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Schweigen ist Gold

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20.12.2002
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Schweigen ist Gold

Während das Flugzeug abstürzt, frage ich mich, ob die Stewardess auf mich steht.
Vorhin, als sie mir die knisternde Erdnusstüte in die Hand drückte, ganz sanft, mit niedergeschlagenem Blick, war mir, als tue sich ein alternatives Universum zwischen uns auf.
Könnten wir eine Fernbeziehung führen? Bei der wir uns in verschiedenen Ländern trafen? Würden unsere Kinder schön sein? Dunkel und exotisch wie sie? Groß und schlank wie ich? Hätten wir sie zweisprachig erzogen? Ist ihr der Terminus Flugbegleiterin lieber?
Bitte, hatte sie mit südländischem Akzent geflüstert, als sich unsere Hände berührten. Mehr nicht. Nur … Bitte.
Ich sah ihr dabei tief in die Augen und nickte verliebt.
Eigentlich perfekt. Und doch, jetzt, da wir beide auf den Tod zurasen, wünsche ich mir, ich hätte mehr getan.
Ringsum herrscht Chaos. Alles blinkt und ruckelt. Links neben mir sitzt ein Türke mittleren Alters mit einem dichten Schnurrbart. Er trägt einen grauen Anzug und strahlt etwas Würdevolles aus. Er hält einen Koran in der Hand und betet mit zugepressten Augen. Kurz frage ich mich, ob Allah was mit diesem Flugzeugabsturz zu tun hat. Gleichzeitig finde ich es schade, dass ich keinen Gott habe, zu dem ich beten kann. Mein Glaube wird von der Wissenschaft geprägt: Die Schwerkraft der Erde zieht das Flugzeug nach unten.
Was bringt mir dieser Gedanke jetzt?
Ich bin kurz davor, den würdevollen Türken zu fragen, ob ich seine Hand halten darf. Würde er das zulassen?
Ich wage einen Blick aus dem Fenster und sehe die Erde näherkommen. Mich packt der Drang, zu schreien, nur weiß ich gar nicht mehr, wie das geht. Wann habe ich das letzte Mal richtig geschrien? Ich kriege keinen Ton heraus, spüre nur, wie sich mein Mund verzieht.
Die Ohnmacht schlägt in Wut um: ich bin wütend auf die Flug-Industrie, ich bin wütend auf den Türken, dessen Gott nicht für mich da ist, ich bin wütend auf die Gesetze der Physik, und ich bin wütend auf mich selbst: Hätte ich der schönen Stewardess doch gesagt, wie schön sie ist…

Ich höre den türkischen Herrn aufatmen. Er steckt den Koran ein, holt ein weißes Tuch aus der Jackentasche hervor und reibt sich damit übers Gesicht.
Wir sind gelandet. Der Pilot entschuldigt sich über die Sprechanlage mehrmals für die „Inconveniences“ und fragt, ob es allen gut geht.
Schon holen die ersten Passagiere ihr Handgepäck aus den Fächern, ganz so, als wäre nichts passiert. Der Türke und ich trennen uns nach sieben Stunden Flug, ohne ein Wort gewechselt zu haben. Kurz bevor er den Gang entlang verschwindet, nickt er mir würdevoll zu. Ich erwidere die Geste und bleibe sitzen.
Als Letzter hole ich meinen Koffer aus dem Fach. Langsam bewege ich mich zum Ausgang. Der Pilot steht da, sichtlich mitgenommen, zwischen zwei Stewardessen – die rechte ist meine.
„Thank you for flying with Easy-Wings!“, sagt sie mit einem breiten Lächeln. Ihr Lippenstift hat die Farbe von Wein, und ihre Augen sprechen die Sprache unseres gemeinsamen alternativen Universums.
Ich bleibe verdutzt vor ihr stehen, sehe sie an und spüre, wie meine Zunge brennt. Eine ganze Sekunde lang stehe ich einfach da. Vielleicht sogar zwei. Sie lächelt weiter, während der Pilot sich verlegen über den Nacken fährt.
Und dann bin ich weg, ohne ein Wort zu sagen. Zurück auf der Erde. Ich gehe die Gangway hinab, spüre festen Boden unter den Füßen. Eine kühle Nordsee-Brise weht mir ins Gesicht, und ich atme tief ein. Ich hole mein Handy aus der Tasche, drücke mein Kinn auf die Brust und denke: Alles richtig gemacht.

 

Hey @JuJu,

Noch während das Flugzeug abstürzt, frage ich mich, ob die Stewardess auf mich steht.
Wo ist nochmal diese Rubrik mit dem schönsten ersten Satz? :) Obwohl mir das „noch“ vom Bezug her ein bisschen quer liegt. Das kann ich nicht erklären. Vielleicht kommt es noch von einem anderen Leser. Ansonsten, vergiss es.


Hätten wir sie zweisprachig erzogen?
Ich Grammatiknull wage mich jetzt weit aus dem Fenster – kannst mich gern belehren: Ist das nicht die konjugierte Form von haben im Präteritum? (während der Konjunktivsätze ringsum im Präsens sind)


Bitte, hatte sie mit südländischem Akzent geflüstert,

„Thank you for flying with Easy-Wings!“, sagt sie mit einem breiten Lächeln.

Vllt. auch die geflüsterte wR in Anführungsstriche setzen.


Mich packt der Drang, zu schreien, nur weiß ich gar nicht mehr, wie das geht. Wann hab ich das letzte Mal richtig geschrien? Ich kriege keinen Ton heraus, spüre nur, wie sich mein Mund verzieht.
Gute Reflektion, wie uns gesellschaftliche Reglements und soziale Erwartungshaltungen hemmen. Ob diese Hemmungen in so einer Ausnahmesituation Bestand haben, weiß ich nicht.

habE, außerhalb der wR.


Der Pilot entschuldigt sich über die Sprechanlange mehrmals für die „Inconveniences“ und fragt, ob es allen gut geht.
Naja, er fragt nicht wirklich, oder? Bekäme ja keine Antwort durch die Sprechanlage. Vlt. sowas wie: „und bekundet seine Hoffnung, dass es allen gut geht.“ Ach, das klingt jetzt sehr geschwollen. Dir fällt was Besseres ein.


Schon holen die ersten Passagiere ihr Handgepäck aus den Fächern,

Als Letzter hole ich meinen Koffer aus dem Fach.

Eine kühle Nordsee-Brise weht mir ins Gesicht, und ich atme tief ein.
Warum ausgerechnet Nordsee? Könnte auch kühle Abendluft sein. In einem kurzen Text, mutmaßt man bei jedem Detail einen Vorsatz. Hier verstehe ich es nicht.


Ich hole mein Handy aus der Tasche, drücke mein Kinn auf die Brust und denke: Alles richtig gemacht.
Und schon taucht er wieder ab, in seine sichere, beschützte, absturzfreie Traumwelt. Dein Ich-Erzähler braucht die Stewardess zur Erschaffung eines alternativen Universums nicht. Der Tagträumer lebt bereits in einem. Das finde ich aber eigentlich ganz sympathisch. :shy:

Gern gelesen.
Viele Grüße
wegen

 

@hell: Du traust mir also nicht zu, das als Suchanfrage in die kleine Lupe zu tippen, interessant.:) Nee, quatsch. Weiß doch, dass das dein Baby ist. Danke dir!
Ich warte ab, ob das "noch" bleibt. VG

 

Hej @JuJu ,

sofort mit dem ersten Satz steht für mich fest, ich habe es mit einem Mann zu tun, der etwas anders tickt. Vermutlich ausgelöst durch Flugangst. Ich lese den gesamten Text mit diesem Gedanken weiter. Vielleicht ist es ja auch deine Intention.

„Inconveniences“ und fragt, ob es allen gut geht.

Wird er das durch den Lautsprecher nicht eher hoffen als fragen?

Ihr Lippenstift hat die Farbe von Wein, und ihre Augen sprechen die Sprache unseres gemeinsamen alternativen Universums.

Rot oder Rosé? Nur fürs Protokoll.

Eine kühle Nordsee-Brise weht mir ins Gesicht, und ich atme tief ein. Ich hole mein Handy aus der Tasche, drücke mein Kinn auf die Brust und denke: Alles richtig gemacht.

An dieser Stelle bin ich schwer am Überlegen, was das für ein Hinweis ist. Die Nordsee, das Handy, das Kinn auf der Brust, die Selbstbestätigung. Und ich komme zu dem Schluss, dass gar nichts los war, alles eine Frage einer verqueren Wahrnehmung und eines nervösen Sitznachbarn.
Dennoch: ich mag den Protagonisten und die Art, wie du diesen Text angegangen bist. So konsequent als kleine Psycho-Studie, ohne Bezug zu irgendetwas anderem.

Ein Leseeindruck und freundlicher Gruß, Kanji

 

Hallo @JuJu,

der Moment ist jetzt suggeriert uns die derzeitige Werbung für Hurtig-Reisen. Du hast deinen Moment nicht genutzt, weder während des Fluges, noch zuletzt beim Gepäckband.

Als geübte Leserin weiß ich natürlich, dass alles gut ausgehen wird, sonst hätte dein Prota ja nicht davon berichten können. Daher betrachte ich ihn ein wenig amüsiert. Ich glaube, er neigt zu Übertreibungen, einerseits. Andererseits ... aber der Reihe nach.

Und doch, jetzt, da wir beide auf den Tod zurasen, wünsche ich mir, ich hätte mehr getan.

hochdramatisch, aber siehe oben.

Mich packt der Drang, zu schreien, nur weiß ich gar nicht mehr, wie das geht. Wann hab ich das letzte Mal richtig geschrien? Ich kriege keinen Ton heraus, spüre nur, wie sich mein Mund verzieht.

Hm, der Mann ist irgendwie blockiert. Diagnose: Hemmung, Gefühle zu zeigen.

und ich bin wütend auf mich selbst: Hätte ich der schönen Stewardess doch gesagt, wie schön sie ist…

Ja, hätte er nur ... Es wäre ja nicht nötig, ihr gleich ein ganzes Leben anzubieten.

Ihr Lippenstift hat die Farbe von Wein, und ihre Augen sprechen die Sprache unseres gemeinsamen alternativen Universums.
Ich bleibe verdutzt vor ihr stehen, sehe sie an und spüre, wie meine Zunge brennt.

Mann, hat dein Prota Glück! Zweite Chance!

Und dann bin ich weg, ohne ein Wort zu sagen.

Wirklich traurig. Dabei wäre es doch so leicht gewesen, statt des professionellen Lächeln ein authentisches in ihr Gesicht zu zaubern. Auch routinierte Flugbegleiterinnen freuen sich, wenn man ihre betreuerische Leistung wahrnimmt. Das obligatorische Klatschen am Ende eines Fluges ist so unpersönlich. Oder die Fluggäste beklatschen sich selbst.

Alles richtig gemacht.

Wirklich? Ob da nicht gelegentlich doch wieder der Wunsch kommt, hätte ich bloß ...?

Hat Spaß gemacht zu lesen.

Freundliche Grüße
wieselmaus

 

Könnten wir eine Fernbeziehung führen?

Hi JuJu,

gute Frage und zugleich das eigentliche Modell für den folgenden Abschnitt ab

...mit niedergeschlagenem Blick, war mir, als tue sich ein alternatives Universum zwischen uns auf
(im Grunde hat's wieselmaus schon verschwiegen angesprochen) nach dem Konjunktiv irrealis ruft, als „als täte sich ...“ usw. , wohlwissend, ein Absturz im Wohlklang umgelauteter Verben (tatsächlich beträfe es nur noch „treffen“ als „träfe“ und „sein“ als wäre, der Rest – können, werden, haben – ist ja schon Konj. II vollzogen) wäre auch nicht schön, aber konsequent. Der ganze Absatz schreit nach Konj. irrealis, selbst auf die Gefahr hin, dass Du eigentlich die Szene in der Schwebe (to be or not ...? ) lassen wolltest, aber dann stände nicht nur das Eingangszitat schon im Indikativ.
Kafka hat das mal in einer Kürzestgeschchte von einem Satz (nicht so schön, wie meine Einsatzgeschichte, aber immerhin ...) praktiziert, Wunsch, Indianer zu werden, die vom Konj. im Indikativ endet.

Ähnlich hier

… mehrmals für die „Inconveniences“ und fragt, ob es allen gut geht.
die indirekte Rede

Hier nun

Als Letzter hole ich meinen Koffer aus dem Fach.
meine ich sogar, dass der „Letzte“ kleingeschrieben werden sollte.
Warum?
Es ist m. E. Attribut des „letzten Passagiers“ in der Nachfolge des
Schon holen die ersten Passagiere ihr Handgepäck …

Und nicht vergessen, eine schon zitierte Flüchtigkeit
Der Pilot entschuldigt sich über die Sprechanlange ...

Schön, mal wieder von Dir gelesen zu haben, findet der

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Vorhin, als sie mir die knisternde Erdnusstüte in die Hand drückte, ...
Bitte, hatte sie mit südländischem Akzent geflüstert, als sich unsere Hände berührten. Mehr nicht. Nur … Bitte.
Also ich finde diesen Typen herrlich, wie er in ein einziges Wort der Stewardess, dem schlichten „Bitte“, das wohl jeder vernünftige(re) Mensch weniger im Sinne einer Bitte (um Zuwendung?), sondern eher im Sinne von „Hier, bitte sehr, Ihre Erdnüsse/Ihr Kaffee/Ihr Bloody Mary/Ihr was auch immer“, verstehen würde, weiß der Himmel was hineininterpretiert, sich zu den schönsten Tagträumereien hinreißen lässt. Aber offenbar gehört er nicht zu den Vernünftigen, und das macht ihn mir natürlich auf Anhieb sympathisch.

Und was will ich mehr von einer Kürzestgeschichte, als einen sympathischen, romantischen Protagonisten, eine spannungsgeladene Handlung und zu guter Letzt dann noch ein Happy End. (Nicht, weil die erträumte Romanze wahr wird, sondern weil der Typ schlicht überlebt, was man ja als den allerglücklichsten Umstand überhaupt in diesem Jammertal, gemeinhin echtes, erbarmungsloses Leben genannt, bezeichnen kann.)

Ach ja, zum Adverb „noch“ des Anfangssatzes:

Noch während das Flugzeug abstürzt, frage ich mich, ob die Stewardess auf mich steht.
Ich würde es ehrlich gesagt auch rausschmeißen:

Während das Flugzeug abstürzt, frage ich mich, ob die Stewardess auf mich steht.

Der Satz klingt so einfach stärker. (Ernsthafter, bedrohlicher, endgültiger usw.)
Das „noch“ hat so was Relativierendes irgendwie, ist quasi so was wie ein Vorgriff auf ein Danach. (Ein Danach, das es natürlich geben muss, weil ja Ich-Erzähler und so, aber dieses Adverb nimmt mir als Leser halt gleich von Beginn weg ein bisschen die Illusion, es hier mit einem echten Drama zu tun zu haben.)
(So wär der Satz natürlich noch besser:
Während unser Flugzeug abstürzt, frage ich mich, ob die Stewardess auf mich steht.
.... weil ich dann gleich weiß, dass der Erzähler im Flugzeug sitzt.)

Wie auch immer, schön, wieder mal was lesen zu können von dir, JuJu, wenn’s auch ein sehr kurzes Vergnügen war.


offshore

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey JuJu,


hat mir auch gefallen, deine Kürzestgeschichte.
Apropos: Kennst du schon unsere neue Rubrik: Flash Fiction? Ich finde, der Text wäre dort gut aufgehoben. Kannst ja mal darüber nachdenken, Rückmeldung geben, gerne verschiebe ich den Text für dich.

Der ist so der Was-wäre-wenn-Mensch, dein Prota, der ist verkopft, konflikscheu, ein Katatstrophendenker und Traumtänzer, der will sicher gedanklich immer wieder mal einen Schritt weiter gehen, aber die Komfortzone ist halt so bequem, und überhaupt: heuer wurde (vermeintlichen) Peinlichkeiten gekonnt aus dem Weg gegangen und das ist ja auch schon was wert. Hast du gut eingefangen, finde ich. Ist so ein Schlaglicht und irgendwie beleuchtet das 'ne Menge Leute, meine ich.


Vielen Dank fürs Hochladen!

hell

PS: @wegen: Ist doch 'ne schöne Möglichkeit gewesen, wieder mal auf den Thread hinzuweisen :D.

 

Ach ja, zum Adverb „noch“ des Anfangssatzes:
Ich würde es ehrlich gesagt auch rausschmeißen:

Während das Flugzeug abstürzt, frage ich mich, ob die Stewardess auf mich steht.


Ich würde gern eine weitere Option in den Topf werfen, um das „noch“ wieder ins Spiel zu bringen:

Während das Flugzeug abstürzt, frage ich mich noch immer/immer noch/weiterhin, ob die Stewardess auf mich steht.

Du willst das andauernde sich-Fragen zu Ausdruck bringen, oder? Es fing bei den Nüssen an und überdauert das Einsetzen der Turbulenzen.


So, ich lass dich jetzt erst mal zu Wort kommen. :sealed: :shy:
Viele Grüße
wegen

 

Hallo @wegen,

Ich Grammatiknull wage mich jetzt weit aus dem Fenster – kannst mich gern belehren: Ist das nicht die konjugierte Form von haben im Präteritum? (während der Konjunktivsätze ringsum im Präsens sind)

hm.. gute Frage


Warum ausgerechnet Nordsee? Könnte auch kühle Abendluft sein. In einem kurzen Text, mutmaßt man bei jedem Detail einen Vorsatz. Hier verstehe ich es nicht.

auch ne berechtigte Frage!


Und schon taucht er wieder ab, in seine sichere, beschützte, absturzfreie Traumwelt. Dein Ich-Erzähler braucht die Stewardess zur Erschaffung eines alternativen Universums nicht. Der Tagträumer lebt bereits in einem. Das finde ich aber eigentlich ganz sympathisch. :shy:

Gern gelesen.


Freut mich!

Du willst das andauernde sich-Fragen zu Ausdruck bringen, oder? Es fing bei den Nüssen an und überdauert das Einsetzen der Turbulenzen.

Ich dachte zunächst, das "Noch" würde aus einem Englisch-Muttersprachler-Bedürfnis stammen, da noch ein Ing-Form reinzubauen, also ein Present oder Past progessive. Aber wenn ich das übersetze, merke ich, dass gar kein Ing-Form drin wäre: Even as the plane crashes, I wonder if the stewardess likes me.

Ich glaube, das "noch während" drückt so was wie "sogar" aus, oder im Englisch das "even as.."
While the plane crashes, I wonder if the stewardess likes me.
Even as the plane crashes, I wonder if the stewardess likes me.

Aber vielleicht geht "even as" auf Deutsch gar nicht so optimal .. dann greift man zu "noch während" --

Noch während das Spiel, rannte sie auf den Platz.
Während das Spiel, rannte sie auf den Platz.

Bei "noch während" betont man die zeitliche Ebene extra. Sie rannte nicht einfach während das Spiel auf dem Platz, sie rannte noch während das Spiel auf den Platz.

Insofern verliert man diese Extra-Betonung, wenn man das "noch" wegnimmt im ersten Satz. Man gewinnt aber an Knackigkeit, weil kürzer. Und, wie ich finde, an "Schrägheit". Mit dem "noch" wird dem Leser signalisiert, dass der Erzähler genau weiß, wie schräg diese Aussage ist. Da stecke ne Wertung drin. Ohne noch ist keine Wertung drin, dann hängt der Satz einfach da, als Aussage. Und man weiß nicht, wie das jetzt zu verarbeiten ist -- ist das Ernst gemeint?
Jetzt ist die Frage, was besser ist: was zieht den Leser eher in den Text?
Nun, schwer zu sagen, das Leicht-Verdutzt-Sein könnte manche Leser anspornen, weiterzulesen, andere könnte es auch leicht abstoßen oder verwirren. So auf der Mikroebene.

Aber das ist jetzt schon recht weit gedacht. Ich hab mich fürs schräge Knackigsein entschieden und das "noch" gekillt.


Danke fürs Lesen und Kommentieren, wegen! :)


Hallo Kanji,


Wird er das durch den Lautsprecher nicht eher hoffen als fragen?

Ja, das stimmt. Ändere ich noch.

An dieser Stelle bin ich schwer am Überlegen, was das für ein Hinweis ist. Die Nordsee, das Handy, das Kinn auf der Brust, die Selbstbestätigung. Und ich komme zu dem Schluss, dass gar nichts los war, alles eine Frage einer verqueren Wahrnehmung und eines nervösen Sitznachbarn.
Dennoch: ich mag den Protagonisten und die Art, wie du diesen Text angegangen bist. So konsequent als kleine Psycho-Studie, ohne Bezug zu irgendetwas anderem.

Das ist auch eine mögliche Interpretation.

Habe mich gefreut, das zu lesen, vielen Dank!

Hallo wieselmaus,


Mann, hat dein Prota Glück! Zweite Chance!

Wirklich traurig. Dabei wäre es doch so leicht gewesen, statt des professionellen Lächeln ein authentisches in ihr Gesicht zu zaubern. Auch routinierte Flugbegleiterinnen freuen sich, wenn man ihre betreuerische Leistung wahrnimmt.

Ja, irgendwie schon. Anderseits: hast du schon mal versucht, eine Flugbegelieterin klarzumachen? :) Die sind den ganzen Flug lang Projektionsflächen für alles Mögliche. Stelle ich mir tatsächlich nicht so einfach vor. Aber ein Kompliment geht immer, das stimmt.

Vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren!

@hell: ich denke auch, flash fichtion passt gut, verschiebe es

zu @ernst offshore, @Friedrichard, @hell komme ich nachher noch! merci!

Mit freundlichen Grüßen,

JuJu

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @JuJu,

ich mag diese kleine Geschichte ebenfalls sehr.
Herrliche Gedankengänge hat dein Protagonist, ein Typ, der im realen Leben offensichtlich nur ein zurückhaltender Beobachter ist und eben nur im Moment der Lebensgefahr (gedanklich) aus sich herausgeht. Nicht mal schreien kann der ja ...

Hier zum Beispiel, das finde ich melancholisch und witzig zugleich:

Könnten wir eine Fernbeziehung führen? Bei der wir uns in verschiedenen Ländern trafen? Würden unsere Kinder schön sein? Dunkel und exotisch wie sie? Groß und schlank wie ich? Hätten wir sie zweisprachig erzogen?
Aber ich habe den Eindruck, dass die Zeiten nicht ganz zusammenpassen, kann das sein?

Die ersten beiden „würdevoll“ finde ich gut, da stört die Wiederholung auch gar nicht, bzw. ist es sogar nice:

Er trägt einen grauen Anzug und strahlt etwas Würdevolles aus
Ich bin kurz davor, den würdevollen Türken zu fragen, ob ich seine Hand halten darf.
aber beim dritten Mal finde ich es dann doch zu viel:
Kurz bevor er den Gang entlang verschwindet, nickt er mir würdevoll zu.
Da fände ich es viel schöner, wenn dein Prot etwas anderes sagt, „altväterlich“ zum Beispiel, was zwar auf den ersten Blick die gleiche Bedeutung hat, aber die Bewunderung für den gesetzten Herrn dann doch auf subtile Weise zurückschraubt - jetzt, wo die Gefahr vorbei ist …

Kurz frage ich mich, ob Allah was mit diesem Flugzeugabsturz zu tun hat.
Durchaus möglich … :lol:
ich bin wütend auf den Türken, dessen Gott nicht für mich da ist,
Herrlich! :)

Ich hole mein Handy aus der Tasche, drücke mein Kinn auf die Brust
Das erste mein besser durch das ersetzen?

Aber sonst hast du für meinen Geschmack

Alles richtig gemacht.

Ach so, und ich finde es übrigens auch gut, dass das "noch" aus dem ersten Satz rausgeflogen ist! ;)

Liebe Grüße von Raindog

 

Hallo @Friedrichard ,

vielen Dank für deinen Kommentar. Hat mich wieder mal daran erinnert, dass ich mir doch mal im Detail diese Konjunktivregeln reinziehen wollte. Schön auch wieder was von dir zu lesen!

Hallo @ernst offshore,

Also ich finde diesen Typen herrlich, wie er in ein einziges Wort der Stewardess, dem schlichten „Bitte“, das wohl jeder vernünftige(re) Mensch weniger im Sinne einer Bitte (um Zuwendung?), sondern eher im Sinne von „Hier, bitte sehr, Ihre Erdnüsse/Ihr Kaffee/Ihr Bloody Mary/Ihr was auch immer“, verstehen würde, weiß der Himmel was hineininterpretiert, sich zu den schönsten Tagträumereien hinreißen lässt. Aber offenbar gehört er nicht zu den Vernünftigen, und das macht ihn mir natürlich auf Anhieb sympathisch.

haha, ja, das freut mich :)

Ich hab das "noch" jetzt rausgenommen im Anfangsatz, "unser" Flugzeug ginge wohl auch, aber ist dann auch ein Tick weniger knackig und schlicht .. und geht auch ohne.

Wie auch immer, schön, wieder mal was lesen zu können von dir, JuJu, wenn’s auch ein sehr kurzes Vergnügen war.

Freut mich, Ernst :) Auf dass längere Texte folgen

Hallo @Raindog

Die ersten beiden „würdevoll“ finde ich gut, da stört die Wiederholung auch gar nicht, bzw. ist es sogar nice:
aber beim dritten Mal finde ich es dann doch zu viel:

das stimmt wohl -- die Zeiten muss ich mir auch angucken, ja

ich mag diese kleine Geschichte ebenfalls sehr.
Herrliche Gedankengänge hat dein Protagonist, ein Typ, der im realen Leben offensichtlich nur ein zurückhaltender Beobachter ist und eben nur im Moment der Lebensgefahr (gedanklich) aus sich herausgeht. Nicht mal schreien kann der ja ...

Das freut mich sehr. Vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren!


Mit freundlichen Grüßen,

JuJu

 

Hallo JuJu,

ich bin ganz neu hier und deine Kurzgeschichte ist die erste, die ich kommentiere. Der Grund ist, dass mir dein kurzweiliger Text ganz wunderbar gefallen hat. Allein schon der allererste Satz ist einfach grandios. (Wie soll man da nicht weitelesen?) Die nüchterne Tagträumerei in einer merkwürdigen Situation, der Interpretationsspielraum des kleinen Wörtchens "Bitte" usw. – Danke für dieses Lesevergnügen! Das Ende mit der Nordsee-Brise lässt mich fragend zurück. Aber vielleicht ist das ja auch ganz genauso gewollt...? ;-)

Viele Grüße,
Frau Lyoner

 

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