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16.03.2015
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Anmerkungen zum Text

Der Versuch, in knappen Worten aus drei grotesken, anekdotenhaften Szenen/Abschnitten, ohne besonderer Tiefe, mit drei unterschiedlichen Protas und Zeitsprüngen, die Geschichte über die Tragödie eines Mannes zu erzählen.
Würde gerne sehen, ob es funktioniert. Richte mich auch auf Kopfnüsse ein, möchte dann aber wissen, woran es scheitert.
Danke.

Verlassen

Günter legte die Muster-Bohrmaschine zurück ins Fach. Handhabung, Funktionen, beigefügtes Zubehör – alles entsprach seinen Vorstellungen. Auch der Preis war günstig.
Er schaute ins Regal, bückte sich, fand aber kein originalverpacktes Gerät. „Entschuldigen Sie!“, rief er einem Verkäufer zu, der am Ende des Gangs entlangschlenderte.
Der Verkäufer blickte sich um, kam langsam näher. „Ja, bitte?“
„Die UPM-600 aus der Werbung. Ist die noch da?“, fragte Günter und winkte mit dem zusammengefalteten Prospekt, den er aus der Jackentasche gezogen hatte.
Als der Verkäufer – Herr Schmalstieg, wie der Brustaufnäher verriet – neben ihm stand, vernahm Günter einen Dunst, der ihn an seinen letzten Kneipenbesuch erinnerte. Schmalstieg schaute ins Regal, schob Kartons beiseite und murmelte die einzelnen Modellbezeichnungen vor sich hin.
„Hm, keine da“, meinte er schließlich. „Ich schreib mir mal eben … die ... die …“
„Modellnummer?“
„… ja, die Nummer auf.“
„U P M Bindestrich sechs null null“, las Günter vom Prospekt ab.
Schmalstieg kramte Notizblock und Bleistift aus der Brusttasche hervor. Er leckte an der Mine und kritzelte etwas aufs Papier.
Günter beäugte das Notierte. Buchstaben, Zahlen und Zeichen, die auch auf der Einkaufsliste seiner Frau stehen könnten oder auf dem Rezept seines Hausarztes. Genauso gut könnte es der Decodierungsschlüssel für die geheime Enigma-Rotorschlüsselmaschine sein.
„Ich gucke nach. Bin gleich wieder da. Warten … Äh, bitte warten Sie hier.“ Dann schritt Schmalstieg zurück zum breiten Hauptgang, und Günter kam es vor, als taumelte der Verkäufer.

An einem Regal mit Farbeimern blieb Schmalstieg stehen und stützte sich ab. Mit dem Ellenbogen stieß er eine kleine Farbdose um, die herunterfiel und auf den Boden entlangrollte. Schmalstieg blies kräftig aus, folgte der Dose und stoppte sie schließlich mit dem Fuß. Er blickte nach vorne, schaute auf die Dose … und kickte sie weg. Günter schüttelte den Kopf. Ihm kam es vor, als bejubelte der Verkäufer ein erzieltes Tor.
Schmalstieg trottete weiter und schlug urplötzlich die Hacken gegeneinander. Günter zog die Augenbrauen hoch, als Schmalstieg die Richtung änderte und in den menschenleeren Bereich schritt, in dem einige Saunen aufgebaut waren. Hölzerne Kabinen in der Größe von Geräteschuppen oder Gartenhäuschen.
Ohne sich umzudrehen, betrat er eine Sauna und schloss die Tür hinter sich.

In Sichtweite blieb Günter stehen und lauschte der Lautsprecherdurchsage, die zwanzig Prozent Rabatt auf alle Blumen und Pflanzen bewarb. Weiter hinten waren zwei Männer in Monteurkluft – und schnell winkte er einem Verkäufer hinterher, der plötzlich mit Tapetenrollen in den Armen aus einem Gang aufgetaucht war, nur um wieder in den nächsten abzutauchen.
Günter trat einige Schritte zur Seite und sah sich um. Anderes Personal in den typischen purpurroten Poloshirts erblickte er nicht.
Dann trat er näher zur Sauna, in deren Dunkelheit und Abgeschiedenheit Schmalstieg sich verkrochen hatte. Es duftete nach würzigem Holz; Günter kam es vor, als hörte er gedämpfte Wellnessmusik im Inneren. Gerade, als er aus sicherem Abstand an die Tür klopfen wollte, wurde diese ruckartig aufgestoßen. Erschrocken wich Günter zur Seite.
Mit rotem Gesicht trat Schmalstieg heraus. Kopfschüttelnd schaute er zuerst auf den Notizblock, dann auf Günter, dann wieder auf den Block und nuschelte: „UPM-600?“
„Ja“, antwortete Günter erwartungsvoll.
„Tut … tut mir leid, haben wir nich mehr.“


Ein paar Stunden zuvor

Der Wecker klingelte. Helmut erwachte mit Kopfschmerzen, schaltete den Wecker aus und die kleine Nachtlampe an. Er tastete nach der Blisterpackung, drückte eine Tablette heraus und würgte sie hinunter.
„Du musst mehr Wasser trinken!“, ermahnte ihn seine Frau, die neben ihm im Bett lag. „Hör auf mit diesem Teufelszeug! Meinst du, es wird so besser?“
„Ja, ja, is gut, Gerdi.“
„Du gehst heute zum Arzt!“
„Is grad schlecht, viel zu tun“, murmelte Helmut. „Morgen. Morgen hab ich Rolltag.“
Morgen, morgen. Das sagst du seit Tagen!“
Gertrud setzte sich an den Bettrand und schlüpfte in die Pantoffeln. „Ist gut. Aber wirklich morgen! Oder willst du deinen Job verlieren?“ Sie stand auf und sagte: „Ich komm mit. Und danach gehen wir noch zum Pfarrer.“
Aus dem Bad hörte Helmut seine Frau rufen: „Es sind noch zwei Croissants übrig. Soll ich sie dir mit Butter und Schinken machen?“
„Danke.“

Als Helmut die Wohnungstür zuschlagen hörte, erhob er sich umständlich aus dem Bett. Im Kopf dröhnte es.
In der Küche holte er eine Flasche Bier aus dem Kühlschrank und trank sie in einem Zug leer. Dann aß er – an die Arbeitsplatte gestützt – die Croissants und wischte sich Mund und Hände am Geschirrhandtuch ab.
Im Schlafzimmer zog er den Pyjama aus und streifte sich die Jeans über, die er am Abend zuvor auf den Stuhl gelegt hatte. Er roch an dem Poloshirt und kramte aus dem Schrank ein frisches heraus.
Sein Magen knurrte. Bevor Helmut das Haus verließ, nahm er noch einen Schluck aus der Weinflasche, die seit Tagen aufgekorkt zwischen den anderen im Wohnzimmerschrank stand. Rotwein, den sie im Herbst von der Mosel mitgebracht und an lauen Abenden auf der Terrasse genossen hatten – zusammen mit Camembert, Weißbrot und Olivenöl. Es schmeckte ihm nicht.

Der Supermarkt lag auf dem Weg zur Arbeit. Helmut schaute auf die Uhr. In einer guten halben Stunde begann seine Schicht. Noch genügend Zeit, um etwas fürs zweite Frühstück einzukaufen.
Er legte eine dicke Salami und Fleischwurst ohne Knoblauch in den Einkaufswagen und zog weiter. Angelockt vom Geruch nach frisch Gebratenem blieb er an dem kleinen Stand stehen, hinter dem eine Frau mit Schürze Würstchen in einer Pfanne zubereitete.
„Möchten Sie probieren? Das sind unsere neuen Bratwürstchen. Mit Käsefüllung oder Chili?“
Helmut schob seinen Einkaufswagen zur Seite, sagte „Gerne. Aber Chili mag ich nicht“ und nahm das Pappschälchen mit einigen Stückchen Würstchen entgegen, das ihm die Frau reichte. Er steckte sich eins in den Mund und sagte schmatzend: „Vorzüglich!“
„Mit Käse sind nur noch diese beiden Packungen da.“ Die Frau deutete auf die Kühltheke neben sich. „Sind im Angebot.“
„Prima“, sagte Helmut, schlang die restlichen Stücke hinunter, hielt sich die Hand vor dem Mund und stieß leise auf. Dann warf er Schale und Holzgabel in den Abfalleimer und legte die Packungen in den Einkaufswagen.
„Sie können gerne noch ein Stückchen haben“, bot die Frau an.
Helmut lugte in die Pfanne. „Geben … geben Sie mir einfach alle. Wenn Sie keine mehr verkaufen können, dann … dann … brauchen sie auch keinem anderen was zum Probieren geben.“

Auf dem Weg zur Kasse blieb Helmut vor dem Weinregal stehen. Er drehte sich mehrmals um und verstaute die Bratwürstchen aus dem Einkaufswagen zwischen dem 2010er Chardonnay.
Er räumte Salami und Fleischwurst auf das Kassenband, ging in Gedanken mögliche Verstecke in der Verkaufshalle und im Sozialraum durch und nahm sechs kleine Flaschen Jägermeister aus dem Fach der Mitnahme- und Quengelware.


Ein paar Tage später

„Entschuldigung, Entschuldigung“, wiederholte Fritz, nachdem sich Zuschauer wie Perlen an einer Kette von ihren Sitzschalen erhoben und wieder hingesetzt hatten, um ihm das Durchgehen auf dem schmalen Tribünengang zu ermöglichen.
Fritz schaute auf die Eintrittskarte und verglich die aufgedruckte Nummer mit der auf dem Messingschild des Sitzes. Er setzte sich hin, trank einen kleinen Schluck Cola aus dem Becher und schaute auf den leeren Platz neben sich. „Ist der frei?“, fragte er den Zuschauer auf der anderen Seite des leeren Sitzes.
„Ja“, lautete die knappe Antwort.
Fritz legte seinen Seidenschal auf den Sitz und stellte die Cola daneben. Er pustete kräftig aus, öffnete seine Jacke und sagte mehr zu sich selbst: „Puh, eben noch geschafft.“
Während sich die beiden Mannschaften in Reih und Glied auf dem Rasen aufstellten, beugte sich Fritz zu dem Mann und sagte: „Ich hatte Glück. Mein Kumpel hat keine Karte mehr bekommen. Ausverkauft! Und jetzt sehe ich hier den leeren Platz. Pokal-Finale! Wer lässt denn da seine teure Karte verfallen?“
„Wie … wie bitte?“, fragte der Mann.
Fritz deutete neben sich. „Der freie Platz.“
„Ach so. Der … der gehört zu mir“, antwortete der Mann. „Meine Tochter. Sie hat sich so gefreut. Wir haben seit ihrem zehnten Geburtstag kein Finale verpasst. Und heute …“, der Mann hustete blechern, „heute könnte sogar unser Heimatverein den Pott holen!“
„Darf ich denn fragen, wo Ihre Tochter heute ist?“
Der Mann schnäuzte sich die Nase und fuhr fort: „Sie ist kürzlich verstorben.“
„Oh, das tut mir leid“, sagte Fritz, nahm die Cola und wischte mit dem Schal über den Sitz.
Das Orchester formierte sich auf dem Rasen. „Wollte denn Ihre Frau nicht an ihrer Stelle …?“
„Wir haben uns getrennt.“
„Oh. Also meine Kollegen hätten locker zweihundert Euro …“
„Ich wollte die Karte nicht verkaufen!“
Verdutzt schaute Fritz geradeaus aufs Spielfeld. „Aber Verwandte, Freunde oder Bekannte …“, sagte er dann.
Kopfschüttelnd antwortete der Mann: „Nein, leider konnte keiner … keiner heute kommen.“
„Wieso denn, wenn ich fragen darf?“
Das Orchester setzte die Instrumente zur Spielstellung an. Im Stadion wurde es ganz still. Die ersten Zuschauer erhoben sich.
Leise sagte der Mann: „Die sind alle auf der Beerdigung“, und stand auf, als das Orchester die ersten Töne der Nationalhymne spielte.

 

Hallo @GoMusic,

hui, da musste ich am Ende aber schlucken.

Ich finde den Aufbau interessant. In der ersten Szene ist Herr Schmalstieg aka Helmut ein inkompetenter Mitarbeiter, der anscheinend auch noch auf der Arbeit trinkt. Als Kunde würde man sich ärgern, und fragen, warum dieser Mann denn da überhaupt noch arbeitet.

Aber wie so oft, wenn man hinter die Kulisse schaut erkennt man eben, dass da mehr hinter steckt. Das finde ich auch eine schöne Botschaft, die Erinnerung daran, nicht zu schnell über fremde Menschen zu urteilen.

Ich glaube nicht, dass Helmut Alkoholiker ist – noch nicht. Denn sonst müsste er nicht erst überlegen, wo er den Alkohol auf der Arbeit verstecken kann, sondern hätte schon seine Verstecke.

Trotzdem passt das für mich noch nicht alles ganz zusammen.

Die Tochter ist wohl erst vor ein paar Tagen verstorben. Da finde ich es krass, dass Helmut überhaupt arbeiten geht. Wer ist denn dazu in der Lage? Und darf einen der Arbeitgeber in so einem Fall kündigen?

Bei seiner Frau scheint der Alltag weiterzugehen:

Hör auf mit diesem Teufelszeug! Meinst du, es wird so besser? Es ist ja wohl alles traurig genug!
Es sind noch zwei Croissants übrig. Soll ich sie dir mit Butter und Schinken machen?
Verdrängt sie, dass ihre Tochter gestorben ist? Ansonsten fände ich diese Sprache, insbesondere den fett markierten Satz sehr unpassend. Auch dass sie sich Sorgen um den Job macht kann ich kaum glaube. Ist einem in so einer Situation nicht alles egal?
Wenn sie den Tod allerdings einfach verdrängt, würde ich das vllt noch klarer darstellen.

Auch Helmut scheint den Tod seiner Tochter ja hauptsächlich verdrängen zu wollen, deswegen auch der Alkohol. Und deswegen geht er auch lieber ins Stadion. Wer kann auch die Beerdigung seines eigenen Kindes ertragen? Also ich verstehe ihn, obwohl ich keine Kinder habe.

Ich finde es gut, wie du diese Alltagsszenen beschreibst, in denen der Schmerz lauert. Das erkennt man natürlich noch besser, wenn man das Ende kennt. Also lohnt es sich, den Text zweimal zu lesen. :)

Allerdings wirken manche Stellen zu klamaukig, fast schon comichaft auf mich. Zum Beispiel diese hier:

Mit rotem Gesicht trat Schmalstieg heraus, hickste und wischte sich über den Mund. Kopfschüttelnd schaute er zuerst auf den Notizblock, dann auf Günter, dann wieder auf den Block und nuschelte: „U P M 6…6…?“
Er steckte sich eins in den Mund und sagte schmatzend: „Vorzüglich!“
Auch der Fritz erscheint mir viel zu aufdringlich. Wer bohrt denn noch so, wenn er erfährt, dass sie Tochter gestorben ist?

Ich denke, du kannst diese Stellen ruhig etwas zurückschrauben. Wenn du leiser bleibst, wirkt der Text meiner Meinung nach noch besser. Diese übertriebenen Szenen irritieren mich da nur.

Kopfnüsse sind hier nun wirklich nicht nötig! :)

Liebe Grüße,
NGK

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Rob,

hab mich gefreut, dass du wieder unter meiner Geschichte bist.

auch diese Geschichte finde ich durchgehend gut und unterhaltsam formuliert.
Danke sehr!

Dem Thema kann ich jedoch wenig abgewinnen, es geht ja letzten Endes um einen Alkoholiker (oder er ist auf dem Weg dorthin), der über den Tag hinweg seinen Nachschub braucht und organisiert. Und am Ende im Fußballstadion trinkt, statt bei der Beerdigung seiner Tochter zu sein.
Thema ist wohl Geschmacksache. Danke, dass du dennoch dran geblieben bist.

Du schreibst es von der Art her wie einen humorvollen Unterhaltungstext, hast ihn aber mit Alltag und Gesellschaft getagt. Ich finde, das passt nicht ganz.
Das Humorvolle soll nicht im Vordergrund stehen, so wie beim Text "Mr. Pepp", den du auch kommentiert hast.
Hierbei handelt es sich eher um eine Tragikomödie, "eine Tragödie, welche neben den tragischen auch komische Bestandteile enthält" (Wikipedia).

Als der Verkäufer – Herr Schmalstieg, wie der Brustaufnäher verriet –, neben ihm stand, vernahm Günter einen Dunst, der ihn an seinem letzten Kneipenbesuch erinnerte.
Kein Komma vor "neben", glaube ich ...
Ich glaube, doch ;)
Edit: Stimmt, Rob, kein Komma. Ein kleines, liebes Vögelchen hat es mir gerade ins Ohr geflüstert. ;)

Angelockt vom Geruch nach frisch Gebratenen blieb er an dem kleinen Stand stehen,
Gebratenem
Gekauft!

Danke für deine Zeit und deine Worte. Schönen Feiertag noch.

Hallo NGK,

prima, dass du auch dabei bist.

hui, da musste ich am Ende aber schlucken.
Gut, also im Sinne von dass das Ende so rüberkommt.

Ich finde den Aufbau interessant.
Ist irgendwie auch nur so sinnvoll, denke ich, weil ...

Aber wie so oft, wenn man hinter die Kulisse schaut erkennt man eben, dass da mehr hinter steckt. Das finde ich auch eine schöne Botschaft, die Erinnerung daran, nicht zu schnell über fremde Menschen zu urteilen.
... ich diesen ersten Eindruck haben wollte, der hier falsch/anders ist oder zum Nachdenken anregen sollte.

Ich glaube nicht, dass Helmut Alkoholiker ist – noch nicht. Denn sonst müsste er nicht erst überlegen, wo er den Alkohol auf der Arbeit verstecken kann, sondern hätte schon seine Verstecke.
So meine Intention. :thumbsup:

Die Tochter ist wohl erst vor ein paar Tagen verstorben. Da finde ich es krass, dass Helmut überhaupt arbeiten geht. Wer ist denn dazu in der Lage? Und darf einen der Arbeitgeber in so einem Fall kündigen?
Ja, Tochter ist vor ein paar Tagen verstorben. Laut Gesetz erhält Schmalstieg 1 oder 2 Tag(e) Sonderurlaub (abhängig davon, ob Tochter im selben Hausstand lebte oder nicht).
Könnte sein, dass Schmalstieg keinen Urlaub genommen hat, weil er es zuhause (mit Frau / ohne Tochter) nicht aushält und/oder auf der Arbeit ungestörter trinken kann oder oder ...
Kündigen darf der Arbeitgeber sicherlich. Gründe gibt es immer wieder. Es gibt ja keinen Kündigungsschutz in solchen Fällen ...
Aber so weit, also auf die Schiene Arbeits-/Sozialrecht etc. wollte ich gar nicht gehen mit dem Text.

Bei seiner Frau scheint der Alltag weiterzugehen:
Hör auf mit diesem Teufelszeug! Meinst du, es wird so besser? Es ist ja wohl alles traurig genug!
Es sind noch zwei Croissants übrig. Soll ich sie dir mit Butter und Schinken machen?
Verdrängt sie, dass ihre Tochter gestorben ist? Ansonsten fände ich diese Sprache, insbesondere den fett markierten Satz sehr unpassend. Auch dass sie sich Sorgen um den Job macht kann ich kaum glaube. Ist einem in so einer Situation nicht alles egal?
Wenn sie den Tod allerdings einfach verdrängt, würde ich das vllt noch klarer darstellen.
Ihr Alltag geht weiter, genau.
Könnte die Flucht nach vorne sein.
Könnte auch nicht die leibliche Mutter sein. (Will da im Allgemeinen nichts in Abrede stellen). So genau geht das aus dem Text ja nicht hervor.

Übers Fettmarkierte denke ich nochmal nach. Ist erst kurz vor Toreschluss hinzugekommen, kann genauso schnell wieder weg ;)

Ich finde es gut, wie du diese Alltagsszenen beschreibst, in denen der Schmerz lauert. Das erkennt man natürlich noch besser, wenn man das Ende kennt. Also lohnt es sich, den Text zweimal zu lesen. :)
Danke, danke

Allerdings wirken manche Stellen zu klamaukig, fast schon comichaft auf mich. Zum Beispiel diese hier:
Mit rotem Gesicht trat Schmalstieg heraus, hickste und wischte sich über den Mund. Kopfschüttelnd schaute er zuerst auf den Notizblock, dann auf Günter, dann wieder auf den Block und nuschelte: „U P M 6…6…?“
Er steckte sich eins in den Mund und sagte schmatzend: „Vorzüglich!“
A
Ist notiert. Denk ich drüber nach.

Auch der Fritz erscheint mir viel zu aufdringlich. Wer bohrt denn noch so, wenn er erfährt, dass sie Tochter gestorben ist?

Ich denke, du kannst diese Stellen ruhig etwas zurückschrauben. Wenn du leiser bleibst, wirkt der Text meiner Meinung nach noch besser. Diese übertriebenen Szenen irritieren mich da nur.

So Typen wie Fritz gibt es (leider). Ihn interessiert bloß der freie Sitzplatz.
Denke auch darüber (das Aufdringliche) nach.

Kopfnüsse sind hier nun wirklich nicht nötig! :)
:bounce:

Habe mich sehr gefreut. Hab mir Einiges notieren können.

Dir auch einen tollen Feiertag.

Liebe Grüße, GoMusic

 

Hallo GoMusic,

Verlassen
Den Titel finde ich clever gewählt. Er ist kurz und prägnant, lässt dabei aber Raum für Interpretationen. So kann anfangs vermutet werden, dein Prot wird auf Grund seines Alkoholkonsums verlassen. Am Ende erfährt der Leser vom Verlust seiner Tochter. Über die Gründe seiner Sucht lässt sich (nur) spekulieren.
Ich muss gestehen, dass ich aufgrund der Abteilung der Textpassagen und der Perspektivwechsel, mit den unterschiedlichen Namen annahm, es handelt sich um verschiedene Männer, die die gleiche Sucht teilen - und das gar nicht schlecht fand, würdest du die Schicksale noch besser verknüpfen. Vielleicht liegts an meinem derzeitigen Buch: Der Zopf von Laetitia Colombani. Da ist es ähnlich, mit den Geschichten dreier Frauen. Bei deinem (vor Textbeginn gelesenen :schiel:) Hinweis: „mit drei unterschiedlichen Protas und Zeitsprüngen, die Geschichte über die Tragödie eines Mannes zu“ habe ich glatt was übersehen. Vom möglichen Einfluss der Pfingstsonne auf meinem dunkelbraunen Schopf und die Mitschuld einer gewissen Lilith Lillet Berry kann ausgegangen werden.
Das Ende ist natürlich krass und sehr zynisch. Irgendwie fällt es mir schwer, Mitleid mit ihm zu entwickeln, weil er für mich ein solcher Antipath ist. Ich weiß nicht, ob du ihn so darstellen wolltest. Die Alltagsbeschreibungen sind dir gut gelungen. Aber die Szenen stehen noch etwas für sich. Vielleicht findest du ein Bindeglied, einen parallel ablaufenden Geschichtenstrang, der mehr Gefühl reinbringt. Super Rat, eh? ;)

Textkram habe ich fast keinen gefunden. Tiptop!

Hölzerne Kabinen in der Größe von Geräteschuppen oder kleinen Gartenhäuschen.
Oberpingelig: kleinen ... und -chen wirkt oft redundant, weil übertrieben.

In einer guten halbe Stunde begann seine Schicht.
halbeN

Viele Grüße
wegen

 

Hey go!

Liest sich ganz gut weg, allerdings funktioniert für mich der turn am Ende nicht, Helmut aus der Klischeekiste herauszuholen und sein Verhalten mit einem Schicksalsschlag zu "entschuldigen". Warum lässt er sich nicht einfach krankschreiben? Zu Hause kann er doch viel befreiter saufen. Mir ist das zu konstruiert. Helmut wird die ganze Zeit als ein wandelndes Klischee dargestellt, weshalb ich auch null Beziehung zu ihm aufbaue. Ehrlich, mir ist wurscht, dass Frau und Arbeit weg sind. Und das er seine Tochter verloren hat, ihm scheint Fußball wichtiger zu sein, so what? Statt Mitgefühl erweckt dieser Teil in mir nur noch mehr Kopfschütteln. Zum Nachdenken regt mich da gar nichts mehr an. Ist ja auch nicht so, dass du dieses Fußballspiel als etwas darstellst, wo Helmut auf seine eigene Art und Weise Abschied nimmt. Das er das irgendwie zelebriert. Er bleibt das Abziehbild eines alkoholkranken Menschen. Hätte er da irgendeine Puppe neben sich sitzen, wäre er an diesem einen Tag nüchtern (für die Tochter halt) ... aber alles was Du mir zeigst, ist der Flachmann. Klar können solche Erlebnisse Menschen aus der Bahn werfen und sie in den Abwärststrudel reinziehen, aber der zeitliche Rahmen scheint mir hier doch zu beengt. Woher hat die Frau die Kraft, ihn auch noch zu verlassen in dieser Phase? Ich meine, wir reden hier von einem sehr überschaubaren Zeitraum. Weil er seinen Kummer wegsäuft? Echt jetzt? Klar kann auch schon vorher die Ehe am Arsch sein, aber wenn der übermäßige Alkoholkonsum wirklich auf den Tod der Tochter zulaufen soll ... Ich weiß nicht, vielleicht ist der Tod des eigenen Kindes auch einfach zu schwergewichtig, als das er sich für eine Pointe eignet. Zumindest bei mir.

Ach Mensch, da schreib ich endlich mal wieder einen Kommentar und dann auch noch einen, über den sich ein Autor wohl eher nicht freuen wird. Tut mir leid.

Liebe Grüße, Fliege

 

Hi @GoMusic,

ich nochmal.

Ich wollte nur nochmal sagen, dass der Text auf mich ganz anders wirkt, als zum Beispiel auf @Fliege.

Ich sehe nicht einen alkoholkranken Mann, sondern jemanden der flieht. Nur weil er ein paar Tage trinkt, ist er doch nicht direkt alkoholkrank. Er geht nicht zum Fußballspiel, weil ihm das so wichtig ist, nein, er flieht, weil er es nicht ertragen könnte auf die Beerdigung zu gehen oder alleine zu Hause zu sitzen, er klammert sich an diese "Normalität". Und seine Frau verlässt ihn nicht, weil er trinkt, sondern weil er es wagt, nicht auf die Beerdigung, sondern ins Stadion zu gehen. Er kapselt sich ab in seinem Schmerz und lässt seine Frau alleine.

Natürlich verhält sich der Mann unvernünftig und egoistisch, aber ich kann sein Verhalten absolut nachvollziehen.

Das Problem ist ja anscheinend, dass durch den Alkoholkonsum am Anfang vieles überlagert wird. Was wäre wenn du das zurückschraubst? Vllt trinkt er nicht die ganze Zeit. Auf der Arbeit hat er einen furchtbaren Kater. Zuhause hält er es nicht aus und verlässt die Wohnung, lässt seine Frau stehen.

Warum möchtest du eigentlich eine Tragikkomödie schreiben? Wie wichtig sind dir die komischen Elemente? Ich weiß nicht, ob das in der Kürze einer KG funktionieren kann, oder ob man als Leser einfach zu sehr hinundhergerissen wird.

Liebe Grüße,
NGK

 

Ich will die Lesart gar nicht in Abrede stellen und sicher ist auch die Erzählabsicht von GoMusic so gemeint oder zumindest nahe dran. Was mich aber stört, ist, das hier die Alkohlkrankheit als etwas benutzt wird, um den Prot. vorzuführen. Und zwar völlig plakativ. Und am Ende ist mir das zu viel Drama um den turn glaubwürdig mitzugehen. Muss die Frau denn weg sein? Muss die Arbeit weg sein? Die volle Kiste Vorurteile wird hier verbrannt. Aber das Thema ist doch nicht - Alkohol macht einsam, sondern Trauerbewältigung der besonderen Art. Und davon lese ich halt recht wenig. Man kann es hineindeuten, aber man kann das alles auch unglaubwürdig finden. Für mich leistet der Text das selber nämlich nicht, sondern ausschließlich der wohlgesonne Leser. Das ist alles schwarz und am Ende soll alles zu weiß werden. Dafür fehlen mir aber die Graustufen. Bisschen weniger Klischee, bisschen weniger den Prot. als betrunkenen Volltrottel (Baumarktszene) daherkommen lassen. Die Idee, dass er die Tradition aufrecht bewahrt und zum Finale geht, den Platz neben sich für seine tote Tochter reserviert, die hätte ja was sehr berührendes. Aber eben nicht, wenn da ein Besoffener sitzt, der niemanden anderes gefunden hat. Und genau das steht so im Text.

So viel, um das Mißverhalten zwischen Text und Absicht in meiner Wahrnehmung noch einmal zu verdeutlichen. Aber freut mich natürlich für den Autor, wenn der Text nur bei mir so an der Intention vorbeigeht. Und ich nehme das auch gern auf meine Schulter, keine Frage.

Gleich nochmal liebe Grüße!

 

Hallo Rob,

schön, dass du nochmal vorbeigeschaut hast.

als Tragikomödie benötigt deine Geschichte m.E. eine andere Grundstimmung. Vielleicht eher etwas melancholischer mit gelegentlichen lustigen Momenten.
Ja, das mag sein. Ich sagte ja lediglich, dass es eher an eine Tragikomödie rankommt, nicht, dass es eine sein soll. ;)
So Gedanken mache ich mir beim Schreiben auch gar nicht. Hier bei WK haben wie eh nur die Genres, nicht die grundlegenden literarischen Gattungen.

(Ah, sehe gerade, dass ich das wohl besser hätte anders sagen sollen. @Nichtgeburtstagskind hat das in ihrem zweiten Kommentar auch aufgegriffen. Komme noch später auf euch zurück, NGK und @Fliege )

Die deutliche Diskrepanz zwischen der heiteren Erzählweise und der ernsten Handlung wirkt für mich eher etwas verwirrend, als wenn sich die Geschichte nicht entscheiden kann, was sie sein möchte. Das Ende hört sich dadurch eher wie die Pointe eines sehr harten Scherzes an, und so war es ja bestimmt nicht gedacht.
Es sind Geschichten, die das Leben schreibt. Ob ernst, heiter, schwarzer Humor, durchdachte Point – es kommt, wie es kommt.
Die erste Szene kam z.B. in meinem näheren Umfeld so vor.
Ein Bekannter von mir fragt einen Verkäufer nach einem Artikel, dieser sagt, er schaue (im Lager) nach, verzieht sich in eine Sauna und kommt nach Minuten angeschickert heraus mit den Worten "Haben wir nich."
Und die letzte Szene mag tatsächlich pointiert wirken. Der Prota ist da aber nicht zu Scherzen aufgelegt

Habe mich über deinen Besuch gefreut.
Schönen Tag noch.


Hallo wegen,

ein toller Kommentar. Dankeschön.

Den Titel finde ich clever gewählt. Er ist kurz und prägnant, lässt dabei aber Raum für Interpretationen. So kann anfangs vermutet werden, dein Prot wird auf Grund seines Alkoholkonsums verlassen. Am Ende erfährt der Leser vom Verlust seiner Tochter.
Danke dafür. Ich finde Titel sehr wichtig. Auch, dass sie Raum lassen, für verschiedene Bedeutungen stehen können.

Über die Gründe seiner Sucht lässt sich (nur) spekulieren.
Ja. Er konnte schon vorher getrunken haben und dieser Schicksalsschlag gab ihm den Rest. Oder er trank vorher nicht/kaum – dass er in Gedanken seine Alkoholverstecke durchgeht, spricht eher dafür. Dass er zuhause am Wein nippt, obwohl er ihm nicht schmeckt, auch.
Ich denke da noch mal drüber nach, es präziser darzustellen.

Ich muss gestehen, dass ich aufgrund der Abteilung der Textpassagen und der Perspektivwechsel, mit den unterschiedlichen Namen annahm, es handelt sich um verschiedene Männer, die die gleiche Sucht teilen - und das gar nicht schlecht fand, würdest du die Schicksale noch besser verknüpfen.
Und ich muss gestehen, dass ich das durchaus gut finde, wenn man das beim (ersten) Lesen so interpretiert. :lol:
Bin auch gespannt, wie die Zuhörer reagieren, wenn unsere Autorenrunde im Juni wahrscheinlich wieder startet ...

Das Ende ist natürlich krass und sehr zynisch. Irgendwie fällt es mir schwer, Mitleid mit ihm zu entwickeln, weil er für mich ein solcher Antipath ist. Ich weiß nicht, ob du ihn so darstellen wolltest.
Nein, Mitleid wollte ich nicht erzeugen. Dafür ist der Text auch zu kurz, geht nicht in die Tiefe, deutet vieles nur an.
Und sympathisch sollte der Prota auch nicht unbedingt sein.

Die Alltagsbeschreibungen sind dir gut gelungen. Aber die Szenen stehen noch etwas für sich. Vielleicht findest du ein Bindeglied, einen parallel ablaufenden Geschichtenstrang, der mehr Gefühl reinbringt. Super Rat, eh? ;)
Ein Bindeglied. Hört sich gut an.
Parallel laufender Geschichtenstrang auch.
Weiß nicht, ob ich das hier (noch) einbaue(n kann). Wahrscheinlich hätte ich dann nicht mehr dieses (erste Lese)Gefühl, es handle sich um drei Protas. Auch den Zeitsprung zurück mag ich, bringt er die erste Szene doch in ein anderes Licht, so wie es auch @Nichtgeburtstagskind in ihrem Kommentar so schön gesagt hat.

Lieben Dank für deine Zeit und deine Gedanken.
Habe mich sehr gefreut.

Liebe Grüße, GoMusic

 

Hallo Fliege,

schön, dass du vorbeigesummt bist.

Liest sich ganz gut weg, allerdings funktioniert für mich der turn am Ende nicht, Helmut aus der Klischeekiste herauszuholen und sein Verhalten mit einem Schicksalsschlag zu "entschuldigen".
Das mit "Klischeekiste" ist für mich natürlich nicht schön. Schade, dass du das so empfindest, aber auch gut, dass du es ansprichst, triggerst du mich so doch an, hier noch mal zu überprüfen.

Helmut wird die ganze Zeit als ein wandelndes Klischee dargestellt, weshalb ich auch null Beziehung zu ihm aufbaue.
Du hast einige gute Beispiele aufgeführt. Ich habe drüber nachgedacht, Änderungen vorgenommen, eine Nacht drüber geschlafen und sie heute im Laufe des Tages hochgeladen.

Ich möchte nun auf die Hinweise eingehen, die ich bei der Überarbeitung berücksichtigt habe.

st ja auch nicht so, dass du dieses Fußballspiel als etwas darstellst, wo Helmut auf seine eigene Art und Weise Abschied nimmt. Das er das irgendwie zelebriert.
Da ist ein sehr guter Hinweis. Die Idee mit dem Zelebrieren gefällt mir, habe ich es zwar so schon im Text gehabt (oder gedacht, zu haben), es nun aber stärker herausgestellt (fett):

„Oh. Also meine Kollegen hätten locker zweihundert Euro …“​
„Ich wollte die Karte nicht verkaufen!“
Raus ist nun auch, dass er keine Kollegen mehr hat. Jobverlust ist nun kein Thema mehr.

Auch trinkt der Prota in der Stadionszene nicht mehr.
Dazu muss ich sagen, dass ich diese Szene als erstes hatte, noch ohne Alkohol. (Dabei handelt es sich um die "Niederschrift" eines kurzen Videos, das ich mal mit Kumpels gedreht habe).
Der Alkohol kam erst später hinzu.

Ach Mensch, da schreib ich endlich mal wieder einen Kommentar und dann auch noch einen, über den sich ein Autor wohl eher nicht freuen wird. Tut mir leid.
Dir muss nichts leid tun. So'n Tritt in den Allerwertesten braucht jeder mal, Stichwort "Verlassen der Wohlfühlzone" :D
Ich finde, es hat etwas gebracht.

Hallo NGK,

schön, dass du nochmal vorbeigeschaut hast.

Ich sehe nicht einen alkoholkranken Mann, sondern jemanden der flieht. Nur weil er ein paar Tage trinkt, ist er doch nicht direkt alkoholkrank. Er geht nicht zum Fußballspiel, weil ihm das so wichtig ist, nein, er flieht, weil er es nicht ertragen könnte auf die Beerdigung zu gehen oder alleine zu Hause zu sitzen, er klammert sich an diese "Normalität". Und seine Frau verlässt ihn nicht, weil er trinkt, sondern weil er es wagt, nicht auf die Beerdigung, sondern ins Stadion zu gehen. Er kapselt sich ab in seinem Schmerz und lässt seine Frau alleine.
Wow. I agree. :thumbsup:
Genau so.

Es ist nun aber ein wenig geändert, so dass nicht gesagt wird, dass seine Frau ihn verlassen hat, sondern dass sie sich getrennt haben.

Natürlich verhält sich der Mann unvernünftig und egoistisch, aber ich kann sein Verhalten absolut nachvollziehen.
Danke dafür.

Das Problem ist ja anscheinend, dass durch den Alkoholkonsum am Anfang vieles überlagert wird. Was wäre wenn du das zurückschraubst? Vllt trinkt er nicht die ganze Zeit. Auf der Arbeit hat er einen furchtbaren Kater. Zuhause hält er es nicht aus und verlässt die Wohnung, lässt seine Frau stehen.
Guter Vorschlag, über den ich nachgedacht und den ich umgesetzt habe.
Er trinkt nicht mehr die ganze Zeit. In der ersten Szene im Baumarkt kann er nun tatsächlich einen Kater haben. Alkohol wird nicht explizit erwähnt.

Zuhause habe ich ein wenig das Klischee des Saufens zurückgefahren. Er erinnert sich beim Trinken des Weins an die Zeit zurück, als er mit seiner Frau zusammen Wein genossen hat. Es wird angedeutet, dass sich vor kurzem etwas geändert hat, da eine offene Weinflasche seit einiger Zeit nicht mehr angerührt wurde.

Warum möchtest du eigentlich eine Tragikkomödie schreiben? Wie wichtig sind dir die komischen Elemente?
Ist es tatsächlich eine Tragikomödie? Ich weiß es nicht.
Wichtig sind mir die komischen Elemente schon. Ich hatte die Ideen, fand sie ganz passend, gerade da den Leuten gar nicht zu lachen zumute ist, nicht ans Komische gedacht wird. Es bleibt einem quasi das Lachen im Halse stecken.


Hallo Fliege nochmal,

ich gehe chronologisch vor, deshalb gehts hier nun weiter.

sicher ist auch die Erzählabsicht von GoMusic so gemeint oder zumindest nahe dran. Was mich aber stört, ist, das hier die Alkohlkrankheit als etwas benutzt wird, um den Prot. vorzuführen. Und zwar völlig plakativ.
Wie gesagt, habe ich da zurückgeschraubt.

Muss die Frau denn weg sein? Muss die Arbeit weg sein?
Sie sind nun getrennt. Von Jobverlust wird nichts mehr gesagt.

Aber das Thema ist doch nicht - Alkohol macht einsam, sondern Trauerbewältigung der besonderen Art. Und davon lese ich halt recht wenig.
Da habe ich versucht, dies stärker herauszustellen.
Deine Idee mit dem Ritual beim freien Platz ist nun dadurch verstärkt, dass der Prota keine Absicht hat, die Karte jemand anderem zu geben. (Bzw. dass es so nun auch geschrieben steht..

Bisschen weniger Klischee, bisschen weniger den Prot. als betrunkenen Volltrottel (Baumarktszene) daherkommen lassen.
Yep. Ist angepasst.

Die Idee, dass er die Tradition aufrecht bewahrt und zum Finale geht, den Platz neben sich für seine tote Tochter reserviert, die hätte ja was sehr berührendes. Aber eben nicht, wenn da ein Besoffener sitzt, der niemanden anderes gefunden hat. Und genau das steht so im Text.
Ja, wirklich gut, die Idee. Leider hatte ich bisher nicht geschafft, das so rüberzubringen, hattest du ja sogar gedacht, er hätte niemanden gefunden, dem er die Karte verkaufen konnte. So sollte es nicht rüberkommen. M.E. stand es so auch gar nicht explizit im Text. Der andere nervige Mann hat das alles (nur) erwähnt.

Danke euch beiden.
Ihr habt mir sehr geholfen. Hoffe, die Klischees ein wenig zurückgeschraubt zu haben.

Liebe Grüße und einen schönen Abend, GoMusic

 

Hallo @GoMusic,

ich mochte die Konstruktion, den Perspektivwechsel nach der ersten Szene, der ein ganz anderes Licht auf das eigenartige Verhalten von Helmut wirft.

Im ersten Moment habe ich den dritten Perspektivwechsel aber gar nicht begriffen, muss ich zugeben. Ich habe das wie eine Extra-Episode gelesen, mich dann gefragt, was das soll, wer der Kerl ist, der da alleine im Stadion sitzt ... Klar, jetzt macht es Sinn, auch das ist Helmut. Der Hinweis mit dem Pfarrer. Ich dachte anfangs, der hat einfach ein Alkoholproblem, spätestens beim Titel hätte was bei mir klingeln müssen.

Also die Grundidee finde ich spitze, aber trotzdem fehlt mir etwas, damit es so richtig zündet. Ich finde auch jetzt, im Nachhinein, dass die dritte Szene wie angepappt wirkt, zweckhaft, wie eine Erklärung des Autors. Ich könnte mir vorstellen, dass die ersten beiden Szenen vollkommen ausreichend wären, wenn man sie etwas ummodeliert, Helmuts Verhalten im Baumarkt könnte man noch eigenartiger zeichnen, das Fragezeichen noch größer aufblasen, dem Leser den Gedanke "Der hat nicht mehr alle Tassen im Schrank!" richtig aufdrängen. Nur, um dann in der zweiten Szene die emotionale Keule zu schwingen, aufzuzeigen, wie falsch man geurteilt hat, wie gemartert der arme Kerl in Wahrheit ist ... Ohne Versteckspiel. So fühlt es sich aktuell nämlich ein wenig an, der eingestreute Pfarrerhinweis zum Beispiel, da weiß der Autor, was Sache ist, hält damit aber hinterm Berg, um dann am Ende den Hut zu lüften und das Kaninchen in Form des leeren Sitzplatzes hervorzuzaubern. So denke ich kurz: Oh, ein Kaninchen. Nette Pointe. Aber der wahre Zauber bleibt auf der Strecke.

Das ist nur mein Eindruck und ich erwarte nicht, dass du die Geschichte umschreibst, ist ja kein Wunschkonzert hier. Ich überfliege jetzt mal die anderen Kommentare, um zu sehen, ob ich alleine dastehe mit meiner Meinung.

Trotz allem gerne gelesen, insbesondere, weil ich die Idee dahinter spannend finde, deshalb vielen Dank dafür!

Bas

 

Hallo Bas,

schön, dass du dich so ausgiebig mit meinem kleinen Text auseinandergesetzt hast.

Ich mochte die Konstruktion, den Perspektivwechsel nach der ersten Szene, der ein ganz anderes Licht auf das eigenartige Verhalten von Helmut wirft.
Sehr schön. Genauso war das geplant.

Im ersten Moment habe ich den dritten Perspektivwechsel aber gar nicht begriffen, muss ich zugeben. Ich habe das wie eine Extra-Episode gelesen, mich dann gefragt, was das soll, wer der Kerl ist, der da alleine im Stadion sitzt ... Klar, jetzt macht es Sinn, auch das ist Helmut.
Ja, es gibt (nur) ein paar Hinweise – und halt wieder einen Perspektivwechsel.

Also die Grundidee finde ich spitze, aber trotzdem fehlt mir etwas, damit es so richtig zündet. Ich finde auch jetzt, im Nachhinein, dass die dritte Szene wie angepappt wirkt, zweckhaft, wie eine Erklärung des Autors.
Hm, "angepappt" soll es schon nicht wirken.
Mit einer angepassten zweiten Szene die Geschichte zu beenden ... damit kann ich mich nicht so anfreunden.
Mir persönlich gefällt die Idee, noch eine dritte Perspektive zu haben.

Ich könnte mir vorstellen, dass die ersten beiden Szenen vollkommen ausreichend wären, wenn man sie etwas ummodeliert, Helmuts Verhalten im Baumarkt könnte man noch eigenartiger zeichnen, das Fragezeichen noch größer aufblasen, dem Leser den Gedanke "Der hat nicht mehr alle Tassen im Schrank!" richtig aufdrängen. Nur, um dann in der zweiten Szene die emotionale Keule zu schwingen, aufzuzeigen, wie falsch man geurteilt hat, wie gemartert der arme Kerl in Wahrheit ist ... Ohne Versteckspiel. So fühlt es sich aktuell nämlich ein wenig an, der eingestreute Pfarrerhinweis zum Beispiel, da weiß der Autor, was Sache ist, hält damit aber hinterm Berg, um dann am Ende den Hut zu lüften und das Kaninchen in Form des leeren Sitzplatzes hervorzuzaubern. So denke ich kurz: Oh, ein Kaninchen. Nette Pointe. Aber der wahre Zauber bleibt auf der Strecke.
Eine Erklärung des Autors, so wie du es für Szene 3 sagts, wäre dann womöglich in Szene 2 gerutscht, bzw. die "Keule", die ich gar nicht mag.
Ich bin mit im Moment noch nicht mal im Klaren darüber, wie ich die Geschichte lediglich mit den beiden ersten Szenen Erzählen sollte/könnte. Wenn du da eine Idee hättest, würde ich mir das gerne durch den Kopf gehen lassen. Im Prinzip bin ich ja offen für vieles. Muss es aber halt selbst mit eigenen Händen anpacken, um entscheiden zu können.

Das ist nur mein Eindruck und ich erwarte nicht, dass du die Geschichte umschreibst, ist ja kein Wunschkonzert hier.
Danke für deinen Eindruck. Nachdenken werde ich auf jeden Fall hierüber. Wie gesagt, wenn du etwas Konkretes hättest, gerne.

Trotz allem gerne gelesen, insbesondere, weil ich die Idee dahinter spannend finde, deshalb vielen Dank dafür!
Danke dafür.

Habe mich sehr über deinen Kommentar gefreut.

Wünsche dir einen tollen Wochenstart.

Liebe Grüße, GoMusic

 

Lieber @GoMusic

jetzt habe ich beim Rumstöbern zufällig diese Geschichte von Dir entdeckt und sehr gerne gelesen. Dass ich Deinen Schreibstil mag, das weißt Du ja schon :) Ich finde, Du hast die Geschichte sehr geschickt aufgebaut und das Ende kommt absolut unerwartet und ich hab grad Gänsehaut bekommen.

Hier ein paar Anmerkungen:

„Entschuldigen Sie!“, rief er einem Verkäufer zu, der am Ende des Gangs entlang schlenderte.

entlangschlenderte

Mit dem Ellenbogen stieß er eine kleine Farbdose um, die herunterfiel und auf der Erde entlang rollte.

entlangrollte

Ohne sich umzudrehen, betrat er eine Sauna und schloss die Tür hinter sich.

Da musste ich so schmunzeln. :)

Weiter hinten sah er zwei Männer in Monteurkluft – und winkte schnell einem Verkäufer hinterher, der plötzlich mit Tapetenrollen in den Armen aus einem Gang aufgetaucht war, nur um wieder in den nächsten abzutauchen.
Günter trat einige Schritte zur Seite und sah sich um. Anderes Personal in den typischen purpurroten Poloshirts erblickte er nicht.

Wortwiederholung

Leise sagte der Mann: „Die sind alle auf der Beerdigung“, und stand auf, als das Orchester die ersten Töne der Nationalhymne spielte.

Echt krass. Da hat's mich grad geschaudert.
Sehr gut gemacht :thumbsup:

Ganz liebe Grüße und einen guten Start ins Wochenende,
Silvita

 

Liebe Silvita,

schön, dich auch unter einer meiner Kurzgeschichten zu finden.

Dass ich Deinen Schreibstil mag, das weißt Du ja schon :) Ich finde, Du hast die Geschichte sehr geschickt aufgebaut und das Ende kommt absolut unerwartet und ich hab grad Gänsehaut bekommen.
Danke, danke. Freut mich sehr.

Leise sagte der Mann: „Die sind alle auf der Beerdigung“, und stand auf, als das Orchester die ersten Töne der Nationalhymne spielte.
Echt krass. Da hat's mich grad geschaudert.
Sehr gut gemacht :thumbsup:
Ja, ein deftiges Ende.

Danke auch für die sprachlichen Anmerkungen. Habe ich umgesetzt.

Ja, eine Geschichte mit drei Szenen aus teilweise unterschiedlichen Perspektiven habe ich da mal probiert.
Szene 1 (Der-in-der-Sauna-verschwindene) ist so tatsächlich passiert.
In Szene 2 erkenne ich mich wieder und Szene 3 habe ich mal vor Jahren zusammen mit Freuden als Gag-Video gedreht.

Das Leben spielt die schönsten Geschichten. :shy:

Vielen Dank und auch dir ein tolles Wochenende.
Liebe Grüße, GoMusic

 
Zuletzt bearbeitet:

Moin @GoMusic,

ich habe dir mal meine Eindrücke aufgeschrieben:

die herunterfiel und auf der Erde entlang rollte.
Beim Wort "Erde" war ich kurz verwirrt, da kommen mir Gedanken von Natur und Waldboden (auch wenn ich weiß, dass man das Wort nicht nur in dem Zusammenhang benutzt). Man könnte vielleicht auch einfach "Boden" schreiben, ist ja immerhin ein Baumarkt.
und winkte schnell einem Verkäufer hinterher,
Wenn er ihm hinterher winkt, impliziert das ja, dass der Verkäufer ihm in dem Moment schon den Rücken zugewandt hatte. Wenn ich es richtig verstehe, will er die Aufmerksamkeit des Verkäufers auf ihn richten? Dann vielleicht "winkte ... zu"? Nur eine Kleinigkeit...
Es duftete nach würzigem Holz;
Ich kann es riechen - ein schöner Geruch :)
Gerade als er aus sicherem Abstand an die Tür klopfen wollte,
Gehört da ein Komma vors "als"? (Durch Friedel hab ich eine Komma-Paranoia bekommen und sehe überall Kommas, wo keine sind.)
Er drehte sich mehrmals um und verstaute die Bratwürstchen zwischen dem 2010er Chardonnay.
Klingt irgendwie, als würde er sich grade die Bratwürstchen aus dem Regal schnappen, nicht den Wein.
Während sich die beiden Mannschaften in Reih und Glied auf dem Rasen stellten,
Da stimmt doch was nicht: auf "den" Rasen? oder "auf dem Rasen aufstellten"?
nahm die Cola und wischte mit dem Schal über den Sitz.
Mit dem kostbaren (sind die doch, oder?) Seidenschal wischt er den (möglicherweise schmuddeligen, Cola-befleckten) Sitz ab? Würde ich nicht machen, wenn ich einen Seidenschal hätte :)
„Wollte denn Ihre Frau nicht an ihre Stelle …?“
Müsste es iher Stelle heißen? (...an ihrer Stelle mitkommen?)


Ein ganz schön kaputter Typ, der Helmut. Traurig! Ein clever-strukturiertes, eindrückliches Porträt mit einer guten Pointe - habe ich gerne gelesen.

Übrigens haben mich sowohl Inhalt als auch Stimmung an den (empfehlenswerten) Film "In den Gängen" erinnert, der zur Zeit in der arte Mediathek verfügbar ist.

Schönes Wochenende,
rainsen

PS: Ob der Günter denn wohl seine UPM-600 bekommen hat?

 

Lieber @GoMusic

schön, dich auch unter einer meiner Kurzgeschichten zu finden.

Es ist mir eine Freude :)

Danke, danke. Freut mich sehr.

Gern geschehen.

Ja, ein deftiges Ende.

Danke auch für die sprachlichen Anmerkungen. Habe ich umgesetzt.


Total :) Und ich finde es immer toll, überrascht zu werden.

Ja, eine Geschichte mit drei Szenen aus teilweise unterschiedlichen Perspektiven habe ich da mal probiert.
Szene 1 (Der-in-der-Sauna-verschwindene) ist so tatsächlich passiert.
In Szene 2 erkenne ich mich wieder und Szene 3 habe ich mal vor Jahren zusammen mit Freuden als Gag-Video gedreht.

Das Leben spielt die schönsten Geschichten.


Und das ist Dir sehr gut gelungen.
Echt? Das mit der Sauna ist so passiert? Ist ja krass :D

Das stimmt :)

Ich wünsche Dir einen guten Wochenstart und sende ganz liebe Grüße,
Silvita

 

Hi rainsen,

Danke für deinen Besuch und den wertvollen Kommentar.
Ich glaube, wir hatten noch nicht das Vergnügen, daher ein verspätetes "Willkommen".

Ich komme erst jetzt dazu mich zu melden, stecke gerade mit den anderen Bewohnern zusammen bei der Auswahl der Bewohner für die Monster-WG ...

Beim Wort "Erde" war ich kurz verwirrt, da kommen mir Gedanken von Natur und Waldboden (auch wenn ich weiß, dass man das Wort nicht nur in dem Zusammenhang benutzt). Man könnte vielleicht auch einfach "Boden" schreiben, ist ja immerhin ein Baumarkt.
"Boden" ist gekauft.

Dann vielleicht "winkte ... zu"?
Gute Idee.

Gerade als er aus sicherem Abstand an die Tür klopfen wollte,
Gehört da ein Komma vors "als"? (Durch Friedel hab ich eine Komma-Paranoia bekommen und sehe überall Kommas, wo keine sind.)
Bin da unsicher.


Er drehte sich mehrmals um und verstaute die Bratwürstchen zwischen dem 2010er Chardonnay.
Klingt irgendwie, als würde er sich grade die Bratwürstchen aus dem Regal schnappen, nicht den Wein.
Okay, ändere ich.


Während sich die beiden Mannschaften in Reih und Glied auf dem Rasen stellten,
Da stimmt doch was nicht: auf "den" Rasen? oder "auf dem Rasen aufstellten"?
Prima.


nahm die Cola und wischte mit dem Schal über den Sitz.
Mit dem kostbaren (sind die doch, oder?) Seidenschal wischt er den (möglicherweise schmuddeligen, Cola-befleckten) Sitz ab? Würde ich nicht machen, wenn ich einen Seidenschal hätte :)
Ja, da habe ich lange gegrübelt, dann doch den teuren Schal gelassen.
Es geht immerhin um den Tod einer Frau, denkt er sich.

„Wollte denn Ihre Frau nicht an ihre Stelle …?“
Müsste es iher Stelle heißen? (...an ihrer Stelle mitkommen?)
Übernehme ich mal.


Ein ganz schön kaputter Typ, der Helmut. Traurig! Ein clever-strukturiertes, eindrückliches Porträt mit einer guten Pointe - habe ich gerne gelesen.
Freut mich sehr.
You made my Day!

Übrigens haben mich sowohl Inhalt als auch Stimmung an den (empfehlenswerten) Film "In den Gängen" erinnert, der zur Zeit in der arte Mediathek verfügbar ist.
Guter Tipp.


PS: Ob der Günter denn wohl seine UPM-600 bekommen hat?
Wer weiß? :)

Lieben Dank nochmal. Ich nehme die Änderungen kurzfristig vor.


Liebe Silvita,

Danke für deine Rückmeldung.

Echt? Das mit der Sauna ist so passiert? Ist ja krass :D
Unglaublich, ne? Der Mann war Alkoholiker. Der war minutenlang verschwunden.

Schönen Abend wünsche ich euch.

Liebe Grüße, GoMusic

 

Guten Morgen @GoMusic,

habe mir vorgenommen in den Ferien, vor allem auch Texte von den erfahrenen Leuten zu lesen, um dazu zu lernen. Finde deinen Text interessant. Mir hat vor allem der sprachliche Rhythmus gefallen, das klingt irgendwie "fließend" in meinen Ohren. Allerdings hat mich der Perspektivwechsel auch erst etwas irritiert und ich musste mich da erst dran gewöhnen.

Ich finde, dass du einen humorvollen Ton hast in der ersten Szene, und dann wird das von Szene zu Szene trauriger. Das Ende hat mich dann Schlucken lassen. Ich gehe in meiner Textarbeit auf meinen Leseeindruck ein:

Günter legte die Muster-Bohrmaschine zurück ins Fach.
Ich frage mich schon die ganze Zeit, weshalb ein erster Satz funktioniert oder nicht. Deiner gefällt mir richtig gut, aber ich bin mir nicht genau sicher, warum. Es liest sich für mich, wie ein Paukenschlag, mit der die Geschichte anfängt. Ich meine so etwas ähnliches auch bei RinaWu gelesen zu haben. Was ich sagen will: Ich mochte deinen ersten Satz und er hat mich gut in die Geschichte eingeführt.

Als der Verkäufer – Herr Schmalstieg, wie der Brustaufnäher verriet – neben ihm stand, vernahm Günter einen Dunst, der ihn an seinen letzten Kneipenbesuch erinnerte.
Ich finde bemerkenswert, wie du hier einen Geruch einführst und das später dann wieder aufnimmst. Hat mir richtig gut gefallen.

Genauso gut könnte es der Decodierungsschlüssel für die geheime Enigma-Rotorschlüsselmaschine sein.
Das macht es für mich als Leser plastischer und du erzeugst für mich ein gutes Bild.

Warten … Äh, bitte warten Sie hier.“
Das habe ich nicht ganz verstanden. Wieso korrigiert er sich hier? Wenn er ihn aus Versehen gedutzt hätte, dann wäre das für mich noch etwas logischer.

und Günter kam es vor, als taumelte der Verkäufer.
Das meinte ich damit, dass du den Geruch von eben in gewisser Weise wieder aufgreifst und das Taumeln schilderst. Du zeigst das hier sehr schön.

Schmalstieg trottete weiter und schlug urplötzlich die Hacken gegeneinander. Günter zog die Augenbrauen hoch, als Schmalstieg die Richtung änderte und in den menschenleeren Bereich schritt, in dem einige Saunen aufgebaut waren.
Ich musste hier wirklich Schmunzeln und hatte erwartet, dass es in dieser Richtung weitergeht. Deshalb fand ich das Ende dann auch noch bestürzender, dieser Kontrast zwischen Humor und Ernsthaftigkeit funktioniert.
„Tut … tut mir leid, haben wir nich mehr.“
Die Szene fand ich absolut skurril. Der Verkäufer geht in die Sauna und schaut da nach einem Bohrer? Fand das ziemlich lustig und konnte mir das richtig gut vorstellen. Habe in den Kommentaren gelesen, dass das wirklich passiert ist. Unglaublich.

In der Küche holte er eine Flasche Bier aus dem Kühlschrank und trank sie in einem Zug leer.
Die zweite Szene ist in gewisser Weise die Erklärung für sein Verhalten. Ich musste das für mich erst einmal verdauen. Auch, dass er nicht zum Arzt geht und dann erst mal ein Bier trinkt, finde ich traurig. Für mich ist die erste Szene hell, dann wird es in der zweiten Szene deutlich dunkler, um dann in der dritten Szene schwarz zu werden.

Der Mann schnäuzte sich die Nase und fuhr fort: „Sie ist kürzlich verstorben.“
Oh Mann, das Ende war schon hart. Gerade, weil ich am Anfang etwas humorvolles erwartet hatte. Ich finde es durchgehend gut geschrieben, aber es lässt mich doch mit einem traurigen Gefühl zurück. Deine Geschichte funktioniert gut! Denke, dass es vor allem der Verlauf der drei Szenen ist.

Habe deine Geschichte gerne gelesen und wünsche dir eine schöne Weihnachtszeit.


Beste Grüße
MRG

 

Hi MRG,

danke für deine Zeit und deinen tollen Kommentar.

habe mir vorgenommen in den Ferien, vor allem auch Texte von den erfahrenen Leuten zu lesen, um dazu zu lernen.
Ein guter Ansatz ... also, die Ferien sinnvoll zu nutzen :thumbsup:

Lernen kann man von jedem Autoren, finde ich. Wie man es machen könnte oder wie man es besser nicht machen sollte. Erfahrung spielt da nicht die größte Rolle. Ist immer die Frage, was man aus einem Text mitnehmen kann.

Finde deinen Text interessant. Mir hat vor allem der sprachliche Rhythmus gefallen, das klingt irgendwie "fließend" in meinen Ohren.
Danke dafür.

Allerdings hat mich der Perspektivwechsel auch erst etwas irritiert und ich musste mich da erst dran gewöhnen.
Ja, da hatte ich ja im Infofeld "vorgewarnt" und auch mit Nackenschlägen gerechnet, weil es für mich einfach etwas Neues war und ich nicht wusste, ob es klappt.
Schön, dass es bei dir funktioniert hat.

Ich finde, dass du einen humorvollen Ton hast in der ersten Szene, und dann wird das von Szene zu Szene trauriger. Das Ende hat mich dann Schlucken lassen.
Wunderbar, wie du das sagst.

Ich frage mich schon die ganze Zeit, weshalb ein erster Satz funktioniert oder nicht. Deiner gefällt mir richtig gut, aber ich bin mir nicht genau sicher, warum. Es liest sich für mich, wie ein Paukenschlag, mit der die Geschichte anfängt.
Freut mich, dass der erste Satz dir gut gefällt.
Ich habe das bei anderen Texten auch schon mal, dass ich gar nicht darüber nachdenke, wieso es so ist.
Paukenschlag ist da eine gute Erklärung.

Ich finde bemerkenswert, wie du hier einen Geruch einführst und das später dann wieder aufnimmst. Hat mir richtig gut gefallen.
Danke. :thumbsup:

Warten … Äh, bitte warten Sie hier.“
Das habe ich nicht ganz verstanden. Wieso korrigiert er sich hier? Wenn er ihn aus Versehen gedutzt hätte, dann wäre das für mich noch etwas logischer.
Hm, es sollte keine Korrektur sein, einfach nur ein (unsicheres/unter Alkohol stehendes) Stottern.

Ich musste hier wirklich Schmunzeln und hatte erwartet, dass es in dieser Richtung weitergeht. Deshalb fand ich das Ende dann auch noch bestürzender, dieser Kontrast zwischen Humor und Ernsthaftigkeit funktioniert.
:)

Die Szene fand ich absolut skurril. Der Verkäufer geht in die Sauna und schaut da nach einem Bohrer? Fand das ziemlich lustig und konnte mir das richtig gut vorstellen. Habe in den Kommentaren gelesen, dass das wirklich passiert ist. Unglaublich.
Das Leben schreibt die besten Geschichten.

Erst heute Morgen habe ich, wie ich zumindest finde, ganz spontan einen super Witz gemacht, den ich unbedingt in eine meiner nächsten Geschichten einbauen möchte (habe mich schlappgemacht). Wäre eine schöne Challenge, um diesen Brüller herum eine Story zu basteln :lol:

Für mich ist die erste Szene hell, dann wird es in der zweiten Szene deutlich dunkler, um dann in der dritten Szene schwarz zu werden.
Wow. Sehr schön gesagt.

Oh Mann, das Ende war schon hart. Gerade, weil ich am Anfang etwas humorvolles erwartet hatte. Ich finde es durchgehend gut geschrieben, aber es lässt mich doch mit einem traurigen Gefühl zurück. Deine Geschichte funktioniert gut! Denke, dass es vor allem der Verlauf der drei Szenen ist.
Danke für deine Einschätzung.

Habe deine Geschichte gerne gelesen und wünsche dir eine schöne Weihnachtszeit.
Vielen Dank. Wünsche ich dir auch.

Wir lesen uns.

Liebe Grüße, GoMusic

 

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