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Verlorene Zeit

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07.10.2015
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Verlorene Zeit

Als ich endlich hinging, um nachzusehen, stand der Hof hinterm Haus längst voll im Licht. Das Moos, das überall klebte, am Blumentrog, in der Abflussrinne, am Regenfass, leuchtete von der Sonne.
An der Mauer hing die Dartscheibe. Die Pfeile streckten ihre Schatten abwärts bis über den brüchigen Putz. Eine Sonnenuhr, fand ich: Das Ziffernblatt war aus der Form gefallen, der Schatten schoss zu weit darüber hinaus.
Und wirklich, da saß er wieder, der fremde Mann. Wieder auf dem abgedeckten Liegestuhl. Das Mittagslicht streifte seine Wange steil.
Mit spitzen Knien und zusammengezogenen Schultern saß er auf der Kunststoffplane. Es war längst noch nicht Winter, nur der Wind brachte kalte Luft.
„Wie bist du hier hinten hereingekommen?“, fragte ich den Fremden.
Zur Antwort deutete er mit dem Kopf seitwärts. Das brusthohe Gatter war geschlossen. Dahinter reihten sich am Ufer die Pappeln. Der Himmel war weiß und blendete.
Der Mann hatte eine Kladde, ein Tagebuch, bei sich, hielt es in beiden Händen auf den Knien, zugeklappt, ein Stift steckte zwischen den Seiten.

Ich versuchte mich zu erinnern. Die Locken, die Halbrandbrille, die spitzen Knie. Wer konnte das sein?
„Ich bekomme keinen Besuch“, sagte ich. „Du musst dich irren. Niemand kommt zu mir.“
Er schob die Schuhsohlen tastend über die runden Kiesel, die in den Betonboden eingelassen waren und dort ein Muster zogen. Er saß da, in gefasster Unruhe, als wenn er hier zuhause war. Geduldig, als hätten wir gestritten und er kannte meine Schliche. Er kniff ein Auge zu gegen die seitwärts einfallende Sonne, als er mich ansah.
Er schreibe mein Leben auf, sagte er.
„Unsinn“, sagte ich.
Doch, sagte er, er schreibe jetzt einfach mein Leben auf. Ruhig und entschlossen sagte er das. Ja, fast wie nach einem Streit mit einem Kind.
Ich zeigte auf die Kladde in seinen Händen. „Mein Leben“, sagte ich. „In ein Buch? Das sieht falsch aus. Du musst ein einzelnes Blatt nehmen, jeden Tag ein neues, darauf schreibst du eine handvoll leere Worte, dann reißt du es aus und wirfst es weg. Das ist mein Leben.“

Warum saß er nicht in seiner Wohnung am Tisch, trank seinen Tee, aß seinen Kuchen, und schrieb auf, was immer ihm einfiel? Stattdessen krümmte er sich hier und fror in seinem dünnen Pullover. Was wollte er erfahren? Was sollte es geben, das nicht offensichtlich war? Ich ging schon lange nicht mehr vors Tor. Allenfalls einkaufen ging ich noch, das Wenige, was ich aß. Mit Sonnenbrille und Kopftuch drückte ich mich zwischen die Menge, so dass ich im Strom schwimmen konnte. Sonst ging ich nicht raus. Was wollte er da aufschreiben!
„Warst du schon mal hier?“, fragte ich, und er schaute mich weiter so an, forschend von unten her. Einer, der auf solche Fragen nicht antwortet. Als wollte er sagen: Fängst du wieder an?
Dabei hatte ich recht: Es gab nichts über mich zu sagen.
Ich bewohnte ein Zimmer, darin las ich Bücher in fremden Sprachen. Ich schrieb ja selbst nichts mehr auf, ich behielt nichts. Ich las wie im Nebel, erriet halb, was ich nicht verstand, schlug nicht nach. Ich las von Menschen, die es nicht gab, und kam nicht dahinter, ob sie aufstiegen oder untergingen, ob sie vor Lust zerbarsten oder vor Schmerz. Ich fühlte mich am sichersten, wenn es unklar blieb, ob ich es mit einem Namen zu tun hatte oder einem Ding. Ich las dann eilig darüber hinweg, um das Dunkel nicht versehentlich zu lichten. Etwas musste man tun über den Tag, damit sich die Zeit verlor.
Ich las, und manchmal machte es mir den Eindruck, etwas Derartiges sei einmal mein Beruf gewesen, ja, fast schien es mir wirklich so: Früher habe ich gelernt, übersetzt, nachgedacht, geschrieben, wie der Mann da draußen auf meinem Liegestuhl, und seine Locken wippten sicherlich, wenn er schrieb und wenn er umblätterte. Ich las hinweg über die falschen Namen und zählte die Seiten, die ich hinter mir ließ. Ich las, bis es dämmrig wurde.
Ich stand auf und trat wieder auf die Schwelle nach draußen, lehnte mich in den Türrahmen. Der Mann saß noch immer auf dem Liegestuhl, noch immer auf der alten Plane. Es war Zeit, ihn zur Rede zu stellen. Er schrieb wieder nicht.

„Wer hat dir von mir erzählt?“, fragte ich.
Er schloss die Augen, blies die Backen auf und wollte nicht antworten.
„Leg das Buch weg“, sagte ich, „es gibt nichts über mich zu schreiben.“
Es gehe ihm nicht darum, sagte er, nicht um jetzt. Es gehe darum, was davor, dazwischen gewesen sei.
„Vorsicht“, sagte ich, „es gibt nichts zu erinnern.“
Vielleicht doch, sagte er behutsam.
„Wer bist du?“, fragte ich. „Mein Bruder? Mein Freund? Wir haben uns geliebt, ist das so?“
Er hielt das Buch mit den weißen Blättern jetzt aufgeschlagen. Ich konnte nicht erkennen, ob inzwischen etwas darin stand.
„Bist du mein Sohn?“, fragte ich. Möglich musste es sein. Ich hatte nichts in der Hand, um es zu prüfen. Überhaupt hatte ich nichts mehr hier, nur Spielzeug von früher, und wenn ich mich doch an etwas erinnern wollte, nahm ich ein Plastikschiff, setzte es im Hof, dort hinter dem Liegestuhl, wo jetzt der Mann saß, ins Regenfass, drehte und schaukelte es in seinen eigenen Wellen, so wie damals, als ich noch auf die Steinstufe steigen musste, um dem Fass mit dem Kinn über den Rand zu reichen. Es war ungefährlich, sich an die Kindheit zu erinnern, sie war vorbei, sie bedrohte mich nicht. Etwas anderes gab es über mich nicht zu sagen. Ich hatte im Haus keine Spiegel, wie sollte ich wissen, wie alt ich war.
Ich sah den Mann an. Es war nicht klar zu sagen, ob er noch jung war.
Das schien für einen Augenblick ein tröstlicher Gedanke, dass der da mein Sohn sei, mein Kind, das groß geworden ist, eine Vorstellung war das, die, wenn ich ihn ansah, etwas Wahres haben konnte. Aber etwas an ihr stimmte zugleich auch nicht, sie passte nicht auf seine Gestalt, es gab einen Missklang. Es klang schief, wenn ich in seinem Gesicht nach ihrem Grund suchen wollte. Ich musste sie abweisen.
„Schau“, sagte ich, „es kommt niemand zu mir. Du bist hier nicht richtig.“
Er schrieb nicht, zog die Braue nach oben und schaute mich an. Als dachte er nach. Als könnte er mir etwas ansehen, das er in seine Kladde schreiben konnte, um zu behaupten, es sei mein Leben.
„Du kannst mir keine Angst machen“, sagte ich.
Er schüttelte nicht einmal den Kopf.
Er saß, dachte nach, die Schultern zusammengezogen. Er kratzte sich über den Jeansstoff am Knie, vergaß, was er da gerade tat und hielt die Falten zwischen den Fingern fest. Er gab kein Zeichen, dass er mich gehört hätte.
„Ja“, sagte ich versöhnlich, „was willst du darauf auch antworten.“
Es gehe nicht um Schuld, sagte er, ich müsse das begreifen.
Ich drehte den Kopf zur Seite. Richtig, fand ich, die Dartscheibe, dort hing sie an der Mauer, ganz wie eine Sonnenuhr mit verschobenen Ziffern. Jetzt hing sie im Schatten. Da steckten die Pfeile, bewegten sich nicht und zählten die Zeit. Alle Jahre fiel einer auf den Boden und blieb liegen: drei rote Pfeile. Nur rote sind gefallen, bisher. Die Ziffern oben tanzten im Kreis und taten, als gäbe es eine Vergangenheit.
Da schrieb der Mann — ja, jetzt schrieb er. Da wucherte seine Handschrift, da wippten seine Locken, wenn er umblätterte. Da saß er auf der Plane. Da stand hinter der Regentonne auf dem Fenstersims das Plastikschiff.
Er sah nicht auf, auch nicht, als ich näher hinging, so nah, dass ich ihm mit den Händen in die Locken hätte greifen können. Er schrieb flüssig, hastig beinahe, achtete nicht auf mich, nicht darauf, wie ich vor ihm stand, nicht darauf, wie ich mich wieder abwandte.
„Willst du nicht reinkommen?“, rief ich über die Schulter zurück.
Er hob die Hand - Warte!, konnte das heißen, oder: Lass mich! - und schrieb.
Nah am Bulls-Eye steckten die Pfeile im Holz. Ein blauer hing schräg, der fällt als nächstes, endlich ein blauer.

 

Hallo @erdbeerschorsch

Was soll ich sagen? Der Text passt gut in die Rubrik 'Seltsam'. So ganz dahintergestiegen, was mir der Text sagen will, bin ich nicht. Also da ist dieser Typ, der Erzähler, der geht nicht mehr raus, höchstens zum Einkaufen, ja, er weiss nicht einmal mehr, wie alt er ist oder ob er Kinder hat. Er bekommt regelmässigen Besuch von diesem seltsamen Vogel, der sich jeweils in seinem Hinterhof aufhält und eine Kladde und Stift dabei hat, aber meist nix aufschreibt. Am Schluss dann schon. Begegnet der Erzähler sich da selbst? Könnte sein. In gewissen Abständen fallen Dartpfeile von der Scheibe herunter, die in diesem Hinterhof hängt. Es fallen nur die roten runter, am Schluss zeichnet sich ab, das bald mal ein blauer fallen wird. Ich denke, das soll irgendwas ankündigen, irgend ein Ereignis. Vielleicht endlich die Selbsterkenntnis oder zumindest der erste Schritt dazu?

Ja, der Text lässt sich gut lesen, hie und da hatte ich aber leichte Probleme. Dazu unten mehr.

Als ich endlich hinging, um nachzusehen, stand der Hof hinterm Haus längst voll im Licht.
Bin mir nicht sicher, ob es das 'endlich' wirklich braucht. Könnte eventuell raus. Der letzte Satzteil ist zudem etwas umständlich, Du könntest auch schreiben: [...] stand der Hinterhof längst voll im Licht. Denn um einen Hinterhof handelt es sich doch?

Das Moos, das überall klebte, am Blumentrog, in der Abflussrinne, am Regenfass[KOMMA] leuchtete von der Sonne.
Komma einsetzen. Das Moos, das überall klebte, leuchtete von der Sonne. Vielleicht das Moos leuchtete in der Sonne? Ist sicher nicht falsch, wie's Du geschrieben hast, aber das etwas in der Sonne leuchtet, finde ich geläufiger.

Die Pfeile streckten ihre Schatten abwärts bis über den brüchigen Putz.
Mmmh, hier bin ich etwas gestolpert, darüber das die Pfeile ihre Schatten strecken. Die Schatten der Pfeile streckten (oder 'fielen') sich über den brüchigen Putz?

Eine Sonnenuhr, fand ich:
Wäre bündiger ohne. Es dürfte klar sein, dass der Erzähler/die Erzählerin das so empfindet/sieht.

Mir fällt auf, dass deine Satzstellungen manchmal etwas seltsam sind, hier gleich zwei aufeinanderfolgende Beispiele:

Das Mittagslicht streifte seine Wange steil.
Steil streifte das Mittagslicht seine Wange. Aber das 'steil' gefällt mir nicht so recht ...
Auf der Kunststoffplane saß er mit spitzen Knien und zusammengezogenen Schultern.
Mit spitzen Knien und zusammengezogenen Schultern saß er auf der Kunststoffplane.

„Wie bist du hier hinten hereingekommen?“
Vielleicht: "Wie bist du hier reingekommen?"

Er schob die Schuhsohlen tastend über die runden Kiesel, die in den Betonboden eingelassen waren und dort ein Muster zogen.
'die in den Betonboden eingelassenen Kiesel zogen ein Muster'. Ich finde 'ziehen' ist nicht das richtige Wort, das klingt als wären die Kiesel just in diesem Moment in Bewegung und würden das Muster bilden.

Er saß da, in gefasster Unruhe, als sei er hier zu Hause.
'gefasst' und 'Unruhe' ist gegensätzlich. Entweder man ist gefasst, oder man ist unruhig. Aber vielleicht hast Du diese Gegensätzlichkeit extra gewählt? Wenn ja, zu welchem Zweck bzw. was soll die Stelle aussagen? Ich habe es nicht ganz verstanden.

Geduldig, als hätten wir gestritten und er kannte meine Schliche.
Hier bin ich über 'meine Schliche' gestolpert. Habe ich so noch nie gehört/gelesen. Ist das was Regionales? Kenne ich nicht.

Er kniff ein Auge zu[KOMMA] gegen die seitwärts einfallende Sonne, als er mich ansah.
Komma setzen.

Er schreibe mein Leben auf, sagte er.
„Unsinn“, sagte ich.
Ich hätte es schöner gefunden, wenn der seltsame Aufschreiber auch in der direkten Rede mit ihm gesprochen hätte. Aber es könnte sein, dass Du diese Distanz extra gewählt hast, würde schon passen.

Mit Sonnenbrille und Kopftuch drückte ich mich in die Menge, so dass ich im Strom schwimmen konnte.
Mit Sonnenbrille und Kopftuch drückte ich mit zwischen die Menge, schwamm mit dem Strom.

Ich bewohnte ein Zimmer, darin las ich Bücher in fremden Sprachen.
Mmmh, er liest Bücher in anderen Sprachen, als seine Muttersprache. Aber nicht in fremden Sprachen, wenn sie ihm fremd wären, könnte er sie nicht lesen.

Ich las von Menschen, die es nicht gab, und kam nicht dahinter, ob sie auf- oder untergingen, ob sie vor Lust zerbarsten oder vor Schmerz.
Finde ich etwas drüber. Also das mit 'auf- oder untergehen, vor Lust zerbersten oder vor Schmerz'. Dann finde ich es auch seltsam, dass Menschen aufgehen können. Untergehen ist klar, aber aufgehen? Du meinst doch eher, dass diese Menschen aufsteigen können (sozial, gesellschaftlich) oder vielleicht ein höheres Bewusstsein erlangen können oder sowas in die Richtung?

„Leg das Buch weg,“ sagte ich
Hier ist Dir das Komma verrutscht, es müsste nach den Schlusszeichen stehen, ist nicht Teil der direkten Rede.

Überhaupt hatte ich nichts mehr hier, nur Spielzeug von früher, und wenn ich mich doch an etwas erinnern wollte, nahm ich ein Plastikschiff, setzte es im Hof, dort hinter dem Liegestuhl, wo jetzt der Mann saß, ins Regenfass, drehte und schaukelte es in seinen eigenen Wellen, so wie damals, als ich noch auf die Steinstufe steigen musste, um dem Fass mit dem Kinn über den Rand zu reichen.
Ich mag lange Sätze, mache das auch selbst oft genug in meinen Texten. Hier fällt der aber etwas aus dem Rahmen, weil die anderen Sätze eher kompakt und kurz sind. Vielleicht willst Du hier den Effekt haben, dass die Gedanken des Erzählers hektischer werden? Trotzdem würde ich den etwas schlanker machen und gewisse Dinge rausstreichen, die es nicht wirklich braucht. Oben im Zitat mein Vorschlag. Beim letzten Satzteil würde ich schreiben: [...] um mit dem Kinn über den Rand des Fasses (oder 'den Fassrand') zu reichen.

Ich sah den Mann an. Es war nicht klar zu sagen, ob er noch jung war.
Das schien für einen Augenblick ein tröstlicher Gedanke, dass der da mein Sohn sei, mein Kind, dass groß geworden ist, eine Vorstellung war das, die, wenn ich ihn ansah, etwas Wahres haben konnte. Aber etwas an ihr stimmte zugleich auch nicht, sie passte nicht auf seine Gestalt, es gab einen Missklang. Es tönte schief, wenn ich in seinem Gesicht nach ihrem Grund suchen wollte. Ich musste sie abweisen.
Hier könntest Du etwas klarer formulieren. Also das ist etwas verschwurbelt. 'Die Vorstellung passte nicht auf seine Gestalt', 'es klang schief, wenn ich in seinem Gesicht nach dem Grund dieser Vorstellung suchen wollte', 'ich musste diese Vorstellung abweisen'. Das gibt mir nichts bzw. ich komme nicht dahinter, was das bedeuten soll. Klar, der Erzähler kann das Alter seines Gegenübers nicht erkennen, aber das ist irgendwo zu verklausuliert und mir erschliesst sich auch nicht, wie eine Vorstellung einen Klang haben sollte. Mir ist zudem aufgefallen, Du gebrauchst den Begriff 'tönen', das scheint mir Schweizerisch zu sein? :D Oder gibt's das auch in DE/AT? In Hauchdeutsch heisst das doch 'klingen', oder?

Als könnte er mir etwas ansehen, das er in seine Kladde schreiben konnte, um zu behaupten, es sei mein Leben.
Den ersten Satzteil finde ich etwas komisch formuliert, vielleicht wäre besser: Als könnte er in mir etwas sehen (oder 'erkennen'), das er in seine Kladde [...]

Er schrieb flüssig, hastig beinahe, achtete nicht auf mich
Das mit dem hastig könntest Du rausnehmen, es wird meiner Meinung nach auch so klar, dass er schnell schreibt, denn weiter oben steht: da wucherte seine Handschrift, die Locken wippten beim Umblättern. Also das impliziert für mich schon, dass der schnell schreibt.

Das sind so meine Eindrücke zu dem Text.

VG
d-m

 

Hi @deserted-monkey,

herzlichen Dank für deine Anmerkungen, ein paar Anmerkungen hab ich schon umgesetzt, ein paar noch nicht, und, wie das meistens so ist, manches werd ich vielleicht auch lassen.

Du könntest auch schreiben: [...] stand der Hinterhof längst voll im Licht. Denn um einen Hinterhof handelt es sich doch?
Ich bin mir nicht ganz sicher, mit einem Hinterhof verbinde ich einen von Häsuern uschlossenen Hof, während der hier sich ja frei in die Landschaft öffnet. Kommt vielleicht nicht so drauf an, aber wenn es stimmt, beißt sich der HInterhof mit den Pappeln hinterm Gatter.

Eine Sonnenuhr, fand ich:
Wäre bündiger ohne. Es dürfte klar sein, dass der Erzähler/die Erzählerin das so empfindet/sieht.
Wenn's weg kann, sollte es natürlich, ich kann es gerad noch nicht so ganz abschätzen. Ich könnte es ja mal versuchsweise rausnehmen.


Mit spitzen Knien und zusammengezogenen Schultern saß er auf der Kunststoffplane.
Steht jetzt so da.

Vielleicht: "Wie bist du hier reingekommen?"
"hier rein" gefällt mir nicht so, aber es stimmt natürlich, dass "herein" etwas pathetisch klingt. "Hinten" könnte natürlich trotzdem weg, oder eben "he-", also: "wie bist du hier hinten reingekommen." Ich hab halt für den Ich-Erzähler/die Ich-Erzählerin so eine pathetische Stimme im Ohr, jemand, der sich in seinen Gefühlen einigelt. Kann aber sein, dass das nicht so günstig ist.

'die in den Betonboden eingelassenen Kiesel zogen ein Muster'. Ich finde 'ziehen' ist nicht das richtige Wort, das klingt als wären die Kiesel just in diesem Moment in Bewegung und würden das Muster bilden.
Stimmt, das gehört jetzt sogar zu den Punkten, die ich auch selbst schon nicht so großartig fand, ich hab nur bisher noch keine Lösung gefunden (dabei sollte das doch eigentlich nciht so schwer sein ...)

'gefasst' und 'Unruhe' ist gegensätzlich. Entweder man ist gefasst, oder man ist unruhig. Aber vielleicht hast Du diese Gegensätzlichkeit extra gewählt?
Ja, war schon extra, die Idee war eine Unruhe, die man hat, aber die man auch schon kennt, so dass sie einen nicht umwirft. Ich find's irgendwie passend ...

Ich hätte es schöner gefunden, wenn der seltsame Aufschreiber auch in der direkten Rede mit ihm gesprochen hätte. Aber es könnte sein, dass Du diese Distanz extra gewählt hast
Ja, das hab ich mir so gedacht bzw. hat sich die direkte Rede aus seinem Mund für mich befremdlich angehört (zu nah oder zu real?).


Mit Sonnenbrille und Kopftuch drückte ich mit zwischen die Menge
... auch das steht jetzt so da.

Finde ich etwas drüber. Also das mit 'auf- oder untergehen, vor Lust zerbersten oder vor Schmerz'. Dann finde ich es auch seltsam, dass Menschen aufgehen können. Untergehen ist klar, aber aufgehen? Du meinst doch eher, dass diese Menschen aufsteigen können (sozial, gesellschaftlich) oder vielleicht ein höheres Bewusstsein erlangen können oder sowas in die Richtung?
"Ob sie aufstiegen oder untergingen" -- dagegen spricht eigentlich nichts. Mach ich so. An sozialen Aufstieg hab ich zwar nicht direkt oder nicht nur gedacht, aber ich denke, das macht nichts.

Jetzt hab ich nicht alles aufgegriffen (Kommas usw. sind geändert), aber das meist. Was nicht genannt ist, lass ich erst mal so, kann aber bisher nicht so genau erklären, warum, und es steht also noch auf dem Prüfstand.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 

»Die Zeit geht nicht, sie stehet still, /Wir ziehen durch sie hin; / Sie ist die Karawanserei, / Wir sind die Pilger drin. // Ein Etwas, form- und farbenlos, / Das nur Gestalt gewinnt, / Wo ihr drin auf und nieder taucht, / Bis wieder ihr zerrinnt. // Es ist ein weisses Pergament / Die Zeit, und jeder schreibt / Mit seinem roten Blut darauf, / Bis ihn der Strom vertreibt. // … « hat seinerzeit schon Gottfried Keller geschrieben und physikalisch richtig gelegen, denn Bewegung, Veränderung und Wandel gaukeln uns eine sich ändernde Zeit vor, als schritten wir auf dem gedachten Zeitstrahl vorwärts und in dem Maße, wie er hinter uns länger wird, wird die Spanne vor uns verkürzt. Da ist hier

Die Ziffern oben tanzten im Kreis und taten, als gäbe es eine Vergangenheit.

der Konjunktiv II richtig gewählt, und was Dear zum Moos – das glücklicherweise im übertragenen Sinne irgendwann über alles wächst – einfällt,hat eine besondere Form des Lebens, das bisher nur auf der Erde belegt ist und daher eigentlich einen sorgsameren Umgangs als bisher und vor allem derzeit verdient und verlangt (Dartpfeile sind da eine harmlose Bedrohung),

lieber schorch,

schön, dass Du wieder mal vorbeischaust!, und vor allem, dass kein Moos über das Erdbeerfeld gewachsen ist, und das gleich mit einem verschlüsselten Hammer, wie ich finde, mit dem Protokollanden der Geschichte im

Der Mann hatte eine Kladde, ein Tagebuch bei sich, hielt es in beiden Händen auf den Knien, zugeklappt, ein Stift steckte zwischen den Seiten.

Bissken Flusenlese

Die Pfeile streckten ihre Schatten abwärts bis über den brüchigen Putz. Eine Sonnenuhr, …
da wird der Eindruck geweckt, als könnten Pfeile entscheiden, wohin sie ihre Schatten strecken …

Das Zifferblatt war aus der Form gefallen, …
Nur eine Ziffer? Besser „das Ziffernblatt ...“

Er saß da, in gefasster Unruhe, als sei er hier zu Hause.
Der Konjunktiv I – entstanden aus Niederschriften und Protokollen (etwa bei Verhören), die Wahrhaftigkeit unterstellen – passt nicht zum relativierenden „als“, dem gemeinhin der Konj. II als irrealis oder potentialis folgt. Eine Art literarischer Wahrscheinlichkeitsrechnung zwisch 0 (unmöglich, gibts nicht oder kann es nicht geben = „0“) bis gibt’s garantiert („1“) mit den unendlichen Wahrscheinlichkeiten größer „0“.
Besser also „als wäre er ...“

Ich las, und manchmal machte es mir den Eindruck, etwas Derartiges sei einmal mein Beruf gewesen, ja, fast schien es mir wirklich so: …
Der Deutschlehrer an der Realschule behauptete immer, nur die Sonne scheine und selbst der Mond habe sich sein Licht nur geliehen – und er hat recht. Besser vielleicht a) wäre statt sei und b) fast erschien es mir … oder alternativ „schien es mir wirklich so zu sein: ...“

Dat was het al!

Het windje

 
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Hallo
@erdbeerschorsch, ich habe deine Geschichte sehr gern gelesen. Finde sie sehr interessant, geheimnisvoll, ungewöhnlich - und in ihren Bildern sind schöne Spielräume für Ideen dazu.
Zudem kann ich die Situation des Protagoniseten gut verstehen. Ohne Gefühle aus der Tube zu drücken hast du sie beschrieben.

Nun noch ein paar Anmerkungen.

Mit spitzen Knien und zusammengezogenen Schultern saß er auf der Kunststoffplane. Es war längst noch nicht Winter, nur der Wind brachte kalte Luft.
„Wie bist du hier hinten hereingekommen?“, fragte ich den Fremden.
Kann sein, dass dies die erste Frage ist; ich würde wohl erst die Frage stellen, die bei dir gar nicht kommt, nämlich: "Wer bist du?" "Wer sind Sie?"


Ich zeigte auf die Kladde in seinen Händen. „Mein Leben“, sagte ich. „In ein Buch? Das sieht falsch aus. Du musst ein einzelnes Blatt nehmen, jeden Tag ein neues, darauf schreibst du eine handvoll leere Worte, dann reißt du es aus und wirfst es weg. Das ist mein Leben.“
Das ist eine sehr gelungene Stelle, ein richtig gutes Bild. --
'Handvoll' muss nicht groß sein?

Dabei hatte ich recht: Es gab nichts über mich zu sagen.
Dieses 'nichts über mich zu sagen' wiederholt sich an der Stelle allerdings - sinngemäß hast du das ja bereis gesagt - und kommt sogar ein drittes Mal noch. Das ist redundant.

„Wer hat dir von mir erzählt?“, fragte ich.
Er schloss die Augen, blies die Backen auf und wollte nicht antworten.
„Leg das Buch weg“, sagte ich, „es gibt nichts über mich zu schreiben.“
Hier. "Nichts über mich zu schreiben".
Zudem fragt er wieder etwas, was eigentlich uninteressant ist, solange noch ungeklärt ist, wer das denn ist: "Wer hat dir von mir erzählt?"

Dass er das nicht echt rauszufinden versucht, kann ich innerhalb dieser traumartigen Sequenz verstehen; das macht diese Fragerei um den heißen Brei herum allerdings sehr seltsam. Da liegt unerwartet eine mir unbekannte nackte Frau in meinem Bett, als ich das Schlafzimmer betrete, und ich frage sie: "Woher hatten Sie denn meine Adresse?"


Überhaupt hatte ich nichts mehr hier, nur Spielzeug von früher, und wenn ich mich doch an etwas erinnern wollte, nahm ich ein Plastikschiff, setzte es im Hof, dort hinter dem Liegestuhl, wo jetzt der Mann saß, ins Regenfass, drehte und schaukelte es in seinen eigenen Wellen, so wie damals, als ich noch auf die Steinstufe steigen musste, um dem Fass mit dem Kinn über den Rand zu reichen. Es war ungefährlich, sich an die Kindheit zu erinnern, sie war vorbei, sie bedrohte mich nicht. Etwas anderes gab es über mich nicht zu sagen. Ich hatte im Haus keine Spiegel, wie sollte ich wissen, wie alt ich war.
Schon wieder gibt es nichts zu sagen. Ansonsten ist das eine schöne Stelle, gefällt mir gut!


„Schau“, sagte ich, „es kommt niemand zu mir. Du bist hier nicht richtig.“
Surreal!

„Willst du nicht reinkommen?“, rief ich über die Schulter zurück.
Er hob die Hand - Warte!, konnte das heißen, oder: Lass mich! - und schrieb.
Nah am Bulls-Eye steckten die Pfeile im Holz. Ein blauer hing schräg, der fällt als nächstes, endlich ein blauer.
Ich muss zugeben, meine Phantasie oder Interpretationskunst reicht nicht aus. Ich finde den Schluss stark, habe aber nicht den geringsten Schimmer, was die roten von den blauen Pfeilen unterscheidet.
Vermutllich wirst du das auch nicht erläutern.
Dennoch, gefühlt ein starker Schluss, auch in seiner Offenheit!


Gruß, Flac

 

Hallo @erdbeerschorsch ich steige direkt mal ein. Am Ende hab ich dann sogar noch eine Interpretation meinerseits zu bieten :)

Das Zifferblatt war aus der Form gefallen, der Schatten schoss zu weit darüber hinaus.
Schön!

Und wirklich, da saß er wieder, der fremde Mann. Wieder auf dem abgedeckten Liegestuhl. Das Mittagslicht streifte seine Wange steil.
Gleich eine Reihe von Fragen, die sich mir auftun: Warum wirklich? Das deutet darauf hin, dass er ihn erwartet hat? Aber das hat er doch gar nicht, oder doch? Und es deutet darauf hin, dass er wieder, also erneut kommt. Dann: Warum ist der Liegestuhl abgedeckt?
Und: Was bedeutet, dass das Licht seine Wange steil streift? Das kann ich mir nicht so recht vorstellen.
Geduldig, als hätten wir gestritten und er kannte meine Schliche.
Würde es glaub umstellen. So klingt es ein wenig schief.

Du musst ein einzelnes Blatt nehmen, jeden Tag ein neues, darauf schreibst du eine handvoll leere Worte, dann reißt du es aus und wirfst es weg. Das ist mein Leben.“
Eigentlich eine gute Stelle, wie ich finde. Aber was bedeuten in diesem Zusammenhang leere Worte? Inhaltsleer? Bedeutungslos? Bin ich gestolpert.

Es war Zeit, ihn zur Rede zu stellen. Er schrieb wieder nicht.
Mmh, wieder ein Hinweis, dass er nicht zum ersten Mal da ist.

Er kratzte sich über den Jeansstoff am Knie, vergaß, was er da gerade tat und hielt die Falten zwischen den Fingern fest.
Woher weiß der Protagonist das denn plötzlich? Wenn ich nicht etwas überlesen habe, ist das die erste Zuweisung dessen, was der andere empfindet, oder? Ein Versehen? Oder schließt sich hier der Kreis und die beiden nähern sich zu einer Person an?

Nah am Bulls-Eye steckten die Pfeile im Holz. Ein blauer hing schräg, der fällt als nächstes, endlich ein blauer.
Was es mit den Pfeilen auf sich hat? Tja, keinen blassen Schimmer.

Er hob die Hand - Warte!, konnte das heißen, oder: Lass mich! - und schrieb.
So, ich versuche mich jetzt mal ungeniert an einer wilden Interpretation deines Textes:
Der Protagonist altert in Einsamkeit vor sich hin. Vielleicht leidet er an einer Form von Alzheimer? Vielleicht macht ihm auch die Einsamkeit zu schaffen. Jedenfalls verliert er zunehmend den Bezug zu seiner Person und seiner Geschichte/ Vergangenheit. Allerdings ist der Prozess noch nicht beendet. Die Person, die ihn ab und an besucht, steht für sein anderes Ich oder seine Vergangenheit. Sein anderes Ich versucht, die Vergangenheit einzufangen oder festzuhalten und sich selbst als Person darin einzuordnen. Der Protagonist wehrt sich gegen solche Versuche. Am Ende lädt er den anderen ins Haus ein. Das Haus steht dann für den Versuch, mit den Versuchen seines anderen Ichs zu brechen. Doch der andere wiegelt ab. Aus zwei möglichen Motiven heraus: Entweder, weil er noch nicht damit fertig ist, die Vergangenheit einzuordnen oder weil er ganz generell nicht vorhat, ins Vergessen abzudriften.
Mag sein, dass ich völlig auf dem Holzweg bin. Das kannst wohl nur du @erdbeerschorsch bewerten, haha. Na ja, jedenfalls hat dein Text dafür gesorgt, dass ich mir so meine Gedanken darüber mache :)

Viele Grüße
Habentus

 

Hallo ihr Lieben @Habentus, @FlicFlac und @Friedrichard,
ich will mich mal schnell für die Kommentare bedanken. Ich hab ja gehofft, ich komme heute mal zum Antworten, aber es wird wohl noch ein bisschen dauern ... Deswegen wenigstens ein Dank und ein Gruß zwischendurch!
erdbeerschorsch

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @erdbeerschorsch,

was für schöne Bilder! :) Ich finde es sehr schön, dass die Geschichte so offen bleibt in der Interpretation. Für mich geht es um jemanden, der vielleicht ein Trauma erfahren hat, vielleicht auch nicht, aber in jedem Fall alles tut, um etwas nicht nur zu vergessen, sondern geradezu auszulöschen - auch wenn er sein Leben selbst damit auslöscht und nur noch "existiert". Und da ist die andere Facette in ihm (?) oder aber auch ein Mensch, der ihm das nicht durchgehen lassen will. Das Thema "Schuld" kommt ganz kurz auf, und das war für meine Interpretation die Schlüsselstelle.
Natürlich kann deine Intentionen ganz anders liegen, aber so offen wie du schreibst, bleibt das dem Leser überlassen. Für eine solche Geschichte muss man in der Stimmung sein - ich hatte sie heute :)

Textliches:

Das Moos, das überall klebte, am Blumentrog, in der Abflussrinne, am Regenfass, leuchtete von der Sonne.
-->glitzerte /leuchtete in der Sonne?
Er kniff ein Auge zu gegen die seitwärts einfallende Sonne, als er mich ansah.
--> seitwärts klingt für mich aktiver, mobiler, als es meiner Ansicht nach zum Sonnenlicht passt. Vielleicht eher seitlich? Seitwärts kommt auch ein bisschen weiter oben schon mal vor.
darauf schreibst du eine Handvoll leere Worte, dann reißt du es aus und wirfst es weg.

Ich bewohnte ein Zimmer, darin las ich Bücher in fremden Sprachen. Ich schrieb ja selbst nichts mehr auf, ich behielt nichts.
Das hat mich stolpern lassen: Er behielt nichts so wie er vergaß alles? Oder er behielt keinen Besitz? Es geht ja in der Geschichte klar ums vergessen, aber trotzdem passt das zumindest meiner Meinung nach hier nicht. Seine Bücher behält er ja, auch wenn er den Inhalt nicht behält :)

Ich stand auf und trat wieder auf die Schwelle nach draußen, lehnte mich in den Türrahmen.
Hab ich verpasst dass er reingegangen ist?

Das schien für einen Augenblick ein tröstlicher Gedanke, dass der da mein Sohn sei, mein Kind, das groß geworden ist, eine Vorstellung war das, die, wenn ich ihn ansah, etwas Wahres haben konnte.
Es klang schief, wenn ich in seinem Gesicht nach ihrem Grund suchen wollte. Ich musste sie abweisen.
Ich nehme an „sie“ ist die Vorstellung? Dazwischen liegen aber zu viele andere Referenzpunkte, der Bezug wird nicht klar ohne zu suchen und sich beim Lesen zu unterbrechen.

Ich hoffe dieses Feedback war hilfreich!
LG Ardandwen

 

Hallo @erdbeerschorsch !

Mir hat deine Geschichte gefallen, hat was schön Surreales!
Fehler sind mir keine aufgefallen (jedenfalls keine, die nicht in den vorigen Kommentaren bereits erwähnt wurden), nur eine Stelle habe ich nicht ganz verstanden:

Warum saß er nicht in seiner Wohnung am Tisch, trank seinen Tee, aß seinen Kuchen, und schrieb auf, was immer ihm einfiel? Stattdessen krümmte er sich hier und fror in seinem dünnen Pullover
Ist damit der mysteriöse Fremde oder der Prot gemeint?
Es gab ja auch schon ein paar Interpretationen zu deiner Story, Habentus hat dem Prot etwa Alzheimer diagnostiziert, mir hat sich beim Lesen allerdings ein anderer Gedanke aufgetan, und zwar:
Der Prot hatte mal große Pläne und/oder eine Leidenschaft (das Schreiben), aber dann ist ihm irgendein Schicksalsschlag widerfahren, der so starke Selbstzweifel in ihm ausgelöst hat, dass er seine Pläne nicht nur über Bord geworfen, sondern sie und sich selbst komplett verleugnet hat. Seitdem verschwendet er seine kostbare Zeit mit einem Lotterleben. Wie ich da drauf komme? Die Dartscheibe (ein schönes Symbol für ein Ziel) verrottet vor sich hin und ihre Funktion als unfreiwillige Sonnenuhr erinnert den Prot daran, dass seine Tage ungenutzt verstreichen. Und dann taucht plötzlich seine alte Muse auf, die seinem Leben den Sinn zurückgeben will, aber der Prot steckt ja in der Verdrängung und Verleugnung. Allmählich kommt aber die Erinnerung zurück:
„Wer bist du?“, fragte ich. „Mein Bruder? Mein Freund? Wir haben uns geliebt, ist das so?“

Das Plastikboot (ich hab da das prächtige Piratenschiff von Playmobil vor Augen :D) ist nicht nur die Erinnerung des Prot an die noch heile Welt seiner Kindheit, sondern auch ein Symbol für große Pläne (Segelsetzen, dem Horizont entgegenfahren und so). Falls das deine Intention war, finde ich das ein schönes Bild! Aber der heutige Prot möchte nicht mal mehr von seinem Spiegelbild etwas wissen, der Arme:
Es war ungefährlich, sich an die Kindheit zu erinnern, sie war vorbei, sie bedrohte mich nicht. Etwas anderes gab es über mich nicht zu sagen. Ich hatte im Haus keine Spiegel, wie sollte ich wissen, wie
alt ich war.

Aber am Schluss macht es dann "Klick" im Prot, und er schöpft neuen Mut, seine alte Leidenschaft wiederzubeleben. Vielleicht, weil er vom Plastikschiff im Hintergrund an schönere Tage erinnert wird? Dann jedenfalls fängt der Fremde an zu schreiben:
Da schrieb der Mann — ja, jetzt schrieb er. Da wucherte seine Handschrift, da wippten seine Locken, wenn er umblätterte. Da saß er auf der Plane. Da stand hinter der Regentonne auf dem Fenstersims das Plastikschiff.

Und ums nochmal deutlich zu machen: Ich habe es so verstanden, dass der Fremde nur im Kopf des Prots stattfindet, vielleicht sogar wissentlich. Ist ja sehr symbolgeladen, deine Story, da kanns doch sein, dass der Prot uns sein Innenleben nicht wörtlich, sondern verschlüsselt erzählt. Meinen Nerv triffst du damit :)
Und als Zeichen, dass sich (wenn auch seeehr allmählich) was in seinem Leben ändert, wackelt endlich ein blauer Pfeil statt ein roter. (Die herabfallenden Pfeile machen die Dartscheibe ja in doppeltem Sinn zu einer Uhr, neben der Sache mit dem Sonnenstand.)
Das war mein Eindruck beim ersten Lesen, vielleicht liege ich falsch, aber so oder so mag ich, wie du erst die bleierne Sinnlosigkeit des Alltags aufbaust, um dann am Ende dem Prot ein Fünkchen Hoffnung zu geben.
Nur einen Kritikpunkt hätte ich: Ich hätte mir gewünscht, dass du wenigstens andeutest, was den Sinneswandel gegen Ende auslöst. Klar, kann durch reine Selbsterkenntnis gekommen sein, aber hier hast du finde ich die Chance für einen dramatischeren Wendepunkt vertan. Hat die Story für mich aber nicht kaputt gemacht.
So weit meine Eindrücke, bin gespannt, wie weit ich ins Schwarze getroffen habe (Achtung, billige Dartmetapher ;-P)
VG,
M.D.

 

Der Prot hatte mal große Pläne und/oder eine Leidenschaft (das Schreiben), aber dann ist ihm irgendein Schicksalsschlag widerfahren, der so starke Selbstzweifel in ihm ausgelöst hat, dass er seine Pläne nicht nur über Bord geworfen, sondern sie und sich selbst komplett verleugnet hat. Seitdem verschwendet er seine kostbare Zeit mit einem Lotterleben. Wie ich da drauf komme? Die Dartscheibe (ein schönes Symbol für ein Ziel) verrottet vor sich hin und ihre Funktion als unfreiwillige Sonnenuhr erinnert den Prot daran, dass seine Tage ungenutzt verstreichen. Und dann taucht plötzlich seine alte Muse auf, die seinem Leben den Sinn zurückgeben will, aber der Prot steckt ja in der Verdrängung und Verleugnung.
Schöne Interpretation.

 

Lieber Friedel,

freut mich sehr, dich unter meiner Geschichte zu lesen. Das ist eigentlich das Wichtigste, was ich zur Antwort zu sagen habe und auch nicht ungesagst sein lassen wollte! Das Ziffernblatt habe ich so angenommen. Die Konjunktive schaue ich mir noch mal an. Ich sehe ein, dass du recht hast, im Kontext gefällt mir ber der Konj. II vom Klang her nicht so. Dasselbe gilt vom Scheinen. Es ist auf dem Prüfstnd, abernoch kann ich mich nicht durchringen.
An einer Stelle gibt es damit verbunden auch einen inhaltlichen Aspekt:
-- "... als sei er hier zuhause." --- An sich würde ich gerne offen lassen, ob das nicht der Fall ist (oder war). Das spricht für Konjunktiv I.

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Hi @FlicFlac,

ich danke herzlich fürs Lesen und Kommentieren! Ich muss mich kurz fassen, wollte aber nicht noch länger mit der Antwort warten. Also los:

ich würde wohl erst die Frage stellen, die bei dir gar nicht kommt, nämlich: "Wer bist du?" "Wer sind Sie?"
Der Ich-Erzähler (oder die) sagt ja auch "du", eine gewisse Vertrautheut ist trotz der behaupteten Fremdheit also da. "Wer bist du" ginge dennoch, würde die Behauptung der Fremdheit unterstreichen. Es geht aber auch ohne - und wenn ich dich richtig lese, meinst du das auch so, oder? Im Sinne von: Man würde es anders erwarten, du gesht aber auch so mit, wie es ist?

Dieses 'nichts über mich zu sagen' wiederholt sich an der Stelle allerdings - sinngemäß hast du das ja bereis gesagt - und kommt sogar ein drittes Mal noch. Das ist redundant.
Die Wiederholungen könnten, wenn's aufgeht, dieses In-sich-Gekehrte, das Sich-im-Kreis-Drehen unterstützen. So hab ich mir das gedacht und bei mir stellt sich diese Wirkung auch ein. Nur ist es natürlich immer eine andere Wirkung, wenn man die Absicht kennt ...

Generell und nicht nur auf den Schluss bezogen muss ich noch schnell hierzu was sagen:

Vermutllich wirst du das auch nicht erläutern.
Das ist jetzt etwas riskant zu sagen, aber ich habe auch nicht für alles in diesem Text eine abschließende und eindeutige Interpretation. Das ist riskant, weil es so klingen kann, als würde ich etwas Halbgares vorsetzten und dann sagen: Macht mal was draus oder auch nicht. So soll es natürlich auch nicht sein. Es ist eher so, dass ich mich zwar an einigen Stellen nicht ganz festgelegt habe, dass ich aber trotzdem finde, dass mir diese Situation etwas sagt. Und vielleicht auch, dass es möglich ist, die Unschärfe ein Stück weit mit dem Protagonisten zu teilen. In diesem Sinne würde ich mich mit Erläuterungen gerne zurückhalten.
Auf der anderen Seite spricht nichts dagegen, zu erläutern, was ich selbst für mich offen gelassen habe. Ich konnte mich nämlich beispielsweise selbst nicht ganz entscheiden, ob der Schreibende real (jemand anderes, aber dem Protagonist sehr nahestehend, z.B. der Sohn) oder irreal sein soll. (Möglich ist aber, dass sich das für mich hier im Austausch festlegt.)

Soweit für diesmal, mehr geht heute nicht, morgen kann ich hoffentlich weiter aufholen.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 

An einer Stelle gibt es damit verbunden auch einen inhaltlichen Aspekt:
-- "... als sei er hier zuhause." --- An sich würde ich gerne offen lassen, ob das nicht der Fall ist (oder war). Das spricht für Konjunktiv I.

Genau umgekehrt,

lieber Schorch,

der Konj. I und somit die "indirekte Rede", ist entstanden aus Protokollen und Niederschriften wie Gerichtsniederschriften- und/oder Sitzungsprotokollen oder sonstigen Versammlungen
und unterstellt Wahrhaftig- oder zumindest Glaubwürdigkeit.
Konj. irrealis und potentialis spielen mit Glaubwürdig- und Wahrhaftigkeit und der Lüge.

Warum nutztu nicht einfach ein "als wenn er hier zuhause ist",

meint der

Friedel

 

Hallo @Habentus,

ich fang mal mit den Fragen an:

Und wirklich, da saß er wieder, der fremde Mann. Wieder auf dem abgedeckten Liegestuhl. Das Mittagslicht streifte seine Wange steil.
Gleich eine Reihe von Fragen, die sich mir auftun: Warum wirklich? Das deutet darauf hin, dass er ihn erwartet hat? Aber das hat er doch gar nicht, oder doch? Und es deutet darauf hin, dass er wieder, also erneut kommt.
Ja, doch, hat ihn erwartet, der sitzt immer wieder da.

Dann: Warum ist der Liegestuhl abgedeckt?
zwei Möglichkeiten: Entweder ist er schon für den Winter eingemottet oder - das eher - wird gar nicht mehr ausgepackt, der Protagonist benutzt ihn nicht mehr.

Was bedeutet, dass das Licht seine Wange steil streift?
Ich dachte so: Die Sonne scheint im spitzen Winkel drauf, weil es gegen Mittag ist.

Aber was bedeuten in diesem Zusammenhang leere Worte? Inhaltsleer? Bedeutungslos?
Ja, so würd ich sagen.

Woher weiß der Protagonist das denn plötzlich?
Die Idee ist erst mal: Er beobachtet und zieht seine unmittelbaren Schlüsse (so wie man das ja immer wieder macht).

So, ich versuche mich jetzt mal ungeniert an einer wilden Interpretation deines Textes
das hat mir gut gefallen, was da rausgekommen ist :)

Doch der andere wiegelt ab.
Nicht unbedingt, vielleicht braucht er ja nur noch einen Moment.

Mag sein, dass ich völlig auf dem Holzweg bin.
Gar nicht. Hat mir nicht nur gut gefallen, was du schreibst, sondern ich finde das schon auch wieder, was ich mir so in etwa gedacht habe. Nur Alzheimer hab ich nicht direkt im Sinn gehabt. Ist natürlich auch eine erlaubte Assoziation, aber ich habe selbst eher - um das schon mal zu verraten - die Richtung von @MorningDew steuern wollen. Entsprechend habe ich die Möglichkeit, dass der andere ins Haus kommt oder zumindest eingeladen wird, eher positiv gemeint. Aber es ist halt fraglich, ob er dem nachkommt, ob er es überhaupt kann.

Schönen Dank fürs Lesen und Kommentieren!
erdbeerschorsch

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Hi @ardandwen,


herzlichen Dank zum Einstieg hierfür:):

was für schöne Bilder! :)

Für mich geht es um jemanden, der vielleicht ein Trauma erfahren hat, vielleicht auch nicht, aber in jedem Fall alles tut, um etwas nicht nur zu vergessen, sondern geradezu auszulöschen - auch wenn er sein Leben selbst damit auslöscht und nur noch "existiert". Und da ist die andere Facette in ihm (?) oder aber auch ein Mensch, der ihm das nicht durchgehen lassen will.
Ja, da würde ich mitgehen.

Das Thema "Schuld" kommt ganz kurz auf, und das war für meine Interpretation die Schlüsselstelle.
Auch das. In irgendeiner Weise die Schuld, etwas liegengelassen zu haben und sich dem nicht stellen zu wollen.
"Ich bewohnte ein Zimmer, darin las ich Bücher in fremden Sprachen. Ich schrieb ja selbst nichts mehr auf, ich behielt nichts."

Das hat mich stolpern lassen: Er behielt nichts so wie er vergaß alles? Oder er behielt keinen Besitz? Es geht ja in der Geschichte klar ums vergessen, aber trotzdem passt das zumindest meiner Meinung nach hier nicht. Seine Bücher behält er ja, auch wenn er den Inhalt nicht behält :)

Ich könnte versuchen, mich auf absichtliche Doppeldeutigkeit herauszureden, das wäre in dem Fall aber gelogen. Muss ich wohl noch mal schauen, wie ich das löse. Ich hab's im Sinn von "beim Lesen sich nicht merken" gemeint, also wie du am Ende auch sagst, aber wie es eben nicht ganz deutlich wird. Also nicht generell auf die Erinnerung bezogen, obwohl das im Prinzip für den Text als Genzes schon passen würde, aber an dieser Stelle sieht es auch für mich unpräzise aus.

Natürlich kann deine Intentionen ganz anders liegen, aber so offen wie du schreibst, bleibt das dem Leser überlassen.
Ja, schön, dass du das so mitmachen kannst.

Es klang schief, wenn ich in seinem Gesicht nach ihrem Grund suchen wollte. Ich musste sie abweisen.
Ich nehme an „sie“ ist die Vorstellung? Dazwischen liegen aber zu viele andere Referenzpunkte, der Bezug wird nicht klar ohne zu suchen und sich beim Lesen zu unterbrechen.
Würde es helfen, wenn statt dem Punkt ein Komma steht? "Ihr Grund" - das ist ja der Grund für die Vorstellung, der letzte Bezugspunkt ist also nicht sooo weit weg, aber er ist zugegebenermaßen indirekt.

Ich hoffe dieses Feedback war hilfreich!
Ja, das war es, ich danke herzlich! Das Sprachliche bzw. die Fehler hab ich auch zum Teil aufgegriffen bzw. korrigiert, ich lass da die Details mal weg, weil das noch nicht abgeschlossen ist. Manches war mir als Verbesserung sofort klar, anderes muss sich noch ein bisschen setzen.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 

Hallo @erdbeerschorsch,

gerne gelesen; ist es nicht wunderbar, mit Worten, Sätzen und Beschreibungen die Phantasie anzustoßen, ohne dass Handlungsstränge sichtbar werden? Lautmalerei in teilweise surrealen Bildern, Handlungen, die beginnen und nirgendwo hinführen und doch treibt die Geschichte mich als Lesenden weiter, immer weiter. Ein literarischer Freischwimmer, so nenne ich das mal und davon kann es nie genug geben.
Kritik? Steht nix drin in der Kladde.
Beste Grüße
Detlev

 

Hallo @erdbeerschorsch,

wie schön, wieder etwas von dir zu lesen, und wie oft habe ich das jetzt gelesen in den letzten Tagen? Ich weiß nicht mehr, ist ja auch egal, und vielleicht lese ich es gleich noch mal :)

Eigentlich bin ich vor lauter Lesefreude gar nicht so sehr in die kritische Denkabteilung vorgedrungen, eine Sache aber, die mir nicht ganz aus dem Kopf gehen will, ist die Dartscheibe. Oder eher die Dartpfeile, und da insbesondere die unterschiedlichen Farben.
Der Text bewegt sich ja in einem wunderbaren Nebel, der verschiedene Deutungen zulässt, ich habe nur mal kurz die Kommentare überflogen und auch da gibt es ja ganz unterschiedliche Interpretationsansätze. Ich selbst konnte übrigens gar nicht anders, als eine Parallele zu deinem Schaffen zu ziehen: Keine Ahnung, was du außerhalb dieses Forums so machst, ich erinnere mich aber gut und gerne, dass du hier mal super aktiv warst, na, und jetzt liegt deine letzte hier eingestellte Geschichte schon vier Jahre zurück ...

Die Gefahr, die bei Nebel ja immer besteht, ist, dass man sich verläuft, dass man gar keine Orientierungspunkte mehr hat, dass da jedes Symbol so oder doch ganz anders ausgelegt werden kann, aber für dich waren die vier Jahre offenbar keine verlorene Zeit, denn der Text hier ist trotz Nebel so rund und klar und präzise, dass es auf mich den Eindruck macht, als wärst du schreibtechnisch noch mal deutlich "gereift" :)

Wenn da nicht diese Dartscheibe wäre. Fast alles, was hier beschrieben wird, ist ... hm, allgemeingültig. Aber die Dartscheibe sticht heraus. Sie ist ein tolles Bild, ohne Frage, die Sonnenuhr-Dartscheibe, aber hier habe ich doch den Eindruck, dass der Autor etwas deutlich machen will. Warum sonst dieser letzte Satz:

Ein blauer hing schräg, der fällt als nächstes, endlich ein blauer.

Du weißt ja wohl, dass der letzte Satz eine ganz besondere Wirkung hat, besonders lang nachhallt, also ist es wohl auch kein Zufall, dass das ein blauer Pfeil ist. Blau ... rot ... was will der Autor mir damit sagen? Wofür stehen die verschiedenen Farben?

Was der Kommentator damit sagen will :shy:: Wenn in den verschiedenen Farben ein eindeutiger Hinweis liegt, wenn das Signalfarben sind, dann wäre es vielleicht eine Überlegung wert, dieses Signal noch eindeutiger zu machen. Eigentlich alles an dem Text gibt mir als Leser die Freiheit, ihn ganz persönlich zu deuten, richtig oder falsch gibt es nicht. Nur in diesem geheimen Symbol, das fast schon plakativ daherkommt, fühle ich mich ein wenig ausgegrenzt, nicht mehr Teil des Clubs, in dem nur der Autor Mitglied zu sein scheint. Vielleicht überlese ich auch etwas ganz Offensichtliches? Möglich.

So oder so schmälert das aber nicht meinen sehr, sehr positiven Gesamteindruck - vielen Dank für den tollen Text!

Eins noch:

mein Kind, dass groß geworden ist,

das

...

Bas

 

An einer Stelle gibt es damit verbunden auch einen inhaltlichen Aspekt:
-- "... als sei er hier zuhause." --- An sich würde ich gerne offen lassen, ob das nicht der Fall ist (oder war). Das spricht für Konjunktiv I.
'als sei' gibt's halt im Grunde nicht. Vielleicht mit HV: "als könnte er hier zu Hause sein"?

 

@erdbeerschorsch

eine gewisse Vertrautheut ist trotz der behaupteten Fremdheit also da. "Wer bist du" ginge dennoch, würde die Behauptung der Fremdheit unterstreichen. Es geht aber auch ohne - und wenn ich dich richtig lese, meinst du das auch so, oder? Im Sinne von: Man würde es anders erwarten, du gesht aber auch so mit, wie es ist?
Ja. Hängt von deiner Intention ab. Ob du einen Grund hast dafür, dass eine naheliegende Handlung ausbleibt. Wenn nicht, ist es ein Fehler.


Ich konnte mich nämlich beispielsweise selbst nicht ganz entscheiden, ob der Schreibende real (jemand anderes, aber dem Protagonist sehr nahestehend, z.B. der Sohn) oder irreal sein soll. (Möglich ist aber, dass sich das für mich hier im Austausch festlegt.)
Ich meine, es ist nicht nötig, sich in dieser Frage festzulegen, solange das Gesamtbild der Figur in sich schlüssig ist, und das ist meiner Meinung nach hier der Fall.

 

'als sei' gibt's halt im Grunde nicht. Vielleicht mit HV: "als könnte er hier zu Hause sein"?
Stimmt - aber "als wäre er hier zu Hause" gibts in diesem Kontext. 'Könnte' geht auch, vllt. bissl weniger abgenutzt, ist aber unnötig wortreicher und damit hast du auch gleich zwei Hilfsverben im Halbsatz. ;)

 

Hi @MorningDew,

du hast ja vermutlich schon mitgekriegt, dass ich deine Interpretation als ziemlich nah an meinen Vorstellungen empfinde. Das ist ein doppeltes Glück, erstens weil es natürlich freut, wenn ich mit dieser oft unklaren Geschichte nicht auf durchgehendes Kopfschütteln treffe (wozu ich natürlich sagen muss, dass das auch - umso besser - nicht die Reaktion der anderen Kommentatoren war, aber es hätte ja so kommen können ...); und zweitens, weil ich dann mit der Antwort auch zu Ende kommen werde, weil ich ja gar nicht viel dazu sagen kann :). Nein, ich antworte ja gern lange, aber die Zeit, die Zeit ...

Wenn ich es nun ganz, ganz kurz machen wollte, könnte ich mich hier einfach anschließen :):

Schöne Interpretation.
Oder noch kürzer: ?
Denn es stimmt, ich würde eigentlich alles, was du schreibst, abnicken.

Jedenfalls würde ich aber das hier ganz konkret unterschreiben wollen:

da kanns doch sein, dass der Prot uns sein Innenleben nicht wörtlich, sondern verschlüsselt erzählt.
... und auch das:
Die herabfallenden Pfeile machen die Dartscheibe ja in doppeltem Sinn zu einer Uhr, neben der Sache mit dem Sonnenstand.
Inwiefern das entscheidend ist, weiß ich nicht genau, aber so war es jedenfalls auch gedacht.

Und dann doch auch noch zur Kritik:

Nur einen Kritikpunkt hätte ich: Ich hätte mir gewünscht, dass du wenigstens andeutest, was den Sinneswandel gegen Ende auslöst.
Eine Antwort, was ihn auslöst, habe ich nicht, aber ich könnte sagen, wo quasi der Wendepunkt für mich ist, nämlich hier:
„Ja“, sagte ich versöhnlich, „was willst du darauf auch antworten.“
Es ist nicht sehr deutlich, das geb ich natürlich zu. Gedacht hab ich mir das ungefähr so: "Versöhnlich" als Hinweis, dass sich die Einstellung zu dem "Unbekannten" ändert, und vom "Unbekannten" darauf folgend der Hinweis, dass er nicht nach Schuld sucht ... Die beiden wissen ja sicher, was damit gemeint ist (wir Außenstehende allerdings nicht).

Ach, und eins hab ich noch vergessen:

Ist damit der mysteriöse Fremde oder der Prot gemeint?
Der mysteriöse Fremde soll an der Stelle gemeint sein.

Schönen Dank für den Kommentar!
Besten Gruß
erdbeerschorsch

---------------

Lieber Friedel,

da nun "... als sei" rundum nicht akzeptiert wird, probier ich's mal mit deinem Vorschlag:

Warum nutztu nicht einfach ein "als wenn er hier zuhause ist"
Die Formulierung finde ich in ihrer gemäßigten Umständlichkeit für den Ich_erzähler eigentlich gar nicht so unpassend, und ich komme um den Konj. II herum, der mir da immer noch nicht so ganz zusagt. (Nur hab ich es ins Präteritum gesetzt, damit es üebreinstimmt.)

Besten Gruß
erdbeerschorsch

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 

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