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Verbfaulheit / Plusquamperfekt

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15.03.2016
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Verbfaulheit / Plusquamperfekt

Hallo Ihr Lieben,

ich bin nicht sicher, ob meine Anfrage hier richtig ist. Trotzdem möchte ich es versuchen, weil ich um Eure Kompetenz weiß.
In meinen Kurzgeschichten hadere ich immer wieder mit dem Plusquamperfekt. Meine Lektorin haut mir regelmäßig ein "Verbfaulheit" um die Ohren und es klingt auch wirklich nicht gut. Ich habe jetzt gelesen (ja, ja... Verbfaulheit ;O)) , dass Autoren für einen Rückblick nur einen/einige Sätze im Plusquamperfekt schreiben, dann ins Präteritum wechseln um den Abschlusssatz dann erneut im Plusquamperfekt zu schreiben.
Das widerstrebt mir irgendwie, weil es ja eigentlich falsch ist, auch wenn es sich besser anhört.
Welche Erfahrungen habt Ihr? Was sagen Eure Lektoren und Verlage?

Freu mich auf Eure Ansichten.

Liebe Grüße
Xayide

 

Hallo Xayide!

Könntest du dein Problem (eventuell mit Beispielen) ein wenig konkreter fassen?

"Verbfaulheit" bezieht sich meines Wissens auf das häufige Verwenden von Hilfsverben. Das kann man oft damit umgehen, dass man stärkere Verben verwendet.

Das Problem mit dem Plusquamperfekt (und deine angesprochene mögliche Lösung) bezieht sich auf Rückblickpassagen. (Da würde ich empfehlen, möglichst wenig Rückblicke im Text zu verwenden, stattdessen zu versuchen, Rückblicke zu umgehen, zum Beispiel aktive Szenen im erzählerischen Jetzt zu schreiben, die halt das gleiche aussagen, was auch deine Rückblenden aussagen würden.)

Andererseits, wenn du schon eine Lektorin hast, die das Problem anspricht, hat sie dann keine Lösungsmöglichkeiten parat?

Grüße,
Chris

 
Zuletzt bearbeitet:

Meine Mutter sagte, dass sie mich beim Bettenmachen gefunden hatte.
Gerade sagte meine Mutter, dass sie mich beim Bettenmachen fand.

Wie Chris Stone schon, kommt mir das mit der "Lektorin" seltsam vor,

Xayide,
-
und wenn ich von "Verbfaulheit" hör, so kann es sich nur um Probleme in Sachen Hilfsverb/en handeln (in Form des "hatte/n") und sein (als "war/en") - und wer wollte bezweifeln, dass die Schulgrammtik nicht korrekt sei?

Ich nicht -

nur, die deutsche Sprache ist flexibler als die Schulgrammatik sich gibt, nicht nur in der Zeitenfolge. Da gibt es nur zwo einstellige (Gegenwart und Vergangenheit) Werte, selbst die einfache Zukunft ist zweistellig ("ich werde kommen"), arbeitet also mit Hilfsverb + Vollverb und in der Konsequenz die vollendete Zukunft (Futur II) grenzt schon an die dreistellige Akrobatik der Mutmaßung und Zumutung ("ich werde gekommen sein") - was schon auf ein weiteres Problem der Zweistelligkeit hinweist: Die Partizipienreiterei ("ich bin/war gekommen".

So wie sich das zwostellige Futur durch das historische Futur aushebeln lässt ("ich werde kommen" vs. "ich komm morgen"), so auch die Rückblenden, die sich schon im lapidaren "komm ich heut nicht, komm ich morgen" (wenn auch in falscher Richtung auf dem Zeitstrahl, also noch'n Beispiel aus der abgeschlossenen Vergangenheit in der laufenden Vergangenheit) "ich hatte meinen Kopf verloren, aber jetzt fand ich ihn wieder" vs. "letzte Woche verlor ich den Kopf, gestern fand ich ihn wieder"). Keiner wird was gegen die gar nicht notwendige Verlängerung ""ich hatte meinen Kopf verloren, aber jetzt hab ich ihn wiedergefunden" einwenden - ist halt unnötig aufwendig und damit für mundfaule Gesellen wie mich fast ausgeschlossen.

Also statt des Hilfsverbs + Partizips eine zeitliche Bezeichnung des "vorher/nachher" (nur als Beispiel, es gibt zig Möglichkeiten). Das "als" eignet sich geradezu vorzüglich für alle zeitlichen Vereinfachungen. "Als ich gestern meinen Kopf verlor, ahnte ich nicht, dass ich ihn heute wiederfinde, sondern hoffte noch, dass ich ihn wiederfinden möge .../wiederfände ..." (um auch mal was außerhalb der Zeitenfolge reinzubringen, denn der KOnjunktiv hat nix mit der Zeitenfolge zu tun).

Nun, ich würd auf die Lektorin verzichten oder - sofern sie nicht eh am Hungertuch nagt - wenigstens die Gage wegen Ungebührlichkeit kürzen.

So weit, so gut oder auch nicht. Lass es mich wissen (und Chris auch), sonst komm ich mir vor wie beim betreuten Schreiben, steht doch noch eine ältere Anfrage aus, die GoMusic und ich schon versucht haben, etwas aufzuklären ...

Nix für ungut

Friedel

 

Mit jeder Vereinfachung der Sprachregeln, verliert die Sprache an Reichtum. Die leidet im täglichen Leben ohnehin daran, weil wir angeblich keine Zeit hätten, die Wörter auszuschreiben oder Verben zu verwenden, die Zielpersonen verstehen uns auch so. Wenn Schriftsteller sich auch noch diesem Schlendrian anschließen sollten, weil eh „unnötig aufwendig“ geschrieben wird, dann wird es mit der Sprache weiter bergab gehen.

Statt wie bisher die Hüter der Sprache zu sein, werden Schriftsteller so aus reiner Bequemlichkeit zu ihren Totengräbern.

 

Hallo Bea,

super, vielen Dank für deine ausführliche Info. Besonders mit dem Beispiel kann ich richtig viel anfangen. Der Zeitwechsel liest sich völlig selbstverständlich.
Meiner Lektorin geht es wirklich hauptsächlich um die Hilfsverben. Wortwiederholungen hab ich immer im Blick. Und ich muss gestehen, ich liebe es möglichst viele unterschiedliche Wörter zu nutzen. In unserer Sprache gibt es so unglaublich viele schöne Wörter. Manchmal wird mir fast das Herz schwer, wenn ich mich in der Überarbeitung von ganz wundervollen Adjektiven wieder verabschieden muss. Aber was soll mach machen, wenn die komplexe, spannende Handlung in die Zeichenvorgabe passen soll. :O)

Viele Grüße
Tanja

 

Ihr Lieben,

eigentlich hatte ich gestern Abend schon eine Nachricht verfasst. Scheinbar habe ich sie doch nicht abgeschickt. Es muss am Alter liegen. Daher jetzt erneut.

1. Ganz vielen Dank für die Mühe, die Ihr Euch bei meiner Anfrage gemacht habt. Man kann sich so wunderbar darauf verlassen, dass man hier kompetente Hilfe bekommt.
2. Meine Kurzgeschichte wird veröffentlicht und in diesem Rahmen erfolgt das Lektorat. Es ist also ein Geschenk und da wollte ich die Lektorin nicht noch mit Rückfragen und meinen fachlichen Unzulänglichkeiten nerven. Sie hat sich viel Mühe mit meinem Text gemacht. Ich wusste ja, dass sich hier Experten finden, die mir weiterhelfen können.

Es war mir wie immer ein Fest. Nochmals vielen Dank für Eure Unterstützung.

Viele Grüße

Tanja

 

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