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Was gerade noch war

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21.04.2015
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Was gerade noch war

Als Emma aufwacht, ist sie nicht mehr verliebt.
Bevor sie die Augen öffnet, der Restschlaf sie über die Schwelle treten lässt, weiß sie es. Fahles Morgenlicht, alles im Raum noch verwischt. Sie dreht sich auf den Rücken, legt die Hände auf den Bauch. Atmet ein. Aus. Übrig ist nur etwas Hohles.
Wie Hunger.
Das Handy liegt neben dem Bett. Kein Blinken.
Emma liest ihre Nachricht an ihn noch mal. Löscht sie, schiebt das Telefon unters Kissen. Sie setzt sich auf. Vor dem Fenster steht ein Baum, leuchtet gelb und orange, ab und an segelt ein Blatt zu Boden.
Für eine Weile sieht sie dabei zu.

Gestern Abend war es noch da.
Weil es sie dreht, wenn er sie küsst.
Weil sie mit ihm Superheldenfilme schaut, nur um sein Lachen zu hören. Dreckig ist es, frech. Manchmal blitzt darin der Junge auf, der damals Comics verschlang und noch nichts von Mädchen wusste.
Sie hat auf ein Klingeln gehofft. Ihn kurz durch den Spion beobachten, ehe sie die Tür öffnet. Je dunkler es wurde, umso mehr.

Jetzt, wo die Sonne durch den Morgennebel bricht, ist da nichts mehr.
Vielleicht eine Abwehrreaktion.
Damit es sich gar nicht erst ausbreitet.

***​

Marvin liest ihre Nachricht zum dritten Mal. Genauso oft hat er angefangen, ne Antwort zu tippen.
Mittendrin blockiert was im Kopf.
Er wollte sie sehen gestern Nacht, wollte er echt. Bevor Phil mit der Party ankam. Hat sich vorgestellt, wie sie ihm aufmacht, Hand auf der Klinke, Kopf zur Seite geneigt, und wie sie lacht mit diesen heftig blauen Augen. Er umarmt sie, weiche Haare streifen seine Wange. Kein süßes Parfum.
Emma riecht eher wie Morgenluft.

Sie trägt ein bunt gestreiftes Kleid, als sie sich das erste Mal sehen. Grün, blau und gelb.
Ein heißer Abend, die Luft am Isarufer feucht.
Marvin hat die Zeit verpeilt, sie wartet schon fast ne halbe Stunde. Er wischt sich die Hände an den Jeans ab. Von der Brücke aus sieht er sie unten am Wasser auf den Steinstufen sitzen. Sie sieht auf, winkt, greift in ihre Tasche und hält zwei Bier in die Luft.

Phil lässt nicht locker. Komm schon, nur für ne Stunde, bisschen feiern, mal wieder mit den Jungs.
Emmas Nachricht.
Sie hat so was an sich, Dinge zu schreiben und zu sagen, straight, ohne viel Drumherum. Keine von denen, die auf Drama steht. Von Anfang an hat ihn das umgehauen. Wie sie ihm Fragen stellt, über die er noch nie so richtig nachgedacht hat.
Irgendwie macht ihn das fertig.
Er schlägt mit Phil ein, klar, bin dabei.
Trinkt, lacht, raucht.
Die U-Bahn fährt nicht mehr, als sie aus dem Hausflur auf die Straße stolpern. Zu spät, um Emma anzurufen.

***​

Beim dritten Treffen sitzen sie auf den Stufen der Oper. Hinter der Häuserfront, die den Platz säumt, verfärbt sich der Himmel. Emmas Blick hängt in den Wolken. Sie glühen.
Seit ihrer Begrüßung will sie ihn küssen. Kostet jede Sekunde aus, in der es nicht dazu kommt. In der er näher an sie heranrutscht. Flüchtig ihre Hand berührt, als sie ihm die Flasche Rum gibt. Knie an Knie, Schulter an Schulter.
Die Worte leicht. Die Treppe noch immer aufgeheizt.
Er zeigt ihr Videos von seiner Band, spricht über Schlagzeuger, die für ihn Vorbilder sind. Emma erzählt, wie sie damals davon geträumt hat, in einem Stück von Pina Bausch zu tanzen, jedes Mal, wenn sie vom Ballettunterricht nach Hause fuhr.
Stück für Stück ergeben sie ein Bild.
Um sie herum gehen die Straßenlaternen an.

Seitdem sehen sie sich nur noch nachts.
Etwas Vages hängt zwischen ihnen. Manchmal kalt. Manchmal nah. So nah, dass es zurückkommt, das Ziehen, tief im Bauch.
Er lässt sie nicht los im Schlaf. Seine Lippen in ihrem Nacken.
Emma liegt in der Dunkelheit, ahnt den Morgen. Wie er wegwischt, was gerade noch ist. Dass Wochen vergehen. Sie auf dem Bett sitzt, die Äste des Baums vor dem Fenster kahl, und sie weiß, was es mit dem Hunger auf sich hat, dem Hohlraum. Ihr Herz ist nicht ausgelastet.

Sie holt das Handy unterm Kissen hervor, tippt ein paar Worte.
Schickt sie ab.

***​

Marvin schließt WhatsApp, öffnet Insta. Scrollt durch Bilder, liest Kommentare, erwidert sie, wischt weiter, bis –
Ich bin raus. Mir is das zu wenig. Mach’s gut.
Die Bahn fährt in die nächste Station ein. Bremsen kreischen. Er schiebt das Handy in die Jackentasche, steht auf.
Nachher.
Ihm fällt schon was ein.

Letztes Mal hat sie ihn gefragt, ob sie mal zusammen zum Friedensengel spazieren. Da gibt’s eine Unterführung, voll mit Graffiti, Leuchtstäbe im Stein, wie so ne Galerie, hat sie gesagt. Er ist ausgewichen.
Nicht wegen Emma.
Einfach, weil er am Arsch ist. Bei ihr kommt er runter, schaut nicht mehr auf die Uhr, ist einfach da, mit ihr, muss nirgendwo hin, einfach da. Ohne Spaziergang und Engel und so was.
Sie hat gelacht, den Kopf geschüttelt und das Thema gewechselt.
War nicht ihr Lachen.

Die Wohnung ist still, ab und zu ne Windböe, die Regen gegen das Fenster schleudert. Wassertropfen laufen ineinander, rinnen an der Scheibe entlang, bis ihre Bahn am Rahmen endet.
Emma zu küssen ist anders. Davor war’s eher Mittel zum Zweck. Mit ihr ist es wie Zeit verlieren. Wie so’n Blackout. Marvin öffnet die App. Schreibt, wie gern er ihr zuschaut, wenn sie in ein Stück Pizza beißt, weil sie dabei aussieht, als wär sie high. Wie sie beim Zähneputzen die Füße so komisch verkrampft, damit die Zehen knacksen. Dass sie zu küssen –
Bullshit.
Was Emma lesen will, ist was anderes. Was sie hören will, kriegt Marvin nicht raus.
Also antwortet er: Schade. Pass auf dich auf.

 

Hey,

mir hat die Geschichte gefallen. Innovativ strukturiert, glaubwürdige Sprache. Die Figuren wirken echt. Nur die zeitliche Strukturierung hat mich etwas verwirrt.

Sie trägt ein bunt gestreiftes Kleid, als sie sich das erste Mal sehen.
Dieser Satz wirkt etwas entfremdend. Der Zeitsprung setzt eigentlich ein Präteritum-Plusquamperfekt Verhältnis voraus. Das Präsens-Perfekt Verhältnis funktioniert meiner Meinung nach hier nur, wenn man den adverbialen Gliedsatz mit als streicht oder die Zeitangabe als Abschnittsüberschrift angibt. Aber das ist nur mein Geschmack.

segelt ein Blatt nach unten
zu Boden klingt stilistisch besser
Stein, wie so ’ne Galerie
kein Komma

 

Hallo @RafisAgony,

danke dir für deinen Kommentar.

Innovativ strukturiert, glaubwürdige Sprache. Die Figuren wirken echt.
Das freut mich zu lesen. Als ich anfing zu schreiben, hatte ich das irgendwie nicht so auf dem Schirm, bzw. hab ich da noch ziemlich anders geschrieben, aber mittlerweile bin ich sehr froh darüber, wenn die Figuren vor allem echt wirken, das ist mir wichtig. Schön, dass du es so empfindest.

Zur zeitlichen Strukturierung: Ja, es stimmt, das springt hin und her und mag auf den ersten Blick etwas verwirren. Ich glaube aber, im Zusammenhang ist das dann doch verständlich, wenn auch nicht sofort erkennbar. Ich arbeite hier absichtlich nicht mit der Vergangenheitsform, um nah dran zu bleiben. Und auch, weil die Zeitebenen ruhig ein wenig verschwimmen dürfen, ich finde das ja manchmal auch ganz gut, wenn man nicht direkt alles deutlich vor der Nase hat.
Präteritum-Plusquamperfekt-Kombi finde ich generell nicht so super, deshalb schreibe ich meine Geschichten fast nur noch im Präsens. Die Kombi (P-PQP) empfinde ich persönlich als sehr distanziert und oft auch umständlich. Das ist aber sicher eine Geschmackssache, da hast du recht.

kein Komma
Ich glaube doch, dass hier eins hin muss. Ist ja eine Aufzählung, einmal die Graffiti, dann die Leuchtstäbe im Stein, alles zusammen wie so ’ne Galerie. Verschluckt wird da sieht aus wie so ’ne Galerie. Daher denke ich, das muss bleiben.

Lieben Dank für deine Rückmeldung und Eindrücke.

Viele Grüße
RinaWu

 

Liebe RinaWu!

Als Emma aufwacht, ist sie nicht mehr verliebt.
Ein starker Anfang. Ich bin sofort dabei.

Danach muss ich sehr genau lesen um nachzuvollziehen, was sie da für ein Aufwachritual hat. Fällt mir ein bißchen schwer. Das kann aber auch durchaus an mir liegen. Ich bin beim Aufwachen so gar nicht poetisch:)

Emma liest ihre Nachricht an ihn noch mal. Löscht sie, schiebt das Telefon unters Kissen.
Hier bin ich unsicher. Sie hat die Nachricht aber schon abgeschickt, oder? Das Löschen hat mich irritiert. Oder löscht sie das nur für sich, um abzuhaken?
Marvin liest ihre Nachricht zum dritten Mal. Genauso oft hat er angefangen, ’ne Antwort zu tippen.
Mittendrin blockiert was im Kopf.
Er wollte sie sehen gestern Nacht, wollte er echt. Hat sich vorgestellt, wie sie ihm aufmacht, Hand auf der Klinke, Kopf zur Seite geneigt, und wie sie lacht mit diesen heftig blauen Augen. Er umarmt sie, weiche Haare streifen seine Wange. Kein süßes Parfum.
Emma riecht eher wie Morgenluft.
Tolle Passage.
Seit ihrer Begrüßung will sie ihn küssen. Kostet jede Sekunde aus, in der es nicht dazu kommt.
Find ich auch toll.
Marvin öffnet die App. Schreibt, wie gern er ihr zuschaut, wenn sie in ein Stück Pizza beißt, weil sie dabei aussieht, als wär’ sie high. Wie sie beim Zähneputzen die Füße so komisch verkrampft, damit die Zehen knacksen. Dass sie zu küssen–
Er würd so gern. Vielleicht. Er tut mir leid. Sie auch. Ach Scheiße...
Trotzdem glaube ich ihm die Vergleiche nicht so richtig. Sie sind originell. Aber auch sehr speziell. Ich weiß nicht. Was macht es denn aus, dass sie high aussieht, wenn sie in die Pizza beißt? Verdreht sie die Augen weil es so heiß ist am Anfang?
Was Emma lesen will, ist was anderes. Was sie hören will, kriegt Marvin nicht raus.
Also antwortet er: Schade. Pass auf dich auf.
Ach schade. Bin grad echt ein bißchen enttäuscht.
Aber vielleicht ist das ja auch eine mögliche Stimmung, die du erzeugen willlst, RinaWu.
Ich mag deinen Schreibstil sehr. Gerade auch das Einfache, vermischt mit wenigen poetischen Ausflügen (außer ganz früh morgens:)).
Gerne gelesen. Und nur ein ganz kleiner Eindruck vom Lotterlieschen!

 

Guten Abend @RinaWu,

dein Text hat mich irgendwie berührt. Ich denke das liegt an der einfühlsamen Erzählweise, wirklich gut gemacht. Besonders hervorheben möchte ich die Atmosphäre. Es hat sich für mich wie ein Traum angefühlt, der gut anfängt, aber traurig endet. Hier die Textarbeit:

Als Emma aufwacht, ist sie nicht mehr verliebt.
Der erste Satz leitet direkt in die Thematik ein und sorgt für Spannung. Wer ist Emma und warum ist sie nicht mehr verliebt? Was ist passiert?

Zurück bleibt was Hohles.
Wie Hunger.
Das fand ich sprachlich richtig gut gemacht, Hut ab!

Vielleicht ’ne Abwehrreaktion.
Ich bin erst über das 'ne gestolpert. Aber ich habe mich darauf eingelassen und es passt schon zu deinen Protagonisten.

Emma riecht eher wie Morgenluft.
Ich mag wie du diesen Geruch eingebaut hast, die Morgenluft liegt mir in der Nase. So etwas lese ich gerne.

Sie trägt ein bunt gestreiftes Kleid, als sie sich das erste Mal sehen.
Du zeigst durch diese Situation den Verlauf ihrer Liebesgeschichte. Die Szene wird plastisch und ich kann mir das bildlich gut vorstellen. Hat für mich gut funktioniert.

Komm doch mit, nur für ’ne Stunde, bisschen feiern, mal wieder mit den Jungs.
Er schlägt mit Phil ein, klar, bin dabei.
Trinkt, lacht, raucht.
Das ist eine meiner Lieblingsstellen. In wenig Worten so viel gesagt. Wirklich gut!

und sie weiß, was es mit dem Hunger auf sich hat, dem Hohlraum. Ihr Herz ist nicht ausgelastet.
Du greifst hier das Bild vom Anfang wieder auf. Das muss ich mir merken, finde ich stilistisch schön.

Wie sie beim Zähneputzen die Füße so komisch verkrampft, damit die Zehen knacksen.
Die kleinen Details lassen deine Geschichte lebendig wirken. Insgesamt finde ich, dass deine Geschichte gerade durch diese Echtheit traurig macht, weil sie bei mir alte Erinnerungen geweckt hat. Das ist schon gut gemacht! Danke für die Geschichte.


Beste Grüße
MRG

 

Hallo @Lotterlieschen,

danke dir, dass du vorbeigeschaut hast. Dass der Anfang stark für dich ist, freut mich natürlich. Die Passage danach soll gar nicht so sehr ein Ritual beschreiben, sondern einfach diese verschwommene Phase zwischen Aufwachen und wirklich wach sein.

Hier bin ich unsicher. Sie hat die Nachricht aber schon abgeschickt, oder? Das Löschen hat mich irritiert. Oder löscht sie das nur für sich, um abzuhaken?
Ja, sie hat die Nachricht abgeschickt. Ich weiß, die Stelle ist nicht super klar, aber davor gibt es ja den Einschub "Kein Blinken", was so viel bedeutet wie "keine Antwort". Daher dachte ich, der Rest erschließt sich dann. Und genau, löschen um abzuhaken.

Trotzdem glaube ich ihm die Vergleiche nicht so richtig. Sie sind originell. Aber auch sehr speziell.
Hmm ... Ich finde ja, solche Vergleiche müssen speziell sein, weil jeder Mensch eben so seine Eigenheiten hat. Hier mit einem allgemeinen Vergleich ("er mag es, wie sie lacht" oder so etwas relativ Nichtsaussagendes über die andere Person) zu kommen, hätte sich falsch angefühlt, das darf ruhig speziell sein. Und mit "high" ist einfach diese Mischung aus Zufriedenheit und Schmunzeln und Genießen gemeint ;)

Ach schade. Bin grad echt ein bißchen enttäuscht.
Aber vielleicht ist das ja auch eine mögliche Stimmung, die du erzeugen willlst, RinaWu.
Ja, mir geht es hier schon um eine Stimmung, die da mitschwingen soll. So richtig greifen kann ich das selbst nicht, ich wollte hier einfach eine Facette des Kennenlernens zeigen, die weder schwarz noch weiß ist, sondern irgendwo dazwischen. Da mögen sich zwei Menschen, aber so richtig zueinander finden sie nicht ...

Ich mag deinen Schreibstil sehr. Gerade auch das Einfache, vermischt mit wenigen poetischen Ausflügen (außer ganz früh morgens:)).
Danke dir :)

Viele Grüße
RinaWu

Hallo @MRG,

auch dir danke für's Vorbeischauen und Gedanken dalassen.

Besonders hervorheben möchte ich die Atmosphäre. Es hat sich für mich wie ein Traum angefühlt, der gut anfängt, aber traurig endet.
Wow, danke dir. Das hast du echt ganz gut beschrieben. Auch beim Schreiben hat sich das ein bisschen nach Traum angefühlt, vage, nicht so recht zu fassen. Aber das war gut so, denn genauso soll sich das anfühlen. Wie etwas, das passiert, schön ist, aber irgendwie endet und man weiß gar nicht so genau, wo was schief gelaufen ist.

Das fand ich sprachlich richtig gut gemacht, Hut ab!
Danke dir, freut mich, die Stelle mag ich nämlich auch :)

Du zeigst durch diese Situation den Verlauf ihrer Liebesgeschichte. Die Szene wird plastisch und ich kann mir das bildlich gut vorstellen. Hat für mich gut funktioniert.
Super, gut zu wissen. Genau, ich wollte so ein bisschen die Phase des Kennenlernens dem Jetzt gegenüberstellen, wobei das Jetzt und das Kennenlernen gar nicht mal so weit auseinanderliegen in meinem Kopf, sondern da eher was in Schieflage gerät und irgendwie kriegen die beiden es nicht so recht hin miteinander, so dass es ihnen wirklich gut damit geht.

Insgesamt finde ich, dass deine Geschichte gerade durch diese Echtheit traurig macht
Danke dir, auch wenn's traurig macht, aber das ist ein tolles Lob, Echtheit ist mir wichtig. Für mich ist die Geschichte gar nicht mal traurig, sondern eher so ... hmm ... Eine Grauzone in diesem ganzen Gefühlsding, die es eben auch gibt. Man findet sich gut, findet aber nicht zueinander. Vielleicht weil man eine Idee von dem anderen hat, die seinem wahren Ich gar nicht entspricht. Vielleicht, weil eine Ebene passt, eine andere aber gar nicht. Oder oder oder.

Viele Grüße
RinaWu

 

Liebe RinaWu, nur eine kleine Rückmeldung: Ich finds toll.
Man möchte beide ein bisschen schütteln, damit sie zu dem Glück finden, das sie doch eigentlich in sich und miteinander tragen. Aber wie so oft steht so vieles im Wege. Das, was man glaubt, was der andere hören oder aber auch nicht hören will, das, was man glaubt, tun zu müssen. Ach, es ist einfach blöd, dass Leute sich so sehr selbst im Wege stehen können. Wie gesagt, ich schüttele sie, und vor allem Marvin gerne noch einmal und auch noch ein drittes Mal.
Präsens und deine Gestaltung der Zeitstruktur, also das Verschwimmen des zeitlichen Ablaufs, gefällt mir in dem Zusammenhang sehr gut. Es ist nicht nur so, dass es frisch wirkt und irgendwie zu dem Alter der beiden passend, sondern auch zum Inhalt. Also zu dem Zustand, in dem Mensch sich befindet, wenn er sich verliebt und gar nicht weiß, was daraus wird und ob aus dem gerade sein ein gerade war wird. Also da hast du auch den Titel toll gewählt. Ja, da, ist so vieles durcheinander, wenn man sich verliebt und gar nicht weiß, was der andere will, ja vielleicht auch manchmal, was man selbst will, so vieles liest sich in der Erwartung und dann in der Rückschau darauf wieder neu, da passt ein Verschwimmen der Ereignisse. Und es ist doch auch ein sehr fragiles Gebilde dieses Verliebtsein, das vielleicht ganz schnell von der Gegenwart zur Vergangenheit wird.
Anfangs hatte ich Schwierigkeiten mit Teilen der Sprache, also die vielen war's und 'nen. Aber das hat sich recht schnell gelegt, entweder habe ich mich gewöhnt oder es fließt dann irgendwie doch ineinander und es passt ja auch zu den beiden und ihrer Sprache. Ich glaube, ich würde nur die Apostrophe weglassen. Zumindest könnte man schauen, wie sich das liest, wenn die ganzen Strichschwänzchen fehlen. Der Duden sagt, man darf das, jedenfalls, wenn ich es richtg in Erinerung habe.

Noch ein paar Details:

Als Emma aufwacht, ist sie nicht mehr verliebt.
prima erster Satz

Traumbilder bröseln durch die Finger. Zurück bleibt was Hohles.
Das Bild mit den Traumbildern kommt mir etwas schief vor. Also dass die ausgerechnet durch die Finger "bröseln".
Und "was Hohles" kommt mir hier auch zu umgangssprachlich vor. ich hätte etwas Hohles geschrieben.

Emma liest ihre Nachricht an ihn noch mal. Löscht sie, schiebt das Telefon unters Kissen.
Find ich gut, erst wird er gelöscht, dann löscht sie auch die Löschung an ihn. In solchen Symbolen agiert man manchmal.
Weil sie mit ihm Superheldenfilme schaut, obwohl sie die nicht abkann, nur um sein Lachen zu hören. Dreckig ist es, frech. Manchmal blitzt darin der Junge auf, der damals Comics verschlungen hat und noch nichts von Mädchen wusste.
Süß

Jetzt, wo die Sonne durch den Morgennebel bricht, ist da nichts mehr.
Emma streicht sich übers Gesicht.
Vielleicht ’ne Abwehrreaktion. Damit es sich gar nicht erst ausbreitet.
Schön. Hier gefällt mir auch sehr gut, wie du mit dem Kontrast zwischen eleganterem Sprachstil und dem eher saloppen spielst.

Emma riecht eher wie Morgenluft.
Schön

Stück für Stück ergeben sie ein Bild.
Auch sehr schön
Sie sehen sich nur noch nachts.
Etwas Vages hängt zwischen ihnen. Manchmal kalt. Manchmal nah. So nah, dass es zurückkommt, das Ziehen, tief im Bauch.
Er lässt sie nicht los im Schlaf. Seine Lippen in ihrem Nacken.
Emma liegt in der Dunkelheit, ahnt den Morgen. Wie das Licht wegwischt, was gerade noch ist. Dass Wochen vergehen. Sie auf dem Bett sitzt, die Äste des Baums vor dem Fenster kahl, und sie weiß, was es mit dem Hunger auf sich hat, dem Hohlraum. Ihr Herz ist nicht ausgelastet.
Sehr traurig, sehr berührend. Das machst du wirklich schön. So ganz sanft und gefühlvoll und völlig unkitschig.

War nicht ihr Lachen.
:thumbsup:

Marvin öffnet die App. Schreibt, wie gern er ihr zuschaut, wenn sie in ein Stück Pizza beißt, weil sie dabei aussieht, als wär’ sie high. Wie sie beim Zähneputzen die Füße so komisch verkrampft, damit die Zehen knacksen. Dass sie zu küssen–
Bullshit.
Was Emma lesen will, ist was anderes. Was sie hören will, kriegt Marvin nicht raus.
Ach der Doofi. Hätte er nur all das geschrieben, vielleicht wäre es ja doch noch was geworden. Oder auch nicht, wer weiß das schon.

Also mir hats außerordentlich gut gefallen. Wunderschönes melancholisches und sehr liebevolles Perlchen

 

Sie trägt ein bunt gestreiftes Kleid, als sie sich das erste Mal sehen.
Klar, will die Schul-grammatik der harten Schul-bank da mit zusammengesetzten Zeiten arbeiten, hier wirkt aber m. E. die „vergleichende“ Konjunktion „als“ heilend und ohne hilfsverblichen Beistand, die im Gegensatz zur vergleichenden Konjunktion „wie“ auf Unterschiede hinweist (er ist früher da gewesen als ich, sie kommt pünktlich wie er) und wem - das nicht reicht - der Hinweis „das erste Mal“ lässt vermuten, dass hernach zumindest noch ein zwotes Mal erfolgte.

Ja,

Mme. Wou,

gekonnte Miniatur zum Unterschied von Liebe und Verliebtheit, ist jene auf Dauer und Beständigkeit ohne Besitzanspruch ausgerichtet, so jene die Flamme, die flackert und wieder in sich zusammenfällt und verlischt oder längerfristig der (kaufmännischen Afa gleich) sich abnutzt und verglüht.

Wie stets – souverän erzählt und darum allsogleich zu den drei Flüsken:

Er wischt sich die Hände an der Jeans ab.
Nein, man kann sich die Hände an einer Jean(ne) abwischen, aber nicht an „den Jeans“, die immer im Plural (wahrscheinlich wegen der Hosenbeine) daherkommt.
Nachtrag: Siehste, getz binnisch selbst drauf reingefallen: Natürlich muss es heißem: "daherkommen"

Sie hat so[...]was an sich, Dinge zu schreiben und zu sagen, …
weil eigentlich ein verkürztes „so etwas“ (kommt weiter unten nochmals vor, hier)
Ohne Spaziergang und Engel und sowas.

Gern gelesen vom

Friedel

 

Ach @Novak,

dieser Text hat lange gebraucht. Ich habe gemerkt, wie gut es bei solchen Geschichten, die sich sehr auf Stimmung stützen, ist, sie liegen zu lassen und ganz genau hinzuschauen, wie man was schreibt. Nicht zu viel, nicht zu wenig. Das war dieses Mal echt irgendwie spannend, wie das so entstanden ist und ich freu mich sehr über deine Anmerkungen und Einschätzungen zu diesem kleinen Teil :) Danke!

Aber wie so oft steht so vieles im Wege. Das, was man glaubt, was der andere hören oder aber auch nicht hören will, das, was man glaubt, tun zu müssen. Ach, es ist einfach blöd, dass Leute sich so sehr selbst im Wege stehen können.
Ja, du sagst es. Erwartungen (an sich und den anderen), Druck (vom anderen und sich selbst), gibt einiges, was einen ausbremsen kann. Ich kenne das von mir auch, versuche immer wieder, mir das abzugewöhnen und einfach leichter an sowas ranzugehen. Wollte hier erzählen, was manchmal schwer in Worte zu fassen ist, war irgendwie echt ne Herausforderung. Und ja, war mir wichtig, das nicht so plakativ zu machen, sondern eher vorsichtig, so ein bisschen wabernd.

Präsens und deine Gestaltung der Zeitstruktur, also das Verschwimmen des zeitlichen Ablaufs, gefällt mir in dem Zusammenhang sehr gut. Es ist nicht nur so, dass es frisch wirkt und irgendwie zu dem Alter der beiden passend, sondern auch zum Inhalt. Also zu dem Zustand, in dem Mensch sich befindet, wenn er sich verliebt und gar nicht weiß, was daraus wird und ob aus dem gerade sein ein gerade war wird.
Ach cool, das ist schön zu lesen. Wie du das so empfindest und dass das Äußere zum Inneren passt, das freut mich sehr. Genau, dieser Zustand, dieses "Was ist das?", "Was wird das?", "Wird das überhaupt was?" bis hin zu "Will ich das denn eigentlich?", das sollte hier so ein bisschen ineinanderfließen, unterstützt durch die äußere Form.

Und es ist doch auch ein sehr fragiles Gebilde dieses Verliebtsein, das vielleicht ganz schnell von der Gegenwart zur Vergangenheit wird.
Besser hätte ich es nicht sagen können :)

Ich glaube, ich würde nur die Apostrophe weglassen. Zumindest könnte man schauen, wie sich das liest, wenn die ganzen Strichschwänzchen fehlen. Der Duden sagt, man darf das, jedenfalls, wenn ich es richtg in Erinerung habe.
Guter Punkt, kann ich nachvollziehen. Ich bin mir immer unsicher, ob man die Apostrophe weglassen darf. Ich mach mich mal schlau. Für das Textbild und den Fluss ist es ohne sicher besser ...

ich hätte etwas Hohles geschrieben.
Das habe ich bestimmt schon vier Mal hin- und hergeändert :D Eigentlich finde ich "etwas Hohles" auch besser, das passt schon zu Emma, die etwas verknapptere Sprache ist ja eher Marvin. Ich glaube, das ändere ich wieder, danke für den Fingerzeig.

Find ich gut, erst wird er gelöscht, dann löscht sie auch die Löschung an ihn. In solchen Symbolen agiert man manchmal.
Ja, macht man wirklich. Manchmal ist es wie eine Stärkung, manchmal Trotz, manchmal einfach nur dazu da, damit man Abstand gewinnt.

Schön. Hier gefällt mir auch sehr gut, wie du mit dem Kontrast zwischen eleganterem Sprachstil und dem eher saloppen spielst.
Danke dir! Ich glaube, diese Stelle ist meine persönlich liebste im Text :shy:

Hach Novak, danke für diesen tollen Kommentar, ich bin ganz selig gerade.
Liebe Grüße
RinaWu

Mein lieber @Friedrichard,

schön, von dir zu lesen :)

gekonnte Miniatur zum Unterschied von Liebe und Verliebtheit
Danke. Miniatur - das gefällt mir. Das trifft es gut. Ich wollte hier in Ausschnitten erzählen, die aber Raum lassen für eine größere Geschichte, die man dahinter erahnen kann. War irgendwie echt ne Herausforderung, sich zu überlegen, welche Situationen man beschreibt, um genau das spürbar zu machen, was man erzählen möchte.

Ach Mensch, die Jeans, das mach ich jedes Mal falsch. Irgendwie gefällt mir dieser Plural nicht. Aber ich weiß, er ist richtig, das korrigiere ich.

Danke für das Auflesen der anderen Flusen, auch die werden gleich beseitigt :)

Liebe Grüße
RinaWu

 

Mahlzeit @RinaWu,

sehr schönes Stück Literatur. Und dass ich das Prädikat "Literatur" verwende, ist eher selten. Nur was in meine Mitte trifft, bewerte ich so. Das mit dem Verlieben ... also nicht die richtige Frau oder den richtigen Mann oder ein anderes richtiges Geschlecht treffen ist das, was ich meine, sondern den "richtigen Menschen" zu treffen. Und bei aller Liebe zu und der Sehnsucht nach der Schönheit von Galaxien im kalten Raum, in allen Spektralfarben leuchtenden Gasnebeln, der Tiefe des Universums, ist doch das Treffen des "richtigen Menschen" so etwas wie die Allgemeine Feldgleichung, die Synthese aller vier Kräfte, will sagen: Was der Mensch mitunter erleben darf, ist seinen Gegenpart zu treffen. Ganz im griechischen Sinne. Unabhängig aller menschlichen Kategorien, ist diese Mensch-Mensch-Paarung dann Teil des Olymps.

Marvin war nicht Gegenpart, nicht Teil dieser griechischen Erzählung. Emma hat es gefühlt und verstanden.

Griasle
Morphin

 
Zuletzt bearbeitet:

Schönen guten Abend @Morphin,

sehr schönes Stück Literatur
Ui :shy: Ich danke dir, das ist ein Kompliment, über das ich mich sehr freue!

Das mit dem Verlieben ... also nicht die richtige Frau oder den richtigen Mann oder ein anderes richtiges Geschlecht treffen ist das, was ich meine, sondern den "richtigen Menschen" zu treffen.
"Richtig" würde ich hier auch immer in Anführungszeichen setzen. Ich bin erst 36, dennoch bin ich mittlerweile (für mich persönlich) zu der Erkenntnis gekommen, dass es "richtig" hier nicht gibt. Ich glaube nicht daran, dass jemand einen anderen wirklich komplett ergänzt und ich denke auch, dass dieses Anspruchsdenken, von jemand anderem komplett ergänzt zu werden, damit man "Eins" ergibt, eine Einstellung ist, die ganz schön schiefgehen kann. Da hängt dann gleich so viel Erwartung an den anderen drin - das halte ich grundsätzlich für gefährlich, in jeglicher zwischenmenschlicher Beziehung. Irgendwie schwingt das hier auch ein bisschen mit. Ich weiß selbst nicht, was da "richtig" und "falsch" ist, eher gibt es das wohl nicht, es gibt Menschen, die eine bestimmte (oder vielleicht sogar mehrere) Stelle bei einem berühren und einen im Leben eine gewisse Zeit begleiten und im Idealfall hat man mit ihnen eine schöne Zeit. Es gibt auch Menschen, die wie eine Lernaufgabe sind, die einen vor Herausforderungen stellen, an denen man wächst. So sehe ich das mittlerweile, ist aber nur meine persönliche Meinung. Wenn man an das perfekte Gegenstück glaubt, ist das natürlich völlig legitim, geht ja jeder anders mit um.

Marvin war nicht Gegenpart, nicht Teil dieser griechischen Erzählung. Emma hat es gefühlt und verstanden.
Schön gesagt. Emma andersherum für Marvin aber vielleicht ebenso wenig ...

Danke dir für den tollen Kommentar.
Viele Grüße
RinaWu

 

Moin Rina!

Ich finde das eine sehr schöne Geschichte. Ich mag die Sprache, die Sprachbilder, die Figuren und die Geschichte an sich. Hab gerade nicht mehr Zeit, aber das wollte ich dir dalassen. Auch der Anfang ist top, nach dem ersten Satz wollte ich es unbedingt zu Ende lesen.

Ab und an bleiben für mich Dinge zu sehr im Unklaren; entweder, was genau zwischen ihnen passiert ist, das zu gewissen Situationen führt, oder wann die Dinge stattfanden:

Zurück bleibt etwas Hohles.
Wie Hunger.
Geil! Ich mag diese Sprache sehr. Gut dosiert, intensiv
Phil hat was von ner Party erzählt. Komm doch mit, nur für ne Stunde, bisschen feiern, mal wieder mit den Jungs.
Wann ist das? Als sie sich kennenlernen? Als sie schluss macht? Vor dem ersten Treffen? Ist unklar!
Sie sehen sich nur noch nachts.
Warum? Und: Wann ist das genau? Mir ist der Zeitsprung zu gross. Wenn man sich nur noch nachts sieht, ist doch was passiert oder einer zieht sich wegen eines eigenen inneren oder äusseren Konflikts zurück, und der andere macht sich doch zwangsläufig Gedanken darüber, das fällt doch auf
Marvin schließt die App, öffnet ne andere.
Welche Apps benutzt er genau? Würde sie nennen

Wenn du an den genannten Stellen etwas für Klarheit sorgen würdest, hätte ich nichts auszusetzen. Sehr schön.
Übrigens. Ich finde, sie ist schon eine Dramaqueen. Einfach so was beenden, davor so coole Dates und eine Affäre, ich weiß nicht, das klingt für mich schon nach einer Frau, die die Aufmerksamkeit braucht, die das Drama auch irgendwie sucht, darunter vielleicht leidet und wahrscheinlich ist ihr das auch nicht wirklich bewusst, aber ich fühle da einfach so einen Grundkonflikt, vielleicht auch eine Angst vor Nähe.

Viele Grüße
zigga

 

Salve @RinaWu,

"Richtig" würde ich hier auch immer in Anführungszeichen setzen.
So wie ich, aber ... du hast - in meinen Augen - Literatur verfasst. Und es ist dir mit diesen Worten, zwischen diesen Zeilen, etwas gelungen, nämlich das lyrische Element einer zwischenmenschlichen Beziehung (unabhängig der Personen) auf eine Ebene zu hieven, die dem "Kugelmenschen" Platons ähnelt.

Natürlich, jede/r liest es anders, aber in Kenntnis dessen, was in Platons Symposion beschrieben ist, hat Emma eben NICHT gefunden, was eine innere Stimme zu finden gehofft hatte.

So wie dir deine 36 Jahre sagen, dass Kompromisse das A und O sind, und mir meine 56 Jahre "Spinner" ins Ohr flüstern, so hören doch manche Menschen, egal in welchem Alter sie sich verlieben, den süßen Ruf des lyrischen Ichs nach dem vollkommenen Universum. Und diesem Ruf darf man sich gerne einige Momente hingeben.

Das Literarische in deinem Text ist nicht die Realität, es ist die Poesie der Tragödie dahinter.

Griasle
Morphin

 

Moin @zigga!

Schön von dir zu lesen!
Ich freu mich sehr, dass dir der Text gefällt :shy:

Ab und an bleiben für mich Dinge zu sehr im Unklaren; entweder, was genau zwischen ihnen passiert ist, das zu gewissen Situationen führt, oder wann die Dinge stattfanden
Ja, versteh ich. Das "was genau zwischen ihnen passiert ist, das zu gewissen Situationen führt" halte ich tatsächlich absichtlich so im Vagen, weil ich irgendwie festgestellt habe, dass es manchmal gar keinen bestimmten Auslöser gibt dafür, dass sich eine Dynamik zwischen zwei Menschen verändert. Sondern manchmal ist es eher ein inneres Gefühl, irgendwas passt nicht, das man aber anfangs ignoriert, weil ein anderes Gefühl sich zu dem Menschen gegenüber hingezogen fühlt. Und dann aber, Stück für Stück, gerät da was in Schieflage. Das Wann versuche ich mal, galant zu präzisieren :)

Wann ist das? Als sie sich kennenlernen? Als sie schluss macht? Vor dem ersten Treffen? Ist unklar!
Hier dachte ich tatsächlich, das ist recht klar. Emma hat im ersten Teil nachts eine Nachricht an Marvin geschrieben, die sie morgens löscht, weil keine Antwort kam. Diese Reaktion mag übrigens schon i.S. Dramaqueen too much wirken. Damit wollte ich aber eher zeigen, dass sie in dieser Situation (sie sucht seine Nähe, er reagiert nicht) schon öfter war und einfach die Schnauze voll hat. In Teil 2 liest Marvin dann ihre Nachricht und findet nicht die richtigen Worte. Am Abend zuvor war er feiern. Aber ich schau mal, ob ich da noch einen kleinen Hinweis einbauen kann.

Warum? Und: Wann ist das genau? Mir ist der Zeitsprung zu gross. Wenn man sich nur noch nachts sieht, ist doch was passiert oder einer zieht sich wegen eines eigenen inneren oder äusseren Konflikts zurück, und der andere macht sich doch zwangsläufig Gedanken darüber, das fällt doch auf
Das ist so ein Teil, den will ich nicht ausformulieren und erklären. Das würde was kaputt machen im Text, ist jedenfalls so mein Gefühl. Wann: Nach dem dritten Treffen - das kann ich easy präzisieren, stimmt. Warum? Gute Frage. Nein, ich denke nicht, dass etwas passiert sein muss. Manchmal schleicht sich sowas ein. Die ersten Treffen gibt man sich noch Mühe, unternimmt was zusammen und plötzlich ist da (manchmal schneller als gedacht) so eine Routine, so nach dem Motto: Sehen wir uns? Okay, ich komm zu dir. Fertig. Sie macht sich Gedanken darüber, sie will mehr, sie schlägt Unternehmungen vor. Er jedoch ist zufrieden, einfach bei ihr zu chillen. Da muss nichts Dramatisches passiert sein, sondern da kristallisiert sich einfach recht schnell raus, dass sie unterschiedliche Wünsche/Sehnsüchte haben. Emma will mehr, Marvin ist mit dem Zustand fein. Ich glaube, es gibt im Leben nicht immer einen Knall, ein plötzliches Ereignis, damit sich Dinge ändern. Manchmal passiert das und man kann im ersten Moment gar nicht greifen, warum.

Welche Apps benutzt er genau? Würde sie nennen
Hast du recht.

Ich finde, sie ist schon eine Dramaqueen. Einfach so was beenden, davor so coole Dates und eine Affäre, ich weiß nicht, das klingt für mich schon nach einer Frau, die die Aufmerksamkeit braucht, die das Drama auch irgendwie sucht, darunter vielleicht leidet und wahrscheinlich ist ihr das auch nicht wirklich bewusst, aber ich fühle da einfach so einen Grundkonflikt, vielleicht auch eine Angst vor Nähe.
"Einfach so" ist es nicht. Ich denke, es scheint schon durch, dass sie sich auf etwas eingelassen hat, weil sie sich zu ihm hingezogen fühlt, sich aber selbst nicht so wirklich sicher ist, was das eigentlich ist. Die coolen Dates hören auf, ihre Versuche, ihn besser kennenzulernen, ihm Orte zu zeigen, die sie mag, Dinge mit ihm zu erleben, scheitern. Ich sehe es eher so, dass sie an einen Punkt kommt, an dem sie merkt, das geht sich einfach nicht aus. Deshalb der erste Satz. Sie wacht auf und spürt: So, jetzt is gut, jetzt zieh ich mich aus der Situation raus. Klar, das empfindet natürlich jeder anders beim Lesen, ich finde Emma tatsächlich recht undramatisch - aber ich bin auch eine Frau :D
Dass da auch ein anderer Konflikt schlummert, da will ich dir gar nicht widersprechen, die Möglichkeit sehe ich durchaus auch ...

Vielen Dank für deine hilfreichen Anmerkungen.
Liebe Grüße
RinaWu

Hallo noch einmal, @Morphin,

Natürlich, jede/r liest es anders, aber in Kenntnis dessen, was in Platons Symposion beschrieben ist, hat Emma eben NICHT gefunden, was eine innere Stimme zu finden gehofft hatte.
Ja, das stimmt. Auch wenn sie vielleicht selbst nicht weiß, wonach sie sich eigentlich genau sehnt oder es sich nicht eingestehen will - aber richtig, das was ihre Stimme ihr sagt, sind Marvin und die Beziehung zu ihm nicht.

So wie dir deine 36 Jahre sagen, dass Kompromisse das A und O sind, und mir meine 56 Jahre "Spinner" ins Ohr flüstern, so hören doch manche Menschen, egal in welchem Alter sie sich verlieben, den süßen Ruf des lyrischen Ichs nach dem vollkommenen Universum. Und diesem Ruf darf man sich gerne einige Momente hingeben.
Total - das soll jeder so leben, wie es sich für ihn gut anfühlt.

Das Literarische in deinem Text ist nicht die Realität, es ist die Poesie der Tragödie dahinter.
Danke dir!!

Viele Grüße
RinaWu

 

Als Emma aufwacht, ist sie nicht mehr verliebt.

Bester erster Satz seit langer Zeit. Ich lese gerade Elements of the writing craft von Robert Olmstead, und er zeigt auf, wie verschieden man in einen Text einsteigen kann, und welche Wirkung die ersten Sätze direkt auf den Leser haben. Hier erzählst du ja schon fast rekurrierend, auf etwas, dass in der Vergangenheit liegt: sie war einmal verliebt. Jetzt nicht mehr. Was ist passiert? Sehr stark gemacht.

Traumbilder bröseln durch die Finger. Zurück bleibt etwas Hohles.
Vielleicht bin nur ich das: Ich kann mir unter zerbröselnden Traumbildern nichts vorstellen. Auch, wie das mit dem hohlen Gefühl in Verbindung steht. Wenn ein Bild zerfällt, sagen wir, dann bleibt die Leinwand ja leer, farblos, nackt. Ich habe auch Schwierigkeiten mit dem Wort: zerbröseln. Ich finde, das passt in einen solchen Text nicht ganz rein, das schmeißt mich raus. Hat ja vor allem was mit dem genialen ersten Satz zu tun, da setzt du die Latte eben sehr hoch.

Gestern Abend war es noch da. Ein Ziehen, irgendwo da drinnen.
Weil es sie dreht, wenn er sie küsst.
Weil sie mit ihm Superheldenfilme schaut, obwohl sie die nicht abkann, nur um sein Lachen zu hören. Dreckig ist es, frech. Manchmal blitzt darin der Junge auf, der damals Comics verschlungen hat und noch nichts von Mädchen wusste.
Ich würde diesen physischen Effekt gar nicht erwähnen, weil das Gefühl des Verliebtseins für jeden anders ist und auch im Grunde nicht richtig beschrieben werden kann. Es war da, das wird klar, worum es geht, dieses diffuse Gefühl, und es wirkt so auch mysteriöser, finde ich, spannender.

Vielleicht ne Abwehrreaktion. Damit es sich gar nicht erst ausbreitet.
Ich weiß nicht, ein durch die Haare streichen als Abwehrreaktion wofür? Was soll sich nicht ausbreiten? Und dieses ne. Warum redet der Erzähler so?

Beim dritten Treffen sitzen sie auf den Stufen der Oper. Hinter der Häuserfront, die den Platz säumt, verfärbt sich der Himmel. Emmas Blick hängt in den Wolken. Sie glühen.
Seit ihrer Begrüßung will sie ihn küssen. Kostet jede Sekunde aus, in der es nicht dazu kommt. In der er näher an sie heranrutscht. Flüchtig ihre Hand berührt, als sie ihm die Flasche Rum gibt. Knie an Knie, Schulter an Schulter.
Die Worte leicht. Die Treppe noch immer aufgeheizt.
Er zeigt ihr Videos von seiner Band, spricht über Schlagzeuger, die für ihn Vorbilder sind. Emma erzählt, wie sie damals davon geträumt hat, in einem Stück von Pina Bausch zu tanzen, jedes Mal, wenn sie vom Ballettunterricht nach Hause fuhr.
Stück für Stück ergeben sie ein Bild.
Um sie herum gehen die Straßenlaternen an.
Dieser absolut wunderbare, total sinnliche und durchkomponierte Absatz, und davor aber dieses ne, das wirkt einfach nicht, es kontrastiert auch nicht, es sticht heraus, weil es, für mich, so unpassend zu dem restlichen Sound des Textes ist. Der ist nämlich herrlich melancholisch, und auch ein wenig urban, ohne jetzt nach dem nächsten hippen Großstadttext klingen zu wollen.

Ja. Ist eine Ballade fast schon, reduziert, minimalistisch, finde ich sehr gut gemacht. Natürlich kann ein solcher Text nicht die Tiefe einer sich anbahnenden Beziehung ausloten, er kann eine Szene, eine kurze Zeitspanne beleuchten, in der Wesentliches passiert. Ich habe so ein wenig auch 90er Jahre Filme im Kopf, besonders Pump up the Volume, wo so langsam die Slacker aufkamen, und Mädchen oder junge Frauen im Grunde die waren, die immer die Initiative hatten, die wussten, wo es lang geht. Dein Drummertyp aus der Story wirkt ein wenig so, ein wenig planlos, ein wenig auch ohne eigenes Ziel, aber eigentlich bräuchte der eine Beziehung, eine emotionale Verpflichtung. Beide haben davor ja Angst, vor der tatsächlichen Ernsthaftigkeit, sie will zwar (so lese ich das), aber auch sie lässt ihn im Unklaren, was sie eigentlich will - sie sagt zwar etwas, aber was meint sie genau? Die beiden erleben gemeinsam eine gute Zeit, und dann geht es nicht mit ihnen, irgendetwas fehlt. Vielleicht könntest du das noch andeuten, vage, subtil, oder es steht schon da und ich bin nur zu blöde das zu lesen, kann auch sein.

Hat mir sehr gut gefallen.

Gruss, Jimmy

 

Hi @RinaWu,

mir hat deine Geschichte gefallen, deine knappe Erzählweise lässt einen alles sehr direkt erleben.

Stück für Stück ergeben sie ein Bild.
Gefällt mir sehr gut, eine schöne Beschreibung!
bis–
Ich denke hier müsste ein Leerzeichen rein.
War nicht ihr Lachen.
Ein kleiner Satz mit großer Aussage, mag ich :)
küssen–
Siehe oben.

Finde die Geschichte angenehm realistisch und, auch wenn es um Liebe/Verliebtsein geht, angenehm unromantisch. Wozu das Ende beiträgt...ich würde tippen, dass er es irgendwann bereut, seine Entscheidung ;)

Lieben Gruß,
rainsen

 

Bester erster Satz seit langer Zeit.
:shy: Was soll ich sagen, Jimmy? Danke. Freut mich sehr.

Hier erzählst du ja schon fast rekurrierend, auf etwas, dass in der Vergangenheit liegt: sie war einmal verliebt. Jetzt nicht mehr. Was ist passiert?
Ja, stimmt. Der eine Satz sagt schon, dass was passiert ist, da hat sich was verändert. Tatsächlich ist mir der Satz vor Wochen morgens eingefallen. Hatte am Abend davor ein langes Gespräch mit einer Freundin darüber, wie zerbrechlich dieses Verliebtsein ist und wie schnell das wieder verschwinden kann, ohne dass man im ersten Moment wirklich weiß, was da gerade passiert ist.

Ich kann mir unter zerbröselnden Traumbildern nichts vorstellen. Auch, wie das mit dem hohlen Gefühl in Verbindung steht. Wenn ein Bild zerfällt, sagen wir, dann bleibt die Leinwand ja leer, farblos, nackt. Ich habe auch Schwierigkeiten mit dem Wort: zerbröseln. Ich finde, das passt in einen solchen Text nicht ganz rein, das schmeißt mich raus.
Gut, dass du da den Finger drauf legst. Die Stelle knirscht und da passt das eine Bild nicht zum anderen. Ich habe das geändert, jetzt ist es klarer formuliert, bzw. jetzt sagt es genau das, was ich sagen wollte. Krass, Wald vor lauter Bäumen, bis du das geschrieben hast, ist mir nicht aufgefallen, wie der zerbröselte Traum und das Hohle gar nicht zusammen passen. Klassischer Fall von: In meinem Kopf ist da mehr passiert, ich hab's aber nicht aufgeschrieben und am Schluss stehen da zwei Bilder, die nicht funktionieren zusammen. Was ich an der Stelle zeigen will, ist, dass sie langsam aufwacht, diesem nicht mehr vorhandenen Gefühl nachspürt, bevor sie endgültig merkt, es ist weg. Ich glaube, jetzt funktioniert das besser, danke dir.

Ich würde diesen physischen Effekt gar nicht erwähnen, weil das Gefühl des Verliebtseins für jeden anders ist und auch im Grunde nicht richtig beschrieben werden kann.
Stimmt, hab deine Streichungen so übernommen, wirkt besser so. Eben auch noch mal ein bisschen vage, was ja aber zum Text passt.

Ich weiß nicht, ein durch die Haare streichen als Abwehrreaktion wofür? Was soll sich nicht ausbreiten? Und dieses ne. Warum redet der Erzähler so?
Okay, ich sehe, wo es hakt. Die Abwehrreaktion bezieht sich nicht auf das durch die Haare streichen, das war eher nur als Einschub gedacht. Jetzt sehe ich, dass es in die Irre führt. Emma wird wach, sieht aus dem Fenster, der Tag beginnt und sie weiß, das, was gestern noch war, ist auf einmal weg. Und sie fragt sich in dem Moment, ob das so eine Art Abwehrreaktion ihres Körpers ist, um sie davor zu schützen, dass sie sich noch tiefer reinmanövriert in eine Lage, die ihr eigentlich nicht wirklich taugt. So war das gedacht. Ich glaube, ohne den Einschub funktioniert das nun besser.
Dieses ne war Überbleibsel der ersten Version, als ich sowohl Emma als auch Marvin so habe sprechen lassen. Aber dann dachte ich mir, nein, Emma ist weicher, sie formuliert aus, ihre Sprache ist anders. Marvin ist ein wenig reduzierter, deshalb passen diese Abkürzungen bei ihm gut, finde ich. Bei der Überarbeitung habe ich dieses ne bei Emma aber übersehen.

Ja. Ist eine Ballade fast schon, reduziert, minimalistisch, finde ich sehr gut gemacht. Natürlich kann ein solcher Text nicht die Tiefe einer sich anbahnenden Beziehung ausloten, er kann eine Szene, eine kurze Zeitspanne beleuchten, in der Wesentliches passiert.
Danke, ich bin froh, dass dieses Melancholische rüberkommt. Für mich persönlich ist der Text auch gar nicht traurig, sondern eher so bittersüß, was ja aber auch eine Facette von Melancholie ist. Klar, in die Tiefe kann ich auf dieser kurzen Strecke nicht gehen, auch nicht ausleuchten, warum beide so sind, wie sie sind. Aber ja, genau, es ist eine Momentaufnahme, die eher etwas zeigt, als viel erklärt.

Dein Drummertyp aus der Story wirkt ein wenig so, ein wenig planlos, ein wenig auch ohne eigenes Ziel, aber eigentlich bräuchte der eine Beziehung, eine emotionale Verpflichtung. Beide haben davor ja Angst, vor der tatsächlichen Ernsthaftigkeit, sie will zwar (so lese ich das), aber auch sie lässt ihn im Unklaren, was sie eigentlich will - sie sagt zwar etwas, aber was meint sie genau? Die beiden erleben gemeinsam eine gute Zeit, und dann geht es nicht mit ihnen, irgendetwas fehlt. Vielleicht könntest du das noch andeuten, vage, subtil
Ja, Marvin beschreibst du gut. Vielleicht bräuchte er diese emotionale Verpflichtung, vielleicht kriegt er das aber in diesem Abschnitt seines Lebens auch einfach nicht gebacken. Ist überfordert von jeglichen Ansprüchen an seine Person und seien sie noch so klein. Ich glaube, manchmal haben Menschen Phasen, in denen sie nicht in der Lage dazu sind, sich emotional auf etwas einzulassen. Ist sicher nicht bei allen so, aber meine Erfahrung zeigt mir, dass man manchmal einfach allein sein muss, weil alles andere nicht funzt.
Ich muss mir noch mal ansehen, ob ich da noch etwas Kleines einfließen lassen könnte/sollte, dieses Ding, das fehlt, dieser Widerspruch zwischen "ich fühl mich wohl bei dem anderen" und "irgendwie reicht es nicht/irgendwie überfordert mich das". Ich glaube, in meinem Kopf schwingt das einmal in dem Abschnitt mit, als Marvin beschreibt, warum Emma ihn flasht, dass ihn aber genau das fertig macht. Bei Emma, als sie nachts neben ihm liegt und schon spürt, dass morgen alles anders ist und dass sich dieses Muster immer wiederholen wird mit ihm. Und dann natürlich am Schluss, der Passus, in dem Emma Marvin einen ihrer Lieblingsorte zeigen will. Diese Stellen waren so dazu gedacht, um das Ungleichgewicht zu zeigen, ohne zu sehr draufzuhauen. Ich denke mal drüber nach, ob es da vielleicht noch ein, zwei Kleinigkeiten mehr braucht.

Danke, Jimmy, hat sehr geholfen, dein Kommentar.
Liebe Grüße
RinaWu

Hallo @rainsen,

danke fürs Vorbeischauen :)

Ich denke hier müsste ein Leerzeichen rein.
Hach ja, ich und die Gedankenstriche, ich check das nie so ganz. Ich dachte, weil es so abbricht, muss kein Leerzeichen rein, aber ich vermute fast, du hast recht.

Finde die Geschichte angenehm realistisch und, auch wenn es um Liebe/Verliebtsein geht, angenehm unromantisch. Wozu das Ende beiträgt...ich würde tippen, dass er es irgendwann bereut, seine Entscheidung
Angenehm unromantisch - diese Bewertung des Textes find ich gut. Hmm, ja, könnte sein, dass er es bereut, könnte auch sein, dass sie ihre Erwartungen überdenkt oder noch mal in sich reinhört. Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass beide eine Art Erleichterung empfinden. Sie mögen sich zwar gerne, aber spüren auch, dass da Erwartungen aufeinander treffen, die eigentlich dazu führen werden, dass beide eher frustriert voneinander sind. Also besser, sich zurückzuerinnern an eine kurze, aber schöne Zeit, als an ein ständiges Hadern miteinander.

Viele Grüße
RinaWu

 

danke fürs Vorbeischauen
Sehr gerne :-)

Ich finde die Regelung mit dem Gedankenstrich auch seltsam, bevorzuge da das Englische, wo es keine Leerzeile zwischen Wort und (Gevier-)Strich gibt. (Dasselbe gilt übrigens für mich bzgl. der "...", bei denen ich die Leerzeile auch seltsam finde.)

Also besser, sich zurückzuerinnern an eine kurze, aber schöne Zeit, als an ein ständiges Hadern miteinander.
Ich stimme dir vollkommen zu. Wenn es schon mit Zweifeln und Rumüberlegen anfängt, dann ist das sehr wahrscheinlich zum Scheitern verurteilt; da kann dann durch so ein Ende wie bei deinem Text viel Nervtötendes verhindert werden!

Gruß,
rainsen

 

Hey @rainsen,

Ich finde die Regelung mit dem Gedankenstrich auch seltsam
Ich meine, mich zu erinnern, dass es so ist: Wenn ein Wort abgeschnitten wird, dann steht das ohne Leerzeichen da, also plötzlich bricht es unverm–
Ebenso mit den "..."

Wenn aber eher so etwas wie ein Zögern dargestellt wird, ohne dass dabei ein Wort abgeschnitten wird, dann kommt das Leerzeichen dazwischen. Macht schon Sinn irgendwie :)

Wenn es schon mit Zweifeln und Rumüberlegen anfängt, dann ist das sehr wahrscheinlich zum Scheitern verurteilt
Ich denke, ein wenig Zweifeln und Rumüberlegen gehört zum Verliebtsein irgendwie dazu, aber eben in Maßen und nicht so, dass es einen tief im Innern unzufrieden macht.

Gruß zurück!
RinaWu

 

Liebes!

Das ist ganz wunderbar! Und traurig und sehr lyrisch. Die Geschichte als solches ist ja irgendwie bekannt und auch Tiefe steckt für mich nicht wirklich in dem Text (v.a. der Dichte und Kürze geschuldet - die andere Vorteile mit sich bringt, dazu später), aber die Sprache! Boah. Ich wollt anfangs schon monieren, jeder Satz eine Zeile und so, aber es passt dann eben doch.

Als Emma aufwacht, ist sie nicht mehr verliebt.
Ja, mega, sagen ja alle. Ich auch.

Sie dreht sich auf den Rücken, legt die Hände auf den Bauch. Atmet ein. Aus. Übrig ist nur etwas Hohles.
Wie Hunger.
Das auch!

Vor dem Fenster steht ein Baum, leuchtet gelb und orange, ab und an segelt ein Blatt zu Boden.
Für eine Weile sieht sie dabei zu.
Auch!

Manchmal blitzt darin der Junge auf, der damals Comics verschlungen hat und noch nichts von Mädchen wusste.
Der Satz ist nett, aber er bringt mir den Typen nicht näher. Eben ein Kind, wie jedes andere. vielleicht fällt Dir hier ja noch was Spezielleres ein.

Sie hat auf ein Klingeln gehofft. Ihn kurz durch den Spion zu beobachten, ehe sie die Tür öffnet. Je dunkler es wurde, umso mehr.
Ihn kurz durch den Spion zu beobachten - gefiele mir besser. Ansonsten sehr stark.

Er wollte sie sehen gestern Nacht, wollte er echt.
Nice.

Die U-Bahn fährt nicht mehr, als sie aus dem Hausflur auf die Straße stolpern. Zu spät, um Emma anzurufen.
Ja, so ist das manchmal.

Seit ihrer Begrüßung will sie ihn küssen. Kostet jede Sekunde aus, in der es nicht dazu kommt.
Ja.

Stück für Stück ergeben sie ein Bild.
Schön!

Emma liegt in der Dunkelheit, ahnt den Morgen. Wie das Licht wegwischt, was gerade noch ist.
Wie das Licht wegwischt - vielleicht Geschmackssache - aber ich eher: Wie er wegwischt

Sie auf dem Bett sitzt, die Äste des Baums vor dem Fenster kahl, und sie weiß, was es mit dem Hunger auf sich hat, dem Hohlraum.
So schön und traurig.

Ihr Herz ist nicht ausgelastet.
Könnte gut ohne. Ist auch irgendwie bisschen kitschig, fällt für mein Gefühl aus dem Gesamtbild.

Ich bin raus. Mir is das zu wenig. Mach’s gut.
Ja, das ist direkt. Schöner Akzent auch, weil Du damit einen wirklich Bruch auch herbeiführst. Drei Worte, alles kaputt.

Die Wohnung ist still, ab und zu ne Windböe, die Regen gegen das Fenster schleudert. Wassertropfen laufen ineinander, rinnen an der Scheibe entlang, bis ihre Bahn am Rahmen endet.
Ja, so was kannste echt gut.

Was Emma lesen will, ist was anderes. Was sie hören will, kriegt Marvin nicht raus.
Also antwortet er: Schade. Pass auf dich auf.
:cry:

Ja, ist so eine Geschichte die an den Erfahrungen der Leser andockt. So drei kleine Blings und man unternimmt ne Zeitreise, weil so ähnlich haben es sicher schon viele erlebt. Ich mag so Texte gern, wenn sie gut gemacht sind, wie Ausmalbücher der eigenen Erlebniswelt.

Schön, mal wieder von Dir zu lesen. Pass auf dich auf , damit wir (irgendwann) mal wieder Korkenbaden können.

Fliege

 

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