas, altmodische Fensterläden in Eisenschienen, die man von der Mauer abgespreizt ‚halbhoch’ stellen kann für diese einmalige Mischung aus Licht und Schatten. Zur Siesta ein fabelhafter Ort; um nichts in der Welt würde ich das hergeben. Ein Lichtspiel entsteht, keiner Welt zugehörig, melancholisch. Zwischen Schemen und Zwielicht entstehen großen Dramen, es überkommt einen das Gefühl, man könne die Schatten manipulieren, hell gegen dunkel ausspielen, Unangenehmes verschieben, gar in Luft auflösen – als Herr der Welt oder ihr Opfer, in der Angst, abzugleiten, den Verstand zu verlieren, auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein.

Das ist für mich die stärkste Stelle, da sie atmosphärisch dicht und authentisch wirkt. Vor allem der letztere Satz, der ja die Beschreibung des Ich-Erzählers aus dem Vorsatz aufnimmt, ihn in die persianas-Zwieschattenwelt einwirken lässt. Vielleicht ein bisschen viel interpretiert, aber hier findet eine Öffnung deines Ich-Erzählers statt. Eine Öffnung zu der sozialen und politischen Realität, aber das Einstellen der persiana erfolgt immer noch durch ihn, er kann sie einstellen, wie er es sich wünscht (Oder?) So habe ich mir das zusammengebastelt.

Andererseits habe ich einen kleinen Kritikpunkt an deinem Text. Vielleicht ist er auch zu banal oder beliebig oder "Whatabout". Aber dein Text lebt ja auch davon, dass er in Barcelona oder Katalonien spielt. Fast in jedem Absatz unterstreichst du das, die persianas, Peseten in Erinnerung, eine Frau Díaz, so hauen die Besten ab und dann folgt noch der katalonische Separatismus. Das schafft viel Atmosphäre. Mal ganz provokant gefragt: Und wenn zu der Zeit einer finnischen Wirtschaftskrise spielen würde? Statt persianas baust Du einen Birkenwald ein. Frau Díaz heißt Frau Mikkulainen, naja, ein paar Sätze zu finnischen Biermarken und ein paar Infos zur schwedischen Minderheit.

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Und es gibt diese finnischen Birkenwälder, sie glühen vor keskiyön aurinko, der Mitternachtssonne, für diese einmalige Mischung aus [polarem] Licht und Schatten. Zum Beeren sammeln ein fabelhafter Ort; um nichts in der Welt würde ich das hergeben. Ein Lichtspiel entsteht, keiner Welt zugehörig, melancholisch. Zwischen Schemen und Zwielicht entstehen großen Dramen, es überkommt einen das Gefühl, man könne die Schatten manipulieren, hell gegen dunkel ausspielen, Unangenehmes verschieben, gar in Luft auflösen – als Herr der Welt oder ihr Opfer, in der Angst, abzugleiten, den Verstand zu verlieren, auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein.
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Entschuldige, dass ich hier etwas frech bin und den Text abgeändert habe. Und vielleicht kritisiere ich hier auf ein unmöglich erreichbares Ziel. Aber auch wenn dein Text ein schöne, aktuelle und authentische Geschichte ist und ich ihn wirklich gerne gelesen habe - irgendwie war mir dein Setting zu beliebig. Er suggeriert eine Tiefe, die mit Versatzstücken des mediterranen Raums ausgekleidet ist. Hart gesprochen. Aber ja, das ist eine Kritik auf hohem Niveau und eher ein Ansatzpunkt für noch authentischere, noch mehr Nahdran-Texte zu Barcelona und Katalonien.

Du hast einen Ich-Erzähler in deiner Geschichte. Der Unterschied zwischen Berlin und München ist nicht der, dass in Berlin das Brandenburger Tor steht und in München die Frauenkirche. Die Gemeinsamkeit ist auch nicht die, dass in Berlin und München Menschen arbeitslos werden und Ideen haben. Der Unterschied ist der, dass sich für einen in Berlin lebenden Menschen seine Realität in Berlin anders anfühlt als für einen in München arbeitslos werdenden Menschen. Aber das nur als kleine Ergänzung.

Wie gesagt, ich hoffe es war ok, dass ich deinen Text etwas geändert habe, ich will dich nicht ärgern oder so. Aber mir war es wichtig, das aufzuzeigen.

So, das war's!

Lg
kiroly

 

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