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Was bedeutet für euch Hochliteratur?

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03.10.2019
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Was bedeutet für euch Hochliteratur?

Liebe Wortkrieger,
es wird einerseits verteufelt, andererseits geliebt: Die Unterscheidung der Literatur in ihrer Wertigkeit. Wie definiert ihr Hochliteratur für euch selbst, lest ihr sie und wie steht ihr zur Trivialliteratur, das würde mich sehr interessieren.
Ich persönlich finde es gut, die literarischen Texte zu unterscheiden. Trivialliteratur folgt strengen Mustern, bedient Klischees, ist sprachlich nicht anspruchsvoll. Bei der Hochliteratur wird ein Gesamtbild, welches aus Sprache, Inhalt und Interpretation besteht vermittelt. Für mich persönlich spielt die genutzte Sprache in einem Text eine sehr große Rolle, ich würde ihn mit dem Inhalt gleich stellen. Durch eine Interpretation des Textes soll es dem Leser möglich sein, tiefere Gedanken zu entschlüsseln, was man bei der Trivialliteratur nicht unbedingt kann. Ich persönlich lese ebenfalls das, was die Literaturwissenschaftler Hochliteratur nennen, als auch Bestseller-Literatur, wie Fitzek sie zum Beispiel schreibt. Von Trivialliteratur halte ich mich fern, zu groß sind meine Vorurteile. Das möge vielleicht auch daran liegen, dass ich Liebesgeschichten überhaupt nicht mag und ein Happy End ohne Tote ist auch nicht unbedingt etwas für mich. Klar, Verderben gehört nicht unbedingt zur Hochliteratur, bzw. lässt sich nicht kategorisieren, aber Triavialliteratur endet meist mit einem Happy End.

Grüße

Achim :-)

 

Hallo @Achim02,
schwierige Frage! Ich würde eher anders herum rangehen. Was zählt nicht zu anspruchsvoller Literatur? Es zählt nicht: alles mit unklarer Sprache, mit fehlerhafter Sprache, mit unverständlicher Sprache. Außerdem dummer Plot, dumme Protagonisten, plakative Charaktere, Abgekupfertes aller Art (also Hegemann is raus).
Trivialliteratur ist nicht per se ohne Anspruch, es gibt Ausnahmen von der Regel. Gar nicht so wenige ernsthafte Schriftsteller bringen sich mit dem Schreiben von Heftchen durchs Leben und erarbeiten das Geld um an dem zu schreiben, was ihnen wichtig ist. Ein Job halt.
Ich habe Sach- und Fachbücher gelesen, die ich für gute Literatur halte, ich habe hochgelobte Bücher gelesen, die ich einfach nur schrecklich fand.
Jeder muss für sich entscheiden, was er gut findet.
Was aber Hochliteratur ist? Den Begriff finde ich ein bißl mau. Das könnte das Nibelungenlied sein oder alles von Shakespeare. Oder Thomas Mann oder William Faulkner. Vielleicht ist Hochliteratur das was bleibt, wenn das meiste längst vergessen ist. Zeitlose Geschichten, zeitlose Charaktere, die in jedem anderen Setting auch funktionieren könnten.
Stell dir die Odyssee vor. Funktioniert immer. Die klassische "Heldenreise", mit Irrungen und Verwirrungen und Nebengeschichten und Mord und Totschlag, zwischendurch auch sanften Tönen, sogar einer Liebesgeschichte! Und einem mehr oder weniger glücklichen Ende. Nicht jedes Happy End ist schlecht.
Soweit erstmal,
viele Grüße
Karlchen

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Achim, ein bissl schade, dass dein Thread so verwaist.

Ich persönlich finde es gut, die literarischen Texte zu unterscheiden. Trivialliteratur folgt strengen Mustern, bedient Klischees, ist sprachlich nicht anspruchsvoll. Bei der Hochliteratur wird ein Gesamtbild, welches aus Sprache, Inhalt und Interpretation besteht vermittelt. Für mich persönlich spielt die genutzte Sprache in einem Text eine sehr große Rolle, ich würde ihn mit dem Inhalt gleich stellen.
Ich finde Unterscheidungen auch gut, aber zwischen Hoch- und Trivialliteratur steht noch die Unterhaltung, und da gibt es tatsächlich ne Menge Crossover in beide Richtungen.

Deine Klassifizierung der Hochliteratur ist die gängige, und ich stimme dir erstmal in allem Gesagten zu, allerdings fehlt ein Merkmal: Das Werk (ein einzelnes oder Gesamtwerk) muss einen Anteil daran gehabt haben, dass sich die Gesellschaft veränderte. Die Epoche & Literatur, auf die das zuletzt in umfassendem Maße und auf internationaler Ebene zutraf, war vermutlich die Romantik.

Dieser Punkt macht es im Grunde unmöglich, etwas Aktuelles als tatsächliche Hochliteratur zu bezeichnen, denn wir wissen erst im Rückblick, nach 20-50 Jahren, wohin sich eine Gesellschaft - und aus welchen Gründen - verändern wird.

Da kann sich durchaus etwas abzeichnen, z.B. Margaret Atwood: A Handmaid's Tale (Report der Magd) nahm einige Gesellschaftsneuordnungen in den USA, die von nationalistischen, rückständigen Evangelisten initiiert wurden, vorweg: Entmündigung von speziell Frauen (Abtreibungs-/Verhütungsrecht, Trans-/Genderfragen, Wissenschaftsfeindlichkeit), und eine Entwicklung zur Theokratie.
Ich fand das Buch allerdings zu programmatisch, viel zu sehr auf Aussage gebürstet, schematisch/klischeehaft, und sprachlich nicht herausragend, daher hab ich es nach 50 Seiten abgebrochen. Wie Hochliteratur im Sinne Shakespeares fühlt sich das Buch nicht an, aber qua Definition könnte es passen.

Wie definiert ihr Hochliteratur für euch selbst, lest ihr sie und wie steht ihr zur Trivialliteratur, das würde mich sehr interessieren.
Ich rolle die Frage mal von hinten auf: Was interessiert mich an Literatur, was will ich lesen?
Das sind:
- Individuelle, komplexe Sprache / Erzählperspektive, die passend zum Thema gewählt wurde (quasi nach dem Motto des Bauhaus: form follows function)
- Interessante Themen, die Anteile von Philosophie, (Patho-)Psychologie, soziokulturellen und/oder historischen Thematiken haben und die komplex behandelt werden
- Prosa, die Fragen aufwirft, eventuell noch analysiert, aber keine Antworten anbietet (schon gar keine explizite Moral)
- Bücher, die eine ungwohnte Weltsicht vermitteln, oder auch eine bestehende Weltsicht / den status quo angreifen -> Transgression

Nehme ich all das als Auswahlkriterium, müsste Trivialliteratur und ein großer Teil der Unterhaltung ausgeschlossen sein. Gehe ich jetzt aber davon aus, dass a) Hochliteratur aus dem oben genannten Grund aktuelle Publikationen nahezu ausschließt, und b) einiges an Hochliteratur zu seiner Zeit revolutionär und relevant gewesen sein mag, es aber heute nicht mehr ist, finde ich alles, was ich suche, auch in anspruchsvoller Unterhaltung *). Das ist natürlich rein persönliche Geschmackssache, aber ich finde Shakespeare nach wie vor hochaktuell, viele Vertreter der Romantik (bes. der "Nicht-Dunklen" Romantik) und vor allem die deutsche Nachkriegsliteratur hoffnungslos verstaubt.

*) Magischer Realismus, Hard Science Fiction, Dunkle Phantastik (auch historische aus UK 1750-1920). Surrealismus (worin ich die letzte wirklich revolutionäre, gesellschaftsverändernde Literatur sehe), teils Expressionismus, auch Dramen/Tragödien.

That said: Horror-Romane bilden oft ein Crossover aus Unterhaltung und Trivialliteratur: Sie sind letzteres, wenn sie ausschließlich genretypische Muster, Rollen und Perspektiven bieten. Sie können aber oft auch: eine anspruchsvolle Hochsprache bieten (Barker, Nevill), psychologische und sogar philosophische Themen behandeln; innovative, gesellschaftsrevolutionäre Perspektiven zeigen bzw. Rollen- und Verhaltensklischees aufbrechen, eine neue Ästhetik bieten. Transgression ist einer der entscheidenden Faktoren im Horror wie auch im Surrealismus. Also hat dieses Genre Elemente aus allen drei Kategorien, und zwar durchaus im selben Werk. Gleiches gilt selbstverständlich für andere Untergenres der Phantastik, v.a. SciFi.

Und wenn man sich Animal Farm, 1984 oder weiter östlich die Werke der Brüder Strugatzki anschaut, gibt es tatsächlich SciFi, die zuverlässige Vorhersagen zu Entwicklungen in Politik und Gesellschaft gemacht haben, die inzwischen z.T. eingetreten sind. Nimmt man Osteuropäische SciFi, Südamerikanischen Magischen Realismus, und Phantastik generell, hat man dort auch einen großen Anteil an philosophischen Fragestellungen / Themen. (Darüber weiß ich noch nicht genug, aber ich bin versucht, die neue Chinesische SciFi hier zuzuordnen.)

Und obwohl ich meist instinktiv pro Hochliteratur argumentiere, sehe ich auch, dass Stanislaw Lem gehaltvoller und universeller ist, als Grass oder Böll. Daher könnte ich eher sagen: Ich schätze bestimmte intellektuelle/ästhetische/philosophische Anteile an Literatur, finde diese aber gar nicht so häufig wie angenommen in dem, was gemeinhin als reine Hochliteratur gilt.

Trivialliteratur im Sinne von formel- und klischeehaften Protagonisten, Themen, Plots und Erzählweisen; leichte Unterhaltung mit Happy End; banaler Stil mit geringem Wortschatz, Parabeln mit einer dezidiert pädagogisch-moralischen Intention u.ä. lese ich nicht - weil mir das einfach keinen Spaß macht, und mich auch nicht unterhält. Zu meinen no-gos gehören daher u.a. Liebesromane, politischer Sozialkitsch (empowerment literature), eskapistische Low Fantasy, religiöse Bücher.

Klar, Verderben gehört nicht unbedingt zur Hochliteratur
Jein. Der Tod eines oder aller Protagonisten kommt aus dem bzw. gehört zum klassischen Drama, und daher ist das Happy End durchaus etwas, das eher auf triviale Strömungen verweist: Die Tragödie macht Katharsis (und Analyse / intellektuelle Aufarbeitung) möglich, die Komödie dient mehr der leichten Unterhaltung.

 

Hochliteratur ist die Literatur, die bei mir im Regal ganz oben steht.
:D Damit kann ich was anfangen.

Ich lese mittlerweile vorzugsweise elektrisch, also zunehmend barrierefrei.
Fand ich auf Dauer mühsam, dem Sartre gelegentlich den Staub von der Rübe zu schrubben, während der Kafka quartalsweise die papiernen Schenkel grätscht. Jetzt teilen sie sich einen angemessenen Raum mit all dem, was mir als Neuerwerb und Gewohnheit zur ständigen Verfügung steht.

Das wäre für mich das Ideal der Literatur, einander (und vor allem sich selbst) nicht so wichtig zu nehmen und die vielen kleinen Nuancen dessen wahrzunehmen, was wir unbedingt mit einem Begriff wie "Kultur" in einen möglichst starren Rahmen fassen mussten und müssen. Mehr könnte ich mir nicht wünschen, als mit ein paar von Zeit zu Zeit mal wieder gelesenen Sätzen in einer Buchsammlung unterzugehen, die keinerlei Ordnung erkennen lässt.

Als hätte je ein Aufräumen in der Mannigfaltigkeit menschlichen Empfindens oder gefühlter Rationalität irgendetwas Gutes hervorgebracht. Ist auch mal schön, jemandem das Lächeln aus dem Gesicht zu meißeln, das Gegenteil gefällt nicht weniger.

 

Für mich gibt es ein Kontinuum, das ich am ehesten an der Erwartbarkeit des Textes festmachen möchte.

Ich denke, dass das auch das Motiv der Leser_innen bildet: Je trivialer, desto erwartbarer.

Wer sich den neuen Bergdoktorroman kauft, weiß genau, was ihn/sie etwartet (Schicksal, Happy End, Belohnung der Guten) bzw. womit er/sie sicher nicht konfrontiert wird (Sex, Tod, Gewalt, fremde Kulturen, eine schlimme Welt). Das ist den Leuten wichtig, die das kaufen und lesen. Dafür nehmen sie Klischee und Holzschnitt in Kauf.

Und von da gehts dann in Richtung anspruchsvoller; in die "U" Genreliteratur, erst genretypisch, dann auch mal mit Brüchen und Verwerfungen und von da zu Texten, die man in keine Genreschublade mehr packen kann, wo man vor dem Lesen nicht weiß, ob man lachen oder weinen wird, in welche Richtung einen der Text trägt.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @alli,

ganz herzlich willkommen im Forum! :gelb:

Man muss nicht Germanistik studiert haben, um zu dieser Erkenntnis zu kommen
Man muss auch nicht Germanistik (oder sonstwas) studiert haben, um zu dem Schluss zu kommen, dass einiges, das als Hochliteratur eingestuft und im Unterricht durchgenommen wird, einfach nur platter, grauenhafter Kitsch ist, der irgendwann mal einen Zeitgeist getroffen haben mag. Thomas Mann zum Bleistift.

Zu einer 'Erkenntnis' kann man nur kommen, wenn ein objektiv nachprüfbarer Fakt existiert. Das ist bei der Klassifizierung "Hochliteratur" nicht der Fall. Im Laufe der Zeit ändert sich, was als relevant oder als angemessener Stil / Erzählweise angesehen wird, schon allein deshalb ist es keine monumentale, unveränderliche Kategorie. Daher kann man das - so man mag - durchaus diskutieren.

Für mich gibt es ein Kontinuum, das ich am ehesten an der Erwartbarkeit des Textes festmachen möchte.
Guter Punkt, finde ich. (Auch dir ein ganz herzliches Willkommen!)

Herzlichst,
Katla

 

Ich glaube nicht, dass es Sinn machte, mit jemandem über Literatur zu reden, der Thomas Mann für einen Kitschautoren hält.
Tja, und schon ist es vorbei mit dem Austausch, schade. Und da soll mal jemand behaupten, Literaturkonsum ermögliche flexible Denkweisen.
Nix für ungut, und dir trotzdem noch viel Spaß hier im Forum.

(Du erlaubst ein korrigiertes Zitat, hoffe ich.)

 

Das hindert natürlich niemanden daran, jeden Schmarren, den er selbst verfasst oder gelesen hat, für Hochliteratur zu halten.
So wie du zum Beispiel Thomas Mann.

So ne schwülstige Scheiße wie Der Tod in Venedig wäre heutzutage auch nicht besser als Fifty Shades - von der Thematik mal ganz zu schweigen, die heute auch niemand mehr so kommentarlos hinnehmen würde, daher ist es völlig unlogisch, dass du den einen als Verfasser von Hochliteratur hervorhebst und die andere nicht. Bloß weil irgendwas bis zum Erbrechen in der Schule durchgenommen wurde, heißt das nicht gleichzeitig, dass sich derlei Werke über andere erheben könnten.

Man muss nicht Germanistik studiert haben, um zu dieser Erkenntnis zu kommen - dazu genügt die Bildung, die man in unseren Mittelschulen und Oberschulen erlangt.
Und damit liegst du völlig falsch. Selbstverständlich gehört dazu eine höhere Bildung, alles andere ist einfach nur eigenes Empfinden, das du auch noch zu Anfang deines Beitrages so schön verneinst.

 

Ist halt die Frage, ob man das für Hochliteratur hält, was einem als solche verkauft wird, oder man sich eine eigene Meinung bildet.
Wobei ich aus Erfahrung sagen kann, dass so mancher Lehrkörper es als Frevel empfindet, wenn man die „großen Altmeister“ angreift.

Grundsätzlich halte ich den ganzen Begriff der „Hochliteratur“ für fragwürdig. Am Ende macht Gefallen schön und Literatur ist ja irgendwie alles. Wer gerne Mann liest, why not? Und wer lieber „Fifty Shades“ liest, why not? Ich habe sogar beides gelesen und wirklich warm bin ich mit keinem von beiden aus unterschiedlichen Gründen geworden.

Vor allem denke ich, man sollte die Diskussion weniger verbissen führen. Niemand ist besser oder schlechter, weil er oder sie das eine oder andere Buch kennt oder nicht kennt, mit Freude oder Abneigung oder erst gar nicht gelesen hat.

Als Autor:innen sollten wir uns über jeden Menschen freuen, der liest. Und nicht nur über solche, die lesen, was wir gut finden oder gar selbst geschrieben haben.

 

Eigentlich gehts ja auch nicht darum, was man gut findet oder nicht, sondern was man von Hochliteratur hält. Wie man die definiert, wäre in dem Fall dann auch schon egal, weil man das, was man für Hochliteratur hält, evtl. gut oder schlecht findet. Und da sind wir im Prinzip bei der Unmöglichkeit, diese Frage überhaupt beantworten zu können, weil es dort - genau wie in jeder anderen Literaturbewertung - ja einfach Werke gibt, mit denen man etwas anfangen kann oder auch nicht.

Das Thema fand evtl. auch deshalb nicht so viel Interesse, weil: Was soll man dazu schon sagen? Und vor allem: wayne? :D

 

Wobei ich aus Erfahrung sagen kann, dass so mancher Lehrkörper es als Frevel empfindet, wenn man die „großen Altmeister“ angreift.
:kuss: Eine der wenigen positiven Erfahrungen an meiner Gesamtschule - fast durchweg gestörte Lehrer, rechtsradikale Schüler, ich hab viel zu spät gewechselt - hing grad mit Thomas Mann zusammen. 9. Klasse, ich hab Tonio Kröger zerlegt, was zugegebenermaßen ein leichtes Ziel ist: rassistische Klischees, platter Plot, Figuren mit Schablonenverhalten, alles um ein extrem zweifelhaftes Konzept konstruiert: intellektueller, blonder Nordling vs heißblütig-irrationalem, schwarzhaarigem Südling - hallo? Mein Lehrer hat sich total gefreut.

Ich bin wohl die einzige, die diesen Faden ganz spannend findet. Mich interessiert allerdings der Marketing-Standpunkt bei den Argumenten: spielen solche Klassifizierungen beim Bücherkauf eine Rolle, schrecken Klassifizierungen (wie z. B. in der Schule gelernt / antrainiert) von Werken ab, die einem eigentlich Spaß machen könnten oder spielt das alles keine Rolle mehr? Also mehr so eine Auswahl, die nicht ganz bewusst läuft (nicht so bewusst, als ob man sagte: Ach, ich kaufe nur, was auf der XY-Bestsellerliste steht, im Buchladen ausgestellt / nach Onlineshop Kampagnen / goodreads-Vorschlägen, von meinem Lieblingsbuchhändler empfohlen ... was weiß ich).
So um die Ecke die Frage: Was wären im Literaturbetrieb insta-"influencer"? :D

 

Gerade wenn Bücher einen Anspruch über die reine Unterhaltung hinaus erheben, muss man natürlich immer den Kontext betrachten, in dem sie geschrieben sind. Heute hat niemand mehr die Probleme, die Jane Austens Heldinnen umgetrieben haben, und Ehen funktionieren nicht mehr so wie zu Zeiten des ollen Fontane. Und ein alternder Dichter, der sich in einen schönen Jüngling verliebt, ist als Thema heute eben längst nicht mehr so gewagt und skandalträchtig wie 1910.

Wir werten Dinge anders, manche Bücher, die zu ihrer Zeit relevant und klug waren, altern schnell und verlieren an Bedeutung - ich denke an die gefeierten Autoren meiner Jugend wie Böll oder Grass. Eine schlichte Jerry-Cotton-Geschichte aus den 1970-ern kann man dagegen vermutlich heute genauso wegschnupfen wie damals.

 

Uh! Gewichtiges Thema. Also, ich habe nur zwei Kategorien:
1. Berührt mich
2. Berührt mich nicht.
Beide Kategorien finden sich überall. Bei den Wortkriegern, den ollen Schinken, Poesie. KGs, Romanen, Autorinnen und/oder Autoren, jung und/oder alt, Musik aller Art, Gemälde, Skulpturen ... wenn es mich berührt, tief berührt, dann ist es genau mein Ding.

 

Spannendes Thema. Mit Hochliteratur verbinde ich "Klassiker", "die man gelesen haben muss". Und da dreht es mir meistens schon die Augen auf den Hinterkopf. Weil ich schon mit "muss" so meine Probleme habe.

Trotzdem, @Morphin hat es sehr gut zusammengefasst.

Hochliteratur liegt für mich auch etwas im Auge des Lesers. Warum sollte jemand, der sich für Science-Fiction interessiert, die Buddenbrooks gut finden? Dune ist ja sozusagen das "die Buddenbrooks" der Science-Fiction.

Ich lehne mich jetzt mal etwas aus dem Fenster. Ich würde als "allgemeine Hochliteratur" das bezeichnen, dass Grundsteine für weitere Literatur/Medien der ähnlichen Art gelegt hat.

z.B.: Edward Plunkett, 18. Baron Dunsany -> Arthur Machen -> H. P. Lovecraft -> Stephen King -> usw. (natürlich stark vereinfacht.)

 

Kurze Antwort:
neben der Fach- und Sachliteratur keineswegs alles, aber doch ziemlich viel von den Mythen, Märchen, Sagen und schönen Literatur von Abraham a Santa Clara bis Carl Zuckmaier (Belletristik ist aber bis auf einen tagesaktuellen Bestand satte 80 km von der Wiege der Ruhrindustrie entfernt „gebunkert“ – hätte das beim letzten Umzug nicht geklappt, wäre der Anteil an die ortsansässige Stadtbücherei gegangen und dabei wäre mir ziemlich denkwürdig vorgekommen, hätten die Kant, Hegel oder Marx und/oder Brecht oder oder ... sonstwen „aussortiert“. Aber wer traute (vorsicht, Konj. II) sich je, gegen den Zeitgeist oder seine eigene Erziehung aufzulehnen (meine Antwort: „ziemlich“ wenige!, ich immerhin gegen den unterschwelligen Alt-Katholizismus in einem kirchlichen Krankenhaus).
Nebenbei: Ich erzähle immer wieder gerne die Geschichte von Wilfried, gebürtigem Südafrikaner, den ich im Presbyterium kennenlernte, dessen erste Begegnung mit dem Deutschen ein Schild war des Inhalts

„Gehweg“ ...

und dem verm. Gebot fast gefolgt wäre ...

Friedel

 

Warum sollte jemand, der sich für Science-Fiction interessiert, die Buddenbrooks gut finden?
Da kann ich nicht ganz folgen, dear Frog. Demnach hätte ich keinen Grund, mich für Beowulf oder Shakespeares Dramen bzw. Tragödien zu interessieren, weil es ja inzwischen Horror-Fantasy und Psychothriller gibt. Das sind doch aber ganz andere Formen, Sprachstile, Epochen, Figuren, Erzählhaltungen ggfs.
Dann könnte man ja sogar sagen: Ich hab einmal ein Buch gelesen, in dem jemand getötet wird, jetzt reicht's. ;)

 

@Katla
Es ging mir rein um konsumierendes, unterhaltendes Lesen.

Oder schaust du dir einen Film an, in einem Setting, dass dich nicht interessiert, von einem Regisseur, dessen Stil du nicht leiden kannst und mit Schauspielern, die du nicht kennst, weil in den Reviews gesagt wird, der ist toll?

Die eigentliche Aussage sollte sein. Das es mir schwerfällt, eine allgemeine Definition von Hochliteratur anzuerkennen.

Wir reden ja immer noch von Kunst.

Ich finde es viel ansprechender wenn man das ganze in Verwandschaften und Beziehungen ausdrückt um den Stellenwert eines Werkes zu verdeutlichen.

Danke für das Wortspiel,

The Deer Frog ;)

 

Für mich ist die Diskussion was Hochliteratur ist rein akademischer Natur. Im Rahmen von (Literatur)Wissenschaft mag der Begriff seine Berechtigung haben und auch seine Definition und Abgrenzung von anderer Literatur hilfreich sein. Als Leserin ist er für mich irrelevant. Für mich ist da eigentlich nur die Frage wichtig, ob ein bestimmter Lesestoff eins oder mehrere meiner Bedürfnisse erfüllt, die je nach Lebenssituation, Tagesform, Alter usw. ganz unterschiedlich sind.

 

Für mich ist die Diskussion was Hochliteratur ist rein akademischer Natur. Im Rahmen von (Literatur)Wissenschaft mag der Begriff seine Berechtigung haben und auch seine Definition und Abgrenzung von anderer Literatur hilfreich sein.

Eben – seit zwei Tagen schmunzle ich über ein Gedankenspiel. Man stelle sich vor, die Menschheit verschwindet von der Erde (warum auch immer) und es bleiben willkürliche Trümmer.
Irgendwann finden Aliens die Überreste unserer Zivilisation. Und wie der Pudel es will, finden sie in den Trümmern Tausende von Kopien von Harry Potter und Fifty Shades of Grey, aber nur einen einzigen Faust und einen halben Zauberberg.
Möglicherweise kämen diese Aliens zu dem Schluss, dass Harry und Grey zur menschlichen Hochliteratur gehörten und Faust und Mann etwas für Freaks war.

Im Ergebnis ist alles eine Frage der Definition. Und manchmal des Marketings.

 

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