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Projekt Eden

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05.01.2021
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Projekt Eden

Die Reinheit ist das höchste Gebot unserer Gesellschaft. Wir sind rein geboren und wir werden rein sterben, dafür sorgen die Obersten. Wir befolgen ihre Anweisungen unter allen Umständen, denn sie halten die Ordnung. Sie sehen und richten. Wir müssen ihnen vertrauen, denn sie sorgen für uns. Sie wissen was das Beste für uns ist, auch wenn wir es selbst nicht erkennen können. Das Gemeinwohl steht über dem des Individuellen. Die Obersten werden nicht zulassen, dass ein Einzelner das Projekt für alle zunichte macht. Wir sind rein und müssen es bleiben, denn wir sind das Erbe der Menschheit. Wir sind rein und müssen es bleiben, damit die Sünden des letzten Zeitalters nicht auf uns zurückfallen. Jedem muss das Ziel der Mission klar sein. Wenn der Tag kommt, werden wir frei sein. Ich, Proband 399, bin Teil des „Projekt Eden“ und stolz darauf.“

Ich wiederhole die Worte immer wieder in meinem Kopf. Ich blicke hinunter in den „Garten Eden“ . Meine Heimat ist kaum wiederzuerkennen. In der riesige Halle, die eigentlich in einem klinischen weiß strahlt, herrscht Chaos. Das große Becken, das zentral in der Halle liegt, läuft vor Teer über. Auch sonst sind überall schwarze Spuren auf dem Boden und den Wänden. Kinderschreien hallt in der hohen Kuppel, ich sehe einen alten Mann im Dreck knien und beten. Das muss die Apokalypse sein, denke ich. Ironisch, dabei hat man sich das alles ganz anders ausgemalt.

Die Farbe Weiß hat eine außerordentlich hohe Stellung für die Obersten. Dies verbindet auch uns Bewohner des Garten Edens. Wir alle haben die gleichen weißlichen Haare, die gleiche helle Haut, welche fast durchsichtig scheint, und die gleichen hellblauen Augen. Wir werden von den Obersten als rein angesehen. Unbeschmutzt. Besonders. Doch das sind wir nicht. Wir hatten nur Glück.

Das Projekt Eden startete vor rund 300 Jahren, als man realisierte, dass die Apokalypse nahte. Die Obersten formten eine Allianz und einen Plan. Sie wollten sich von der Gesellschaft und all ihren Sünder abspalten. Von den Mördern, Lügnern, Neidern. Den Unreinen. Der Traum von einer reinen Gesellschaft wurde im Projekt Eden in die Realität umgesetzt, so sagt man. Eine Raumstation mit 100 Probanden, alle mit dem so genannten Albino-Gendefekt, setzte sich vom Rest der Menschheit ab, in der Hoffnung auf das Paradies zu stoßen. Die Weltbevölkerung überließ man sich selbst. Man ist unsicher was mit den restlichen Menschen geschehen ist, doch da keine Signale mehr empfangen werden, geht man von einer Selbstzerstörung aus. Die Albinos bildeten bald eine Zweitgesellschaft. Strenger, strukturierter, gehorsamer. Keiner tanzte aus der Reihe, keiner widersetzte sich. Sie gaben ihre Identität auf, bekamen Nummern als Identifikation. Sie pflanzten sich fort und bald gab es eine zweite, dritte und vierte Generation im Garten Eden. Kinder, die auf der Raumstation aufgewachsen sind, Kinder, die keine andere Gesellschaft kennen, als die unsere. Kinder, die als Teil einer Elite aufgewachsen sind, mit all ihren Ritualen und Ideologien. Auch ich bin eines dieser Kinder. Auch ich habe mit verschlossenen Augen gelebt.

Es gab keinen bestimmten Moment, an dem ich meine Entscheidung getroffen habe, doch wenn ich einen wählen müsste, dann wäre es dieser:
Vor etwa einem Monat begannen die Vorfälle. Der Eindrücklichste begab sich an einem Morgen vor etwa 20 Tagen. Wie gewohnt begaben sich alle Probanden zur morgendlichen Waschung, als man erste Schreie hörte. Ich eilte in die Halle um ihren Uhrsprung ausfindig zu machen. Da sah ich ihn. Einen Haufen toter Hasen, der mit Teer übergossen war, lag vor dem Wasserbecken. Das Erstaunlichste und Besorgniserregenste an der Sache war jedoch, dass man bei der Entsorgung feststellte, dass es sich um exakt 423 tote Hasen handelte, genau so viele Probanden befanden sich momentan im Garten Eden. Und alle hatten schneeweißes Fell.

Diesen Tatbestand konnten auch die Obersten nicht ignorieren. So gut sie es versuchten, sie konnten den Schein nicht wahren. Immer wieder tauchten irgendwo tote Tiere auf. Immer waren sie mit Teer übergossen. Die Stimmung wurde angespannter und bald war jedem klar, dass das Projekt Eden nach einer Exitstrategie suchte. Man bezeichnete die Vorfälle als ernstzunehmende Warnungen und verkündete, dass die Ingenieure an einem Portal arbeiteten, das uns, mit Hilfe von Raum-Zeit-Krümmung, verhelfen sollte den Zugang zu einem mit uns verknüpften Universum zu erlangen. Ein Universum ohne Apokalypse. Eines in Freiheit. Der einzige Grund, weshalb das Chaos nicht sofort ausbrach, war das Vertrauen an die Obersten. Das Vertrauen in die Mission. Mein Vertrauen hingegen sank jeden Tag. Ich begann zu hinterfragen. Die Obersten, das Projekt, uns. Meine Erkenntnis? Mein Leben ist eine Lüge, dieses ganze Projekt scheinheilig. Die Vorfälle waren keine Warnungen, sondern Prophezeiungen. Wir waren nie rein, wir werden es nie sein. Wir verdienen das Paradies nicht mehr und nicht weniger als die, die wir zurückgelassen haben. Die Apokalypse ist hier und wir werden uns ihr nicht entziehen. Deshalb habe ich getan was getan werden musste. Ich habe die Tür geschlossen, den Ausgang versperrt. Ich habe das Portal zerstört und ich bin bereit für was auch immer uns erwartet.

 

Hallo @Alex Martini

Dann mach ich mal den Anfang :)

In der riesige Halle, die eigentlich in einem klinischen weiß strahlt, herrscht Chaos. Das große Becken, das zentral in der Halle liegt, läuft vor Teer über. Auch sonst sind überall schwarze Spuren auf dem Boden und den Wänden. Kinderschreien hallt in der hohen Kuppel, ich sehe einen alten Mann im Dreck knien und beten.
Du sagst zwar das Chaos herrscht, aber ich sehe es nicht. Das Chaos besteht aus einem teerigen Becken und einem betenden Mann. Niemand rennt herum, die Kinder sind nur zu hören. Show, don't tell ;)

einem klinischen weiß
wird Weiss da nicht grossgeschrieben?
Das klinische Weiss, oder?

Kinderschreien hallt in der hohen Kuppel
Kinderschreie hallen

zur morgendlichen Waschung
Das finde ich gut, es unterstreicht die vorher angesprochene Strenge der Gesellschaft.

exakt 423 tote Hasen
Das wirkt ein wenig unglaubwürdig. Ich frage mich, wo und wie jemand über 400 Hasen verstecken konnte, ohne dass es jemandem in dieser strengen Gesellschaft auf einer Raumstation aufgefallen ist. 400 Hasen brauchen viel Platz und Futter.


Insgesamt finde ich den Text gut, kurz und knackig. Schade, bist du nicht auf den Titel eingegangen. Du sprichst vom "Projekt Eden" und auch "Garten Eden" und "Paradies" wird angesprochen, aber auf den religiösen Aspekt der Namen gehst du leider nicht ein. Ich denke, das würde allem etwas mehr Glaubwürdigkeit verpassen, warum eine Elite-Gesellschaft gegründet wurde und woher die Obersten überhaupt kommen.


Grüsse,
Leo

 

Hallo Leo:nie,

die Story ist leicht lesbar, verheddert sich aber in vielen Details, die unausgesprochen bleiben. Ich fühle, dass im SF einfach mehr auf den "Raum" geachtet werden muss. Ja, muss! Ich als Leser wünsche mir zu erfahren, warum ein Projekt mit Oberen und warum weiß - weiß ist die Farbe der Ablehnung, der Reflektion - sie wird gerne in alten SFs verwendet, hat aber längst ausgedient. Schwarz ist die Farbe der Annahme - auch diese Farbe hat ausgedient. 400 Probanden sind - um eine 3. und 4. Generation zu erzeugen, purer Inzest. Genetische Störungen sind vorprogrammiert. Ja, da sind wir schon in der Katastrophe - nicht nur in deiner Story, sondern auch im Inhalt. Für mich reicht es nicht, eine Filmvorlage etwas aufzuhübschen und einen Prot. zu installieren, der zwar Gedanken äußert, aber sonst keine Tätigkeiten zu haben scheint. Das ist zu dürftig.
Mein Tipp: Lass die Beschreibung drumherum weg und konzentriere Dich ganz auf seine Gefühle, seine Gedanken. Er weiß ja nichts von den Umständen, er wird ja von den Oberen für blöd gehalten. Oder beschreibe es aus der Sicht der Oberen, die ja alles wissen, wie leicht sich die "Weißen" drangsalieren lassen. Gibt´s tolle SFs von Heinlein und Frank Herbert - mal reinlesen als Tipp. Noch:

Sie wollten sich von der Gesellschaft und all ihren Sündern abspalten. Von den Mördern, Lügnern, Neidern.

Grüße - Detlev

 

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