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Streik der Spielsachen
Streik der Spielsachen
Mit einem gehörigen Knall schlug die hölzerne Tür des Puppenhauses zu.
Die kleinen Püppchen, die in ihm wohnten, drehten vorsichtshalber noch den Schlüssel um und lösten danach den verabredeten Alarm mit ihrem pfeifenden Wasserkessels aus, um die anderen Spielsachen zu warnen.
Die kleinen Bausteine verbarrikadierten sich mit Hilfe eines Schuhkartons und Knete in ihrer Plastikbox und die Playmobilfiguren marschierten schnurstracks unters Bett, ganz nach Hinten.
Das Puzzle versteckte sich zwischen den Büchern und die Spielfiguren des Mensch-ärger-Dich-nicht-Spieles kletterten mit einer Räuberleiter auf den alten, verstaubten Kleiderschrank.
Sie spielten zwar für ihr Leben gerne, aber nicht mehr mit Leon!
Immer räumte er alles aus seinen Schränken heraus, warf Bau- und Puzzleteile wild durcheinander und ging anschließend, ohne die Sachen wieder wegzuräumen, nach draußen, um Fußball zu spielen.
Nun hatten seine Spielsachen aber endgültig die Nase voll. Als wenn es nicht schon schlimm genug gewesen wäre, in diesem kompletten Chaos kreuz und quer herumzuliegen, hatte Leons Mama gedroht, demnächst mit dem großen, bösen Staubsauger alles wegzusaugen, was er nicht eingeräumt hatte.
Die Spielsachen waren erschrocken. Sie hatten eine Riesenangst vor dem Sauger, besonders vor seinem gefährlichen, mächtigen Maul, mit dem er sich über den Teppich schob und in allen Ecken nach Dingen, am liebsten Spielsachen, suchte, die er verschlingen konnte.
Kurzerhand hatten sie sich zusammengefunden und beschlossen, mit Leon gar nicht mehr zu spielen.
Leon, der ein leises Pfeifgeräusch hörte, als er sein Zimmer betrat, blickte verwundert umher.
Nanu, wo waren denn alle seine Spielsachen?
Er suchte seine Spielfiguren und sein Puzzle, aber vergebens. Als er mit seinem Puppenhaus spielen wollte, bekam er die Tür nicht auf und auch die Bauklötze waren nicht aus der Kiste zu bekommen.
Verärgert lief er wieder nach draußen und spielte Fußball.
Als sich aber seine Spielsachen die nächsten Tage immer noch nicht blicken ließen, wurde Leon traurig. Gerne hätte er ein wenig mit ihnen gespielt.
Als er so traurig auf seinem Teppich saß, öffnete ein Püppchen aus dem Puppenhaus die Tür und ging zu ihm herüber.
„Es spielt keiner mehr mit Dir, weil Du immer so eine Unordnung machst und nichts wegräumst.“, schimpfte es.
Leon guckte das Püppchen verwundert an und überlegte.
Es machte ihm keinen Spaß, seine Sachen einzuräumen, aber es machte ihm noch weniger Spaß, überhaupt nicht mehr zu spielen. Er kratzte sich an der Nase, wie immer, wenn ihm etwas unangenehm war und sagte zum Püppchen und den anderen Spielsachen: „Einverstanden! Ich räume jedes Spielzeug sofort wieder weg, wenn ich fertig gespielt habe und ihr kommt endlich wieder raus, O.K?“.
Für einen Moment war es in Leons Zimmer mucksmäuschenstill. Dann krochen die Spielsachen vorsichtig aus ihren Verstecken heraus und kamen zu Leon herüber, der sie freudestrahlend begrüßte.
Zur Feier des Tages veranstaltete er für seine Spielsachen ein kunterbuntes Spielefest, bei dem sie alle bis spät am Abend fröhlich miteinander spielten und lachten. Als es Zeit fürs Bett war, räumt Leon, wie verabredet, alle Sachen wieder ordentlich an ihren Platz. Einen Streik seiner Spielsachen wollte er nicht noch mal riskieren.