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Roberto Brambilla, 6 Jahre, aus Mailand

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28.12.2014
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Roberto Brambilla, 6 Jahre, aus Mailand

Mailand, Frühjahr 1954.
Als sich ihre wiederkehrende, morgendliche Übelkeit auch mit einem Gläschen Grappa nicht überspielen lässt, weiß Giulia Brambilla, dass es wieder soweit ist und sie in froher Erwartung auf das Kommende blicken kann.
Wie jedes italienische Familienoberhaupt hatte Mario, der die Nachricht überrascht, aber mit unverborgenem Stolz entgegen nimmt, sich nichts sehnlicher als einen Jungen gewünscht, den er in seinem Sinne erziehen und prägen könnte. Der seinen Namen tragen und die Erinnerung an seine Vorfahren aufrecht erhalten würde. Noch vor wenigen Jahren hatte Mario wiederholt damit gehadert, durch die Kraft seiner Lenden keinen männlichen Nachfahren gezeugt zu haben, es später aber als unabänderliches Schicksal hingenommen. Es war eben so, wie es war und das Leben machte auch in einem Haushalt mit zahlenmäßig überdrückender weiblicher Übermacht Spaß.

Umso glücklicher sind er und seine Frau, als gut zehn Jahre nach der jüngsten Tochter Giulietta Nachzügler Roberto Anfang Oktober 1954 das Licht der Welt erblickt. Ein gesunder Junge, schwarze Locken, dunkle Augen, das familientypische, verschmitzte Lächeln: Ganz der Vater und von Anfang an Mittelpunkt und Stolz der Familie. Endlich ein Kind, dem Mario seine Vorlieben für den AC Mailand und für die roten Rennwagen mit dem "cavalo rampante", dem springenden Pferd vor gelben Hintergrund, das auf den rot glänzenden Ferrari-Rennwagen unübersehbar prangt, übertragen könne und er nimmt sich vor, damit zu beginnen, sobald Roberto den Windeln entwachsen wäre.

Doch die Zeiten sind hart und je größer die Familie wird, desto mehr müssen sich Giulia und Mario strecken, um über die Runden zu kommen. Nur die älteste Tochter steht bereits auf eigenen Beinen und unterstützt mit ihrem Lehrlingsgehalt die Eltern so gut sie kann, während die anderen beiden Töchter noch einige Jahre die Schulbank drücken müssen.
Drei Mal in der Woche arbeitet Giulia stundenweise an der Fleischtheke in dem Lebensmittellädchen von Don Fanucci, der als guter Freund der Familie Giulia hin und wieder Fleisch und Wurst zusteckt, das eigentlich als Spende für "la mensa" vorgesehen war, einer Hilfsorganisation für die Benachteiligten der Mailänder Gesellschaft.
Mario arbeitet die Woche über im FIAT-Werk in Turin, schraubt die Autos zusammen, die in alle Länder der Welt exportiert werden. Oft plagt ihn heftiges Heimweh, aber er freut sich nach einer langen Zeit der Arbeitslosigkeit und Gelegenheitstätigkeiten darüber, vor vier Jahren dort einen sicheren Arbeitsplatz mit angemessener Bezahlung gefunden zu haben. Er ist immer bereit, Überstunden abzuleisten, um zusätzliches Geld für die Haushaltskasse zu verdienen. Geld, das er für die Ausbildung seiner Töchter und Roberto auf die hohe Kante legt.
Er hat sich fest vorgenommen, dass Roberto es später einmal besser haben würde als er und arbeitet verbissen daran, dieses sich selbst gegebene Versprechen einzulösen. Vielleicht könnte der Junge der Erste in der Familie sein, der studieren würde. Als Ingenieur könnte er später einmal für eine renommierte italienische Automarke wie FIAT, Alfa Romeo oder Lancia arbeiten und gutes Geld verdienen.
'Vielleicht sogar für Ferrari? Nein, das ist nur ein Traum, ganz weit weg', denkt Mario, als er abends auf dem Bett seines Zimmers liegt, einem spärlich eingerichteten, muffigen Raum mit Etagenbetten und Metallspinden, den er mit einem halben Dutzend Kollegen teilt, die wie er aus anderen Teilen des Landes nach Turin gekommen sind, um bei FIAT ihr Geld zu verdienen. Wie so oft spürt er fern der Familie wieder einmal das beklemmende Gefühl tief im Herzen, das ihn so oft befällt und ihn bis auf den Grund seiner Seele quält: Sehnsucht nach der Familie, die ihm alles bedeutet.

Die Jahre vergehen und die Entbehrungen der harten Nachkriegszeit geraten langsam in Vergessenheit. Die Töchter haben mittlerweile die eng gewordene kleine Wohnung im Herzen Mailands verlassen, sind jungen Männern gefolgt, mit denen sie eigene Familien gründen wollen. Jahr um Jahr versieht Mario weiter fleißig und gewissenhaft seine Arbeit im Turiner Werk. Zwischenzeitlich ist er zum Vorarbeiter einer kleinen Arbeitsgruppe innerhalb der Vormontage aufgestiegen. Das ermöglicht ihm den Kauf eines Kleinwagens, einem FIAT 500 "Topolino", mit dem man an freien Wochenenden gelegentlich Ausflüge mit der Familie in die Gegend rund um Mailand macht. Sie besichtigen den Flughafen, schauen auf der Aussichtsterrasse den startenden Flugzeugen zu, währenddessen Mario seinem Sohn Geschichten über ferne Länder und fremde Menschen erzählt. Er zeigt ihm die Heimstätte des AC Mailand und sie fahren raus zu einem Picknick vor den Toren der Stadt.

In den Werksferien geniessen Roberto und Giulia gemeinsam mit ihren Kindern und dem ersten Enkelkind erstmals zwei gemeinsame Urlaubswochen auf einem Campingplatz am Lido di Jesolo. Roberto ist mittlerweile Erstklässler in der Grundschule des Stadtteils und ein guter Schüler. Wie fast jeden Jungen in Mailand hat ihn das Ferrari-Fieber gepackt. Seit Monaten spricht er von nichts anderem als den roten Rennern des 'Commandatore' Enzo Ferrari, die in dieser Saison von einem Sieg zum nächsten eilen.
Er malt sich in seinen Träumen aus, eines Tages in einem der roten Rennwagen zu sitzen. Er würde Rennfahrer werden und doch nicht für die Rot-Schwarzen stürmen, wie er sich das noch vor wenigen Monaten gewünscht hatte! Umso größer ist seine Freude, als sein Vater ihm verspricht, mit ihm zum Rennen nach Monza zu fahren, das in wenigen Wochen stattfinden wird und für das Don Fanucci ihnen als Dank für die zuverlässige Arbeit von Giulia zwei Karten geschenkt hat.

Anfang September.
Endlich rückt das Rennen näher. Bereits Ende August ist ganz Mailand in großer Vorfreude auf den bevorstehenden "32. Gran Premio d' Italia", der die Entscheidung über den Gewinn der diesjährigen Fahrerweltmeisterschaft bringen wird. Speziell wenn "ihre" roten Renner an der Spitze mitfahren und Rennen gewinnen können, strömen die Tifosis, wie die italienischen Rennfans genannt werden, in Scharen an die Rennstrecke, die in einem grünen Park in der Nähe des Städtchens Monza angelegt wurde und seit Mitte der 50er-Jahre neben einer schnellen Straßenstrecke als ganz besondere, einmalige Attraktion über ein Steilwandoval aus Beton verfügt, das mit der normalen Rennstrecke kombiniert eine Gesamtlänge von 10,4 Kilometern ergibt und Windschattenfahrten auf langen Geraden und schnellen Kurven ermöglicht.
In diesem Jahr sind die Ferraris insbesondere auf schnellen Kursen unschlagbar, beste Voraussetzungen für ein Festwochenende mit einem Ferrari-Sieg vor den Toren der heimischen Fabrik. Ganz besondere Spannung verspricht der Kampf um die Weltmeisterschaftskrone, die bereits bei diesem Rennen zwischen dem Deutschen Wolfgang Graf Berghe von Trips und dem Amerikaner Phil Hill vergeben werden kann.

Roberto macht in der Nacht zum Rennen vor Aufregung kaum ein Auge zu. Zu sehr hat er sich in den vergangenen Tagen ausgemalt wie es sein wird, wenn er seine geliebten Ferraris das erste Mal sehen kann und fragt sich, ob sie so klingen werden, wie er es sich in Gedanken vorgestellt und er sie immer imitiert hat, ohne sie jemals gehört zu haben. Wie schnell werden sie sein? Wie laut? Wird er die Fahrer erkennen können wenn sei vorbei rasen? Fragen, die sich die ganze Nacht in seinem Kopf drehen, aber er ist sich sicher: Morgen würde der schönste Tag in seinem Leben werden.

Mailand, 10. September 1961.
"Macht euch einen schönen Tag und passt gut auf euch auf" ruft Giulia ihnen zu, als sie gegen zehn Uhr das Haus verlassen.
"Fahr bitte vorsichtig, Du weißt ja, heute sind alle Italiener Rennfahrer. Der Weg zur Strecke und zurück ist gefährlicher an solchen Tagen als das Rennen selbst."
"Claro bella, Du weißt ja, dass Du Dich auf mich verlassen kannst" ruft Mario zurück, den Kopf aus dem Fenster des FIAT gesteckt.
"Ich passe schon auf. Mal gespannt, wie es heute werden wird. Endlich mal wieder bei einem Rennen dabei! Mann, jetzt freue ich mich fast noch mehr als Roberto. Es wird bestimmt ein unvergesslicher Tag! Bis heute Abend" ruft Mario ihr zu, bevor er den Kleinwagen startet und sie winkend um die Straßenecke verschwinden.

Von weitem dringt Motorenlärm zu ihnen, als Mario nach einer mehrstündigen Schleichfahrt inmitten einer endlosen Wagenkolonne müde und gestresst den Fiat abschließt. Die Fahrt war ermüdend und zwischendurch befürchteten sie, sie würden sie es nicht früh genug zum Rennen schaffen.

“Wir sind spät dran, aber das packen wir noch, in zwanzig Minuten startet das Rennen. Blöder Stau, der hat uns mehrere Stunden Zeit gekostet. Nächstes Jahr machen wir das anders, da fahren wir früher los und verbringen die Zeit an der Rennstrecke bevor es los geht."
"Nächstes Jahr sind wir wieder da? Grandioso!" ruft Roberto und zieht noch fester an Marios Arm. "Wie weit ist es denn noch, Papa?"
"Nicht mehr sehr weit, wir versuchen, direkt an die Strecke zu kommen, wo man die Autos lange und nahe sehen kann. Wir müssen nur noch um die Parabolica rum und suchen uns dann einen Platz am Anbremspunkt vor der Kurve am Ende der Geraden."
Die Beiden bahnen sich ihren Weg durch eine wogende Menschenmasse, die sich in jede Richtung bewegt. Einige kommen ihnen entgegen, Andere werden wie sie im allgemeinen Gewühle nach vorne getrieben. Zwischendurch Autos und Motorroller, die sich hupend den Weg durch die Zuschauer bahnen. Abgase der vorbeifahrenden Motorroller vermischen sich mit dem Schweiß der Besucher und dem Geruch von Grillkohle und Gegrilltem. Auf den Wiesen sonnen sich Besucher, trinken Wein und unterhalten sich über das bevorstehende Rennen. Die Zufahrtsstraße ist nicht viel mehr als ein breiterer, staubiger Feldweg, mit angrenzenden Wiesen auf der rechten Seite, die als Parkplätze für Autos und Motorräder genutzt werden. Links geht es einen kleinen Erdwall hinauf, auf dem die Zuschauer in mehreren Reihen stehen. Während er Roberto fest an der Hand hält, bahnt sich Mario weiter seinen Weg durch das Menschengewühl, dabei immer nach einer Lücke auf dem Erdwall Ausschau haltend.
"Komm, Roberto, da oben scheint ein Plätzchen zu sein. Gucken wir mal, ob wir uns da hinstellen können."

Minuten später ist es geschafft, gerade rechtzeitig vor Beginn des Rennens um 15.00 Uhr haben sie einen Platz gefunden, freundliche Motorsportfans lassen Roberto bis an den Zaun vor, Mario direkt hinter ihm. Von hier aus wird Roberto das Rennen durch die breiten Maschen des Zauns beobachten können. Einige Zuschauer haben sich bereits frühmorgens ihr Refugium mit Hilfe von Klappstühlen und Schnüren abgesteckt, mussten es im Verlauf des Tages auf Anweisung der Kartenkontrolleure jedoch wieder räumen, um auch anderen Besuchern einen guten Blick zu gewähren. Jetzt stehen alle eng an eng und Mario ist froh, dass er Getränke, Obst und Weißbrot mitgenommen hat, denn er ist sich sicher, während des Rennens keine Gelegenheit mehr zu bekommen, seinen Platz zu verlassen. Auf dem gegenüber liegenden Streckenteil, nur durch eine Innenfläche und den Boxen getrennt, liegt die Startgerade, die parallel von hohen Tribünen umsäumt ist. Wenn man den Blick nach Norden richtet kann man im Hintergrund die Silhouette der Alpen sehen. Motorenlärm dringt zu ihnen hinüber, die Motoren werden angelassen und laufen warm. Nur noch Sekunden bis zum Start. Mario fasst seinen Sohn fest an den Schultern, der sich ein wenig ängstlich zu ihm umgedreht hat.
"Gleich geht's los. Hast Du Angst, piccolino?"
Stumm schüttelt Roberto den Kopf.

Sekunden später signalisiert zum Inferno gesteigerter Motorenlärm den Zuschauern, dass die Startflagge in wenigen Sekunden fallen wird. Die Fahrer jagen den Motor auf hohe Drehzahlen, lösen die Bremse, lassen das Kupplungspedal los, und drücken das Gaspedal bis auf das Bodenblech durch. Durchdrehende Reifen hinterlassen schwarze Striche auf dem Asphalt, die Renner nehmen Fahrt auf und jagen die lange Start- und Zielgerade hinunter. Erst als sie in das Dunkel des kleinen Wäldchens verschwinden, nimmt der Motorenlärm ab. Eine scheinbare Ruhe, die bereits nach wenigen Sekunden beendet wird. Es wird lauter und lauter, lauter als in den Minuten zuvor, lauter als Roberto es jemals gehört hat. Er spürt Vibrationen in seinem Magen. Seine kleinen Finger krallen sich in den Zaun, er steht auf den Zehenspitzen und guckt in die Richtung, in der sie gleich kommen müssen.
Da! Aus dem Kurvenausgang am Rande des Wäldchens lösen sich einige bunte Punkte, die rasend schnell näher kommen, rote, grüne, blaue, weiße Autos, breit gefächert fast die ganze Straßenbreite ausnutzend. Wie ein Schwarm boshafter Hornissen schwirren sie über den Asphalt. Robertos Herz pocht gewaltig, er spürt das Lärmen der Motoren als Hämmern in seinem Brustkorb. So etwas hat er noch nie erlebt. So gewaltig hat er es sich nicht vorgestellt! Das übertrifft alles bisher Erlebte! Seine Knie zittern, aber er dreht sich mit einem breiten Lächeln zu seinem Vater um, nachdem auch die Nachzügler vorbei sind. Die Spitze des Feldes befindet sich nun im Steilwandteil, der ihren Stehplatz im großen Oval umrundet. Roberto hört den Motorenlärm nun in seinem Rücken, bevor sie die Ziellinie überqueren, um die zweite von dreiundvierzig Runden in Angriff zu nehmen.

Die Sekunden vergehen.
Gespannt wartet Roberto und schaut erneut auf den Kurvenausgang, aus dem gleich wieder die Rennwagen kommen müssen. Er drückt seine Wange fest gegen den Zaun und starrt in die Richtung, aus der sie kommen werden. Dieses Mal wird er tapfer sein und sich nicht mehr so sehr erschrecken wie in der ersten Runde.
Da! Der Motorenlärm schwillt an, steigert sich ins Unermessliche, die Trommelfelle der Zuschauer scheinen zu zerplatzen. Da sind sie schon wieder! Wie an einer Perlenkette aufgereiht kommen sie aus der Kurve geschossen. Die Spitze des Feldes jagt die Gerade hinunter auf die Anbremszone der großen Kurve zu, vier oder fünf Wagen, meist rote Farbtupfer, die im kurzen Abstand von einer kleinen zweiten Gruppe verfolgt werden, wiederum aus vier oder fünf Fahrzeugen bestehend.

Wie aus dem nichts wirbelt Staub auf, Grasbrocken fliegen durch die Luft. Ein roter Wagen löst sich nach einer Berührung mit einem anderen Wagen aus der Gruppe, stellt sich quer und rast ungebremst über das schmale Rasenstück neben der Strecke. Mit Hochgeschwindigkeit schießt das Fahrzeug den nur zweieinhalb Fahrzeuglängen breiten Hang hinauf, auf den Zaun zu, hinter dem die Zuschauer dicht gedrängt das Rennen verfolgen. Der Hang wirkt wie eine Raketenabschußrampe und katapultiert den Renner in die Höhe. Innerhalb von Sekundenbruchteilen verwandelt der rote Wagen, der sich auf Höhe des Maschendrahtzaunes wie ein Propeller um die eigene Achse dreht, die friedliche Szenerie in ein Inferno aus Blut und Schmerzen. Schreie gehen im Motorenlärm unter, Zuschauer werden niedergemetzelt, der Wagen schlägt eine Schneise des Todes in die dicht gedrängten Reihen.
Als sich die riesige Staubwolke lichtet, die über dem Bankett der Strecke und den Zuschauerrängen aufgestiegen ist, wird das Ausmaß der Tragödie sichtbar. Graf Trips, der Fahrer des verunfallten Fahrzeugs, liegt leblos neben der Strecke, der rote Wagen, -der Stolz Italiens- unbrauchbar gewordenes Eisen für die Schrottpresse. Menschen im Schockzustand suchen ihre Angehörigen, andere versuchen zu helfen, wo nicht mehr zu helfen ist. Aus der Ferne kämpfen Sirenen gegen den Motorenlärm an.

*

Sah Roberto im Moment des Geschehens der ersten Gruppe nach, die sich anschickte, sich in die Parabolica-Kurve einzubremsen, oder erkannte er in einem plötzlichen Moment ungläubigen Erstaunens, dass der rote Wagen die Böschung hinauf gerast kommt? Direkt auf ihn zu! War das leuchtende Rot des Ferraris das Letzte, das Roberto in seinem noch jungen Leben sah, bevor er seine Augen für immer schloss?

Roberto überlebt seinen Vater Mario um fünfzehn Stunden, als er in den frühen Vormittagsstunden des Montags nach dem Rennen im Hospital von Modena seinen letzten Atemzug macht, ohne das Bewusstsein wieder erlangt zu haben. Tage später wird er zusammen mit anderen Toten des Katastrophentags von Monza in Mailand zu Grabe getragen. Er ist der jüngste von fünfzehn Zuschauern, die das Pech hatten, zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort zu sein und ihre Begeisterung für den Motorsport mit dem Leben bezahlen mussten. Eine kleine Unachtsamkeit zweier Piloten, gepaart mit den unzureichenden Sicherheitsvorkehrungen der damaligen Zeit genügten, um die nach der Katastrophe von Le Mans im Jahr 1955 größte Katastrophe bei einem Motorsportwettbewerb auszulösen.

Das Rennen geht ohne Unterbrechung weiter. Sieger und damit Weltmeister des Jahres 1961 wird der Amerikaner Phil Hill.

 

Hallo Freegrazer,

ich muss sagen, dass ich nicht mit diesem traurigen Ende gerechnet hatte. So wird der Titel deiner Geschichte erst bedeutend.

Ich konnte mich anfangs mit dem Verlauf der Erzählung nicht anfreunden, da ich erst eine romantische Familiengeschichte vermutete, die dann plötzlich zu einem minutiösen Autorennbericht überging. Erst das Ende fügte beides zusammen. Nicht schlecht gemacht ;-)

Folgendes ist mir aufgefallen:

Mal schreibst du AC Mailand, dann AC Milano.

Mario arbeitet die Woche über im FIAT-Werk in Turin, schraubt die Autos zusammen, die in alle Länder der Welt exportiert werden. Oft plagt ihn heftiges Heimweh, aber er freut sich nach einer langen Zeit der Arbeitslosigkeit und Gelegenheitstätigkeiten darüber, vor vier Jahren im FIAT-Werk einen sicheren Arbeitsplatz mit angemessener Bezahlung gefunden zu haben.
Diese beiden Sätze überschneiden/doppeln sich etwas. Vielleicht einfach in „vor vier Jahren einen sicheren Arbeitsplatz“ kürzen. (Ich weiß, du verwendest bestimmt extra Fiat so oft, um den Bezug des Mannes und sein Stolz zur Marke Fiat/Ferrari verstärkt darzustellen).

den Kopf aus dem Fenster des Fiat gesteckt.
renommierte italienische Automarke wie FIAT, Alfa Romeo oder Lancia
FIAT-Werk

Warum mal groß und mal klein?

Bis heute Abend" ruft Mario ihr zu, bevor er den Kleinwagen startet. und sie winkend um die Straßenecke verschwinden.
Da stimmt was nicht ;-)

"Wie weit ist es denn noch?, Papa?"
Das erste Fragezeichen kannweg.

Im Ganzen eine runde Geschichte, die mir gut gefallen hat.

Viele Grüße,
GoMusic

 

Hallo Freegrazer,

da ich kein Freund von tragischen Geschichten bin, kann ich nur sagen: Gut geschrieben.

Eines ist mir aufgefallen:

Das Rennen geht ohne Unterbrechung weiter. Sieger und damit Weltmeister des Jahres 1961 wurde der Amerikaner Phil Hill.
im Letzten Satz wechselst Du die Zeit. Warum nicht Sieger wird ...

Herzliche Grüße

Jobär

 

Hallo GoMusic,

zuerst einmal vielen Dank für deine Worte und die eingehende Kritik mit Aufzeigen von Fehlern. Ich habe diese direkt mal korrigiert. Ein besonders guter Hinweis in diesem Zusammenhang war die (zu) häufige Erwähnung des Markennamens FIAT in allen Schreibweisen. Auch das habe ich korrigiert.

Ich war sehr gespannt, wie die Geschichte ankommt, die zu schreiben mir nicht leicht fiel; ich hatte Probleme, aus der Geschichte, die sich 1961 tatsächlich ereignete, eine literarisch angehauchte KG zu machen. Nicht ganz einfach! Daher konnte ich ein wenig aufatmen, als ich deinen Kommentar gelesen habe. Danke!

Hallo jobär,

danke auch dir für dein "Gut geschrieben". Hat mich sehr gefreut. Und den letzten Satz, da hast du natürlich völlig recht ...

Gruß, Freegrazer

 
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Hi,

ja, das ist gut und anschaulich geschrieben, ich habe das gern gelesen.
Zwei Punkte:


Erstens: die Zeit.

Als sich ihre wiederkehrende, morgendliche Übelkeit auch mit einem Gläschen Grappa nicht überspielen lässt, weiß Giulia Brambilla, dass es wieder soweit ist und sie in froher Erwartung auf das Kommende blicken kann.
Wie jedes italienische Familienoberhaupt hatte Mario, der die Nachricht überrascht, aber mit unverborgenem Stolz entgegen nimmt, sich nichts sehnlicher als einen Jungen gewünscht, den er in seinem Sinne erziehen und prägen könnte. Der seinen Namen tragen und die Erinnerung an seine Vorfahren aufrecht erhalten würde. Noch vor wenigen Jahren hatte Mario wiederholt damit gehadert, durch die Kraft seiner Lenden keinen männlichen Nachfahren gezeugt zu haben, es später aber als unabänderliches Schicksal hingenommen. Es war eben so, wie es war und das Leben machte auch in einem Haushalt mit zahlenmäßig überdrückender weiblicher Übermacht Spaß.

Also mich hat das wiederkehrende Präsens beim Lesen gestört. Wieso schreibst du das nicht einfach alles in der Vergangenheit? Das fände ich viel angenehmer, so war das - für mich - (auch wenn das rein grammatikalisch wahrscheinlich schon korrekt ist), holprig zu lesen, einmal Präsens und dann wieder "hatte", alles in einem Satz. Probier doch mal eine Version 2 aus, in der du alles in der Vergangenheit erzählst und schau dann mal, ob dir das nicht auch besser taugt.


Zweitens: die Dialoge.

Du erzählst sehr narrativ. Das ist ganz angenehm, da sitzt so ein Erzähler vor meinem inneren Auge auf einem Ohrensessel und erzählt mir diese Geschichte (deswegen fände ich übrigens auch die Vergangenheit als Erzählform besser), aber Dialoge kommen sehr kurz bei dir. Das ist sehr schade eigentlich, weil wörtliche Rede deinen Figuren "Leben einhaucht", in so direkten Szenen lernt man deine Figuren mal wirklich kennen, weil man sieht, wie sie miteinander agieren und wie sich ihre Sprache anhört. Und bei den Dialogen kannst du auf jeden Fall noch was rausholen. Die wirken auf mich noch etwas gestelzt, etwas steif, da habe ich nicht das Gefühl, wirklich Roberto und seinen Vater zu hören, sondern den Autor, der mir Informationen rübergeben will. Z.B.:

Mailand, 10. September 1961.
"Macht euch einen schönen Tag und passt gut auf euch auf" ruft Giulia ihnen zu, als sie gegen zehn Uhr das Haus verlassen.
"Fahr bitte vorsichtig, Du weißt ja, heute sind alle Italiener Rennfahrer. Der Weg zur Strecke und zurück ist gefährlicher an solchen Tagen als das Rennen selbst."
"Claro bella, Du weißt ja, dass Du Dich auf mich verlassen kannst" ruft Mario zurück, den Kopf aus dem Fenster des FIAT gesteckt.
"Ich passe schon auf. Mal gespannt, wie es heute werden wird. Endlich mal wieder bei einem Rennen dabei! Mann, jetzt freue ich mich fast noch mehr als Roberto. Es wird bestimmt ein unvergesslicher Tag! Bis heute Abend" ruft Mario ihr zu, bevor er den Kleinwagen startet und sie winkend um die Straßenecke verschwinden.
"Fahr bitte vorsichtig, Du weißt ja, heute sind alle Italiener Rennfahrer. Der Weg zur Strecke und zurück ist gefährlicher an solchen Tagen als das Rennen selbst."
Reden so Leute? :) Nee, oder? Ich finde, das klingt total nach Autor. Wenn du Dialoge schreibst, sollte das immer so klingen, wie Leute wirklcih reden, und so einen Vergleich wie: Du weißt ja, heute sind alle Italiener Rennfahrer. Der Weg zur Strecke und zurück ist gefährlicher an solchen Tagen als das Rennen selbst., das kommt doch nicht aus einer besorgten Ehefrau heraus, wenn sie kurz sagen will, dass ihr Mann langsam und vorsichtig fahren soll.
Ich will jetzt nicht so tun, als ob ich die Weisheit mit Löffeln gefressen hätte, oder als ob ich der große Dialog-Schreiber wäre, aber ich hab dir den Satz mal umgeschrieben, damit er "echter" oder "natürlicher" wirkt, damit sich das anhört, wie eine besorgte Frau, die ihren Mann noch mal sagen will, dass er langsam fahren soll:
"Mario, fahr bitte vorsichtig heute, du weißt ja, wie bescheuert die Leute wegen dem Rennen sind."
Klingt doch irgendwie echter, oder? Ich finde, in Dialogen braucht man auch gar keine literarischen Vergleiche, das sollte einfach eine authentisch wirkende, natürliche Sprache sein. Ich hoffe du weißt, was ich meine.

Ansonsten habe ich das aber gerne gelesen, ja, mir fehlt etwas dieses Szenische, mehr Dialoge, dadurch würden deine Figuren noch lebendiger wirken und es würde mir am Ende noch mehr das Herz brechen, wenn sie sterben. Aber ich denke, du bist auf einem guten Weg, einfach mal weiterschreiben!

Viele Grüße,
zigga

 

Hallo Zigga,
vielen, vielen Dank für deine sehr ausführliche Kritik! Es freut mich, dass du dir soviel Zeit genommen hast und mir gute Hinweise gibst.

Erstens: die Zeit.
Also mich hat das wiederkehrende Präsens beim Lesen gestört. Wieso schreibst du das nicht einfach alles in der Vergangenheit?

Danke! Na klar, einer meiner Lieblingsfehler! Komisch, ich kann den Text noch so oft lesen und überlese so etwas immer wieder. Hast vollommen recht. Wird korrigiert!

Zweitens: die Dialoge.
(...) aber Dialoge kommen sehr kurz bei dir.
(...) Wenn du Dialoge schreibst, sollte das immer so klingen, wie Leute wirklcih reden, und so einen Vergleich wie: Du weißt ja, heute sind alle Italiener Rennfahrer. Der Weg zur Strecke und zurück ist gefährlicher an solchen Tagen als das Rennen selbst., das kommt doch nicht aus einer besorgten Ehefrau heraus, wenn sie kurz sagen will, dass ihr Mann langsam und vorsichtig fahren soll.
Ich will jetzt nicht so tun, als ob ich die Weisheit mit Löffeln gefressen hätte, oder als ob ich der große Dialog-Schreiber wäre, aber ich hab dir den Satz mal umgeschrieben, damit er "echter" oder "natürlicher" wirkt, damit sich das anhört, wie eine besorgte Frau, die ihren Mann noch mal sagen will, dass er langsam fahren soll:
"Mario, fahr bitte vorsichtig heute, du weißt ja, wie bescheuert die Leute wegen dem Rennen sind."
Klingt doch irgendwie echter, oder? Ich finde, in Dialogen braucht man auch gar keine literarischen Vergleiche, das sollte einfach eine authentisch wirkende, natürliche Sprache sein. Ich hoffe du weißt, was ich meine.

Zigga, 100% einverstanden! Da hast du sowas von Recht. Ich hatte beim Schreiben zwar nicht so den Eindruck, dass es zu wenig Dialoge wären, hatte aber auch das Gefühl, dass die wenigen Dialoge recht hölzern daherkommen. Mir gefällt dein Beispiel und der Änderungsvorschlag daher sehr gut!

Ich glaube, mein Problem besteht beim Schreiben selbst. Ich bin immer dann ganz gut, wenn ich locker-flockig drauflosschreibe; fangs ich schon beim ersten Entwurf an zu drechseln, gehts schief! Weisst du was ich meine? Ich verkrampfe - raus kommen dann solche Dialoge.

Also: Kritik angenommen! Sehr hilfreich!

Ansonsten habe ich das aber gerne gelesen, ja, mir fehlt etwas dieses Szenische, mehr Dialoge, dadurch würden deine Figuren noch lebendiger wirken und es würde mir am Ende noch mehr das Herz brechen, wenn sie sterben. Aber ich denke, du bist auf einem guten Weg, einfach mal weiterschreiben!

Vielen Dank!
Ich nehme alle deine Anregungen gerne auf und werde versuchen, am Wochenende eine korrigierte, hoffentlich lebhaftere Version hier einzustellen.
Mal gespannt, ob es mir gelingt und wie die Geschichte dann klingt.

Liebe Grüße

Freegrazer

 

Da! Aus dem Kurvenausgang am Rande des Wäldchens lösen sich einige bunte Punkte, die rasend schnell näher kommen, rote, grüne, blaue, weiße Autos, breit gefächert fast die ganze Straßenbreite ausnutzend. Wie ein Schwarm boshafter Hornissen schwirren sie über den Asphalt. Robertos Herz pocht gewaltig, er spürt das Lärmen der Motoren als Hämmern in seinem Brustkorb.

Lieber Freegrazer,

ich kann mich an Filmausschnitte (Tagesschau u. a.) dieses Tages erinnern (vllt. auch nur, weil sie immer wieder gezeigt wurden) – aber ich war weder ein Fan von Modelleisenbahnen, die wie blödsinnig im Kreis rumfuhren, noch von Autos (diese Abneigung gegen Konservendosen, in denen nur noch das Öl fehlte, ach Gott!, das gab’s ja darinnen, ist geblieben), da spazierte ich lieber von 400 m bis 10 km bis zur Bewusstlosigkeit scheinbar Schnelleren hinterher (natürlich nicht mit elf Jahren, da reichten ein Sprint und ein guter Weitsprung, um eine Urkunde bei den Bundesjugendspielen zu erhalten, ohne je einen Hund gehabt zu haben, benahm ich mich schon wie ein Wolf).

Aber hier schlägt was ganz anderes wie ein Bombe ein: Der Neoliberalismus (begründet durch Hayek – ein tschechischer Naziverehrer - und dem Amerikaner Friedman - Chicago Shool), der aktuell in der Welt grassiert, hat uns – BRD: die Rot-Grüne-Koalition, Italien Furz, pardon Forza Berlusconi), zuvor Reagan’s America und der eisernen Lady UK), unter dem nicht nur Europa leidet, wirft die soziale Entwicklung um mindestens – von heute aus gerechnet – um zwei Generationen zurück (irgendwo in Deiner Erzählung wird so etwas wie die „Tafel“ erwähnt,

wieder Fleisch und Wurst zusteckt, das eigentlich als Spende für "la mensa" vorgesehen war, einer Hilfsorganisation für die Benachteiligten der Mailänder Gesellschaft
wo hierzulande und heute – nachdem vor 66 Jahren der Sozialstaat hierorts geschaffen wurde - Unterprivilegierte ihren Mittagstisch aus Resten der Wohlstandsgesellschaft gnädig erhalten (wie das liebe Vieh), wo Mitbestimmung abgeschafft wird (wofür auf Seiten der Arbeiterbewegung bis 1918 Blut geflossen ist). Schöne, alt überkommene Formulierierungen wie
durch die Kraft seiner Lenden
zeigen mir, dass da was wird …

Aber es gibt Trivialeres zu korrigiern (und immer muss ich armes Schwein es machen, aber dennoch: es wird was!) In der Reihenfolge der Auftritte (oder des ersten, sofern sich was wiederholt):

Als sich ihre wiederkehrende, morgendliche Übelkeit auch mit einem Gläschen Grappa nicht überspielen lässt, weiß Giulia Brambilla, dass es wieder soweit ist und sie in froher Erwartung auf das Kommende blicken kann.
Da wäre natürlich der Konjunktiv, wenn nicht „können“, i. d. Fall „kann“ nicht genug „Möglichkeit“ böte.

Aber das „soweit“ (Subjunktion, einschließend- und somit begrenzend) wär in diesem Fall besser in seine zwei Teile – so und weit - zerlegt, Präposition und Adjektiv halt … (wie ja nachgerade das „eben so“ korrekt zerlegt ist, wie eigentlich eher nicht ungehörig zusammengefügt). Wobei da ein Komma, in der Folge dann ein zwotes, nachzutragen ist

Es war eben so, wie es war[,] und das Leben machte auch in einem Haushalt mit zahlenmäßig überdrückender[,] weiblicher Übermacht Spaß.

Nur die älteste Tochter steht bereits auf eigenen Beinen und unterstützt mit ihrem Lehrlingsgehalt die Eltern[,] so gut sie kann, …
Gibt’s das im Italienischen „Lehrlingsgehalt“?
Ich kann kein Italienisch. Aber hier0rts werden Azubis – damals Lehrlinge – mit keinem „Gehalt“ beglückt, bekommen bestenfalls die von ihnen in die Ausbildung investierte Zeit „vergütet“, die selbst heute noch i. d. R. weit unterm „Mindestlohn“ liegt, der ja auch ein Gehalt sein kann.

Neben den Zeichen wäre hier eher eine Abschaffung der leidigen würde-Konstruktionen anzumahnen

Er hat sich fest vorgenommen, dass Roberto es später einmal besser haben würde als er[,] und arbeitet verbissen
(reichte nicht statt haben würde „habe“?)

Und hier „könnte“ der Konjunktiv wahrhaftig mehr als eine würde-Konstruktion verdienen

Vielleicht könnte der Junge der Erste in der Familie sein, der studieren würde.
Besser: „der studierte“, weil es zugleich indirekt durch gleichen Formwillen des „studierte“ auf Möglichkeit und – wenn’s denn so käme – für künftige Generationen Präteritum ist. Ich war übrigens der erste „studierte“ in einer Handwerker- und Bergarbeiterfamilie, die nach dem Weltkrieg zu Hilfsarbeitern degradiert wurden.

In den Werksferien geniessen Roberto und Giulia …
Seit wann schreibstu auf einer Schweizer Tastatur? Gelegentlich findestu doch das ß, einen Buchstaben, den ich seit seiner Erfindung im 30-jährigen Krieg für viel fantastischer und sinncoller halt als das @ der Neuzeit …

…, strömen die Tifosis ..
Nee, die Mehrzahlbildung ist angloamerikanisch, selbst wenn ich kein Italienisch kann (aber einige Brocken Spanisch).

Und da drängt Einiges – kommentarlos itzo:

Zu sehr hat er sich in den vergangenen Tagen ausgemalt[,] wie es sein w[e]rd[e], wenn er seine geliebten Ferraris das erste Mal sehen kann[,] und fragt sich, ob sie so klingen werden, wie er es sich in Gedanken vorgestellt und er sie immer imitiert hat, ohne sie jemals gehört zu haben.
Kurz: Du bist kein Kleist!, selbst wenn das nur vier Zeilen an Satz sind …
Wird er die Fahrer erkennen können[,] wenn sei vorbei rasen?
"Macht euch einen schönen Tag und passt gut auf euch auf"[,] ruft Giulia ihnen zu

"Claro bella, Du weißt ja, dass Du Dich auf mich verlassen kannst"[,] ruft Mario zurück, …
(warum hier die Höflichkeitsform! Auch in Italien sind die [Fürsten]Höfe angeschafft, sehn wir mal von Medienzar B. ab)

Bis heute Abend"[,] ruft Mario ihr zu, …
… und verbringen die Zeit an der Rennstrecke[,] bevor es los geht."
"Nächstes Jahr sind wir wieder da? Grandioso!"[,] ruft Roberto …

Wenn man den Blick nach Norden richtet[,] kann man im Hintergrund die Silhouette der Alpen sehen.
…, die im kurzen Abstand von einer kleinen[,] zweiten Gruppe verfolgt werden, …
Wie aus dem [N]ichts wirbelt Staub auf, …

Raketenabschußrampe
Da isset ja, dat ß (siehe Anm. zur Schweizer Tastatur), leider wäre hier aber das Doppel-s angesagt …
…, der rote Wagen, -[…] der Stolz Italiens[…]- unbrauchbar gewordenes Eisen für die Schrottpresse.

Und dann ein Satz, der heute in der Ost-Ukraine, im Mittelmeer, Syrien, Irak, Jemen, Nepal, Eritrea, Somalia, Nigeria, aber auch im von der Presse verschwiegenen Kongo usw. gelten könnte

Menschen im Schockzustand suchen ihre Angehörigen, andere versuchen zu helfen, wo nicht mehr zu helfen ist. Aus der Ferne kämpfen Sirenen gegen den Motorenlärm an.

Das anstrengende Lesen hat sich gelohnt,

findet der

Friedel -

Mühe ist nie sinnlos, weder für den sich mühenden noch den Bemühten

 
Zuletzt bearbeitet:

Hola Freegrazer,

um es mit zwei Worten zu sagen: Toll gemacht!
Du wirst besser und besser, alle Achtung. Schöner atmosphärischer Anlauf, Steigerung und Tragödie - das wäre für eine erfundene Geschichte das Erfolgskonzept.
Bei Deinem Text fühle ich mich direkter angesprochen. Das ist ja tatsächlich passiert. Ich spüre, der Autor hat Sachverstand, hat sehr gut recherchiert und hat ordentlich gerackert, um die Katastrophe eindringlich, doch nicht zu unerträglich darzustellen.
Der skrupelloseste Autor ist sowieso das Leben.

Meine Lieblingsstellen:

und fragt sich, ob sie so klingen werden, wie er es sich in Gedanken vorgestellt und er sie immer imitiert hat, ohne sie jemals gehört zu haben

"Gleich geht's los. Hast Du Angst, piccolino?"
Stumm schüttelt Roberto den Kopf.

Da! Aus dem Kurvenausgang am Rande des Wäldchens lösen sich einige bunte Punkte, die rasend schnell näher kommen, rote, grüne, blaue, weiße Autos, breit gefächert fast die ganze Straßenbreite ausnutzend. Wie ein Schwarm boshafter Hornissen schwirren sie über den Asphalt. Robertos Herz pocht gewaltig, er spürt das Lärmen der Motoren als Hämmern in seinem Brustkorb. So etwas hat er noch nie erlebt. So gewaltig hat er es sich nicht vorgestellt! Das übertrifft alles bisher Erlebte! Seine Knie zittern, aber er dreht sich mit einem breiten Lächeln zu seinem Vater um...

Wie an einer Perlenkette aufgereiht kommen sie aus der Kurve geschossen.

Der Hang wirkt wie eine Raketenabschußrampe und katapultiert den Renner in die Höhe.

Aus der Ferne kämpfen Sirenen gegen den Motorenlärm an.

Da bin ich als Leser total eingebunden, das berührt mich - besonders der aberwitzige Kontrast zwischen

Roberto Brambilla, 6 Jahre,
und
Das Rennen geht ohne Unterbrechung weiter.

Da halte ich inne. Das muss ein Text erstmal schaffen!

Großes Kompliment, mein Lieber! Da hast Du etwas geleistet.

Alle guten Wünsche

von José.

..

 

Hola José,

dir mal eine schnelle Reaktion, nachdem wir beiden festgestellt haben, dass mich die Anzahl der derzeitigen Beiträge hier im Forum manchmal etwas kopflos machen und ich dann schlichtweg übersehe, liebgewordenen Usern zu antworten.

Ja, freut mich, dass dir der Text gefallen hat und dass es mir gelungen ist, zumindest phasenweise dichte Atmosphäre hinzukriegen. So ganz zufrieden bin ich aber selbst noch nicht mit dem Text und ich habe mir aufgrund der tollen Hinweise hier vorgenommen, mir den Text in den kommenden Tagen nochmal vorzunehmen.

Schön auch, dass du dir die Mühe gemacht hast, die deiner Meinung nach gelungenen Passagen nochmal aufzuführen; hilft mir sehr zu erkennen, was gelungen ist bzw. gefällt und wo wohl noch Besserungsbedarf besteht.

Man liest sich ... recht bald schon.

Liebe Grüße

Freegrazer
Hallo Friedel,
atemlos wie immer habe ich deine Kritik verfolgt. Mann o Mann, unglaublich, was du zutage förderst. Hilft mir sehr, zeigt mir aber auch recht schonungslos auf, welche Mängel bei mir noch vorhanden sind; leider reichlich.
Hatte deine Kritik leider aufgrund zeitmangel nur überfliegen können, mir dies nun aber als Samstagaufgabe auf den Tisch gelegt. Vielen Dank nochmal!

Liebe Grüße,

Freegrazer

 

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