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Tod im Auto

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10.10.2010
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Tod im Auto

Langsam fuhr Jörg Klausen in den Ort hinein. Die Klausur, die eigentlich drei Tage dauern sollte, war ein Tag früher fertig geworden. Wer hätte gedacht, daß man sich so schnell einigt und alle mit dem Ergebnis so zufrieden sind.

Jörg war Ingenieur bei BMW und er war mit seiner Abteilung in Klausur, um einen neuen Motor zu konzeptionieren.

Eigentlich sollte er rundum zufrieden sein, aber er war es nicht. Einen Tag vor der Klausur hatte er herausgefunden, was er schon seit längerem vermutete: Seine Frau trifft sich regelmäßig mit einen anderen und das nach 9 Jahren Ehe! Der Typ hieß Ralf Antana und war ein braungebrannter Dandy, reich und ein sehr erfolgreicher Geschäftsmann.

Und er fuhr das neuste BMW-Carbriolét in metallic blau.

'Auf so einen Typ fliegt Luise und wahrscheinlich hat er sie auch noch mit dem Auto beeindruckt, das ich mitkonstruiert habe!', dachte Jörg verbittert.

Er fuhr langsam durch den Ort und da sah er vor dem Supermarkt ein metallic blaues BMW Cabriolét stehen.

'Das müßte Antanas Wagen sein.', dachte er.

Ohne groß darüber nachzudenken bog er auf den Parkplatz ab und stellte sich schräg gegenüber zum BMW auf einen freien Parkplatz.

„Und jetzt?“, fragte er sich. „Soll ich jetzt Löcher in die Reifen machen?“

Er schüttelte den Kopf und wollte wieder losfahren, als er stutzte. Jörg dachte an seinen Computer, der auf dem Rücksitz lag, womit er den Zustand von BMW-Motoren auslesen konnte. Bei dem neusten Modell ging das sogar drahtlos, via Bluetooth. Er fuhr den Computer hoch und wartete, ob der Rechner irgendwelche BMW's fand.

Da erschienen die Daten von Antanas Wagen auf dem Display.

'Hm, keine Paßwortabfrage, eigentlich dürfte ich hier doch gar nicht so einfach drauf, das müssen wir noch absichern.'

Er schaute sich einige Daten an.

'Toll', dachte er, 'jetzt kann ich sehen, wieviel Antana schon gefahren ist und wie groß sein Durchschnittsverbrauch ist. Trotzdem treibt er es mit meiner Frau.'

Er wollte schon den Rechner wieder herunterfahren, als ihm eine Idee kam. Er aktivierte den Programmiermodus und stellte überrascht fest, daß er vollen Zugriff auf den Wagen hatte und auch Einstellungen ändern durfte.

'Wow', dachte er, 'das ist aber jetzt eine richtige Sicherheitslücke, die müssen wir unbedingt beheben. Gut, daß nur einige Entwicklungsingenieure dieses Programm auf ihrem Rechner haben.'

Neugierig schaute er sich alles an.

'Ob da auch die kleinen Progrämmchen darauf laufen, die wir auf den Testsystemen verwenden?'

Er lächelte vor sich hin. 'Die heutigen Autos sind ja nur Computer mit Rädern, da kann man ja alles umprogrammieren, wenn man nur weiß wie.'

Ihm kam ein teuflischer Gedanke: 'Ob ich wohl Funktionen abhängig von der Geschwindigkeit an- und abschalten kann?'

Er schüttelte den Kopf: 'Nein, das kann ich nicht machen.'

Dann erinnerte sich an die Klatschgeschichten, die er über Ananta im Lokalteil der Tageszeitung gelesen hat.

'Ich bin bestimmt nicht Antanas erstes Opfer und werde wohl auch nicht das letzte sein. Ach Luise, was tust Du mir an!'

Entschlossen wählte er im Computer die Bremsensteuerung aus.

'Einfach abschalten geht nicht, das würde er ruckzuck merken.'

Er schrieb ein kurzes Programm, durch das die Bremsen ab 90 km/h deaktiviert werden. Dann spielte er aufgeregt das Programm auf Antanas BMW, schloß schnell seinen Rechner und fuhr überhastet in Richtung seines Hauses davon.

'Das soll mir einmal einer nachweisen. Da kommt keiner drauf.'

Nach zehn Minuten Fahrt wurde er wieder ruhiger.

'Was habe ich getan? Wenn er jetzt einen Unfall baut? Was ist, wenn er jemand anders tot fährt?'

Er wendete und fuhr mit hohem Tempo zurück. Aber als er wieder in den Ort zurückkam, kam ihm schon der metallic blaue BMW entgegen.

Hektisch schaute er sich nach einer Möglichkeit zum Drehen um, aber er mußte noch weiter fahren, bis er endlich an einer Kreuzung umdrehen konnte. Der BMW war schon außer Sichtweite. Jörg raste zurück und als er die Ortschaft verließ, sah er schon in der Ferne einen Wagen zerbeult vor einem Baum stehen. Ein Mann stand bei dem Wrack und sprach aufgeregt in sein Handy. Es war ein metallic blaues BMW Cabriolét.

Jörg hielt an und fragte stotternd, was passiert war.

Der Mann war völlig außer sich: „Ich kam gerade hier vorbei, als ich das sah. Ich glaube, der Fahrer ist tot. Ich habe schon die Polizei gerufen.“

Jörg hatte das Gefühl, als würde er den Boden unter seinen Füßen verlieren. Fassungslos starrte er auf das Wrack.

Nach ein paar Minuten, die ihm wie eine Ewigkeit vorkamen, kam die Polizei und ein Krankenwagen. Wie durch Nebel beobachtete Jörg, wie die Rettungssanitäter zum Wrack gehen, den Fahrer untersuchten und dann, den Polizisten zugewandt, den Kopf schüttelten.

Als ihn einer Polizisten anspracht, kam Jörg langsam wieder zu sich.

„Haben Sie gesehen, was passiert ist?”

„Äh, nein, ich, äh, kam hier zufällig vorbei, äh und dann sah ich das hier.”, stammelte Jörg.

„Zufällig?”

„Äh, ja, ich war auf dem Weg nach Hause, äh, ich wohne ungefähr noch 10 km von hier.”

Dann fiel ihm plötzlich ein, daß Antana wahrscheinlich auf dem Weg zu seiner Frau war, weil sie dachten, daß er heute noch nicht nach Hause käme.

'Dieses Schwein, das geschieht ihm recht!'

„Kannten Sie diesen Mann?”

„Ja, das ist Ralf Antana, der Geschäftsmann.”, antwortete Jörg ohne zu überlegen.

Erstaunt schaute ihn der Polizist an: „Ralf Antana? Woher wissen Sie das so genau?”

Erschrocken zuckte Jörg zusammen. 'Habe ich mich jetzt verraten?', dachte er.

„Äh, ähem, das Auto, das kennt doch jeder.”, stammelte Jörg wieder.

„Aha”, sagte der Polizist. Er überlegte kurz.

„Bitte geben Sie uns noch Ihren Namen und Adresse.”

Jörg gab ihm seine Daten.

„Fühlen Sie sich in der Lage zu fahren?”

Jörg antwortete: „Ich denke schon.”

„OK, dann kommen Sie gut nach Hause. Bei Bedarf melden wir uns noch einmal bei Ihnen.”

Noch ganz benommen ging Jörg zu seinem Auto.

'Ob die Elektronik von dem BMW noch ganz ist?'

Er überlegte kurz, ob er versuchen sollte, mit seinem Rechner die Spuren aus dem Bordcomputer zu entfernen, aber er stand zu weit weg, und außerdem wäre es doch sehr auffällig, wenn er jetzt noch längere Zeit mit seinem Laptop hantieren würde.

Er fuhr nach Hause. Als er die Tür öffnete, kam seine Frau und guckte ihn überrascht an.

'Sehe ich da ein leises Erschrecken?', fragte er sich. 'Vielleicht hat sie Angst, daß jetzt Antana auftaucht und alles rauskommt. Keine Angst, Luise, es kann nichts passieren.'

„Was machst Du denn hier?”, fragte ihn seine Frau.

„Die Klausur war einen Tag eher zu Ende, da wir sehr gut voran gekommen sind.”, antwortete Jörg.

Einige Augenblicke standen sie im Hausflur und keiner sagte etwas.

„Darf ich reinkommen?”, fragte Jörg.

„Natürlich”, antwortete seine Frau, „es ist ja auch Dein Haus.”

Jörg ging an ihr vorbei und drehte sich dann zu ihr: „Ach übrigens, auf dem Weg nach Hause war ich Zeuge eines schweren Unfalls. Ralf Antana, dieser Dandy, hat sich tot gefahren.”

Dann ging er weiter.

Auf dem Weg zur Waschküche, wo er seine gebrauchte Wäsche hinbrachte, hörte er seine Frau leise schluchzen. Er ging in die Wohnküche und sah sie mit verweinten Augen sitzen.

„Geht es Dir nicht gut?”, fragte er sie.

„Ach”, sagte sie, „es ist nichts.”

Er beugte sich zu ihr und wollte sie tröstend in den Arm nehmen. Sie stand aber auf und sagte: „Entschuldige, mir geht es nicht gut, ich leg' mich hin.” und ging hinaus.

'Das war es dann wohl.', dachte Jörg. 'Es ist vorbei. Ich bin ein Mörder und meine Frau verläßt mich, hat mich eigentlich schon verlassen. Ich könnte mir glatt den Strick nehmen.'

Er setzte sich aufs Sofa und die Gedanken kreisten in ihm. Um sich abzulenken, schaltete er den Fernseher an, aber seine Gedanken kreisten weiter um den Tod von Antana und nach stundenlangem Grübeln schaltete er den Fernseher wieder aus.

Es ist kurz vor 11 Uhr. 'Am Besten schlaf' ich auf der Couch' , dachte er und holte sich eine Decke.

Im Traum sah er immer wieder das Gesicht von Ralf Antana und er hörte den Knall, wie das Auto vor den Baum fuhr. Mehrfach wachte er schweißgebadet auf. Ab halb fünf konnte er nicht mehr einschlafen und er wälzte sich auf dem Sofa hin und her.

Eine Stunde später stand er auf. Alles tat ihm weh, weil die Couch nicht sehr bequem war.

Er wusch sich, zog sich an und machte sich einen Kaffee. Er grübelte weiter.

Seine Frau kam mit einem Koffer die Treppe herunter.

„Ich muß ein paar Tage Abstand haben, ich ziehe zu einer Freundin.”

Jörg nickte stumm und sah ihr hinterher, wie sie das Haus verließ. Um sich abzulenken, holte er die Zeitung rein und begann zu lesen. Im Lokalteil war ein Bericht über den „Unfall” von Ralf Antana.

Gestern nachmittag verunglückte der bekannte Geschäftsmann Ralf Antana mit seinem Kraftfahrzeuge, als er mit vermutlich überhöhter Geschwindigkeit aus der Kurve getragen wurde und frontal einen Baum rammte.

Ralf Antana war sofort tot.

Ein Polizeisprecher teilte uns mit, daß einige Umstände dieses Unfalls noch ungeklärt sind, und da das Fahrzeug einen sehr modernen Bordcomputer hatte, der überraschenderweise nur leicht beschädigt wurde, hofft man über die Auswertung dieses Bordcomputers weitere Erkenntnisse über den Ablauf des Unfalls zu bekommen.

Jörg blickte entsetzt auf die Zeitung.

'Jetzt kriegen sie mich! Das ist vielleicht aber auch besser so. So kann ich doch nicht weiterleben!'

Er lehnte sich zurück und überlegte, kam aber zu keinem Schluß.

Er schaute auf die Uhr. 'Ich muß zur Arbeit. Vielleicht lenkt mich das etwas ab.'

Daraufhin zog er sich die Schuhe an, nahm seinen Mantel, stieg in seinen Wagen und fuhr los. Bei jedem Polizeiwagen, den der sah, zuckte er zusammen.

'Wo kommt nur überall die viele Polizei her? Sind die alle hinter mir her? Ach, jetzt mache ich schon selber verrückt. Ich fahre einfach unauffällig, dann bemerkt mich keiner.'

Nach einigen Minuten tauchte ein Polizeiwagen hinter ihm auf und nach kurzer Zeit leuchtete das Schild bei ihm Rückspiegel auf: „Stop, Polizei!”

Jörg unterdrückte den Impuls, aufs Gas zu treten und abzuhauen und fuhr resigniert rechts ran.

Ein Polizist kam an sein Auto: „Führerschein und Fahrzeugschein, bitte.“

Hektisch tastete Jörg seine Jacke ab, fand dann seine Papiere und reichte sie dem Polizisten.

„Wissen Sie, warum wir sie angehalten haben?“

„Äh, nein.“

„Sie sind nur 40 km/h gefahren; Sie halten den ganzen Verkehr auf.“

„Oh, das tut mir leid. Ich war gestern Zeuge des Unfalls und bin noch ganz durcheinander.“

'Ich Trottel', dachte Jörg. 'Jetzt bringe ich mich noch selbst mit dem Unfall in Verbindung.'

„Können Sie den überhaupt fahren?“, fragte der Polizist.

„Doch, doch, es geht schon. Ich werde jetzt ein bißchen zügiger fahren.“

„Na dann, gute Fahrt.“, verabschiedete sich der Polizist.

Jörg fuhr langsam wieder los und achtete jetzt darauf, Strich 50 zu fahren. Er parkte auf dem Firmenparkplatz und ging in sein Büro. Er begann mit der Arbeit und freute sich darüber, daß ihn die Arbeit von seinen Grübeleien ablenkte.

Am späten Vormittag klopfte es an seine Bürotür und der Polizist von vorhin kam rein. Jörg zuckte zusammen.

„Ja, bitte?“

Der Polizist lächelte ihn an.

„Guten Tag, Herr Klausen. Das ist aber jetzt ein Zufall, daß wir uns so schnell wiedersehen. Der Anlaß ist aber leider nicht so erfreulich. Jemand hat auf dem Firmenparkplatz ihr Auto beschädigt und Fahrerflucht begangen. Der Parkplatzpförtner hat uns gerufen und uns gesagt, wo wir sie finden.“

„Oh“, antwortete Jörg.

„Wenn Sie bitte mitkommen würden und sich den Schaden ansehen, dann könnten Sie auch direkt vor Ort Anzeige erstatten.“

„OK“, sagte Jörg und ging mit dem Polizisten mit.

Er spürte im Fahrstuhl Nervosität in sich aufsteigen und hatte den Eindruck, am ganzen Körper zu zittern.

Der Polizist schien nichts zu merken.

An Jörgs Auto war das Rücklicht kaputt. Der Polizist nahm Jörgs Anzeige auf und dann ging Jörg wieder zurück in sein Büro.

Als er endlich dort ankam, mußte er erst einmal durchatmen.

'Das gibt es doch nicht', dachte er. 'Da hat man sonst nie etwas mit der Polizei zu tun, und dann, ausgerechnet jetzt, läuft mir dauernd Polizei über den Weg.'

Nach ein paar Minuten Ruhe konnte er wieder anfangen zu arbeiten. In der Mittagspause setzte er sich alleine an einen Tisch und fing wieder an zu grübeln.

'Was soll das nur werden? Kann ich überhaupt damit leben?'

Er ging früher als sonst an seine Arbeit zurück. Am frühen Nachmittag klopfte es an seine Bürotür und ein Mann trat ein. Er zeigte einen Ausweis und stellte sich vor: „Asholt, Kriminalpolizei.“

Jörg zuckte wieder zusammen.

Der Mann setzte fort: „Wir brauchen Ihre Hilfe. Wir haben Schwierigkeiten, den Bordcomputer von Ralf Antanas Fahrzeug auszuwerten und man hat uns gesagt, daß Sie ein Spezialist für dieses Modell sind, weil Sie es mitentwickelt haben. Ihre Firma hat uns zugesagt, Sie einige Tage frei zu stellen, um für uns zu arbeiten, wenn Sie möchten. Es könnte abends allerdings etwas später werden, weil wir ein bißchen Zeitdruck haben.“

Jörg war baff und ihm war fast zum Lachen, so absurd erschien ihm die Situation.

„Ihr Kollege, Klaus Schubert, hat auch zugesagt und ist schon ins Präsidium gefahren. Er war der Meinung, daß es Sinn macht, Sie hinzuzuziehen.“

Jörg fühlte Panik in sich aufsteigen: 'Jetzt kommt doch alles raus. Klaus wird wohl entdecken, was ich gemacht habe.'

Er vergaß die Anwesenheit des Kriminalkommissars und ging die Situation wieder und wieder durch.

„Herr Klausen?“ riß ihn der Kommissar aus seinen Gedanken.

„Ach ja, natürlich, ich komme mit.“ entgegnete Jörg. „Ich muß aber eigentlich mein Auto noch in Werkstatt bringen, weil mein Rücklicht kaputt gefahren wurde. Normalerweise würde ich dann mit dem Bus nach Hause fahren.“

„Das ist kein Problem. Wir fahren zusammen zur Werkstatt und dann nehme ich sie in meinem Wagen mit und kann sie auch heute abend nach Hause fahren. Ich wohne gar nicht so weit von Ihnen weg. Möchten Sie noch Ihre Frau anrufen, falls es heute später wird?“

„Äh, nein, das ist nicht nötig.“

'Woher weiß er, wo ich wohne?', dachte Jörg. 'Ermitteln die schon gegen mich?'

Sie brachten Jörgs Wagen zur Werkstatt und fuhren dann zum Polizeipräsidium. Dort war Jörgs Kollege Klaus schon bei der Arbeit.

Nach einem kurzen Gruß nahm Klaus ihn mit hinein: „Ich habe auf alle Fälle schon einmal den kompletten Speicher des Bordcomputers auf meinem Laptop gesichert, falls das Ding doch noch kaputt geht. Außerdem habe ich mir schon einmal angesehen, was kurz vor dem Unfall passiert ist.“

„Und, was ist passiert?“, fragte Jörg.

„Er ist mit 90 auf die Kurve zu gerast und hat anscheinend nicht gebremst. Kein Wunder, daß er aus der Kurve herausgetragen wurde und vor den Baum fuhr.“

Jörg war etwas irritiert, versuchte es aber nicht zu zeigen. 'Hätte der Bordcomputer nicht anzeigen müssen, daß er versucht hat zu bremsen und die Bremsen nicht funktioniert haben?', dachte er.

„Für uns wäre noch wichtig, wo Antana die letzten Tage verbracht hat, so weit man das feststellen kann.“, mischte sich der Kommissar ein.

„Kein Problem“, sagte Klaus. „Im Bordcomputer ist ein GPS-Empfänger und die vergangenen 30 Tage werden immer gespeichert. Wir können Ihnen ein Dokument erzeugen, wo alle Start- und Endpunkte der Fahrten von Herrn Antana angegeben sind. Das dauert nur ein paar Minuten.“

„OK“, antwortete der Kommissar, „dann komme ich in einer Viertelstunde wieder.“

Jörgs Kollege speicherte die Liste aller Anfangs- und Endpositionen auf seinem Laptop.

Dann überlegte er. „Sag mal“, wendete er sich an Jörg, „wie heißt noch einmal das Programm, womit man aus den GPS-Daten die Adressen ermitteln kann.?“

Jörg zögerte, dann sagte er es ihm.

Klaus Schubert startete das Programm, wählte die Liste aus und nach einigen Sekunden konnte man die Aufenthaltsorte von Ralf Antana des letzten Monats erkennen. Er schaute sich die Adressen an und stutzt.

„Sag mal Jörg, ist das nicht Deine Adresse? Hier, vorgestern und den Tag davor? Und die vergangenen Wochen, immer wenn wir Badminton spielen waren, stand sein Wagen an Deinem Haus...“

Auf einmal verstummte er und wußte nicht mehr, was er sagen sollte.

Langsam sagte Jörg: „Ich hatte es schon geahnt.“ Dann schwiegen beide.

Nach einer Weile kam der Kommissar zurück und fragte: „Und? Was gibt es neues?“

Zögernd begann Jörg: „Ich muß Ihnen etwas sagen. Ich hatte es vorher schon geahnt, aber die GPS-Daten machen es deutlich. Ralf Antana hatte ein Verhältnis mit meiner Frau. Meine Ehe ist kaputt und deshalb hat sie mich auch heute morgen verlassen.“

Der Kommissar war perplex und sagte erstmal nichts.

Dann erwiderte er: „Das hätten Sie erwähnen müssen, als mein Kollege sie am Unfallort befragt hat. Oder war es gar kein Unfall?“

„Ähm, wieso sollte es kein Unfall sein?“, antwortete Jörg. „Er ist mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren und daher aus der Kurve getragen worden.“, sagte er etwas zu schnell.

„Wir machen für heute Schluß.“, entschied der Kommissar. „Ich fahre Sie nach Hause. Bitte gehen Sie schon einmal vor, ich möchte noch unter vier Augen mit Ihrem Kollegen sprechen.“

Jörg verließ das Zimmer und wartete auf dem Flur. Er atmete tief durch, aber er wurde den Druck, der auf der Brust fühlte, nicht los. Nach ein paar Minuten kam der Kommissar auf den Flur.

„Sie haben sicherlich Verständnis, daß Ihr Kollege ab jetzt alleine den Bordcomputer analysiert.“

Jörg antwortete darauf nicht und sie gingen zum Wagen des Kommissars.

An der Unfallstelle auf dem Weg zu Jörgs Haus hielt der Kommissar an.

„Wollen Sie sich die Unfallstelle noch einmal ansehen?“, fragte er.

„Warum sollte ich?“, fragte Jörg zurück. „Das zu sehen war gestern schon schlimm genug.“

Schweigend saßen sie eine Zeitlang im Auto.

„Haben Sie da etwas dran gedreht, Herr Klausen?“, fragte der Kommissar erneut.

„Wie hätte ich denn da etwas dran drehen sollen. Meinen Sie, ich habe ihn von der Fahrbahn abgedrängt?“

Nach einer Weile weiteren Schweigens startete der Kommissar den Wagen.

„Ich bringe Sie jetzt nach Hause.“

Als sie bei Jörgs Haus ankamen, stieg Jörg wortlos aus und ging in sein Haus.

Als er endlich drinnen war, schien sich alles um ihn zu drehen. Er zog Jacke und Schuhe aus und legte sich auf die Couch und fing wieder an zu grübeln.

'Was für ein Tag! Ob Klaus die Manipulation entdeckt? Vielleicht sollte ich gestehen und bekomme mildernde Umstände. Aber vielleicht entdeckt er es gar nicht. Und selbst wenn: Wie will man mir nachweisen, daß ich das war? Aber kann ich mit dieser Schuld überhaupt leben, ein Mörder zu sein? Wenn er nicht wie ein Irrer gerast wäre, dann wäre ja gar nichts passiert, also er ist er doch selbst schuld. Und außerdem war es ein Schwein und er hatte es verdient.'

So kreisten seine Gedanken immer wieder hin und her und irgendwann machte er den Fernseher an und schaute bis Mitternacht.

In der Nacht träumte er wieder von Antanas Tod und hatte dauernd wieder das Gesicht von Antana vor Augen. Mehrfach wachte er in der Nacht auf und nahm dann irgendwann eine Schlaftablette, aber trotzdem wachte er wie gerädert am nächsten Morgen auf.

'Und jetzt? Geht es so weiter wie gestern? Halte ich das überhaupt aus?'

Er stand auf, frühstückte und fuhr zu Arbeit.

Am späten Vormittag kam Klaus in sein Büro.

„Hallo“, sagte er, „ich bin mit der Analyse fertig.“

'Und hast Du herausgefunden, wie ich es gemacht habe?', dachte Jörg und sagte: „Und, was herausgefunden?“.

„Nein. Der Kommissar hat mich gelöchert, ob Du vielleicht irgendwie etwas daran gedreht haben könntest, aber ich habe ihm versichert, daß Du das nicht getan hast. Ich kann mir nicht vorstellen, daß Du ein Mörder bist. Und außerdem: Wir hatten Antanas Wagen nicht im Labor, wie hättest Du da etwas daran machen sollen?. So, tschüss, ich habe einen Termin beim Chef.“

Jörg fühlte sich schlecht nach dem Gespräch: „Tja Klaus, wenn Du wüßtest“, sagte er zu sich selbst.

Er hatte mit Klaus Schubert immer gerne zusammengearbeitet und sich im Laufe der Jahre mit ihm angefreundet, aber es kam ihm jetzt so vor, als hätte ihre Freundschaft einen Bruch erlitten.

Zur Mittagszeit fragte Klaus ihn, ob er mit in die Kantine kommt, aber Jörg wollte lieber allein sein und ließ sich eine Pizza kommen. So richtig arbeiten konnte er den Nachmittag nicht mehr, weil seine Gedanken immer wieder um den Mord und um seinen Kollegen kreisten.

Gegen fünf verließ er sein Büro und geht zum Parkplatz. Dort sah er Klaus Schubert in seinem Auto mit seinem Laptop sitzen.

Er ging zu ihm hin: „Arbeitest Du jetzt sogar schon im Auto?“

„Ach, hallo. Nein, ich habe vergessen, eine E-Mail zu schreiben, die heute unbedingt noch 'raus muß, sonst kann es Ärger geben.“

Da kam ein nagelneuer BMW auf den Parkplatz gefahren und parkte neben Schuberts Auto. Der Geschäftsführer stieg aus. Er nickte Jörg und Klaus zu und sie nickten zurück.

„Wow“, sagte Schubert. „Der hat sich tatsächlich das neue Modell geholt.“

Auf einmal leuchtete ein Symbol auf, daß der Laptop einen neuen BMW gefunden hat. Irritiert schaute Schubert auf das Symbol und klickte darauf. Die Daten vom BMW des Geschäftsführers erschienen auf dem Display des Laptops.

„Das ist aber eine gewaltige Sicherheitslücke, die wir noch beheben müssen.“, sagte Schubert.

Ängstlich nickte Jörg.

Neugierig klickte Klaus Schubert in den Daten des Bordcomputers herum und stellte auf einmal fest, daß auch der Programmiermodus funktionierte und er Zugriff auf alles hatte und auch alles ändern durfte.

„Die Sicherheitslücke wird ja immer größer. Das müssen wir heute noch ändern. Es darf kein BMW mehr ausgeliefert werden, der diese Sicherheitslücke hat.“

Er schaute Jörg an, der schweigend dabei stand und auf einmal wurde ihm alles klar:

„Jörg, Du hast... Du bist...“

Jörg drehte sich weg und lief zu seinem Auto. Ohne groß nachzudenken startete er ihn und fuhr zum Polizeipräsidium.

„Ich möchte gerne zu Kommissar Asholt. Es geht um den Tod von Ralf Antana.“, sagte er dem Polizisten am Eingang.

Der telefonierte kurz, antwortete dann: „Augenblick, ich begleite Sie.“ und führte ihn zum Zimmer des Kommissars.

Der Kommissar bat ihn herein, bot ihm einen Stuhl an, setzte sich und schaute ihn erwartungsvoll an.

„Es fing damit an, daß ich herausgefunden habe, daß Antana ein Verhältnis mit meiner Frau hat. Als ich früher von einer Klausur zurückkam, sah ich Antanas Auto in der Stadt auf einem Parkplatz stehen und habe mich daneben gestellt. Mehr durch Zufall habe ich gemerkt, daß ich von meinem Laptop aus via Bluetooth in den Bordcomputer von Antanas BMW kam und ich konnte sogar im Bordcomputer Änderungen vornehmen. Weil ich so sauer war, habe ich eingestellt, daß bei Überschreitung von 90 km/h die Bremsen abgeschaltet werden. Ich fuhr schnell weg und bekam dann Gewissensbisse und kehrte um, aber da sah ich ihn schon losfahren und konnte ihn nicht mehr einholen, bis ich dann zu der Unfallstelle kam. Dieses .... dieses Unfallbild verfolgt mich nachts, ich kann kaum noch schlafen. Das wollte ich doch nicht.“

Jörg kamen die Tränen, er konnte sich nicht mehr beherrschen.

Schweigend schaute ihn der Kommissar lange an.

„Wir hatten heute eigentlich die Ermittlungen eingestellt, weil sich nach der Obduktion herausgestellt hat, daß Antana 2 Promille Alkohol im Blut hatte und daher sind wir von einem Unfall als Folge von Alkoholmißbrauch ausgegangen.“

 
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Hallo Chapeau!

Jörg steigert sich in seiner Angst erwischt zu werden – überall vermutet er Polizisten, die ihm auf den Fersen sind, jedes Klopfen an der Tür erschreckt ihn – bis der Druck ihn zum Geständnis treibt.
Das ist der interessante Teil der Geschichte, ihr Kern sozusagen, denn da gibt es eine Entwicklung.

Das Motiv zur Tat und der Tatablauf sind nicht überzeugend.

Motiv:

Seine Frau hatte einen anderen und das nach 9 Jahren Ehe! Der Typ hieß Ralf Antana und war ein braungebrannter Dandy, reich und ein sehr erfolgreicher Geschäftsmann.
Und er fuhr das neuste BMW-Carbriolét in metallic blau.
'Auf so einen Typ fliegt Luise und wahrscheinlich hat er sie auch noch mit dem Auto beeindruckt, das ich mitkonstruiert habe!', dachte Jörg verbittert.
Hier ist die Charakterisierung der Frau nicht passend.
Klingt nach einem kleinen Ausrutscher, einem unbedeutenden Abenteuer der Frau. Das passt nicht zu Luises Auszug aus dem gemeinsamen Haus.

An dieser Stelle müsste also die (aus Jörgs Sicht) ernste Gefahr für die Ehe deutlicher werden.

Tathergang:

„Und jetzt?“, fragte er sich. „Soll ich jetzt Löcher in die Reifen machen?“
Er schüttelte den Kopf und wollte wieder losfahren, als er stutzte. Jörg dachte an seinen Computer, womit er den Zustand von BMW-Motoren auslesen konnte. Bei dem neusten Modell ging das sogar drahtlos, via Bluetooth. Er holte seinen Computer vom Rücksitz, fuhr ihn hoch und wartete, ob der Rechner irgendwelche BMW's fand.
Wenn er „Löcher in die Reifen machen“ als unsinnig erachtet, wieso will er dann die Motordaten auslesen? Was macht das für einen Sinn?

Ich meine, an dieser Stelle müsste mehr Vorsatz rein, ein zumindest vager Plan, mit dem Computer Schaden am Wagen anzurichten. Alles Weitere kann sich dann wie gehabt entwickeln.

Im Text kann einiges gekürzt werden. Beispiel:

Langsam fuhr Jörg Klausen in den Ort hinein. Jetzt war die Klausur, die eigentlich 3 Tage dauern sollte, sogar schon ein Tag früher fertig geworden und er konnte eher wieder nach Hause. Wer hätte gedacht, daß man sich so schnell einigt und alle mit dem Ergebnis so zufrieden sind.
Jörg war Ingenieur bei BMW und arbeitete an der Entwicklung neuer Motoren und er war mit seiner Abteilung in Klausur, um einen neuen Motor zu konzeptionieren.
Das Markierte kann raus. Das sind Füllwörter wie: „schon“ usw. und unwichtige und doppelte Informationen wie die geplante Dauer der Klausur. Das Jörg einen Tag früher als geplant nach Hause fährt sagt alles Wichtige über deren Dauer, mehrere Tage eben. Ob das Ergebnis zufriedenstellend war, ist auch unwichtig.
„… arbeitete an der Entwicklung neuer Motoren …“ ist eine wichtige Info, aber das Thema der Klausur „… war mit seiner Abteilung in Klausur, um einen neuen Motor zu konzeptionieren“ kann der Leser sich auf Grund dieser Info denken. (Du kannst auch das Klausurthema stehen lassen und die die Art seiner Arbeit rausnehmen.)

Nach diesem Prinzip kannst du den ganzen Text überarbeiten und so bestimmt 20% kürzen.

Gruß

Asterix

 

Hallo,
erst einmal vielen Dank für die Kritik.

[..]

Das Motiv zur Tat und der Tatablauf sind nicht überzeugend.

Motiv:

Hier ist die Charakterisierung der Frau nicht passend.
Klingt nach einem kleinen Ausrutscher, einem unbedeutenden Abenteuer der Frau. Das passt nicht zu Luises Auszug aus dem gemeinsamen Haus.

An dieser Stelle müsste also die (aus Jörgs Sicht) ernste Gefahr für die Ehe deutlicher werden.


Über diesen Einwand habe ich länger nachgedacht.

Er weiß erst einmal nur, daß seine Frau ein Verhältnis hat.
Er weiß nicht, wie seine Frau sich dabei fühlt, ob es für sie nur ein Abenteuer oder die große Liebe ist.
Ich habe die Formulierung so geändert, daß sich seine Frau regelmäßig mit einem
anderen trifft (mehr konnte Jörg ja auch gar nicht wissen).
Wie kaputt die Ehe ist, konnte er zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen?

Und auch ein scheinbar unbedeutendes Abenteuer ist eine ernste Gefahr für eine Ehe, zumindest sehe ich das so.

Tathergang:


Wenn er „Löcher in die Reifen machen“ als unsinnig erachtet, wieso will er dann die Motordaten auslesen? Was macht das für einen Sinn?

Ich meine, an dieser Stelle müsste mehr Vorsatz rein, ein zumindest vager Plan, mit dem Computer Schaden am Wagen anzurichten. Alles Weitere kann sich dann wie gehabt entwickeln.


Auch hierüber habe ich länger nachgedacht.

Die Handlung entsteht aus der Situation heraus.
Er handelt spontan und denkt kaum nach. Erst, als er den scheinbar perfekten Mord
vor Augen hat, handelt er planvoll.

Von daher halte ich diese Situation für plausibel und werde sie so lassen.

Im Text kann einiges gekürzt werden.

[..Füllwörter entfernen..]

Nach diesem Prinzip kannst du den ganzen Text überarbeiten und so bestimmt 20% kürzen.

Asterix


Ich habe ein wenig gekürzt. 20 % halte ich für übertrieben.
Demnächst stelle ich eine neue Version hierein.


Ich möchte mich an dieser Stelle auch einmal grundsätzlich bei Dir (und bei den anderen Regulars) für euren Aufwand bedanken, mit dem ihr die Geschichten lest und kritisiert.
Ich finde total spannend, meine Handlungsideen eurem Feedback auszusetzen und dabei sie vor mir selbst verteidigen zu müssen oder sie halt zu ändern, wenn mich eure Kritik überzeugt.
Dazu kommen sinnvolle praktische Tips wie z.B. "Show, don't tell", was ich vorher noch nicht kannte.

Ich bin jetzt 44 und schreibe erst seit diesem Jahr, aber mir macht das Schreiben soviel Spaß, daß ich auch einige Geschichten bei Wettbewerben einreichen werde. Die kann ich natürlich noch nicht hier veröffentlichen.

Allerdings fehlt mir auf diesem Portal ein Forum wie grundsätzliche Fragen, wie z.B. ob es ein Problem ist, die alte Rechtschreibung zu verwenden, wenn man bei Wettbewerben teilnimmt oder etwas veröffentlichen will.

Ich werde hier und da auch Geschichten von diesem Portal lesen und auch meine Meinung dazu sagen (Geben und nehmen).

Ciao
Peter Schütt

 

Hallo Chapeau,

ich finde die Idee der Geschichte gut: die unerwartete Möglichkeit, den Geliebten der Frau auszuschalten und die quälenden Gewissensbisse. Allerdings nimmt die Geschichte eher langsam Fahrt auf und hat gegen Ende Längen. Die zwanzig Prozent Kürzung, die Asterix vorgeschlagen hat, sind nicht übertrieben!

Formal ist mir aufgefallen, dass du sehr viele Absätze machst. Für mich als Leser wäre es angenehmer, Szenen oder Gespräche, die zusammengehören, nicht durch zu viele Zeilenschaltungen auseinanderzuziehen.

Dazu, wie Jörg gemerkt hat, dass seine Frau eine Affäre mit diesem Ralf Antana hat und die gefühlsmäßigen Hintergründe könntest du mehr sagen. Das tolle Auto und die Äußerlichkeiten allein werden es ja wohl nicht sein. Der technische Vorgang der Manipulation wäre noch überzeugender, wenn er detaillierter beschrieben wäre.
Und schließlich der Unfall: Was löst das in Jörg aus? Was hört und sieht er genau?

Die Schluss-Szene hat mir sehr gut gefallen. Der Teil vom Unfall bis dahin, die Begegnungen mit Polizei und Kollegen: besonders hier würden Kürzungen dem Text guttun!

Hat mir aber schon ganz gut gefallen.

Freundliche Grüße,

Berg

 

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