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Rote Flut

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01.09.2005
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Rote Flut

Der Investor war ein junger Mann. Jünger als Günther, aber was hieß das schon? Günther war alt. Aus grau wurde weiß, Strähne für Strähne. Wenigstens hatte er sie behalten, seine Haare. Wer wusste, wie lange noch? Manche erzählten, die Termiten sammelten Skalps.
„Es freut mich, Sie endlich mal kennenzulernen.“ Der Investor bot ihm die Hand. Günther packte sie und drückte zu. Sein Leben lang hatte er mit den Händen gearbeitet.
„Au!“ Der Investor lachte. „Starker Mann.“
Günther fühlte sich dumm. Ein sehniger Unterarm gegen Köpfchen und Kohle. Geld hatte den längeren Atem, als wüsste das nicht jeder. Wenn seine Hand jetzt allerdings nach diesem dünnen Hals griff und zudrückte, der Kehlkopf wie eine Pflaume in seiner Faust, das könnte klappen.
„Sie haben ganz schön was losgemacht.“ Der Investor klatschte leisen Beifall. „Robin Hood.“
Günther schüttelte den Kopf. „Wir wohnen hier seit vierzig Jahren.“ Kurz drehte er sich um zum Haus. „Deshalb.“
Der Investor schob die Unterlippe nach vorn und spielte mit dem Zeigefinger daran. „Eine Bruchbude. Wenn Sie mich machen lassen, wird aus diesem Loch wieder ein Zuhause.“ Er faltete die Hände wie zum Gebet. „Es muss doch nicht sein.“
„Wenn wir Sie machen lassen, sitzen wir auf der Straße.“
Der Investor seufzte. „Man könnte auch einfach besser haushalten. Weniger rauchen, weniger trinken.“ Er stieg auf das Fahrrad, das er gegen das Haus gelehnt hatte. Neu dürfte es drei bis vier Monatsmieten kosten, schätzte Günther.
„Gut wohnen hat seinen Preis.“ Als würde er die Graffiti studieren, die Bandenembleme, die Pimmel, die Kuh mit Fedora und Thompson-Maschinengewehr, sah der Investor am Haus empor. „Ich kann Sie wirklich nicht umstimmen? Mit einer Prämie vielleicht?“
Günther schüttelte nicht mal mehr den Kopf. Der Investor zuckte die Schultern. „Wenigstens kann ich allen sagen, dass ich es versucht habe.“
Diesmal nahm Günther die Hand nicht. Der Investor zog sie zurück. „Sie sind nicht Robin Hood“, sagte er. „Wie Sie Ihre Frau da mit reinziehen.“
Er setzte seinen Helm auf und trat in die Pedale. Günther kratzte sich an der Wange. Dieser Drecksack mit seinem Fahrrad und das in dieser Gegend. Wo waren sie mit ihren Knüppeln und Messern, wenn man sie brauchte? Robin Hood am Arsch.

Edit wartete im Treppenhaus. Günther wollte ihre Wange küssen, aber sie brachte die Hand zwischen sich und seine Lippen.
„Was hat er gesagt?“
Günther ging weiter, blieb im Türrahmen der Wohnung stehen und drehte sich zu ihr um. „Was denkst du?“
Sie sah nach unten. Vier Stockwerke. Drei über ihnen. Alle leer. Alle hatten aufgegeben. Alle hatten Angst. „Dann lass uns gehen. Wir haben es versucht.“ Sie kniff die Augenlider zusammen. „Warum grinst du?“
„Das hat er auch gesagt.“
„Wie bitte?“
Günther winkte ab. „Nicht so wichtig.“ Er machte eine Geste, als würde er sie zum Tanz auffordern. Warum hatten sie eigentlich so lange nicht mehr getanzt? „Komm rein.“
Sie saßen auf dem Sofa, ihr Kopf an seinen Schultern. Bilder an den Wänden. Bergen in Norwegen, seine Eltern. Edits nicht. Immer nur Streit, weil sie als Lehrerin diesen Hilfsarbeiter geheiratet hatte.
„Wir finden was.“ Sie strich durch sein grauweißes Stippgrütze-Haar. Er nahm ihre Hand.
„Tun wir nicht. Wir schlafen auf der Straße. Und du mit deiner Lunge.“
Er sah zum Fenster, als würden die Termiten von dort kommen, hier oben im Vierten. Ausgeschlossen war das nicht. Nicht mehr. Einige waren kaum noch als Menschen zu erkennen, sagten die Leute. Flügel hatten sie wohl noch nicht, aber Krallen. Hieß es. Der Abfall aus den Laboren. Für die Armee zu unberechenbar. Manche sagten auch, sie kletterten übereinander, um die Wände hoch zu kommen. Genau wie ...
„Wir bleiben.“
„Sie kommen.“
Er packte sie vorsichtig an den Schultern. Fühlte Knochen. „Kann sein.“ Er lächelte. „Sollen sie kommen.“

Der Grund für seine Zuversicht hatte 105 Zentimeter Schwertlänge bei 8,4 PS und lag auf dem Wohnzimmertisch. Ein uraltes Modell. Der Schriftzug auf der Klinge war kaum noch lesbar. Er hatte die Husqvarna im Keller gefunden, dort zurückgelassen zusammen mit Fahrräder mit gerissener Kette, Fernseher mit gesplitterten Displays und Telefone. Telefone über Telefone.
„Es wird klappen, weil sie keine Gegenwehr kennen.“ Er legte die Hand auf den vorderen Griff, als wäre es der Kopf eines treuen Hundes. „Wenn ihnen das klar wird, werden sie wieder abziehen.“
Edit hustete in ein Taschentuch und steckte es schnell wieder weg, damit er die roten Punkte nicht sah. Er sah sie jedes Mal. Auf die Straße, dachte er. In den Regen, in den Wind. Zu den Knüppeln.
„Wir haben schon lange nicht mehr getanzt.“
Ihr Blick ging von der Säge zu ihm. „Was?“
Günther machte Musik auf dem Telefon an. Was Schönes von früher. Er nahm Edits Hände und zog sie an sich, legte ihre Arme um seine Hüfte. Um den Hals würde sie sie nicht lange halten können. Sie tanzten. Ihre Füße bewegten sich kaum, aber sie tanzten. Take on me.

Als es dunkel wurde, machte er das Licht an im Treppenhaus. Der Strom war nicht abgestellt. Früher hatten Investoren so versucht, die Häuser zu räumen. Oft hatten sie dabei den Willen der Mieter unterschätzt. Gerade, als es draußen immer schlimmer wurde. Die Banden und die Bekloppten. Ein langwieriges Spiel. Strom abstellen, Heizung abstellen. Holte man eben die dicken Decken raus. Heute gab es die Termiten. Die brauchten eine Nacht, nicht mal die ganze.
„Du stehst da wie Siegfried.“ Edit kam die Treppe runter. Sie hustete.
„Bleib in der Wohnung“, riet er ihr. „Wer ist Siegfried?“
Sie lächelte mit Blut auf den Lippen. „Die Nibelungen? Der Lindwurm.“
Günther verdrehte die Augen. „Auf meinem Grabstein steht mal ein Text und auf deinem die Anmerkungen dazu, wo ein Komma hin muss und so was.“
Sie wischte sich das Blut von den Lippen und lachte. Ihre Hand ging zur Brust. „Au! Oh Gott, hör auf!“
Er legte die Säge auf den Boden und nahm sie in die Arme, als würde das irgendwas bringen. Sie hustete Blut auf sein Hemd. Ihre Augen tränten. Vom Lachen, hoffte Günther, aber er wusste, sie weinte auch wegen der Schmerzen. Als ihr rasselnder Atem sich beruhigt hatte, fragte er sie, ob alles in Ordnung sei.
„Bring mich nicht zum Lachen“, sagte sie. „Oder zum Atmen.“ Sie lachte. „Au! Scheiße!“
„Das warst du selbst.“
Sie schlug ihn gegen die Schulter. Wie schwach sie war. Günther rieb trotzdem die Stelle, an der sie ihn getroffen hatte. „Du spinnst wohl!“
Mit dem Blut auf den Zähnen sah sie aus wie ein Vampir, und trotzdem hüpfte sein Herz beim Anblick ihres Lächelns. Hüpfte noch immer. Hatte nie aufgehört zu hüpfen.
„Der nächste geht auf die Nase.“ Sie ballte ihre dünnen Finger zur Faust.
„Das will ich sehen, Frau. Ich ...“
Es klopfte an der Tür. Ein Mal, kurz und kräftig. Er strich Edit über die Wange. „Geh nach oben. Ich mach das.“
„Ich bleibe. Allein lässt du das Wasser anbrennen.“
„Edit, bitte.“
„Danke.“ Sie griff in die Rocktasche und zog das große Schlachtermesser hervor. Das letzte Fleisch, das die Klinge zerteilt hatte, war vom Schwarzmarkt gewesen. Dabei war seine Frau Vegetarierin, schon seit Jahren. Nur für ihn nahm sie das Messer noch in die Hand. Hier und jetzt würde sie es nicht wieder einstecken. Er sah es in ihren Augen und küsste sie auf die Stirn.
Bumm.
Etwas knackte im Rahmen. Das zweite Klopfen war ein kräftiger Hieb. Günther zuckte zusammen. Edit sah ihn an. „Sollen sie kommen.“
Er nickte und öffnete die Tür.

Der knallrote Arbeitsanzug. Rote Handschuhe, rote Stiefel. Die Termiten trugen Uniform, als rote Flut stürmten sie die Häuser. Im Netz gab es Bilder und Videos davon, wie sie alles kurz und klein schlugen. In einem packte eine Termite ein Baby bei den Beinen und schmetterte den kleinen Kopf gegen eine Laterne. Es war weit weg und dunkel und hatte keinen Ton. In den Kommentaren sagten einige, es sei nur eine Puppe. Oder etwas ganz anderes. Aber sicher wusste es keiner.
Es war das erste Mal, das Günther ein Termitengesicht aus der Nähe sah. Direkt vor sich. Dicke blaue Adern und Venen zogen sich von der Stirn bis zum Kinn, als blitze es unter der Haut. Die Augen schimmerten grünlich, auch da, wo sie eigentlich weiß sein sollten.
Die Termite betrachtete Günther mit Neugierde. „Hi.“ Ihr Atem roch nach Eiern. „Wir fangen gleich an.“
Günther schüttelte den Kopf. „Wir wohnen hier.“
Die Termite grinste und entblößte dabei gelbe Zahnruinen. „Hier wohnt keiner mehr.“
„Wir bleiben.“
Der späte Gast blickte nach rechts und links, so als stünde dort ein Übersetzer für Günthers Worte. „Wir räumen alles raus, was noch da ist. Alles.“
Günther bückte sich nach der Husqvarna. Die Spitze zeigte auf die Termite.
Sie lachte. „Ernsthaft?“ Sie machte einen Schritt nach vorn, so dass die Säge ihren Bauch berührte. Als sie versuchte, noch einen Schritt weiter zu gehen, hielt Günther dem Druck stand. Sein Finger krümmte sich um den Gashebel. Die Augen der Termite weiteten sich. Schließlich machte sie einen Schritt zurück und grinste wieder. „Dann eben so.“
Die Termite warf den Kopf zurück und riss den Mund auf wie eine Anakonda, die zum Fressen den Kiefer ausrenkt. Ein Laut brach aus diesem Schlund in die Nacht. Eine Sirene. Günther wollte die Hände auf die Ohren pressen, aber er brauchte sie jetzt an der Säge. Es ging los.

Schritte. Arbeitsstiefel auf dem Asphalt, immer mehr. Gesichter erschienen hinter der ersten Termite, drängten nach vorn, wollten ins Haus. Die Säge drückte sich tiefer in den Bauch des Herolds.
„Wartet!“ rief er, aber die Termiten taten das, wofür man sie fürchtete. Einmal in Bewegung gesetzt, waren sie nicht mehr zu stoppen.
Günther warf die Husqvarna an. Die Termite glotzte, als die Säge sich in ihren Bauch fraß. Die weichen Teile waren nicht der Rede wert und auch die Knochen hatten der rasenden Kette voller kleiner Klingen wenig entgegenzusetzen. Wie aus einer Sprinkleranlage spritzte Günther und den umherstehenden Termiten das warme Blut ins Gesicht. Einigen schien das zu gefallen. Manche waren Kannibalen, hieß es. Auch von ihren Gelagen gab es dunkle Wackelvideos.
Eine der Termiten sah zu Günther hoch und fauchte ihn an. Sie ging gebückt und versuchte, sich an seinen Beinen vorbei ins Haus zu schieben. Er konnte sie mit der schweren Säge nicht schnell genug stoppen, womöglich hätte er sich das Blatt sonst selbst ins Bein getrieben.
„Edit!“
Mit ihrer Schweißerbrille sah die Termite aus wie eine Fliege in einem Theaterstück für Kinder. Edit zielte mit dem Messer auf eines der schwarzen Gläser, glitt aber ab und traf die Wange darunter. Das Blut floss in den offen stehenden Mund der Termite. Sie schien überrascht.
„In den Hals!“, rief Günther, und genau da versenkte Edit den Stahl als nächstes.
Die Klingen drangen durch Haut und Knochen, aber die Termiten hatten einen gewaltigen Vorrat daran mitgebracht. Eine rote Pfütze breitete sich aus und Günther musste darauf achten, nicht auszurutschen. Die Säge verlor Benzin, Günther verlor Kraft, Edit hatte ohnehin nicht zu viel davon gehabt. Der Druck dagegen stieg sogar.
Die nächste Termite gelangte ins Haus, wieder vorbei an seinen Beinen. Es war ein Mädchen, noch ein Kind. Sie hatte eine Glatze und Bakterien hatten ihre Wange zerfressen wie Motten ein Hemd. Durch die Löcher sah Günther die Zunge im Mund umherschlackern.
Das Mädchen stürzte sich auf Edit, die ihr Messer kaum noch halten konnte. Günther schrie, wütend und ratlos und voller Angst um sein Mädchen. Wenn er den Eingang aufgab, war das das Ende.
Er fuhr herum mit der Säge, wollte der jungen Termite den kleinen Glatzkopf abschneiden, aber sie duckte sich. Vielleicht sah sie mehr als nur das, was ihre Augen ihr zeigten. Günther konnte den Schwung seiner schweren Waffe nicht mehr bremsen. Die Säge fraß sich tief in Edits Arm. Die Finger klammerten sich noch einmal fest um den Griff des Messers, dann fiel es auf den Boden.
Edit bekam keine Luft zum Schreien, ihr Mund ging lautlos auf und zu wie in einem Stummfilm. Die Termiten fluteten das Haus, schwappten über sie beide hinweg. Im Gedränge riss die Haut, an der Edits Arm hing.
Sie trugen seine Frau nach draußen. Er hörte Ansätze seines Namens, als sie versuchte, nach ihm zu rufen. Eine kalkweiße Termite ohne Fingernägel hob den Arm auf und lief damit den anderen hinterher, als wäre er aus einem Umzugskarton gefallen.

Von den ersten Händen, die nach ihm griffen, konnte sich Günther losreißen. Dann wurdenes zu viele. Er spürte, wie seine Füße vom Boden abhoben, als sie ihn auch rausbringen wollten. Eine große, blonde Termite hob die Hand. Statt einer Nase hatte sie zwei Schlitze im Gesicht. Günther konnte nicht sagen, ob es Mann oder Frau war. Ob das überhaupt Bedeutung hatte bei den Termiten.
Das Ding nahm die Husqvarna und musterte sie anerkennend. Blut tropfte von der Klinge auf den Boden.
Die Schlitznase bedeutete den anderen, Günther fester zu packen. Er zog und riss und wehrte sich, aber jedes seiner Gliedmaßen wurde von zwei Termiten gehalten. So konnte er nur schreien, als die Blonde die Säge wieder anwarf und ihm das Blatt durchs linke Bein trieb. Beim Knochen änderte sich das Geräusch.
Eine der Termiten, die das Bein gehalten hatten, verschwand damit. Der Blick der Nasenlosen ruhte kurz auf dem roten Loch mit weißem Punkt in der Mitte, das ihre Arbeit hinterlassen hatte. Dann setzte sie die Klinge am rechten Oberschenkel an.

Was von Günther blieb, konnte sogar das Glatzenmädchen allein auf die Straße tragen. An dem einen Arm, den er noch hatte, hielt sie ihn wie eine kaputte Puppe. Sie warf ihn auf einen Lastwagen, auf einen Haufen aus Sofas, Tischen, Gläsern, Bildern. Reste.
Wenigstens hatte sie ihn auf denselben Wagen geworfen wie Edit. Er versuchte, ihre Hand zu nehmen und Take On Me zu summen, während das Leben ihnen aus den Stümpfen floss. Die Termiten machten einfach weiter.
Nicht mal die Nacht brauchten sie.

 

Hallo @Proof ,

eine super Geschichte hast du da geschrieben. Die Termiten fand ich sehr originell. Auch sehr interessant, dass sie noch menschliche Züge hatten, anstatt nur hirnlose Monster zu sein. Nach der Szene mit dem Investor dachte ich zuerst, die seien nur ein Hirngespinst von den beiden und sie schlachten da in Wirklichkeit Polizisten ab oder so. Aber das Zusammenspiel von den realistischen Beschreibungen am Anfang und den Horrorkreaturen später macht das ganze dann doch noch beängstigender.
Die Sprache hat mir auch gefallen, passend nüchtern und ernst erzählt, mit ein paar eingestreuten heiteren Momenten. Liest sich alles sehr flüssig.

Zu bemängeln habe ich nur zwei Kleinigkeiten, und die sind auch nur meine Meinung:

Edit hustete in ein Taschentuch und steckte es schnell wieder weg, damit er die roten Punkte nicht sah.
Die roten Punkte bräuchte es für mich nicht, als sie es schnell wieder wegsteckte, wusste ich eigentlich schon, worum es geht. Und das Blut wird ja kurz danach eh beschrieben.

Vielleicht hatte sie so einen Alarmsinn wie Spider-Man früher in den Comics.
Das passt für mich irgendwie nicht zum alten Günther und zum Ernst der Lage. Ich kaufe ihm ab, dass er die Comics kennt, aber würde er in dieser Situation wirklich diesen Vergleich ziehen?

Wenigstens hatte sie ihn auf denselben Wagen geworfen wie Edit. Er versuchte, ihre Hand zu nehmen und Take On Me zu summen, während das Leben ihnen aus den Stümpfen floss.
Sehr schön. Sprachlich, nicht so sehr für die Prots.

Viele Grüße,
Catington

 

Hallo @Proof,
Ich hab keine Fehler gefunden. Einzig das

umher schlackern.
gehört zusammengeschrieben.
Proof, was für ein Slasher-Streifen, der sich aus einem an sich nüchternen, sozialkritischen Setup entwickelt. Du hast dieses Horrordings echt drauf, ich nenn es mal deine Spezialität, das ganz Alltägliche überraschend in ein Fiasko kippen zu lassen. Ich hab nix zu meckern, das ist ein sehr guter, schlüssiger Text.
Gerne gelesen wäre übertrieben (was an meinen persönlichen Vorlieben liegt), doch interessant war es allemal.
Peace, linktofink

 
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Hey Proof

Interessanter Text, weil nicht so ganz klar ist, was er sein soll. Aber der Reihe nach. Den Anfang fand ich wenig geschmeidig. Sind nur Details, aber zusammengenommen haben sie mir den Einstieg erschwert.

Jünger als Günther, aber was hieß das schon? Aus grau wurde weiß, Strähne für Strähne.
Der zweite Satz beschreibt nicht, was es heisst, jünger zu sein, sondern was es heisst, älter zu werden. Kurzes Stolpern meinerseits.
Manche erzählten, die Termiten sammelten Skalps wie im Wilden Westen.
Streng genommen besagt der Satz, dass die Termiten Skalps sammeln, so wie sie es früher im Wilden Westen getan haben. Ich würde "Wilden Westen" eh kicken, das ploppt ja sofort auf, wenn man "Skalp" liest.
„Es freut mich, Sie endlich mal kennenzulernen.“
Könnte weg.
Der Investor bot Günther die Hand. Er packte sie fest und drückte zu. Sein Leben lang hatte er mit den Händen gearbeitet.
Who is Who? Musste zweimal lesen. Die Leserführung wird m.E. vereinfacht, wenn du: "Der Investor bot ihm die Hand. Günther packte sie ..." schreibst.
Er packte sie fest und drückte zu.
Kann weg. Sachte packen geht nicht.
Günther fühlte sich dumm.
Warum? Der Investor hat bloss gesagt: "Starker Mann." Nicht unbedingt ein unmissverständliches Zeichen von Köpfchen.
Der Investor klatschte leisen Beifall. „Robin Hood.“
Den Verweis kapiere ich überhaupt nicht. Robin Hood überfällt die Reichen und verteilt die Beute an die Armen. Auf so was habe ich eine Weile gewartet, aber da kam nichts mehr in diese Richtung. Stehe ich auf dem Schlauch?
Der Grund für seine relative Zuversicht hatte 105 Zentimeter Schwertlänge bei 8,4 PS und lag auf dem Wohnzimmertisch.
Kann weg.
Er hatte die Husqvarna im Keller gefunden, dort zurückgelassen wie Fahrräder mit gerissener Kette, Fernseher mit gesplitterten Displays und Telefone. Telefone über Telefone.
Ist hier: "ebenso wie" oder "zusammen mit" gemeint? Das müsste m.E. klarer formuliert werden, weil ich sonst einen Vergleich lesen will, der dann aber nicht kommt.
Es gab Strom. Früher hatten Investoren so versucht, die Häuser zu räumen.
Mit Strom? Pingelig, ich weiss, und ich bin ja auch nicht auf den Kopf gefallen. Aber das sind so kleine Stolperer.
Sie griff in die Rocktasche und zog das große Schlachtermesser daraus hervor.
Kann weg.
Das letzte Fleisch, das die Klinge zerteilt hatte, war vom Schwarzmarkt gewesen. Dabei war seine Frau Vegetarierin, schon seit Jahren.
Wieder so ein Stolperer. Das "Dabei" soll sich auf das Messer beziehen. Ich beziehe es aber wegen der unmittelbaren Nähe der Begriffe automatisch auf den Schwarzmarkt, was jeglicher Logik entbehrt.
Die Klingen drangen durch Haut und Knochen, aber die Termiten hatten einen gewaltigen Vorrat daran mitgebracht.
Sie haben einen Vorrat an Haut und Knochen mitgebracht? Ich schwanke zwischen "witzig" und "irgendwie halt doch ungeschickt ausgedrückt".
Eine rote Pfütze breitete sich aus und Günther musste zusehends darauf achten, nicht auszurutschen.
Kann weg. Übergenaue Partikel schaden m.E. der Dynamik des Textes.
Edit hatte ohnehin nicht zu viel davon gehabt. Der Druck dagegen blieb gleich. Er stieg sogar.
Der Druck dagegen stieg. Punkt.
Günther schrie vor Frustration, denn er wusste, wenn er den Eingang aufgab, war das das Ende.
Ich bin offenbar nicht der Einzige, der das seltsam findet. "Das das" ist unschön. Ich würde nach einer Möglichkeit suchen, das zu vermeiden.
Die Säge fraß sich tief in Edits Arm, der darauf nur noch an der Haut baumelte.
immerhin nicht: "daraufhin". :D Ich würde eh auf den Nebensatz verzichten, weil du das unten nochmal hast.
Was von Günther blieb, konnte sogar das Glatzenmädchen allein auf die Straße tragen.
Hier ein Beispiel, wie ein Satz dadurch an Eleganz gewinnt, dass man allen unnötigen Ballast (hier: übrig) abwirft.
aber jedes seiner Gliedmaßen wurde von zwei Termiten gehalten.
jede. Die Gliedmaße.

Mir sind zwei, drei Satzstellungen aufgefallen, die ich als unnatürlich empfinde. Schreib ich nicht als Kritik, weil das ja grammatikalisch korrekt ist und es vielleicht nur mir so geht.

Günther konnte sich losreißen von den ersten Händen, die nach ihm griffen. Dann wurden es zu viele.
Hier fände ich eleganter: "Von den ersten Händen, die nach ihm griffen, konnte sich Günther losreißen. Dann wurden es zu viele."
Ob das überhaupt Bedeutung hatte bei den Termiten.
Ob das bei (den) Termiten überhaupt Bedeutung hatte.
während das Leben ihnen aus den Stümpfen floss.
während ihnen das Leben aus den Stümpfen floss.

Die zweite Hälfte fand ich ziemlich witzig. Im Kino würde mir übel, aber lesen tu ich sowas ganz gern. Das ist zum Teil wunderbar grotesk, auch so richtig bissig, weil du die Liebe zwischen den beiden betonst und ihn danach ihren Arm absägen lässt. Wunderbar!
Die Beschreibung der Termiten fand ich sehr gut dosiert, man macht sich davon gerade ein genug (un)genaues Bild. Das fand ich wirklich gut gemacht.
Etwas irritiert hat mich, dass du folgende Passage:

Im Netz gab es Bilder und Videos davon, wie sie alles kurz und klein schlugen. In einem packte eine Termite ein Baby bei den Beinen und schmetterte den kleinen Kopf gegen eine Laterne. Es war weit weg und dunkel und hatte keinen Ton. In den Kommentaren sagten einige, es sei nur eine Puppe. Oder etwas ganz anderes. Aber sicher wusste es keiner.
... erst einfügst, als die Termiten bereits vor der Tür stehen. Du hast ja in den ersten Sätzen ein Foreshadowing, dann aber kommt gar nichts mehr und hier fügst zu Beginn der realen Konfrontation diese Passage ein, die bloss vermittelte Info liefert. Ich könnte mir vorstellen, das etwas früher zu verorten.

Überhaupt scheinen sich mir die beiden Teile der Geschichte zueinander zu verhalten wie Edits abgesägter Arm zum Oberkörper: Da ist noch ein wenig Haut, aber nicht gerade viel, was die beiden Teile zusammenhält. Keine Ahnung, wie sich das stärker verzahnen liesse. Wenn der Investor noch mal auftauchen würde? Wenn die Termiten schon im ersten Teil ein grösseres Gewicht bekämen? So hatte ich ein Stück weit den Eindruck, zwei Texte gelesen zu haben. Ich kann das natürlich schon aufeinander beziehen, aber das ist dann eher so eine analytische Rekonstruktion, kein unmittelbares Verknüpfen während der Lektüre. Und ja, der zweite Teil hat schon wesentlich mehr Spass gemacht als der Erste. Insgesamt fand ich es aber einen sehr appetitlichen Happen, den du uns vorgelegt hast.

Liebe Grüsse
Peeperkorn

 
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Hey @Proof ,

ich bin wieder mal beeindruckt. Wirklich ein ausgesprochen guter Text. Das ist für mich oberstes Niveau. Am besten, das will ich zuerst loben, finde ich die zwei Lesarten, die du mir als Leser anbietest. Splatter oder Sozialkritik. In gewisser Weise passt das ja auch zum Horror-Genre. Es enthält ja fast jeder bessere Zombiefilm auch eine kritische Message. Aber das hier ist kein Zombiefilm und auch alles andere als billig.
Lass mich mal sehen: Auf der Haben-Seite sehe ich weiter die Sprache, die mindestens ein hohes Niveau hat, manchmal jedoch richtige Sprünge schafft. Das finde ich bemerkenswert, weil da für mich auch dein Potential sichtbar wird. Ich denke, bislang begnügst du dich mit dem schon hohen Niveau und ab und zu leistest du dir eben mal so einen richtigen Knaller. Wenn diese Knaller Schreib-Normalität werden, dann gehen deine Texte durch die Decke, versprochen.
Weiter gefällt mir, dass der Text Haltung hat. Darüber brauche ich nicht allzuviel zu sagen; ich denke, das ist klar.
Das Thema finde ich sehr gut. Trotzdem meine ich, geht auch da noch was. Es ist jetzt kein Vergleich zu einem Fußballspiel :p aber trotzdem glaube ich, dieser Kampf gegen den bösen Investor hat in den letzten Jahren schon ein wenig an Frische eingebüßt (habe so etwas in hochambitionierten Texten zum Beispiel vor ein paar Jahren auf dem Open Mike gehört/gelesen), wenngleich es immer noch ein aktuelles und irgendwie immer noch gutes Thema ist. Ich denke, da hilft nur weiterhin viel zeitgenössische Texte zu schlingen, wenn du da noch einen Sprung machen willst.
Schön sind auch die Begrifflichkeiten dieser Welt, natürlich vor allem, was die 'Termiten' angeht.

Kurz mal an der Stelle: Warum nur der 'Horror'-Tag. Sehe das auch als 'Science Fiction' und 'Gesellschaft'. Naja, wer die Schubladen braucht ...

Ich denke, es könnte einigermaßen schwer werden, dein Schreiben an diesem Punkt zu verbessern. Eine grundsätzliche Sache wäre mal darüber nachzudenken, was für eine Art von Texten du eigentlich schreiben willst. Ob das weiterhin das Ziel verfolgen soll, zu unterhalten. Oder ob du dich davon lösen möchtest. Ich denke, dass das auch für weitere Kritik wichtig ist; zumindest könnte ich da nicht dieselben Maßstäbe ansetzen. Mit 'unterhaltsam' meine ich das stark Szenische und Dialoghafte an deinem Text; jeder gute Text unterhält natürlich, aber für mich gibt es diesen Punkt, wo manche (ich denke, ich gehöre da momentan auch wieder dazu) eben szenisch und dialogisch schreiben und die anderen das auflösen und dadurch manchmal etwas Neues schaffen. Wenn das 'Unterhaltsame' deiner Geschichte doch etwas in den Hintergrund treten soll, dann würde ich empfehlen das Szenische und Dialogische abzubauen. Hört sich vielleicht wie ein Kamikaze-Hinweis an, aber vielleicht kannst du ja nachvollziehen, was ich meine – nimm dir sowieso, ist ja klar, von mir nur was du brauchst.

Wie aus einer Sprinkleranlage spritzte Günther und den umherstehenden Termiten das warme Blut ins Gesicht

Splatter vom Feinsten.

wie eine Fliege in einem Theaterstück für Kinder

was für ein Vergleich. Hammermäßig.

Was von Günther blieb, konnte sogar das Glatzenmädchen allein auf die Straße tragen. An dem einen Arm, den er noch hatte, hielt sie ihn wie eine kaputte Puppe.

Einfach nur krass. Dieses Ende ist mega gut.

Beste Grüße
Carlo

 
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Moin und euch allen schon mal vielen Dank! Ich gehe nach und nach durch, schaffe jetzt nicht alles auf einmal:


@Catington:

Er sah sie jedes Mal.
Der Satz würde ohne die roten Punkte an der Stelle nicht mehr funktionieren.

Das passt für mich irgendwie nicht zum alten Günther und zum Ernst der Lage. Ich kaufe ihm ab, dass er die Comics kennt, aber würde er in dieser Situation wirklich diesen Vergleich ziehen?
Hab ich auch ein bisschen mit gehadert, aber aus anderem Grund. Die zeitlich exakte Zuordnung habe ich bewusst offengelassen. Das hier ist natürlich, abgesehen vom Horror/Splatter, der zuerst ins Auge fällt, dystopische Science Fiction. Ich dachte an irgendwas zwischen 2030 und 2040 bis 2050, wenn Leute in Günthers Alter sind, die mit Marvel etc. aufgewachsen sind und einfach wissen, dass Spider-Man einen Spinnensinn hat, auch wenn sie selbst nie die größten Comicleser waren. Bei Günther und Edit hat der Leser sofort die ungefähre Altersklasse vor Augen, ohne dass ich das Alter nennen muss. Ihre Namen müssten aber eher denen entsprechen, die in den Siebzigern und Achtzigern im Trend lagen, und da war Günther glaube ich eher eine Ausnahmeerscheinung und wirkte antiquiert. Deshalb kann man wohl diesen Namen nicht mit solchem Fachwissen über Superhelden zusammenbringen. Jetzt, wo ich das mal für mich so ausformuliert habe, werde ich's ändern, danke!

Aber das Zusammenspiel von den realistischen Beschreibungen am Anfang und den Horrorkreaturen später macht das ganze dann doch noch beängstigender.
Darum geht's ja eigentlich immer in diesem Genre. Dieses "Sowas gibt's doch in echt gar nicht!" im Kopf des Lesers abschalten, weil alles andere so aus dem Leben wirkt. Freut mich, wenn du's für gelungen hältst.


@linktofink:

was für ein Slasher-Streifen,
Ich will nicht klugscheißen, aber Slasher bezeichnet schon etwas sehr Spezielles: Ein Typ mit Maske meuchelt zwischen 1980 und 1984 (Schwerpunkt) Teenager kurz vor, während oder nach dem Sex. Zehn-kleine-Negerlein-Prinzip. Auf VHS. Motiv ist Rache für irgendwas, das in den Fünfzigern passiert ist. Meine Geschichte erfüllt so gut wie kein Slasher-Merkmal. Aber du meinst es lieb, darum danke ich dir!

sozialkritischen Setup
Eigentlich mag ich ja keine Text mit allzu klarer "Botschaft", hab auch hier lange drüber nachgedacht, ob das zu platt ist. Dann dachte ich mir, man muss sich auch mal was trauen.

ich nenn es mal deine Spezialität, das ganz Alltägliche überraschend in ein Fiasko kippen zu lassen.
Danke!

@AWM:

Beim ersten denke ich spontan ans Würgen mit beiden Händen. Die zweite zielt nur auf den Kehlkopf ab.
Geändert.

Da hilft es auch nicht viel, dass die Arme um seine Hüfte gelegt sind.
Na ja, offenbar ja doch. Ich habe mal noch einen Satz hinzugefügt.

Fände besser, wenn er mit einem Lächeln oder sowas reagiert, statt mit dem "Das warst du selbst"
Das ist sein Humor. Den wird sie mögen, sonst wären sie nicht mehr zusammen.

Würde "Ernsthaft" streichen
Da steckt so die Überraschung drin, nicht nur über die Gegenwehr sondern auch deren Over-the-Topness (eine Kettensäge!).

Finde Frustration hier unpassend.
Verzweiflung war mir zu dick, stapel gern niedrig. Hab's mal geändert.

Der Satz mit Spiderman wirkt für mich deplatziert.
s. o.

Das Bild mit dem Fisch ist abgenutzt.
Jupp.

Aber ich finde es gut, dass so wenig über sie herauskommt. Ich mache mir dann selbst meine Gedanken und Vorstellungen zu den Termiten.
So soll es sein. Dicker Hintergrund wäre eher was für einen Roman.

Ich erkenne da auch einen zynischen Verwies auf den Wohnungsmarkt etc.
Den hab ich jetzt aber auch nicht besonders gut versteckt.

Das geht so schnell und linear durch. Investor --> kurz zeigen, dass Edit ihm wichtig ist und dass die Termiten kommen --> sie kommen --> Tod.
Ich wusste, dass das kommt. Einerseits jo, andererseits kann man das über fast jede Story sagen. Tatsächlich ist das hier eine um gut die Hälfte gekürzte Version der ursprünglichen Geschichte. Die hat mehr Figuren, eine Pointe, mehr Hollywoodness. Spiele mit dem Gedanken, sie auf Vordermann zu bringen und hier hinten dran zu hängen.

Auch das FInale nicht nur im Treppenhaus stattfinden lassen.
Doch, das ist schon so der Hamburger Hill. Wofür brauche ich denn mehr Orte?

Die beiden schweben in höchster Gefahr und das ist alles teils recht unemotional beschrieben.
und trotzdem hüpfte sein Herz beim Anblick ihres Lächelns. Hüpfte noch immer. Hatte nie aufgehört zu hüpfen. Wie dick soll ich's machen? Das hier ist ja schon an der Grenze zum Kitsch. Und immer wieder wiederholen, damit man ja auch die Dramatik mitkriegt, nee.

Auch ist mir der Grund, warum die beiden im Haus bleiben, nicht stark genug.
Er geht sehr klar davon aus, dass sie auf der Straße stirbt. Ich finde, das ist als Grund schon nicht ohne.

obwohl ihnen klar sein muss, dass es ihr Tod ist.
Selbstverarsche. Er glaubt ja, Gegenwehr wird sie retten, weil für die Termiten bis dato unbekannt. Wenn er das wirklich glaubt.

dass die da bald den Strom abschalten und es wahrscheinlich ähnlich kalt sein wird wie auf der Straße.
Das wäre wie erst in die Knie schießen und dann sagen: Guten Tag, Polizei, darf ich einmal fragen, was sie da machen?

Vielen Dank und Grüße!


@Peeperkorn:

Interessanter Text, weil nicht so ganz klar ist, was er sein soll.
Eine ... Horrorgeschichte?

Der zweite Satz beschreibt nicht, was es heisst, jünger zu sein, sondern was es heisst, älter zu werden. Kurzes Stolpern meinerseits.
Ich mach was dazu.

Ich würde "Wilden Westen" eh kicken, das ploppt ja sofort auf, wenn man "Skalp" liest.
Stimmt.

Könnte weg.
Muss nicht.

Die Leserführung wird m.E. vereinfacht, wenn du: "Der Investor bot ihm die Hand. Günther packte sie ..." schreibst.
Jupp. Auch "fest".

Warum? Der Investor hat bloss gesagt: "Starker Mann."
Günther wird bewusst, wie wenig ihm seine Machtdemonstration - zudrücken - bringt.

Den Verweis kapiere ich überhaupt nicht. Robin Hood überfällt die Reichen und verteilt die Beute an die Armen. Auf so was habe ich eine Weile gewartet, aber da kam nichts mehr in diese Richtung. Stehe ich auf dem Schlauch?
Der Investor will wohl sagen "Typ, der sich für die Schwachen einsetzt". Vielleicht mache ich später noch was anderes. Robin Hood ist ja eben selbst auch keiner der Schwachen. Der Investor ist so ein Idiot.

Das müsste m.E. klarer formuliert werden, weil ich sonst einen Vergleich lesen will, der dann aber nicht kommt.
Stimmt, "zusammen mit".

Mit Strom?
Gemacht.

Das "Dabei" soll sich auf das Messer beziehen.
Nee, dabei im Sinne von trotzdem (sie Vegetarierin ist).

Sie haben einen Vorrat an Haut und Knochen mitgebracht?
Jupp.

jede. Die Gliedmaße.
Nicht "jedes" weil "das Gliedmaß"?

weil du die Liebe zwischen den beiden betonst und ihn danach ihren Arm absägen lässt.
Das war ein Versehen!

Die Beschreibung der Termiten fand ich sehr gut dosiert, man macht sich davon gerade ein genug (un)genaues Bild. Das fand ich wirklich gut gemacht.
Danke!

Ich könnte mir vorstellen, das etwas früher zu verorten.
Mache ich demnächst noch.

Wenn der Investor noch mal auftauchen würde?
Tut er in der oben erwähnten Ursprungsversion. Vielleicht ist das der Schlüssel.

Und ja, der zweite Teil hat schon wesentlich mehr Spass gemacht als der Erste.
Du blutgeiles Monster!

Insgesamt fand ich es aber einen sehr appetitlichen Happen, den du uns vorgelegt hast.
Vielen Dank, auch für deine vielen Verbesserungen und Vorschläge. Hab fast alles übernommen.


@Ronnie:

Jesus, was für ein langer Text.
Das Telefon ändert da die Wahrnehmung. Ich füge meine Geschichten old school am stationären Rechner hier ein, nachdem ich sie mit Federkiel auf das Papier niederschrieb, das mir die Postkutsche einmal im Monat bringt. Jedenfalls habe ich auf den Bildschirm geguckt und gedacht: Ganz schön kurz, selbst für ne Kurzgeschichte.

Der Tag Horror ist hier wirklich angebracht.
Danke!


@Carlo Zwei

Wirklich ein ausgesprochen guter Text.
Danke!

Es enthält ja fast jeder bessere Zombiefilm auch eine kritische Message.
Night, Dawn, Day, Romeros originale Living-Dead-Trilogie, ganz wichtiger Einfluss für mich.

Wenn diese Knaller Schreib-Normalität werden, dann gehen deine Texte durch die Decke, versprochen.
Ich notiere das, um es bei nächstbester Gelegenheit gegen dich zu verwenden.

Weiter gefällt mir, dass der Text Haltung hat. Darüber brauche ich nicht allzuviel zu sagen; ich denke, das ist klar.
Jupp.

aber trotzdem glaube ich, dieser Kampf gegen den bösen Investor hat in den letzten Jahren schon ein wenig an Frische eingebüßt (habe so etwas in hochambitionierten Texten zum Beispiel vor ein paar Jahren auf dem Open Mike gehört/gelesen),
Das hatte ich nicht auf dem Schirm. Bin nicht so'n Poetry Slammer. Derzeit lese ich einen Grisham, den kompletten Conan und Kung-Fu-Comics aus den Siebzigern. Ich habe keine Ahnung, was in der Szene geht. Ich wohne auch nicht in der Großstadt, aber klar, Zielgruppe und so, das gibt schon Sinn, dass ich das nicht erfunden habe und der eine oder andere sogar die Augen rollt, wenn er "Investor" hört. Aber hey, hat's schon mal wer mit Kettensäge und Mutanten gemixt?

Ich denke, da hilft nur weiterhin viel zeitgenössische Texte zu schlingen, wenn du da noch einen Sprung machen willst.
Ich hab eigentlich nicht das Gefühl, mich da mit irgendwem messen zu müssen. Ich mach, worauf ich Bock hab. Keine (vermeintlichen) Lebensweisheiten, sondern Spaß beim Lesen. Aber ein Blick kann ja nicht schaden. Was empfiehlst du?

Kurz mal an der Stelle: Warum nur der 'Horror'-Tag. Sehe das auch als 'Science Fiction' und 'Gesellschaft'.
Tatsächlich waren das genau die beiden, die ich auf dem Schirm hatte. Aber Horror hat kaum Constant Contributors, manchmal geht wochenlang nichts, deshalb versuche ich sehr bewusst, die Fahne da hochzuhalten. Die Erwartungen, die ein Leser bei dieser Zuordnung hat, sind denke ich auch die, die am ehesten erfüllt werden. => Oh, ein gesellschaftskritischer Text über den Immobilienmarkt, wie schön. ... Was ... ist denn JETZT los?

Ob das weiterhin das Ziel verfolgen soll, zu unterhalten. Oder ob du dich davon lösen möchtest.
Um stattdessen was zu tun?

Wenn das 'Unterhaltsame' deiner Geschichte doch etwas in den Hintergrund treten soll, dann würde ich empfehlen das Szenische und Dialogische abzubauen.
Ich kann wieder nur fragen: Was soll ich mit meinen Texten erreichen wollen, statt zu unterhalten? Leute auf eine höhere Bewusstseinsebene hieven? Einfach mal sagen, was gesagt werden muss? Philosophische Durchbrüche? Weltfrieden?

Und zugunsten von was sollen Szenen und Dialoge in den Hintergrund treten? Intellektuelle Masturbation? Also sorry, wenn ich jetzt ein bisschen aggro klinge, ich will dich nicht anblaffen, aber was du hier vorschlägst, klingt gefährlich nach dieser Art von belehrendem Text, die mir wahnsinnig auf den Sack geht. Vielleicht meinst du aber auch was ganz anderes. Ich find's halt gut, wenn es so ist wie in deiner Fußballgeschichte, da hatte ich das ja auch druntergeschrieben: Wer Bock hat, nimmt mehr mit, wer nicht will, liest "nur" eine Fußballgeschichte und kann trotzdem zufrieden sein.

Einfach nur krass. Dieses Ende ist mega gut.
Vielen Dank für deine Kritik!

 

Hallo @Sisorus,

jedenfalls auf diesem Erzählniveau
Was soll das denn heißen?

Das ist feiner Turbosplatter und ich kaufe Dir die fliegenden Gliedmaßen, die blutigen Fluten und Schmerzenschreie ab. Echt geil.
Danke!

Ich bin raus.

Teil 1 wirkt vorgeschoben. So, als hättest Du eine intellektuelle Legitimation gesucht, diese abgehakt, ein paar Termitenverweise eingebaut und dann den eigentlichen Text geschrieben.
Ich glaube, dieser Effekt ist wirklich durchs (massive) Kürzen entstanden. Vielleicht schaffe ich's am Wochenende, die ursprüngliche Fassung in halbwegs lesbarer Version anzuhängen.

Mal zur Genese: Ich habe beim Zahnarzt einen Stern-Artikel über die "Red Ants" in Südafrika gelesen (Googeln könnt ihr ja alle selbst). Alles andere kam danach.

dass die Magie (in diesem Fall die unendliche Flut der Termiten) glaubhaft innerhalb der Welt verhandelt wird.
Da bist ja jetzt der Erste mit. Was glaubst du denn daran nicht, an welchen Stellen und warum?

ich glaube, Du müsstest diesem Text mehr Raum geben, um ihn wirklich zu mehr als einem sehr coolen Slasher zu machen.
Wenn er das doch nur wäre. Aber Slasher ... egal.

Vielen Dank für deine Kritik!

 
Zuletzt bearbeitet:

Bin nicht so'n Poetry Slammer.

ähm, sorry. Der Open Mike ist kein Poetry Slam :lol: Ich würde sagen, es ist neben dem Bachmann der wichtigste Nachwuchspreis. Das musste ich nur mal klarstellen :D

"den kompletten Conan und Kung-Fu-Comics aus den Siebzigern" hehe, sehr cool

"Vielleicht meinst du aber auch was ganz anderes. Ich find's halt gut, wenn es so ist wie in deiner Fußballgeschichte, da hatte ich das ja auch druntergeschrieben: Wer Bock hat, nimmt mehr mit, wer nicht will, liest "nur" eine Fußballgeschichte und kann trotzdem zufrieden sein."

ja, vielleicht bin ich auch auf einem komischen Tripp gerade. Nimm es mir nicht übel. Auf jeden Fall keine belehrenden Texte :-p Ach egal, vergiss es. Ich denke, das passt so und ich will dir nichts verkaufen, woran du nicht glaubst.
Weil du gefragt hast, was ich empfehlen kann. Denke ich nochmal drüber nach.

VG

 

@Carlo Zwei:

Ich würde sagen, es ist neben dem Bachmann der wichtigste Nachwuchspreis.
Jo, das meine ich. Ingeborg-Bachmann-Preis, da kriegt der eine oder andere hier bestimmt 'n Ständer. Also, so von oben herab soll das gar nicht, ich hab ja selbst auch feuchte Träume bezüglich dessen, wo ich mit meinen Sachen hinwill. Aber wenn ein Preis darin vorkäme, wär's der Bram Stoker Award. Ich bin da in einer anderen Welt unterwegs.

@Sisorus:

klassische Erzählweise.
Also geht es um die gewohnte Spannungskurve? Ich weiß nicht, ob Genreliteratur da wirklich ein sinnvolles Experimentierfeld bietet. Arthouse Horror ist meist ... nicht das, was ich will.

Die Termiten werden als Folge des abgelehnten Angebots dargestellt; diese Konsequenz könnte der Investor klarer aufzeigen, denke ich.
Jeder weiß, was das heißt, wenn die Termiten kommen. Gebe aber zu: In der längeren Version verliert der Investor ein paar Worte dazu.

In Teilen wirkt es auf mich, als wären sie fester und bekannter Bestandteil dieser Welt, dann wieder sind sie unförmige Monster in den Schatten.
Wie die Mafia. Du meinst, einerseits muss man sie fürchten, damit die Leute die Häuser verlassen, andererseits sind sie Urban Legends und keiner weiß so recht, was wirklich dran ist an den Geschichten um sie. Oder? Für mich wäre das nicht zwingend ein Widerspruch.

 

Hi Proof,

Die Kombi aus Sozialkritik, Horror und Humor hat mir gefallen! Normalerweise bin ich gar kein Fan von Splatterhorror, aber mit den beiden anderen Komponenten funktioniert es auf angenehm lesbare Art. Wobei mir der Anfang noch mehr gefällt als der Mittelteil. Beim Ende gefallen mir die dynamischen Beschreibungen, dieses fast Anarchistische und diese sehr speziellen Termitenfiguren wie das Glatzenmädchen.
Deine Protagonisten, das ältere Paar, gefallen mir übrigens ausnehmend gut!

Detailkram. Ich fang mal an.

Aus grau wurde weiß, Strähne für Strähne. Wenigstens hatte er sie behalten, seine Haare
>> schön knackige Figurencharakterisierung
Manche erzählten, die Termiten sammelten Skalps.
>> Hier war ich mir noch nicht sicher, ob die Termiten später allegorisch gemeint waren... Auf jeden Fall bin ich interessiert, wie sich personifizierte Termiten in einem Horror-Szenario machen.
Ein sehniger Unterarm gegen Köpfchen und Kohle.
>> Das bringt es wunderbar auf den Punkt.
Gut wohnen hat seinen Preis.“ Als würde er die Graffiti studieren, die Bandenembleme, die Pimmel, die Kuh mit Fedora und Thompson-Maschinengewehr, sah der Investor am Haus empor. „Ich kann Sie wirklich nicht umstimmen? Mit einer Prämie vielleicht?“
>> sehr gut diese verknappte und doch dynamische Darstellung des Settings. Mehr Infos bräuchte es nicht
Der Investor seufzte. „Man könnte auch einfach besser haushalten. Weniger rauchen, weniger trinken.“ Er stieg auf das Fahrrad, das er gegen das Haus gelehnt hatte. Neu dürfte es drei bis vier Monatsmieten kosten, schätzte Günther.
>> diesen frugalen, herzlosen Besserwisser kann ich mir sehr gut vorstellen!!
Bilder an den Wänden. Bergen in Norwegen, seine Eltern. Edits nicht. Immer nur Streit, weil sie als Lehrerin diesen Hilfsarbeiter geheiratet hatte.
>> erzählökonomisch gut eingearbeitete Backstory
grauweißes Stippgrütze-Haar.
>> Stippgrütze kenne ich nicht, aber mir gefällt der Vergleich!!! Er sagt so viel über die beiden aus, vielleicht ist es ein gemeinsames Lieblingsessen, so eine Art Nachtisch, vielleicht eine regionale Spezialität oder ein Essen aus Kindertagen.
„Es wird klappen, weil sie keine Gegenwehr kennen.“ Er legte die Hand auf den vorderen Griff, als wäre es der Kopf eines treuen Hundes.
:) :)
Er hatte die Husqvarna im Keller gefunden, dort zurückgelassen zusammen mit Fahrrädern mit gerissener Kette, Fernsehern mit gesplitterten Displays und Telefone.
Um den Hals würde sie sie nicht lange halten können.
>> Da frage ich mich, wie krank seine Frau wirklich ist, was sie hat und ich finde, die Liebe zwischen den beiden wird spürbar.
Günther verdrehte die Augen. „Auf meinem Grabstein steht mal ein Text und auf deinem die Anmerkungen dazu, wo ein Komma hin muss und so was.“
:D
Wie aus einer Sprinkleranlage spritzte Günther und den umherstehenden Termiten das warme Blut ins Gesicht. Einigen schien das zu gefallen. Manche waren Kannibalen, hieß es. Auch von ihren Gelagen gab es dunkle Wackelvideos.
>> gelungene Textstelle
Mit ihrer Schweißerbrille sah die Termite aus wie eine Fliege in einem Theaterstück für Kinder.
:D auch eine dieser tollen Beschreibungen!
Günther konnte den Schwung seiner schweren Waffe nicht mehr bremsen. Die Säge fraß sich tief in Edits Arm.
>> da war ich dochmal geschockt und es tat mir leid, dass Günther Edit verletzte. Finde, dass vom konzeptuellen Standpunkt aus noch mehr Horror aufkommt als durch die Termiten!!
Was von Günther blieb, konnte sogar das Glatzenmädchen allein auf die Straße tragen.
:D

viele Grüße, petdays

 

Hi,

@petdays:

Die Kombi aus Sozialkritik, Horror und Humor hat mir gefallen!
Danke!

Wobei mir der Anfang noch mehr gefällt als der Mittelteil.
Endlich einer.

dieses fast Anarchistische und diese sehr speziellen Termitenfiguren wie das Glatzenmädchen.
So ein bisschen hatte ich das Finale von Braindead in einigermaßen ernst vor Augen.

Deine Protagonisten, das ältere Paar, gefallen mir übrigens ausnehmend gut!
Cheers!

Sei jetzt nicht böse, wenn ich nicht jedes Lob abnicke, das sieht immer so nach sich selbst die Schulter klopfen aus.

Stippgrütze kenne ich nicht,
Der Haggis Westfalens. Wer mitkriegt, wie's gemacht wird, ist raus.

Da frage ich mich, wie krank seine Frau wirklich ist,
Ich wollte die Geschichte damit nicht zu lange aufhalten. Bisschen faul ist das schon, husten und dann Blut im Taschentuch ist ja auch irgendwie ein Klischee.

Vielen Dank für dein Lob!

@Sisorus:

dass ganze Schwärme (ich sehe hunderte von Individuen vor mir) knallrot gekleideter Wesen gewaltsam in Häuser eindringen, Menschen brutal ermorden, auf offener Straße Leichen entsorgen etc, dann sind mir verwackelte Handyvideos irgendwie zu wenig.
Das ist schon ein Punkt, die Unterdrückung dieser Informationen eine gute Idee. Pack mal die nächsten Tage noch was dazu.

Viele Grüße
JC

 

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